Protokoll:
16054

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 54

  • date_rangeDatum: 28. September 2006

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:52 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/54 Mitglied in den Rundfunkrat der Deutschen Welle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl des Abgeordneten Reinhard Grindel als ordentliches Mitglied und der Abgeordne- ten Monika Griefahn als stellvertretendes Mitglied in den Verwaltungsrat der Deutschen Welle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl des Abgeordneten Ingo Wellenreuther in das Kuratorium der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 9, 10 und 18 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Sevim Dagdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lale Akgün (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralf Göbel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Dirk Niebel, Jens Ackermann, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Modernes Kündigungsschutzrecht und flexible Befristungsregelungen im Interesse der Arbeitsuchenden (Drucksache 16/1443) . . . . . . . . . . . . . . . 5147 B 5147 B 5147 C 5147 D 5148 C 5148 C 5161 C 5163 B 5164 B 5165 C 5167 A 5168 C Deutscher B Stenografisch 54. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Dr. Dieter Wiefelspütz . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Johann-Henrich Krummacher und Siegmund Ehrmann als ordentliches Mitglied in den Verwaltungsrat der Deutschen Nationalbibliothek . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Renate Blank und Christoph Pries als stellvertretendes Mit- glied in den Verwaltungsrat der Deutschen Nationalbibliothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Wolfgang Börnsen und Fritz Rudolf Körper als ordentliches Mitglied in den Rundfunkrat der Deutschen Welle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Dorothee Bär und Hans-Joachim Hacker als stellvertretendes T A r s D H D D K R F S 5147 A 5147 B 5147 B 5147 B Begrüßung von Parlamentariern aus Tansania und Rumänien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5148 D undestag er Bericht ung 28. September 2006 t : agesordnungspunkt 4: bgabe einer Erklärung durch die Bundes- egierung: Deutsche Islamkonferenz – Per- pektiven für eine gemeinsame Zukunft . . r. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . r. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . r. Hakki Keskin (DIE LINKE) . . . . . . . . . . ristina Köhler (Wiesbaden) (CDU/CSU) . . enate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ritz Rudolf Körper (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . ibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . 5148 D 5148 D 5151 D 5153 A 5155 A 5156 A 5157 B 5159 A 5160 B b) Antrag der Abgeordneten Werner Dreibus, Dr. Barbara Höll, Kornelia Möller, weiterer II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 Abgeordneter und der Fraktion der LIN- KEN: Ausweitung und Stärkung des Kündigungsschutzes (Drucksache 16/2080) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Meckelburg (CDU/CSU) . . . . . . . . Werner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . Anette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Doris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Clemens Bollen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Steppuhn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 35: a) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft (Drucksache 16/513) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Fünf- ten Gesetzes zur Änderung eisenbahn- rechtlicher Vorschriften (Drucksache 16/2703) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung kraftfahrzeugsteuer- licher und autobahnmautrechtlicher Vorschriften (Drucksache 16/2718) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Protokoll vom 1. Juni 2006 zur Änderung des am 29. August 1989 unterzeichneten Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteue- e f g h i j k 5168 C 5168 D 5170 C 5172 C 5173 A 5175 A 5176 A 5177 C 5179 C 5181 B 5182 B 5183 A 5183 A 5183 B 5185 A 5186 D 5187 C 5188 C 5189 A 5189 D 5189 D 5189 D rung und zur Verhinderung der Steuer- verkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern (Drucksache 16/2708) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 30. September 2005 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und der Repu- blik Belarus zur Vermeidung der Dop- pelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Ver- mögen (Drucksache 16/2705) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 1. Dezember 2005 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und der Kirgi- sischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinde- rung von Steuerhinterziehungen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkom- men und vom Vermögen (Drucksache 16/2706) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 3. Mai 2006 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und der Republik Slowenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- kommen und vom Vermögen (Drucksache 16/2707) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zwei- ten Gesetzes zur Änderung des Aufbau- hilfefondsgesetzes (Drucksache 16/2704) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dagdelen, Kersten Naumann, Petra Pau und der Fraktion der LINKEN: Für die unbeschränkte Geltung der Men- schenrechte in Deutschland (Drucksache 16/1202) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, Horst Meierhofer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Europäische Bo- denschutzstrategie durch eine sachge- rechte Klärschlammverwertung unter- stützen (Drucksache 16/1679) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Biologi- 5190 A 5190 A 5190 A 5190 B 5190 B 5190 C 5190 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 III sche Kohlenstoffsenken für den Klima- schutz nutzen (Drucksache 16/2088) . . . . . . . . . . . . . . . . l) Antrag der Abgeordneten Patrick Döring, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Schienenanbindung des Jade-Weser-Port sicherstellen (Drucksache 16/2091) . . . . . . . . . . . . . . . . m) Antrag der Abgeordneten Patrick Döring, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Modellversuch für Wassertaxen in Berlin starten (Drucksache 16/2519) . . . . . . . . . . . . . . . . n) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Silke Stokar von Neuforn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Bessere Evaluierung der Anti-Terror-Gesetze (Drucksache 16/2072) . . . . . . . . . . . . . . . . o) Antrag der Abgeordneten Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Evaluierung des Terrorismusbekämp- fungsgesetzes präziser gestalten (Drucksache 16/2671) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Miriam Gruß, Gisela Piltz, Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Konkretes und trag- fähiges Konzept zur Bekämpfung von Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus vorlegen und zeitnah um- setzen (Drucksache 16/2779) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 36: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Verbesserung der per- sonellen Struktur beim Bundeseisen- bahnvermögen und in den Unterneh- men der Deutschen Bundespost (Drucksachen 16/1938, 16/2476, 16/2789) b) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 12. August 2004 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ghana zur Vermeidung c d e f g 5190 C 5190 D 5190 D 5191 A 5191 A 5191 A 5191 B der Doppelbesteuerung und zur Verhin- derung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen, vom Vermögen und vom Veräußerungs- gewinn (Drucksachen 16/2254, 16/2759) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Euro- päischen Union, der Europäischen Ge- meinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziie- rung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (Drucksachen 16/2255, 16/2775) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu der – Verordnung der Bundesregierung: Fünfundsiebzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsver- ordnung – Verordnung der Bundesregierung: Einhundertfünfte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste – Anlage AL zur Außenwirtschafts- verordnung – (Drucksachen 16/1788, 16/1941 Nr. 2.1, 16/2459, 16/2548 Nr. 2.3, 16/2737) . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Verordnung über Stoffe, die die Ozonschicht schädigen (Chemikalien-Ozonschichtverordnung – ChemOzonSchichtV) (Drucksachen 16/2209, 16/2548 Nr. 2.1, 16/2654) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Erste Verordnung zur Änderung der Zweiundzwanzigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Ver- ordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft) (Drucksachen 16/2212, 16/2548 Nr. 2.2, 16/2655) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Winfried Hermann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Verbrennung 5191 C 5191 D 5192 A 5192 C 5192 C IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 von Halmgut als Biobrennstoff in Klein- feuerungsanlagen neu regeln (Drucksachen 16/1149, 16/2564) . . . . . . . h) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Vorschlag für eine Verord- nung des Europäischen Parlaments und des Rates über die strukturelle Unter- nehmensstatistik KOM (2006) 66 endg.; Ratsdok. 6715/06 (Drucksachen 16/1101 Nr. 2.5, 16/2575) i) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Än- derung der Verordnung (EG) Nr. 2201/ 2003 im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwend- bare Recht in diesem Bereich (einschl. 11818/06 ADD 1 und ADD2) KOM (2006) 399 endg.; Ratsdok. 11818/06 (Drucksachen 16/2555 Nr. 2.115, 16/2784) j) Beschlussempfehlung des Rechtsaus- schusses: Übersicht 4 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfas- sungsgericht (Drucksache 16/2761) . . . . . . . . . . . . . . . . k) – t) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 87, 88, 89, 90, 91, 93, 94, 95, 96 und 97 zu Petitio- nen (Drucksachen 16/2639, 16/2640, 16/2641, 16/2642, 16/2643, 16/2644, 16/2645, 16/2646, 16/2647, 16/2648) . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Das Jahr 2008 zum „Inter- nationalen Jahr der sanitären Grundver- sorgung“ der Vereinten Nationen ausrufen (Drucksache 16/2758) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Kor- ruptionsverdacht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Rolle der Bundesregierung in diesem Zu- sammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O D D D G D N L J F T a b c 5192 D 5193 A 5193 B 5193 C 5193 D 5194 D 5194 D 5194 D tto Bernhardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . eorg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ina Hauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . örg-Otto Spiller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . lorian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Be- teiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte an dem Einsatz der Internationa- len Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003, 1563 (2004) vom 17. September 2004, 1623 (2005) vom 13. September 2005 und 1707 (2006) vom 12. September 2006 des Sicher- heitsrates der Vereinten Nationen (Drucksachen 16/2573, 16/2774) . . . . . . . ) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/2787) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Ent- schließungsantrag der Abgeordneten Dr. Norman Paech, Monika Knoche, Paul Schäfer (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN zu der ers- ten Beratung des Antrags der Bundesre- gierung: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheits- unterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grund- lage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. Novem- ber 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003, 1563 (2004) vom 17. September 2004, 1623 (2005) vom 13. September 2005 und 1707 (2006) vom 12. Septem- 5195 D 5196 C 5198 A 5200 D 5201 C 5202 D 5204 A 5205 A 5206 A 5206 C 5207 B 5207 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 V ber 2006 des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen (Drucksachen 16/2573, 16/2623, 16/2776) Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Eckart von Klaeden (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Norman Paech (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Ulrich Klose (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Christel Riemann-Hanewinckel (SPD) . . . . . Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung deutscher Streitkräfte an der Friedensmission der Vereinten Na- tionen im Sudan (UNMIS) auf Grund- lage der Resolution 1709 (2006) des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen vom 22. September 2006 (Drucksachen 16/2700, 16/2777) . . . . . . . b) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/2786) . . . . . . . . . . . . . . . . Brunhilde Irber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Anke Eymer (Lübeck) (CDU/CSU) . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . E T a b K P B G D R T Z d E e ( S M D H H M T A M r B u h ( B D D 5207 C 5207 D 5209 B 5210 B 5213 B 5214 B 5216 A 5217 C 5219 A 5220 D 5221 D 5222 D 5223 D 5225 A 5226 D 5225 C 5225 D 5225 D 5229 B 5230 C 5231 C 5232 C 5233 D 5235 B 5236 A rgebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: ) Antrag der Abgeordneten Kornelia Möller, Dr. Axel Troost, Werner Dreibus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LIN- KEN: Für eine Ausweitung und eine neue Qualität öffentlich finanzierter Be- schäftigung (Drucksache 16/2504) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Markus Kurth, Dr. Thea Dückert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren (Drucksache 16/2652) . . . . . . . . . . . . . . . ornelia Möller (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . eter Rauen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olf Stöckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 11: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines rsten Gesetzes zur Änderung des Erneu- rbare-Energien-Gesetzes Drucksachen 16/2455, 16/2760) . . . . . . . . . . igmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . ans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . ans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: ntrag der Abgeordneten Birgitt Bender, atthias Berninger, Kerstin Andreae, weite- er Abgeordneter und der Fraktion des ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Fremd- nd Mehrbesitzverbot für Apotheken auf- eben Drucksache 16/2506) . . . . . . . . . . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Wolf Bauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . aniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . 5237 D 5236 B 5236 B 5236 C 5240 A 5242 A 5243 A 5244 A 5245 B 5246 B 5246 C 5247 C 5248 B 5250 A 5250 D 5251 D 5253 A 5253 B 5254 B 5256 B VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Margrit Spielmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über elektronische Handelsregis- ter und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) (Drucksachen 16/960, 16/2781) . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . Andrea Astrid Voßhoff (CDU/CSU) . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carl-Christian Dressel (SPD) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: a) Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Lärmschutz im Schienenver- kehr verbessern – Marktwirtschaftliche Anreize nutzen, Schienenbonus über- prüfen (Drucksache 16/675) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Winfried Hermann, Kerstin Andreae, Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Aktionsprogramm gegen Schienenlärm auf den Weg bringen (Drucksache 16/2074) . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Enak Ferlemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Lutz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Heinz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie – zu dem Antrag der Abgeordneten Laurenz Meyer (Hamm), Thomas Bareiß, Veronika Bellmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Ludwig Stiegler, Dr. Rainer Wend, Dr. Angelica Schwall-Düren, wei- – ( T B h n n L o ( T a b i Z A H w F S ( T a 5257 C 5258 C 5259 B 5260 A 5260 B 5261 A 5262 A 5264 A 5265 A 5265 D 5265 D 5266 A 5267 B 5268 C 5269 B 5270 D terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Das Nationale Reformprogramm Deutschland und die Lissabon-Strategie weiterführen – Wirtschaftswachstum und Beschäftigungspolitik zum Erfolg führen zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Thea Dückert, Matthias Berninger, Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Mehr Ehrgeiz bei der Errei- chung der Lissabon-Ziele Drucksachen 16/2629, 16/2622, 16/2782) . . . agesordnungspunkt 14: eschlussempfehlung und Bericht des Haus- altsausschusses zu dem Antrag der Abgeord- eten Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine, Wer- er Dreibus, Petra Pau und der Fraktion der INKEN: Gegen die Schließung von 45 Stand- rten bei der Deutschen Telekom AG Drucksachen 16/845, 16/1797) . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: ) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD: Gefährliche Streumunition verbieten – Das humanitäre Völker- recht weiterentwickeln (Drucksache 16/1995) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Zivilbevölkerung wirksa- mer schützen – Streumunition ächten (Drucksache 16/2749) . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 5: ntrag der Abgeordneten Florian Toncar, arald Leibrecht, Burkhardt Müller-Sönksen, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der DP: Für die Ächtung von Landminen und treumunition Drucksache 16/2780) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 22: ) Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ver- braucherinformationsgesetz nachbes- 5271 C 5272 A 5272 B 5272 C 5272 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 VII sern und das Lebensmittel-Kontrollsys- tem neu ordnen (Drucksache 16/2656) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Bund- Länder-Staatsvertrag – Qualitätsma- nagement Lebensmittelqualität (Drucksache 16/2744) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Maßnahmen auf dem Gebiet der Un- fallverhütung im Straßenverkehr 2004 und 2005 (Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 2004/2005) (Drucksache 16/2100) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Aktionsprogramm für Straßenverkehrssicherheit: Halbie- rung der Zahl der Unfallopfer bis 2010 Entschließung des Europäischen Parla- ments zu dem Europäischen Aktions- programm für die Straßenverkehrssi- cherheit: Halbierung der Zahl der Unfallopfer im Straßenverkehr in der Europäischen Union bis 2010: eine ge- meinsame Aufgabe (2004/2162[INI]) (EuB-EP 1263) (Drucksachen 16/150 Nr. 1.69, 16/578) . . Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Kersten Naumann, Dr. Martina Bunge, Dr. Gesine Lötzsch, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der LIN- KEN: Aufbewahrungsfrist der Lohnunter- lagen von DDR-Betrieben bis 31. Dezember 2012 verlängern (Drucksache 16/2746) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuer- gesetzes 2007 (JSTG 2007) (Drucksache 16/2712) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – – ( T E e s r z V ( T A N S f e ( T E e E Ä g s k ( T E e Ä s ( i Z A B 5273 A 5273 A 5273 B 5273 C 5273 D 5274 A zu dem Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Hans-Kurt Hill, Monika Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Keine Weltbankkredite für Atomtechnologie zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Thilo Hoppe, Dr. Uschi Eid, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Eine Weltbank-Energiepolitik der Zukunft – Ja zu mehr Effizienz und erneuerbaren Energien, Nein zur Atomkraft Drucksachen 16/1961, 16/1978, 16/2762) . . agesordnungspunkt 23: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über teuerliche Begleitmaßnahmen zur Einfüh- ung der Europäischen Gesellschaft und ur Änderung weiterer steuerrechtlicher orschriften (SEStEG) Drucksache 16/2710) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 26: ntrag der Abgeordneten Silke Stokar von euforn und der Fraktion des BÜNDNIS- ES 90/DIE GRÜNEN: Informationspflicht ür Unternehmen bei Datenschutzpannen inführen Drucksache 16/1887) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 25: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur inführung einer Biokraftstoffquote durch nderung des Bundes-Immissionsschutz- esetzes und zur Änderung energie- und tromsteuerrechtlicher Vorschriften (Bio- raftstoffquotengesetz – BioKraftQuG) Drucksache 16/2709) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur nderung des Zwölften Buches Sozialge- etzbuch und anderer Gesetze Drucksachen 16/2711, 16/2753) . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 6: ntrag der Abgeordneten Markus Kurth, rigitte Pothmer, Irmingard Schewe-Gerigk, 5274 A 5274 C 5274 D 5275 A 5275 B VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 Elisabeth Scharfenberg und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Die Ein- gliederungshilfe für Menschen mit Behin- derungen weiterentwickeln – Das Brutto- prinzip in der Sozialhilfe beibehalten und Leistungen aus einer Hand für Menschen mit Behinderungen ermöglichen (Drucksache 16/2751) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Das Existenzminimum sichern – Sozialhil- feregelsätze neu berechnen und Sofortmaß- nahmen für Kinder und Jugendliche einlei- ten (Drucksache 16/2750) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Katja Kipping, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Für ein men- schenwürdiges Existenzminimum (Drucksache 16/2743) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: a) Antrag der Abgeordneten Thomas Dörflinger, Thomas Bareiß, Antje Blumenthal, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Ab- geordneten Marlene Rupprecht (Tuchen- b N A L A E A d k c u R 2 ( v 1 1 1 V I J F A E B N s B a h t s 2 ( v 1 1 5275 B 5275 C 5275 C 5275 D 5276 C 5277 D 5278 C 5279 A 5279 C 5280 C 5281 D 5282 D 5283 D 5284 A bach), Clemens Bollen, Renate Gradistanac, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Öffentliche Verantwortung wahrnehmen – Mit fairen Chancen Kinder stark machen (Drucksache 16/2754) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Dr. Barbara Höll, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LIN- KEN: Kinderzuschlag sozial gerecht ge- stalten – Kinderarmut wirksam be- kämpfen (Drucksache 16/2077) . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärungen nach § 31 GO zur namentlichen bstimmung über den Antrag: Fortsetzung er Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- räfte an dem Einsatz der Internationalen Si- herheitsunterstützungstruppe in Afghanistan nter Führung der NATO auf Grundlage der esolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) om 13. Oktober 2003, 1563 (2004) vom 7. September 2004, 1623 (2005) vom 3. September 2005 und 1707 (2006) vom 2. September 2006 des Sicherheitsrates der ereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 6 a) ngrid Arndt-Brauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . rank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ärbel Höhn und Ute Koczy (beide BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab- timmung über den Antrag: Fortsetzung der eteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte n dem Einsatz der Internationalen Sicher- eitsunterstützungstruppe in Afghanistan un- er Führung der NATO auf Grundlage der Re- olutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) om 13. Oktober 2003, 1563 (2004) vom 7. September 2004, 1623 (2005) vom 3. September 2005 und 1707 (2006) vom 5284 B 5284 C 5284 D 5285 A 5285 C 5285 D 5285 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 IX 12. September 2006 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 6 a) Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Otto Fricke und Gisela Piltz (beide FDP) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem Einsatz der Interna- tionalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. Novem- ber 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003, 1563 (2004) vom 17. September 2004, 1623 (2005) vom 13. September 2005 und 1707 (2006) vom 12. September 2006 des Sicher- heitsrates der Vereinten Nationen (Tagesord- nungspunkt 6 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Winfried Hermann, Hans-Christian Ströbele, Sylvia Kotting-Uhl, Dr. Anton Hofreiter, Dr. Harald Terpe, Peter Hettlich und Monika Lazar (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem Einsatz der Interna- tionalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. Novem- ber 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003, 1563 (2004) vom 17. September 2004, 1623 (2005) vom 13. September 2005 und 1707 (2006) vom 12. September 2006 des Sicher- heitsrates der Vereinten Nationen (Tagesord- nungspunkt 6 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) (Tagesordnungspunkt 13) Sevim Dagdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – – ( A D M A D A Z d G d p D W M W M A Z d – – – ( t H A F P W 5286 B 5286 D 5287 A 5287 C Das Nationale Reformprogramm Deutsch- land und die Lissabon-Strategie weiterfüh- ren – Wirtschaftswachstum und Beschäfti- gungspolitik zum Erfolg führen Mehr Ehrgeiz bei der Erreichung der Lis- sabon-Ziele Tagesordnungspunkt 15) lexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . oris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artin Zeil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . r. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und des Berichts: egen die Schließung von 45 Standorten bei er Deutschen Telekom AG (Tagesordnungs- unkt 14) r. Martina Krogmann (CDU/CSU) . . . . . . . altraud Lehn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artin Zeil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . argareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 9 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Gefährliche Streumunition verbieten – Das humanitäre Völkerrecht weiterentwi- ckeln Zivilbevölkerung wirksamer schützen – Streumunition ächten Für die Ächtung von Landminen und Streumunition Tagesordnungspunkt 17 a und b und Zusatz- agesordnungspunkt 5) ans Raidel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Weigel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lorian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . aul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . infried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5288 D 5290 C 5292 A 5293 B 5294 B 5294 D 5295 C 5296 B 5297 B 5297 D 5298 C 5300 D 5301 C 5302 D 5303 C X Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Verbraucherinformationsgesetz nachbes- sern und das Lebensmittel-Kontrollsystem neu ordnen – Bund-Länder-Staatsvertrag – Qualitätsma- nagement Lebensmittelqualität (Tagesordnungspunkt 22 a und b) Julia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Unterrichtung: Bericht der Bundesregie- rung über die Maßnahmen auf dem Gebiet der Unfallverhütung im Straßenverkehr 2004 und 2005 (Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 2004/2005) – Beschlussempfehlung und Bericht Ak- tionsprogramm für Straßenverkehrssicher- heit: Halbierung der Zahl der Unfallopfer bis 2010 Entschließung des Europäischen Parla- ments zu dem Europäischen Aktionspro- gramm für die Straßenverkehrssicherheit: Halbierung der Zahl der Unfallopfer im Straßenverkehr in der Europäischen Union bis 2010: eine gemeinsame Aufgabe (2004/2162(INI)) (EuB-EP 1263) (Tagesordnungspunkt 19 a und b) Gero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Heidi Wright (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Aufbewahrungsfrist der Lohnun- terlagen von DDR-Betrieben bis 31. Dezem- ber 2012 verlängern (Tagesordnungspunkt 20) Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . . H K M A Z d ( K G C D C D A Z d d – – ( D G D H U A Z d B p t ( P L D D D 5304 D 5306 D 5307 D 5309 C 5310 B 5311 B 5312 D 5314 B 5315 B 5315 D 5317 A 5317 D einz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . ersten Naumann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 13 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Jahressteuergesetzes 2007 JSTG 2007) (Tagesordnungspunkt 21) laus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . abriele Frechen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . nlage 14 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und des Berichts zu en Anträgen: Keine Weltbankkredite für Atomtechnolo- gie Eine Weltbank-Energiepolitik der Zu- kunft – Ja zu mehr Effizienz und erneuer- baren Energien, Nein zur Atomkraft Tagesordnungspunkt 24) r. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . abriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . r. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . eike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . te Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . nlage 15 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche egleitmaßnahmen zur Einführung der Euro- äischen Gesellschaft und zur Änderung wei- erer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) Tagesordnungspunkt 23) eter Rzepka (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . othar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . r. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5318 A 5319 A 5320 B 5320 C 5321 C 5322 B 5323 B 5324 A 5324 D 5325 D 5326 D 5327 D 5328 C 5329 C 5330 C 5332 A 5334 A 5334 C 5335 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 XI Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Informationspflicht für Unter- nehmen bei Datenschutzpannen einführen (Tagesordnungspunkt 26) Beatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Biokraftstoffquote durch Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und zur Änderung energie- und stromsteuerrechtlicher Vorschriften (Biokraftstoffquotengesetz – BioKraftQuG) (Tagesordnungspunkt 25) Norbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Marko Mühlstein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Öffentliche Verantwortung wahrnehmen – Mit fairen Chancen Kinder stark machen – Kinderzuschlag sozial gerecht gestalten – Kinderarmut wirksam bekämpfen (Tagesordnungspunkt 28 a und b) Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 5336 B 5337 B 5338 A 5338 D 5340 A 5341 A 5342 D 5343 C 5345 A 5345 C 5346 A 5346 D 5348 B 5349 C 5350 A 5351 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5147 (A) ) (B) ) 54. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    Anlage 18 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5285 (A) ) (B) ) ternationalen Sicherheitsunterstützungstruppe unpolitisch sein. In diesem Fall enthalte ich mich jedoch Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den An- trag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der In- z s l g g n t n v a k w k d d a f e n Z d r w n T A s u d z S u Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 28.09.2006 Bellmann, Veronika CDU/CSU 28.09.2006 Connemann, Gitta CDU/CSU 28.09.2006 Deittert, Hubert CDU/CSU 28.09.2006* Fromme, Jochen-Konrad CDU/CSU 28.09.2006 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 28.09.2006 Herrmann, Jürgen CDU/CSU 28.09.2006* Hilsberg, Stephan SPD 28.09.2006 Jelpke, Ulla DIE LINKE 28.09.2006 Lafontaine, Oskar DIE LINKE 28.09.2006 Nešković, Wolfgang DIE LINKE 28.09.2006 Dr. Pfeiffer, Joachim CDU/CSU 28.09.2006 Piltz, Gisela FDP 28.09.2006 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 28.09.2006 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 28.09.2006 Schily, Otto SPD 28.09.2006 Schindler, Norbert CDU/CSU 28.09.2006* Schummer, Uwe CDU/CSU 28.09.2006 Steinbach, Erika CDU/CSU 28.09.2006 Dr. Tabillion, Rainer SPD 28.09.2006 Zapf, Uta SPD 28.09.2006 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003, 1563 (2004) vom 17. September 2004, 1623 (2005) vom 13. Sep- tember 2005 und 1707 (2006) vom 12. Septem- ber 2006 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Ingrid Arndt-Brauer (SPD): Der geplanten Fortset- ung und Verlängerung des Afghanistaneinsatzes deut- cher Streitkräfte um ein Jahr werde ich trotz grundsätz- icher Bedenken noch ein letztes Mal zustimmen. Angesichts der schwierigen Lage in dem Land auf- rund der vermehrten Talibanübergriffe ist es zum jetzi- en Zeitpunkt gegenüber der afghanischen Bevölkerung icht zu verantworten, die Bundeswehrtruppen kurzfris- ig abzuziehen. Das kommende Einsatzjahr muss zwingend dazu ge- utzt werden, die afghanische Regierung in die Lage zu ersetzen, aus eigener Kraft für ein ausreichendes Maß n Stabilität und Sicherheit zu sorgen. Unsere Soldaten önnen nicht auf unbestimmte Zeit in Afghanistan ver- eilen. Einer nochmaligen Verlängerung des Mandates ann ich aus nachfolgend näher ausgeführten Gründen aher nicht mehr meine Zustimmung geben. Neben der persönlich oft schwierigen Situation für ie Soldaten und deren Familien sprechen vor allem uch die fortlaufenden Kosten für ein baldiges Auslau- en des militärischen Engagements. Bundeswehrdauer- insätze ohne die Option eines konkreten Ausstiegs kön- en wir uns angesichts der eigenen zu bewältigenden ukunftsaufgaben – zum Beispiel Investitionen in Bil- ung, Forschung und Integration – nicht mehr leisten. Jürgen Koppelin (FDP): Der geplanten Verlänge- ung des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan erde ich nicht zustimmen. Die Zustände in Afghanistan werden immer besorg- iserregender. Trotz des ISAF-Einsatzes befinden sich eile des Landes im Kriegszustand. Ebenso haben die nschläge im gesamten Land zugenommen. Der Auftrag der Bundeswehr wird daher immer ver- chwommener. Das ist für die deutschen Soldaten ein nhaltsamer Zustand. Es ist nicht einmal die Chance eines Endes des Bun- eswehreinsatzes in Sicht. Zusätzlich nimmt der Drogenanbau trotz des Einsat- es von Militärkräften deutlich zu. Durch Militär ist die ituation in Afghanistan nicht zu lösen. Frank Schwabe (SPD): Für Enthaltungen gibt es nterschiedliche Begründungen. Eine Enthaltung kann 5286 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) ganz bewusst, nicht weil ich keine Haltung habe, son- dern weil ich die befürwortenden und ablehnenden Gründe für politisch gleichgewichtig halte und ich ein Zeichen für zukünftige Entscheidungen über Auslands- einsätze der Bundeswehr setzen will. Ich müsste gegen die Verlängerung des Einsatzes stimmen, weil erstens sich Teile des militärischen Ein- satzes in Afghanistan einer Kriegslogik des internationa- len Einsatzes gegen den Terrorismus bewegen, die aus meiner Überzeugung den Terrorismus eher verstärken denn verhindern; zweitens sich die Situation in den letz- ten Einsatzjahren in Afghanistan nicht nachhaltig ver- bessert hat und ich auch kein Konzept der internationa- len Staatengemeinschaft erkennen kann, das dieses zukünftig ändert; drittens die Bundeswehr an die Gren- zen der derzeitigen Auslandseinsatzmöglichkeiten stößt und die Soldatinnen und Soldaten großen Gefahren aus- gesetzt sind. Ich sollte für die Verlängerung des Einsatzes stim- men, weil erstens viele Menschen in Afghanistan eine si- chere und friedliche Zukunft erhoffen und sie dieses mit dem Engagement der internationalen Truppen verbindet; das betrifft zum Beispiel die Frauen im Land; ein Abzug der Truppen kann ein gefährliches Vakuum entstehen lassen; zweitens die bisherigen Jahre des Einsatzes, auch mit Verlusten an Menschenleben, sinnlos würden und alle Verbesserungen obsolet werden könnten. Im Bewusstsein, dass es zu einer Mehrheit im Deut- schen Bundestag kommt, will ich mit meiner Enthaltung darauf aufmerksam machen, dass sowohl das Konzept in Afghanistan klarer werden muss als auch ein zukünftiges internationales Engagement Deutschlands sich klarer an den Kriterien eines mehr zivilen als militärischen En- gagements messen lassen muss. Deshalb enthalte ich mich ganz bewusst. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Bärbel Höhn und Ute Koczy (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur na- mentlichen Abstimmung über den Antrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem Einsatz der Interna- tionalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Af- ghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003, 1563 (2004) vom 17. September 2004, 1623 (2005) vom 13. Sep- tember 2005 und 1707 (2006) vom 12. Septem- ber 2006 des Sicherheitsrates der Vereinten Na- tionen (Tagesordnungspunkt 6 a) Wir stimmen der Verlängerung der deutschen Beteili- gung an ISAF um ein Jahr in der Überzeugung zu, dass trotz der gravierenden Verschlechterung der Sicherheits- lage im Süden und zunehmender Kritik an der Afghanis- tanpolitik der internationalen Staatengemeinschaft ISAF g B L z b s E a d d T u E t e r b n e V d s v d w d a ü O d h A E z w A d A (C (D egenwärtig noch die Möglichkeit hat, einen positiven eitrag zur Stabilisierung und zum Wiederaufbau des andes zu leisten. Nach erheblichen Rückschlägen ist der Aufbaupro- ess jedoch ohne eine Strategieänderung vom Scheitern edroht. Politische Fehlentwicklungen und die wach- ende Intensität der Kampfhandlungen untergraben die rfolgsaussichten der ISAF. Die von vielen Afghanen ls Besatzung empfundenen Kräfte der Operation En- uring Freedom haben es nicht vermocht, Rückhalt in er Bevölkerung zu gewinnen, das Wiedererstarken der aliban zu verhindern und die Kontrolle über den Süden nd Osten Afghanistans herzustellen. Eine Wende in der ntwicklung ist mit den derzeitigen Konzepten und Poli- ikansätzen nicht absehbar. Es bedarf daher dringend iner Neuausrichtung der Politik in den Bereichen Terro- ismusbekämpfung, Drogenbekämpfung und Wiederauf- au wie sie im Entschließungsantrag der Fraktion Bünd- is 90/Die Grünen – Bundestagsdrucksache 16/2573 – ingefordert wird. Vor jeder Entscheidung über eine mögliche weitere erlängerung der deutschen Beteiligung an ISAF wird eshalb kritisch zu prüfen sein, ob es tatsächlich zu Fort- chritten auf den genannten Feldern gekommen ist. Da- on wird maßgeblich mit abhängen, ob eine Fortsetzung es Einsatzes weiter Erfolg versprechend und verant- ortbar ist. Unsere heutige Zustimmung zur Verlängerung des eutschen Beitrages in Afghanistan bezieht sich allein uf ISAF. Die noch dieses Jahr anstehende Entscheidung ber die Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der peration Enduring Freedom wird dadurch nicht präju- iziert. Grundlage unserer Entscheidung waren wieder- olte Versicherungen der Bundesregierung, dass eine usdehnung des Einsatzgebietes der deutschen ISAF- inheiten auf den Süden des Landes, wo die Grenzen wischen ISAF und Enduring Freedom zunehmend ver- ischen, nicht in Betracht kommt. nlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Otto Fricke und Gisela Piltz (beide FDP) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Ein- satz der Internationalen Sicherheitsunterstüt- zungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003, 1563 (2004) vom 17. September 2004, 1623 (2005) vom 13. September 2005 und 1707 (2006) vom 12. September 2006 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 6 a) Ich stimme der nochmaligen Verlängerung des Man- ates für die deutschen Streitkräfte in Afghanistan zu. llerdings sehe ich die Sicherheitslage für die deutschen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5287 (A) ) (B) ) Soldaten dort als nicht zufriedenstellend an. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Sicherheitsausstattung für die Soldaten. Das Material, mit welchem die Bundes- wehr dort arbeiten muss, bietet bei weitem nicht die Si- cherheit, die die sich stets verschärfende Situation im Lande erforderlich macht. Meine Zustimmung knüpfe ich daher an die Erwartung, dass die Bundesregierung alle notwendigen Maßnahmen zu einer Verbesserung des Schutzes der Bundeswehrsoldaten ergreifen wird. Dies ziehe ich einem Rückzug der Bundeswehr aus diesem Land vor, da der Auftrag der Bundeswehr, den diese im Verbund mit den übrigen ISAF-Truppen in Afghanistan bekommen hat, im Interesse eines Aufbaus des Landes weitergeführt werden muss und ein Abzug destabilisie- rende Wirkung entfalten würde. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Winfried Hermann, Hans- Christian Stöbele, Sylvia Kotting-Uhl, Dr. Anton Hofreiter, Dr. Harald Terpe, Peter Hettlich und Monika Lazar (alle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Antrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Ein- satz der Internationalen Sicherheitsunterstüt- zungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003, 1563 (2004) vom 17. September 2004, 1623 (2005) vom 13. September 2005 und 1707 (2006) vom 12. September 2006 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 6 a) Den Antrag der Bundesregierung lehnen wir ab. Die Sicherheitslage in Afghanistan entwickelt sich zunehmend katastrophal. Die internationale Sicherheits- unterstützungstruppe ISAF sollte den zivilen Wiederauf- bau rund um Kabul schützen und die Abhaltung von Wahlen ermöglichen. Der ISAF-Einsatz wird auf immer weitere Landesteile ausgedehnt. Eine Trennung zwi- schen der Schutzfunktion von ISAF und den fortgesetz- ten und erheblich intensivierten Kampfeinsätzen durch die Operation Enduring Freedorn, OEF, kann nicht durchgehalten werden. Immer stärker werden ISAF- Truppen in Kampfhandlungen verwickelt, die Bevölke- rung erlebt den zivilen Aufbau als verzahnt mit Kampfeinsätzen und deren Zielsetzungen. Besonders im Süden und Osten des Landes wird auch von den beteilig- ten Staaten eine Zusammenführung von ISAF und OEF gewünscht und de facto praktiziert. Die Konflikte in allen Landesteilen eskalieren drama- tisch, die Zahl der täglichen Opfer ist inzwischen ver- gleichbar derjenigen im Irak. Statt eines Wiederaufbaues findet ein Übergang der Konflikte in einen regelrechten Krieg besonders im Süden des Landes statt. Die Masse der Bauern ist weiterhin auf Mohnanbau als einzige Ein- k g i m T n I s d – t A I l t m P D f d I D P a s s g f l t r U d s W m n e M t d n d h s (C (D ommensquelle angewiesen. Der Krieg gegen den Dro- enanbau treibt die Bevölkerung Warlords und Taliban n die Arme. Die Einheiten der Bundeswehr sind zuneh- end in die Eskalation einbezogen und werden nicht als eil eines Wiederaufbauprogramms, sondern als Teil ei- er Kriegsführung wahrgenommen. Auch Soldaten von SAF werden mehr und mehr als Besatzungstruppen ge- ehen, vor allem südlich von Kabul. Eine Fortsetzung des bisherigen Einsatzes der Bun- eswehr in Afghanistan ist nicht verantwortbar; eine dringend gebotene – Ausstiegsstrategie enthält der An- rag nicht. Den Antrag der Bundesregierung lehnen wir daher ab. nlage 6 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossen- schaftsregister sowie das Unternehmen (EHUG) (Tagesordnungspunkt 13) Sevim Dagdelen (DIE LINKE): Der Siegeszug des nternet hat den Großteil unserer Gesellschaft und mitt- erweile auch das Gesellschaftsrecht erreicht. Die allsei- ige Verfügbarkeit jedweder Form von Daten für jeder- ann durch das World Wide Web legt es nahe, es für alle ublikationen, insbesondere für amtliche, zu verwenden. ie Möglichkeit der automatisierten Suche, Zusammen- assung und Auswertung von Daten und die Geschwin- igkeit der Informationsverbreitung prädestinieren das nternet geradezu zur Herstellung von Transparenz. Transparenz ist ein hohes Gut und Voraussetzung der emokratie. Die Herstellung derselben im Bereich der olitik ist für uns eine wichtige Forderung und Herzens- ngelegenheit. Auch im Bereich der Wirtschaft unter- tützen wir dahingehende Bestrebungen. Für das Gesell- chaftsrecht, welches vom Grundsatz der Publizität eprägt ist, ist ein elektronisches Register mithin eine ef- iziente und kostengünstige Alternative zu der bisher al- ein betriebenen Veröffentlichung der Registerdaten mit- els der Printmedien. Die Fraktion Die Linke, unterstützt daher die Einfüh- ung eines elektronischen Handels-, Gesellschafts- und nternehmensregisters. Dem diesbezüglich vorliegen- en Gesetzesentwurf vermögen wir jedoch nicht zuzu- timmen. Dafür haben wir Gründe, die ich Ihnen zur ahrung der Transparenz politischen Handelns darlegen öchte. In einem Bericht des Ausschusses für Recht und Bin- enmarkt des Europäischen Parlaments zur Errichtung lektronischer Register heißt es: „Die Beschränkung der itgliedsstaaten auf eine einzige elektronische Informa- ionsbezugsquelle und die damit zwangsläufig verbun- ene Abwertung und Diskriminierung anderer, traditio- eller Informationsmedien ist zur Erreichung der Ziele er Kommission nicht erforderlich und demnach unver- ältnismäßig. Der wesentliche Grundgedanke des Ge- ellschafts- und Wertpapierrechts würde gefährdet“. 5288 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Ob durch den Begriff „Diskriminierung“ der sich ab- zeichnende Einnahmenverlust traditioneller Printme- dien passend umschrieben ist, halte ich für fraglich. Für zwingend halte ich es aber, von der Diskriminierung der Menschen zu sprechen, die keinen Zugang zum Internet haben. Dem möchte man entgegnen, dass es solche heute kaum noch gibt, zumal ja für ein paar Cent der Internet- shop um die Ecke zu helfen vermag. Doch wie ist es mit den Alten, die die Technik nicht be- herrschen, was macht derjenige der auf dem Land lebt und wie sieht es in anderen Ländern aus? Die Zahl der Nutzer des Internet steigt zwar immer weiter an, sie wird jedoch gemeinhin überschätzt und lag im letzten Jahr aus- weislich diverser Studien bei unter 60 Prozent der deut- schen Bevölkerung. Noch weniger Menschen besitzen ei- nen eigenen Zugang, wohingegen immer noch 80 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Zeitungen haben. Die Kluft zwischen denjenigen, die in der Lage sind, ohne großen Aufwand das Internet zu nutzen, und denen, die das – aus welchen Gründen auch immer – nicht sind, wird international als „Digital Divide“ bezeichnet. Bill Gates hat in diesem Zusammenhang einmal prognosti- ziert, es werde in Zukunft zwei Klassen von Menschen geben: die mit und die ohne Internetzugang. Da wir als Linke, uns für das Ziel einer klassenlosen Gesellschaft einsetzen, fordern wir die Beibehaltung der Veröffentli- chung der Registerdaten in den Printmedien. Ein Änderungsantrag der Fraktion der Grünen, nach welchem – im Gegensatz zu der vorgesehenen zweijähri- gen – zumindest eine fünfjährige Schonfrist für Druck- erzeugnisse eingeräumt werden soll, so lange also eine Doppelveröffentlichung erfolgen muss, liegt vor. Aus den genannten Gründen und weil auch wir denken, dass die Interessen regionaler und überregionaler Zeitungen, die teilweise von besagten Veröffentlichungen leben, Be- rücksichtigung finden sollten, unterstützen wir diesen Änderungsantrag. Ich verzichte jetzt darauf, Ihnen die Unterschiede der jeweiligen Publizitätsstrukturen beider Medien, insbe- sondere des Push-und-Pull-Verfahrens und deren Aus- wirkungen auf die Adressaten, darzulegen und komme zu einem nächsten Kritikpunkt: Die Bundesregierung hatte im Jahr 2002 noch die Notwendigkeit betont, das allgemeine datenschutzrechtliche Problem bei der Veröf- fentlichung von Daten durch Behörden und Gerichte im Internet und die anschließende Weiterveröffentlichung durch Dritte zu lösen. Geschehen ist jedoch nichts, so- dass sich gerade bei dem vorliegenden Gesetzentwurf die Frage stellt, wie er sich mit dem Recht auf informa- tionelle Selbstbestimmung derjenigen Personen versteht, deren Daten in das Register eingetragen werden. Der unbeschränkte Zugang für jedermann entspricht der bisherigen Rechtslage. Verkannt wird aber, dass sich aus der Zusammenlegung der drei Register in elektroni- scher Form Informations- und Verarbeitungsmöglich- keiten ergeben, die die bisherige Dimension weit überschreiten. So ermöglicht das elektronische Unter- nehmensregister wie auch die Abfrage der zum Handels- register eingereichten Unterlagen die Identifizierung der hinter einem Unternehmen stehenden Menschen in bis- her nicht bekanntem Maße. w c n h I d g r a c v K d m M d m l n w e b p H g h n l t t Z d a i A R (C (D In dem Register sind neben dem Namen beispiels- eise auch der Wohnort und das Geburtsdatum natürli- her Personen eingetragen. Damit ist es für jeden Inter- etnutzer ein Leichtes, die Wohnanschrift der Person erauszufinden oder diese Daten mit weiteren über das nternet zugänglichen Angaben zu verknüpfen, ohne ass hierfür eine sachliche Rechtfertigung besteht. Der Entwurf äußert sich zu diesen Fragen nicht, daher eht er auch nicht den datenschutzrechtlich schonende- en Weg der Ersetzung des Wohnorts durch eine Zustell- dresse oder des Verzichts auf das zu Identifikationszwe- ken nicht notwendige Geburtsdatum. Es wird allerdings darauf verzichtet, die Entstehung on privaten Parallelregistern durch Einrichtung eines opierschutzes oder durch Verabschiedung einer ein- eutig entgegenstehenden Rechtslage zu verhindern. So- it werden Löschungsfristen für persönliche Daten zur akulatur. So werden private Datenbanken auf Basis er gezwungenermaßen an das Register erteilten Infor- ationen, gegen die effektiver Rechtsschutz nicht zu er- angen ist, die Regel. So wird das Recht auf informatio- elle Selbstbestimmung ohne Not geschwächt und so ird der Publizität letztlich ein Bärendienst erwiesen. Mit gesellschaftsrechtlicher Transparenz hat dies benso wenig zu tun wie das Vorgehen der Regierung ei dem letzten Punkt, den ich ansprechen möchte, mit olitischer Transparenz. Unmittelbar vor Toresschluss wurde kurzerhand der öchstbetrag des Ordnungsgeldes, welches bei Verstoß egen bestimmte Offenlegungspflichten zu erheben ist, albiert. Warum, lässt sich aus der Gesetzesbegründung icht ersehen. Auf Nachfrage hieß es, Grund sei eine po- itische Entscheidung und Internas würden nicht verra- en. Diese diskrete Haltung mag auch bei manchen Kapi- algesellschaften hinsichtlich ihrer zu veröffentlichenden ahlen vorherrschen. Warum auch nicht, zahlen sie doch ie maximal 25 000 Euro Ordnungsgeld oftmals leicht us der Portokasse. Transparenz wird so jedenfalls nicht gefördert, weder n der Politik noch im Gesellschaftsrecht. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Das Nationale Reformprogramm Deutsch- land und die Lissabon-Strategie weiterfüh- ren – Wirtschaftswachstum und Beschäfti- gungspolitik zum Erfolg führen – Mehr Ehrgeiz bei der Erreichung der Lissa- bon-Ziele (Tagesordnungspunkt 15) Alexander Dobrindt (CDU/CSU): Der Europäische at hat sich im März 2000 in Lissabon das ehrgeizige Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5289 (A) ) (B) ) Ziel gesetzt, Europa zum wettbewerbsfähigsten und dy- namischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu entwickeln. Im November 2004 stellte die Sachver- ständigengruppe unter der Leitung des ehemaligen nie- derländischen Ministerpräsidenten Wim Kok Defizite in der Erreichung der Lissabonziele fest. Im folgenden Jahr wurde dann eine Neuausrichtung der Lissabonstrategie beschlossen. Das Hauptziel – nämlich die Dynamik der Europäischen Wirtschaft zu stärken – wird nach wie vor verfolgt. Europa steht im strengen Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsgroßräumen wie die USA und Japan, aber auch die rasant wachsenden Volkswirtschaften Indiens und – vor allem – Chinas. Europa und die Bundesrepu- blik können und dürfen sich diesem Wettbewerb nicht verschließen. Wir müssen klar in der Umsetzung der Lis- sabonziele voranschreiten. Das „Nationale Reformpro- gramm Deutschland“ der Bundesregierung verfolgt dieselben Ziele wie sie in der Lissabonstrategie festge- schrieben sind. Beide Programme führen zu mehr Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und in der EU. Interessant ist, dass wir den Antrag der Grünen „Mehr Ehrgeiz bei der Erreichung der Lissabonziele“ gerade heute diskutieren, wenn die neuesten Arbeitslosenzahlen der Bundesagentur für Arbeit verkündet werden. Unbe- stritten ist Beschäftigung eines der zentralen Ziele der Lissabonstrategie und, mit Verlaub, eines, bei dem die Grünen in den sieben Jahrein, in denen sie Regierungs- verantwortung hatten, kläglich versagt haben. Gott sei Dank sind die Zahlen jetzt optimistischer und wir haben alle, glaube ich, große Hoffnung, dass sich dieser Aufwärtstrend am Arbeitsmarkt weiter verfestigt. 4,2 Millionen Arbeitslose sind eine deutliche Verbesse- rung gegenüber dem Vorjahr: über 400 000 Arbeitslose weniger. Das ist ein entscheidender Beitrag zur Errei- chung der Lissabonziele. Die Bekämpfung der Arbeits- losigkeit ist wahrscheinlich das wichtigste Ziel für die Menschen in unserem Land. Bedeutend in diesem Zusammenhang ist auch der Zu- wachs bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäfti- gungsverhältnissen. Wir wissen, dass niedrigere Arbeits- losigkeit die eine Seite der Medaille ist. Die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse ist die andere, die maßgeb- lich über die Finanzierung unserer Sozialsysteme mitent- scheidet. Auch das ist nämlich ein Lissabonziel: die So- zialsysteme zukunftsfest zu machen. Wir erwarten auch, dass dieser Aufschwung am Ar- beitsmarkt sich nicht – wie die Grünen behaupten – als ein Strohfeuer entpuppt. Nein, dieser Aufschwung wird anhalten. Das zeigt auch jetzt schon die steigende An- zahl an freien Stellen, die bei der Arbeitsagentur gemel- det werden. Diese Entwicklung ist das Ergebnis der wachstumsorientierten Politik der letzen Monate. Großen Anteil hat daran unser 25 Milliarden Euro Wachstumspaket zur Förderung von Handwerk und Mit- telstand. Ich nenne nur das Gebäudesanierungspro- gramm: Unsere Investitionsanreize haben ein Auftrags- volumen von 8 Milliarden Euro ausgelöst. B b d l s d h v w W g i n u n M g A g d w d w d g D e L i b t w n p f b w D l A S i s a t g t r B U (C (D Das investierte Geld kommt den Handwerkern, den etreibern vor Ort und den Mittelständlern zugute. Es leibt vor Ort, wird in Arbeitsplätze umgesetzt und sorgt afür, dass zum ersten Mal seit Jahren mehr Mittelständ- er wieder an Personaleinstellung denken anstatt an Per- onalabbau. Wir haben dafür gesorgt, dass die Investitionsbremse er Unternehmen gelöst wird. Zu Zeiten von Rot-Grün aben die Unternehmen ihre Investitionsentscheidungen or sich her geschoben, weil die Politik nicht verlässlich ar. Wir haben eine Sonderabschreibung auf bewegliche irtschaftsgüter eingeführt, die den Investitionsstau auf- elöst hat und dafür sorgt, dass der Mittelstand wieder nvestiert. Das schafft Arbeitsplätze. Wir haben die Absetzbarkeit von Handwerkerrech- ungen eingeführt, um der Schwarzarbeit zu begegnen, nd viele Dinge mehr, die uns einen bedeutenden Schritt äher an bessere Beschäftigungszahlen heranführen. Wir haben zudem bereits etwas geändert, was die enschen in unserem Land belastet hat. Noch vor weni- en Monaten hatte jeder vierte Arbeitnehmer Angst vor rbeitslosigkeit. Diese Angst ist drastisch zurückgegan- en. Und natürlich hatte diese Angst Auswirkungen auf as alltägliche Verhalten der Menschen: Anschaffungen urden nicht getätigt, wenn sie nicht unbedingt notwen- ig waren. Häuser und Wohnungen wurden nicht gebaut, eil die Menschen Angst vor der Zukunft hatten. Mit ieser Unsicherheit hat diese Bundesregierung Schluss emacht. Das trägt maßgeblich zum Aufschwung in eutschland bei. Um Wirtschaft und Arbeit weiter zu fördern, ist auch in engagierter Bürokratieabbau notwendig. Der in der issabonstrategie geforderte Bürokratieabbau ist bei uns n vollem Gange. Er wurde im „Ersten Gesetz zum Ab- au bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der Mit- elständischen Wirtschaft“ in einem ersten Schritt ver- irklicht. 37 weitere Maßnahmen sind bereits geplant. Der Normenkontrollrat hat soeben seine Arbeit aufge- ommen. Ich erwarte mir davon eine unabhängige Über- rüfung der Kosten und Belastungen, die neue Gesetze ür die Unternehmen bringen. Des Weiteren sollen auch estehende Gesetze daraufhin überprüft werden, inwie- eit sie Belastungen für Unternehmen verursachen. ann werden wir uns unterhalten, wo wir schnelle Ent- astungen für den Mittelstand erreichen. Wir könnten beim Bürokratieabbau schon weiter sein. ber jetzt habe ich Hoffnung, dass wir mit schnellen chritten vorankommen. Vor allem dürfen wir uns nicht mmer durch angebliche EU-Vorgaben einschränken las- en oder wir müssen zumindest die Menschen darüber ufklären, dass der Großteil der bürokratischen Belas- ungen heute durch Brüssel verursacht wird. Dass Bundeswirtschaftsminister Glos, dem wir maß- eblich diesen Aufschwung verdanken, zum Koordina- or der Lissabonstrategie ernannt wurde, war nur folge- ichtig. Als so genannter Mister Lissabon setzt sich der undeswirtschaftsminister für ein KMU-freundliches mfeld, einen starken Binnenmarkt, eine gestärkte Inno- 5290 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) vationspolitik sowie eine sichere und preisgünstige En- ergieversorgungspolitik ein. Gerade im Bereich Arbeitsmarkt ist die deutsche Poli- tik auf dem richtigen Weg. Der Lissabonforderung nach beschäftigungsfreundlichen Arbeitskosten kommen wir nach. Die Sozialversicherungsbeiträge sollen dauerhaft unter 40 Prozent gesenkt werden. Zum 1. Januar 2007 fällt der Beitrag zur Arbeitslosensicherung von 6,5 auf 4,5 Prozent. Auch ist erfreulich, dass wir uns dem Lissa- bonziel von 60 Prozent Frauenbeschäftigung im Jahr 2010 mit 59,6 Prozent bereits jetzt nicht nur angenähert, sondern es schon fast erreicht haben. Mit dem Programm „50 plus“ wenden wir uns direkt und zielgenau an die Gruppe der älteren Arbeitslosen. Hier müssen wir Unterstützung anbieten, um die Betrof- fenen wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern und damit unsere Sozialversicherungssysteme wieder wett- bewerbsfähig zu machen. Priorität der Bundesregierung bleibt die Erreichung der Lissabonziele. Die Quote der über 55-jährigen Ar- beitnehmerinnen und Arbeitnehmer muss bis 2010 auf 50 Prozent steigen und bis 2012 wollen wir in diesem Punkt zur Spitze in Europa gehören. Wir brauchen die Erfahrung der Älteren in den Betrieben. Ich komme nun zu einem weiteren Punkt meiner Aus- führungen: der Bildungspolitik. Um die Dynamik Euro- pas und des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu fördern, müssen wir in Ausbildung und Bildung inves- tieren. Hier rennen die Grünen mit ihrem Antrag bei uns offene Türen ein und sind bei ihrem Anlauf abermals ge- stolpert. Bloß die Forderungen der Lissabonstrategie ab- zuschreiben, reicht nicht aus. Sie müssen schon mit Kon- zepten aufwarten. Einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung des 3-Pro- zent-Zieles leistet die große Koalition, indem sie die Möglichkeit schuf, in dieser Legislaturperiode zusätzlich 6 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung zu in- vestieren. Dies ist ein gewaltiger Schritt nach vorn. Welche Bereiche sollen davon profitieren und wie ist dies umzusetzen? Wir wollen sowohl Spitzen- als auch Querschnittstechnologien mit breitem Anwendungspo- tenzial fördern. Die Leistungsfähigkeit des Forschungs- standortes Deutschland soll damit noch weiter gesteigert werden. Die Förderung soll aber nicht nur einseitig er- folgen. Integrativ sollen auch leistungsfähige KMU ge- fördert werden und Dynamik bei Unternehmensgrün- dungen und auf dem Arbeitsmarkt ausgelöst werden. Die eben vorgestellte Hightechstrategie für Deutsch- land soll ganzheitlich fördern. Es müssen Querverbin- dungen zwischen Forschung und Wissenschaft auf der einen Seite und der deutschen Wirtschaft auf der anderen Seite hergestellt werden. Forschungsförderung und die Ausgestaltung von Rahmenbedingungen auf ausgewähl- ten Hightechsektoren werden über die nächsten Jahre hinweg gebündelt. Nur so können wir uns Zukunfts- märkte sichern. Wir alle wissen genau, wie wichtig für uns eine starke Positionierung im Bereich der Biotech- nologien, Umwelt- und Nanotechnologien oder auch in der Kommunikationstechnologie sein wird. d r f „ g n t k w W b z e v i w e v d E t s g d l n W A F f m W D s B r n d b v a m z m M h n d u V W (C (D Ich hoffe, ich konnte deutlich machen, dass die Arbeit er Bundesregierung Früchte trägt und dass wir auf dem ichtigen Weg sind. Das Erreichen der Lissabonziele hat ür uns Priorität. Lissabon steht nicht in Konkurrenz zum Nationalen Reformprogramm Deutschland“. Im Ge- enteil: Beide Zielvorgaben sind kongruent. Mit dem ei- en erreichen wir auch das andere. Was aber am wich- igsten ist: Wenn wir den bereits eingeschlagenen Weg onsequent weiterverfolgen, können wir das erreichen, as wir uns vorgenommen haben – nämlich mehr achstum und mehr Beschäftigung. Doris Barnett (SPD): Heute setzen wir unsere De- atte um unser Nationales Reformprogramm zur Umset- ung der Lissabonstrategie fort, die wir vor einer Woche ingeleitet haben. Zum Teil war es eine Diskussion mit erpassten Möglichkeiten. Denn die Opposition hat nur m üblichen Reflex all das aufgeführt und bemängelt, as an dem vor über sechs Jahren gesteckten Ziel nicht rreicht wurde. Dass es dafür hinreichende Gründe gibt, om Terroranschlag des 11. September über das Platzen er New Economy-Blase, dem Ölpreisanstieg bis hin zur uro-Aufwertung ab 2002, das wurde von der Opposi- ion geflissentlich unterlassen. Deshalb bleibe ich auch heute dabei: Die Lissabon- trategie der EU ist wichtig und richtig, sie ist ein inte- rierter Teil der in Gang gesetzten großen Debatte um ie Zukunft von Europa. Was anderes soll denn unser al- er Ziel sein, wenn nicht eine große wirtschaftliche Dy- amik, die hochwertiges innovatives Wachstum schafft, achstum, das auf Nachhaltigkeit Wert legt, sich um ufwuchs von Arbeitsplätzen, Stabilität der öffentlichen inanzen und der aggregierten Nachfrage und Zukunfts- estigkeit der Sozialsysteme kümmert? Deutschland als die größte Volkswirtschaft Europas uss dabei vorangehen, Zugpferd sein, alles tun, um irtschaftswachstum und Arbeitsplätze zu schaffen. eutschland muss zum Gelingen des europäischen Wirt- chafts- und Sozialmodells beitragen Wie wir unseren eitrag dazu leisten, ist im vorliegenden Fortschrittsbe- icht 2006 festgehalten. Es ist richtig, dass die Bundesregierung mit der eige- en Prioritätensetzung im Nationalen Reformprogramm ie Schwerpunkte des Europäischen Rates abdeckt. Da- ei – hier greife ich ausdrücklich meine Ausführungen on letzter Woche auf – muss klar sein und darauf ge- chtet werden, dass bei den Zuständigkeiten von Ge- einschaft und Mitgliedstaat eine erkennbare Abgren- ung zu erfolgen hat. Eine verantwortliche Politik muss gegen eine syste- atische Einengung der Handlungsmöglichkeiten der itgliedstaaten gerade im Zusammenhang mit dem Bei- ilferecht vorgehen. Die Möglichkeiten eines Beihilferechts im Sinne ei- er Unterstützung für das Erreichen der Lissabonziele ürfen nicht abgeschafft werden. Denn die Komplexität nd Vielfalt wirtschaftlicher Prozesse verlangt auch eine ielfalt von Unterstützungs- und Lösungsansätzen. enn Forschung gefördert, kleine und mittelständische Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5291 (A) ) (B) ) Unternehmen unterstützt, Existenzgründer zu Risiken angehalten werden sollen, dann muss auch die Kommis- sion einsehen, dass es keine Eine-für-alle-Lösung im Beihilferecht geben wird und kann. Deshalb müssen wir uns, wenn es uns um die Ge- meinschaft und um das Erreichen des gemeinsamen Lissabonzieles geht, darauf verständigen, wie wichtig das Subsidiaritätsprinzip bleiben muss. Der Lissabon- prozess wird mit einem zu zentralistischen und unflexib- len Beihilferahmen in seiner Entwicklung gebremst. Lissabon realisieren heißt Flexibilität und Dynamik zu- zulassen. In 25 – und demnächst 27 – Mitgliedstaaten werden auch andere Politikfelder nicht mit einer Einheitsrichtli- nie bzw. mit einem zu eng gesteckten Rahmen zu steuern sein, sondern es muss Freiraum für die Unterschiedlich- keit bleiben, die in der Gemeinschaft herrscht und die nicht komplett in einer Einheitssoße untergehen soll. Mit dem vorgelegten Bericht beschreibt die Bundes- regierung ihre integrierte Wirtschafts-, Finanz-, Arbeits-, Sozial, Forschungs- und Bildungspolitik, mit dem das Wachstum stabilisiert und die Rahmenbedingungen für die Unternehmen so verbessert werden sollen, dass sie ihr Potenzial entfalten und im Wettbewerb bestehen kön- nen und gleichzeitig der soziale Zusammenhalt gewahrt bleibt. Wir unterstützen dieses vernetzte Vorgehen in der Politik. Wir ermuntern auch gerne die Bundesregierung, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz auf ein Problem eingehen, dem wir uns alle bewusst sind, bei dem wir aber bisher wenig Erfolg hatten. Das Stichwort lautet „Bürokratieabbau“ bzw. „Regelungswut“ der EU. Auch hier wissen wir, dass einerseits ein gemeinsames Europa nicht ohne Regelungen und Gesetze zu haben ist. Ande- rerseits behindert die zunehmende Bürokratie die Wachs- tumschancen unserer Wirtschaft. Wir wissen, dass nicht Brüssel etwas schaffen darf, was wir im nationalen Rah- men gerade herunterfahren: die bürokratischen Lasten. Zwar hat sich Brüssel fest vorgenommen, überbor- dende Bürokratie abzuschaffen. Aber wir alle wissen doch, dass Vorschriften, kommen sie nun aus Brüssel oder Berlin, extrem widerstandsfähig sind. Am Montag dieser Woche war ein Bericht – oder war es vielleicht eher eine Glosse? – im „Handelsblatt“ zu lesen, in dem es um die Frage der Sinnhaftigkeit einer EU-Richtlinie zu Verpackungsgrößen geht. Es wurde die Frage aufge- worfen, ob raffinierter Zucker nur im Kilopaket verkauft werden darf. Nun, in den Siebzigerjahren, als diese Regelung ein- geführt wurde, gab es noch nicht so viele Single-Haus- halte wie heute. Auch der EU-Vizepräsident Verheugen hat in Brüssel einen solchen, weshalb er auch über diese Frage und somit über diese Richtlinie gestolpert ist. Dieses Beispiel zeigt, wie beharrlich an Regelungen festgehalten wird, obwohl sich die Welt weitergedreht hat. Deshalb gehört zu den Aufgaben, die die Kommis- sion zu erledigen hat, all ihre Vorschriften auf den Prüf- stand zu stellen, um ihrerseits dem Lissabonprozess nicht im Wege zu stehen. m m n t m E t t z s w v d b L b t i z D S W v D b c n A d E m u w v e V u a g s t a i h i W p e s d s e s (C (D Die Bundesregierung hat vor wenigen Tagen den Nor- enkontrollrat benannt, der sich jetzt an die Aufgabe acht, die in Deutschland bestehenden Gesetze und die eue Gesetzgebung dahingehend zu prüfen, welche Kos- en der Wirtschaft auferlegt werden. Aber dieser Nor- enkontrollrat hat auch die Aufgabe, die Umsetzung des U-Rechts, also die Gesetze und Rechts- und Verwal- ungsvorschriften, zu prüfen, die Brüssel erlässt. Darüber hinaus ist aber fast noch wichtiger der Auf- rag, die Vorarbeiten zu europäischen Rechtsakten und u den Verordnungen sowie Richtlinien der Europäi- chen Gemeinschaft auf ihre Notwendigkeit und Aus- irkungen zu überprüfen, also eine Folgenabschätzung orzunehmen. Damit könnten wir nämlich sicherstellen, ass nicht wieder – sozusagen durch die Hintertür – neue ürokratische Lasten entstehen; auch dies ist Teil des issabonprozesses. Bei der Vollendung des gemeinsamen Marktes muss esondere Aufmerksamkeit dem Bereich der Dienstleis- ungen geschenkt werden. Die Debatte um die sich jetzt n der Abstimmung befindliche Dienstleistungsrichtlinie eigt die Bedeutung dieses wirtschaftlichen Sektors. enn hier kommt die Bürokratie im Sinne von „gleiche achverhalte gleich zu behandeln“ ausgesprochen kurz. as soll zum Beispiel eine „Leitlinie für die Entsendung on Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von ienstleistungen“, wenn dort, wo die Dienstleistung er- racht wird, so gut wie nicht die Einhaltung von übli- hen Arbeitsschutzstandards überprüft werden darf und och nicht einmal ein Zustellungsbevollmächtigter nebst nschrift verlangt werden kann. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass zumindest bei er Dienstleistungsrichtlinie ein relativ ausgewogener ntwurf vorliegt. Es ist gut, dass das Europäische Parla- ent den ursprünglichen Richtlinientext in eine faire nd praktikable Form umgeschrieben hat. Jetzt werden irtschaftspolitische mit sozialpolitischen Zielsetzungen erzahnt und das Ergebnis kann dann für alle Europäer ine Win-win-Situation werden. Das entspricht auch der orstellung eines europäischen Sozialmodells, um das ns andere beneiden. Nachahmenswertes Vorbild wollen wir und sollte uch Europa sein, wenn es um zukunftsweisende Ener- iepolitik geht. Denn hier haben wir nicht nur ökologi- ches Innovationspotenzial, das wir als Wettbewerbsvor- eil nutzen sollten, wir können sogar Standards auch ußerhalb des europäischen Marktes setzen, nicht zuletzt m Interesse unserer einen Welt, die wir nicht kaputt ge- en lassen dürfen. Gerade China setzt dabei nicht wenige Erwartungen n Europa, besonders aber auch in Deutschland. Letzte oche konnte Minister Tiefensee den ersten Energie- ass außerhalb Deutschlands verleihen, nämlich einem nergieeffizienten Gebäudeprojekt in Shanghai. Dort etzen sie auf uns und wollen mit uns für ihr Land Stan- ards entwickeln. Die Weltausstellung 2010 in Shanghai ollte uns Herausforderung sein – nicht zuletzt auch für ine wegweisende Energieeffizienz-Richtlinie. Das Bei- piel zeigt nochmals deutlich, wie viele Facetten die 5292 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Lissabonstrategie hat, wenn man sie richtig versteht und nutzt. Die Lissabonstrategie ist keine Zauberformel und das Nationale Reformprogramm kein Hexenwerk. Vielmehr sind beide Verpflichtung und Herausforderung zugleich und es gilt, das zu tun, was notwendig ist und dabei auch über den Tag hinaus zu denken. Schließlich wollen wir in Deutschland, ja in ganz Europa, zur attraktivsten Wirtschaftszone in der Welt werden. Dass wir dabei et- was länger brauchen als ursprünglich geplant, heißt we- der, dass das Ziel noch der eingeschlagene Weg falsch ist. Schreiten wir also voran! Martin Zeil (FDP): Die Staats- und Regierungschefs Europas verabschiedeten im März 2000 die so genannte Lissabonstrategie mit dem Ziel, die Europäische Union bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dyna- mischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Wir Liberale unterstützen diese Zielvorstellung, denn wer wollte nicht, dass wir den Wettbewerb mit an- deren dynamischen Regionen der Welt bestehen. Leider ist es anlässlich der ersten Beratung der Anträge nicht gelungen, eine tiefer greifende Auseinandersetzung über den Weg und die Umsetzung der Lissabonstrategie zu führen, wie mein Fraktionskollege Brüderle dies ange- regt hat. Stattdessen wird die Debatte eher oberflächlich, mit vielen schönen Schlagworten und gegenseitigem Schulterklopfen, geführt. Der Antrag der Koalition ist ein beredtes Beispiel für eine solche Politik der Worthül- sen und Ankündigungen. Doch damit entfernt sich die Diskussion immer weiter von der Wahrnehmung und Realität der Menschen und Betriebe. Wenn es uns nicht gelingt, dass alle mitmachen, die wir für den Erfolg der Lissabonstrategie brauchen, dann werden wir scheitern und die Menschen entfernen sich noch weiter von Eu- ropa. Ein Blick auf das reale BIP bringt Ernüchterung mit sich – ich verwende die standardisierten Zahlen der OECD, um es vergleichbar zu machen –: Deutschland hinkt nicht nur in Europa hinterher, Europa rangiert auch weit abgeschlagen hinter den USA. Die Arbeitslosigkeit in Europa ist im Schnitt fast 40 Prozent höher als in den USA. Damit kann man die bisherige Lissabonstrategie als gescheitert bezeichnen. Wenn man die Lissabonstra- tegie aber von den reinen Zahlen löst und sie mit dem Ziel verbindet, ein Programm zur Umstrukturierung der EU zu schaffen, das weg von noch mehr Regelungen und hin zu mehr Markt und Wettbewerb, mehr Flexibili- sierung und mehr Freiheiten im Binnenmarkt führt, dann hat sie eine Chance. Deshalb muss sich die Umsetzung von einigen planwirtschaftlichen Elementen lösen und stärker auf Marktwirtschaft und Wettbewerb setzen. Ge- rade auf nationaler Ebene besteht hier viel Freiraum für eine Regierung, – wenn sie zu Reformen entschlossen und fähig ist. Ich möchte nur einige Beispiele nennen, die zeigen, wie weit die deutsche – teilweise auch die eu- ropäische – Politik hinter den hehren Worten der Lissa- bonstrategie hinterherhinkt: So heißt es – und ich zitiere wörtlich – in Ihrem An- trag: m u e n t u b D b n d b t z z O d l t f B m z b h g d B n L g d b m R A b i b D ü h d g t (C (D Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass es gelungen ist, einen wirtschaftspolitischen Rahmen zu entwi- ckeln und diesen eng mit umfassenden Reformmaß- nahmen in den Bereichen Arbeit und soziale Siche- rungssysteme zu verknüpfen. Schöne, richtige Worte. Aber wo sind diese Maßnah- en? Sie fordern eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit nd des Kapitalstocks der Unternehmen und diskutieren ine Unternehmensteuerreform, die diesen Zielen mit ei- er mittelstandsfeindlichen Substanzbesteuerung diame- ral entgegenläuft. Sie fordern den freien und fairen Waren-, Kapital- nd Dienstleistungsverkehr auf der einen Seite und ar- eiten auf der anderen Seite an einer Umsetzung der ienstleistungsrichtlinie, die Protektionismus statt Wett- ewerb und mehr, nicht weniger bürokratische Hemm- isse bringt. Sie wollen die Schwarzarbeit sinnvoll bekämpfen, och schaffen mit der Mehrwertsteuererhöhung die este Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Schwarzarbei- er. Sie reden von Strukturreformen am Arbeitsmarkt, um Beispiel einer nachhaltigen Integration der Lang- eitarbeitslosen. Ein Blick in die aktuelle Studie der ECD zum Thema Arbeitsmarkt zeigt, dass die Länder, ie den Kündigungsschutz flexibler gestalten, wesent- ich weniger Langzeitarbeitslose haben. Aber die Koali- ion kann sich nicht von den ideologischen Verkramp- ungen bei diesem Thema lösen und verteufelt solche estrebungen als unsozial. Wirklich sozial ist aber im- er noch, was Arbeitsplätze schafft. Deshalb ist es unso- ial, sich abzuschotten, die Märkte zu verschließen und ürokratische Barrieren für Einstellungen aufrechtzuer- alten. Ein weiterer großer Punkt im Nationalen Reformpro- ramm ist der Normenkontrollrat: Doch Sie hatten nicht en Mut, dieses Gremium wirklich unabhängig und mit iss auszustatten. Trotz der durchaus honorigen perso- ellen Zusammensetzung besteht die Gefahr: Viel heiße uft, aber nichts Konkretes. Die Frage der sicheren und effizienten Energieversor- ung – eine der Zukunftsfragen für die Menschen und ie Wirtschaft in unserem Land, aber auch weltweit – leibt ungelöst. Die schwarz-rote Bundesregierung üsste die deutsche Präsidentschaft im Europäischen at im nächsten Jahr dringend nutzen, um hier wichtige kzente zu setzen. Die schwarz-rote Koalition hat aber isher kein Konzept und keine einheitliche Linie, gerade n der entscheidenden Frage eines wirtschaftlich vertret- aren Energiemixes, zu dem auch Kernenergie zählt. amit verabschiedet sich Deutschland aus der Debatte ber ein Thema, an dem sich auch die Wettbewerbsfä- igkeit der deutschen Wirtschaft entscheiden wird. Schließlich ein Blick auf den Mittelstand: Während er deutsche Mittelstand bereits auf die Herausforderun- en der Globalisierung reagiert hat und sich im interna- ionalen Wettbewerb gut behauptet, dümpeln in Deutsch- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5293 (A) ) (B) ) land wichtige Reformvorhaben dahin, und die schwarz- rote Koalition bringt es nicht fertig, dem Mittelstand auch national endlich verlässliche Rahmenbedingungen zu geben, die ihn entlasten und nicht weiter belasten. Die schwarz-rote Koalition ist bislang nur groß im Ankündigen, in taktischen Spielchen und Kehrtwendun- gen – bei der Umsetzung einer Strategie wie der Lissa- bonstrategie sind Sie schwächer als viele kleine Koali- tionen vor Ihnen und die meisten europäischen Regierungen. Kein Wunder, dass in Ihrem Antrag The- men nur angerissen und Schlagwörter genannt werden, ohne eine verbindende Idee oder Zielvorstellung, vor al- lem ohne konkret zu werden. Keine der wichtigen Re- formbaustellen, die in dem Bericht der Bundesregierung genannt sind, wird wirklich zu Ende gebracht. In der Summe bleibt das Nationale Reformprogramm eine An- sammlung allgemeiner Absichtserklärungen. Ihre Politik erinnert an einen viel sagenden Begriff aus der Betriebs- wirtschaft: Was Schwarz-Rot seit einem Jahr in Deutsch- land praktiziert, ist nicht mehr als „Stillstandsmanage- ment“. Es wäre gefährlich, wenn Sie der Versuchung erliegen würden, die halbwegs gute Stimmung und Auf- wärtsbewegung, die wir im Moment haben, ihrer Politik zuzuschreiben. Die wirklichen Hausaufgaben auf dem Weg zu den Zielvorstellungen für ein erfolgreiches Eu- ropa liegen noch vor uns. Ein Satz zu dem Antrag der Bündnisgrünen: Thomas Romanus hat einst gesagt: „Das Haar, das man in einer Suppe findet, stammt oft vom eigenen Kopf.“ In diesem Sinne muss ich Sie darauf hinweisen, dass Sie dieses Land in der ersten, entscheidenden Phase des Lissabon- prozesses – zwischen 2000 und 2005 – regiert haben. Ihr Antrag liest sich daher wie ein schlechtes Zeugnis für Ihre eigene Politik. Andere Länder sind hier mutige Schritte gegangen und haben die Reformen, von denen Sie bislang nur reden, bereits umgesetzt. Das Nationale Rahmenprogramm und der Antrag der Koalition strotzen nur so vor Allgemeinplätzen. Schade um die vielen Worte und das viele Papier. Um es mit Marie von Ebner- Eschenbach zu sagen: Für das Können gibt es nur einen Beweis: das Tun. Alexander Ulrich (DIE LINKE): Die alte und über- arbeitete Lissabonstrategie verfolgt den falschen Ansatz. Damit sage ich aus Sicht der Linken nichts Neues. Das Nationale Reformprogramm als nationaler Umsetzungs- bericht zur Lissabonstrategie der Bundesregierung und der entsprechende Antrag der großen Koalition folgen dem Kurs der Kommission. Bündnis 90/Die Grünen stellt sich in seinem Antrag ebenfalls hinter die neoliberale Agenda der EU-Kom- mission und fordert lediglich „mehr Ehrgeiz“ und eine „Vorreiterrolle“ der Bundesrepublik. Das Ziel der Lissa- bonstrategie, bis zum Jahre 2010 die Europäische Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissens- basierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, ist bisher nicht ansatzweise geglückt. Die Fakten und Zahlen, nicht zuletzt die der Halbzeitprüfung – Kok-Bericht –, belegen das Gegenteil. J 2 r d e i t l g w l L s S d K D s u d s w z n d s g E F n i s t g n n F t N W m S s D s T d E t k D d (C (D Deutschlands Wachstumsrate war in den letzten fünf ahren nicht halb so hoch wie der Durchschnitt der 5 europäischen Mitgliedstaaten. Die einseitige Exporto- ientierung der Bundesrepublik und die im EU-Vergleich esolate Lohn- und Beschäftigungsentwicklung werden infach nicht zur Kenntnis genommen. Deutschland hat m Gegensatz zu 18 anderen europäischen Nachbarstaa- en keinen gesetzlichen Mindestlohn. Es geht um 5 Mil- ionen Menschen in der Bundesrepublik, die von einem esetzlichen Mindestlohn profitieren würden. Profitieren ürden auch die Nachfrage und die Binnenwirtschaft. Stattdessen will die Regierungspolitik den Niedrig- ohnsektor ausbauen. Darum wird die Fraktion Die inke, die sich im Bundestag für Mindestlöhne, für eine olidarische Bürgerversicherung, für eine gerechtere teuerpolitik und gegen Rentenkürzungen einsetzt, auch ie Proteste der Gewerkschaften am 21. Oktober nach räften unterstützen. Die derzeitige negative Lohnpolitik wird nicht nur in eutschland, sondern auch in der gesamten Europäi- chen Union zu einem weiteren Abfall der Wachstums- nd Beschäftigungsdynamik führen. Der Wettlauf um ie niedrigsten Löhne und Gehälter wird dadurch be- chleunigt. Auswirkung der Lissabonstrategie in Deutschland ar die Agenda 2010 und die Hartz-Gesetzgebung, die u Massenprotesten und einem Sozialabbau in bisher icht gekanntem Ausmaß geführt haben. Auch das von er Bundesregierung geplante Elterngeld, um die Be- chäftigungsquote der Frauen zu erhöhen, bringt nur ein- eschränkt Vorteile. Erwerbslose und geringverdienende ltern werden schlechter gestellt. Das betrifft 155 000 amilien in Deutschland. Die Regelungen führen zu ei- er Umverteilung von Arm zu Reich. Ich komme zur Unternehmensteuerreform. Trotz der m EU-Vergleich niedrigen Steuerbelastung der deut- chen Unternehmen kündigt die Bundesregierung wei- ere Steuersenkungen an. Es gibt eigentlich überhaupt ar keinen Anlass, die Steuern zu senken. Diese Unter- ehmen sind sehr wettbewerbsfähig, sonst wäre man icht Exportweltmeister. Sie sollten wieder mehr an der inanzierung der Gesellschaft beteiligt werden. Mit wei- eren Steuersenkungen zwingen wir die europäischen achbarn, nachzuziehen, mit dem Ergebnis, dass die ettbewerbsbedingungen gleich bleiben, Steuereinnah- en ausbleiben und die Bevölkerung dies mit weiterem ozialabbau bezahlen muss. Die Mehrwertsteuererhöhung wird den privaten Kon- um weiter ausbremsen und die Konjunktur schwächen. er private Konsum sank auch im zweiten Quartal die- es Jahres. Die Bundesregierung ignoriert auch diese atsache. Die Unterstützung von Exzellenz in Forschung, Bil- ung sowie bei der Anwendung von wissenschaftlichen rkenntnissen ist allemal zu begrüßen. Bildungsinvesti- ionen sind die entscheidenden Kriterien für die Zu- unfts- bzw. Entwicklungsfähigkeit einer Gesellschaft. ie Investitionen für Forschung und Bildung müssen eutlich ausgeweitet werden. 5294 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Die Linke begrüßt die Förderung von kleinen und mittelständischen Unternehmen mit einer breiten Palette an Projektmaßnahmen durch die Bundesregierung. Aber gerade diese Unternehmen werden durch die genannten steuerpolitischen Maßnahmen besonders unter der Bin- nenmarktschwäche leiden. Die Energiekonzerne verzeichnen Spitzenprofite. Die Fortschreibung der Liberalisierung der Energiemärkte, wie sie die Lissabonstrategie fordert, hat zu einer He- rausbildung von Monopolstrukturen geführt. Wesentli- che Ursache für die steigenden Gewinne der Energiekon- zerne sind die gestiegenen Kosten für die Verbraucher. Deshalb brauchen wir eine konsequente Preiskontrolle. Die Strom- und Gasnetze sind in die öffentliche Hand zu überführen. Außenpolitische Krisen um Öl, Gas und Uran, die Endlichkeit der fossilen Energieträger, die kartellartigen Strukturen des Energiemarktes und der bedrohliche Kli- mawandel sind offenbar kein Thema für die EU-Kom- missare. Deshalb fordere ich dringend dazu auf, Energie- effizienz und erneuerbare Energien zu fördern, um Arbeitsplätze zu schaffen und weltweit führend in Zu- kunftstechnologien zu bleiben. Wir brauchen ein neues Herangehen, in dessen Mittelpunkt die Bedürfnisse der Menschen stehen und nicht die der Konzerne in Europa. Die eingebrachten Anträge der Fraktion des Bündnis- ses 90/Die Grünen sowie der Regierungsfraktion verfol- gen den neoliberalen und unsozialen Ansatz unter dem offiziellen EU-Segen namens „Lissabonstrategie“. Wir lehnen beide Anträge ab. Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist das erklärte Ziel der Bundeskanzlerin, in Europa einen Spitzenplatz einzunehmen. Angesichts dessen ist der vorliegende Umsetzungsbericht eine einzige Enttäu- schung. Kein einziges der Lissabonziele erfüllt Deutsch- land derzeit. Das Markenzeichen der großen Koalition bleibt: viel Eigenlob, keine Konzepte. Der wettbewerbs- fähigste wissensbasierte Wirtschaftsraum der Welt lässt sich aber nicht herbeiwünschen. Nötig ist: „Mehr Ehr- geiz bei der Erreichung der Lissabonziele“, wie wir dies auch in unserem Antrag einfordern. Der Antrag der Regierungsfraktionen beinhaltet dage- gen viel warme Worte und wenig Konkretes. Er ist damit ganz auf einer Linie mit dem Umsetzungsbericht der Bundesregierung, in dem Brüssel die heile Welt gemel- det wird. Dass Bericht und Realität weit auseinander klaffen, scheint der Bundesregierung nicht peinlich zu sein. Ich will nur zwei Beispiele aufführen. Beispiel Bildung: Im schulischen Bereich hat Deutschland einen blauen PISA-Brief und bleibt verset- zungsgefährdet. Im Hochschulbereich hat uns die OECD bescheinigt, dass wir weit mehr Hochschulabsolventen brauchen, als wir tatsächlich ausbilden. In dem Umset- zungsbericht verliert die Bundesregierung auch kein Wort über die derzeit 215 000 Jugendlichen auf Ausbil- dungsplatzsuche. Eine Weiterbildungsstrategie für Er- wachsene gibt es nicht. Die skandinavischen Länder er- reichen doppelt so hohe Weiterbildungsquoten als D w r w a z l g m s F K t n l d l E d b d d s z B u D s ö w r s e h m t L li to la e z n g d A g (C (D eutschland. Dabei ist Wissen der einzige Rohstoff, den ir in Deutschland haben. Hier müssen wir stärker vo- ankommen. Das Weiter-so der Bundesregierung können ir uns nicht länger leisten. Beispiel Beschäftigung von Frauen: Frauen werden m Arbeitsmarkt immer noch stark benachteiligt. Dies eigt sich vor allem hinsichtlich Arbeitsvolumen, Bezah- ung und Karrierechancen. Bei einer Vollzeitbeschäfti- ung verdienen Männer im Durchschnitt 28 Prozent ehr als Frauen. Nirgendwo in Europa stehen Frauen chlechter da. In den deutschen Chefetagen tauchen rauen nur auf, um die Aktenmappe zu bringen oder den affee zu servieren. Deutschland ist weltweit ganz hin- en bei Frauen in Führungspositionen. Die Männerdomi- anz ist längst zum Innovationshindernis für Deutsch- and geworden. Letztlich geht es auch bei der Lissabonstrategie um ie Frage: Welches Europa wollen wir? Wir Grünen wol- en ein soziales, ökologisches und wettbewerbsfähiges uropa. Die Menschen wollen wissen unter welchen Be- ingungen sie in Deutschland und Europa leben und ar- eiten werden. Wie sollen sie verstehen, dass wir fast as einzige Land ohne Mindestlöhne sind und die Bun- esregierung noch nicht einmal den Minimalschritt zu- tande bringt, das Entsendegesetz auf alle Branchen an- uwenden? Der Versuch, ein neoliberales Europa mit der rechstange einzuführen, ist zum Scheitern verurteilt nd schadet der EU als Ganzes. Man denke nur an die ienstleistungsrichtlinie und die gescheiterten Verfas- ungsreferenden. Wir dürfen weder die soziale noch die kologische Dimension als lästigen Ballast über Bord erfen, wie dies einige bei der Debatte um den Kok-Be- icht versucht haben, und ein Stück weit ist es ihnen ja ogar leider auch gelungen. Für uns Grüne ist klar: Nur ine nachhaltige Entwicklung verspricht eine dauerhaft öhere Lebensqualität. Wenn wir die Menschen für Europa gewinnen wollen, üssen die Bürgerinnen und Bürger die konkreten Vor- eile Europas erfahrbar machen. Deshalb ist auch die issabonstrategie so wichtig und deshalb ist es so bedauer- ch, dass die Bundesregierung das Ganze nur noch als rhe- rische Pflichtübung behandelt. Bald übernimmt Deutsch- nd die EU-Präsidentschaft. Sie steht deshalb auch in iner besonderen Verantwortung für den Lissabonpro- ess. Schlimm, dass Deutschland bei den Lissabonzielen icht gut dasteht! Viel schlimmer aber ist, dass diese Re- ierung weder Konzept noch Ehrgeiz hat, dies zu än- ern. nlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Gegen die Schließung von 45 Standor- ten bei der Deutschen Telekom AG (Tagesord- nungspunkt 14) Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU): Der vorlie- ende Antrag der Fraktion Die Linke ist eine schwer er- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5295 (A) ) (B) ) trägliche Mischung aus Heuchelei, billigstem Populis- mus und völliger wirtschaftlicher Ahnungslosigkeit. Sie fordern die Rückkehr in die Staatswirtschaft. Dabei ist nun wirklich jedem völlig klar, dass der Liberalisie- rungsprozess in der Telekommunikation eine einzige Er- folgsgeschichte ist. In den zehn Jahren zwischen 1995 und 2005 sind in der ITK-Branche 120 000 – und das möchte ich betonen – zu- sätzliche Arbeitsplätze entstanden. Auch wenn einige Arbeitsplätze durch die unglaubliche Dynamik der Bran- che, den atemberaubenden technischen Wandel im Be- reich der Kommunikation verloren gegangen sind, so sind doch noch mehr hinzugekommen. Der Saldo ist positiv. Die Liberalisierung hat für die Verbraucher zu vielfäl- tigen Angeboten bei drastisch reduzierten Preisen ge- führt. Das haben wir in den letzten zehn Jahren gesehen. Call-by-Call-Dienste sind im Festnetz eine Selbstver- ständlichkeit geworden. Mehrwertdienste sind in der klassischen Telefonie und im Mobilfunk inzwischen all- täglich. Ein Beispiel für die ungebrochene Dynamik der Branche, für ihre außerordentliche Innovationskraft ist das Internet. Das Internet hat in den letzten zehn Jahren ei- nen Siegeszug ohne gleichen angetreten. Dank einer im- mer leistungsfähigeren Telekommunikationsinfrastruktur sind Internetzugänge für Privatkunden 30-mal schneller als vor zehn Jahren, einige sogar schon 300-mal schnel- ler. Das ermöglicht immer mehr Anwendungen, immer mehr Dienste und schafft neue Arbeitsplätze im Land. Dies alles ist mit Staatswirtschaft der PDS nicht zu schaffen. Jetzt zu den Callcentern der Telekom. Ich frage mich, ob und – wenn ja – welches wirtschaftliche Verständnis Sie haben, Entscheidend ist doch, dass so viel Arbeits- plätze wie möglich geschaffen werden. Das geht aber nur dann, wenn nicht unrentable Arbeitsplätze und -stät- ten den Unternehmen die finanzielle Kraft für Innova- tion und Expansion rauben. Wer aus angeblich sozialen Gründen unrentable Arbeitsplätze erhält, gefährdet nicht nur sein Unternehmen, sondern auch den Wirtschafts- standort Deutschland. Es ist schlimm und dramatisch für alle Betroffenen, wenn Arbeitsplätze abgebaut werden müssen. Um so er- freulicher ist es dann, wenn man auf Menschen trifft, die offen für pragmatische Lösungen sind. Auch im Vor- stand der T-Com sitzen verantwortungsvolle Manager, die zwar die wirtschaftliche Zukunft ihres Unternehmens natürlich im Blick haben, sich aber sinnvollen Lösungen für die Region nicht verschließen. So konnten zum Bei- spiel. 200 Arbeitsplätze in Neustadt an der Weinstraße, 260 in Saarbrücken und auch 100 in Stade erhalten wer- den. Insgesamt konnte die Zahl der von der Zusammen- legung betroffenen Mitarbeiter von rund 3 300 auf 2 150 reduziert werden. Darüber haben sich Arbeitgeber und Betriebsrat im Rahmen eines Einigungsstellenver- fahrens verständigt. Deshalb ist es schlimm, dass die Linke den Menschen etwas vorgaukelt! Wer ernsthaft glaubt, dass der Staat als Minderheitsaktionär einem Unternehmen, an dem er be- teiligt ist, vorschreiben kann, bestimmte unternehmeri- s s z T t h G 3 s U s b t t r b b t o s B w e l o z w l B d v Z E S b m i d U v l s t H l u d j s h s (C (D che Entscheidungen zu treffen und andere zu unterlas- en, kann eigentlich nur von der PDS sein. Waltraud Lehn (SPD): Der vorliegende Antrag be- ieht sich auf eine unternehmerische Entscheidung der -Com. Ziel dieser Entscheidung ist es, durch Konzen- ration der 96 Call-Center eine größere Effizienz sowie öhere Qualitätsstandards zu sichern. Dazu stelle ich fest: Erstens. Geschäftsführung und esamtbetriebsrat haben sich darauf verständigt, 6 Standorte zu schließen. Das Unternehmen wollte ur- prünglich 45 Standorte schließen. Unter den gegebenen mständen ist dieses Ergebnis ein Erfolg für die Be- chäftigten. Zweitens. Am 22. September 2006 waren ereits 20 Standorte geschlossen, 16 weitere folgen – un- er den Beteiligten abgestimmt – in diesem Jahr. Drit- ens. Die Privatisierung der Telekom – nur zur Erinne- ung – ist Fakt und wurde von der Regierung Kohl ereits beschlossen. Ohne Zweifel: Das privatisierte Unternehmen trägt esondere Verantwortung gegenüber seinen Beschäftig- en. Es ist eine gute Nachricht, dass im Zuge der Stand- rtzusammenlegung sozialverträgliche Regelungen zwi- chen Unternehmen und Betriebsrat gefunden wurden. etriebsbedingte Kündigungen konnten so vermieden erden. Ich sage deutlich: Betriebliche Vereinbarungen haben inen hohen Stellenwert in unserem Land. Sie sind in al- er Regel interessenausgleichend. Sie sind problem- und rtsnah und damit am ehesten geeignet, gute Lösungen u finden. Hinter dem vorliegenden Antrag steht aber ein viel eiter gehendes Anliegen, als es der Titel vermuten ässt. So fordern die Herren und Damen Antragsteller die undesregierung allgemein auf, über ihre Beteiligung an er Deutschen Telekom AG darauf hinzuwirken, die Pri- atisierung des Konzerns zu beenden. Wir lehnen den Antrag aus mehreren Gründen ab: um einen ist der Einfluss der Bundesregierung auf die ntscheidung der T-Com zur Zusammenlegung von tandorten rechtlich begrenzt. Die hier debattierte Frage etrifft nämlich das operative Geschäft des Unterneh- ens. Laut Aktiengesetz ist der Bund als Anteilseigner n diesen Fragen jedoch zur Neutralität verpflichtet, da as operative Geschäft ausschließlich vom Vorstand des nternehmens bestimmt wird. Die Entscheidung zur Pri- atisierung des ehemaligen Staatskonzerns Telekom ist ängst getroffen. Ob das mehr oder weniger richtig ist, teht überhaupt nicht zur Debatte. Es ist Fakt. Die Priva- isierung der Telekom entspricht geltendem EU-Recht. ätten wir sie nicht schon, müssten wir sie jetzt machen. Wir müssen akzeptieren, dass die T-Com unter erheb- ichem Wettbewerbsdruck steht. Neben allen richtigen nd wichtigen Bedenken gegen Stellenabbau muss sich as Unternehmen am Markt behaupten. Und auch wenn ede Nachricht über Stellenabbau in unserem Land eine chlechte Nachricht ist: Die Zusage, dass der vorgese- ene Abbau von 32 000 Arbeitsplätzen bei der Deut- chen Telekom bis 2008 ohne betriebliche Kündigungen 5296 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) geschieht, gibt zumindest den derzeit Beschäftigten die Perspektive einer sicheren Beschäftigung bzw. eines so- zialverträglichen Übergangs in andere Arbeitsverhält- nisse oder auch in den Ruhestand. Natürlich können diese Argumente kein Freischein für Stellenabbau sein. Als einer der größten Arbeitgeber dieses Landes mit derzeit 170 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Inland trägt der Konzern Deutsche Tele- kom auch eine hohe soziale Verantwortung. Als ehema- ligen Staatskonzern sehe ich das Unternehmen in einem noch stärkeren Spannungsfeld zwischen Menschen und Markt als die Wirtschaft generell. Arbeitsplatzabbau kann für Unternehmen allgemein und für die T-Com im Besonderen immer nur das letzte Mittel einer verant- wortlichen Politik sein. Ich unterstütze Überlegungen, die nach innovativen Beschäftigungsmöglichkeiten für Überhangpersonal bei der Telekom suchen. Ich halte es für Unsinn, wenn 45-Jährige in der Blüte ihres Arbeitslebens tatenlos in Beschäftigungsgesellschaften geparkt werden. Es gibt bereits positive Erfahrungen, dass für diese Arbeitneh- mer Beschäftigungen in Argen oder bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit gefunden werden. Solange dies nicht mit Zusatzkosten für den Bundeshaushalt verbunden ist, helfen solche Lösungen allen Beteiligten. Die bestehen- den Erfahrungen sollten ausgewertet und, wenn möglich, ausgeweitet werden. Diese Ansätze können helfen, folgendes Spannungs- verhältnis zu lösen: Auf der einen Seite steht ein hoher Nettokonzerngewinn von 1 Milliarde Euro im letzten Quartal. Auf der anderen Seite stehen noch immer fast 40 Milliarden Euro Schulden. Zum Dritten wächst die nationale und internationale Konkurrenz weiter an. Die Lösung dieses Problems darf nicht einseitig und auf Kosten der Beschäftigten ausfallen. Die SPD-Fraktion steht zur erfolgreichen Privatisie- rung der Deutschen Telekom. Wir fordern und unterstüt- zen im Rahmen unserer Möglichkeiten eine verantwor- tungsvolle Unternehmensstrategie, die alle Interessen im Blick behält: die Interessen des Unternehmens, die Inte- ressen der Beschäftigten und die Interessen des Bundes. Martin Zeil (FDP): Ungeachtet der unterschiedlichen Auffassungen zu den Grundprinzipien einer marktwirt- schaftlichen Ordnung und zur Staatstätigkeit möchte ich vorweg wiederholen, was ich bereits bei der ersten Le- sung dieses Antrags betont habe: Da von den beabsichtigten Schließungen auch 16 Standorte in Bayern betroffen sind, habe ich vol- les Verständnis für die Situation der betroffenen Mitarbeiter, denn gerade die Verlagerungen von Ar- beitsplätzen aus strukturschwachen Regionen ist in vielen Teilen Deutschlands ein Problem. Der Antrag gibt über den konkreten Anlass hinaus zu- gleich aber die Gelegenheit, die Frage nach den Aufga- ben der Politik und der Rolle des Staates bei der wirt- schaftlichen Betätigung zu stellen: Wollen wir soziale Marktwirtschaft oder staatliche Planwirtschaft? Sind Po- l b w w n n B n n h d i s Z b b B n n a b s 1 r r 6 P G s t r d b n d n i d A Z C g d t l w u D g a u a d b a (C (D itiker oder Verwaltungen die besseren Unternehmer, die esser wissen, was das Richtige für ein Unternehmen ie die Deutsche Telekom ist? Wollen wir entscheiden, as der beste Standort, der beste Tarif und das beste eue Produkt ist? Wer die soziale Marktwirtschaft will, kann die Frage ur ganz klar mit Nein beantworten. Auch wenn die undesregierung bei vielem Murks macht, Marx ist icht die richtige Antwort. Da es diesem Sachverhalt aus unserer Sicht keinen euen Punkt hinzuzufügen gibt, möchte ich die Gelegen- eit nutzen, um noch auf zwei Beispiele einzugehen, bei enen sich die Herangehensweise der Bundesregierung m Bereich der Telekom von unserem liberalen Denken ehr stark unterscheidet: Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf eines weiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ver- esserung der personellen Struktur beim Bundeseisen- ahnvermögen und in den Unternehmen der Deutschen undespost vorgelegt, der es dem Postnachfolgeunter- ehmen Deutsche Telekom AG ermöglichen soll, Perso- alüberhänge durch Frühpensionierung bei den Beamten bzubauen. So bestehen gemäß der Gesetzesbegründung ei der Telekom Überhänge von zurzeit rund 32 000 Be- chäftigten, wobei von diesen überzähligen Kräften circa 0 000 Mitarbeiter Beamte sind. Diese Frühpensionie- ungswelle passt nicht in die Zeit. Einer Bundesregie- ung, die ernsthaft über ein Renteneintrittsalter mit 7 Jahren diskutiert, gleichzeitig aber Beamte mit 55 in ension schicken will, scheint nicht nur der Sinn für das emeinwohl abhanden gekommen zu sein, sie macht ich auch unglaubwürdig. Hier tut sich die viel disku- ierte Gerechtigkeitslücke auf. Dazu scheint das Inte- esse des Bundes an guten Kursen und hohen Dividen- en als Folge eines staatlich unterstützten Personalab- aus in den jeweiligen Aktiengesellschaften den „Golde- en Handschlag“ zu beflügeln. Auch der Bundesrechnungshof hat sich kritisch mit em Gesetzentwurf auseinander gesetzt, mit dem Ergeb- is, dass am Ende mehr ungeklärte Fragen als Antworten m Raum standen. Aus der Gesetzesbegründung war es em Rechnungshof nicht möglich, die Belastbarkeit der ussage hinsichtlich der Kostenneutralität zu prüfen. udem führen die kurzen Fristen dazu, Risiken und hancen des Bundes nicht bewerten zu können. Im Ge- ensatz dazu soll nach Angaben der Bundesregierung ie Frühpensionierungsregelung für den Haushalt kos- enneutral sein. Konkrete Angaben über das Gesamtvo- umen werden allerdings nicht gemacht. Damit wird ein eiterer unkalkulierbarer Posten in den Haushalt gestellt nd eine weitere so genannte Lex Telekom geschaffen. as können wir Liberale nicht unterstützen! Wie un- laubwürdig muss dies in den Augen der Telekom-Mit- rbeiter wirken, die von den Schließungen betroffen sind nd dann diese Politik des „Goldenen Handschlags“ an nderer Stelle erleben müssen? Interessanterweise war der Begriff „Lex Telekom“ für ie geplanten Regulierungsferien beim Breitbandange- ot und den so genannten neuen Märkten reserviert, was ber die oberste nationale Wettbewerbshüterin, die Bun- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5297 (A) ) (B) ) desnetzagentur, unterbunden hat, eine Entscheidung, die langfristig mehr Wettbewerb in diesem Markt bringen wird, wovon am Ende die Verbraucher durch eine grö- ßere Auswahl an qualitativ hochwertigen und preisgüns- tigen Breitbandangeboten profitieren werden. Nur durch diesen Wettbewerb und mit keiner staatlichen Verord- nung wird sich langfristig auch die Zahl der Anwender und Nutzer dieser schnellen Internetanbindung in Deutschland erhöhen. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur sollte als Zeichen von der schwarz-roten Koalition erkannt wer- den, ihre bisherigen Positionen zu überprüfen. Zu erwar- ten ist hier aber nicht viel, da sich die Regierung bisher – auch mit Blick auf die Umsatzsteuerbefreiung und das Teilmonopol der Deutschen Post AG – nicht gerade durch eine wettbewerbsfreundliche Politik auszeichnet. Eine letzte Bemerkung zu den in letzter Zeit viel dis- kutierten DSL-Anschlüssen im ländlichen Raum. Viele Gemeinden und damit auch viele innovative Betriebe werden da von der Versorgung mit schnellen DSL-Da- tenanschlüssen und damit von einer Zukunftstechnik ausgeschlossen. An dieser Stelle nutzt die Telekom ihr altes Monopol aus. Wir fordern deshalb auch hier in Zu- kunft mehr Wettbewerb. Es muss eine Lösung gefunden werden, die unabhängig von allen bisherigen gesetzli- chen Regelungen ist und mit der sowohl die Verbraucher als auch das Unternehmen leben können. Wir Liberale werden uns auch in Zukunft dafür ein- setzen, dass private Lösungen staatlichen vorgezogen werden, dass es einen fairen Wettbewerb gibt und dass aus ehemaligen staatlichen Monopolen keine privaten Monopole werden, die den Wettbewerb zu Lasten der Verbraucher unterbinden. Werner Dreibus (DIE LINKE): Im April dieses Jah- res hat meine Kollegin Petra Pau an dieser Stelle an die beschäftigungspolitische Verantwortung des Bundes in seiner Funktion als Arbeitgeber erinnert. Auf dem Spiel standen damals 32 000 Stellen bei der Deutschen Tele- kom. Inzwischen haben sich das Unternehmen, die Ge- werkschaft Verdi und der Betriebsrat auf eine soziale Abfederung des Arbeitsplatzabbaus geeinigt. Das ist aus Sicht der betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehme- rinnen sicher zu begrüßen. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass die Bun- desregierung ihrer Verantwortung nicht gerecht gewor- den ist: Die Arbeitsplätze wurden abgebaut und früher oder später werden die Betroffenen trotz aller Zwischen- lösungen auf der Straße stehen. Und das ändert auch nichts an dem Umstand, dass die organisierte Verantwor- tungslosigkeit des Bundes, aber auch vieler Länder und Kommunen weiter anhält. Bereits heute ist erkennbar, um nur ein Beispiel zu nennen, dass bei der von SPD und Union betriebenen Privatisierung der Bahn wieder Tausende Beschäftigte unter die Räder kommen werden. Wer den Börsenwert eines – noch – öffentlich kon- trollierten Unternehmens zur Maxime seines Handelns macht, der kann sich nach der Privatisierung die Kroko- d d g h t c ö a – s f d e z d – c d n B P i i U s s f E d T g d c s G T s B l s f t P d b u z b t a t p (C (D ilstränen über den Arbeitsplatzabbau sparen. Wer – wie ie Bundesregierung – den Investoren öffentliches Ei- entum andient, der kann hinterher nicht behaupten, er ätte nicht gewusst, dass Investoren zuallererst den Un- ernehmenswert steigern und nicht die Beschäftigung si- hern wollen. Beides zusammen geht nicht! Wenn die ffentliche Hand zu ihrer beschäftigungspolitischen Ver- ntwortung in zentralen Bereichen der Daseinsvorsorge Gesundheit, Kommunikation, Verkehr, Wohnen etc. – tehen will, dann muss sie am öffentlichen Eigentum esthalten. Ich habe heute morgen in der Debatte über den Kün- igungsschutz darauf verwiesen, dass die Beschäftigten rst durch Schutzrechte in die Lage versetzt werden, wischen Alternativen zu wählen. Wer keine Rechte hat, er kann nicht wählen. Er muss das machen, was andere, in diesem Fall die Arbeitgeber – ihm oder ihr diktieren. Ähnlich verhält es sich mit den Beschäftigten öffentli- her Unternehmen: Solange das Unternehmen im Besitz er öffentlichen Hand ist, ist dieses angehalten, bei sei- en unternehmerischen Entscheidungen das Wohl der eschäftigten in besonderer Weise zu berücksichtigen. rivate Unternehmen kennen diese Fürsorgepflicht nicht n gleicher Weise; bei ihnen steht das Gewinninteresse m Vordergrund. Wenn nun die öffentliche Hand ihre nternehmen privatisiert, dann bedeutet das für die Be- chäftigten zwangsläufig die Unterordnung ihrer Interes- en unter das Gewinnstreben des Unternehmens. Die beschäftigungspolitische Verantwortung der öf- entlichen Hand kann deshalb nur eines bedeuten: den rhalt des öffentlichen Eigentums an den Einrichtungen er Daseinsvorsorge. Alles andere führt wie im Fall der elekom letztendlich zu Beschäftigungsabbau. Unter der Führung der SPD wurde dieser Fehler be- angen und es gibt keinen Grund, diesen Fehler unter er Führung der Union ein weiteres Mal zu begehen. Si- hern Sie Beschäftigung und öffentliche Daseinsvor- orge! Beenden Sie die Politik der Privatisierung! Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Die Einführung von Wettbewerb bei der elekommunikation hat die Voraussetzung für das Ent- tehen von Hunderttausenden neuen Arbeitsplätzen im ereich der Informations- und Kommunikationsdienst- eistungen, der neuen Medien und des E-Commerce ge- chaffen. Wir unterstützen diesen Prozess und fordern aire Wettbewerbsbedingungen für große und kleine Un- ernehmen. Wer Staatsunternehmen erhalten will wie die DS, der verwehrt kleinen und mittleren Unternehmen en Marktzugang und verhindert so das Entstehen wett- ewerbsfähiger Arbeitsplätze. Die Deutsche Telekom AG als früheres Monopol- nternehmen hat einen schwierigen Anpassungsprozess u meistern. Sie muss unter Wettbewerbsbedingungen estehen und sich auf neuen Märkten positionieren. Na- urgemäß muss sie Marktanteile an neue Wettbewerber bgeben. Per saldo sind bei den Telekommunikationsun- ernehmen seit der Liberalisierung 1998 neue Arbeits- lätze entstanden. 5298 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Der Bund sollte seine Anteile kontinuierlich verkau- fen und die Mittel aus dieser Privatisierung in Bildung und Forschung investieren. Nur so können für die Zu- kunft Arbeitsplätze in Deutschland gehalten werden. Die PDS will an Staatsunternehmen festhalten und meint, mit Staatsunternehmen die Probleme struktur- schwacher Regionen lösen zu können. Diese Versuche sind bereits sehr oft gescheitert. Wir wollen struktur- schwache Regionen mit Zukunftsinvestitionen und nicht mit Staatsunternehmen unterstützen. Unter anderem durch schwere Versäumnisse und Feh- ler des Managements ist es der Deutschen Telekom AG nicht gelungen, sich so auf dem Markt zu behaupten, dass sie ohne Personalabbau auskommt. Wer aber will, dass auch bei der Telekommunikation Wettbewerb greift, der kann nicht ausschließen, dass auch bei frühe- ren Monopolunternehmen Personal abgebaut werden muss. Andernfalls könnte auch bei den Wettbewerbern kein Personal aufgebaut werden. Der Antrag der PDS hat mit der Realität nichts zu tun. Der Bund hält nur noch eine Minderheitsbeteiligung an der Deutschen Telekom. Richtig ist, dass die Deutsche Telekom AG im Einvernehmen mit dem Betriebsrat die Zahl der Callcenter von 91 auf 58 reduziert. Die Mitar- beiter in den zu schließenden Callcentern erhalten Ange- bote, in anderen Callcentern zu arbeiten. Es gibt keine betriebsbedingten Kündigungen. Wir fordern die DTAG auf, für Härtefälle soziale Lösungen zu suchen. Weiter- hin fordern wir die Deutsche Telekom auf, wo immer möglich durch Qualifizierung und Umschulung neue Perspektiven für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen, deren Beschäftigung wegfällt. Netto werden im Konzern 19 000 abgebaut, dabei werden 27 000 Stel- len abgebaut, während 8 000 Stellen neu aufgebaut wer- den. Wir halten auch nichts davon, der Deutschen Tele- kom AG in neuen Bereichen Monopolstellungen zu ge- währen. Bisweilen erweckt die DTAG ja den Eindruck, dann auf Arbeitsplatzabbau verzichten zu können. Der Abbau von Arbeitsplätzen bei Wettbewerbern wäre das Ergebnis. EU-Wettbewerbskommissarin Natalie Croes hat in einem Brief an die Bundesregierung festgestellt, dass der Entwurf zur Novelle des Telekommunikations- gesetzes nicht mit dem europäischen Telekommunika- tionsrecht übereinstimmt und ein Vertragsverletzungs- verfahren nach sich ziehen wird. Die Bundesregierung will die DTAG für den Aufbau des VDSL-Breitbandes von der Zugangs- und Preisregulierung durch die Bun- desnetzagentur ausnehmen. Das würde der Deutschen Telekom AG gestatten, ihre marktbeherrschende Stel- lung in weitere Bereiche auszudehnen, denn Wettbewer- ber hätten nicht die Möglichkeit, diese innovativen Dienste anzubieten. Der Regulierungsverzicht erhöht die Preise für Verbraucherinnen und Verbraucher, innovative Anbieter von Diensten und erschwert den Marktzugang für Wettbewerber. Durch dieses Vorgehen werden Unter- nehmen wie zum Beispiel Arcor oder iesy benachteiligt und um Marktchancen bei im neu entstehenden „triple- play“-Markt (Fernsehen, Internet und Telefonie über eine Leitung) beraubt. U A U A f V w v a n d t e N c S Z e n d v V c s B r b t c E w t M T b S k M (C (D Wir sind für faire Wettbewerbsbedingungen für alle nternehmen. Wir treten für soziale Schutzrechte für die rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein, die in allen nternehmen gleichermaßen gelten. nlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Gefährliche Streumunition verbieten – Das humanitäre Völkerrecht weiterentwickeln – Zivilbevölkerung wirksamer schützen – Streumunition ächten – Für die Ächtung von Landminen und Streu- munition (Tagesordnungspunkt 17 a und b und Zusatz- tagesordnungspunkt 5) Hans Raidel (CDU/CSU): Mit unserem Antrag „Ge- ährliche Streumunition verbieten – Das humanitäre ölkerrecht weiterentwickeln“ greifen wir ein äußerst ichtiges abrüstungspolitisches Thema auf, das durch iele Krisenherde in der Welt, insbesondere aber durch ktuelle Kampfhandlungen im Libanonkonflikt, uns er- eut seine Brisanz eindringlich ins Bewusstsein ruft. Je- ermann weiß, gefährliche Blindgänger von Streumuni- ion hemmen die Wiederaufbauanstrengungen und rschweren den Transport von Hilfssendungen sowie die utzung oder Urbarmachung land- und forstwirtschaftli- her Flächen. Sie erschweren an vielen ehemaligen chauplätzen bewaffneter Konflikte die Rückkehr der ivilbevölkerung in ihre angestammten Wohngebiete. Andere Fraktionen haben eigene Anträge gestellt. Um s klarzustellen: Wir achten jede Auffassung und Mei- ung, die hilft, die Ächtung und letztlich die Beseitigung ieser scheußlichen Kriegsmittel herbeizuführen und ölkerrechtlich möglichst rasch verbindliche Formen mit erträgen, Vereinbarungen oder Protokollen zu errei- hen. Dass wir dabei die Respektierung unserer Auffas- ung ebenso erwarten, ist selbstverständlich. Es geht also nicht um das Ob, da sitzen wir im selben oot, sondern um das Wie. Welche Wege sind erfolg- eich? Welche Maßnahmen sind geeignet, das Thema zu efördern? Welche sind eher schädlich? Und es geht rotz aller Sympathien für das Thema auch darum, wel- he Sicherheitsinteressen für das eigene Land, für die U, für die NATO und andere Regionen berücksichtigt erden müssen. Wir wissen aus Erfahrung, wie mühsam es ist, Abrüs- ungserfolge zu erzielen. Betrachten wir nur das Ottawa- inenprotokoll und das damit verbundene jahrelange auziehen. Deutschlands Regierung und Parlament ha- en sich dabei besonders engagiert und erfolgreiche chrittmacherdienste geleistet. Das Ottawa-Minenproto- oll wirkt. Diplomatisches Fingerspitzengefühl für das politisch achbare, verbunden mit einem realistischen Schrittfol- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5299 (A) ) (B) ) gekonzept der praktischen Schritte und des Zeitmaßes für die Ächtung und Beseitigung sind auch hier das Ge- bot der Stunde. Ein langer Atem und die Bereitschaft zum Bohren dicker Bretter sind auch hier Voraussetzun- gen für den Erfolg. „Alles oder nichts“-Konzepte“ und Betrachtungen vom hohen moralischen Podest führen er- fahrungsgemäß nicht zum Erfolg. Mit unserem Antrag stützen und unterstützen wir den eingeschlagenen Weg der Bundesregierung und befür- worten die diplomatischen Initiativen des Auswärtigen Amtes und die praktischen Schritte im deutschen Besei- tigungskonzept der Bundeswehr. Inzwischen verstehen immer mehr Regierungen die Dringlichkeit des Themas. Um die Diskussion voranzu- bringen, haben wir im März 2006, als erster Staat über- haupt, eine Definition von Streumunition vorgestellt. Unsere Definition wird auf den nächsten Sitzungen wei- ter diskutiert werden, wobei wir natürlich auch zusätzli- che bilaterale Gespräche, so unter anderem mit Frank- reich, Großbritannien, USA, Russland und anderen, führen. Damit sind wir unserem Ziel, eine substanzielle internationale Diskussion über Streumunition anzusto- ßen, ein gutes Stück näher gerückt. Eine Reihe von Mit- gliedstaaten, das Internationale Komitee des Roten Kreuzes und die in der Thematik führende Nichtregie- rungsorganisation Human Rights Watch haben unsere Vorstöße ausdrücklich begrüßt. Als langfristiges Ziel der Diskussionen streben wir ein Protokoll zu Streumunition an, das Regelungen zu Verlässlichkeit, aber auch zum Einsatz umfassen sollte. Dabei setzen wir uns für ein Verbot solcher Streumuni- tion ein, deren für Personen gefährliche Blindgängerrate bei über einem Prozent liegt. Bis dahin ist aber noch ein langer Weg. Wir sind da- von überzeugt, dass wir behutsam agieren müssen, um möglichst viele Staaten auf diesem Weg mitzunehmen. Wir glauben daher, dass der von einigen Staaten wie der Schweiz oder Schweden erhobene Ruf nach einem Ver- handlungsmandat über Streumunition verfrüht ist und die Gefahr eines abrupten Endes der Diskussionen im Rahmen des UN-Waffenübereinkommens in sich birgt. Wichtig ist vor allem, das Thema überhaupt interna- tional zu behandeln und ein Forum für den Vergleich na- tionaler Anstrengungen zu bieten. Schon dadurch wer- den sich viele Änderungen ergeben. So sind wir davon überzeugt, dass die wegweisende deutsche Entschei- dung, Streumunition durch alternative Munition zu er- setzen, einen profunden Einfluss auf die Rüstungsent- scheidungen anderer Länder haben wird. Bislang hat nur Belgien im Februar/März 2006 ein gesetzliches Verbot von Streumunition erlassen, das auch den vollständigen Abbau der nationalen Bestände einschließt. Norwegen hat im Sommer 2006 bekannt ge- geben, dass ein Moratorium zu Streumunition entsteht, bis die nationalen Tests zur Blindgängerrate abgeschlos- sen sind. Kein weiterer Mitgliedstaat der Europäischen Union und der NATO ist bisher diesem Beispiel gefolgt. Gradmesser für das Erreichbare zur Weiterentwick- lung der humanitären Rüstungskontrolle bei Streumuni- t s r l z d a b d 2 E s f t g d j r h r s m e d n u d f l – f d B t l K V v s w k g V s W a v h k i s w v (C (D ion ist das UN-Waffenübereinkommen, CCW, mit einem globalen Konsultationsmechanismus. Die bishe- igen Erörterungen des Themas in diesem Rahmen, zu- etzt Anfang September in Genf, haben gezeigt, dass der- eit keine Aussicht besteht, dass der überwiegende Teil er Staatengemeinschaft einem kurzfristigen Verzicht uf Streumunition zustimmt. Etliche Staaten sperren sich ereits gegen ein Erörterungsmandat zu Streumunition. Die Bundesregierung ist dagegen nachhaltig bemüht, ass die CCW-Überprüfungskonferenz im November 006 ein Mandat für das Jahr 2007 verabschiedet, das rörterungen zur Funktionszuverlässigkeit und zum Ein- atz von Streumunition vorsieht, um so die Grundlagen ür ein von uns angestrebtes Verbot solcher Streumuni- ion zu legen, deren für Personen gefährliche Blindgän- errate über einem Prozent liegt. Der noch weiter gehen- en Forderung einiger weniger Vertragsstaaten, bereits etzt ein Verhandlungsmandat zu beschließen, wurde ge- ade von solchen Staaten eine Absage erteilt, die über er- ebliche Bestände an Streumunition verfügen. Doch ge- ade diese Staaten gilt es in unsere Bemühungen zum chrittweisen Verzicht auf Streumunition einzubinden. Die Position der Bundeswehr beurteile ich folgender- aßen: Im Rahmen des UN-Waffenübereinkommens – Über- inkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder ie Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventio- eller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder nterschiedslos wirken können – hat Deutschland stets as Ziel verfolgt, die Auswirkungen bewaffneter Kon- likte in ihrem Verlauf und nach ihrer Beendigung vor al- em auf die Zivilbevölkerung zu minimieren. Das Protokoll über explosive Kampfmittelrückstände Protokoll V vom 28. November 2003 zum UN-Waf- enübereinkommen – trägt der Erkenntnis Rechnung, ass explosive Kampfmittelrückstände, unter anderem lindgänger, nach Konflikten schwerwiegende humani- äre Probleme verursachen. Neben allgemeinen Rege- ungen zur Reduzierung der Gefahren durch explosive ampfmittelrückstände enthält das Protokoll V auch die erpflichtung zur Kennzeichnung und Beseitigung kon- entioneller Blindgänger und Fundmunition. Außerdem oll die Funktionszuverlässigkeit von Munition auf frei- illiger Basis verbessert werden. Das Gesetz zum Protokoll V zum UN-Waffenüberein- ommen ist am 11. Februar 2005 in Deutschland in Kraft etreten. Deutschland hat am 3. März 2005 als fünfter ertragsstaat die Ratifizierungsurkunde beim General- ekretär der Vereinten Nationen als Verwahrer des UN- affenübereinkommens hinterlegt. Das Protokoll wird bsehbar am 12. November 2006 für rund 22 Staaten ölkerrechtlich in Kraft treten, die es bereits ratifiziert aben. Festzuhalten gilt: Streumunition ist bislang ein völ- errechtlich zulässiges Verteidigungsmittel. Ihr Einsatz st jedoch, genauso wie der Einsatz anderer Waffen, Ein- chränkungen durch das humanitäre Völkerrecht unter- orfen, insbesondere ist ein Einsatz gegen die Zivilbe- ölkerung, zivile Siedlungsgebiete oder zivile Objekte 5300 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) verboten. Spezielle völkerrechtliche Regeln, so insbe- sondere im Rahmen des UN-Waffenübereinkommens, zu technischen Spezifikationen oder zum Einsatz von Streumunition gibt es bislang nicht. Streumunition ist entwickelt und beschafft worden, um Flächenziele auf begrenztem Raum, aber auch ver- teilte Einzelziele, so zum Beispiel Ansammlungen von Panzerfahrzeugen, Raketenwerfern, Artilleriegeschützen oder Flugzeugen am Boden, auf Entfernung zu bekämp- fen. Streumunition ist somit ein Mittel, um gegnerische Kräfte so frühzeitig wie möglich zu bekämpfen und da- mit auf Abstand zu halten, um den Schutz unserer Solda- tinnen und Soldaten sowie die Durchhaltefähigkeiten zu erhöhen. Auch zukünftig muss sich die Bundeswehr auf Einsätze im gesamten Intensitätsspektrum einstellen, so- dass auch die Fähigkeit zur Bekämpfung von Flächen- zielen nicht zuletzt im Interesse des Schutzes eigener Soldaten und der von Verbündeten unverändert erforder- lich bleibt. Um die Anzahl gefährlicher Blindgänger weitestge- hend zu beschränken, muss Streumunition über eine größtmögliche Verlässlichkeit verfügen. In dieser Hin- sicht verfügt Streumunition der Bundeswehr über den höchsten technisch derzeitig erreichbaren Standard. Hinsichtlich der für Personen gefährlichen Blindgän- gerrate strebt die Bundesregierung eine Obergrenze von maximal einem Prozent an. Streumunition, deren Verläss- lichkeit nicht auf die von der Bundesregierung angestreb- ten Werte erhöht werden kann, wurde und wird, wo noch in Restmengen vorhanden, aus dem Bestand der Bundes- wehr schrittweise mit dem Ziel der Vernichtung entfernt. Ein Beispiel hierfür ist die Streumunition BL-755 der Luftwaffe, welche die Bundeswehr bereits seit dem Jahr 2001 aussondert und umweltgerecht entsorgt. Aufgrund konzeptioneller und bündnispolitischer Verpflichtungen ist es notwendig, die erforderlichen Fä- higkeiten für die Auftragserfüllung kontinuierlich bereit- zuhalten. Zeitliche Lücken dürfen dabei nicht entstehen. Umstellungen können also nicht abrupt, sondern müssen in Phasen gestaltet werden, die zudem den Transforma- tionsprozess der Streitkräfte berücksichtigen. Ungeachtet dessen hat die Bundesregierung entschie- den, dass die Bundeswehr ab sofort keine Neubeschaf- fung von Streumunition vorsieht; dass bereits im Jahr 2008 eine zunehmende Verlagerung des Schwerpunkts der Wirkmittel zur Bekämpfung von Flächenzielen weg von der Streumunition und hin zu alternativen Kampf- mitteln vorgesehen ist; dass im Jahr 2015 geprüft wird, ob die dann noch vorhandene Streumunition insgesamt durch alternative Munition ersetzt werden kann, und dass 33 Prozent des Heeres- und über 90 Prozent des Luftwaffenträgerbestandes an Streumunition bis abseh- bar zum Jahr 2009 ausgephast werden. Die Vorgehensweise stellt sicher, dass Deutschland seine Bündnisverpflichtungen erfüllen und gleichzeitig anderen Staaten Orientierung geben kann, wie der stu- fenweise Verzicht auf Streumunition insgesamt und re- alistisch vollzogen werden kann. Der Zeitplan ist also sehr ehrgeizig. Dies alles ist auch technischen und finan- z D e t t t t w H k f P m d i k R u f P P W w W B S u g m V d r t s d w b k z z g h a s S E E v r h d d (C (D iellen Zwängen unterworfen. Schneller geht es nicht. ie Bundesregierung hat sich trotz der hohen Kosten für inen Umstieg von Streumunition auf alternative Muni- ionen entschieden. Anderen weisen wir damit den Weg. Mit dieser Position, die einen Einsatz von Streumuni- ion nur dann vorsieht, wenn geeignete alternative Muni- ion nicht verfügbar ist, nimmt die Bundesregierung in- ernational eine Vorreiterrolle ein, auch unter unseren estlichen Partnern. Dies wird auch deutlich vor dem intergrund, dass bereits jetzt Vertragsstaaten haben er- ennen lassen, dass sie ihre nationale Zielsetzung einer ür Personen gefährlichen Blindgängerrate höher als ein rozent ansetzen werden. Und nochmals, wir streben zu- indest einen Wert von einem Prozent an. Als langfristiges Ziel der Diskussionen soll die Bun- esregierung auf internationaler Ebene und insbesondere m Rahmen des UN-Waffenübereinkommens ein Proto- oll zu Streumunition anstreben, das völkerrechtliche egelungen zu Verlässlichkeit, aber auch zum Einsatz mfassen sollte. Dabei sollte sich die Bundesregierung ür ein Verbot solcher Streumunition einsetzen, deren für ersonen gefährliche Blindgängerrate bei über einem rozent liegt. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. ir sind davon überzeugt, dass hierbei behutsam agiert erden muss, um möglichst viele Staaten auf diesem eg mitzunehmen. So stützen wir die Überzeugung der undesregierung, dass mit der deutschen Entscheidung, treumunition durch alternative Munition zu ersetzen nd diejenige, deren für Personen gefährliche Blindgän- errate bei über einem Prozent liegt, grundsätzlich nicht ehr für einen Einsatz vorzusehen, eine internationale orreiterrolle eingenommen wird, die einen Einfluss auf ie Rüstungsentscheidungen anderer Länder haben wird. Wir helfen der Bundesregierung auf diesem langwie- igen und steinigen Weg, zum Beispiel mit unserem heu- igen Antrag. Andreas Weigel (SPD): Streubomben müssen ver- chwinden. Streubomben gehören geächtet. Dass sich ie Staatengemeinschaft so schwer tut, hier entscheidend eiterzukommen, ist kaum nachvollziehbar. Streubom- en sind weltweit Realität. Seit Ende des Zweiten Welt- riegs sind sie in mindestens 25 militärischen Konflikten um Einsatz gekommen. Diese Bomben haben eine Blindgängerquote von bis u 40 Prozent. In Regionen, in denen Streubomben ein- esetzt wurden, können Menschen sich nur noch unter oher Lebensgefahr aufhalten. Der Landwirt kann nicht uf sein Feld, der Bauarbeiter riskiert bei der Wiederher- tellung von Straßen und Gebäuden sein Leben. Wer treubomben einsetzt, hinterlässt vermintes Gebiet. Der insatz von Streubomben unterscheidet sich kaum vom insatz der weltweit geächteten Landminen. Das allein ist Grund genug, vehement die Ächtung on Streumunition einzufordern. Doch selbst der militä- ische Nutzen von Streumunition ist mehr als fraglich, interlässt sie doch für nicht absehbare Zeit ein Gebiet er verbrannten Erde. Militärische Operationen sind ort, wo Streumunition eingesetzt wurde, auch für denje- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5301 (A) ) (B) ) nigen, der diese Waffe eingesetzt hat, nur noch begrenzt möglich. Die SPD-Führung hat sich Anfang September ent- schieden für die Vernichtung aller Streubomben ausge- sprochen. Kurt Beck hat noch einmal ein generelles, weltweites Verbot dieses Waffentyps gefordert. Wir le- gen heute einen Antrag vor, mit dem wir dieses Ziel im Auge haben. Dass es dabei Kritik an unserem Antrag gibt, ist nicht überraschend. Insbesondere Organisatio- nen wie dem „Aktionsbündnis Landmine“ und „Handi- cap International“ geht der Antrag nicht weit genug. Warum wird nicht eine sofortige Vernichtung sämtli- cher Streumunitionsbestände der Bundeswehr gefordert? Warum verlangt der Antrag kein weltweites Moratorium für den Einsatz von Streubomben? Können wir nicht von unseren Verbündeten fordern, sofort alle Bestände von Streumunition zu vernichten? Schließlich ist man bei der Ächtung von Antipersonenminen im Ottawaprozess auch mit radikalen Forderungen ein großes Stück weiter gekommen. Man mag unseren Antrag kritisieren, nur sollte man nicht übersehen, dass er schon in seiner Überschrift ei- nes unmissverständlich klarstellt: Ziel ist das generelle und uneingeschränkte Verbot von Streumunition. Der Antrag ist ein erster, zugleich aber auch ein wesentlicher Schritt, im Rahmen der Verhandlungen zum UN-Waf- fenübereinkommen eine Perspektive für ein Verbot von Streumunition zu eröffnen. Denn, so ernüchternd es auch ist, wir stehen in den Verhandlungen noch ganz am An- fang. China, Russland und die USA sind die größten Produzenten von Streumunition und noch weit davon entfernt, auf die Option eines Einsatzes dieser Waffen zu verzichten. Es gibt bei den Verhandlungen zum UN- Waffenübereinkommen also noch lange keine tragende Mehrheit für eine Ächtung von Streumunition. Nein, vielmehr ist Streumunition noch immer ein völkerrecht- lich zulässiges Verteidigungsmittel. Allerdings ist ihr Einsatz Einschränkungen durch das humanitäre Völker- recht unterworfen. Das klingt zynisch angesichts der bekannten Auswir- kungen ihres Einsatzes. Dennoch ist der Weg über Ver- handlungen innerhalb der Vereinten Nationen, der Weg über das Völkerrecht im Augenblick die einzige Mög- lichkeit, im Kampf gegen Streubomben überhaupt voran zu kommen. Ich halte es für falsch, allein auf Maximalforderungen zu setzen. Maximalforderungen werden bei den interna- tionalen Verhandlungen wenig bewegen. Vielmehr ver- bauen wir uns damit die Möglichkeit des Dialogs. Das Ziel einer weltweiten Ächtung von Streumunition wer- den wir aber nur auf dem Weg der Verhandlungen errei- chen. Ringen wir den Verhandlungspartnern über das Völkerrecht mehr und mehr Einschränkungen beim Ein- satz dieser Munition ab, so kommen wir einem Verbot von Streubomben Schritt für Schritt näher. Wir wissen, selbst die Bundeswehr hat noch Streumu- nition. Aufgrund der integrierten Militärstruktur der NATO kann sie diese Waffen innerhalb ihrer Bündnis- verpflichtungen angesichts multinationaler Operationen n h B b i a m V w r D l b h l w r d g ü S k r g S g f g t d g S k b l g f d a d v k A e P k o F s P d n t n (C (D icht augenblicklich abschaffen. Aber die Bundeswehr at bereits solche Munition vernichtet, die einen hohen lindgängeranteil hat. Die Bundeswehr plant keine Neu- eschaffung von Streumunition. Durch die Bundeswehr st Streumunition nie zum Einsatz gekommen. So ist es uch bei unseren Streitkräften das erklärte Ziel, im Rah- en der internationalen Verhandlungen einen völligen erzicht dieser Munition zu erreichen. Natürlich klingt das angesichts der furchtbaren Aus- irkungen dieser Waffen nicht sehr ermutigend. Das ist ichtig. Aber man darf nicht außen vor lassen, welche ynamik sich auf dem Wege internationaler Verhand- ungen entwickeln kann. Der Ottawaprozess hat hier das este Beispiel gegeben. Auf dem Weg, im Zuge der Ver- andlungen kann sich ein Bewusstsein entwickeln – ähn- ich wie im Ottawaprozess, das schließlich eine welt- eite Ächtung von Streumunition ermöglicht. Indem wir in den nationalen Parlamenten nicht aufhö- en, die Ächtung von Streumunition zu thematisieren, in- em wir damit unseren nationalen und europäischen Dele- ationen einen deutlichen Auftrag in die UN-Beratungen ber ein Waffenübereinkommen geben, können wir chritt für Schritt zu einem internationalen Konsens ommen, der es Staaten vor dem humanitären Völker- echt sehr schwer macht, Streumunition einzusetzen. Florian Toncar (FDP): In vielen Konflikten der ver- angenen Jahre wurden Streubomben eingesetzt, deren prengkörper teils nicht explodierten und als Blindgän- er im Boden liegen blieben. Immer wieder kam es in- olgedessen zu Verwechslungen von Munitionsblindgän- ern und etwa ähnlich aussehenden Lebensmittelpake- en – oft mit tödlichen Folgen. Dieses Beispiel zeigt eutlich die Gefahr, die der Bevölkerung durch Blind- änger nach dem Ende von Kampfhandlungen droht. treumunition trägt wegen der hohen Zahl an Explosiv- örpern maßgeblich zu dieser heimtückischen Gefahr ei. Das bedrückende dabei ist, dass besonders oft spie- ende Kinder zu Opfern werden, da sie gefundene Blind- änger aus Neugierde ahnungslos aufheben. Der Kon- likt im Libanon hat uns jüngst die grausamen Folgen ieser Waffe nochmals vor Augen geführt. Neben Blindgängern durch Streumunition stellen uch Landminen weiterhin eine heimtückische Gefahr ar. Auch wenn Anti-Personenminen in der Ottawakon- ention von 1997 verboten wurden, so gibt es weiterhin eine Regelung zum Verbot von Anti-Fahrzeugminen. uch diese Minen töten oft wahllos. So unterscheidet ine normale Anti-Fahrzeugmine nicht zwischen einem anzer oder einem Bus. Auch eine moderne Mine er- ennt nicht, ob ein LKW mit militärischer Ausrüstung der Flüchtlingen beladen ist. Ferner wirken viele Anti- ahrzeugminen, die mit einem so genannten Aufhebe- chutz versehen sind, faktisch wie die verbotenen Anti- ersonenminen, da sie bei unbeabsichtigter Berührung etonieren. Streumunitionsblindgänger und Landminen sind nicht ur eine Gefahr, die tötet und verstümmelt. Sie verbrei- en auch Angst und Unsicherheit und verhindern so, dass ach dem Ende von Konflikten das Leben weitergehen 5302 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) kann. Die Bevölkerung kann nicht in Wohngebiete zu- rückkehren, Verkehrswege bleiben unterbrochen, Äcker bleiben unbestellt und die Menschen sind auf die huma- nitäre Hilfe von außen angewiesen. Das schürt neue Spannungen und Konflikte und verhindert oft eine lang- fristige Aufbaustrategie für frühere Kriegsgebiete. Daher hat die FDP heute einen umfassenden Antrag zur Ächtung von Streumunition und Landminen vorge- legt. Wie die Verhandlungen über die Ottawakonvention zum Verbot von Anti-Personenminen untrennbar mit dem Namen Klaus Kinkel verbunden sind, so hat die FDP wieder eine klares Konzept vorgelegt, um der Ge- fahr durch diese verbleibenden Waffen zu begegnen. Wir Liberalen senden hiermit ein starkes Signal für die Schaffung einer internationalen Konvention zur umfas- senden Ächtung von Streumunition und Landminen. Deutschland muss in dieser Frage eine führende Rolle einnehmen. Denn es ist doch klar: Wenn Deutschland auf interna- tionaler Ebene glaubwürdig und erfolgreich für die Ab- schaffung von Streumunition und Landminen auftreten will, muss es selbst mit gutem Beispiel voran gehen und auf diese heimtückischen Waffen verzichten. Man kann nicht von anderen Staaten die Abschaffung von Waffen verlangen, auf die man selbst nicht zu verzichten bereit ist. Der Antrag der Regierungsfraktionen, über den wir hier auch zu entscheiden haben, geht an dieser Stelle nicht weit genug. Er sieht vor, dass Deutschland nur ei- nen Teil seiner Streumunition abschaffen soll. Er argu- mentiert, dass Streumunition mit einer Blindgängerrate von unter 1 Prozent oder einer Wirkzeitbegrenzung ak- zeptabel sei. Aber es bleibt dabei: Solange Streumuni- tion Blindgänger hat, stellt sie eine unkalkulierbare Ge- fahr für die Bevölkerung dar. Darüber hinaus ist völlig ungewiss, ob die Streumuni- tion der Bundeswehr selbst heute oder in absehbarer Zeit über diesen Standard einer Blindgängerrate von unter 1 Prozent verfügt. Dass das BMVg bisher Informationen hierzu zurückhält, stimmt skeptisch. Andere Länder je- denfalls, die baugleiche Munition verwenden, sprechen von weit höheren Blindgängerraten. Dabei sind diese Daten oft unter Laborbedingungen ermittelt worden. In Kriegssituationen, bei weichen Bodenbeschaffenheiten oder unvorteilhaftem Aufschlagwinkel in bergigem Ge- lände sind die Blindgängerraten oft um ein Vielfaches höher. Das zweite von der Regierung angelegte Kriterium für „saubere“ Streumunition ist die Ausstattung mit einer Wirkzeitbegrenzung. Aber auch hier ist die Verlässlich- keit nicht immer gegeben. Außerdem sendet ein solcher Vorbehalt ein schlechtes politisches Signal, Wenn Deutschland anfängt, sich einen Teil der Streumunition mit hohem technischen Standard vorzubehalten, werden arme Staaten, die sich solche hochwertigen und teuren Waffen nicht leisten können, den Eindruck gewinnen, dass der Westen will, dass sie ihre schlechte Streumuni- tion abschaffen, er aber selbst nicht bereit ist, auf seine hochmoderne Streumunition zu verzichten. Das wird nicht funktionieren. Ein solches Abkommen ist nicht er- r h A A s H g k S r i c z b w d f R b r V B r k a g f g E i m b s u m n t s S n P p K k s d S T h n t s (C (D eichbar. Aus diesem Grund hat man sich bei den Ver- andlungen über die Ottawakonvention zum Verbot von nti-Personenminen bewusst dazu entschieden, auch nti-Personenminen mit Wirkzeitbegrenzung abzu- chaffen – ohne Wenn und Aber, ohne Kleingedrucktes. ätte man auch hier zwischen „dummen“ und „intelli- enten“ Anti-Personenminen differenziert, wäre das Ab- ommen nicht so erfolgreich durchgesetzt worden. Die Argumentation der Bundesregierung in puncto treumunition ist wegen der unklaren technischen Krite- ien für vermeintlich akzeptable Streumunition nicht nur ntransparent. Sie sendet auch kein glaubwürdiges Zei- hen, das einen Impuls für eine internationale Regelung ur Ächtung von Streumunition geben kann. Belgien hat ereits erklärt, künftig auf Streumunition verzichten zu ollen. In ganz Europa tendiert die Diskussion derzeit in ieselbe Richtung – zu Recht, wie ich meine. Im Hinblick auf die zweite Geißel – nämlich die Ge- ahr durch Landminen – schweigt sich der Antrag der egierungsfraktionen völlig aus. Dabei ist dieses Pro- lem genauso dringend. Auch hier setzt die FDP mit ih- em Antrag ein klares Zeichen, um den internationalen erhandlungsprozess voranzutreiben. Eines ist völlig klar: Für die FDP hat der Schutz der undeswehr gerade bei Auslandseinsätzen höchste Prio- ität. Der Verzicht auf Landminen und Streumunition ann kompensiert werden. Die FDP sieht allerdings uch, dass, mit dem Verzicht auf Streumunition einher- ehend, vermehrt in den Schutz unserer im Einsatz be- indlichen Soldaten investiert werden muss. Die Opfer von Landminen und Streumunitionsblind- ängern mahnen uns, neue Wege in der Politik zu gehen. in Verzicht auf diese schrecklichen Waffen muss auf nternationaler Ebene organisiert werden. Deutschland uss hier eine Vorreiterrolle übernehmen. Wie schon eim Verbot der Anti-Personenminen weist die FDP die- en Weg. Auch wenn er sicher steinig wird, so liegt es an ns, dass dieser Weg am Ende auch minenfrei wird. Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Deutschland uss sich für eine internationale Ächtung von Streumu- itionen einsetzen und auch im nationalen Rahmen wei- ere Schritte unternehmen. Streumunition wirkt unter- chiedslos und flächendeckend gegen Zivilisten und oldaten. Der Einsatz von Streumunition ist unter huma- itären Gesichtspunkten nicht zu rechtfertigen. In der raxis verstößt ihr Einsatz regelmäßig gegen die Prinzi- ien des Völkerrechts: Noch lange nach Beendigung der ampfhandlungen bleiben die nicht explodierten Spreng- örper eine tödliche Gefahr für die Bevölkerung – wie ich derzeit im Libanon zeigt. Die UNO geht inzwischen avon aus, dass mehr als eine Million nicht explodierter treumunitionskörper zwischen den Trümmern liegen. äglich steigt der Blutzoll. Seit dem Ende der Kampf- andlungen starben 14 Menschen, erst gestern ein klei- er Junge. 90 Menschen wurden verletzt. Unserer Auffassung nach wäre eine gemeinsame Ini- iative dieses Parlaments dringlich und notwendig gewe- en, um deutlich zu machen, wie ernst es dem Bundestag Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5303 (A) ) (B) ) ist, diese Munition aus den Waffenarsenalen zu verban- nen. Wir dürfen keinen Zweifel daran lassen, dass jede Art von Streumunition gefährlich ist, Herstellung, Lage- rung, Export und Einsatz verboten werden müssen. Wir haben uns gefragt, ob eine Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag der Regierungsfraktionen sinnvoll sein könnte. Leider sind die Mängel im Antrag erheblich und nicht schönzureden. Da die Koalition auf einer so- fortigen Abstimmung über ihren Antrag besteht, werden wir diesen Antrag ablehnen müssen. Dem klareren und konsequenteren Antrag der FDP werden wir dagegen zu- stimmen, auch wenn wir bedauern, dass die FDP ihn nicht an die Ausschüsse überweisen wollte. Er wäre eine gute Grundlage für eine gemeinsame Initiative gewesen. Wesentliche Kritikpunkte am Antrag der Regierungs- fraktionen: Die Präzisierung der internationalen Bemü- hungen ist unzureichend und die vorgeschlagenen natio- nalen Bestimmungen sind einfach ungenügend. Eine Forderung wie die, dass der Einsatz von Streumitteln nur dann vorzusehen ist, wenn geeignete alternative Muni- tion nicht verfügbar ist, ist naiv und kontraproduktiv für eine Ächtung. Es darf bei der parlamentarischen Initia- tive nicht darum gehen, nur einen den westlichen Muni- tionsproduzenten genehmen Streumunitionsstandard aufzustellen. Bestes Beispiel ist die auch von den Grü- nen vorgeschlagene Fehlerquote von 1 Prozent als Grad- messer für erlaubte bzw. verbotene Streumunition. Diese Fehlerquote ist irreführend. Die Testbedingungen für Streumunition entsprechen in keiner Weise der Einsatz- realität. Laut UNO funktionierten etwa 70 Prozent der von Israel über dem Libanon abgeworfenen Streubom- ben nicht auf Anhieb. Und selbst wenn, müssen diese 1 Prozent wie Hohn in den Ohren der betroffenen Bevöl- kerung klingen. 1 Prozent bedeutet zum Beispiel im Falle des Mehrfachraketenwerfers MARS (Mittleres Ar- tillerieraketensystem), welcher mit nur einer einzigen Salve bis zu 8 000 Submunitionsgeschosse auf etwa 250 000 Quadratmetern verteilt, dass etwa 80 Stück ak- tiv am Boden liegen bleiben. Ein weiteres Beispiel: Bei der Bombardierung des Iraks 2003 wurden nach Anga- ben von Human Rights Watch 2 Millionen Stück Streu- munition eingesetzt. Das heißt, dass bei einer Fehler- quote von 1 Prozent wenigstens 20 000 Stück aktiv am Boden liegen bleiben. Solche Kollateralschäden sind einfach nicht hinnehmbar! Der glaubwürdigste und nachhaltigste Weg zu einer weltweiten, internationalen Ächtung der Streumunition ist die Durchsetzung eines kategorischen Verzichts im nationalen Rahmen. Dafür reicht es nicht, lediglich „ge- fährliche Streumunition“ nicht mehr zu beschaffen. Es reicht nicht, zu geloben, ältere Streumunition nur im Not- fall einzusetzen. Sämtliche Lagerbestände der Bundes- wehr müssen vernichtet werden. Die Bundesregierung muss auch auf die Neuentwicklung von Streumunition und den entsprechenden Verlegesystemen verzichten. Derzeit beschafft die Bundeswehr neue Lenkraketen für das MARS-System. Insgesamt 600 Lenkraketen werden mit einem SMArt-Gefechtskopf ausgestattet, der jeweils vier SMArt-Submunitionen enthält. Auch dieser Muni- tionstyp kann nach Ausstoß nicht zwischen zivilen und m g d s d t G i s V m v m z n v z n t F s g e B d n t s r a d t d w B m r s g V b u S D d f s n I s A s A t (C (D ilitärischen Zielen unterscheiden, ein hundertprozenti- es Funktionieren kann nicht garantiert werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese und an- ere Beschaffungsvorhaben, wie das Munitionsdispen- ersystem TAURUS, zu stoppen. Genauso sind Exporte ieser Systeme und Technologien im Sinne einer restrik- iven Rüstungsexportpolitik zu unterbinden. Aus diesen ründen unterstützt meine Fraktion die Forderungen der m Aktionsbündnis „Landmine.de“ zusammengeschlos- enen Hilfsorganisationen nach einem vollständigen erbot von Streumunition und der Bereitstellung von ehr Ressourcen für die Opferhilfe und die Räumung on Minen und Blindgängermunition. Wir bedauern, dass es nicht möglich ist, mit einer ge- einsamen Bundestagsentschließung ein Zeichen zu set- en, dass wir für die konsequente Ächtung von Streumu- itionen eintreten. Um es noch einmal klar zu sagen: Die on der Regierungskoalition getroffene Unterscheidung wischen „gefährlicher“ und „ungefährlicher“ Streumu- ition geht an der Realität vorbei und ist für uns nicht ragbar. Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ür die heutige Debatte haben alle Fraktionen des Deut- chen Bundestages, mit Ausnahme der Linksfraktion, ei- ene Anträge vorgelegt. Konsens ist, dass sich alle für ine Ächtung von Streumunition aussprechen, die eine lindgängerquote von mehr als 1 Prozent hat. Damit ürfte die Ächtung für mehr als 20 der circa 30 Millio- en Streumunitionen im Bestand der Bundeswehr gel- en. Ich finde, dass dieser breite parlamentarische Kon- ens grundsätzlich zu begrüßen ist. Er weist in die ichtige Richtung. Begrüßenswert ist auch, dass mit dem Antrag der Ko- litionsfraktionen ein Kurswechsel dokumentiert wird, er in den vergangenen Jahren unter Rot-Grün eingelei- et wurde. Bereits damals gab es eine Übereinkunft, dass ie Bundeswehr keine weitere Streumunition beschaffen ird und ihre Bestände an Streumunition, die eine lindgängerrate von mehr als 1 Prozent hat, schnellst- öglich vernichtet. Hier ist einiges geschehen. Aber das eicht noch nicht. Außerdem hatte die Bundesregierung ich in den vergangenen Jahren bereits intensiv dafür ein- esetzt, dass das Thema Streumunition im Rahmen der N-Waffenkonvention auf der politischen Tagesordnung leibt. Im April 2006 haben das Verteidigungsministerium nd das Auswärtige Amt in Form der 8-Punkte-Position zu treumunition ihre Position schriftlich abgestimmt. iese 8-Punkte-Position wurde – zum Teil wortgetreu – en Abgeordneten der Regierungsfraktionen in Antrags- orm vorgelegt. Eine eigene parlamentarische Hand- chrift ist nicht zu erkennen. Der Antrag enthält über weite Strecken nichts, was icht sowieso schon beschlossen ist und gemacht wird. nsofern ist er nur ein parlamentarisches Beglaubigungs- chreiben der 8-Punkte-Vereinbarung. Wir hätten dem ntrag der Regierung gerne zugestimmt. Wir waren und ind bereit acht der zehn Forderungen zu unterschreiben. n einem Punkt jedoch gehen Sie in die falsche Rich- ung. Das zeigt sich schon im Titel „Gefährliche Streu- 5304 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) munition verbieten“. Ich weiß nicht, wer sich den Titel des Regierungsantrags erdacht hat. Rückwärts gelesen heißt das: Ungefährliche Streumunition erlauben. Abge- sehen davon, dass es keine ungefährliche Streumunition gibt, wollen Sie der Bundesregierung ausdrücklich das Recht zubilligen, „den Einsatz von Streumunition … dann vorzusehen, wenn geeignete alternative Munition nicht verfügbar ist“. Das ist meines Wissens ein einmali- ger Vorgang. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage mitgeteilt, dass sie „bei zwin- gendem Erfordernis“ auch bereit ist zum Beispiel die von Israel im Libanon eingesetzte Streumunitionsrakete M 26 zu nutzen. Die Blindgängerrate der Submunition liegt Schätzungen zufolge bei bis zu 40 Prozent. Diese Ermächtigung werden wir der Bundesregierung nicht er- teilen. Im Gegenteil: Wir wollen ein sofortiges Einsatz- moratorium, wie auch das Europaparlament gefordert hat. Unsere Fraktion kann und wird dem Antrag der Re- gierungsfraktionen beim besten Willen nicht zustimmen. Der Koalitionsantrag soll, so wurde uns gesagt, der Regierung für die Genfer Überprüfungskonferenz den Rücken stärken. Die Frage ist, in welcher Richtung. Würden wir nicht ein viel deutlicheres Zeichen setzen, wenn wir uns bereit erklären, sofort auf den Einsatz jeg- licher Streumunition zu verzichten und national diese Waffenkategorie zu ächten? Ich habe den Eindruck, dass hier einige Abgeordnete in der Fraktion sich ganz schön krumm machen und wenig Standfestigkeit zeigen. Ich frage mich, warum keine einzige Abgeordnete und kein einziger Abgeordneter der Koalitionsfraktionen bereit ist, den Antrag namentlich zu unterschreiben und Ge- sicht zu zeigen. Ich frage mich auch, ob dieser Antrag nicht auch deshalb spät nachts und sofort verabschiedet werden soll, damit man das Thema schnell vom Tisch hat. Wir können Ihnen diesen Gefallen nicht tun. Wir wol- len, dass das Thema auch in den Ausschüssen debattiert wird und der Bundestag die Politik der Bundesregierung in einer Anhörung näher beleuchtet. Wir wollen nicht, dass sich die Abgeordneten auf die Funktion des Notars der Regierungspolitik reduzieren lassen. Wir wollen, dass der Bundestag dem belgischen Beispiel folgt und – parallel zu den Regierungsaktivitäten in Genf – sich für eine Ächtung jeglicher Streumunition ausspricht. Wir laden in unserem Antrag alle Fraktionen dazu ein, einen solchen Gesetzentwurf im kommenden Jahr zu erarbei- ten und baldmöglichst zu verabschieden. Lassen Sie mich zum Schluss noch kurz begründen, warum wir dem FDP-Antrag nicht zustimmen. Die For- derungen kommen uns aus der eigenen Programmatik sehr vertraut vor, Wir finden es gut, wenn neben der Linksfraktion auch die FDP friedenspolitische Produkt- piraterie bei den Bündnisgrünen betreibt. Das geringere Problem ist, dass die FDP notorisch mehr Geld für das mechanische statt für das humanitäre Minenräumen for- dert und damit vor allem der Rüstungsindustrie den Rü- cken stärkt. Wenn wir uns enthalten, dann bitten wir Sie, dies als Misstrauensvotum zu verstehen. Wir trauen dem Braten nicht. Wir haben von der FDP leider schon zu viele Wendemanöver erlebt. Der eine fordert die Kür- zung des Verteidigungshaushalts, die andere die Erhö- h i n t D d u w g F v m ü f u g g l S d A t b j i e e i b t t m g s b f z d d a d b D (C (D ung. Die Westerwelle-FDP ist sicherheitspolitisch nzwischen so pluralistisch – manche nennen es opportu- istisch oder schizophren –, dass sie keine Schwierigkei- en hat, gleichzeitig das Entgegengesetzte zu vertreten. ie Botschaft des Antrags hör ich wohl, allein mir fehlt er Glaube. Wenn ich mir ansehe, wer den Antrag nicht nterzeichnet hat – die Verteidigungspolitiker –, dann erde ich hinsichtlich der Ernsthaftigkeit Ihres Anlie- ens mehr als skeptisch. Und. wenn ich höre, dass die DP auch Wert darauf legt, dass ihr Antrag heute Nacht on der parlamentarischen Tagesordnung geräumt wird, acht mich das auch sehr skeptisch. Wir werden unseren Antrag in die Ausschussberatung berweisen. Wir hoffen, dass wir nach der Genfer Kon- erenz auf offenere Ohren stoßen werden. Wir sollten ns bemühen, als Abgeordnete des Deutschen Bundesta- es auch parlamentarische Eigenverantwortung zu tra- en und nicht alle Fragen an die Bundesregierung zu de- egieren. Hinsichtlich eines Gesetzes zur Ächtung jeder treumunition in Deutschland liegt mit unserem Antrag er Ball im Spielfeld des Bundestages. nlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Verbraucherinformationsgesetz nachbessern und das Lebensmittel-Kontrollsystem neu ordnen – Bund-Länder-Staatsvertrag – Qualitäts- management Lebensmittelqualität (Tagesordnungspunkt 22 a und b) Julia Klöckner (CDU/CSU): Der vergangene Frei- ag war ein guter Tag für alle Verbraucherinnen und Ver- raucher. Das Verbraucherinformationsgesetz ist nach ahrelangem Ringen nun verabschiedet worden und kann n Kraft treten. Die Verbraucherinnen und Verbraucher rhalten mit dem Verbraucherinformationsgesetz zum rsten Mal einen bundesweit einheitlichen, speziell auf hre Bedürfnisse zugeschnittenen Anspruch auf Nutzung ehördlich vorliegender Informationen über Lebensmit- el, Futtermittel, Bedarfsgegenstände etc. Daneben werden mit der im Gesetz ebenfalls enthal- enen Änderung des § 40 des Lebensmittel- und Futter- ittelgesetzbuches die zuständigen Behörden nunmehr rundsätzlich verpflichtet, bei wichtigen Fällen wie Ge- undheitsgefahren, Rechtsverstößen, erheblichen Ver- rauchertäuschungen oder dem Verkauf von Gammel- leisch die Öffentlichkeit von selbst zu informieren, und war unter Nennung des Lebensmittelunternehmens und es Produktnamens. Nur in begründeten Fällen dürfen ie Behörden von einer Information der Öffentlichkeit bsehen. Die Information der Öffentlichkeit kann nach er neuen Regelung auch dann noch erfolgen, wenn die etroffenen Erzeugnisse vom Markt verschwunden sind. ies sind – allen durchsichtigen Unkenrufen bestimmter Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5305 (A) ) (B) ) Kreise zum Trotz – für die Verbraucher wichtige Fort- schritte. Das Gesetz macht die Informationspolitik der Behör- den damit ein ganzes Stück bürgerfreundlicher und er- möglicht eine einfache Teilhabe an den vorliegenden Daten und Informationen. Wir sind dem Bild des mündi- gen Bürgers, der, ausgestattet mit direkten und umfas- senden Informationen, bewusst entscheidet, was er kauft oder konsumiert, ein wirklich großes Stück näher ge- kommen. Umso weniger verstehe ich deshalb Ihre Anträge, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen und der Linksfraktion. Das Gesetz ist noch nicht einmal eine Woche alt, da wird von Ihnen mal wieder al- les zerredet und schlecht gemacht. Vor allem Frau Künast und ihre Parteikollegen sollten bei dieser Thema- tik doch etwas zurückhaltender sein. Wir haben nach fünf Jahren ein Gesetz zu Wege gebracht, das unter der damaligen Ministerin Künast so nie zustande gekommen wäre. Sie selbst ist genau mit den Forderungen, die die Grünenfraktion jetzt aus der Schublade holt, an den eige- nen Kabinettskollegen gescheitert. Erinnern wir uns kurz: Im März 2002 einigte sich Frau Künast mit Herrn Clement darauf, den Anwendungsbereich des Gesetzes auf Lebensmittel und Bedarfsgegenstände zu beschrän- ken und – man staune wieder –: die Informationsmög- lichkeit für die Behörden wurde von der zwingenden Re- gelung in eine Kannregelung umgewandelt. Erst unser Gesetz hat diese Regelung jetzt in ein Sollregelung um- gewandelt. Den Auskunftsanspruch gegenüber den Unterneh- men, den Frau Künasts Partei und, in deren Gefolge, be- stimmte Gruppierungen jetzt so vehement fordern, hatte Frau Künast schon – man kommt aus dem Staunen nicht heraus – schon vor der offiziellen Ressortabstimmung fallen gelassen. Kurzum: So, wie sich Die Grünen jetzt verhalten, ist das pure Heuchelei und Populismus. Als Sie in der Regierung waren, konnten Sie nicht, aber in der Opposition wollen Sie, weil Sie sowieso nicht kön- nen. Liebe Kollegen der Linksfraktion, um es Ihnen noch einmal kurz zu erläutern: Unser Staat hat einen föderalis- tischen Aufbau und die Zusammenarbeit mit den Län- dern gehört zu den Grundprinzipien unseres Landes. Ein Staatsvertrag ist deshalb sicherlich keine Option, um alle Probleme zu lösen und zukünftig mit den Ländern kon- struktiv zusammenzuarbeiten. Was im Rundfunkbereich gut ist, muss noch lange nicht willkürlich auf andere Be- reiche übertragbar sein. Die Art und Weise, wie in den vergangenen Wochen versucht wurde, das Verbraucherinformationsgesetz vor seiner Beratung im Bundesrat noch zu verhindern, war wieder einmal beispielhaft. Die Äußerungen gewisser Lobbyisten sind teilweise rational nicht mehr nachvoll- ziehbar. Ich habe mir schon in einer stillen Stunde ge- dacht, vielleicht wollen sie das VIG in Wirklichkeit gar nicht, weil sie mit dem dann fehlenden VIG als offener Wunde jeder Regierung – welcher Couleur auch immer – so schön verbraucherpolitische Defizite vorwerfen kön- nen. h d V s s w z f t c g t A r W w w z d s s P n z U F h K s a s J m n A G g w v G f B s m d v G f i W C I b n t (C (D Statt irgendwelchen irrealen Wunschvorstellungen interherzulaufen oder kurzsichtigen Verbandsinteressen en Vorzug zu geben, hilft es den Verbraucherinnen und erbrauchern mehr, wenn wir jetzt der Anwendung die- es Gesetzes eine Chance geben. Anstatt gleich ein Ge- etz schlecht zu reden, sollten wir Erfahrungen sammeln, ie einzelne Punkte in der Praxis umgesetzt werden. In wei Jahren wird es eine Evaluierung geben, um zu prü- en, wie das Gesetz angenommen wurde und ob die ge- roffenen Regelungen den Erfordernissen der Verbrau- her gerecht werden. Miteinander muss es gehen, nicht egeneinander! Die von Ihnen vorgetragenen Befürch- ungen hinsichtlich der Praktikabilität von Fristen und usschlussgründen sowie der Entwicklung von Gebüh- en wird damit genüge getan. Und eines ist auch sicher: enn darüber hinaus Nachbesserungen notwendig sind, ird es hierzu Vorschläge geben. Wenn man sich die beiden Anträge durchliest, wird ieder mal deutlich, dass Sie Politik als ein Wunschkon- ert begreifen und dementsprechend unrealistische For- erungen stellen, weil Sie nicht in der Verantwortung tehen, sondern Klientelpolitik und nicht gesamtgesell- chaftliche Ordnungspolitik machen wollen. Was in der olitik aber zählt, ist eben das, was in Kraft tritt und icht das, was Sie sich auf einen theoretischen Wunsch- ettel schreiben. Sie fordern die Informationspflicht auf nternehmen auszuweiten. Zu Ihrer Erinnerung: Die orderung nach einem Unternehmensauskunftsanspruch at Ihre Fraktion unter der ehemaligen Ministerin Frau ünast noch vor dem Stadium des Referentenentwurfs elbst fallen gelassen. Sie fordern jetzt die Ausdehnung uf alle Verbraucherprodukte und nicht nur die Be- chränkung auf Lebensmittel und Bedarfsgegenstände. a, warum haben Sie selbst es dann damals nicht ge- acht, warum haben Sie denn gegenüber Herrn Clement achgegeben? Jetzt können Sie natürlich viel fordern. uch die Einschränkung des Schutzes von Betriebs- und eschäftsgeheimnissen bei Rechtsverstößen und un- ünstigen Untersuchungsergebnissen war im alten Ent- urf von Frau Künast erst gar nicht vorgesehen. In unserem Gesetz fallen Informationen über Rechts- erstöße, wie die Überschreitung von gesetzlichen renzwerten oder das Inverkehrbringen von Gammel- leisch, ausdrücklich nicht mehr unter den Schutz von etriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Damit können olche Informationen dem Verbraucher zugänglich ge- acht bzw. von den Behörden veröffentlicht werden. Und ein Wort noch zu dem von Ihnen jetzt mit Kroko- ilstränen bedachten Schutz sonstiger wettbewerbsrele- anter Informationen. Diese Formulierung des jetzigen esetzes entstammt wortwörtlich alten Künast-Entwür- en. Und die von Ihnen beklagten Antragsfristen waren n Ihren eigenen Entwürfen doppelt so lang wie jetzt. enn das nicht Heuchelei ist, was sonst? Geben wir dem vorliegenden Gesetz eine reelle hance, leisten wir unseren Beitrag zu einer offeneren nformationspolitik. Auch die Wirtschaft wird, davon in ich überzeugt, die Vorteile transparenterer Märkte och stärker als bisher erkennen und ihren eigenen Bei- rag zu einer verbesserten Verbraucherinformation 5306 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) leisten. Unternehmen, die eine offene und transparente Informationspolitik praktizieren, werden sich dann auch im Wettbewerb von Konkurrenten am Markt abheben. Neben der Chance, durch Qualitätsprodukte Wettbe- werbsvorteile zu nutzen, können Unternehmen so durch Transparenz Kundenvertrauen steigern. Aber sicherlich liegt es auch am mündigen Verbrau- cher, inwieweit er sein Kaufverhalten von der Informa- tionspolitik der Unternehmen abhängig macht und wie er zwischen einzelnen Unternehmen auswählt. Ein gesetz- licher Anspruch kann hier nicht das Ziel sein. Dies hätte nur eine Konsequenz: Kleine und mittelständische Un- ternehmen, die sich – anders als größere Unternehmen – keinen aufwendigen Verwaltungsaufwand leisten kön- nen, würden auf der Strecke bleiben. Übrigens: Bei ei- nem Blick auf andere Länder wird eines deutlich: Um- fassende gesetzliche Informationsansprüche gegenüber Unternehmen gibt es weltweit bislang nur in Südafrika und dort auch nur, wenn es zur Geltendmachung eigener Ansprüche erforderlich ist. Viele Ihrer Punkte wurden bereits in dem 13-Punkte- Programm zwischen dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und den Verbrau- cherministern der Länder am 7. September 2006 ange- sprochen, sodass ich hier nur in aller Kürze darauf ein- gehe. Die Verbesserung der Lebensmittelsicherheit im Hinblick auf die AW Rüb weiterzuentwickeln, steht schon längst auf der politischen Agenda. Ebenso wird eine Verbesserung der Bund-Länder-Koordination kom- men. Die Verbraucherinformationskonferenz am 7. Sep- tember 2006 war ein wichtiger Schritt. Ich denke, alle Beteiligten sind sich einig, dass hier künftig intensiver zusammengearbeitet und die Koordinierungsfunktion des Bundes anerkannt und weiter gestärkt werden muss. Dies steht auch im Koalitionsvertrag und wird deshalb weiter fortgesetzt werden. Im Rahmen der deutlichen Ausweitung des § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, wird die Ein- richtung von Datenbanken ausdrücklich erleichtert, so dass auch auf Rückrufaktionen der Industrie selbst hin- gewiesen werden kann. Zudem bietet das FIS-VL heute schon die Möglichkeit, zeitnah aktuelle Erkenntnisse al- len Ländern und dem Bund zu Verfügung zu stellen. Au- ßerdem werden die Staatsanwaltschaften verpflichtet, die Lebensmittelüberwachungsbehörde unverzüglich über die Einleitung von Ermittlungsverfahren zu unter- richten. Zu dem Thema schärfere Strafen und Bußgelder: Die bisherigen Straf- und Bußgeldverordnungen sollten erst einmal besser ausgeschöpft werden, bevor wir strengere Strafen fordern. Erst wenn die Strafen voll ausgeschöpft sind und zu keiner Entschärfung des Problems führen, sollte über eine Überprüfung der Straf- und Bußgeldver- ordnung nachgedacht werden. Fünf Jahre Haft und Buß- geldstrafen, die, anders als oft behauptet, sehr wohl über der 20 000-Euro-Grenze Gewinne abschöpfen können, sind schon ein klares Signal. Wie gesagt: Es gibt weniger ein Gesetzes- als ein Vollzugsdefizit. Diejenigen, die in Deutschland in großem Stil Fleischhandel betreiben, sind in der Branche bekannt und müssen deshalb auch u c s w w k B h u A e ü e d V a h M m s s s r e a u n c i a d s s g Z e r n g m n s d d t t V m b I F i m b (C (D nter besonderer Beobachtung stehen. Die abschre- kende Wirkung, dass Unternehmen, die Gesetzesver- töße begehen, öffentlich benannt werden können, auch enn die Ware bereits vom Markt genommen wurde, ird schwarze Schafe aus dem Markt treiben. Auch über die „Task-Force-Einheit“ gibt es schon onkrete Pläne im Ministerium und in den Ländern. In ayern wurde beispielsweise die bestehende Spezialein- eit mit mehr Kompetenzen ausgestattet, um schneller nd präventiver zu kontrollieren. Sie sehen also, bessere bsprachen zwischen Bund und Ländern wird und muss s geben. Eine Auditierung im Rahmen eines länder- bergreifenden Qualitätsmanagement wird hier ebenso ine Verbesserung bringen wie intensivere Kontrollen er Lebensmittelkontrolleure. Ein Staatsvertrag ist nun wirklich kein konstruktiver orschlag und wieder einmal ein Beispiel für ihr unre- listisches Politikverständnis. Wer keine Verantwortung at, muss sich auch nicht messen lassen. Nach diesem otto wurde auch hier ein Antrag erdichtet. Lassen Sie ich eines abschließend sagen: Wer im Glashaus sitzt, ollte nicht mit Steinen werfen. Wenn ihre Fraktionsvor- itzende der Grünen in zwei Anläufen kein Gesetz zu- tande bringt und jetzt mehr fordert, als sie als Ministe- in gewollt hat, dann kann ich sie wirklich nicht mehr rnst nehmen. Im Unterschied zu den Künast-Entwürfen us den vergangenen beiden Legislaturperioden erfüllt nser Gesetz erstmals die Anforderungen einer moder- en Verbraucherpolitik. Denn moderne kluge Verbrau- herpolitik ist Wirtschaftspolitik von der Nachfrageseite. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): „Gammelfleisch mit llegalem Gentech-Reis an pestizidbelasteten Beeren“ – us der Liste der ungenießbaren Nahrungsmittel, die in en letzten Wochen die Schlagzeilen beherrschten, las- en sich mühelos ganze Menüs zusammenstellen. Dass ich auf dem Lebensmittelmarkt etwas tun muss, ist an- esichts der Zuspitzung der Missstände in der letzten eit unumstritten. Der Fleischskandal ist der Auslöser iner ganzen Reihe von Maßnahmen, die die Bundes- egierung teilweise schon umgesetzt hat; andere werden och diskutiert. In der Sache sind wir einig. Aber den beiden Anträ- en zur Lebensmittelqualität und zum Verbraucherinfor- ationsgesetz der Fraktionen der Linken und des Bünd- isses 90/Die Grünen werden wir nicht zustimmen, weil ie kaum Neues enthalten – nichts, was nicht bereits in er Umsetzung oder zumindest in der Prüfung ist. Und er Sinn eines Bund-Länder-Staatsvertrags – wie im An- rag der Linken, der „freiwillig und aufkündbar Kon- rollkompetenzen einräumt“ – erschließt sich mir nicht. Die Bundesregierung hat bereits vor Wochen eine erwaltungsvorschrift zur Vereinheitlichung der Lebens- ittelkontrollen verabschiedet. Damit sind zukünftig undesweit die gleichen Standards Pflicht. Ein schneller nformationsaustausch wurde mit einem EDV-gestützten achinformationssystem geschaffen. Im Verbraucher- nformationsgesetz wurde die Mitteilungspflicht der Er- ittlungsbehörden an die Lebensmittelüberwachungs- ehörden verankert. Damit wird die Strafverfolgung Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5307 (A) ) (B) ) erleichtert. Das sind nur einige Beispiele für bereits er- griffene Maßnahmen. Unser Verbraucherinformationsgesetz hat auch den Bundesrat passiert und ist verabschiedet. Es verleiht den Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Gewicht, indem es die Behörden verpflichtet, die Öffent- lichkeit bei Verstößen gegen das geltende Lebensmittel- recht grundsätzlich zu informieren, auch wenn die be- troffenen Produkte nicht mehr auf dem Markt sind. Die Behörden sollen die Öffentlichkeit zum Beispiel informieren bei Verdacht auf Gefahr für die menschliche Gesundheit, über Täuschungen, über ekelerregende Le- bensmittel wie zum Beispiel Gammelfleisch oder wenn Anhaltspunkte für eine gesundheitliche Gefährdung vor- liegen, die aber wissenschaftlich noch nicht abschlie- ßend geklärt ist. Das gilt zum Beispiel für Acrylamid in Chips oder Lebkuchen. Außerdem können sich Verbrau- cherinnen und Verbraucher demnächst auch selbst an die Behörden wenden, um Informationen zu bekommen, etwa über die Beschaffenheit bzw. die Behandlung von Verpackungen. Sie können erfahren, ob etwa bei einer Saftverpackung eine bestimmte Druckchemikalie ver- wendet wurde oder nicht. Wir werden beobachten, wie sich das Verbraucher- informationsgesetz bewährt. Wir werden weitere not- wendige Maßnahmen ergreifen, und wir – die SPD – wollen den Informationsanspruch auf weitere Produkte und Dienstleistungen erweitern. Die SPD will, dass auch die Wirtschaft ihre Verantwortung gegenüber den Ver- braucherinnen und Verbrauchern wahrnimmt und ihnen Zugang zu ihren Informationen gewährt. Denn bei den Unternehmen liegen alle Daten vor, die eine bewusste Auswahl ermöglichen und eine eigenverantwortliche Marktteilnahme gewährleisten. Deshalb fordere ich die Wirtschaft hier und heute zu mehr Transparenz gegen- über den Verbraucherinnen und Verbrauchern auf. Denn wer Qualität produziert und anbietet, der braucht sich nicht zu verstecken, der kann offensiv damit werben! Wir brauchen einen transparenten Markt; denn neben Lebensmittelkontrollen und harten Sanktionen bei Ver- stößen ist die Transparenz das wichtigste Instrument im Kampf gegen Lebensmittelskandale. Ohnehin stehen die Unternehmen in der Pflicht; denn nach der seit An- fang 2005 geltenden EU-Verordnung 178/2002 müssen sie Verfahren und Systeme zur stufenübergreifenden Rückverfolgung bereitstellen. Die Wirtschaftsbeteiligten müssen sich gegenseitig kontrollieren und Lebensmittel müssen lückenlos rückverfolgbar sein, damit mangel- hafte Produkte auf allen Produktionsstufen schnell iden- tifiziert und vom Markt genommen werden können. Der Gammelfleischskandal zeigt erneut, wie schwie- rig es ist, die Wege der verdorbenen Ware zu recherchie- ren und schnell vom Markt zu holen. Die Vorgaben der EU-Basisverordnung 178/2002 gelten seit dem 1. Ja- nuar 2005, sind unmittelbar an die Unternehmen gerich- tet und enthalten die Verpflichtung zur Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit von Lebens- und Futtermitteln. Die „Rückverfolgbarkeit“ ist in Art. 3 Nr. 15 definiert als „die Möglichkeit, ein Lebensmittel oder Futtermittel, ein der Lebensmittelgewinnung dienendes Tier oder ei- n w m b u V z g U V d z G W u E b p F k f D m d k w r r i a f v l m s e k t a „ n t a b L u u s n z G m d A s (C (D en Stoff, der dazu bestimmt ist oder von dem erwartet erden kann, dass er in einem Lebensmittel oder Futter- ittel verarbeitet wird, durch alle Produktions-, Verar- eitungs- und Vertriebsstufen zu verfolgen“. Nach Art. 18 Nr. 2 und Nr. 3 müssen Lebensmittel- nd Futtermittelunternehmen entsprechende Systeme und erfahren bereitstellen, mit denen die Informationen den uständigen Behörden auf Aufforderung zur Verfügung estellt werden können. Nach Art. 17 Nr. 1 haben die nternehmen auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und ertriebsstufen für die Einhaltung der Anforderungen es Lebensmittelrechts zu sorgen und diese Einhaltung u überprüfen. Es existiert also eine EU-rechtliche rundlage dafür, dass jedes Unternehmen Herkunft und eg seiner Produkte ausführlich dokumentieren muss – nd das in einer Form, die den Behörden auf Anfrage inblick ermöglicht. Der Gammelfleischskandal lässt vermuten, dass die etroffenen Unternehmen dieser EU-rechtlichen Ver- flichtung nicht nachkommen; denn sonst hätte der leischgroßhändler ja schon beim ersten Verdacht den ompletten Weg der Ware offen legen müssen. Rückver- olgbarkeit und Transparenz müssen garantiert werden. as hat gleich mehrere Vorteile: Zum einen könnte da- it tatsächlich auf Lebensmittel- oder Futtermittelskan- ale ganz schnell reagiert, auf allen Stufen der Waren- ette eingegriffen und die Ware vom Markt genommen erden. Zum anderen würde diese Transparenz den An- eiz zur gegenseitigen Kontrolle der einzelnen am Wa- enstrom Beteiligten verstärken. Ich komme noch einmal zu unserem Verbraucher- nformationsgesetz bzw. zu unserem Entschließungs- ntrag dazu zurück: Wir haben ja die Wirtschaft aufge- ordert, Vorschläge zu erarbeiten, wie sie die ihnen orliegenden Informationen den Verbrauchern zugäng- ich machen können. Mit den Daten, die die Unterneh- en nach der EU-Verordnung zur Rückverfolgbarkeit owieso sammeln und zur Verfügung stellen müssen, ist igentlich der Grundstein schon gelegt. Diese Daten önnten um weitere für Verbraucher wichtige Informa- ionen ergänzt werden. Auf dieser Grundlage könnte lso leicht der nächste Schritt gegangen werden: Die Systeme und Verfahren …, mit denen diese Informatio- en den zuständigen Behörden auf Aufforderung mitge- eilt werden können“ – Art. 18 Nr. 2 Satz 2 – könnten so usgestaltet werden, dass sie auch den Zugriff der Ver- raucher ermöglichen. Wir brauchen einen transparenten ebensmittelmarkt, damit Skandale verhindert werden nd Qualität sich durchsetzt. Ich bitte alle Kolleginnen nd Kollegen, gemeinsam mit uns daran zu arbeiten. Hans-Michael Goldmann (FDP): Ich finde es chon erstaunlich, dass wir nicht einmal eine Woche ach Verabschiedung des Verbraucherinformationsgeset- es im Bundesrat heute über Nachbesserungen in diesem esetz diskutieren. Es ist ja nicht so, als wären ich und eine Fraktion mit dem verabschiedeten Gesetz beson- ers glücklich – und als hätten wir uns nicht eine andere bstimmung im Bundesrat erhofft, insbesondere ange- ichts der kurz vor der Abstimmung bekannt geworde- 5308 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) nen verfassungsrechtlichen Fragestellungen. Das hätte man noch klären müssen und der Vermittlungsausschuss hätte dafür sicherlich eine gute Gelegenheit geboten. Inhaltlich ist es natürlich völlig zutreffend, dass das Verbraucherinformationsgesetz nicht das versprochene Ziel erreicht. Das Verbraucherinformationsgesetz haben wir abgelehnt, weil es schlecht gemacht ist und weil es das Ziel verfehlt, wirklich etwas für den Verbraucher- schutz zu tun. Ebenso schlimm: Es schützt nicht einmal die Wirtschaftsinteressen in ausreichendem Maße. Be- triebs- und Geschäftsgeheimnisse müssen einen absolu- ten Schutz genießen, so wie es im Informationsfreiheits- gesetz des Bundes steht – kein Wenn und Aber, kein Ermessen, einfach nur ein klarer Satz. Aber das zeigt den großen Mangel des Gesetzes exemplarisch auf: Hier herrscht keine klare Linie. Hier wird nicht für Rechts- klarheit gesorgt. Stattdessen werden zukünftig wohl Be- hörden, Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen darüber rätseln, wie das Gesetz nun anzuwenden ist. Rechtsunklarheit tut aber weder dem Verbraucher- schutz gut noch sorgt sie für den notwendigen Schutz der legitimen Interessen der Wirtschaft. Wir werden es jetzt in der Praxis erleben, wenn Behörden darüber rätseln dürfen, wie die Ausnahmetatbestände auszulegen sind, und wenn gleichzeitig die Unternehmen nicht absehen können, wie die behördliche Praxis aussehen wird. Bei- spielsweise hat jetzt Herr Schnappauf aus Bayern ange- kündigt, dass er dafür sorgen will, dass das Gesetz zu- gunsten der Verbraucher weit ausgelegt wird. Da kann ich nur staunen; denn wenn doch die CSU offensichtlich der Auffassung ist, dass man das Gesetz auch ganz res- triktiv und verbraucherunfreundlich auslegen kann, dann frage ich mich, warum sie nicht den politischen Willen, nämlich die Verbraucher zu informieren und ihnen Zu- gang zu den behördlichen Informationen zu gewähren, gleich richtig und klar ins Gesetz geschrieben haben. Dies muss in einer Weise geschehen, die nicht zu einer unterschiedlichen Verwaltungspraxis in den unterschied- lichen Ländern führen wird und die auch nicht davon ab- hängt, ob der zuständige Verbraucherminister gerade mal nett zu den Verbrauchern sein will und das Ganze dann vielleicht – wenn Gras über das Gammelfleisch ge- wachsen ist – doch wieder ganz anders sieht. Interessant finde ich auch – das sollte hier nicht uner- wähnt bleiben –, dass selbst das federführende Ministe- rium in der Bundesregierung der Meinung ist, dass das Gesetz nicht gut ist. Da sagte doch letzte Woche tatsäch- lich der Staatssekretär im Verbraucherministerium, Gert Lindemann, dass es sich nicht um eine „abschließende Regelung“ handele, sondern dass der Anwendungsbe- reich ausgedehnt werden müsse. Da möchte ich schon einmal nachfragen, was das bedeuten soll. Was wollen Sie denn nun eigentlich, Herr Seehofer? Sie können sich da doch nicht wieder herauslavieren, wenn sie ein Ge- setz machen, das den Ansprüchen nicht genügt und dann die gerechtfertigte Empörung der Bürgerinnen und Bür- ger mit Ankündigungen eindämmen. Das ist doch unred- liche Bürgertäuschung. Machen Sie es doch einfach bes- ser. Legen Sie ein besseres Gesetz vor. Was Sie hier betreiben, ist doch Augenwischerei. n w d b a w b z s k i z r n l m c n t e s m i A s e n a 1 N t d r u k g n s k m m d z z b M u d g m a t r i d z i (C (D In einem haben Sie ja Recht: Das Gesetz krankt an sei- er Halbherzigkeit. So ist überhaupt nicht einzusehen, arum der Anwendungsbereich auf Sachverhalte, die em Lebensmittel- und Futtermittelgesetz unterfallen, eschränkt sein soll. Haben die Verbraucher nicht auch in nderen Bereichen ein Interesse an Information? Warum ollen Sie dem Verbraucher zwar erlauben, bei den Le- ensmittelkontrollbehörden nachzufragen, ob sein Schnit- el in Ordnung ist, aber nicht bei der Versicherungsauf- icht, ob mit der Lebensversicherung, die tausende Euro osten soll, alles im Einklang mit dem Gesetz steht? Das st überhaupt nicht einzusehen. Verbraucherinformation u allen Produkten und Dienstleistungen, das wäre der ichtige Weg. Diesen Weg wollen Sie offensichtlich gar icht; ansonsten hätten Sie doch ein solches Gesetz vor- egen müssen. Jetzt nachzuschieben, dass Sie eigentlich ehr wollten – wem wollen Sie eigentlich etwas vorma- hen? Wir beraten heute nicht nur über den Antrag der Grü- en, in dem Nachbesserungen zum Verbraucherinforma- ionsgesetz gefordert werden, sondern auch noch über inen Antrag der Linken, in dem ein Staatsvertrag zwi- chen Bund und Ländern zur Verbesserung der Lebens- ittelkontrollen gefordert wird. Ich stehe ja nicht so sehr m Verdacht, die Politik der Linkspartei zu befürworten. ber in einem haben die Kolleginnen und Kollegen chon Recht: Ihr 13-Punkte-Katalog, Herr Seehofer, ist benso Verbrauchertäuschung wie Ihre Lippenbekennt- isse zur Verbraucherinformation. Ich habe mir das mal ngesehen: Der einzige Punkt, der noch nicht in Ihren 0-Punkte-Sofort- und Ergänzungsprogrammen vom ovember 2005 stand, ist Punkt 13, nämlich die Erwar- ungen an die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Alle an- eren Punkte sind nur aufgewärmt. Das ist ein ganz kla- er Fall von Umetikettierung: ein Jahr lang auf Eis gelegt nd jetzt schnell ein neues Haltbarkeitsdatum aufge- lebt. Wir brauchen jetzt keine Soundsoviel-Punkte-Pro- ramme, sondern konsequentes Handeln. Mit immer euen Ankündigungen wird kein einziger Lebensmittel- kandal verhindert werden. Wir brauchen ein klares Be- enntnis zu Verbraucherinformation und damit zum ündigen Verbraucher. „Verbraucherschutz in der Marktwirtschaft durch ündige und aufgeklärte Verbraucher sicherstellen“ war er Titel des Entschließungsantrags der FDP-Fraktion um Verbraucherinformationsgesetz. Genau das ist der entrale Punkt. Alle reden immer vom mündigen Ver- raucher. Aber was heißt das denn? Wie wird ein ensch zum mündigen Verbraucher? Durch Bildung nd Aufklärung, durch Beratung und eben nicht zuletzt urch objektive Informationen. Bildung und Information ehören zusammen; denn wer nicht weiß, wie er Infor- ationen einordnen und verarbeiten kann, dem nützt uch mehr Information nichts. Das Verbraucherinforma- ionsgesetz muss diesem Ziel gerecht werden: für besse- en Verbraucherschutz durch mündige Verbraucher, die n die Lage versetzt werden, sich zu informieren und iese Informationen in kluge Entscheidungen umzuset- en. Ich will hier aber noch einen Punkt betonen, der auch n dem heute zu beratenden grünen Antrag auftaucht. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5309 (A) ) (B) ) Mit Verbraucherinformation meine ich, meint die FDP, ausschließlich die Informationen, die bei den Behörden vorliegen. Es geht hier nicht um einen Anspruch gegen- über den Unternehmen selbst. Das wäre ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Rechte der Unternehmen. Die Verbraucher, die objektive Informationen erhalten wollen, sollen sich gerne an die Behörden wenden. Die Aufsichts- und Kontrollfunktionen, die die Behörden ausüben, sind ja im Grunde genommen, Aufgaben, die sie für die Bürgerinnen und Bürger ausüben – darüber dürfen die Bürger dann auch bitte Bescheid wissen. Die Behörden – ich habe großes Zutrauen zum rechts- staatlichen Handeln unserer Behörden, die, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen, vor allem im Lebensmittel- bereich sehr gut mit den Unternehmen zusammenarbei- ten – müssen aber dafür geradestehen, dass die Informa- tionen, die sie herausgeben, richtig sind. Unternehmen müssen darauf vertrauen können, dass nicht Vermutun- gen oder unbestätigte Untersuchungsergebnisse oder gar Sachverhalte, die zwischen Behörde und Unternehmen streitig sind, vorschnell an die Öffentlichkeit gelangen. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass die Informationen, die sie von den Behörden kommen, auch belastbar sind und dass sie auf diese Informationen guten Gewissens ihre Entschei- dungen stützen können. Eine Verpflichtung zur Überprü- fung der Richtigkeit der Daten fehlt aber im Gesetzent- wurf der Koalition – ein schwerer Fehler! Wichtig ist zudem, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher verwertbare Informationen erhalten. Daher müssen die Daten aufbereitet werden. Die Behörden müssen Erläuterungen beifügen und Informationen in allgemein verständlicher Form herausgeben. Denn es nützt keinem etwas, wenn einfach Daten in den Raum gestellt werden, die aber dem normalen Verbraucher nichts sagen. Die Zuständigkeit für die Lebensmittelkontrollen liegt bei den Ländern. Der Bund hat allerdings die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Lebensmittelkontrollen auch gut und mit gleichermaßen hohen Standards überall durchgeführt werden. Es ist kein Zufall, dass wir es bei den Lebensmittelskandalen im letzten Jahr immer wie- der mit Bayern zu tun hatten. Der zuständige Bundes- minister darf sich nicht damit abspeisen lassen, dass die Länder melden, alles sei in Ordnung. Er muss dann auch mal genauer hinschauen. Wenn Sie, Herr Seehofer, ver- künden, dass alle EU-zugelassenen Kühlhäuser geprüft wurden, dann können Sie sich redlicherweise nicht nur zurechnen lassen, wenn da alles prima ist, sondern dann übernehmen Sie auch Verantwortung dafür, dass die Kontrollen auch fach- und sachkundig und vor allem gründlich durchgeführt wurden. Sie können sich dann nicht herausreden, dass das ja Ländersache sei, wenn Sie sich zugleich in der Öffentlichkeit die Lorbeeren für Ih- ren Einsatz für mehr Sicherheit ans Revers stecken. Wir müssen ganz sicher noch weiter über dieses Thema reden und gemeinsam dafür Sorge tragen, dass Lebensmittelkontrollen wirklich gut funktionieren. Die Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass der Staat seiner Pflicht nachkommt und die Lebens- m w w 1 R B w T r S a i v a h r d M t t n g V g e D a P e w m n g D l u h n e e r m s F f (C (D ittelsicherheit tatsächlich garantiert. Ich bin gespannt, as aus den 13 Punkten wird; ich hoffe nur sehr, dass ir nicht in einem Jahr wieder hier stehen und dann über 5 oder vielleicht auch 14 Punkte debattieren, weil außer eden wieder nichts passiert ist. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): In einer alten auernweisheit heißt es: Ein Ochs, der viel brüllt, zieht enig. Minister Seehofer hat seit seinem Amtsantritt beim hema Verbraucherschutz viel gebrüllt. Von „Null Tole- anz“ war die Rede, von Bußgeldern und Haft für die ünder. Im Juli wurde gar der Vollzug der Überprüfung ller 317 EU-Kühlhäuser verkündet. Inzwischen kennen wir den Wert dieser Verkündung: n sieben Bundesländern wurden circa 1 500 Tonnen erdorbener bzw. überlagerter Fleisch- und Wurstwaren us mehr oder weniger dunklen Ecken einzelner Kühl- äuser ans Licht befördert. Das nenne ich „Null Tole- anz“ mit fest geschlossenen Augen! Nun stellt sich Minister Seehofer wieder an die Spitze er Jäger des verlorenen Schatzes Lebensmittelqualität. Mit Verlaub: eine wenig angemessene Rolle für einen inister, der gerade ein zahnloses Verbraucherinforma- ionsgesetz durch den Bundesrat gedrückt hat, das Un- ernehmen vor allzu großer Neugier von Verbraucherin- en und Verbrauchern schützt. Das fordert uns Linke eradezu heraus! Wir werden jeden einzelnen Fall des ersagens des Gesetzes aufgreifen! Was wir darüber hinaus dringend brauchen, sind Re- eln für die länderhoheitliche Lebensmittelkontrolle, die rstens verbindlich und zweitens bundeseinheitlich sind. enn das Seehofer-10-Punkte-Sofortprogramm ist auch n seiner Unverbindlichkeit gescheitert. Das 13-Punkte- rogramm der Verbraucherschutzministerkonferenz ist benso unverbindlich. Im Zuge der Föderalismusreform urde die Schaffung eines solchen einheitlichen Lebens- ittelkontrollsystems einfach verschlafen – oder es war icht gewollt. Aber der Handlungsbedarf ist jetzt drin- ender denn je. Eine Tatsache macht mich ein wenig zuversichtlich: ie Notwendigkeit eines bundesweit einheitlichen Qua- itätsmanagements der Lebensmittelkontrollen ist unter ns wohl unstrittig. Wir müssen also nur einen Weg dort- in suchen. Meine Fraktion, Die Linke, schlägt dafür ei- en Bund-Länder-Staatsvertrag vor. Dieser Bund-Länder-Staatsvertrag muss folgendes nthalten: Erstens eine verbindliche Festschreibung bundesweit inheitlicher Qualitätsstandards zur Sicherung der Inte- essen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Zweitens. Bund und Länder sollen in Haftung genom- en werden können für Schäden aus Organisationsver- chulden bei der Lebensmittelkontrolle. Drittens. Verantwortlichkeiten, Aufgabenzuweisungen, risten, Rechte und Pflichten müssen mit Vertragsstra- vereinbarungen fixiert werden. 5310 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Viertens. Regelungen zur Flankierung der Lebensmit- telkontrolle durch eine begleitende Kontrolle der Kon- trolleure. Als Kronzeugen für die Notwendigkeit dieser Regelung zitiere ich Minister Seehofer aus der Aus- schusssitzung vom 8. September 2006: Natürlich muss die Kontrolle kontrolliert werden … Natürlich muss es eine unabhängige Auditierung geben. Das schafft übri- gens auch Vertrauen, Macht muss kontrolliert werden, das wissen wir alle … Um einen Einwand vorweg zu nehmen: Das Grund- gesetz lässt Vertragsschlüsse der Länder miteinander und mit dem Bund zu. Es steht damit der Einführung effekti- ver Qualitätssicherungssysteme nicht entgegen, im Ge- genteil. Da das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ohnehin die Aufgabe des Krisen- managements im Bereich Lebensmittelsicherheit wahr- nimmt, können die zusätzlichen Aufgaben dort zugeord- net werden. Es sollte assistiert werden von einem im Rotationsverfahren wechselnden Bundesland. Erlauben Sie mir abschließend noch einen demokratie- theoretischen Diskurs: Es ist ein ziemlich hilfloses Bild, wenn sich Bundes- und Länderminister in aller Öffent- lichkeit wechselseitig den schwarzen Peter zuschieben statt endlich zu handeln. Auch so wird Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Demokratie verspielt. Unser Vor- schlag eines Bund-Länder-Staatsvertrags Lebensmittel- qualität ist dagegen eine konkrete Lösung eines aner- kannten Problems. Insofern bin ich neugierig auf eine konstruktive Diskussion im Ausschuss. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist allerhöchste Zeit, dass in diesem Land den Ver- braucherinnen und Verbrauchern endlich ein umfassen- der Informationsanspruch eingeräumt wird. Minister Seehofer wollte den schwarzen Schafen das Handwerk legen durch Offenlegung der Bewertung eines Betriebs durch die Lebensmittelkontrolle. Wie nötig das ist, hat uns wieder der Gammelfleischskandal der letzten Wo- chen mehr als deutlich gemacht. Doch: Das nach langer Ankündigung nun verabschiedete Verbraucherinforma- tionsgesetz der Koalition ist bloß ein Placebo. Statt Transparenz über ein leicht zugängliches Informations- system – wie es zum Beispiel problemlos in Dänemark existiert und dort auch die in Deutschland tätigen Be- triebe wie McDonald’s ihre Bewertungen in den Gast- stätten und dem Internet präsentieren – sorgen in Deutschland mit diesem Gesetz zahlreiche eingebaute Hemmnisse für Informationsverweigerung, eine geringe Auskunftsreichweite und möglicherweise hohe Gebüh- ren. Die schwarzen Schafe dürfen sich freuen. Noch vor In-Kraft-Treten sind die Schwachstellen und Lücken dieses Gesetzes klar erkennbar. Auch inner- halb der Koalition weiß man, es gibt Nachbesserungsbe- darf, und vertröstet die enttäuschten Verbraucher und Verbraucherinnen auf eine „Evaluierung“ in ein paar Jahren. Hier wurde eine Chance vertan, die Unternehmen stärker in die Verantwortung zu nehmen und Verbraucher- informationsrechte umfassend zu gestalten, wie es mit unserem Vorschlag für ein Verbraucherinformations- g d B d B V n 7 d m k t k f w S b V b k b e d n ü U w c l R B r i n W t w v e m h p n d t d n s d g e e D u n d (C (D esetz der Fall gewesen wäre. Der Gammelfleischskan- al hat uns auch drastisch vor Augen geführt, dass die undesregierung und die Länder ihre Hausaufgaben bei er Lebensmittelkontrolle nicht gemacht haben. Die undesregierung gibt unverblümt zu, dass die für den erbraucherschutz zuständigen Ministerinnen und Mi- ister der Länder mit ihrem 13-Punkte-Programm vom . September 2006 nichts Neues vorgelegt haben. Auch ie bereits im November 2005 beschlossenen Maßnah- en des so genannten Zehn-Punkte-Programms wurden aum umgesetzt. Statt nun Schuldzuweisungen zu be- reiben, hätten die Kompetenzen in der Lebensmittel- ontrolle mit der Föderalismusreform endlich an die An- orderungen der Europäischen Union neu ausgerichtet erden müssen, wie die Grünen gefordert haben. Aber eehofer hat das Thema nicht einmal zur Sprache ge- racht. So können sich nun weiter Länder und Bund die erantwortung hin- und herschieben – zulasten der Ver- raucher und der gesamten Ernährungswirtschaft. Die eklatanten Mängel im System der Lebensmittel- ontrolle sind unhaltbar geworden, und das nicht nur eim Fleisch. Auch bei illegalen Genreisimporten liegt in Systemversagen vor. Herr Seehofer hat angekündigt, ie Koordination des Überwachungsprogramms für icht zugelassenen Reis aus den USA und China zu bernehmen. Dennoch liegen die Rückmeldungen der ntersuchungen der Länder immer noch nicht vor, ob- ohl inzwischen klar ist – dank Greenpeace –, dass sol- he weltweit nicht zugelassenen und auf ihre gesundheit- iche Unbedenklich nicht untersuchten Produkte in den egalen unserer Lebensmittelgeschäfte liegen. Auch die undesregierung bezeichnet das Inverkehrbringen als echtswidrig. Doch was passiert? Wochen nach der Entdeckung des llegalen Genreises liegt die kontaminierte Ware immer och im Supermarkt. Das ist völlig unverantwortlich. ir fordern Minister Seehofer auf, sofort dafür Sorge zu ragen, dass die Ware umgehend vom Markt genommen ird. Die Kosten sollten verursacherbezogen dann vom erantwortlichen Konzern, etwa Bayer, getragen werden. Wir fordern mit unserem Antrag die Bundesregierung rneut zum Handeln auf. Erstens. Das Verbraucherinfor- ationsgesetz ist grundlegend zu überarbeiten, das eißt: Anwendungsbereich ausdehnen, Informations- flicht für Behörden, Unternehmen einbeziehen, Aus- ahmetatbestände restriktiv fassen und auf das Notwen- ige beschränken, Antragsverfahren und Gebühren ransparent und verbraucherfreundlich gestalten, um nur ie wichtigsten Punkte zu nennen. Zweitens. Das System der Lebensmittelkontrolle ist eu zu ordnen. Wie Herr Minister Seehofer selbst festge- tellt hat, wird die Lebensmittelkontrolle in Deutschland en nach EU-Recht bestehenden Anforderungen nicht erecht. Die im 13-Punkte-Programm angekündigten inheitlichen Qualitätsstandards müssen umgehend mit iner bundesweiten Koordination umgesetzt werden. er Bund ist dafür verantwortlich, dass ein modernes nd leistungsfähiges System der staatlichen und kommu- alen Lebensmittelüberwachung in Zusammenarbeit mit en Ländern geschaffen wird. Ebenso muss das Voll- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5311 (A) ) (B) ) zugsdefizit endlich behoben werden. Die Lebensmittel- überwachung muss finanziell und personell besser aus- gestattet werden, qualitativ besser werden und deren Unabhängigkeit muss gewährleistet werden. Die All- gemeine Verwaltungsvorschrift Rahmenüberwachung, AVV Rüb, ist entsprechend weiterzuentwickeln. Wir haben dazu in unserem Antrag eine Reihe von konkreten Vorschlägen gemacht. Die Bundesregierung kann und muss weitaus mehr tun, als bisher geschehen, beispielsweise einen ausreichenden Informantenschutz arbeitsrechtlich verankern. Drittens. Wir fordern die Bundesregierung auf, wäh- rend ihrer EU-Ratspräsidentschaft einen Schwerpunkt auf den Verbraucherschutz zu legen und eine EU-Richt- linie Verbraucherinformation zu initiieren, die insbeson- dere auch die Informationspflichten der Unternehmen festlegt. Die Defizite in der Lebensmittelüberwachung müssen so lange hier im Bundestag diskutiert werden, bis sie endlich behoben sind. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Unterrichtung: Bericht der Bundesregie- rung über die Maßnahmen auf dem Gebiet der Unfallverhütung im Straßenverkehr 2004 und 2005 (Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 2004/2005) – Beschlussempfehlung und Bericht Aktions- programm für Straßenverkehrssicherheit: Halbierung der Zahl der Unfallopfer bis 2010 Entschließung des Europäischen Parla- ments zu dem Europäischen Aktionspro- gramm für die Straßenverkehrssicherheit: Halbierung der Zahl der Unfallopfer im Straßenverkehr in der Europäischen Union bis 2010: eine gemeinsame Aufgabe (2004/ 2162(INI)) (EuB-EP 1263) (Tagesordnungspunkt 19 a und b) Gero Storjohann (CDU/CSU): Der Unfallverhü- tungsbericht Straßenverkehr 2004/2005 der Bundes- regierung macht Mut: Mit 5 361 Menschen im Jahre 2005 liegt die niedrigste Zahl an Verkehrstoten seit Ein- führung der amtlichen Statistik im Jahre 1953 vor. Schauen wir zum Vergleich einmal auf das Jahr 1970: Damals starben in ganz Deutschland 21 000 Menschen im Straßenverkehr. Die Zahl der Getöteten im Straßen- verkehr ist damit um rund 75 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig haben sich im gleichen Zeitraum Fahrleis- tung und Anzahl der Fahrzeuge auf Deutschlands Stra- ßen etwa verdreifacht. Weltweit sterben jährlich 1,2 Millionen Menschen bei Verkehrsunfällen im Stra- ßenverkehr. Dies zeigt: Wir stehen bei der Verkehrssi- cherheit vor riesigen Herausforderungen. Die Verkehrs- sicherheitsarbeit braucht daher einen starken politischen W i t s 2 E B F v Ü g g n f F g J K l d m g a 1 s g d r d g v ü d b j d 1 d s r d s g k s m d s b S B V s w h A t (C (D illen, denn es gilt: Jeder im Straßenverkehr Getötete st ein Getöteter zu viel! Deshalb unterstützen meine Fraktion und ich nachhal- ig das Aktionsprogramm der Europäischen Kommis- ion, die Zahl der Unfallopfer im Straßenverkehr bis 010 zu halbieren. Deshalb ist jeder Beitrag, den wir zur rhöhung der Verkehrssicherheit leisten, ein wichtiger eitrag. Viele solcher Beiträge haben die CDU/CSU- raktion und ich im Berichtszeitraum geleistet. Beispiel: Begleitetes Fahren ab 17. Lange haben wir on der CDU/CSU-Fraktion hierfür gekämpft, viel berzeugungsarbeit musste geleistet werden – im Au- ust 2005 hat die damalige Bundesregierung endlich die esetzliche Grundlage hierfür geschaffen. Seitdem kön- en die einzelnen Bundesländer diesen Modellversuch reiwillig einführen. Durch das begleitete Fahren soll die ahrpraxis junger Fahranfänger erhöht werden. Der Be- leiter, der mindestens 30 Jahre alt sein muss, seit fünf ahren im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis der lasse B ist und nicht mehr als drei Punkte in der zentra- en Verkehrssünderkartei in Flensburg haben darf, soll en Fahranfängern diese Praxis vermitteln. Ich erwarte ir durch das begleitete Fahren einen hohen Sicherheits- ewinn, denn wenn junge Fahranfängerinnen und Fahr- nfänger nach einem Jahr in Begleitung ab dem 8. Lebensjahr ohne Begleitung fahren dürfen, verfügen ie bereits über Praxiserfahrung durch das Fahren in Be- leitung. Ich freue mich, dass bereits sieben Bundeslän- er den Modellversuch eingeführt haben, so unter ande- em auch mein Heimatland Schleswig-Holstein. In iesen Ländern wurde das begleitete Fahren sehr gut an- enommen, wie der Unfallverhütungsbericht Straßen- erkehr ausführt; die Teilnahme sei, so die Autoren, mit ber 49 000 Personen sehr groß gewesen. Dies zeigt, ass die Initiative meiner Fraktion zur Einführung des egleiteten Fahrens richtig gewesen ist. Ich hoffe, dass ungen Fahranfängern demnächst in allen Bundesländern ie Möglichkeit eröffnet wird, in Begleitung ab dem 7. Lebensjahr erste Fahrerfahrungen zu sammeln, denn ies ist ein wichtiger Beitrag für mehr Sicherheit auf un- eren Straßen. Gemeinsam mit der SPD-Fraktion ist im Berichtszeit- aum die Sicherung unbeschrankter Bahnübergänge urch eine Kombination aus Andreaskreuz und Stopp- child auf den Weg gebracht worden. Es ist unser emeinsamer politischer Wille, durch diese Schilder- ombination endlich zu einer besseren Sicherung unbe- chrankter Bahnübergänge zu gelangen. Ich bedanke ich bei der Kollegin Heidi Wright von der SPD-Bun- estagsfraktion für die sehr gute Zusammenarbeit in die- er Frage. Der diesbezügliche Verordnungsentwurf ist ereits vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und tadtentwicklung erarbeitet worden. Ich fordere das undesverkehrsministerium auf, eine entsprechende erordnung schnellstmöglich zu erlassen, damit unbe- chrankte Bahnübergänge endlich effektiv gesichert erden können. Viel zu viel Zeit ist in dieser Angelegen- eit schon im Lande gestrichen – die Kombination aus ndreaskreuz und Stoppschild muss nun endlich Reali- ät werden! 5312 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Zu einem anderen Thema: Ich freue mich, dass das Fahren mit Licht am Tage Berücksichtigung im Unfall- verhütungsbericht Straßenverkehr 2004/2005 gefunden hat. Hier ist zu lesen, dass eine Untersuchung der Bun- desanstalt für Straßenwesen, BASt, zu dem Ergebnis ge- kommen sei, dass Fahren mit Licht am Tage einen signi- fikanten Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit erwarten lässt. Bereits seit Oktober 2005 empfiehlt das Bundesverkehrsministerium, auch am Tage freiwillig mit Licht zu fahren. Das Fahren mit Licht am Tage be- darf der breiten Akzeptanz in der Bevölkerung. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, dass nur etwa 500 Meter vom Bundesverkehrsministerium entfernt am Ende des Tiergartentunnels in Berlin Verkehrsschilder mit dem Wort „Licht“ und einem großen Fragezeichen dahinter aufgestellt wurden. Diese Schilder müssen angesichts der Empfehlung des Verkehrsministeriums, auch am Tage mit Licht zu fahren, nun wirklich nicht sein! Dies gilt umso mehr angesichts der Tatsache, dass sich auch die EU-Kommission jetzt in einem Konsulta- tionspapier dafür ausspricht, eine allgemeine Pflicht zum Einschalten des Pkw-Lichts auch bei Tage einzuführen. Ab einem bestimmten Stichtag sollten zudem alle Neu- wagen mit einem Tagfahrlicht ausgerüstet werden, das sich mit der Zündung automatisch einschaltet. Hierzu muss die Bundesregierung bis zum 17. November eine Stellungnahme bei der EU abgeben. Deutschland und die anderen EU-Mitglieder sind nun aufgerufen, sich zu den Vorschlägen zu erklären. In dem Konsultationspa- pier gehen die Autoren davon aus, dass pro Jahr bis zu 2 000 Menschenleben europaweit gerettet werden könn- ten, wenn die Fahrer aller Kraftfahrzeuge am Tage das Licht einschalten würden. Befürchtete Nachteile für schwächere Verkehrsteilnehmer konnten demnach nicht bestätigt werden. Zudem sei auch der Spritverbrauch ge- ringer als angenommen und könne durch den Einsatz moderner Lichttechnik weiter reduziert werden. Ich for- dere die Bundesregierung daher auf, sich in Brüssel da- für einzusetzen, dass die Bundesrepublik Deutschland eine allgemeine Pflicht zum Einschalten des Lichts an Kraftfahrzeugen auch bei Tage uneingeschränkt befür- wortet. Darüber hinaus sollten wir auch einem anderen Thema verstärkt unsere Aufmerksamkeit widmen: der Sicherheit von Farradfahrerinnen und Fahrradfahrern im Straßenverkehr. Im Verkehrsunfallverhütungsbericht lesen wir dazu, dass durch den Nationalen Radverkehrs- plan, NRVP, der Anteil des Radverkehrs am Gesamtver- kehr bis 2012 deutlich gesteigert und die Verkehrssicher- heit der Radfahrer verbessert werden sollen. Bei unserer ersten Parlamentsfahrradtour „Berlin by bike“ wurden wir vor wenigen Tagen über die Umsetzung des Nationa- len Radverkehrsplanes in Berlin informiert. Außerdem wurde exemplarisch das Radfahren auf Busspuren, an Wasserstraßen und entlang von Autobahnen demons- triert. Hier hat sich gezeigt, dass in diesem Bereich noch erheblicher Handlungsbedarf besteht. Ich unterstütze das in dem Bericht genannte Ziel, zur Vermeidung von Fahrradunfällen den Fahrradverkehr durch den Bau von Radwegen vom motorisierten Ver- kehr auf stark frequentierten Straßen zu trennen. Die S w ß l h v l S f Z M r l t z s w V S r c e a f m r d v i e d d z d g e E s m k z k u E S h m p j d i a s 2 (C (D tärkung der Verkehrsinfrastruktur für Fahrräder ist ein ichtiges Thema. Fahrradfahren erfreut sich immer grö- erer Beliebtheit und stellt zwischenzeitlich einen erheb- ichen Wirtschaftsfaktor dar. Fahrradfahren muss des- alb sicher sein. Ich plädiere daher neben dem erstärkten Ausbau des Radwegenetzes für das freiwil- ige Tragen von Fahrradhelmen. So kann eine erhöhte icherheit der Radfahrer gewährleistet werden. Sorge bereiten nach wie vor die motorisierten Zweirad- ahrer. Im Jahr 2005 verunglückten 53 524 motorisierte weiradfahrerinnen und Zweiradfahrer einschließlich itfahrerinnen und Mitfahrer, so der Unfallverhütungsbe- icht. Davon wurden 982 getötet und 14 645 schwer ver- etzt. Das fahrleistungsbezogene Risiko, mit einem mo- orisierten Zweirad tödlich zu verunglücken, ist circa ehnmal so hoch wie das entsprechende für PKW-Insas- en. Hier kommt der Aufklärung zu mehr Eigenverant- ortung der Motorradfahrer eine hohe Bedeutung zu. orausschauendes Fahren und das Tragen geeigneter chutzkleidung helfen, die Sicherheit des Motorradfah- ers zu verbessern. Im Rahmen der Verkehrsüberwa- hung sollten darüber hinaus Radaranlagen technisch so ingestellt werden, dass sie Motorradfahrer von hinten ufnehmen, um so deren Zulassungskennzeichen zu er- assen. Lassen Sie mich noch einen Aspekt herausgreifen, der eines Erachtens helfen kann, die Sicherheit auf unse- en Straßen zu erhöhen, und damit zu einer Verringerung er Zahl der Verkehrsunfallopfer führt. Die Förderung on elektronischen fahrdynamischen Stabilitätssystemen st ein wichtiger Beitrag für die Verkehrssicherheit. Das lektronische Stabilitätsprogramm, ESP, sollte daher in er Europäischen Union verpflichtend eingeführt wer- en – und zwar für alle Fahrzeugklassen, auch für Fahr- euge im unteren Preissegment. Ich bin überzeugt, dass urch die Einführung des elektronischen Stabilitätspro- ramm es ein Zugewinn an Sicherheit im Straßenverkehr rreicht werden kann. ESP wirkt durch blitzschnellen ingriff in Motor- und Getriebesteuerung mithilfe ver- chiedener Sensoren dem Schleudern entgegen. Der Bericht der Bundesregierung über die Maßnah- en auf dem Gebiet der Unfallverhütung im Straßenver- ehr 2004 und 2005 und das Aktionsprogramm der EU ur Halbierung der Zahl der Unfallopfer rufen uns Ver- ehrspolitiker auf, mit einem starken politischen Willen nd in enger Zusammenarbeit mit Bundesregierung und uropäischer Union die Verkehrssicherheit auf unseren traßen ständig zu verbessern. Der Herr Bundesminister at unsere volle Unterstützung, wenn er dies gemeinsam it uns vorantreibt. Heidi Wright (SPD): Unsere Verkehrssicherheits- olitik zeigt erneut eine deutlich positive Wirkung; die ährlich sinkenden Unfallzahlen belegen dies. So sank ie Zahl der Verkehrstoten von 5 842 in 2004 auf 5 361 n 2005. Das ist die niedrigste Zahl seit Einführung der mtlichen Statistik im Jahr 1953 – ein Satz, den wir Gott ei Dank in jedem Jahr aussprechen können. Ich erinnere: 1970 hatte die Statistik noch über 1 000 Getötete gemeldet. Die Zahl der Getöteten im Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5313 (A) ) (B) ) Straßenverkehr ist damit um rund 75 Prozent zurückge- gangen – trotz einer Verdreifachung der Fahrleistung und der Anzahl der Fahrzeuge. Auch im ersten Halb- jahr 2006 setzt sich der seit langem beobachtete positive Trend bei der Zahl der Unfalltoten und Verletzten fort. Nach Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes wur- den im ersten Halbjahr 2006 in Deutschland 2 263 Ver- kehrsteilnehmer im Straßenverkehr getötet. Das waren 9,1 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2005. Soweit die gute Nachricht. Der Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 2004/2005 bestätigt aber auch eine andere Kontinuität: Schlimme Entwicklungen gibt es immer noch bei Kindern unter 15, älteren Verkehrsteilnehmern über 65, Radfahrern, Nut- zern motorisierter Zweiräder und Fußgängern. Kinder sind nach wie vor in besonderem Maße unfall- gefährdet. Dies besagt der Bericht der Bundesregierung und dies belegen jüngste Studien – Auswertung durch TU Berlin –, denen zufolge das Risiko, bei Verkehrsun- fällen verletzt oder getötet zu werden, nicht in allen Al- tersstufen gesunken ist. Für Sechsjährige bis 15-Jährige hat das Unfallrisiko sogar zugenommen. Eine besondere Gefährdung gibt es nach wie vor für die Radfahrer: 2004 sind 475 Radfahrer getötet worden. 2005 war dann für den Radverkehr mit 575 Toten, da- runter 41 Kinder, ein schlimmes Jahr. Die Zahl der getö- teten Radfahrer ist damit um 21,05 Prozent gestiegen. Zwar leistet der Bund trotz schwieriger Haushaltslage Erhebliches, etwa durch Finanzierung von Radwegen, die die Sicherheit gerade auch für Kinder erhöhen. 2004 und 2005 wurden insgesamt rund 800 Kilometer Rad- wege in Höhe von rund 160 Millionen Euro fertig ge- stellt. Hochgefährlich für Radfahrer sind jedoch noch immer die rechtsabbiegenden Lkw, die noch nicht mit den neuen Spiegelsystemen ausgerüstet sind, die den „toten Winkel“ weitestgehend minimieren. Deutschland hat die Gefahr zwar erkannt und gehan- delt: Dank einer parlamentarischen Initiative von Rot- Grün in der 15. Wahlperiode war die EU-Richtlinie 2003/97/EG zur Vermeidung des „toten Winkels“ vorge- zogen und ausgeweitet worden. Die Sicherheit für Rad- fahrer und Fußgänger wurde damit aber noch immer nicht verbessert; denn die Nachrüstung unterbleibt und von einer verantwortlichen freiwilligen Nachrüstung ist nichts in Sicht. Ich kann es den aktiven ADFC-Verbän- den deshalb nicht verdenken, wenn sie gegen diese tödli- che Unverantwortlichkeit wieder mobilisieren. Auch Brüssel ist am Zug: Längst hätte eine europaweite Rege- lung zur verpflichtenden Nachrüstung von Lkw erreicht werden müssen. Verkehrskommissar Barrot hat dieses Thema in dieser Woche auf einer parlamentarischen Ver- kehrssicherheitskonferenz in Paris ausdrücklich ange- sprochen. Traurige Kontinuität belegt der Bericht der Bundes- regierung auch bei den Unfallursachen: An der Spitze steht mit 52 Prozent noch immer die „nicht angepasste Geschwindigkeit“, sprich: die Raserei. Sie ist auch das häufigste Fehlverhalten, das im Berichtszeitraum jungen F k g d r s g v d ü d f G r u h e b s e s ti F r k n V „ 3 v a R F v h s R s h n m w k le s U 2 d k a v b (C (D ahranfängern zur Last gelegt wurde, gefolgt von „Al- oholeinfluss“ mit 16 Prozent. Wer rast, wer zu dicht auffährt, wer mit Alkohol fährt, efährdet nicht nur sich, sondern insbesondere auch an- ere. Deshalb sind Rasen, rowdyhaftes Fahren und Fah- en mit Alkohol absolut keine Kavaliersdelikte, sondern treng zu ahndende Straftaten ohne Toleranz. Hoffnung bei jugendlichen Fahranfängern macht die roße Resonanz, die das „Begleitete Fahren ab 17“ her- orgerufen hat. Obwohl sich nur sieben Bundesländer an em Modellversuch beteiligten, ist die Teilnahme mit ber 49 000 jungen Fahranfängern sehr groß. Auch von er Einführung eines Alkoholverbots für junge Fahran- änger sind unfallsenkende Wirkungen zu erwarten. Der esetzentwurf wird im BMVBS auf Fachebene vorbe- eitet und muss nun zügig auf den Weg gebracht werden. Straßen sind öffentlicher Raum und als Politikerinnen nd Politiker haben wir die Verantwortung, die Sicher- eit im öffentlichen Raum zu gewährleisten. Deshalb ist s aus meiner Sicht notwendig, sich dem einzig vertret- aren Ziel in der Verkehrssicherheit zu verpflichten: Vi- ion zero, null Verkehrstote. Dafür brauchen wir aber inen Ansatz in der Verkehrspolitik und in der Gesell- chaft, der weiter reicht als der bisherige. Anlässlich der Halbzeitbilanz des „Europäischen Ak- onsprogramms für die Straßenverkehrssicherheit“ im ebruar 2006 bescheinigte EU-Verkehrskommissar Bar- ot Europa keine positive Bilanz. Der Rückgang der Ver- ehrstoten in Europa um 17,5 Prozent seit 2001 reiche icht aus, um das Ziel einer Halbierung der Anzahl der erkehrstoten im Jahr 2010 zu erreichen. Bei diesem Fortschritt“ würden 2010 in der EU noch immer 2 500 Menschen im Straßenverkehr sterben. Unserem Nachbarn Frankreich konnte Barrot eine orbildliche Bilanz bescheinigen; denn kein geringerer ls Staatspräsident Chirac hat sich dort das Ziel der eduzierung der Unfallopfer zu Eigen gemacht. In rankreich gibt es ein Gesetz gegen Gewalt im Straßen- erkehr. Nichts weniger ist verkehrsgefährdendes Ver- alten. Es ist Gewalt gegen sich und andere. Unnach- ichtiges Vorgehen der französischen Polizei gegen alle aser hat dazu geführt, dass die Zahl der Verkehrstoten eit 2001 um enorme 32 Prozent zurückgegangen ist. Ja, ier wird eingeworfen, von einem hohen Niveau. In Deutschland wurden 2001 insgesamt 6 977 Perso- en im Straßenverkehr getötet. Dies entspricht – bis 2005 it 5 361 Toten – einem Rückgang von 23,4 Prozent. Ja, ir hatten auch vor 2001 schon eine ambitionierte Ver- ehrssicherheitsarbeit und deshalb schon reduzierte Zah- n. Aber das darf uns nicht hochmütig oder gar nachläs- ig werden lassen. Angenommen, die Anzahl der nfalltoten in Deutschland würde sich von 2005 bis 010 im selben Maße fortsetzen, würden wir das Ziel es Europäischen Aktionsprogramms für die Straßenver- ehrssicherheit, Halbierung der Verkehrstoten bis 2010, lso 3 488 Getötete, mit dann 3 745 Getöteten nur knapp erfehlen. Wir können uns zusammen mit Skandinavien, Groß- ritannien, den Niederlanden bei den Anstrengungen für 5314 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Verkehrssicherheit im Spiegel der Statistik durchaus se- hen lassen. Doch, ist uns das genug? Ich sage Nein. Ich fordere, Weiteres zu tun, um unsere Mobilität sicherer zu machen. Ich setze mich dafür ein, Verkehrssicherheit in Deutschland ebenso wie in Frankreich zu einer nationa- len Gesamtaufgabe zu machen, von der Bundeskanzlerin über den Bundesverkehrsminister hinein in die gesamte Gesellschaft. Wir haben in der Straßenverkehrssicherheit gute Entwicklungen; aber wir bleiben unter unseren Möglichkeiten! Wir haben auf den Bundesautobahnen zu viele Dräng- ler, Raser und Verkehrsrowdies, die ihr vermeintliches Recht auf „freie Fahrt“ rigoros einfordern. Ich bin fest davon überzeugt, dass mit Entschleunigung durch ein allgemeines Tempolimit wie in fast allen OECD-Staaten nicht nur das Unfallrisiko zu senken, sondern weitere wichtige verkehrspolitische und gesellschaftliche Ziele zu erreichen wären. Ich werbe ausdrücklich für eine ge- sellschaftliche Debatte über dieses Thema. Ich werbe für die Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Sicherheits- verbesserung und dazu gehört auch das allgemeine Tem- polimit auf Autobahnen. Es ist zwar richtig, dass bereits heute mehr als ein Drittel des deutschen Autobahnnetzes dauerhaft geschwindigkeitsbegrenzt ist und die hohe Verkehrsdichte das Fahren mit hohen Geschwindig- keiten immer weniger zulässt. Dies ist jedoch meines Er- achtens gerade eine Argumentation für ein allgemeines Tempolimit. Dadurch verstetigt sich der Verkehrsfluss und unnötiges Drängeln für wenige Kilometer „freie Fahrt“ wird überflüssig. Ein Tempolimit hilft, Stausituationen zu vermeiden, indem es die Stabilität des Verkehrsablaufs erhöht. Das Tempolimit harmonisiert den Verkehrsfluss, da weniger Brems- bzw. Beschleunigungsvorgänge notwendig sind. Das Verkehrsgeschehen wird insgesamt weniger hektisch und aggressiv. Gemäßigte Autofahrer – die Mehrheit – werden vom Druck aggressiv auffahrender Schnellfahrer befreit. Das Tempolimit trägt zur Harmonisierung der europaweiten Verkehrsverhältnisse bei. Das Drängen aus der EU für ein allgemeines Tempo- limit auch in Deutschland wird immer heftiger. Nicht nur der französische Verkehrskommissar fordert dies, auch der deutsche Kommissar Günter Verheugen findet har- sche Worte gegen eine Automobilindustrie, die glaubt im immer Schneller und Stärker noch eine Zukunft zu ha- ben. Die Herausforderungen der Zukunft für die Automo- bilindustrie sind neben Sicherheit vor allem Reduzierung des Treibstoffverbrauchs und der Umweltbelastung. Dass auch hier eine Temporeduzierung helfen kann, ist eben- falls unbestritten. Das Thema Verkehrssicherheit, Reduzierung der Un- fälle, Reduzierung der Unfalltoten verlangt, dass wir im- mer wieder unsere Möglichkeiten und die Akzeptanz in der Bevölkerung überprüfen. Verkehrssicherheit ist es allemal wert, auch kontrovers zu diskutieren. Ich fordere hierzu auf. Patrick Döring (FDP): Jedes Jahr sind im deutschen Straßenverkehr weit über 5 000 Tote zu beklagen – das sind 14 Tote täglich! Auch wenn die Bundesregierung s w k l 1 n ß I j h n a G r i B h d A k s d s s K s t s t A g H m H A n u a a 2 s k d z A h p i b h 1 d p (C (D ich in ihrem Bericht selber über den grünen Klee lobt – ir müssen dennoch feststellen, dass die deutsche Ver- ehrssicherheitspolitik im internationalen Vergleich al- enfalls mittelmäßige Fortschritte macht. Angesichts von 4 Toten jeden Tag muss ich sagen: Mittelmaß ist zu we- ig. Vor allem müssen wir bei der Verbesserung der Stra- enverkehrssicherheit neben den Fahrzeugen auch die nfrastruktur verstärkt in den Blick nehmen. Ich will etzt nicht wieder auf den Zahlen herumreiten, aus denen ervorgeht, dass Sie in den Haushaltsplanungen gerade icht mehr Geld für die Verkehrsinfrastruktur vorsehen, uch wenn Herr Tiefensee nicht müde wird, das unwahre egenteil zu behaupten. Ich möchte aber sehr wohl da- auf hinweisen, dass Sie zum Beispiel über ein Problem n diesem Bericht gar nicht reden: Das ist das Thema der austellensicherheit. Anscheinend ist dies für Sie über- aupt kein sicherheitsrelevanter Aspekt. Das ist aus- rücklich zu bedauern, denn nach Erkenntnissen des DAC sind Baustellen die größten Unfallrisiken im Ver- ehr überhaupt. Allein im letzten Jahr ist die Zahl der Unfälle in Bau- tellenbereichen um 26 Prozent gestiegen. Wir wissen och alle: Wie gut wir auch versuchen, Baustellen abzu- ichern; allein die Einrichtung einer Baustelle birgt chon immer ein Risiko in sich. Da ist doch die logische onsequenz, dass wir die notwendigen Bauarbeiten so chnell wie irgend möglich abschließen. Ihre Regierung ut in dieser Hinsicht jedoch nichts. Im Gegenteil, Bau- tellen werden in großer Zahl aufrechterhalten, obwohl eilweise wochenlang nicht gebaut wird. Wenn ich dann auf eine von mir im Sommer gestellte nfrage nach Baustellen, die länger als notwendig ein- erichtet sind, eine Antwort erhalte, die an Ignoranz und erablassungen kaum zu überbieten ist, dann frage ich ich schon, ob die Straßenverkehrssicherheit in Ihren änden gut aufgehoben ist. Aber lassen Sie mich auch zu den fahrzeugbezogenen spekten der Straßenverkehrssicherheit etwas sagen: Die Automobilindustrie leistet bereits seit Jahren ei- en wichtigen Beitrag durch Verbesserung der aktiven nd passiven Sicherheit der Fahrzeuge. Aber auch Sie ls Bundesregierung stehen diesbezüglich in der Pflicht, us der wir Sie nicht so leicht entlassen werden. Seit 001 wurden auf europäischer und nationaler Ebene ver- chiedenste Maßnahmen verabschiedet, um die Ver- ehrssicherheit auf breiter Basis zu verbessern. Die Bun- esregierung hat es dennoch bisher nicht vermocht, ein ielgerichtetes Verkehrssicherheitskonzept vorzulegen. uch dieser Bericht ist wieder nur eine Aneinanderrei- ung von – wenn auch zugegebenermaßen oft durchaus ositiven – Einzelansätzen. Als eine der begrüßenswerten Einzelmaßnahmen will ch hier das vor einiger Zeit im Europäischen Parlament ehandelte europaweite Notrufsystem eCall nennen. Die armonisierte Einführung auf der Grundlage des Notrufs 12 rettet Leben und mindert die gesundheitlichen Schä- en von Unfallopfern effektiv, indem Helfer schnell und räzise an den Unfallort gerufen werden können. Vor al- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5315 (A) ) (B) ) lem in Deutschland kann eine zügige und entschiedene Umsetzung auch dazu dienen, wirtschaftlichen Nachtei- len eines ab 2009 geplanten verpflichtenden Einbaus von eCall in Neufahrzeuge entgegenzuwirken. Die betroffe- nen Automobilhersteller leisten dabei seit jeher einen vorbildlichen Beitrag in dieser Sache. Über ihren Dach- verband ACEA haben sie sich bereits zur gemeinsamen und unternehmensübergreifenden Arbeit an dem System bekannt. Jetzt muss die Arbeit darauf konzentriert wer- den, ein wirtschaftliches Betreibermodell zu schaffen und so zu kostendeckenden Lösungen zu gelangen. Ausdrücklich begrüßen will ich auch, dass Sie im ver- gangenen Jahr – wenn auch vielleicht nicht ganz freiwil- lig – die rechtliche Grundlage für den Modellversuch „Begleitetes Fahren ab 17“ geschaffen haben. Nachdem in Niedersachsen das Projekt erst im Alleingang durch- geführt wurde, haben sich dort die Erwartungen voll be- stätigt. Die ersten wissenschaftlichen Ergebnisse der Be- gleituntersuchung haben gezeigt, dass die frühzeitige Beteiligung junger Menschen am Straßenverkehr zu mehr Verantwortungsbewusstein führt, wenn sie dann ab 18 alleine fahren dürfen. Junge, durch diese Erfahrung geübte Fahrer verursachen 40 Prozent weniger Unfälle und zahlen 60 Prozent weniger Bußgelder als Gleichalt- rige ohne diese Vorbildung. Es ist ja kein Geheimnis, dass in Niedersachsen ein Liberaler Verkehrsminister ist. Wenn Sie also innovative Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit suchen, dann sind Sie bei der FDP mal wieder besonders gut aufgehoben. Diejenigen, die auch aus diesem Hause den niedersächsischen Weg kritisiert hatten, sollten an- gesichts der erfreulichen Realität zukünftig mit Presse- mitteilungen zu Modellversuchen in Niedersachsen vor- sichtiger sein. Am heutigen Tag über Verkehrssicherheit zu reden, ist wahrscheinlich nicht möglich, ohne die tragischen Er- eignisse in Lathen anzusprechen. Aber ich finde auch, wir sollten angesichts dieser Katastrophe in der politi- schen Debatte für einen Moment innehalten können. Wenn ich dann im Verkehrsausschuss am Mittwoch erle- ben muss, dass – noch nicht einmal fünf Tage nach dem Unglück – schon versucht wird, daraus politisches Kapi- tal zu schlagen, dann finde ich das, gelinde gesagt, schä- big, um eine dem Hohen Haus unangemessene Wortwahl zu vermeiden. Ich spreche da ganz gezielt die linke Seite des Plenums an. Die politische Diskussion wird und muss folgen, aber bitte erst auf gesicherter Tatsachen- grundlage und nicht unter Ausnutzung der allgemeinen Bestürzung über das Unglück. Dorothée Menzner (DIE LINKE): Zu später Stunde widmen wir uns hier der Unfallvermeidung auf den Stra- ßen. Ein Thema, für das es freilich niemals zu spät ist und sein darf. Denn just während wir hier dazu 30 Minuten lang debattieren, werden 25 Menschen auf unseren Straßen Schaden erleiden. Wenn die statisti- schen Angaben stimmen, dann werden drei dieser Men- schen schwer verletzt, und ein weiterer könnte während dieser Zeit gerade sterben. Das stimmt mich recht nach- denklich, denn auch ich bin darauf getrimmt, dass sich d d e u h 1 d l d V d z h d h m l B F m F ä G s m A M d e m s n w F z d l f S d a w W z c E d e e l V (C (D er Blick bei solchen statistischen Zahlen auf etwas an- eres richtet: Dem Bericht der Bundesregierung ist zu ntnehmen, dass die Zahl der auf den Straßen Getöteten nd schwer Verletzten in den letzten 15 Jahren in etwa albiert werden konnte – ich betone: halbiert – von rund 42 000 im Jahr 1991 auf 82 000 im letzten Jahr. Obwohl in demselben Zeitraum die Fahrleistungen urch immer mehr Autos und immer größere zurückge- egte Entfernungen sogar verdoppelt wurden, ist es trotz- em gelungen, einerseits die Menschen verstärkt für die erkehrssicherheit zu sensibilisieren und andererseits ie Straßen und Fahrzeuge technisch erheblich sicherer u machen. Dafür danke ich allen, die dazu beigetragen aben und die dabei mitgeholfen haben, insbesondere en unzähligen Notfallhelfern, die anderen Menschen alfen und sich dabei selbst stets sehr viel abverlangen ussten. Da sind wir jetzt sozusagen am wunden Punkt ange- angt: Je mehr ich in dem hochinteressanten Bericht der undesregierung las, desto mehr stellte ich mir die rage: Was mögen uns all die vielen Maßnahmen kosten, it denen wir Verkehrsunfälle vermeiden oder deren olgen mindern können? Und das möglichst, ohne unser eigenes Verhalten ver- ndern zu müssen. Wir alle wissen, dass mit steigender eschwindigkeit die Schadensschwere exponential teigt, und leisten uns doch hier den Luxus, nicht einmal ehr über generelle Geschwindigkeitsbegrenzungen auf utobahnen auch nur zu diskutieren. Immer getreu dem otto „Zeit ist Geld“? Ich bitte, mich da bloß nicht falsch zu verstehen: Es arf natürlich nichts und nirgends gespart werden, wenn s um Sicherheit und Schadensminderung geht. All das uss sein, aber Kosten dürfen dennoch kein Tabuthema ein. Erst recht dann nicht, wenn schon bald neue Tech- iken auf uns zujagen werden, mit denen es möglich erden wird, die Zahl der Unfälle und die Schwere ihrer olgen noch einmal deutlich zu mindern. Für Autos eichnet sich jetzt schon das Rundum-Kurzstrecken-Ra- ar ab. Außerdem wird daran gedacht, in Europa das et- iche Milliarden Euro teure Fahrzeugortungs- und Not- allmeldesystem „eSafety“ zur Anwendung zu bringen. owohl mit dem einen als auch mit dem anderen der bei- en Systeme wird es wahrscheinlich, die Zahl der Opfer uf unseren Straßen abermals zu halbieren. Da wird dann für uns alle, die wir mehr Sicherheit ollen, die Nagelprobe ins Haus stehen. Wir werden ege finden müssen, diese neuen Techniken zu finan- ieren. Als Gesellschaft und als Verkehrsteilnehmer. Si- herheit darf kein Luxusgut nur für wenige sein. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ingangs ist festzuhalten, dass die Abnahme der Zahl er Verkehrstoten von 2004 auf 2005 um 8 Prozent sehr rfreulich ist und wir damit bisher den niedrigsten Wert rzielt haben. Doch vergessen wir nicht die Schwerver- etzten, die zum Teil ihr Leben lang die Folgen eines erkehrsunfalls zu tragen haben. 5316 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Im Unfallverhütungsbericht heißt es: Jeder im Stra- ßenverkehr Getöteter ist ein Getöteter zu viel! Diese An- sicht unterstreichen wir. Im Unfallverhütungsbericht heißt es aber auch, dass das Ziel, einen unfallfreien Straßenverkehr anzustreben, nur mit unvertretbar hohen Kosten zu erzielen sei. Die- ses Leitbild ist lebensfeindlich. Das lehnen wir ab, weil es Tote und Schwerverletzte in Kauf nimmt. Die Mobili- tät darf als gesellschaftlicher Wert nicht höher bewertet werden als die Wertschätzung des Lebens und der Ge- sundheit. Ganz zu schweigen von den Unfallfolgekosten, die deutlich höher sind als die erforderlichen Verkehrssi- cherheitsinvestitionen. Wir sind davon überzeugt: Wer sich intensiv für das Ziel „Vision Zero – Null Verkehrstote“ einsetzt, der kann es langfristig auch erreichen. Dazu brauchen wir eine Strategie, die darauf basiert, dass der Mensch Fehler macht. Nicht der Mensch ist besser dem Verkehr anzu- passen, sondern das System Straße. Was in anderen eu- ropäischen Ländern möglich ist, das ist auch bei uns möglich. Kürzungen bei den Regionalisierungsmitteln sind im Hinblick auf Verkehrssicherheit sicher nicht ziel- führend. Jeder zusätzliche Nutzer des öffentlichen Ver- kehrs erhöht die Verkehrssicherheit und verlangsamt den Klimawandel. Das Risiko, im Auto zu verunglücken, ist zwölfmal und sich zu verletzten vierzigmal höher als im Zug. Bei 52 Prozent der Alleinunfälle ist nicht angepasste Geschwindigkeit die Hauptursache. Aufklärungs- und Informationskampagnen reichen nicht. Es ist nicht nach- vollziehbar, dass es in Deutschland als nahezu einzigem Land der Welt kein allgemeines Tempolimit auf Auto- bahnen gibt. Die Tradition „freie Fahrt für freie Bürger“ ist offensichtlich so schwer zu überwinden, wie in den USA das verfassungsmäßig verbriefte Recht, eine Waffe tragen zu dürfen. Wir müssen uns der Frage stellen, ob das Recht eini- ger weniger, mit ICE-Geschwindigkeiten über deutsche Autobahnen zu rasen, höher einzustufen ist, als das Recht derer, die sich aufgrund dieser exzessiven Ge- schwindigkeiten bedroht fühlen, da sie mit einem weni- ger leistungsstarken Fahrzeug unterwegs sind? Tempo 130 auf deutschen Autobahnen ist genug. Langsamer Fahren heißt sicher ankommen. Wer für eine europaeinheitliche Verkehrssicherheit ist, darf beim Tempolimit nicht auf der Bremse stehen. Wir begrüßen den Vorstoß von Jacques Barrot für ein allgemeines eu- ropäisches Tempolimit. Was für die Autobahn gut ist, kann für die Landstraße nicht schlecht sein. Auch hier fordern wir eine Ge- schwindigkeitsreduktion. Die Zahl der Getöteten auf Landstraßen ist am höchsten. Auch für den innerörtli- chen Verkehr fordern wir eine weitere Geschwindig- keitsbegrenzung. Das kommt insbesondere den schwächsten Verkehrsteilnehmern und damit unseren Kindern zugute. Geschwindigkeitsreduktionen führen auch zu geringeren Investitionskosten, weil die Regel- querschnitte der Straßen kleiner ausfallen können. Trotz- dem ist die Einhaltung der Regeln intensiver zu kontrol- l s d d z s F g e t a s D ü 8 t l d F z l U i r r g M s k a n i r D l v s m s g s d l w j p r f M d K (C (D ieren. Die Geldbußen entfalten keine Abschreckung. Sie ind im Vergleich zu anderen Ländern viel zu niedrig. Wir können noch mehr tun, zum Beispiel im Bereich es Güterverkehrs. Die Verlagerung eines großen Teils es Güterverkehrs auf die Schiene ist auch ein Beitrag ur Verkehrssicherheit. Wir sind für die Zähmung rasender Kleinlaster, weil ie überdurchschnittlich häufig Unfälle verursachen. Die ahrer sind hohen Belastungen ausgesetzt. Sie unterlie- en nicht den Lenk- und Ruhezeiten und brauchen weder ine Wochenend- noch eine Fahrgenehmigung für Feier- age. Bei den schweren Lkw werden höchstens 4 Prozent ller Verstöße gegen Straßenverkehrsregelungen aufge- pürt. 213 000 Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten. as ist zu viel. Verstöße gegen Ladungsvorschriften und berhöhte Geschwindigkeiten kommen hinzu. So fuhren 7 Prozent der LKW, die 2003 auf der Landstraße kon- rolliert wurden, zu schnell. Wir brauchen mehr Kontrol- en und härtere Strafen, die die Kostenersparnisse, die urch illegales Verhalten entstehen, abschöpfen. Die ahrzeughalter sind als Auftraggeber mehr in die Pflicht u nehmen. Regelverstöße dürfen sich auch hier nicht ohnen. Im Vergleich zu anderen Verkehrsunfällen enden nfälle mit Lkw-Beteiligung doppelt so oft tödlich. Das st vermeidbar. 16 Prozent der Unfälle gehen auf Alkoholkonsum zu- ück, so der Bericht. Auch hier könnte die Bundesregie- ung mehr von jungen und alten Bürgerinnen und Bür- ern gleichermaßen fordern. Ein anderes Thema ist die Mobiltätserziehung: Die obilitätserziehung muss sich künftig bundesweit und ystematisch der kindgerechten Vermittlung der Ver- ehrswelten auf allen Ebenen und für alle Altersstufen b dem Kleinkindalter widmen. Es ist vor allem zu erler- en, welches Sozialverhalten richtig ist, wenn man sich m Verkehr bewegt. Ebenso wichtig ist die Sensibilisie- ung für die Folgen von Drogen- und Alkoholkonsum. arüber hinaus sind die Auswirkungen der unterschied- ichen Verkehrsträger auf Siedlungen und Umwelt zu ermitteln. Die richtige Verkehrsmittelwahl ist erlernbar. Nicht unsere Kinder sind dem Verkehr anzupassen, ondern der Verkehr unseren Kindern. Das heißt: Wir üssen uns endlich von der autogerechten Stadt verab- chieden. Auch die Fahrschulausbildung bedarf einer grundle- enden Erweiterung. Die klassischen Säulen der Fahr- chulausbildung: die Vermittlung von Verkehrsregeln, er Erwerb der Fahrzeugbeherrschung und das Erlernen ebensrettender Maßnahmen müssen künftig ergänzt erden. Die Fahrausbildung muss berücksichtigen, dass unge Fahrerinnen und Fahrer während der Anfangs- hase mehr Begleitung und einen langsameren Erfah- ungsaufbau benötigen. Dabei steht die Sensibilisierung ür das Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer im ittelpunkt. Dazu ist es notwendig, dass die Ausbildung er Fahrlehrer mehr psychologische und pädagogische enntnisse vermittelt. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5317 (A) ) (B) ) Unsere Strategie setzt nicht nur auf technische Fahr- zeugverbesserungen, sondern verfolgt umfassende Änderungen am gesamten Verkehrssystem, ohne die Mobilität einzuschränken. Hochgezüchtete Motorenleis- tungen sind hier der falsche Weg. Sie schaden der Um- welt und der Verkehrssicherheit. Null Verkehrstote und Null Schwerverletzte lassen sich nur erreichen, wenn sich Verkehrssicherheit nicht auf die Perspektive der Windschutzscheibe beschränkt. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Aufbewahrungsfrist der Lohnunterlagen von DDR-Betrieben bis 31. Dezember 2012 verlängern (Tagesordnungs- punkt 20) Maria Michalk (CDU/CSU): Erinnern wir uns: In der ehemaligen DDR waren Lohnunterlagen bis zu zwei Jahren nach Eintritt in das Rentenalter des Versicherten aufzubewahren. Diese Regelung bestand unabhängig von der Verpflichtung des jeweiligen Arbeitgebers, den Verdienst im grünen SV-Ausweis einzutragen, und zwar bis zur Bemessungsgrenze. Das wurde bis Ende 1991 so vollzogen. Seit dem 1. Januar 1992 ist die Rentenversi- cherung zur Speicherung der Daten und zur Kontenklä- rung verpflichtet. Dazu werden unter anderem die per- sönlichen Arbeitsverdienste bis zur tatsächlichen Höhe benötigt, und das für alle Versicherte. Das ist eine im- mense Aufgabe. Bei der Diskussion um das Rentenüberleitungsgesetz in der 12. Legislaturperiode sind wir davon ausgegan- gen, dass diese Arbeit nach 15 Jahren erfüllt sein wird. Diese Frist endet am 31. Dezember 2006. Ich möchte darauf verweisen, dass neben der Schaf- fung der personellen und technischen Voraussetzungen bei der Rentenversicherung und den informellen und or- ganisatorischen Herausforderungen insgesamt auch eine Mitwirkungsbereitschaft der Versicherten unbedingt vor- handen sein muss. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich schon im Frühjahr dieses Jahres mit dem derzeitigen Stand der Kontenklärung befasst. Damit keine Nachteile bei der Berechnung des persönlichen Rentenanspruches entste- hen und eventuelle Streitigkeiten vermieden werden können, muss eine ausreichende Möglichkeit der Kon- tenklärung bestehen. Jedoch wissen wir, dass dem Bund für das Vorhalten der Lohnunterlagen Kosten von jähr- lich etwa 2,5 Millionen Euro entstehen. Das Erstellen der Verdienstbescheinigungen ist für die Versicherten kostenfrei. Für Betriebe, die ein Insol- venzverfahren eröffnet haben, gelten besondere Rege- lungen. Aktuell haben wir in Ostdeutschland 1,3 Millionen Versicherte der Jahrgänge 1977 und älter mit lückenhaf- ten Versicherungskonten. In den meisten Fällen sind die Beschäftigungsnachweise nicht beigebracht worden, ob- w d f S w s a n L N n S t d s n j K w r C g d w e t d g l f s d v t B d s b n M k ß n g J D w z D (C (D ohl in der jährlich versandten Renteninformation auf ie Notwendigkeit der Kontenklärung und die auslau- ende Frist hingewiesen worden ist. Dies ist aus meiner icht durchaus ein Indiz dafür, dass wir eine höhere Mit- irkungsbereitschaft der Versicherten einfordern müs- en. Diesen Appell will ich von dieser Stelle aus durch- us senden. Wer die fehlenden Beschäftigungsnachweise nicht achliefert, büßt später Rente ein. Die Unterlagen über öhne und Arbeitszeiten, die in den Betrieben, ihren achfolgefirmen oder in Archivzentren liegen, müssen ach der derzeitigen Gesetzeslage gemäß § 28 f. Abs. 5 GB IV nur noch bis zum 31. Dezember 2006 vorgehal- en werden. Nachweise der Versicherten, die inzwischen von Ost- eutschland nach Westdeutschland umgezogen sind, ind bei den bisher genannten Zahlen der offenen Fälle och gar nicht berücksichtigt. Es ist in jedem Fall also edem dringend zu empfehlen, endlich die persönliche ontenklärung in Angriff zu nehmen. Trotz unserer Erwartung, dass dieser Prozess forciert ird, ist es unrealistisch anzunehmen, dass alles bis Jah- esende abgearbeitet sein kann. Von daher hat sich die DU/CSU-Bundestagsfraktion frühzeitig für die Verlän- erung der Frist ausgesprochen. Wir haben entschieden, ies gesetzestechnisch als Artikelgesetz im Gesetzesent- urf mit der Bundestagsdrucksache 16/1936 – Entwurf ines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsren- engesetzes – anzubinden. Das gibt uns die Möglichkeit, iesen Punkt gegebenenfalls im Rahmen der im Oktober eplanten Anhörung noch genauer zu beleuchten. Deshalb ist der Antrag der Linken überflüssig. Wir ehnen ihn ab. Klar ist unser politischer Wille, die Aufbewahrungs- rist bis zum 31. Dezember 2012 zu verlängern. Das chafft Klarheit, Rechtssicherheit und die Möglichkeit er ordnungsgemäßen Bearbeitung durch den Renten- ersicherungsträger, verstärkt aber auch unsere Erwar- ung auf die konsequente Mitwirkung der betroffenen ürgerinnen und Bürger. Es geht also nicht, die Sache em Selbstlauf zu überlassen. Das Recht auf seine tat- ächlichen Rentenansprüche schließt die Pflicht der Bei- ringung aller notwendigen Unterlagen ein. Um das Thema Alterssicherung kann man sich gar icht früh genug kümmern. An dieser Stelle danke ich allen Mitarbeiterinnen und itarbeitern in den Dienststellen, die sich Tag für Tag ompetent und geduldig um die Umsetzung dieser gro- en Aufgabe bemühen. Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD): Wer am vergange- en Wochenende in den neuen Ländern die Zeitungen elesen hat, dem wird Folgendes aufgefallen sein: Die ournalisten haben darauf hingewiesen, dass ehemalige DR-Bürger dringend ihre Rentenkonten klären sollten, eil die Aufbewahrungsfrist der DDR-Lohnunterlagen um 31. Dezember 2006 ausläuft. Auf Hinweis der eutschen Rentenversicherung Bund – so zum Beispiel 5318 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) die „Berliner Zeitung“ vom 23./24. September – solle man sein Rentenkonto schnellstmöglich klären. Der An- trag der Fraktion Die Linke beabsichtigt nun, dass die Aufbewahrungsfrist der DDR-Lohnunterlagen bis Ende 2012 verlängert wird. § 28 f Abs. 5 SGB IV regelt die Aufbewahrungsfrist für Lohnunterlagen in den neuen Bundesländern aus der Zeit vor dem 31. Dezember 1991. Die Frist läuft nach jetziger Rechtslage zum 31. Dezember 2006 aus. Wir haben uns dieser Problematik längst angenommen; denn wir wissen, dass viele DDR-Bürger ihr Rentenkonto noch nicht geklärt haben. Rund l,5 Millionen Versicherte der Jahrgänge 1943 bis 1974 aus den neuen Bundeslän- dern haben die für die Rentenberechnung notwendigen Unterlagen aus der Zeit vor 1990 noch nicht beim Renten- versicherungsträger eingereicht. Die Frist wird nun bis zum 31. Dezember 2011 verlängert, um den Zugriff auf diese Lohnunterlagen bis zur endgültigen Übernahme in die Rentenkonten zu sichern. Die Verlängerung bis 2011 ist nun in Art. 3 des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes enthalten. Wir kommen damit den berechtigten Interessen der Betroffe- nen entgegen. Heinz-Peter Haustein (FDP): Wir reden hier heute über ein so banales Thema wie eine Fristverlängerung. Doch worum geht es? Die Unterlagen und Dokumente über Löhne und Arbeitszeiten in Betrieben in der ehema- ligen DDR müssen von den Unternehmen und ihren Nachfolgeunternehmen bzw. den damit beauftragten Ar- chiv- und Dokumentationszentren laut der derzeitigen Gesetzeslage nur noch bis zum 31. Dezember 2006 auf- bewahrt werden. In der Regel gehen die jährlichen Ent- gelte aus DDR-Zeiten zwar aus den Einträgen in den grünen Sozialversicherungsnachweisen hervor. Dennoch sollte aber jeder überprüfen lassen, ob alle für die spätere Gewährung der Rente notwendigen Angaben und Unter- lagen der Rentenversicherung auch wirklich vorliegen. Experten sprechen dabei von einer Kontenklärung. Wird bei der Kontenklärung festgestellt, dass Angaben oder Belege fehlen, so können mit der nun auslaufenden Frist unter Umständen Dokumente ab 2007 nicht mehr be- schafft werden. Dem Betroffenen bleibt in dem Fall nur noch die Möglichkeit der so genannten Glaubhaftma- chung mit Hilfe eidesstattlicher Erklärungen oder beige- brachter Zeugen gemäß § 268 b SGB IV. Jedoch werden laut § 256 b (1) SGB VI bei einer glaubhaft gemachten Beitragszahlung lediglich fünf Sechstel des Durch- schnittsverdienstes der Beschäftigten im Beitrittsgebiet berücksichtigt, die in dem betreffenden Wirtschaftsge- biet mit derselben Qualifikation des Versicherten tätig waren. Dass das bei einer möglicherweise ohnehin schon kleinen Rente schmerzhafte Einbußen bei der Rente nach sich ziehen kann, muss ich nicht betonen. Die Rentenversicherungsträger bemühen sich seit fast 15 Jahren darum, ehemalige DDR-Bürger zur Beantra- gung einer Kontenklärung zu bewegen. Doch von den 7,4 Millionen Menschen der Jahrgänge 1943 bis 1977, die in den neuen Bundesländern leben, schon in der DDR gearbeitet haben, sich aber zurzeit noch nicht im Ruhestand befinden, haben noch immer 20 Prozent ihr R ü d r D I d d M k w t k d l k i t g t n h e d k E d h j k l w n b g u g A d m n b B e d P J r d d a k d z m l (C (D entenkonto nicht überprüfen lassen. Wir reden also ber eine Zahl von 1,4 Millionen Versicherten, die durch as Fristende betroffen sind. Nach Vermutungen des Sozialverbandes Volkssolida- ität liegt die Dunkelziffer sogar noch höher, denn die eutsche Rentenversicherung habe diejenigen Fälle in hren Zahlen nicht berücksichtigt, die seit der Wende in ie alten Bundesländer umgezogen sind. Das waren in en Jahren 1991 bis 2004 insgesamt 2,54 Millionen enschen. Wenn von denen ebenso 20 Prozent noch eine Kontenklärung vorgenommen haben, dann reden ir über weitere 500 000 Fälle, also 1,8 Millionen Be- roffene. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf eine leine Anfrage aus dem August 2006 geäußert – Bun- estagsdrucksache 16/2385 –, es sei vorrangig eine Ob- iegenheit der Betroffenen selbst, sich um eine Konten- lärung zu bemühen und die ordnungsgemäße Erfassung hrer Beschäftigungszeiten in den Unterlagen der Ren- enversicherung sicherzustellen. Diese Sichtweise wird rundsätzlich von uns als derjenigen liberalen Partei ge- eilt, die stets auf die Eigenverantwortung der Bürgerin- en und Bürger setzt. Doch so einfach darf sich der Staat ier nicht aus der Verantwortung stehlen. Der Staat muss ine Antwort finden auf die Frage, warum bisher trotz es stetig wiederholten Aufrufs zur Klärung der Renten- onten die Menschen dem nicht nachgekommen sind. ntsprechend dieser Antwort wäre dann auch zu han- eln. Aber offensichtlich hat es die Bundesregierung bis- er versäumt, sich dieser Aufgabe zu widmen, so dass etzt aufgrund der Ende Dezember verstreichenden Frist eine Zeit mehr bleibt, um sich dieser Aufgabe zu stel- en, und es zunächst nur darum gehen kann, die Aufbe- ahrungsfrist zu verlängern, um Schaden von den Rent- erinnen und Rentnern abzuwenden. Es geht also bei diesem Antrag nicht nur um eine loße Fristverlängerung im Sinne einer Formalie. Es eht auch um die Frage, welche Aufgaben der Staat hat nd welche nicht, welche Verantwortung die Bundesre- ierung trägt und welche die Bürgerinnen und Bürger. In nbetracht der Dringlichkeit dieser Angelegenheit liegt ie Vermutung nahe, dass sich das zuständige Bundes- inisterium bisher der Problematik der Kontenklärung icht bewusst war, sonst wäre die Verlängerung der Auf- ewahrungsfristen heute keine Thema für den Deutschen undestag und die Konten wären geklärt. Selbstverständlich wird meine Fraktion das Anliegen iner Fristverlängerung unterstützen, denn es muss in er augenblicklichen Situation die Verantwortung des arlaments sein, eine Kontenklärung auch nach dem ahr 2006 sicherzustellen. Aber ich möchte der Bundes- egierung hier ausdrücklich ins Stammbuch schreiben, ass sie sich der Problematik stellen muss und nicht wie- er Jahre verstreichen lassen kann, ohne sich der Sache ngenommen zu haben. Obwohl ich nachvollziehen ann, dass die große Koalition angesichts des Desasters, ass sie mit der Gesundheitsreform und anderem fabri- iert, größere Sorgen hat als eine Fristverlängerung, öchte ich betonen: Herr Minister Müntefering, das Par- ament wird sie retten und die Aufbewahrungsfristen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5319 (A) ) (B) ) verlängern. Jetzt sind Sie gefordert, das Problem zu be- heben! Kersten Naumann (DIE LINKE): Wenn ein politi- sches System ein anderes mit ganz anderen rechtlichen Grundlagen übernimmt, kann auch nach 15 Jahren Wie- dervereinigung nicht alles im juristischen Sinne geklärt sein. So auch in der Frage der Übernahme der Lohnun- terlagen ehemaliger DDR-Bürger in das Rentenkonten- system der BRD. Auf Initiative der Fraktion Die Linke wurde zunächst in einer Kleinen Anfrage und weiterhin in einem Antrag ein gravierendes Problem aufgegriffen. Unterlagen über Löhne und Arbeitszeiten in den früheren DDR-Betrieben müssen von den Unternehmen oder ihren Nachfolgern sowie den Archiv- und Dokumentationszentren nur noch bis Ende dieses Jahres aufbewahrt werden. Die Rege- lung ist nach § 28f Abs. 5 SGB IV bis zum 31. Dezem- ber 2006 befristet. Davon betroffen sind nach Aussagen der Deutschen Rentenversicherung nach dem derzeitigen Stand der Kontenklärung immerhin noch 1,3 Millionen Versicherte der Jahrgänge 1977 und älter in den neuen Bundeslän- dern, deren Rentenkonten noch ungeklärt sind. Dabei sind die ungeklärten Konten der 2,54 Millionen Versi- cherten, die im Zeitraum zwischen 1991 und 2004 in die alten Länder verzogen sind, noch nicht einmal berück- sichtigt. Die Deutsche Rentenversicherung ist schlicht- weg überfordert. Laut Geschäftsbericht der DRV können jährlich circa eine halbe Million Renten für das gesamte Bundesgebiet erstmalig festgestellt werden. Hinzu kom- men mehrere Zigtausende zu erledigende Widersprüche, Klagen, Berufungen, Nichtzulassungsbeschwerden und Revisionen. Die Klärung der Rentenkonten ist jedoch eine wich- tige Voraussetzung, um Rentenansprüche zu sichern. Die Lohn- und Gehaltsunterlagen dienen als Nachweis über geleistete Arbeitszeiten und die Höhe der erhaltenen Ar- beitsentgelte für die Bürgerinnen und Bürger der ehema- ligen DDR. Sie sind Grundlage zur Feststellung der Höhe rentenrechtlicher Ansprüche. Viele ehemalige Bürgerinnen und Bürger der DDR haben ihre Renten- konten jedoch noch nicht klären lassen. Mit dem Auslau- fen der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht am 31. De- zember 2006 besteht die Gefahr, dass ihnen wichtige Nachweis- und Beweismittel nicht mehr zur Verfügung stehen. Nach Vernichtung der Akten kann eine Klärung der Rentenkonten lediglich auf dem Wege der Glaub- haftmachung erfolgen. Außerdem sind die Unterlagen in Zusammenhang mit der Klärung von Streitigkeiten über die Modalitäten der Rentenüberleitung im Zuge der Ver- einigung von Bedeutung und werden für diese Zwecke benötigt, solange diesbezüglich noch Fragen offen sind. Eine Verlängerung der Aufbewahrungsfrist der Lohnun- terlagen von DDR-Betrieben ist somit dringend erforder- lich, um auch in Zukunft eine Klärung der Rentenkonten und eine juristische Überprüfung der Erwerbsgeschichte ehemaliger DDR-Bürger zu ermöglichen. In einem Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Betriebsrenten- g v L R d a d d e e m t w D i r g K g c t s g s k N A b P b g A m J b K A R d c m g z is D v A d e s h s g t b R (C (D esetzes soll diese Frist nun bis zum 31. Dezember 2011 erlängert werden, um weiterhin den Zugriff auf diese ohnunterlagen bis zur endgültigen Übernahme in die entenkonten zu sichern. Wir begrüßen ausdrücklich, ass die Bundesregierung so plötzlich und so schnell re- giert hat. Nicht zuletzt gibt die Regierung damit zu, ass es nicht nur – ich zitiere aus der Antwort der Bun- esregierung auf unsere Kleine Anfrage – „vorrangig ine Obliegenheit der Betroffenen selbst“ ist, sich um ine Kontenklärung zu bemühen und die ordnungsge- äße Erfassung ihrer Beschäftigungszeiten in den Un- erlagen der Rentenversicherung sicherzustellen. Es ist auch die Pflicht der Rentenversicherung, Hin- eise und Aufforderungen zur Kontenklärung zu geben. ie Verantwortung an die Betroffenen abzugeben und hnen vorzuwerfen, sie hätten bisher auf die Aufforde- ungen der Rentenversicherung nur sehr zögerlich oder ar nicht reagiert, ist herabwürdigend und läuft auf eine ollektivbestrafung ostdeutscher Bürgerinnen und Bür- er hinaus. Anhängige Gerichtsverfahren, eingelegte Widersprü- he und Eingaben bei der BfA sowie Tausende von Peti- ionsbegehren sind noch offen. Sollte eine positive Ent- cheidung möglicherweise im nächsten Jahr oder später efällt werden, haben die Betroffenen das Nachsehen, da ie die erforderlichen Unterlagen nicht mehr beibringen önnen. Arbeitsnachweise und Lohnzettel, die in DDR- achfolgeunternehmen lagern, werden von diesen ohne nforderung der BfA nicht an Betroffene herausgege- en. Die Unternehmen sehen sich auch nicht in der flicht, die alten Unterlagen nach 2006 weiter aufzuhe- en. Für diese und die jeweils in den Landesbehörden la- ernden Lohnunterlagen ließ die Bundesregierung in der ntwort auf unsere Kleine Anfrage völlig offen, was da- it nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist bis Ende des ahres geschehen soll. Ich empfinde es fast schon als zynisch, wenn die Auf- ewahrungsfristverlängerung im Änderungsantrag der oalitionsfraktionen zum Betriebsrentengesetz nun mit nfragen der neuen Bundesländer und der Deutschen entenversicherung begründet wird. Sicherlich kennen ie neuen Bundesländer das Problem und haben entspre- hend reagiert. Die Deutsche Rentenversicherung öchte das Problem eher gelöst sehen, als Lohnunterla- en hinterherzurennen. Aber unseren Antrag damit ab- ubügeln, zeigt wie „demokratisch“ das ganze System t. Wenn Beschäftigungszeiten auf dem Rentenkonto der eutschen Rentenversicherung noch nicht oder nicht ollständig erfasst sind, können sich nach Ablauf der ufbewahrungsfrist Nachweisprobleme ergeben. Sofern iese Nachweise über Beschäftigungszeiten fehlen und in Rückgriff auf die Lohnunterlagen zukünftig ausge- chlossen wäre, besteht zwar die Möglichkeit der Glaub- aftmachung der Beitragszahlung nach dem Sozialge- etzbuch. Aber die nach Ansicht der Bundesregierung so enannte Möglichkeit der Glaubhaftmachung der Bei- ragszahlungen nach § 280 b Sozialgesetzbuch VI ist für ereits ohnehin durch den Gesetzgeber benachteiligte entner und Rentnerinnen sowie zukünftige Rentnerin- 5320 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) nen und Rentner aus dem Osten sehr unbefriedigend. Wenn ein Nachweis über Beschäftigungszeiten und Ein- kommen im Wege der Glaubhaftmachung gelingt, wird trotzdem ein Sechstel der erworbenen Rentenansprüche nicht anerkannt und geht damit verloren. Aus Sicht der zunehmend unterbrochenen Versicherungsbiografien ist das sozial unverträglich. Die Glaubhaftmachung ist da- her kein adäquater Ersatz für einen auf der Grundlage von Lohn- und Gehaltsunterlagen zu erbringenden Nachweis. In der DDR wurden Beschäftigungsverhältnisse in den grünen Sozialversicherungsausweis eingetragen. Fehlt dieses Dokument oder fehlen Eintragungen des je- weiligen Betriebes, muss beim ehemaligen Arbeitgeber nachgefragt werden. Existiert das Unternehmen nicht mehr, helfen die Rentenversicherungsträger und die Rentenberater weiter. Unterlagen aus abgewickelten Treuhandfirmen werden oft in den von den Ländern be- auftragten Archiv-und Dokumentationszentren, den so genannten DISOS-Archiven, aufbewahrt. Die Beschäftigungszeiten und Arbeitsentgelte für die Rentenversicherung wurden in Ostdeutschland erst seit Januar 1992 maschinell erfasst. Es geht daher um die weitere Aufbewahrung der Unterlagen über Löhne und Arbeitszeiten der Geburtsjahrgänge 1940 bis 1977. Das heißt, von der nunmehr durch den Gesetzgeber zu tref- fenden Entscheidung sind Menschen betroffen, die heute noch nicht mal 30 Jahre alt sind, also Versicherte, die in erst über 30 Jahren ihre Rente beantragen. Ich denke, die weitere Aufbewahrung der Unterlagen und damit der Er- halt der Nachweismöglichkeiten für die Versicherten ist nicht nur im Interesse der Versicherten, sondern auch im Interesse des Staates. Den Betroffenen diese Nachweis- möglichkeiten zu nehmen, würde in der Zukunft Ausei- nandersetzungen, Widersprüche und Klagen über die Höhe von erworbenen Rentenansprüchen nach sich zie- hen und den Aufwand für die Rentenversicherungsträger erhöhen. Mit ihrer Initiative hat die Fraktion Die Linke einen Stein ins Rollen gebracht, den nun die Bundesregierung auffangen und aus dem sie ihrerseits die richtigen politi- schen Schlussfolgerungen ziehen muss. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Fraktion Die Linke fordert mit diesem Antrag die Ver- längerung der Aufbewahrungsfrist von DDR-Lohnunter- lagen bis zum 31. Dezember 2012. Bislang wurde eine Aufbewahrungsfrist bis Ende 2006 eingeräumt. Nach Meinung der Linken reicht diese Zeit aber nicht aus, um die 1,3 Millionen noch immer ungeklärten Versiche- rungskonten zu klären. Wir verstehen die Besorgnis der Linken, dass eine Klärung der Rentenkonten nach Ver- nichtung der Lohnunterlagen mit finanziellen Verlusten der Versicherten verbunden ist. Da die Gründe für eine bislang nicht erfolgte Kontenklärung vielfältig sind, hal- ten auch Bündnis 90/Die Grünen ein Fristende im De- zember dieses Jahres für eine unzumutbare Schlechter- stellung. Wir begrüßen es daher sehr, dass die Bundesregierung nun auf Intervention der Rentenversi- cherungsträger und einiger Abgeordneter aus den neuen B m w L A s z n g s R s B a t r c S g D s d D 2 2 F R R g A n b o t R d d A t w p u S m B s f (C (D undesländern einen Änderungsantrag vorgelegt hat, it dem die Frist bis zum 31. Dezember 2011 verlängert erden soll. Der hier debattierte Antrag der Fraktion die inken ist daher aus unserer Sicht hinfällig geworden. nlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Jahressteuer- gesetzes 2007 (JSTG 2007) (Tagesordnungs- punkt 21) Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Eine Vielzahl teuerrechtlicher Maßnahmen konnte aufgrund des vor- eitigen Endes der 15. Legislaturperiode im letzten Jahr icht mehr verwirklicht werden. Mit dem Jahressteuer- esetz 2007 wird uns nun ein so genanntes Omnibusge- etz mit 231 Änderungen vorgelegt, das zahlreiche egelungen aus nahezu sämtlichen zentralen Steuerge- etzen enthält. Herauszuheben sind die positiven Veränderungen im ereich der Altersvorsorge. Eine Forderung der Union us dem Jahr 2004, damals diskutiert im Rahmen des Al- erseinkünftegesetzes, wird erfüllt. Es geht um die Basis- ente oder Rürup-Rente. Diese musste bisher über Versi- herungsverträge gestaltet werden. Jetzt können auch parpläne mit Banken oder Investmentgesellschaften ab- eschlossen werden, entsprechend den Riester-Verträgen. amit wird eine größere Wahlfreiheit in der Altersvor- orge erreicht. Wir schaffen einen größeren Wettbewerb er Anbieter und stärken insgesamt den Finanzmarkt in eutschland. Darüber hinaus wird durch das Jahressteuergesetz 007 ein grober Fehler des Alterseinkünftegesetzes von 004 beseitigt. Bisher stellt sich für Selbstständige und reiberufler stets die Frage, ob sich eine Basisrente oder ürup-Rente überhaupt lohnt. In einem komplizierten echenverfahren muss erstens geprüft werden, was ab- esetzt werden kann, und zweitens, ob der steuerliche bzug für Versicherungen und Vorsorge nach altem oder euem Recht für den Versicherten günstiger ist. Wer also ereits größere Ausgaben für Lebensversicherungen der Krankenversicherungen bzw. Krankenkassenbei- räge hat, der stellt fest, dass die Beiträge zur Rürup- ente nur zum Teil abzugsfähig sind. Die Folge war, ass in Deutschland in 2005 nur 148 000 Verträge für iese Form der Altersvorsorge abgeschlossen wurden. ngesichts von 90 Millionen Lebensversicherungsver- rägen ist das eine verschwindend kleine Anzahl. Diese Prüfung – die so genannte Günstigerprüfung – ird jetzt abgeschafft. Jetzt können bis zu 20 000 Euro ro Person jährlich für die Altersvorsorge aufgewendet nd im Jahr 2006 mit 62 Prozent nach der festgelegten taffelung steuermindernd geltend gemacht werden. So- it gelingt auch die Umstellung auf die nachgelagerte esteuerung, dem Kernelement des Alterseinkünftege- etzes. Herauszuheben ist die volle Wirkung, die bereits ür das Jahr 2006 zugunsten des Versicherten eintritt. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5321 (A) ) (B) ) Ganz anders wird in dem Gesetzentwurf mit dem Thema der Verlustverrechnung umgegangen. Rückwir- kend auf den 1. Januar 2006, also auf den Veranlagungs- zeitraum 2006, soll die Beschränkung der Verlustver- rechnung des § 15 b EStG auf sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgedehnt werden. Durchaus ver- ständlich sollen Modelle, die nur aus Steuerspargründen konstruiert wurden, „geknackt“ werden. Denn es geht um eine Steuerstundung von 700 Millionen Euro. Die folgende grundsätzliche Frage muss hier gestellt werden: Kann der Steuerpflichtige den geltenden Gesetzen ver- trauen? Das Bundesverfassungsgericht hat die echte Rückwir- kung für grundsätzlich unzulässig erklärt. Der Steuer- pflichtige steht nun vor der Frage: Was gilt eigentlich? Gilt die Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetz- blatt, der Bundestagsbeschluss, der Kabinettsbeschluss, der Referentenentwurf, die Ankündigung eines Referen- tenentwurfes oder die Vermutung einer Ankündigung ei- nes Referentenentwurfes? Durch die Kompliziertheit des deutschen Steuerrechts werden immer wieder neue Gestaltungsmöglichkeiten erlaubt. Die Literatur hierzu ist unendlich. Wir sollten deshalb neue Wege gehen, um unerwünschte Steuerge- staltungen zu vermeiden. In vielen Ländern müssen mo- dellhafte Gestaltungen genehmigt werden. So kann Rechtssicherheit geschaffen werden. Die vorliegende Rückwirkung stößt allerdings auf schwerwiegende ver- fassungsrechtliche Bedenken. Ein anderer für die Praxis schwerwiegender Punkt ist die beabsichtigte Prüfung von Jahressteuerbescheini- gungen unmittelbar bei Bankinstituten. Diese Beschei- nigungen sind eine Ausfüllhilfe der Bank für die Jahres- erklärung des Steuerpflichtigen. Es gibt keine Rechtsgrundlage für die Finanzbehörden, diese Jahres- bescheinigung von den Steuerpflichtigen zu verlangen. Unabhängig von § 30 der Abgabenordnung hinsichtlich des steuerlichen Bankgeheimnisses erübrigt sich diese gewünschte Prüfung bei Verwirklichung der geplanten Abgeltungssteuer. Es ist unmöglich, hier auf alle wesentlichen steuer- rechtlichen Bestandteile des Jahressteuergesetzes 2007 einzugehen. Die bevorstehende Anhörung mit 40 Exper- ten wird uns eine tiefer gehende Beratung von Einzelas- pekten erlauben. Einige politisch möglicherweise streiti- gen Punkte möchte ich aber schon jetzt ansprechen. Ob der ermäßigte Mehrwertsteuersatz bei Leistungen eines Zweckbetriebes gemeinnütziger Organisationen eingeschränkt werden soll, muss genauestens untersucht werden. Es ist wichtig, eine saubere Abgrenzung zu fin- den zwischen steuerbegünstigten Leistungen, mit denen ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtä- tige und kirchliche Zwecke verfolgt werden, und solchen Leistungen, die auch andere, nicht steuerbegünstigte Un- ternehmer ausführen können, ohne dafür die Steuerermä- ßigung in Anspruch nehmen zu können. Bei der betrieblichen Altersversorgung wird geklärt werden müssen, wie bestimmte einmalige Arbeitgeber- zahlungen an betriebliche Versorgungssysteme erfasst w A m R f v k a t w B b A b S g s g m G e g a D s d d o s b A g h v n z c m r b W f z P n s h v (C (D erden sollen. Es stellt sich die Frage, ob Ausgaben des rbeitgebers, die nicht zu Einnahmen des Arbeitneh- ers führen, dennoch steuerlich als vermögenswertes echt zu versteuern sind, obwohl kein unmittelbarer Zu- luss erfolgt. Kritisch zu sehen ist, dass die Zuordnung on Sonderzahlungen zu den einzelnen Mitarbeitern aum möglich ist und die betriebliche Altersversorgung us einer Leistungszusage und eben nicht aus einer Bei- ragszusage besteht. Für die Akzeptanz der betrieblichen Altersversorgung ird auch der Verwaltungsaufwand für die Betriebe von edeutung sein. Überzogene Aufzeichnungs- und Auf- ewahrungspflichten, mit denen über Jahrzehnte die ufbewahrung von Unterlagen ausgeschiedener Mitar- eiter verlangt werden, müssen vermieden werden. Schließlich wird der Wunsch der Bundesregierung, teuerforderungen im Insolvenzverfahren vorrangig ge- enüber allen anderen privaten Gläubigern zu berück- ichtigen, auf Widerspruch stoßen. Durch den 159-seitigen Gesetzentwurf der Bundesre- ierung wird uns ausreichend Gelegenheit gegeben, uns it den Details im deutschen Steuerrecht, aber auch mit rundsatzpositionen auseinander zu setzen. Gabriele Frechen (SPD): Der vorliegende Gesetz- ntwurf zum Jahressteuergesetz 2007 der Bundesregierung reift in 19 Artikeln auf 159 Seiten Gesetzesänderungen uf, die überwiegend klarstellend oder redaktionell sind. iese Punkte müssen wir uns genau ansehen, ob sie tat- ächlich keine materiellen Auswirkungen haben. Außer- em werden Änderungen und Anpassungen vorgelegt, ie aufgrund der BFH-Rechtsprechung, des EU-Rechts der des Rechnungsprüfungsausschusses umzusetzen ind. Zu den materiellen Änderungen gehören Änderungen ei der Basis- oder Rürup-Rente und der betrieblichen ltersvorsorge und die Fortsetzung unserer Bemühun- en, Steuerstundungsmodelle einzuschränken. Unter echten redaktionellen Änderungen ist beispiel- aft die Ersetzung des praktisch aus dem Sprachgebrauch erschwundenen Begriffs „Kraftdroschken“ durch den eueren Begriff „Taxen“ zu verstehen. Oder die Erset- ung des Begriffs „vom Hundert“ durch „Prozent“. Sol- he Anpassungen sind sicherlich sinnvoll und unproble- atisch. Zu den materiellen Änderungen gehört die Verbesse- ung bei der Absetzbarkeit von Rentenversicherungs- eiträgen zur Basisrente. Wir folgen damit unserem eg, Menschen finanziell über das Steuerrecht zu hel- en, zusätzliche Vorsorge für ihr Alter zu treffen. Gleich- eitig wird der Kreis der Anbieter und der begünstigten rodukte erweitert. Ebenfalls wird mit diesem Gesetz der Einstieg in die achgelagerte Besteuerung für umlagefinanzierte Ver- orgungssysteme vollzogen. Damit wird die Gleichbe- andlung mit der kapitalgedeckten betrieblichen Alters- orsorge erreicht. 5322 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Steuervermeidungsstrategien wird auch mit diesem Gesetz entgegengewirkt. So wird durch die Einführung einer Regelung für die Abwicklung von bestimmten Ak- tiengeschäften, in der Regel Leerkäufen, verhindert, dass Kapitalertragsteuer bescheinigt wird, die nicht abgeführt wurde. Ein weiterer Punkt ist die Ausweitung der Verlustver- rechnungsbeschränkung auf Einkünfte aus Kapitalver- mögen. Wir haben als Gesetzgeber Ende 2005 unmissver- ständlich klar gemacht, dass wir es ernst meinen mit dem Schließen von Steuerschlupflöchern, indem wir die Ver- lustverrechnung aus Steuerstundungsmodellen spürbar eingeschränkt haben. Jedem, der nach diesem Zeitpunkt ein neues Modell gestrickt hat oder in ein solches inves- tiert hat, musste wissen, worauf er sich einlässt. Der vor- liegende Gesetzentwurf folgt diesem Weg konsequent, indem die Regelungen des § 15b EStG auf sämtliche Ka- pitaleinkünfte ausgeweitet werden. Eine Änderung im Umsatzsteuergesetz betrifft die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Zweckbetriebe. Das Gesetz stellt klar, dass für Leistun- gen eines Vereins, die nicht mehr der Förderung des Ver- einszwecks, sondern in erster Linie der Erzielung von Steuervorteilen dienen, der ermäßigte Steuersatz nicht zum Ansatz kommt. Die meisten Vereine sind von dieser Änderung nicht betroffen, da ihre Leistungen von der tatsächlichen Ausgestaltung und der Gesamtrichtung her dazu bestimmt sind, den begünstigten Zweck unmittel- bar zu fördern. Eine weitere Änderung betrifft die Abgabe der zusam- menfassenden Meldung. Der Schritt von der Quartals- zur monatlichen Abgabe erfolgt, um dem Umsatzsteuer- betrug entgegenzuwirken. Durch die zeitnahe Prüfung der Meldungen durch die Finanzbehörden wird die Mög- lichkeit zum Umsatzsteuerbetrug klar eingeschränkt. Ein Geschäft wird erst dann ein Geschäft, wenn man dem Finanzamt nachweisen kann, dass es kein Geschäft war, wird ein unbekannter Verfasser zitiert. Damit ma- chen wir Schluss und das zu Recht. Ich freue mich auf konstruktive Ausschussberatungen. Carl-Ludwig Thiele (FDP): 405 Vorschriften des Einkommensteuergesetzes sind seit Beginn der letzten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages geändert worden, etliche Regelungen sogar mehrfach. Das Körper- schaftsteuergesetz wurde in dieser Zeit 45-mal abgeändert, das Umsatzsteuergesetz nicht weniger als 122-mal. Dies ist das Ergebnis einer Anfrage der FDP-Fraktion an die Bundesregierung. Wie sollen die Steuerpflichtigen, ihre Berater und die Steuerbeamten dem noch folgen? Ein Steuerrecht, das der Bürger nicht mehr überschauen kann, ist in höchstem Maße ungerecht. Zu einer durchgreifenden Steuerreform mit einer Beseitigung der meisten Sondervorschriften und niedrigen Steuersätzen, so wie von der FDP-Fraktion in einem konkreten, bis ins Detail durchformulierten Ge- setzentwurf vorgeschlagen, hat die große Koalition keine Kraft gefunden. Zu den Akten gelegt sind die Vorschläge d d s u w k n H k l d d d m S n B u g w w l z d D h w u k g R 3 z e d s d D D t k a r k e g v m d K r n (C (D es Kollegen Friedrich Merz, zu den Akten gelegt sind ie Ideen von Professor Kirchhoff zu den Akten gelegt ind die Beschlüsse des Leipziger Parteitages der CDU nd das Wahlprogramm der Union für die Bundestags- ahl 2005. Hoffentlich ergibt sich zukünftig die Möglich- eit, wieder grundsätzlich mit einer Neuordnung und ei- er Systematisierung des Steuerrechtes Ernst zu machen. Diese Koalition hat dazu nicht die Kraft. Wenn mit errn Kollegen Pronold ein führender Vertreter der Lin- en innerhalb der SPD versuchen soll, sich mit den Kol- egen der Union zu einigen, so bedauere ich zum einen ie Kollegen der Union, vor allem aber bedauere ich, ass kein systematischer Ansatz im Steuerrecht gefun- en wird, sondern lediglich weitergewurstelt wird. Wir haben deshalb das eher bizarre Vergnügen, uns it einem Jahressteuergesetz 2007 zu befassen, das neun teuergesetze, sechs steuerliche Durchführungsverord- ungen, das Melderechtsrahmengesetz und die Erste undesmeldedatenübermittlungsverordnung – ein Wort- ngeheuer – ändert. 39-mal soll mit dem Jahressteuer- esetz 2007 allein das Einkommensteuergesetz geändert erden. Arme Steuerbürger, arme Finanzbeamte! Freuen erden sich aber die Steuerberater. Ich will überhaupt nicht bestreiten, dass es sich in vie- en Fällen – aber beileibe nicht in allen – um fachlich wingend erforderliche Steuerrechtsänderungen han- elt, wie in der Gesetzesbegründung argumentiert wird. er Punkt ist aber doch, dass diese Änderungen nur des- alb notwendig werden, weil ein heillos zerfasertes, ahnsinnig kompliziertes Steuerrecht fortgeführt wird nd kein Neuanfang erfolgt. Ich möchte einige Punkte aus dem Gesetzentwurf onkret erwähnen, denen die FDP äußerst kritisch ge- enübersteht: Die vorgeschlagene Vorverlegung des Termins für die entenbezugsmitteilungen an die „zentrale Stelle“ vom 1. Mai auf den 15. Februar ist von der Wirtschaft kaum u realisieren. Die Bundesregierung macht es sich zu infach, wenn sie in der Gesetzesbegründung feststellt, ass bis zum 31. Mai ein großer Teil der Einkommen- teuerveranlagungen bereits durchgeführt sei und dass ie Betriebe, Pensionskassen, Pensionsfonds usw. die aten deshalb eben gefälligst früher liefern müssten. er 15. Februar ist in der Praxis jedenfalls nicht zu hal- en. Die Ausdehnung der Verlustverrechnungsbeschrän- ung gemäß § 15 b EStG stößt wegen der Rückwirkung uf den Beginn des Jahres 2006 auf größte verfassungs- echtliche Bedenken. Eine solche Rückwirkung stellt eine planbare und verlässliche Finanzpolitik dar. Sie ist ine Fortführung einer ebenso willkürlichen Steuergesetz- ebung unter Rot-Grün. Lesen Sie dazu das Gutachten on Frau Prof. Johanna Hey, Lehrstuhl für Unterneh- ensteuerrecht an der Universität Düsseldorf. Lesen Sie azu das Gutachten unseres früheren hochgeschätzten ollegen Prof. Rupert Scholz, in der 14. Legislaturpe- iode Vorsitzender des Rechtsausschusses. Die geplante Einführung eines Prüfungsrechts der Fi- anzverwaltung bei den Kreditinstituten, das den Finanz- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5323 (A) ) (B) ) ämtern eine Prüfung der Jahresbescheinigung für Kapi- talerträge gemäß § 24 c EStG ermöglicht, ist nach unserer Auffassung gleichfalls unvertretbar. Als die Ver- pflichtung der Kreditinstitute zur Erstellung der Jahres- bescheinigung eingeführt wurde, wurde in der seinerzei- tigen Gesetzesbegründung dargelegt, dass es sich bei dieser Bescheinigung lediglich um eine Ausfüllhilfe für den Steuerpflichtigen handele. Dieser Plan macht deut- lich, dass hinter der von Rot-Grün eingeführten Jahres- bescheinigung von Anfang an mehr steckte als eine gut gemeinte Ausfüllhilfe für den Bankkunden. Mit dieser neuen Vorschrift soll ein weiterer Schritt zum „gläsernen Bürger“ getan werden. Sie ist abzulehnen, auch im Hin- blick auf die Pläne zur Einführung einer Abgeltungs- steuer. Eine echte Abgeltungssteuer macht nämlich die Jahresbescheinigung überflüssig. Gründlich geprüft werden müssen auch die geplanten Änderungen im Recht der Doppelbesteuerungsabkom- men. Die Spitzenverbände der Wirtschaft sehen hier Ver- stöße gegen die Mutter-Tochter-Richtlinie, gegen Doppel- besteuerungsabkommen und gegen Grundsätze des Völkerrechts. Auch aus diesen Gründen hat die FDP die Sach- verständigenanhörung mit beantragt. Ich hoffe, dass auch seitens der Koalition diese Anhörung nicht als eine Alibiveranstaltung genommen wird, sondern dass die Koalition in der Lage ist, sich mit den Bedenken und Anregungen der Sachverständigen im weiteren Gesetz- gebungsverfahren ebenso auseinander zu setzen, wie wir dieses seitens der FDP tun werden. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Jahreszeitlich genau platziert ist das Jahressteuergesetz 2007 mit einem herbstlich bunten Strauss von 17 Gesetzesänderungen. Es umfasst wichtige Neuregelungen zur Besteuerung privater Rentenversicherungen und reicht bis zu redak- tionellen Korrekturen im Umsatzsteuerrecht wie der des Begriffes der Kraftdroschke, angepasst und modernisiert durch den Begriff „Taxe“. In jedem Falle ist es so, dass es im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2007 eine große Bandbreite an Regelungs- und Klärungsbedarf gibt. Sie können davon ausgehen, dass wir als Opposition uns auf die entsprechende Anhörung freuen und dass wir auch gespannt darauf schauen, was wir an Ungereimtheiten noch entdecken werden. Wir möchten aber bereits im Rahmen der ersten Lesung auf einen wesentlichen Kri- tikpunkt eingehen. Mit Ihrem Gesetzentwurf beabsichtigen Sie unter an- derem eine Änderung der Abgabenordnung. Damit in- stallieren Sie eine Änderung des Insolvenzrechts mit er- heblichen Auswirkungen. Diese Änderung – so viel können wir schon jetzt feststellen – lehnt die Linke ab. Das seit 1999 gültige Insolvenzrecht, welches die Gleichbehandlung aller Gläubiger festschreibt, sichert in ihrer weiteren Existenz bedrohten Unternehmen ein Überleben und der Wirtschaft Arbeitsplätze. Das ist in der Praxis vielerorts bewiesen. Vor allem aus diesem Grund bewerten wir das jetzige Insolvenzrecht außeror- dentlich positiv. Auch im internationalen Maßstab findet dieses Insolvenzrecht durchaus Anerkennung. Seit nun- mehr sieben Jahren sind die Vorrechte des Fiskus abge- s l P s d k l w f w g g m a § s h F w e e d g h z n z z S d e j e b n E c l w f u m w g B d D (C (D chafft, um im Falle der Insolvenz eine Gleichbehand- ung aller Gläubiger zu erreichen. Nun wird versucht rivilegien quasi durch die Hintertür wieder festzu- chreiben. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf zur Anpassung es Rechts der Insolvenzanfechtung implementiert eine lare Begünstigung des Fiskus, die sich zum Nachteil al- er übrigen Insolvenzgläubiger auswirken wird. Das ird dazu führen, dass zukünftig weniger Insolvenzver- ahren eröffnet werden als bisher. Die Insolvenzmasse ird durch den Fiskus gegenüber anderen Gläubiger auf- ezehrt. Dies alles entspricht in keiner Weise der gesetz- eberischen Intention, die vor sieben Jahren die einst- als übliche Privilegierung der öffentlichen Hand bgeschafft hat. Wir lehnen daher eine Änderung des 14 der Insolvenzordnung ab. Wir lehnen auch die Ver- uche der Bundesregierung ab, diese Änderung klamm- eimlich – gegen das Votum der Rechtspolitiker aller raktionen – in die Abgabenordnung zu übernehmen, ie dies in den letzten Wochen geschehen ist. Denn ist s nicht nachgerade absurd, dass uns mit dem Argument iner angeblichen Ungleichbehandlung des Fiskus scha- enfroh die überkommene Konkursordnung wieder an- rinst. Ich kann an dieser Stelle nur davor warnen, das art erkämpfte Insolvenzrecht an einem zentralen Punkt u beschädigen. Angeblich, so der Entwurf der Änderung, seien Ein- ahmeausfälle von jährlich 177 Millionen Euro zu ver- eichnen. Diese Zahl lässt sich nicht belegen und gleich- eitig bleiben andere nachgewiesene Fakten außen vor. o gehen Fachverbände und Sachverständige davon aus, ass sich durch die Gesetzesänderung die Chancen auf ine Sanierung für 10 000 mittelständische Betriebe ährlich verschlechtern würden. Damit verbunden wäre in Verlust von 50 000 bis 100 000 Arbeitsplätzen. Das eträfe insbesondere Betriebe des Handwerks, die perso- alintensiv arbeiten. Das Insolvenzrecht ist für in ihrer xistenz bedrohte Unternehmen ein sanierungsfreundli- hes Angebot und somit wirtschafts- und standortfreund- ich. Mit einer faktischen Privilegierung des Fiskus ürde es ausgehöhlt und wäre ein fatales Zeichen gerade ür kleinere und mittelständische Unternehmen, die sich nter schwierigen Bedingungen am Markt behaupten üssen. In der 1999 beschlossenen Insolvenzordnung heißt es ie folgt: Das Insolvenzrecht ist für die Funktion der Markt- wirtschaft von grundlegender Bedeutung. Es geht um die rechtliche Ordnung des Marktaustritts oder des finanziellen Umbaus am Markt versagender Wirtschaftseinheiten. Das Insolvenzrecht ist ein zentraler Bestandteil des Wirtschaftsprivatrechts. Die Reform muss in besonderem Maße auf die Steuerungs- und Ordnungsfunktion des Rechts für die Abläufe und Strukturen der gesamten Wirt- schaft bedacht sein. Frau Staatssekretärin Dr. Hendriks bemerkte in der estrigen Sitzung des Finanzausschusses, dass auch das MF strittige juristische Fragen im Zusammenhang mit er angekündigten Änderung des Insolvenzrechts sieht. as macht uns Hoffnung auf Einsicht der Regierung ge- 5324 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) genüber schwerwiegenden Argumenten gegen eine Ge- setzesänderung. Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Jahressteuergesetz 2007 enthält eine Vielzahl sinn- voller Regelungen; wir Grünen sehen dieses Gesetzes- vorhaben deshalb grundsätzlich positiv. Es freut uns, dass es bei der Umstellung der betrieblichen Altersvor- sorge auf eine nachgelagerte Besteuerung jetzt weiter vorangeht. Kritisch sehen wir allerdings, dass die Bundesregie- rung in dem Paragrafendschungel ein wichtiges und strittiges Vorhaben quasi versteckt. Es geht um die Bes- serstellung des Fiskus bei Insolvenzverfahren. Wir sehen einen Zielkonflikt. Auf der einen Seite stehen die kurz- fristigen fiskalischen Interessen des Staates, seine Um- satzsteuereinnahmen besser zu sichern; hier geht es um eine Größenordnung von jährlich knapp 180 Millionen. Euro. Auf der anderen Seite steht das längerfristige wirt- schafts- und sozialpolitische Interesse daran, die Sanie- rungschancen von Unternehmen aus der Insolvenz he- raus zu verbessern. Die Regierung plant, die nach Verfahrenseröffnung entstehenden Steuerschulden zu Masseverbindlichkeiten aufzuwerten. Das schmälert na- türlich empfindlich die Erfolgsaussichten, ein Unterneh- men aus der Insolvenz heraus noch zu retten, und die ge- fährdeten Arbeitsplätze kommen noch stärker unter Druck. In der Anhörung im Rechtsausschuss am 27. September 2006 haben die Sachverständigen sich deshalb gegen die geplante Neuregelung ausgesprochen. Was vergebene Sanierungschancen die Volkswirt- schaft kosten, lässt sich leider nicht so leicht beziffern wie Umsatzsteuerausfälle. Ich plädiere deshalb gegen Milchmädchenrechnungen und dafür, langfristig und wirtschaftspolitisch zu denken. Die Chancen für Unter- nehmen und Arbeitsplätze in der Krise dürfen nicht be- schnitten werden. Das sichert dann auch nachhaltig die Steuern und Abgaben. Ein weiteres Problem sehen wir bei der Sicherung des Vertrauensschutzes der Bürgerinnen und Bürger. Die Bundesregierung beabsichtigt mit dem Entwurf des Jah- ressteuergesetzes 2007, neue Steuersparmodelle zu schließen, die nach der grundsätzlichen Einschränkung der Steuerprivilegien geschlossener Fonds durch den neuen § 15 b EStG vermehrt aufgetreten sind. Dazu soll die neue Verlustverrechnungsbeschränkung im § 15 b EStG auf sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen aus- gedehnt werden, und zwar rückwirkend ab dem 1. Januar 2006. So weit, so gut. Die Einschränkung von Steuer- sparmodellen finden wir richtig und werden das unter- stützen. Es war ja die Union, die jahrelang verhindert hat, dass Steuergestaltungsmöglichkeiten wirksam ein- gedämmt wurden. Das Ganze hat aber einen Schönheitsfehler: Die rück- wirkende Ausdehnung wird von Sachverständigen gut- achterlich als nicht verfassungskonform kritisiert und es wird eine Datierung auf den Kabinettbeschluss bzw. auf den Bundestagsbeschluss empfohlen. Wir wollen im weiteren Gesetzgebungsverfahren klären, ob der Ver- trauensschutz ausreichend gewährleistet ist, damit es eine verfassungsfeste Regelung gibt. Das ist enorm w v g E m s b d s s s D d s § s n n V z l B B G r r w h w A e V w t B d g z u r s U p r n le k lu r v w a a b (C (D ichtig; denn immerhin geht es um die Verhinderung on Steuerausfällen von rund 685 Millionen Euro. Es ist grundsätzlich unbefriedigend, dass der Gesetz- eber beim Aufkommen neuer Steuersparmodelle der ntwicklung in der Regel hinterherläuft und dann oft- als rückwirkende Regelungen trifft, um milliarden- chwere Steuerausfälle zu verhindern. Das ist häufig ver- unden mit verfassungsrechtlichen Risiken und schadet em Vertrauen der Bürger in die geltenden Steuerge- etze. Im Prinzip läuft das Spiel wie beim Wettlauf zwi- chen Hase und Igel. Kaum ist ein Steuersparmodell ge- chlossen, existiert schon wieder ein neues. Dieses ilemma wollen wir Grünen grundsätzlich lösen. Im Gegensatz zu den USA und Großbritannien sind en deutschen Finanzbehörden im Kampf gegen Steuer- parmodelle die Hände gebunden. Zwar verbietet der 42 der Abgabenordnung, AO, Steuern sparende Ge- taltungen im Allgemeinen, aber dieser Paragraf kann ur in Ausnahmefällen tatsächlich wirken. Darüber hi- aus behindern Standortinteressen und entsprechende erwaltungsstrukturen in Deutschland den Austausch wischen den Finanzbehörden in verschiedenen Bundes- ändern. Um effizient und im Sinne des Vertrauensschutzes der ürger gegen Steuergestaltungen vorzugehen, wäre eine undessteuerverwaltung sinnvoll, die Steuern sparende estaltungen zentral genehmigt. Dem Gesetzgeber wä- en die Gestaltungen damit von vornherein bekannt und ückwirkende gesetzliche Änderungen nicht mehr not- endig. Für Schäden, die den Bürgern dadurch entste- en können, dass Steuersparmodelle nicht anerkannt erden und sie davon nichts gewusst haben, haften die nbieter. Wir Grüne wollen mit diesem Vorschlag Steu- rsparmodelle verfassungsgemäß einschränken und das ertrauen der Bürger in geltendes Recht stärken. Wir erden diese Idee weiter verfolgen und in die parlamen- arischen Beratungen einbringen. Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim undesminister der Finanzen: Mit dem Ihnen vorliegen- en Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2007 – einem so enannten Omnibusgesetz – soll eine Vielzahl fachlich wingend erforderlicher steuerrechtlicher Maßnahmen mgesetzt werden. Dazu gehören unter anderem steuer- echtliche Änderungen als Reaktion auf die BFH-Recht- prechung, Anpassungen an das Gemeinschaftsrecht, die msetzung von Vorschlägen und Forderungen aus dem arlamentarischen Raum sowie rein redaktionelle Ände- ungen. Ferner enthält der Gesetzentwurf weitere Maß- ahmen vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen. Die Mehrzahl der Regelungen hat lediglich klarstel- nden Charakter ohne bezifferbare finanzielle Auswir- ungen auf die öffentlichen Haushalte. Folgende Rege- ngen möchte ich aus dem Gesetzespaket herausgreifen: Erstens. Regelung zur korrespondierenden Besteue- ung von verdeckten Gewinnausschüttungen: Durch die orgesehene Korrektur in § 32 a Körperschaftsteuergesetz ird sichergestellt, dass Bezüge des Anteilseigners, die uf Ebene der Kapitalgesellschaft als verdeckte Gewinn- usschüttung dem Einkommen hinzugerechnet wurden, ei diesem nach den Grundsätzen des Halbeinkünftever- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5325 (A) ) (B) ) fahrens besteuert werden. Mit den Änderungen in § 3 Nr. 40 Einkommensteuergesetz und § 8 b Körperschaft- steuergesetz wird auch der umgekehrte Sachverhalt gere- gelt, wonach die Vergünstigungen des Halbeinkünftever- fahrens dem Anteilseigner nur unter der Voraussetzung zu gewähren sind, dass die verdeckte Gewinnausschüt- tung auf Ebene der leistenden Kapitalgesellschaft das Einkommen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuer- gesetz nicht gemindert hat. Zweitens. Änderungen im Bereich der Altersvorsorge bzw. Alterseinkünfte, unter anderem durch Verbesserun- gen bei der Berücksichtigung von Beiträgen für eine pri- vate Basisrente – vielfach auch Rürup-Rente genannt – im Rahmen der Günstigerprüfung für Vorsorgeaufwen- dungen. Drittens. Änderungen bei der betrieblichen Altersver- sorgung: Erfassung bestimmter Arbeitgeberzahlungen an betriebliche Versorgungssysteme als Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit. Hierunter fallen insbeson- dere Beiträge und Zuwendungen, aber auch Sonder- und Gegenwertzahlungen sowie Sanierungsgelder für eine nicht kapitalgedeckte Altersversorgung. Einführung einer Pauschalbesteuerungspflicht in Höhe von 15 Prozent für Sonder- und Gegenwertzahlungen sowie Sanierungs- gelder des Arbeitgebers für eine nicht kapitalgedeckte Altersversorgung an kommunale, kirchliche und betrieb- liche Zusatzversorgungskassen. Ein langfristig gestreck- ter, stufenweiser Einstieg in die nachgelagerte Besteue- rung für nach dem 31. Dezember 2007 geleistete laufende Zuwendungen des Arbeitgebers zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten Altersversorgung der Arbeitnehmer. Die aus der vorgenannten pauschalierten Besteuerung resultierenden Mehreinnahmen in Höhe von rund 330 Millionen Euro werden durch den gleichzeitigen Einstieg in die nachgelagerte Besteuerung überkompen- siert. Allein der Bund wird aus dieser Maßnahme zusätz- lich 207 Millionen Euro aufzubringen haben. Viertens. Einführung einer Regelung für die Abwick- lung von Aktiengeschäften an der Börse in zeitlicher Nähe zum Ausschüttungstermin (so genannte manufactured dividends). Die Maßnahme dient der Verringerung von Steuerausfällen, die derzeit bei der Abwicklung von Aktiengeschäften an der Börse in zeitlicher Nähe zum Gewinnverteilungsbeschluss dadurch entstehen, dass Kapitalertragsteuer bescheinigt wird, die nicht abgeführt wurde. Es handelt sich in der Praxis meistens um so ge- nannte Leerverkäufe. Fünftens. Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen. Zur Vereinfachung des Besteuerungs- verfahrens ist in dem Gesetzentwurf mit einem neuen § 37 b Einkommensteuergesetz eine Regelung vorgese- hen, die es den Steuerpflichtigen nunmehr ermöglicht, die Einkommensteuer für Sachzuwendungen pauschal durch den Zuwendenden zu erheben. Sechstens. Anpassung der Steuerberatergebührenver- ordnung an entfallene und neu hinzugekommene Gebüh- rentatbestände. Siebtens. Änderung der Vorschriften für die Bedarfs- bewertung in Bewertungsgesetz und Baugesetzbuch. Die vorgesehene Änderung bei der Bewertung von Grund- b s d l h n b f k m G t v a s l v f g g m w e d d – k t g w v l i e e N k A d t T e (C (D esitz ist nicht allein für Zwecke der Erbschaftsteuer, ondern auch für Zwecke der Grunderwerbsteuer erfor- erlich. Eine grundsätzliche Neuausrichtung der Ermitt- ung der Grundbesitzwerte ist wegen der noch ausste- enden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts icht vorgesehen. Die Vorabänderung berücksichtigt ins- esondere die einschlägige Rechtsprechung des Bundes- inanzhofs zur Bewertung von Grundbesitzwerten. Achtens. Lassen Sie mich zum Abschluss noch eines larstellen: Mit dem neuen Absatz 2 b in § 20 Einkom- ensteuergesetz soll sichergestellt werden, dass die vom esetzgeber in § 15 b Einkommensteuergesetz enthal- ene Verlustverrechnungsbeschränkung zur Vermeidung on Umgehungsgestaltungen auf sämtliche Einkünfte us Kapitalvermögen ausgedehnt wird. Selbstverständlich hat die Bundesregierung die Zuläs- igkeit der Anwendung der Vorschrift auf den Veran- agungszeitraum 2006 geprüft und festgestellt, dass die orgesehene – so genannte unechte – Rückwirkung ver- assungsrechtlich zulässig ist. Das Bundesverfassungs- ericht wendet für den Bereich des Steuerrechts das so enannte Annuitätsprinzip an, das heißt, da die Einkom- ensteuer erst mit Ablauf des Kalenderjahres entsteht, irkt jede Änderung steuerlicher Normen, die innerhalb ines Veranlagungszeitraums – auch rückwirkend auf en Beginn dieses Veranlagungszeitraums – erfolgt, le- iglich als zulässige unechte Rückwirkung. Auch genießen Dispositionen in Steuersparmodelle bei denen im Übrigen regelmäßig Rückabwicklungs- lauseln vereinbart werden – keinen erhöhten Ver- rauensschutz. Dies wäre nur der Fall, wenn der Gesetz- eber einen gezielten Anreiz zur Investition hätte setzen ollen. Letztlich ist diese Maßnahme zur Vermeidung on Steuerausfällen in erheblichem Umfang im öffent- ichen Interesse auch geboten. So ist der Gesetzgeber nsbesondere berechtigt, eine als wirtschaftlich unsinnig rkannte und nur auf Steuervermeidung abzielende steu- rliche Gestaltung alsbald abzustellen, ohne dass die euregelung kurz vor ihrem Erlass unterlaufen werden ann. nlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Keine Weltbankkredite für Atomtechnologie – Eine Weltbank-Energiepolitik der Zukunft – Ja zu mehr Effizienz und erneuerbaren Energien, Nein zur Atomkraft (Tagesordnungspunkt 24) Dr. Georg Nüßlein (CSU): Diese Republik hat an- ere Sorgen, als eine Phantomdebatte zu führen, losge- reten von den Grünen und den Linken. Sie greifen ein hema aus der Luft und bauen ohne jedes Fundament in argumentatives Luftschloss darauf. 5326 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Ich habe mir erlaubt, bei der Weltbank genauer bei dem deutschen Exekutivdirektor, Herrn Deutscher nach- zufragen, ob es einen Strategiewechsel bei der Weltbank gibt bzw. ob man nun Kernenergieprojekte finanzieren wolle. Die Antwort war klar: Nein. Die Weltbank hat noch nie Kernkraftwerke finanziert, mit einer Aus- nahme: 1959 in Italien. Die Weltbank hat in Sachen Kernenergiefinanzierung keine Kompetenz, wird keine aufbauen und deshalb kei- nerlei Projekte begleiten: soweit die Stellungnahme der Weltbank. So einfach wäre das gewesen. Die Grünen und die Linken hätten nur zum Hörer greifen und die Zeitver- schiebung beachten müssen und schon hätten sie ge- wusst: Diese Debatte erübrigt sich von selbst. Das haben sie nicht getan. Weil es aber relativ einfach gewesen wäre, gehe ich davon aus, dass sie es vorsätzlich nicht getan haben. Sonst wäre nämlich der Aufhänger für die Diskussion weggefallen. Sie haben nur einen Anlass ge- sucht, sich ideologisch über das Thema Kernenergie zu verbreiten. Eigentlich sollte man sich nicht darauf einlassen und ihnen den Gefallen nicht tun. Weil sie aber dauernd ei- nen neuen Anknüpfungspunkt suchen und uns eine Nacht- und Nebeldebatte ohnehin nie ersparen, möchte ich trotzdem ein paar energiepolitische Anmerkungen machen. Ceteris paribus – will heißen, wenn sich Politik und Technik nicht revolutionär ändern – wird der Energiebe- darf der Welt, getrieben von den Schwellenländern, dra- matisch wachsen. Nach Schätzungen soll der weltweite Energiebedarf bis 2030 um mehr als 50 Prozent zuneh- men. Der Zugang zu Energie ist die conditio sine qua non für wirtschaftliche Entwicklung und damit die Grundvoraussetzung für entwicklungspolitischen Erfolg. Noch immer sind 1,6 Milliarden Menschen ohne Strom. Diese Studie der Weltbank hätte man lesen und diskutie- ren sollen. Der Energiehunger bleibt aber umweltseitig nicht ohne Konsequenzen: Im Jahr 2020 bereits sollen die CO2-Emissionen der Entwicklungsländer die der OECD- Staaten überholen. Das ist ein Problem, darüber sollte man diskutieren, aber unter dem Aspekt, was man ma- chen muss, um dieses Problem zu lösen, nicht unter dem Aspekt, welche Maßnahme wir dagegen nicht ergreifen? Den Energiebedarf gilt es zu decken – und zwar zu fi- nanzierbaren und umweltverträglichen Konditionen. Bei der Versorgung der ärmeren Weltbevölkerung wird das Thema Finanzierbarkeit im Fokus stehen. Unsere Auf- gabe wird es sein, sicherzustellen, dass das Thema Kli- maschutz nicht aus den Augen verloren wird. Dabei werden erneuerbare Energien eine besondere Rolle spielen. Es ist gut, dass wir deren Entwicklung über innovative Forschung, das Marktanreizprogramm, aber ganz besonders auch durch das Erneuerbare-Ener- gien-Gesetz vorantreiben. Wir haben Deutschland da- durch in eine Vorreiterrolle – wirtschaftlich wie techno- logisch – gebracht. Wir entwickeln also bei uns in Deutschland etwas, was dazu beitragen kann, das Pro- b z e r C w U m a b a T w n s n e n r a m n w w d n t h d l t z u I m d a a z t d a w u z t I o E (C (D lem des weltweiten Energiehungers umweltverträglich u entschärfen. Dezentralität und Verfügbarkeit machen rneuerbare Energien entwicklungspolitisch besonders elevant. Wir werden aber trotzdem erleben, dass die Kohle in hina verbrannt werden wird. Die Frage wird sein: mit elcher Effizienz, mit welcher Technik, mit welchen mweltfolgen? Das kann man nur beeinflussen, wenn an die entsprechende Kompetenz und gelegentlich uch die Finanzierung anbieten kann. Wir werden auch den Bau neuer Kernkraftwerke erle- en. Egal, ob wir aus dieser Technologie in Deutschland ussteigen oder nicht. Die Frage wird sein: mit welcher echnik, mit welchen Sicherheitsstandards? Die Frage ird sein, wie wir das beeinflussen können. Vor diesem Hintergrund muss man die von den Grü- en und den Linken vorgeschlagene Totalverweigerung ehen. Wir verspielen technologische Kompetenz in ei- er Technologie, bei der wir einmal ganz vorne waren, in iner Technologie, die uns – ob wir das wollen oder icht – noch eine ganze Weile begleiten wird. Dabei äume ich ein, dass die CSU der Meinung ist, dass wir uf die Kernenergie als Brücke zu einem neuen Energie- ix noch nicht verzichten können. Wenn wir heute schon Lehrstühle in Deutschland nur och ausländisch besetzen können, zeigt das doch, dass ir hier den Ausstieg vorweggenommen haben. Wenn ir die technologische Kompetenz nicht mehr haben, ann können wir die Sicherheitsstandards im Ausland icht beeinflussen. Wenn wir die wirtschaftliche Kompe- enz nicht mehr haben, können wir beim Bau die Sicher- eit im Ausland nicht mehr beeinflussen. Wie wollen wir ann hier Entwicklungshilfe im engen Sinne des Wortes eisten? Die entwickelten Nationen sollten aber gerade ein In- eresse daran haben, Sicherheit in der Welt beeinflussen u können. Das kann man nur, wenn man Kompetenz nd auch die Finanzierung von Sicherheit anbieten kann. nsofern müsste man eigentlich darüber nachdenken, ob an diese nicht sogar bei Weltbank und IWF aufbaut. Aber ich will jetzt keine Phantomdebatte in die an- ere Richtung anzetteln. Es wäre schon genug, wenn wir lle einsehen würden, dass die Nutzung von Kernenergie uch in Schwellenländern Fakt sein wird. Statt sie weg- udiskutieren, sollten wir zu maximaler Sicherheit bei- ragen. Die Diskussion, ob Kernenergie eine „clean energy“ arstellt, können wir an dieser Stelle nicht führen. Wenn ber die Kohlendioxidproblematik zu den dringlichsten eltweiten Umweltproblemen zählt, so ist doch eines nstrittig: die Kohlendioxidemission wird durch die Nut- ung von Kernenergie gesenkt. Gabriele Groneberg (SPD): Energiepolitik zu spä- er Stunde, ich hoffe, liebe Kolleginnen und Kollegen, hre Energie reicht zur Diskussion dieses Tages- rdnungspunktes noch aus. Die Politik der Weltbank im nergie- und Umweltbereich – damit beschäftigen wir Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5327 (A) ) (B) ) uns in schöner Regelmäßigkeit und das zu Recht. Kaum ein anderes Thema wird mit so viel Leidenschaft und Überzeugung diskutiert, vor allem dann, wenn es dabei auch noch um Atomkraft geht. Die Diskussion um die Nutzung der Atomenergie bestimmt seit Jahren die Tages- ordnung. Wir haben uns als SPD dazu seit Jahren eindeu- tig positioniert: Wir wollen keine neuen Atomkraft- werke. Zwischen SPD und CDU/CSU gibt es unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung. In dem Koali- tionsvertrag ist aber eindeutig vereinbart worden, dass die am 14. Juni 2000 von Bundesregierung und Energie- versorgungsunternehmen geschlossene Vereinbarung in Bezug auf das gestaffelte Abschalten bei uns betriebener Kernkraftwerke gültig bleibt. Diese Vereinbarung ist seit Jahren Grundlage der Politik der Bundesregierung in Deutschland. Dieses Grundverständnis löst sich nicht in Luft auf, wenn es um unsere Interessenvertretung in inter- nationalen Gremien geht. Nur sitzen wir dort nicht alleine, das bitte nehmen wir doch mal zur Kenntnis. Zu glau- ben, wir würden uns zum Beispiel bei der Weltbank mit unseren Interessen in allen Punkten durchsetzen, ist doch einfach naiv. Wir stehen zu unseren Beschlüssen in Deutschland und ich bin fest davon überzeugt, dass un- sere Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul unsere Inte- ressen in dieser Hinsicht auch in internationalen Gre- mien im Rahmen der dort möglichen Einflussnahme vertritt. Ebenso wie wir zum Ausstieg aus der Atomenergie stehen haben wir uns zum Ausbau erneuerbarer Energien positioniert. Muss ich in diesem Gremium daran erin- nern, dass es die Politik dieser Regierung ist, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2020 auf mindestens 20 Prozent steigern zu wollen? Muss ich daran erinnern, dass Deutschland jetzt schon Vorreiter ist in der Nutzung erneuerbarer Energien und der Steigerung der Energieeffizienz? Muss ich daran er- innern, dass unser EEG eine Vorbildfunktion für eine Gesetzgebung in diesem Bereich in etlichen Ländern in dieser Welt hat und wir sehr froh darüber sind? Ein großer Erfolg der durch die vorherige Bundesregie- rung initiierten internationalen Konferenz für Erneuer- bare Energien in Bonn 2004 ist, dass sich 87 Regierun- gen bereit erklärt haben, zusammen an dem Ziel zu arbeiten, erneuerbare Energien weltweit einzusetzen, sie marktfähig zu machen. Erklärtes Ziel ist es, bis zum Jahre 2015 eine Milliarde Menschen, die bisher keinen Zugang zu moderner Energieversorgung haben, mit Ener- gie aus erneuerbaren Quellen zu versorgen. Die Vorteile gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern liegen auf der Hand. Armutsbekämpfung muss Hand in Hand gehen mit dem Aufbau der Energieversorgung. Sie ist Grundlage dafür, dass Menschen Zugang zu einer wirk- samen Gesundheitsversorgung, zu Bildung und zu wirt- schaftlichem Wachstum bekommen. Die Abhängigkeit vom teuren Öl macht nicht nur uns zu schaffen, die Fol- gen für die Entwicklungs- und Schwellenländer sind gera- dezu fatal. Allein die Haushalte von Entwicklungsländern würden um mindestens 60 Milliarden US-Dollar entlastet, wenn sie nicht die Mehraufwendungen für den gestiege- nen Ölpreis zu tragen hätten. Und nicht zuletzt können wir a w b u b n d Z d l m a d t d s E g S H w d v b h z g d s z b e e ic M E h R T a l L q w d n U e r g n e w t (C (D lle nur miteinander daran arbeiten, dass wir dem Klima- andel mit seinen verheerenden Folgen entgegenwirken. All das, was wir hier verhandelt und beschlossen ha- en, ist Grundlage der Politik dieser Bundesregierung nd selbstverständlich spiegeln sich unsere Aktivitäten ei den „Erneuerbaren“ in unseren Aktivitäten in inter- ationalen Institutionen wider und vor allem natürlich in en Beschlüssen im Bereich unserer wirtschaftlichen usammenarbeit. Sie wissen das aber doch bestens; enn diesem Thema haben wir uns ausführlich in den etzten zwei Jahren immer wieder mit Anträgen gewid- et, in denen der Bundesregierung klare Aufgaben mit uf den Weg gegeben wurden. Schauen Sie vor allem in ie Bundestagsdrucksache 15/3465, „Für eine nachhal- ige Rohstoff- und Energiepolitik der Weltbank“ und in ie Bundestagsdrucksache 15/3212, „Globale Zukunfts- icherung durch die Förderung erneuerbarer Energien in ntwicklungsländern vorantreiben“, auch nicht zu ver- essen die Diskussion um die sozialen und ökologischen tandards in der Weltbank. Diese Anträge sind hier im ause verabschiedet worden und wir sehen keine Not- endigkeit, mit reinem Aktionismus immer wieder Teile avon neu aufzugießen. Diese Bundesregierung, allen oran das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenar- eit und Entwicklung, wird sich vehement für unsere ier formulierten Ziele einsetzen; davon bin ich über- eugt. Ich glaube auch, dass dieser Einsatz mit dazu beigetra- en hat, die Politik der Weltbank zu ändern. Sie wissen och, dass das Thema „Erneuerbare Energien“ vor 2004 o gut wie keine Rolle gespielt hat. Die Zahlen von 2005 eigen, dass sich dies definitiv geändert hat: Die Welt- ank hat Kredite in Höhe von 212 Millionen Dollar für rneuerbare Energien und 87 Millionen Dollar für Energie- ffizienz eingesetzt. Die Zahlen für die Wasserkraft habe h hier bewusst außen vor gelassen. Ich weiß ja, dass der itteleinsatz für große Staudämme – obwohl erneuerbare nergien – durchaus heftig umstritten ist. Ich bin allerdings auch Realistin genug, um einzuse- en, dass es eine längere Zeit braucht, damit sich der est der Welt mit der gleichen Überzeugung für dieses hema einsetzt. Und das man einfach länger braucht, um uch in den internationalen Institutionen und hier natür- ich vor allem der Weltbank, alle mit am Tisch sitzenden änder mit der gleichen Intensität die gleichen konse- uenten Beschlüsse zum Thema Energie zu fassen wie ir hier in Deutschland. Es wäre sicherlich hilfreich, ass die kleinen Fortschritte, die erzielt werden, von Ih- en auch mal positiv aufgenommen werden würden. nd sicherlich wäre es auf dem internationalen Parkett benso hilfreich, wenn Sie die Politik dieser Bundes- egierung zur Energiepolitik unterstützen würden. Warum erzähle ich das alles? Aus meinen Ausführun- en wird sehr deutlich, dass beide Anträge alter Wein in euen Schläuchen sind. Wir werden sie ablehnen. Dr. Karl Addicks (FDP): „Ja zu mehr Effizienz und rneuerbaren Energien“ – einen Teil des Antrags, den ir hier beraten, können wir Liberale vollkommen un- erstützen. Denn erstens ist Effizienz immer gut und 5328 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) zweitens ist mit Blick auf die erneuerbaren Energien festzustellen, dass durch deren forcierte Nutzung in den Entwicklungsländern viel für eine wirksame Entlastung der Erdatmosphäre erreicht werden kann. Der Zugang zu Energie ist, wie Sie richtig in Ihrem Antrag schreiben, entscheidend für die Verbesserung der Lebensumstände in Entwicklungsländern und ein zentrales Element im Kampf gegen die Armut. Ja, die Bereitstellung von Ener- gie in Entwicklungsländern ist auch aus Sicht der FDP ein elementarer Bestandteil bei der Bekämpfung der weltweiten Armut. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass die geolo- gischen, klimatischen, infrastrukturellen und politisch- gesellschaftlichen Ausgangs- und Rahmenbedingungen regional und international höchst unterschiedlich sind. Bei der Förderung des Einsatzes erneuerbarer Energien muss den Gegebenheiten in den jeweils betreffenden Ländern deshalb sorgfältig Rechnung getragen werden. Große Chancen bestehen beispielsweise für die Photo- voltaik in sonnenreichen Regionen der Erde, zumal dann, wenn für die Energieversorgung dort keine ausrei- chende Netzinfrastruktur vorhanden ist. So sehen auch wir Liberale den Einsatz von Atomtechnologie zur Elek- trifizierung ländlicher Räume für nicht angebracht, da der Einsatz von regenerativer Energie viel nützlicher und praktikabler ist. Was nützt uns denn ein Kraftwerk ohne die dafür notwendigen Netze zur Verbreitung der Ener- gie? Hier sind Sonne, Wind oder Biomasse gerade in ländlichen Gebieten ohne natürliche Energievorkommen und ohne Stromnetze wirtschaftlicher. Aber, liebe Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, hier trennen sich dann unsere Wege, denn auch Länder wie China und Indien zählen noch immer zu Ent- wicklungs- und Transformationsländern. Diese planen, wie Sie selber sagen, einen massiven Ausbau der Atom- energie. Das ist ja auch klar; denn sie benötigen die Ener- gie schon lange nicht mehr, um Grundbedürfnisse zu er- möglichen, sondern hier geht es hauptsächlich darum, ihre stetig wachsende und nach Energie hungernde Wirt- schaft zu „füttern“. Dabei muss es uns doch am Herzen liegen, die wichtige Reaktorsicherheitstechnik für diese Länder sicherzustellen. Hier dürfen auf keinen Fall Welt- bankkredite für Atomtechnologie verwehrt werden. Es gilt sogar, Deutschlands Position als Standort für die Entwicklung und den Export von energiewirtschaftlicher Hochtechnologie zu festigen und im Rahmen einer Export- offensive weiter auszubauen. Dabei geht es im Sinne der Nachhaltigkeit auch um eine Verbesserung der Energie- effizienz und um die Nutzung von Kostensenkungspoten- zialen für den internationalen Klimaschutz. Der Einsatz erneuerbarer Energien in Entwicklungs- ländern macht aus unserer Sicht nur dann Sinn, wenn Kriterien der wirtschaftlichen Effizienz berücksichtigt werden. In weiten Bereichen ist es sinnvoller, in die Ver- besserung bestehender Kraftwerke und Stromnetze zu investieren, da mit demselben Einsatz eine stärkere Ver- besserung der Umweltsituation und eine höhere Energie- erzeugung erreicht werden können. So könnte mit dem- selben Geld eines Weltbankkredits den Menschen in Entwicklungsländern wesentlich mehr Energie zur Ver- fügung gestellt werden, Energie, die den Menschen nicht n s n c w V v m le k z w n s d s t l g n m w m W b s n s p V t m w h 2 W w z w e w g l r m a l W s h V s l R (C (D ur ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen könnte, ondern die auch zum Beispiel durch den Einsatz moder- erer Informationstechnologien, für mehr Bildungschan- en und eine transparentere Welt sorgen könnte. Ihre Forderungen in dem Antrag gehen eindeutig zu eit. Entwicklungsländern dürfen keine ideologischen orgaben bei der Wahl innovativer Energiekonzepte, die on vielen verschiedenen Faktoren abhängig sind, ge- acht werden. Stattdessen muss ihnen Hilfestellung ge- istet werden, bei der Lösung von Umweltproblemen onsequent marktwirtschaftliche Instrumente einzuset- en, wie im Kiotoprotokoll vorgesehen. Letztlich können ir den Ländern, allen voran den Entwicklungsländern, icht vorschreiben, für welche Energietechnologien sie ich zu entscheiden haben, auch nicht mittelbar durch ie Kreditvergabe der Weltbank. Wir können aber dafür orgen, dass diese Länder, wenn sie sich für die Kern- echnologie entscheiden, auf das Know-how Deutsch- ands und höchstmögliche Sicherheitsstandards zurück- reifen können. Ihre Vorschläge, liebe Mitglieder der Fraktion Bünd- is 90/Die Grünen, grenzen an eine Art Ökoimperialis- us, den wir von der FDP nicht mittragen können und ollen. Heike Hänsel (DIE LINKE): Wir befassen uns heute it konkreten Forderungen an die Energiepolitik der eltbank. Wir tun dies vor dem Hintergrund der Welt- ank-IWF-Tagung, die vor einer Woche in Singapur tattfand. Ich möchte zunächst aber etwas anderes ansprechen, ämlich die inakzeptable Einschränkung von demokrati- chen Grundrechten während der Herbsttagung in Singa- ur. Die Regierung der Republik Singapur erstellte im orfeld schwarze Listen mit den Namen von NGO-Ver- reterinnen und -vertretern, die von einer Einreise und öglichen Teilnahme an Demonstrationen abgehalten erden sollten. Das Demonstrationsrecht wurde darüber inaus deutlich eingeschränkt. Insgesamt standen 8 Vertreterinnen und Vertreter von NGOs, denen von eltbank und IWF eine Akkreditierung erteilt worden ar, auf der schwarzen Liste. 22 von ihnen wurde am weiten Tag die Einreise doch noch erlaubt, allerdings ar dann für viele, die zuvor abgewiesen worden waren, ine Einreise nicht mehr möglich – sie hatten sich bereits ieder auf die Heimreise gemacht bzw. ihre Flüge um- ebucht etc. Viele NGOs boykottierten daraufhin die Dia- ogveranstaltungen in Singapur oder nutzten sie, um ih- en Protest kundzutun. Wir haben gegen diese Maßnah- en ebenfalls protestiert und dies in einem offenen Brief n den Botschafter der Republik Singapur in Deutsch- and deutlich gemacht. Wir finden es gut, dass Bundesministerin Heidemarie ieczorek-Zeul im Vorfeld ihrer Singapur-Reise in die- em Sinne deutlich zu den Vorgängen Stellung bezogen at, und hoffen, dass sie dies auch vor Ort gegenüber den erantwortlichen getan hat. Leider muss ich aber fest- tellen, dass zumindest in der öffentlichen Widerspiege- ung das Thema im Laufe der Konferenz keine größere olle mehr spielte – business as usual? Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5329 (A) ) (B) ) Für die Zukunft müssen solche Vorfälle ausgeschlos- sen werden. Weltbank, IWF und auch die Bundesregie- rung fordern von anderen gerne Good Governance – „Gute Regierungsführung“ – ein. Good Governance muss aber auch für die Weltbank und den IWF bzw. ihre Gastgeber gelten. Ich würde mir hier noch einmal ein klares Wort der Ministerin wünschen, welche Vorstellun- gen sie davon hat, wie die Weltbank in Zukunft mit die- sem Thema umgehen sollte und welche diesbezüglichen Verabredungen sie mit dem deutschen Vertreter im Exe- kutivdirektorium der Weltbank getroffen hat. Zum Thema unseres Antrags: Das neue Investment Framework on Clean Energy and Development der Weltbank gibt wenig Hoffnung auf eine energiepoliti- sche Wende der Weltbank hin zu mehr Förderung von regenerativen Energien. Im Gegenteil: Es wird weiterhin auf Kohlekraftwerke, große Wasserkraftwerke und Atomenergie gesetzt. Der Entwicklungsausschuss von Weltbank und IWF lässt in seiner Erklärung leider keine kritische Auseinandersetzung mit dieser Haltung erken- nen. Die Handschrift von Frau Wieczorek-Zeul, die sich im Vorfeld sehr gut, nämlich eindeutig ablehnend gegen- über einer möglichen Förderung von Atomtechnologie durch die Weltbank, geäußert hatte, ist nicht zu erken- nen. In der Energiepolitik setzt die Weltbank leider weiter auf Projekte, von denen vor allem Großkonzerne des Nordens profitieren und die für die lokale Bevölkerung überwiegend negative Konsequenzen haben, wie zum Beispiel die Staudämme Pak Mun in Thailand und Kedung in Indonesien zeigen. Auch sonst wird immer deutlicher, dass die beiden In- stitutionen Weltbank und IWF den Entwicklungsländern mehr schaden als nutzen. Zur Jahrestagung in Singapur wies ein Bericht von Social Watch darauf hin, dass be- reits seit 15 Jahren die Entwicklungs- und Schwellenlän- der mehr Geld in Form von Zinsen und Tilgungen an die Weltbank überweisen, als sie von ihr bekommen. Es ist erschreckend, dass wir uns 20 Jahre nach Tschernobyl und angesichts der Tatsache, dass auch diese Bundesregierung zugesagt hat, am Atomausstieg festzuhalten, überhaupt noch über Sinn und Unsinn von Atomkraft unterhalten müssen. Ich fordere die Bundes- regierung auf, sich auch auf internationaler Ebene für ei- nen Atomausstieg stark zu machen. Ich beobachte aller- dings, dass die Gefahr besteht, dass auf internationaler Ebene die Weichen eher anders gestellt werden: Mittel- fristig wäre dadurch ein Unterlaufen des Atomausstiegs in Deutschland möglich – das Grünbuch Energie der EU-Kommission ist hierfür ein Warnzeichen. Die Vorstellung, Atomenergie könnte ausgerechnet in Schwellen- und Entwicklungsländern ein Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung sein, ist irrwitzig. Milliarden- schwere Investitionsruinen von Argentinien bis zu den Philippinen, Entsorgungsprobleme überall und gewalti- ger Raubbau an Uranvorkommen in Afrika beweisen das Gegenteil. Dazu kommen unvertretbare Sicherheitsrisi- ken. Deshalb, Frau Wieczorek-Zeul, lassen Sie Ihren Re- den Taten folgen und nutzen Sie die konkreten Einwir- kungsmöglichkeiten, die Sie haben, in diesem Fall die W t v M a s K c T b b b I t m r i O b w g b h b f S W W P f E V z M E n e l r d S g u f d i P s z b n g s p (C (D eisungsbefugnis über ein Mitglied des Exekutivdirek- oriums der Weltbank, um falsche Weichenstellungen zu erhindern. Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fast zwei illiarden Menschen sind heute weltweit immer noch uf traditionelle Brennstoffe, vor allem Holz, angewie- en. Das ist ein Drittel der Weltbevölkerung. Für ein ind, das täglich mehrere Stunden mit der Brennholzsu- he verbringt, bleibt der regelmäßige Schulbesuch ein raum. Und eine Schule braucht Licht. Ein Krankenhaus raucht Strom für den Operationssaal. Kleingewerbe raucht Strom zur Produktion. Die Landwirtschaft raucht Zugang zu bezahlbarer Energie. Jede Form von ndustrieproduktion ist abhängig von möglichst konstan- em Zugang zu Energie. An diesen wenigen Beispielen zeigt sich, dass Ar- utsbekämpfung ohne Zugang zu Energie nicht erfolg- eich sein wird. Praktisch alle Millenniumsziele stehen n Beziehung zu einer nachhaltigen Energieversorgung. hne Zugang zu nachhaltiger Energie können die Le- ensumstände in Entwicklungsländern nicht verbessert erden. Hinzu kommt ein Weiteres: Auch für den Kampf ge- en den Klimawandel – unter dem Entwicklungsländer esonders zu leiden haben – ist der Aufbau eines nach- altigen Energiesystems entscheidend. Der Energiever- rauch steigt in der ganzen Welt und damit die Nach- rage nach Energie, woran die bevölkerungsreichen chwellenländer einen großen Anteil haben. Doch eine iederholung des Entwicklungsschemas der westlichen elt, also ein Aufbauen auf fossiler Energie, wird unser lanet nicht verkraften. Daher besteht heute die Heraus- orderung darin, den steigenden Verbrauch mit größerer ffizienz, möglichst ohne Klimaschädlichkeit, mit der erringerung der Luft-, Boden- und Wasserverschmut- ung und mit einem besseren Zugang für die ärmsten enschen zu verbinden. Aus grüner Sicht wird sich eine langfristige globale nergiesicherheit nur durch den massiven Ausbau er- euerbarer Energien, durch die Steigerung der Energie- ffizienz und durch verstärktes Energiesparen erreichen assen. Das gilt gerade auch für Entwicklungsländer, de- en Effizienz- und Einsparpotenziale ungenutzt sind und eren einzige einheimische Quellen oft Wind, Wasser, onne, Erdwärme und Biomasse sind. Erneuerbare Ener- ien sind saubere Energien. Sie sind sofort verfügbar nd tragen nicht zum Klimawandel bei. Jedes Land ver- ügt über erneuerbare Energien. Sie zu nutzen, verringert ie Abhängigkeit von Energieimporten aus oft politisch nstabilen Weltregionen. Analysten schätzen, dass der reis in wenigen Jahren auf über 100 Dollar pro Barrel teigen kann. Es ist sinnvoller, in erneuerbare Energien u investieren, als dauerhaft steigende Ölrechnungen zu ezahlen. Welche Rolle kann die Weltbank beim Aufbau einer achhaltigen Energiepolitik spielen? Zunächst einmal ist enerell zu begrüßen, dass die Weltbank eine umfas- ende Diskussion um die Fortschreibung ihrer Energie- olitik begonnen hat und an einem Investitionsrahmen 5330 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) für saubere Energie und Entwicklung arbeitet. Im Kern einer Weltbankstrategie müssen aus grüner Sicht – und dies führt der heute debattierte Antrag aus – vier Dinge stehen: die Fokussierung der Weltbank auf die Förde- rung erneuerbarer Energien; die Unterstützung von Ent- wicklungsländern beim sparsamen Umgang mit Energie. Das hat großes Potenzial; die Förderung moderner, effi- zienter Verfahren in der Industrieproduktion, mit redu- ziertem Energieeinsatz und der Ausstieg der Weltbank aus der Förderung fossiler Energien bis 2010, wie es eine Untersuchungskommission zur Rohstoffpolitik der Weltbank (Salim-Bericht) schon vor einigen Jahren vor- geschlagen hat. Kurz gesagt, die Konzentration auf die „drei E“, Er- neuerbare, Einsparung, Effizienz. Dies muss mit einer besonderen Konzentration auf den Zugang der ärmsten Bevölkerungsgruppen und einer stärkeren Ausrichtung auf den ländlichen Raum unterstützt werden. Gerade hier möchte ich noch einmal auf das Ziel der Konferenz für Erneuerbare Energien (Renewables 2004 in Bonn) hinweisen, bis 2015 für 1 Milliarde Menschen Zugang zu Energie durch Erneuerbare zu schaffen. In Singapur auf der Herbsttagung von IWF und Welt- bank wurde ein Fortschrittsbericht der Weltbank debat- tiert. Er enthält Elemente, die ich durchaus begrüße, wie den Aktionsplan für Subsahara-Afrika. Weiterhin kommt die Weltbank zu dem Ergebnis, dass bestehende Finan- zierungsmechanismen wie die Globale Umweltfazilität (GEF) nicht ausreichen, um den Übergang zu einer „low carbon economy“ herbeizuführen. Deshalb schlägt die Bank neue Finanzierungsinstrumente vor. Ich glaube auch, dass die Investitionen in ein nachhaltiges Energie- system verstärkt werden müssen. Gleichwohl werden wir diesem Ansatz nur zustimmen, wenn sichergestellt ist, dass dadurch verbindliche Minderungsverpflichtun- gen im Rahmen des Post-Kioto-Prozesses nicht infrage gestellt werden. Anders formuliert: Wir wollen keine Schwächung des Prozesses, der die Fortschreibung des internationalen Rechtsrahmens in der Klimapolitik zum Ziel hat. Umso unverständlicher und inakzeptabler bleibt die Position der Weltbank in der Frage der Nuklearenergie. Nuklearenergie ist weder „sauber“ noch „billig“, wie es innerhalb der Weltbank manche Autoren nahe legen. Wir befürchten zwar aktuell nicht eine direkte Beteiligung der Weltbank an Nuklearprogrammen. Doch dient die Weltbank als intellektueller Bezugspunkt der Debatte um eine nachhaltige Energieversorgung. Und die Befür- wortung von Atomkraft wäre ein falsches Signal für an- dere Geber. Bei der Atomkraft liegt die Weltbank schlicht falsch. Atomkraft bietet keine Lösung der Ener- gieprobleme in Entwicklungsländern. Im Gegenteil: Sie schafft nur neue unkalkulierbare Risiken. Die Gefahr ei- nes Super-GAUs lässt sich nicht bannen. Die Entsor- gungsfrage für den strahlenden Atommüll ist seit über 50 Jahren weltweit ungelöst. Aber auch ökonomisch ist diese Option nicht überzeugend. Würde irgendwo auf der Welt auch nur ein Atomkraftwerk rein privatwirt- schaftlich gebaut, ohne massive finanzielle staatliche Unterstützung? Ein Beispiel dazu wäre mir nicht be- kannt. P v a N k A d B G s r u e r d m d R s G n s ü t H v f e l r l u e g d l V D A (C (D Die große vorhandene Menge von waffenfähigem lutonium gefährdet die weltweite Abrüstung und bildet or dem Hintergrund terroristischer Attacken ein unver- ntwortbares Risiko. Mit der Ausbreitung der zivilen utzung der Atomenergie wachsen auch die Möglich- eiten ihrer militärischen Nutzung. nlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Ände- rung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) (Tagesordnungspunkt 23) Peter Rzepka (CDU/CSU): Der Bundestag behan- elt heute in erster Lesung das Gesetz über steuerliche egleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen esellschaft. Mit dem SEStEG sollen die deutschen teuerrechtlichen Vorschriften an die aktuellen EU- echtlichen Vorgaben auf dem Gebiet des Steuerrechts nd des Gesellschaftsrechts angepasst werden. Die Auswirkungen auf eine Reihe deutscher Gesetze rgeben sich aus folgenden Umständen: Erstens aus den Verordnungen über das Statut der Eu- opäischen Gesellschaft, societas europeae, sowie über as Statut der Europäischen Genossenschaft. Zweitens aus der geänderten Richtlinie über das ge- einsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen und ie Einbringung von Unternehmensteilen sowie aus der ichtlinie über die Verschmelzung von Kapitalgesell- chaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten. Drittens und letztens aus Vorgaben des Europäischen erichtshofs. Die Regelungen zur Gründung und Sitzverlegung ei- er Europäischen Gesellschaft der Europäischen Genos- enschaft waren bis zum 1. Januar 2006 umzusetzen, alle brigen Regelungen sind bis zum 1. Januar 2007 in na- ionales Recht umzusetzen. Mit dem vorliegenden Entwurf wollen wir steuerliche emmnisse für die grenzüberschreitende Reorganisation on Unternehmen beseitigen und die Möglichkeiten zur reien Wahl der Rechtsform verbessern. Künftig sollen uropaweit die gleichen steuerlichen Grundsätze für in- ändische wie für grenzüberschreitende Umstrukturie- ungen von Unternehmen gelten. Die steuerlichen Rege- ungen für die Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben nd Anteilen werden ebenfalls neu gestaltet. Der Gesetz- ntwurf ist damit ein weiterer Schritt zur Herstellung des emeinsamen Marktes in der Europäischen Union. Auch as Steuerrecht muss den fortschreitenden internationa- en wirtschaftlichen Verflechtungen Rechnung tragen. or allem aber geht es um die Stärkung des Standortes eutschland für Investitionen, Wirtschaftswachstum und rbeitsplätze. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5331 (A) ) (B) ) Ungeachtet dieser Zielsetzungen ist es notwendig, deutsche Besteuerungsrechte und das deutsche Steuer- aufkommen zu sichern. Denn durch EU-weite Umstruk- turierungen und die Verlagerung von Vermögenswerten über die Grenze wird das Zugriffsrecht des Fiskus auf deutsches Steuersubstrat erschwert oder sogar unmög- lich gemacht. In dem Spannungsfeld zwischen der Schaffung ein- heitlicher Rechtsgrundsätze für alle inländischen und EU-weiten Umstrukturierungen von Unternehmen einer- seits, sowie der Sicherung der deutschen Besteuerungs- rechte andererseits bewegen sich die vorliegenden Rege- lungen. In dem Gesetzgebungsverfahren wird – mithilfe der Sachverständigen – eingehend zu prüfen sein, ob der Gesetzentwurf der Bundesregierung in dem beschriebe- nen Spannungsfeld sachgerechte Lösungen vorschlägt, die nicht zu höheren Steuerbelastungen der Unterneh- men führen. Vor dem Hintergrund der hohen nominalen und effektiven Steuerbelastung der deutschen Unterneh- men könnten zusätzliche Steuererhöhungen den deut- schen Standort schwächen. Sie stünden auch im Gegen- satz zu dem Ziel der Unternehmensteuerreform, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirt- schaft zu stärken. Da das Regelwerk äußerst komplex ist und hier nicht im Einzelnen dargestellt werden kann, will ich einige der Punkte hier herausgreifen, die im Gesetzgebungsverfah- ren einer kritischen Prüfung unterzogen werden müssen: Erstens. Die Sofortversteuerung stiller Reserven im Fall des Ausschlusses beziehungsweise der Beschrän- kung des deutschen Besteuerungsrechts sowie bei der Verbringung von Wirtschaftsgütern in eine außerhalb der Grenzen Deutschlands befindliche Betriebsstätte (so genannte Entstrickung). Der Gesetzentwurf hat sich in diesem Fall für die uneingeschränkte und sofortige Be- steuerung entschieden und zwar zulasten der unterneh- merischen Flexibilität. Dabei zieht der steuerliche Zu- griff einen entsprechenden Liquiditätsabfluss beim Unternehmen nach sich, ohne dass diesem – wie im Fall einer Gewinn realisierenden Veräußerung – Liquidität zufließt. Dagegen soll beim Wegzug einer Privatperson ins Ausland die Steuer auf die stillen Reserven einer von ihr gehaltenen, mehr als 1-prozentigen Beteiligung an ei- ner Kapitalgesellschaft erst im Zeitpunkt der Veräuße- rung der Beteiligung erhoben werden. Zweitens. Bei der Umwandlung von Kapitalgesell- schaften in Personengesellschaften sollen verrechenbare Verluste, verbleibende Verlustvorträge und vom übertra- genen Rechtsträger nicht ausgeglichene Negativein- künfte nicht übergehen. Drittens: Verlustvorträge von Kapitalgesellschaften sollen bei der Umwandlung auf andere Kapitalgesell- schaften nicht geltend gemacht werden können. Dies ge- schieht offenbar aus Sorge, ausländische Verluste bei Hi- neinverschmelzungen berücksichtigen zu müssen. Die Folge ist, dass der bisher in Inlandsfällen geltende Über- gang der Verluste auf die Übernehmerin gestrichen wird. Dadurch könnten Umstrukturierungen erheblich behin- dert oder ganz verhindert werden. l a l Ü ü n D r ü a b i b s K u d s u P S s d f r z S n r g V e F a F z s d b l d d A b s h i d s n e k (C (D Viertens. Übernahmegewinne und Übernahmever- uste bei Umwandlung einer Kapitalgesellschaft auf eine ndere Kapitalgesellschaft sollen grundsätzlich steuer- ich unberücksichtigt bleiben. Allerdings werden bei bernahmegewinnen 5 Prozent dieser Gewinne für die bernehmende Körperschaft als Ausgaben fingiert, die icht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. as könnte ein Widerspruch zu Art. 7 der EU-Fusions- ichtlinie sein, der vorsieht, dass eine Besteuerung der bernehmenden Körperschaft bei einem Anteil von mehr ls 20 Prozent an der übertragenden Körperschaft unter- leibt. Fünftens: Mehrheitsbeteiligungen an Gesellschaften n Drittstaaten sollen nicht mehr steuerneutral einge- racht werden können. Bei der kritischen Prüfung dieser Punkte in den Aus- chussberatungen werden wir uns auch den von der EU- ommission erhobenen europarechtlichen Bedenken nd der vom Bundesrat am vergangenen Freitag gefor- erten Überarbeitung des Gesetzentwurfs stellen müs- en. Insbesondere die Entstrickungstatbestände mit der nterschiedlichen Behandlung von Unternehmen und rivatpersonen werden kritisiert. Ob wir uns als Gesetzgeber zur Rechtfertigung der ofortbesteuerung bei den Unternehmen auf eine Aus- age der Europäischen Kommission stützen sollten, die iese in Bezug auf § 6 des Außensteuergesetzes getrof- en hat, halte ich für fraglich. Danach steht der Bundes- epublik Deutschland „das unbestrittene Recht zu, Wert- uwächse seiner Steuerpflichtigen zu besteuern“. chließlich ist das Recht, Wertzuwächse zu besteuern, icht gleichzusetzen mit einem Recht zur Sofortbesteue- ung. Die Alternative zur Sofortversteuerung wäre eine Re- elung, welche die Besteuerung bis zum Zeitpunkt der eräußerung zurückstellt oder die anfallende Steuer für inen bestimmten Zeitraum zinslos stundet. Dies hält die inanzverwaltung für zu aufwendig und insgesamt nicht dministrierbar. Allerdings hat sich der Bundesrat am vergangenen reitag mit guten Argumenten für die Möglichkeit einer eitlich gestreckten Besteuerung stiller Reserven ausge- prochen. Danach soll ein bei der Beschränkung oder em Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts bzw. ei der Überführung eines Wirtschaftsguts von einer in- ändischen in eine ausländische Betriebsstätte entstehen- er Entnahmegewinn zumindest bei Wirtschaftsgütern es Anlagevermögens in einen den Gewinn mindernden usgleichsposten eingestellt werden. Dieser soll unter estimmten Voraussetzungen – bei abnutzbaren Wirt- chaftsgütern spätestens nach fünf Jahren – Gewinn er- öhend aufgelöst werden. Die hinter dieser Konstruktion stehende Überlegung st folgende: Die Sofortversteuerung könnte mit der Nie- erlassungsfreiheit des Art. 43 EG-Vertrages kollidieren, iehe EuGH, Rs. C-9/02 Lasteyrie de Saillant. Wenn ämlich die Ausgleichspostenmethode als milderes, aber benso wirksames Mittel zur Verfügung steht, gibt es eine Rechtfertigung für die Sofortversteuerung, welche 5332 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) folglich einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeits- grundsatz darstellen würde. Außerdem könnte ein Ver- stoß gegen Doppelbesteuerungsabkommen vorliegen. Fazit: Der vorliegende Gesetzentwurf ist wichtig und notwendig, weil er zum Teil Rechtsakte umsetzt, die auf europäischer Ebene erlassen wurden, und zum Teil deut- sche Gesetze den Vorgaben des Europäischen Gerichts- hofs in Luxemburg anpasst. Die grundsätzlichen Ziele – Erhöhung der Attraktivität des Standortes Deutsch- land, Sicherung des deutschen Steuersubstrats, Steuer- vereinfachung – sind durchaus zu begrüßen. Allerdings muss vermieden werden, dass die Unter- nehmen bei notwendigen Umstrukturierungen im inter- nationalen Wettbewerb behindert werden, ihre Steuerlast erhöht und Deutschland als Standort für Konzernspitzen unattraktiver wird. Wir werden also erheblichen Bera- tungsbedarf haben. Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Heute behan- deln wir in erster Lesung einen Gesetzesentwurf mit dem Namen „Entwurf eines Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrecht- licher Vorschriften“ – gut, dass es eine Abkürzung gibt: SEStEG. Mit dem SEStEG passen wir die Bestimmungen des deutschen Steuerrechts an die Vorgaben des europäi- schen Steuer- und Gesellschaftsrechts an. Das Gesetz dient der Umsetzung der Lissabonstrategie. Mit der Lissa- bonstrategie versuchen wir, die Produktivität und Inno- vationsgeschwindigkeit der EU zu erhöhen. Ziel dabei ist es, den europäischen Raum zum wettbewerbsfähigs- ten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu ent- wickeln. Mit diesem Gesetz werden wir die Anpassung der na- tionalen steuerlichen Vorschriften zur Umstrukturierung von Unternehmen vornehmen. Wir sind aufgefordert, folgende vier gemeinschaftsrechtliche Vorgaben in den nationalstaatlichen Gesetzesrahmen einzuarbeiten: Die Verordnung 2157/2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft, der Societas Europaea, kurz: SE; die SE ist also eine Rechtsform auf Grundlage des Gemeinschafts- rechts, nach der Unternehmen die Möglichkeit haben eine „Europäische Gesellschaft“ zu gründen; die Verord- nung 1435/2003 über das Statut der Europäischen Genos- senschaft, der Societas Cooperativa Europaea, kurz: SCE; die Richtlinie 2005/19/EG zur Änderung der Fusions- richtlinie und die Richtlinie 2005/56/EG über die Ver- schmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, die so genannte Verschmelzungsrichtli- nie. Hier ist schon zu ahnen, wie viele steuerrechtlich wichtige Gesetze in Folge dieser Anpassung berührt sein werden. Ich nenne die wichtigsten: Einkommen- steuergesetz, Einkommensteuer-Durchführungsverord- nung, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung, Umwandlungs- steuergesetz, Außensteuergesetz, Bewertungsgesetz und Finanzverwaltungsgesetz. s a g a e g n m d w r g R S n d t g U f I d u s w g g d w e R v r r K § g s b B s l s s E z u p r r D s t s V (C (D Die Anpassung des nationalen Rechts an das Gemein- chaftsrecht der Europäischen Union, EU, bietet uns uch die Möglichkeit, eigene politische Zielvorstellun- en im Rahmen des SEStEG zu verwirklichen. Ziel ist, uf der Grundlage der europarechtlichen Vorgaben eine inheitliche Rechtsgrundlage für alle inländischen und renzüberschreitenden Umstrukturierungen von Unter- ehmen zu schaffen. Damit werden auch Gestaltungs- öglichkeiten, also grenzüberschreitende Steuersparmo- elle, verhindert. Die Rechtsfolgen bei grenzüberschreitenden Um- andlungen und beim Verlust des deutschen Besteue- ungsrechts bei Grenzüberschreitung werden klar gere- elt. Damit trägt der Gesetzentwurf zu einer erheblichen echtsvereinfachung und Rechtssicherheit bei. Das EStEG leistet einen wichtigen Beitrag für die Pla- ungssicherheit der Unternehmen. Wir erwarten durch ie verbesserten Rahmenbedingungen, dass der Investi- ionsstandort Deutschland an zusätzlicher Attraktivität ewinnt. Das SEStEG ermöglicht künftig grenzüberschreitende mwandlungen und erleichtert den Unternehmen die reie Wahl der Rechtsform. Wir geben einen wichtigen mpuls, Unternehmen wieder in Deutschland anzusie- eln, hier zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen nd schließen damit weitere Lücken im bestehenden Be- teuerungssystem. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Ver- irklichung einer europaweit unverzichtbaren Steuer- erechtigkeit auf der Grundlage von Kooperation, einer emeinsamen Bemessungsgrundlage und Konkurrenz, ie sich über die Steuersätze einstellt. Last, but not least ollen wir natürlich das Steuersubstrat für Deutschland rhalten und trickreichen Umgehungen begegnen. Wesentliche steuerrechtliche Regelungen sind: Erstens. Die Sicherstellung der Besteuerung stiller eserven bei Rechtsträgerwechsel und bei Entnahme on Vermögen oder Verlust des deutschen Besteuerungs- echtes. Diese Regelungen unter Beachtung der europa- echtlichen Vorgaben erfolgen im Einkommensteuer- und örperschaftsteuerrecht, in § 4 Abs. l Satz 3 EStG und 12 Abs. l KStG. Die Besteuerung greift bei Wirtschafts- ütern, die im Rahmen einer grenzüberschreitenden Um- trukturierung in eine ausländische Betriebsstätte ver- racht werden und bei denen deshalb das deutsche esteuerungsrecht beschränkt wird. Der Gesetzentwurf ieht in diesen Fällen eine sofortige Besteuerung der stil- en Reserven vor. Dies wird unter Hinweis auf die Recht- prechung des Europäischen Gerichtshofs zum Teil kriti- iert. Es wird eine zinslose Steuerstundung gefordert. ine Steuerstundung ist unter Berücksichtigung des der- eitigen Stands der Harmonisierung der direkten Steuern nd der Zusammenarbeit der Finanzbehörden in der Euro- äischen Union jedoch nicht akzeptabel und europa- echtlich nicht zwingend. Denn deutsche Besteuerungs- echte würden dadurch nicht hinreichend sichergestellt. ies wird durch den Bericht der Europäischen Kommis- ion vom 8. Februar 2006 zur Beitreibungsrichtlinie un- erstrichen. In diesem Bericht kommt die EU-Kommis- ion selbst zu dem Ergebnis, dass die Erfolgsquote der ollstreckung von deutschen Steuerforderungen inner- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5333 (A) ) (B) ) halb der Europäischen Union bei durchschnittlich nur 1 Prozent der Forderungen liegt. Demgegenüber liegt die Erfolgsquote der deutschen Finanzbehörden bei der Bei- treibung ausländischer Steuerforderungen bei fast 39 Pro- zent. Es wäre wünschenswert, wenn sich die Opposition diesen grundsätzlichen Gedanken anschließen könnte. Zweitens. Das Umwandlungssteuergesetz, UmwStG, wird in seinem Anwendungsbereich auf grenzüber- schreitende Vorgänge geöffnet. Es wird dort aber auch geregelt, dass bei grenzüberschreitenden Fusionen ein bestehender Verlustvortrag der Überträgerin auf die Übernehmerin nicht übergeht. Mit dieser Regelung wer- den wir uns im Ausschuss sicher eine Weile beschäftigen müssen, denn so notwendig diese Regelung zur Verhin- derung von Steuergestaltung ist, so vorsichtig sollten wir dieses Instrument bei inländischen Fusionen anwenden. Mit dem Wissen, dass weder Inländer noch Ausländer steuerlich diskriminiert werden dürfen – natürlich auch sonst nicht –, ist dies keine leichte Aufgabe. Verfällt der Verlustvortrag bei einer Fusion grundsätzlich, kann das sachlich korrekt sein oder aber falsch und ungerecht. Dies ist ein fast nicht auflösbarer Widerspruch. Drittens. Sicherstellung von Besteuerungsrechten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen: Das Um- wandlungssteuergesetz war bisher auf inländische Vor- gänge beschränkt. Das SEStEG sieht Regelungen zur Sicherstellung der Besteuerungsrechte bei grenzüber- schreitenden Umstrukturierungen vor. Steuerneutrale Umwandlungen, bei denen die Buchwerte fortgeführt und keine stillen Reserven aufgedeckt werden, sind möglich, wenn das deutsche Besteuerungsrecht nicht eingeschränkt wird. Bei grenzüberschreitenden Um- strukturierungen, bei denen das deutsche Besteuerungs- recht eingeschränkt wird, muss der Ansatz der Wirt- schaftsgüter zum gemeinen Wert erfolgen, das heißt, stille Reserven werden aufgedeckt und versteuert. Viertens. Nachträgliche Besteuerung von Einbringun- gen: Das bisherige Modell, das Sonderregelungen für die Besteuerung von Anteilen, die ein Einbringer im Gegen- zug für eine Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft er- hält, und eine Missbrauchsklausel vorsah, wird abgelöst (§ 21 UmwStG, § 8 b Abs. 4 KStG, § 3 Nr. 40 S. 3 und 4 EStG; § 26 Abs. 2 S. l und 2 UmwStG). Stattdessen nehmen wir mit dem SEStEG eine nachträgliche Be- steuerung des zugrunde liegenden Einbringungsvor- gangs vor, wenn die eingebrachten Anteile innerhalb ei- ner Sperrfrist von sieben Jahren nach der Einbringung veräußert werden. Der nachträglich zu versteuernde Ein- bringungsgewinn ergibt sich dabei aus der Differenz zwischen dem gemeinen Wert des Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Einbringung und dem Wert, mit dem die aufnehmende Gesellschaft dieses angesetzt hat. Ohne Sonderregelungen würde die Einbringung von Vermögen in eine Kapitalgesellschaft im Austausch ge- gen Anteile der übernehmenden Kapitalgesellschaft und die anschließende Weiterveräußerung dieser Anteile auf- grund des Halbeinkünfteverfahrens niedriger besteuert als ein direkter Verkauf, bei dem der Veräußerungsge- winn voll zu versteuern wäre. e E u t g r l f a b e t s s m g ü e g V d D d w m d „ s d m v d a v V d § t M B W m s S d d r B u n z l e g n (C (D Nach den bisherigen Regelungen kam es allerdings zu iner Doppelbesteuerung der stillen Reserven auf der bene des Veräußerers einbringungsgeborener Anteile nd auf der Ebene der die eingebrachten Wirtschaftsgü- er veräußernden Kapitalgesellschaft. Die Neuregelung eht deshalb zum Grundsatz der nachträglichen Besteue- ung der im Zeitpunkt der Einbringung vorhandenen stil- en Reserven beim Einbringenden über. Hingegen er- olgt keine Versteuerung dieser stillen Reserven mehr uf der Ebene des Anteilseigners beim Verkauf der ein- ringungsgeborenen Anteile. Seine Anschaffungskosten rhöhen sich um die bei der Ermittlung des steuerpflich- igen Gewinns der Kapitalgesellschaft berücksichtigten tillen Reserven. Es erfolgt auch keine Versteuerung die- er stillen Reserven mehr auf der Ebene der überneh- enden Kapitalgesellschaft, wenn diese die Wirtschafts- üter verkauft. Auf Antrag wird der Bilanzansatz der bernommenen Wirtschaftsgüter um die stillen Reserven rhöht, wenn der Einbringer die auf den Einbringungs- ewinn entfallende Steuer entrichtet hat. Bei grenzüberschreitenden Umwandlungen sollen erluste einer Kapitalgesellschaft nicht mehr an eine an- ere Körperschaft übergehen können. Der Steuerstandort eutschland soll also vor dem Import von Verlusten urch grenzüberschreitende Umwandlungen geschützt erden. Wir sehen, dass mit diesem Gesetz die Steuereinnah- en des Fiskus sichergestellt werden sollen. In Schwe- en würde ich sagen können, das Gesetz zielt darauf, den Schatz des Volkes“, unseres Volkes, zu erhalten. Wir werden sicher viel Post erhalten, denn wenn Ge- taltungen, an die man sich gewöhnt hat, wegfallen, wird ies häufig als Verschärfung der Rechtslage wahrgenom- en, weil man sich nicht an der Vergangenheit erfreut – iele Steuern gespart. Nein, die Vergangenheit gerät in en Hintergrund und künftig korrekte Besteuerung wird ls Belastung empfunden. Hier gilt es vorsichtig und erantwortungsvoll vorzugehen. Deshalb müssen wir im erlauf des Gesetzgebungsverfahrens beispielsweise arauf achten, dass durch die geplante Änderung des 20 ff. UmwStG-E keine ungerechte und ungerechtfer- igte Benachteiligung für Konzerne entsteht, bei denen itgesellschafter in Drittstaaten ansässig sind. Ein gutes eispiel ist etwa das Unternehmen Freudenberg & Co in einheim, ein deutscher Personengesellschaftskonzern it mehr als 20 Drittstaatengesellschaftern. Steuergerechtigkeit, Gleichbehandlung und Planungs- icherheit sind Voraussetzungen für die Attraktivität des tandorts Deutschland. Bislang ist die Sicherstellung des eutschen Besteuerungsrechts bei grenzüberschreiten- en Sachverhalten in verschiedenen Einzelgesetzen ge- egelt oder beruht gar auf der Rechtsprechung des undesfinanzhofs, die durch Verwaltungsanweisungen mgesetzt werden muss. Diese Regelungen werden wir unmehr systematisch zusammenfassen. Mit der Umset- ung der europarechtlichen Vorgaben in nationalstaat- iches Recht gelten künftig europaweit die gleichen steu- rlichen Grundsätze für inländische und für alle renzüberschreitenden Umstrukturierungen von Unter- ehmen. Mit dem SEStEG schaffen wir ein Gesetz, mit 5334 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) dem wir die Gleichbehandlung von in- und ausländi- schen Unternehmen fest im deutschen Steuerrecht veran- kern. Dr. Volker Wissing (FDP): Der „Entwurf eines Ge- setzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einfüh- rung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG)“ klingt nicht nur schrecklich, er ist es auch. Der Gesetzentwurf von Schwarz-Rot ist ein Armutszeugnis für die Finanz- und Wirtschaftspolitik. Wenn CDU/CSU und SPD es schon nicht schaffen, die wirtschaftlichen Rahmenbedin- gungen in Deutschland attraktiv zu gestalten, dann ver- suchen sie zumindest die Unternehmen, die bei uns keine Perspektive mehr haben, in die Zange zu nehmen. Viel destruktiver kann die Finanzpolitik der großen Ko- alition nicht mehr werden. Mit Ihrem Gesetzentwurf machen Sie unser Land zur Mausefalle für Investitionen. Welcher ausländische In- vestor wird künftig noch in Deutschland investieren, wenn er sein Kapital damit in eine Sackgasse schleust? Ihr Gesetzentwurf ist nichts anderes als eine Strafsteuer auf unternehmerische Mobilität. So werden Sie jeden- falls keine Investitionen in unser Land holen. Dieser Versuch der Festschreibung von Unternehmensstand- orten via Steuerrecht ist unseres Landes unwürdig und er zeugt von wenig Selbstbewusstsein. Glauben Sie wirk- lich, dass der Standort Deutschland das verdient hat? Glauben Sie wirklich, Sie brauchen das Steuerrecht, um die Unternehmen im Land zu halten? Wenn Ihnen da nichts Besseres einfällt, haben Sie schon verloren. Statt unser Land für Unternehmen attraktiv zu gestal- ten und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass wieder in Deutschland investiert wird, beschränken Sie sich darauf, Betriebsverlagerungen aus Deutschland gewissermaßen unter Steuerstrafe zu stel- len. Unser Land hat wahrlich mehr verdient als eine Bundesregierung, die das Vertrauen in den Wirtschafts- standort Deutschland verloren hat und deshalb Barrieren für Unternehmen einführen will. Auch CDU/CSU und SPD müsste klar sein, dass Sie so bestenfalls einen Niedergang aufhalten können, aber niemals einen Aufschwung herbeiführen werden. Es zeigt sich einmal mehr: Das Einzige, was an dieser so genannten großen Koalition groß ist, das ist ihre Hilfs- und Konzeptionslosigkeit. Was ist denn aus dem „Mehr Freiheit wagen“ von Frau Merkel geworden? Was hat es, bitte schön, mit mehr Freiheit zu tun, wenn Sie die Un- ternehmen über das Steuerrecht am Standort zu halten versuchen? „Mehr Freiheit wagen“, das heißt für mich, dem Land auch etwas zutrauen. Es ist ganz sicher nicht schön, wenn Unternehmen abwandern. Deshalb sollten Sie sich einmal fragen, weshalb die Betriebe gehen. Un- ser eigentliches Problem ist nämlich nicht nur, dass die Unternehmen abwandern, sondern dass in Deutschland nicht mehr investiert wird. Und daran ändern Sie mit diesem Gesetz nichts. Im Gegenteil: Ihr Gesetz verhin- dert neue Investitionen. Die FDP hat Vertrauen in die Kraft unseres Landes. Wir trauen den Unternehmen und den Bürgerinnen und Bürgern etwas zu. Deshalb setzen wir auf eine konse- q k k u L L m R h L r L d g R m U R l S h E m z R u d w v s a s u ü i k f s d ü E d b p d S s w w U R f g d S i (C (D uente Entlastung. Wir sind überzeugt, dass Deutschland onkurrenzfähig ist und sich dem Wettbewerb stellen ann. Deutschland ist nicht schlechter als andere Länder nd deshalb brauchen wir dieses Gesetz nicht. Unser and braucht keine Antiabwanderungssteuer; unser and braucht eine Regierung, die entschlossen refor- iert, statt endlos diskutiert. Unser Land braucht eine egierung, die die Steuer senkt und nicht unentwegt er- öht. Unser Land braucht eine Regierung, die in der age ist, Investitionen ins Land zu holen, und nicht da- auf angewiesen ist, Unternehmen per Strafsteuer im and festzuhalten. Unser Land braucht eine Regierung, ie in der Lage ist, Zukunft zu gestalten und nach vorne erichtet zu regieren. Unser Land braucht eine andere egierung. Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Seit 1959, also seit ehr als 40 Jahren, wird auf Ebene der Europäischen nion über die Einführung einer internationalisierten echtsform für Unternehmen diskutiert. Ergebnis dieses angen Diskussionsprozesses ist unter anderem die chaffung der Europäischen Aktiengesellschaft als ein- eitliche Rechtsform und entsprechend das Statut der uropäischen Gesellschaft (SE), das seit 2001 als Rah- en existiert. Ziel war und ist es, Unternehmen, die über die Gren- en hinaus agieren, dieses zu erleichtern und einheitliche echtsnormen, zum Beispiel bei der Mitbestimmung nd den Gremien, zu setzen. Auch wenn aktuell noch äußerst wenig Unternehmen en Weg der Europäischen Aktiengesellschaft gehen ollen – in der Bundesrepublik beabsichtigen dies ganze ier Unternehmen –, sind einheitliche Vorschriften grund- ätzlich zu begrüßen. Begrüßenswert ist aus unserer Sicht uch, dass die Verordnung über das Statut der Aktienge- ellschaft den geringsten gemeinsamen Nenner darstellt nd es den Mitgliedstaaten der EU in vielen Bereichen berlassen bleibt, in welcher Form sie diese Rechtsform n ihren Ländern umsetzen wollen. Damit erhält die SE einen Sonderstatus neben den anderen Unternehmens- ormen. Sie lädt Unternehmen damit, beispielsweise im teuerlichen Bereich, auch nicht zu Gestaltungen ein, um ie Steuerlast weiter zu optimieren. Entsprechend liegt dem Bundestag der Gesetzentwurf ber steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der uropäischen Gesellschaft – SEStEG – vor. Dieser soll ie steuerlichen Vorschriften in der Bundesrepublik an etroffene Umstrukturierungen zur Gründung von euro- äischen Aktiengesellschaften anpassen. Dieser Gesetzentwurf hat bereits im Vorfeld sowohl ie Wirtschaft als auch das politische Umfeld gespalten: o monieren zum Beispiel Ländervertreter im Wirt- chaftsausschuss des Bundesrates, dass der Gesetzent- urf der Bundesregierung an verschiedenen Stellen „zu eit“ und über die EU-Fusionsrichtlinie hinausgeht. mgekehrt fordert der Finanzausschuss des Bundesrates egelungen, die das vorliegende Gesetz noch verschär- en. Dies verdeutlicht einmal mehr die aus unserer Sicht egenläufigen Interessen von Teilen der Wirtschaft auf er einen und der öffentlichen Hand auf der anderen eite. Denn Dreh- und Angelpunkt des Gesetzentwurfes st, unter welchen steuerlichen Bedingungen Unterneh- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5335 (A) ) (B) ) men fusionieren, Holdinggesellschaften und Töchter gründen und – nicht zuletzt – ihren Geschäftssitz bzw. ihre Vermögenswerte ins Ausland verlegen und – bei letzterem – dem Fiskus als Steuerzahler verloren gehen. Gerade für die Fälle der im Steuerdeutsch bezeichneten Entstrickung – der Verlagerung von Vermögenswerten der Unternehmen ins Ausland – sieht die Bundesregierung durch die vorliegenden Änderungen im Einkommen-, Körperschaft- und Außensteuerrecht Verschärfungen vor: So sollen in den Fällen, in denen zum Beispiel Vermö- gen das Unternehmen verlässt, Wirtschaftsgüter dem Zu- griff des Fiskus entzogen werden oder die Steuerpflicht im Inland endet, stille Reserven aufgedeckt und hier so- fort besteuert werden. Diese Regelung begrüßen wir. Nicht zuletzt der Europäische Gerichtshof selbst hat der Bundesrepublik das Recht zugestanden, die Wertzu- wächse seiner Steuerpflichtigen zu besteuern. Die sofortige Versteuerung der stillen Reserven in den Fällen, in denen das Besteuerungsrecht der Bundesre- publik eingeschränkt wird oder gänzlich wegfällt, wird allerdings als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit bewertet. Auch wenn wir diese Bewertung kritisch sehen, muss dies im Gesetzgebungsverfahren geprüft, gegebe- nenfalls europarechtskonform gestaltet oder aber eine Regelung für alle Unternehmen eingeführt werden. So gäbe es für die Bundesregierung zum Beispiel die Möglichkeit, bisher unversteuerte Wertzuwächse der Un- ternehmen, die stillen Reserven, grundsätzlich zu besteu- ern. Damit würde die Steuerlast nicht erst im Moment des Wegzuges des Unternehmens anfallen, europäisches Recht bliebe gewahrt. Gleichzeitig könnte der Fiskus durch die schrittweise Einführung der Besteuerung stil- ler Reserven Milliardensummen an Steuermehreinnah- men erzielen. So würden allein bei den Immobilien der Unternehmen durch die Anpassung der Buch- an die Ver- kehrswerte und entsprechende Versteuerung mittelfristig rund 10 Milliarden Euro jährlich mehr in die öffentlichen Haushalte fließen. Wir fordern die Bundesregierung auf, dies im Rahmen der Unternehmensteuerreform umzuset- zen. Darüber hinaus unterstützen wir die Bundesregierung ebenfalls darin, dass sie bei Fusionen von Unternehmen zukünftig verbieten will, dass ein Unternehmen die Ver- lustvorträge des anderen Unternehmens übernehmen kann. Gerade die Regelungen für Verlustvorträge sind in der Bundesrepublik großzügiger als in den Mehrzahl der anderen europäischen Staaten. Sie mindern die Steuerlast von Unternehmen in erheblichem Umfang. Deshalb sind sie bei Fusionen von Unternehmen äußerst willkommen, nicht selten sind sie sogar ein Grund für Fusionen. Am Ende des Jahres 2001 verblieben allein den Kapitalge- sellschaften in der Bundesrepublik Verluste in Höhe von fast 400 Milliarden Euro, die sie in die nächsten Jahre mitnehmen und entsprechend ihre Steuerzahlung schmä- lern konnten. Dies verdeutlicht die erhebliche Dimen- sion dieser Großzügigkeit für die öffentliche Hand. Um- gekehrt birgt eine grundsätzliche Beschränkung der Regelungen des Verlustausgleichs auch für inländische Unternehmen ein erhebliches Einnahmepotenzial. Auch hier fordern wir die Bundesregierung auf, im Rahmen der Unternehmensteuerreform die Verlustverrechnungs- regelungen für Unternehmen auf den europäischen D g s s s s v B m t w n b E w r d G G U d d R e R b s M d S p r ü e s r ü d B F b d o w b u e k B D n g v G b s (C (D urchschnitt zu kürzen. So könnten Verlustrückträge rundsätzlich abgeschafft und -vorträge auf fünf bis echs Jahre begrenzt werden. Dies würde die Einnahme- ituation der öffentlichen Haushalte erheblich verbes- ern. Grundsätzlich positiv bewerten wir auch die Vor- chriften zur so genannten Verstrickung zur Einführung on Vermögenswerten oder Wirtschaftsgütern in die undesrepublik. Hier sorgen Sie dafür, dass Unterneh- en nur wenn die stillen Reserven in Bezug auf das be- reffende Wirtschaftsgut zuvor aufgedeckt und versteuert urden, neue Abschreibungsmöglichkeiten in Anspruch ehmen können und weniger Steuern bezahlen. Zusammenfassend kann festgestellt werden: Die Pro- leme, die seitens verschiedener Experten bezüglich der uroparechts- und Verfassungskonformität aufgelistet erden, müssen im kommenden Gesetzgebungsverfah- en geprüft werden. Konsens für die Begleitung der SE urch steuerliche Maßnamen muss aber sein, dass die ründung einer SE nicht mit massiven steuerlichen estaltungsmöglichkeiten und damit Entlastungen für nternehmen einhergeht. Dieser Ansatz ist bisher durch en Gesetzentwurf im Wesentlichen gewahrt. Die Bun- esregierung lässt – zumindest bei einem großen Teil der egelungen – sogar eine erstaunenswerte Konsequenz rkennen. Nun sind Sie aufgefordert, diese Konsequenz auch im ahmen der kommenden Unternehmensteuerreform zu eweisen, wenn es darum geht, die steuerliche Bemes- ungsgrundlage für Unternehmen zu verbreitern. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): it der Einführung der Europäischen Gesellschaft und er Europäischen Genossenschaft haben wir erste chritte unternommen, damit Unternehmen sich euro- äisch aufstellen können. Das waren die gesellschafts- echtlichen Voraussetzungen. Jetzt, bei diesem Gesetz ber steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der uropäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer teuerlicher Vorschriften, geht es um eine Reihe steuer- echtlicher Fragen, mit denen weitere Hürden für grenz- berschreitende wirtschaftliche Tätigkeit abgebaut wer- en sollen. Für uns bleiben bei dem Entwurf, den die undesregierung vorgelegt hat, noch eine Reihe von ragen offen, die wir in den weiteren Beratungen und ei der anstehenden Anhörung klären müssen. Zunächst geht es bei der Gesetzesinitiative darum, ass Deutschland die EU-rechtlichen Vorgaben einhält, hne gleichzeitig sein Steuersubstrat zu verlieren. Es ird im Ausschuss zu diskutieren sein, ob die Wegzugs- esteuerung hier der richtige Weg ist. Viele Expertinnen nd Experten schätzen sie als europarechtswidrig ein: In inem einheitlichen Binnenmarkt darf es steuerrechtlich einen Unterschied machen, ob eine Betriebsstätte von erlin nach Hamburg oder nach Warschau verlegt wird. er Grundsatz, nach dem eine Verlagerung innerhalb ei- es Staates genauso behandelt werden muss wie eine renzüberschreitende Verlagerung, wird offenkundig erletzt. Ich meine, wir sollten uns gut überlegen, ob das esetz vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand ha- en wird. Denn die Unsicherheit, die durch schwebende teuerrechtliche Verfahren entsteht, sollten wir für die 5336 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Unternehmen, aber auch aus fiskalischen Gründen ver- meiden. Denn es bedeutet immer unkalkulierbare Risiken für den Bundeshaushalt, wenn aufgrund einer Entschei- dung des EUGH die Steuereinnahmen wegbrechen. Wir brauchen also in den Beratungen eine eindeutige Klä- rung der Frage, wie das Gesetz europarechtlich hieb- und stichfest gemacht werden kann. Klar ist aber auch, dass Deutschland ausreichende Steuereinnahmen braucht, um die von Privaten und Un- ternehmen in Anspruch genommenen öffentlichen Leis- tungen auf diesem hohen Niveau finanzieren zu können. Deswegen muss gelten: Wertzuwächse müssen für die deutschen Steuerbehörden greifbar sein. Deswegen muss es bei der Hebung von stillen Reserven zu einer Besteue- rung kommen, die den deutschen Fiskus berücksichtigt. Das kann in einem einheitlichen europäischen Wirt- schaftsraum, in dem das EU-Recht eine Ungleich- behandlung von In- und Ausländern verbietet, eigentlich nur mit der Einführung einer gemeinsamen Körperschaft- steuerbemessungsgrundlage geschafft werden. Hier muss die Bundesregierung – vor allem im Rahmen ihrer EU- Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr – für eine For- cierung des Verhandlungstempos sorgen. Kleinteilige Lösungen auf nationalstaatlicher Ebene bleiben hinter dem europäischen Ansatz weit zurück. Außerdem müs- sen wir sehen, ob die Bedenken des Bundesrates und großer Teile der Industrie stichhaltig sind. Von dieser Seite wird befürchtet, dass die deutschen Unternehmen über Gebühr belastet werden. Dann würde das Ziel, das mit der Einführung der Europäischen Gesellschaft und der Europäischen Genossenschaft verfolgt wurde, kon- terkariert. Wie das vermieden werden könnte, auch dazu sollen uns die weiteren Beratungen Aufklärung liefern. Auch bei einer anderen Vorschrift des Gesetzes drohen Konflikte mit dem Bundesrat und mit Vertretern der Wirt- schaft. Bei grenzüberschreitenden Fusionen sollen künf- tig keine Verluste mehr übertragen werden können. Denn es kann nicht angehen, dass sich deutsche Unternehmen durch die Übernahme von Schulden ihres Fusionspartners vor dem deutschen Fiskus arm rechnen können. Auch hier wird wieder deutlich, dass für einen Binnenmarkt nur eine konsolidierte Bemessungsgrundlage mit Verlustver- rechnung wirklich passt. Bei der Gesetzgebung wird es notwendig sein, hierbei die Balance zu wahren zwischen zwei berechtigten Anliegen: Einerseits wollen wir deut- schen Unternehmen Fusionsmöglichkeiten mit ausländi- schen Unternehmen nicht verbauen, andererseits gilt es, das deutsche Steuersubstrat zu sichern und für den Fiskus zugänglich zu machen. Wie dieser Spagat zu meistern ist, werden wir im Ausschuss diskutieren müssen. Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Informationspflicht für Unternehmen bei Datenschutzpannen ein- führen (Tagesordnungspunkt 26) Beatrix Philipp (CDU/CSU): Der Datenschutz ist ein Thema, das uns in den vergangenen Monaten recht oft beschäftigt hat und auch in Zukunft beschäftigen w S s – s s g n M d t D u m i V d n m K p b m z c „ te m e j V s d i B d H n l s S A e S d w g w R n g f S v s – d n (C (D ird. Und, was viele nicht erwarten: Es gibt eine chnittmenge zwischen den meisten Fraktionen in die- em Haus, das heißt einige Gemeinsamkeiten. Das ist weiß Gott – nicht selbstverständlich, jedoch nachzule- en in dem regelmäßig zum Datenschutzbericht gemein- am zustande gebrachten Entschließungsantrag. Bei dem heute von den Grünen vorgelegten Antrag eht es im Wesentlichen um eine Änderung oder – ge- auer – Ausweitung des Bundesdatenschutzgesetzes. it der vorgeschlagenen Regelung streben Sie eine eutliche Steigerung der Pflichten für die deutschen Un- ernehmen im Hinblick auf gespeicherte und verwertete atensätze an. Dass ausgerechnet Sie von den Grünen nd ausgerechnet im Bereich des Datenschutzes nachah- enswerte Beispiele in den USA finden würden, hätte ch mir bisher nicht träumen lassen, aber immerhin. Als orbild diente Ihnen in dem vorgelegten Antrag nämlich er „Security Breach Information Act“, der in Kalifor- ien seit dem 1. Juli 2003 gilt. Damit werden Unterneh- en dieses US-Bundesstaats dazu verpflichtet, ihre unden umgehend darüber zu informieren, „wenn deren ersönliche Daten möglicherweise nicht vertraulich ehandelt worden sind. Das ist der Fall, wenn Unterneh- en die Daten der Kunden nicht ordnungsgemäß schüt- en oder die Kunden nicht über unbefugte Zugriffsversu- he informieren“, so laut dem weltweit im Bereich Daten und Sicherheit“ agierenden Unternehmen Syman- c. Kommen die Unternehmen dieser Pflicht nicht nach, üssen sie mit einer zivilrechtlichen Klage oder einer instweiligen Verfügung rechnen. Es gibt also nicht nur uristische Konsequenzen, sondern bei entsprechender eröffentlichung wird es neben der zu erwartenden Ruf- chädigung auch zu einem Vertrauensverlust beim Kun- en kommen. So viel zur Situation in Kalifornien, wobei ch, mit Verlaub gesagt, jede Parallele zu den USA im ereich des Datenschutzes für bedenklich halte. Auch arüber haben wir uns schon mehrfach hier in diesem ause auseinander gesetzt. Wir können nicht auf der einen Seite die USA, in de- en fast alle Daten ungeschützt „kursieren“ und vor al- em bei den Bürgerinnen und Bürgern kaum Bewusst- ein für sensiblen Datenbestand existiert, als Vorbild in achen Datenschutz heranziehen, wie dies in diesem ntrag geschieht, andererseits aber – undifferenziert – in fast uneingeschränktes Recht auf informationelle elbstbestimmung einfordern, selbst dann, wenn es um en Bereich der inneren Sicherheit geht. Diese Meinung ird im Übrigen von den meisten Bürgerinnen und Bür- ern geteilt, wenn man Umfragen etwa zur Videoüber- achung glauben darf. Völlig selbstverständlich ist aber für uns, dass es eine echtsgrundlage geben muss. Auch wenn gestern im In- enausschuss im Zusammenhang mit dem Thema „Flug- astdaten“ das Fehlen einer solchen Rechtsgrundlage estgestellt werden musste – nach EU-Recht –, ist unser icherheitsstandard mit dem in anderen Ländern kaum ergleichbar. Dabei haben Datensicherheit und Daten- chutz einen sehr hohen Stellenwert. Insofern haben wir wie bei der zurzeit aktuellen Diskussion um die von er belgischen Firma SWIFT an die USA weitergegebe- en Daten – ein großes Problem. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5337 (A) ) (B) ) Wie wir immer wieder spüren, spielt der Antiterroris- muskampf in den USA vielleicht eine noch größere Rolle als bei uns. Jedoch sind die Ansprüche an wirk- same Rechtsgrundlagen und damit verbunden an die Rechtmäßigkeit des Umgehens mit Daten offensichtlich erheblich andere. Hier sind wir am entscheidenden Punkt: Der Antrag der Grünen suggeriert, dass es in Deutschland keine adäquate Regelung des Datenschut- zes in Bezug auf den Schutz der Bürgerinnen und Bürger gäbe. Das ist definitiv falsch. Ich nenne ein paar Beispiele: Das Bundesdaten- schutzgesetz regelt in § 4 zunächst die Zulässigkeit der Datenerhebung im Allgemeinen, die grundsätzlich von der Zustimmung des Betroffenen oder vom Bestehen ei- ner ausdrücklichen gesetzlichen Norm abhängt. In § 7 Bundesdatenschutzgesetz wird ausdrücklich ein Scha- denersatzanspruch des Betroffenen für den Fall, dass diesem aufgrund einer unzulässigen oder unrichtigen Er- hebung seiner Daten ein Schaden entstanden ist, zuge- standen. Insofern ist die Einführung eines Schadener- satzanspruches bereits erfolgt. Neu wäre in der Tat die Einführung eines Bußgeldtat- bestandes, der bereits „früher“ ansetzt. So heißt es in Ih- rem Antrag, dass die Konsumenten wissen müssten, ob die Gefahr bestehe, dass ihre Daten missbraucht werden könnten. Das könnte zum Beispiel schon zum Zeitpunkt der vermutlichen oder unmittelbaren Gefährdung der Daten etwa aufgrund eines Einbruchs oder ähnlicher Ge- schehnisse der Fall sein. Es wird zu überprüfen und zu überlegen sein, inwieweit tatsächlich eine gesetzliche Verankerung im Bundesdatenschutzgesetz angemessen wäre. An dieser Stelle erinnere ich an ein weiteres Thema, das wir uns in dieser Legislatur zur Aufgabe gemacht ha- ben: den Bürokratieabbau. Müssen wir uns nicht öfter fragen, ob das, was wir fordern, tatsächlich unabdingbar ist? Ist nicht unser Datenschutzgesetz ein so umfassen- des, dass es keiner „Erweiterung“ bedarf, dass es aber oft an der Umsetzung der Pflichten und Einhaltung der Re- geln mangelt? Belasten wir mit einer immer weiter aus- ufernden Gesetzgebung nicht gerade die erneut, die wir eigentlich entlasten wollen, Arbeitgeber, Mittelstand etc.? So wird auch die Frage nach dem Aufwand bei der Feststellung und dem Nachweis einer Sorgfaltspflicht- verletzung zu stellen sein. Schließlich bringen wir mit derartigen „Verfeinerungen“ gerade die „Kleinen“ in Be- drängnis: den Arzt, der nicht nach jedem Eintrag in die Patientenkartei den PC schließt, den Apotheker, bei dem die Kasse geplündert und die Reinigung, der das Auf- tragsbuch gestohlen wird. Kurz: Es gibt eine Menge Fragen, die zu beantworten sind. Abwägungen sind vorzunehmen und das richtige Maß ist zu finden. In der derzeitigen Form ist der Antrag nicht zustimmungsfähig. Wir stimmen aber einer Über- weisung in den Innenausschuss zu. Dr. Michael Bürsch (SPD): Der Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen beschäftigt sich mit ei- nem Problem, das aktuell und wichtig ist. Die unbefugte und auch kriminelle Nutzung persönlicher Daten, bei- s B p K e m m s t d S d m e b d f s s w U n Z h h d d s z z a s b e b u n e h R f R r l W s w S E e l i s b g (C (D pielsweise in Form von Identitätsdiebstählen, nimmt zu. ei einem Identitätsdiebstahl missbraucht jemand die ersönlichen Daten eines Dritten, um beispielsweise reditkartenbetrug oder Bankbetrug zu begehen. Das ist in ernst zu nehmendes Problem, dem wir uns widmen üssen. Aber gerade weil es sich um ein ernst zu neh- endes Problem handelt, müssen wir uns sehr genau an- ehen, wie wir diesem Problem begegnen. Die Grünen wollen eine Informationspflicht für Un- ernehmen einführen. Die Unternehmen sollen ihre Kun- en darüber informieren, wenn sie bei der Erhebung, peicherung oder Verwertung personenbezogener Daten er Kunden ihre Sorgfaltspflicht verletzt haben. Kom- en sie ihrer Informationspflicht nicht nach, sollen sie in Bußgeld zahlen. Hintergrund des Antrags ist offen- ar der kalifornische „Security Breach Information Act“, er Unternehmen verpflichtet, ihre Kunden sofort zu in- ormieren, wenn die vertrauliche Behandlung ihrer per- onenbezogenen Daten nicht mehr gewährleistet ist. Ich halte eine derartige Änderung des Bundesdaten- chutzgesetzes für überstürzt. Bevor hier tatsächlich ieder neue Vorschriften und Informationspflichten für nternehmen in das Bundesdatenschutzgesetz aufge- ommen werden, müssen einige Fragen geklärt werden: unächst müssen wir doch genau untersuchen, ob über- aupt Gesetzgebungsbedarf besteht. Reichen die beste- enden Instrumente im Datenschutzrecht, beispielsweise ie Kontrolle privater Unternehmen nach § 38 des Bun- esdatenschutzgesetzes, und die Straf- und Bußgeldvor- chriften der §§ 43 und 44 des Bundesdatenschutzgeset- es nicht vielleicht aus? Besteht hier tatsächlich Bedarf ur Erweiterung des Datenschutzrechts? Ist eine der- rtige Informationspflicht von Unternehmen überhaupt innvoll und wirksam zur Verhinderung von Datenmiss- rauch? Im Sinne des Bürokratieabbaus muss außerdem erst inmal geprüft werden, welcher Verwaltungsaufwand ei den verpflichteten Unternehmen entstehen würde, m etwa bestehende Missstände unverzüglich zu erken- en und darüber unverzüglich zu informieren. Denn nur ine zeitnahe Information kann meines Erachtens über- aupt sinnvoll sein. Steht dieser Aufwand dann noch in elation zu der Wirkung der Informationspflicht? Ich halte es auch nicht für sinnvoll, ohne nähere Prü- ung der Zusammenhänge ein Gesetz einer anderen echtsordnung zum Vorbild zu nehmen. Vor welchem echtlichen und tatsächlichen Hintergrund kam es in Ka- ifornien zu diesem „Security Breach Information Act“? elche Erfahrungen hat der US-Bundesstaat in der Zwi- chenzeit mit diesem Gesetz gemacht? Darüber hinaus äre es sicherlich sinnvoll, sich anzuschauen wie andere taaten mit diesem Problem umgehen und auch deren rfahrungen zu evaluieren, denn Datenmissbrauch ist in internationales Problem. Es gibt jede Menge offene Fragen. Das macht deut- ich, dass der vorliegende Antrag nicht entscheidungsreif st. Wie eingangs bemerkt, ist es gut, dass der Antrag un- ere Aufmerksamkeit auf das Problem des Datenmiss- rauchs lenkt; aber Hektik ist sicherlich kein guter Rat- eber bei der Gesetzgebung. 5338 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Gisela Piltz (FDP): Der Antrag will den Datenschutz verbessern und dabei vor allem vor Identitätsdiebstahl schützen. Diese Anliegen teilt die FDP uneingeschränkt. Gerade auch die zunehmende Ansammlung von Daten in der Hand Privater und die im Vordringen befindlichen Score- und Ratingverfahren, mit deren Hilfe zuneh- mende Bereiche der Privatwirtschaft ihre Auswahl an Vertragspartnern und die Art des jeweiligen Angebotes anhand der Attraktivität des möglichen Vertragspartners nach pauschalisierten Kriterien bestimmen will, geben Anlass, hier über eine Verbesserung der aktuellen Lage nachzudenken. Auch die Gefahr des „Identitätsdieb- stahls“ durch die unkontrollierte Verbreitung persönli- cher Daten muss sehr ernst genommen werden. Grund- sätzlich ist eine bessere Information der Verbraucher begrüßenswert. Die FDP will die Informationsfreiheit und die informierte Verbraucherentscheidung. Aber schlägt dieser Antrag geeignete Maßnahmen vor, um den Problemen beim Datenschutz zu begegnen? Wir haben hier in Deutschland ein komplett anderes Sys- tem als in den USA, um den Datenschutz zu gewährleis- ten. Hier existiert bereits ein etabliertes Schutzsystem mit betrieblichen Datenschutzbeauftragten. Die FDP hält das bewährte System der Datenschutzbeauftragten ge- genüber der Informationspflicht für Unternehmen bei Verstößen für sehr bewährt, da im Alltagsgeschäft auch eine präventive Wirkung erzielt wird und zudem eine ef- fektivere Kontrolle vorgenommen wird als in den USA. Die Frage kann also nur heißen: Wollen und vor allem brauchen wir diese Informationspflicht der Unternehmen zusätzlich zu unseren bestehenden Regelungen und wie passen diese Regelungen zusammen? Die Nutzung der Konsumentenmacht als Mittel zur verbesserten Durchsetzung individueller Rechte ist schwer dosierbar und reagiert letztlich unkontrollierbar und oft irrational. Die letztlich mittelalterliche Methode des Prangers ist weder gerecht noch zwangsläufig wirk- sam. Auf der einen Seite kann gelten: Ist der Ruf erst rui- niert, lebt es sich ganz ungeniert. Die Wirkung ist je nach Betätigung des Unternehmens sehr unterschiedlich. Auf der anderen Seite wird ein Institut für Meinungsfor- schung etwa nur noch schwer freiwillige Teilnehmer bei den Umfragen finden, wenn den betreffenden Personen bekannt ist, dass dieses Institut den Datenschutz nicht einhält. Die von den Grünen geforderte Informationspflicht hat auch noch andere unerwünschte Nebeneffekte. Es gibt keine „Resozialisierung“, die Wirkung entfaltet sich in der Zukunft, egal wie das Unternehmen sonst das Da- tenschutzniveau in der Vergangenheit gestaltet hat und in der Zukunft gestalten wird. Das ist ungerecht. Zudem ist schon fraglich, ob diese Regelung die Sen- sibilität in der Bevölkerung für die Gefahren im Bereich des Datenschutzes verbessert. Zahlreiche Bagatellmel- dungen können auch abstumpfen und damit genau das Gegenteil bewirken. Und letztendlich schafft die Informationspflicht für die Unternehmen weitere bürokratische Pflichten. Der Büroaufwand der Unternehmen und damit die Kosten s t r k Z r s u r b w t te ä v d b w d m B p p k g d n w s d R s t g t n d m b u t d w a g u S r r S t s A s k (C (D teigen. Angesichts des bestehenden Systems der be- rieblichen Datenschutzbeauftragten haben wir aber be- eits ein kostenintensives System. Die zweimalige büro- ratische Belastung der Unternehmen für denselben weck bedarf nach Ansicht der FDP schon der besonde- en Rechtfertigung. Wenn wir die Sache praktisch betrachten, dann unter- cheidet uns noch etwas entscheidend von den USA: Bei ns gibt es bereits veröffentlichte Berichte sogar von be- ufener Stelle. Die Berichte der Datenschützer und der etrieblichen Datenschützer existieren bereits. Machen ir ein verpflichtendes Datenschutzaudit und verpflich- en wir die Betriebe, die Berichte ihrer betrieblichen Da- nschutzbeauftragten jedem Geschäftspartner – ganz hnlich wie bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen – or Vertragsschluss zugänglich zu machen. Damit wäre ie informierte Verbraucherentscheidung um einiges esser sicherzustellen als eine breite und damit letztlich eitgehend wirkungslose Veröffentlichung. Denn dass ie im Antrag geforderte allgemeine Veröffentlichung ehr Aufmerksamkeit erregen soll als die regelmäßigen erichte der Datenschützer oder die veröffentlichungs- flichtigen Angaben aus dem Handelsregister, ist nicht lausibel. Eins zeigt dieser Antrag aber auch in aller Deutlich- eit: Es ist dringend notwendig, das Bundesdatenschutz- esetz endlich an die modernen Herausforderungen für en Datenschutz anzupassen. Das Recht auf informatio- elle Selbstbestimmung ist zunehmenden Gefahren eben egen der neuartigen Umgangsmöglichkeiten mit per- önlichen Daten durch die verbesserten Möglichkeiten er Datenaufbereitung zur Erstellung von Score- und atingwerten und durch die Technologie RFID ausge- etzt. Darauf muss in einem modernisierten Bundesda- enschutzgesetz angemessen reagiert werden. Was bei der Modernisierung des Bundesdatenschutz- esetzes auf die Tagesordnung gehört, ist die Informa- ion der von einer Datenschutzpanne betroffenen Perso- en. Es ist aus der Sicht der FDP sinnvoll, demjenigen, em Gefahren für sein informationelles Selbstbestim- ungsrecht drohen, stärkere Rechte in die Hand zu ge- en. Ein Informationsrecht, ein Schadenersatzanspruch nd ein Folgenbeseitigungsanspruch zugunsten der Be- roffenen und ein Recht auf Sammelklage würden wohl er Effektivität des Schutzes vor Datenschutzverstößen eitaus besser gerecht als die in dem Antrag geforderte llgemeine Informationspflicht. Welche durchschla- ende Wirkung diese Instrumente haben können, wird ns auch gerade in den USA demonstriert. Dort werden ammelklagen gegen AOL wegen einer datenschutzwid- igen Veröffentlichung von Suchanfragen eingereicht. Bei und 660 000 Betroffenen und mindestens 5 000 Dollar chadenersatz pro Person droht damit AOL nach Exper- enmeinung eine Klage über 3,3 Milliarden Dollar. Das ind dann auch für die Privatwirtschaft durchschlagende rgumente für einen ausreichenden Datenschutz. Jan Korte (DIE LINKE): Um es gleich vorweg zu agen: Ich finde diesen – zugegebenermaßen etwas leinteiligen – Antrag der Grünen unterstützenswert. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5339 (A) ) (B) ) Angesichts spektakulärer Datenschutzpannen in der Ver- gangenheit ist eine Informationspflicht für Unternehmen absolut notwendig. Es handelt sich dabei selten um Ka- valiersdelikte oder Bagatellen, sondern wir haben es mit der hoch technisierten und automatisierten Datenverar- beitung, die auch schon kleinste Unternehmen betreiben, mit einem Kernbereich schutzwürdiger Belange von Bürgerinnen und Bürgern zu tun. Auf der einen Seite geht es um das Vertrauen, dass ich als Kunde meine Da- ten in gute Hände gebe. Auf der anderen Seite geht es um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, also das Recht, selbst entscheiden zu können, welche In- formationen ich öffentlich mache und wie ich damit in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden will. Vor diesem Hintergrund ist es beispielsweise bedenk- lich, dass das Berliner Verwaltungsamt mit den Abrech- nungen von Pensionären sensible Daten anderer Pensio- näre verschickte. Ursache war eine Computerpanne. In Kiel warfen Mitarbeiter eines Klinikums ärztliche Atteste, Anschriften von therapierten Kindern, interne Dokumente mit Patientendaten und ganze Krankheits- verläufe in eine öffentlich zugängliche Mülltonne, an- statt diese Unterlagen zu schreddern. 2001 konnten Sparkassenkunden, die sich in das On- line-Banking einloggten, gleich die Kontodaten zahlrei- cher anderer Kunden betrachten. Die Protokolle einer Notenkonferenz mit Hinweisen wie „Wolfgang kriegt keinen ordentlichen Satz zu Pa- pier“ oder „Fritzchen stand kurz vor dem Selbstmord“ fanden sich auf einem ungesicherten Laufwerk einer Schule und wurden als Pausengag auf dem Schulhof ver- teilt. Im Microsoft-Fanshop konnte man im Jahr 2000 durch kleine Änderungen in der Browserzeile auf Daten anderer Kunden des Shops zugreifen. Erst im April geriet der DSL-Anbieter „DSL on Air“ in die Kritik, weil selbst technisch unbegabte Menschen auf komplette Kundendaten einschließlich Auftragssta- tus und Bankverbindung nicht nur zugreifen, sondern auch Änderungen vornehmen konnten. Diese Beispiele zeigen, dass die mit treuen Augen ab- gegebenen Versprechen vieler Unternehmen, sorgsam und verantwortungsbewusst mit Kundendaten umzuge- hen, oft das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrie- ben sind. Vor diesem Hintergrund scheint es mir sinn- voll, analog zu den gerade diskutierten Regelungen in Sachen Gammelfleisch, Kunden und die allgemeine Öf- fentlichkeit nicht darüber in Unkenntnis zu lassen, wer fahrlässig mit den ihm anvertrauten Daten umgeht. Wie beim Gammelfleisch kann eine solche Informa- tionspflicht jedoch nur eine Seite der Medaille sein, weil dann das Kind sozusagen schon in den Brunnen gefallen ist. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass der Datenschutz nicht als lästiges Hindernis auf dem Weg zu Gewinnen angesehen wird, sondern als Teil der Qualitätsphiloso- phie und der Verantwortung den Partnern des Unterneh- mens gegenüber. Daher bedarf es noch weiterer Schritte. b l u l F z h u F i g s S s T n L g F F s d g l m s V t d m B d m h a L t r d g p M v s e B k b e d t B s E s (C (D Schlampigkeit wie Vorsätzlichkeit muss nicht nur ußgeldbewehrt sein. Es müssen auch klare und vor al- em weiter gehende Regelungen zu Schadensansprüchen nd Haftung getroffen werden. Die einschlägigen Rege- ungen im TMG reichen bei weitem nicht aus, wie der all eines Frauenhauses in der Nähe von Tübingen eigte. Dort hatte die Telekom die Anschrift des Frauen- auses trotz Sperrvermerk im Telefonbuch veröffentlicht nd die Daten an zahlreiche Adresshändler verkauft. Das rauenhaus musste schließen, die Bewohnerinnen und hre Kinder wurden kurzerhand in städtische Wohnun- en und andere Frauenhäuser umquartiert. Der Verein tand daraufhin vor dem Aus, weil der Schaden, den die chlampigkeit der Telekom verursachte, deutlich in den echsstelligen Bereich ging. Natürlich weigerte sich die elekom, Schadensersatz zu leisten, weil man der Mei- ung war, dass der Verrat von Kundengeheimnissen zum ebensrisiko gehört. Ein Telekommanager ließ sich so- ar damit zitieren, dass es doch ganz gut sei, wenn das rauenhaus nun bekannter sei. In solch gravierenden ällen muss nicht nur ein Schadensersatz fällig sein, ondern auch eine saftige Strafe. Es gibt also noch viel zu tun. Das Problem ist doch, ass die Novelle des Datenschutzrechts 2001 in einem uten Ansatz stecken geblieben ist. Gerade von den Kol- eginnen und Kollegen der Grünenfraktion würde ich ir da das eine oder andere selbstkritische Wort wün- chen. Wir brauchen das Auditgesetz, wir brauchen eine ernetzung der Kontrollinstanzen, die Stärkung der be- rieblichen und behördlichen Datenschutzbeauftragten, as Arbeitnehmerdatenschutzgesetz und vieles andere ehr. Was wir aber vor allem brauchen, ist die Einsicht der undesregierung, dass nicht nur für private Stellen, son- ern auch und gerade für staatliche Stellen der Umgang it Daten sensibel ist und dass der Datenschutz eine ohe Wertschätzung verdient. Tatsächlich ist der Staat ber die übelste Datenkrake von allen. Im Falle des auschangriffs, des neuen Reisepasses oder der Anti- errordatei ist es Vorsatz. Bei der Vorratsdatenspeiche- ung treffen sich Vorsatz und Schlampigkeit. Im Falle er skandalösen Datenschutzlücken beim Arbeitslosen- eld II und der Software A2LL ist es schlicht Schlam- igkeit, gepaart mit einer ordentlichen Portion Ignoranz. it der Volkszählung wird die Koalition dem Ganzen ermutlich noch die Krone aufsetzen. Was wir also brauchen, ist die Einsicht, dass Daten chützenswert sind und dass man den Datenschutz nicht infach unter der Überschrift „Bürokratieabbau“ über ord wirft, wie es die große Koalition gerade tut. Leider ann der Deutsche Bundestag eine solche Einsicht nicht eschließen. Aber wir sollten uns wenigstens an unsere igenen Beschlüsse erinnern, wie zum Beispiel an Bun- estagsdrucksache 14/9490 – Entschließung zum 18. Tä- igkeitsbericht des Bundesdatenschutzbeauftragten –, undestagsdrucksache 14/9709 – Beschluss „Umfas- ende Modernisierung des Datenschutzes“ – oder die ntschließung zum 19. Tätigkeitsbericht des Daten- chutzbeauftragten auf Bundestagsdrucksache 15/4597. 5340 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Dann müssten wir hier nicht zu später Stunde klein- teilige Anträge diskutieren, sondern schafften ein moder- nes Datenschutzrecht, das diesen Namen auch verdient, indem es den Datenschutz im Steuerrecht, in der Gen- technik und den Arbeitnehmerdatenschutz realisiert, da- tenschutzgerechte Technik fordert und vor allem gleiche Schutzniveaus in allen Bereichen herstellt. Schauen Sie dazu einmal in den 20. Tätigkeitsbericht des Bundesda- tenschutzbeauftragten. Auf Seite 22 sind die bekannten Vorschläge alle aufgelistet. Aber wie ich hörte, gibt es im Innenausschuss schon Mitglieder, die diesen Tätig- keitsbericht nicht einmal diskutieren wollen, weil er schon so lange zurückliegt, der neue bald kommt und man ja nicht für nichts und wieder nichts die Auseinan- dersetzung mit diesem Bericht behindert haben will. Sie sehen, Teil des Problems sind also nicht nur die Unternehmen, sondern auch der Staat selbst, der nicht nur nicht mit gutem Beispiel vorangeht, sondern sich selbst als Datenschleuder betätigt. Auch in diesem Sinne bin ich dafür, nicht nur privatwirtschaftliche Sünder zu benennen, sondern beispielsweise Innenminister Schäuble in einer wöchentlichen Datenschutzbeichte so lange öffentlich auftreten zu lassen, bis auch der letzte verstanden hat, dass wir mit dem Datenschutz endlich in die Pötte kommen müssen. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Deutschland war nach dem grundlegenden Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts lange Jahre Vorreiter in Sachen Datenschutz. Einiges davon ist bis heute geblieben. Denken wir nur an die unabhängige Rolle des Bundesdatenschutzbeauftragten. Wir haben hier Standards gesetzt für die europäische Rechtsent- wicklung. Allerdings ist unser Datenschutzrecht vielfach schlicht in die Jahre gekommen. So nimmt unser Gesetz noch nicht hinreichend auf, dass eine immer größere Ge- fahr für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gerade auch von nichtöffentlichen Stellen ausgeht. National und international steigt die Zahl der so ge- nannten Identitätsdiebstähle. Die Fälle von Kreditkarten- betrug durch die missbräuchliche Verwendung von Iden- tifizierungsdaten nehmen immer größere Ausmaße an. Durch das so genannte Pishing im Online-Banking ent- steht pro Jahr ein grob geschätzter Schaden von 4,5 Mil- lionen Euro. Wir wollen sicherstellen, dass Angriffe auf die IT-Systeme von Unternehmen, die mit personenbe- zogenen Daten arbeiten, umgehend an die Kunden ge- meldet werden müssen. Wir brauchen hier mehr Trans- parenz, wir müssen die Schutzrechte der Betroffenen stärken und Anreize setzen auf mehr präventive Datensi- cherheit in den Unternehmen. Der Markt allein wird dies nicht regeln. Das deutsche Datenschutzrecht ist hier nicht mehr auf der Höhe der technischen und wirtschaft- lichen Entwicklung. Die Benachrichtigungspflichten des § 20 BDSG sowie die damit eng zusammenhängenden Berichtigungsansprüche in § 35 des Bundesdatenschutz- gesetzes beinhalten zu viele Ausnahmetatbestände. Ob- wohl mit der Novelle des Gesetzes nunmehr in § 7 ein eigenständiger Schadensersatzanspruch des Betroffenen b S E d G V z n s e w l G t S U 1 t s r D r t d ü d g d b b B w U v z c b l Ü a f g u m w k t g s i i S F t w (C (D esteht, greift auch dieser zu kurz. Die Beweispflicht für orgfaltspflichtverletzungen liegt bei dem Betroffenen. s ist an der Zeit, diesen Umstand zu ändern. Ich sage as ganz offen: Es wäre das Beste, nicht am bestehenden esetz herumzuflicken, sondern die weit gediehenen orarbeiten für ein völlig neues Datenschutzgesetz auf- ugreifen. Ich hoffe sehr auf ein Signal des Bundesin- enministers, hier entschlossen voran zu gehen. Andere Länder sind beim Schutz der Konsumenten chon weiter. Das gilt in bestimmten Fällen sogar für inzelne Bundesstaaten der USA. Da reibt man sich ver- undert die Augen. Während wir etwa bei der Behand- ung der Flugdaten europäischer Passagiere oder beim eldtransfer riesige Probleme mit den Vereinigten Staa- en haben, ist Arnold Schwarzenegger hier Wolfgang chäuble voraus. Der so genannte Security Breach Information Act des S-Bundesstaats Kalifornien gilt dort bereits seit dem . Juli 2003. Wer als Unternehmen geschäftliche Kon- akte zu Bürgern dieses Bundesstaats unterhält, muss eine Kunden über Datenschutzpannen sofort informie- en. Ist die vertrauliche Behandlung personenbezogener aten nicht mehr gewährleistet, muss das Unternehmen eagieren, sonst kann es sich sogar schadensersatzpflich- ig machen. Diese gesetzliche Neuregelung hat für an- ere US-Bundesstaaten bereits eine Vorbildfunktion bernommen. In der Praxis haben diese Gesetzeswerke azu geführt, dass Informationen über solche Verletzun- en mehr und mehr öffentlich bekannt gemacht werden. Wir haben einen Antrag im Bundestag eingebracht, der ie Grundgedanken der US-Regelungen aufgreift. Auch ei uns sollen zum Schutz der Verbraucherinnen und Ver- raucher hier tätige Unternehmen zu einer umfassenden ekanntmachung von Datenschutzpannen verpflichtet erden. Wir fordern, dass Unternehmen bei fahrlässigem mgang mit personenbezogenen Daten ihrer Kunden zi- ilrechtlich Schadensersatz leisten müssen. Diese Verlet- ungen ihrer Sorgfaltspflicht gilt für die Erhebung, Spei- herung und Verwertung personenbezogener Daten der etroffenen Personen. Mit einer bloßen Verpflichtung al- ein ist es aber nicht getan. Das Gesetz sollte – nach einer bergangsphase – den Datenschutzaufsichtsbehörden uch die Möglichkeit geben, Ordnungswidrigkeitenver- ahren für besonders renitente Unternehmen zu verhän- en, die grob fahrlässig ihre Schutzpflichten verletzen nd ihren Transparenzverpflichtungen nicht nachkom- en. Wir sind davon überzeugt, dass wir hier auch einen irksamen Beitrag zu Kriminalitätsbekämpfung leisten önnen, weil mehr Sorgfalt und Transparenz bei den Un- ernehmen den kriminellen Nutznießern von zu niedri- en Sicherheitsstandards das Handwerk legt. Die Men- chen müssen wissen, wann die Gefahr besteht, dass mit hren Daten Missbrauch getrieben werden kann. Ich er- nnere auch hier an die USA, wo solche staatlichen anktionen durch die Handels- und Wettbewerbsbehörde ederal Trade Commission, die Federal Communica- ions Commission oder die Bankenaufsicht verhängt erden können. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5341 (A) ) (B) ) Ich hoffe, die Regierungsfraktionen zeigen sich in den Fachausschüssen offen für die Debatte dieses neuen An- satzes. Die Innovation in der Informationsgesellschaft muss einhergehen mit der Modernisierung des Daten- schutzrechtes. Anlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Biokraftstoffquote durch Än- derung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und zur Änderung energie- und stromsteuer- rechtlicher Vorschriften (Biokraftstoffquotenge- setz – BioKraftQuG) (Tagesordnungspunkt 25) Norbert Schindler (CDU/CSU): Wir haben am Donnerstag, dem 29. Juni 2006 das Gesetz zur Neurege- lung der Besteuerung von Energieerzeugnissen und zur Änderung des Stromsteuergesetzes beschlossen, dessen Inhalt unter anderem die Neuordnung der Förderung der biogenen Kraftstoffe in der Bundesrepublik Deutschland war. Das Gesetz sah im Wesentlichen folgende Maßnah- men vor: Der bisherige Katalog der Steuergegenstände des Mineralölsteuergesetzes wurde im Energiesteuerge- setz insbesondere um folgende Energieträger erweitert: bestimmte pflanzliche Öle und tierische und pflanzliche Fette, die zur Verwendung als Kraft- oder Heizstoff be- stimmt sind und nicht teilweise aus Kohlenwasserstoffen bestehen, Kohle (Steinkohle, Braunkohle, Koks etc.), be- stimmte synthetische Erzeugnisse, zum Beispiel Metha- nol, die als Heizstoff bestimmt sind, Erdgas und gasför- mige Kohlenwasserstoffe, die als Kraftstoffe nicht in Fahrzeugen, sondern zum Beispiel in ortfesten Motoren verwendet werden, Flüssiggase, die unvermischt mit an- deren Energieerzeugnissen als Kraftstoff nicht in Fahr- zeugen, sondern zum Beispiel in ortfesten Motoren ver- wendet werden. Darüber hinaus wurde der Begriff „Verheizen“ definiert und somit klargestellt, welche Mi- neralöle der Mineralölsteuer unterworfen sein werden. Gleichzeitig wurden Nachteile für Unternehmen des pro- duzierenden Gewerbes, die durch die frühere deutsche Auslegung des Begriffes „Verheizen“ begünstigt waren, vermieden bzw. weitere Verwendungszwecke im produ- zierenden Gewerbe steuerlich begünstigt. Mit diesem Gesetz hat die Koalition den Grundstein für eine zukunftsweisende Besteuerung von Energieträ- gern gelegt. Dies war für die Bundesrepublik Deutsch- land ein großer Schritt, um dem Ziel, die Verpflichtun- gen aus dem Kiotoprotokoll zu erfüllen, näher zu kommen. Mit dem Energiesteuergesetz sind wir wegweisend für Europa. Aber mit diesem Gesetz allein ist es nicht getan! Denn nur in Verbindung mit dem heute in erster Lesung zu beratenden Biokraftstoffquotengesetz können wir den Spagat zwischen Sicherung der Wertschöpfung im ländlichen Raum und dem Schutz der heimischen Produktion im Biokraftstoffbereich, der Vermeidung ei- ner wettbewerbsverzerrenden Situation im deutschen u s z e z f a n p t m s w s s B A s t c w k p K r v k c k k t w M p Q l p w t l k w B M C r r l d r – h p s H ü (C (D nd europäischen Kraftstoffmarkt und den finanzpoliti- chen Zwängen vollbringen. Aus diesem Grund gab es schon bei den Beratungen um Energiesteuergesetz hitzige Debatten darüber, wie in im Jahre 2007 in Kraft zu setzender Beimischungs- wang von Biokraftstoffen zu mineralischen Kraftstof- en ausgestaltet sein muss. Dabei muss das Augenmerk uf die sinnvolle Verwertung von 4 bis 5 Millionen Ton- en Einheiten an Biokraftstoffen aus deutscher und euro- äischer Agrarproduktion gerichtet sein, die vom gesam- en Energiebereich aufgenommen werden sollen und üssen, damit unsere und die Vorgaben der Europäi- chen Union erfüllt werden können. Gleichzeitig haben ir dafür zu sorgen, dass Deutschland seine technologi- che Energieführerschaft bei den nachwachsenden Roh- toffen auch in Zukunft behalten wird. Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum iokraftstoffquotengesetz ist es daher, den weiteren usbau der Biokraftstoffe auf eine tragfähige Basis zu tellen, die mit der Förderung der Biokraftstoffe verfolg- en energie- und umweltpolitischen Ziele Versorgungssi- herheit und Klimaschutz zu sichern sowie durch den eitgehenden Ersatz der Steuerbegünstigung der Bio- raftstoffe durch eine unternehmensbezogene Quoten- flicht einen Beitrag zum Subventionsabbau und zur onsolidierung des Bundeshaushaltes zu leisten. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Mine- alölwirtschaft ab dem 1. Januar 2007 ordnungsrechtlich erpflichtet, einen wachsenden Mindestanteil von Bio- raftstoffen, jeweils bezogen auf den gesamten jährli- hen Absatz eines Unternehmens an Otto- oder Diesel- raftstoff, zu vertreiben. Die Quotenregelung ist so onzipiert, dass sie einfach, unbürokratisch und mit ver- retbaren Kosten für die Verbraucher und die Mineralöl- irtschaft umgesetzt werden kann. Gleichzeitig werden echanismen eingebaut, die die Erfüllung der Quoten- flicht und die Überwachung der Einhaltung der uotenverpflichtungen sicherstellen und dafür gewähr- eisten, dass Unternehmen, die gegen ihre Quotenver- flichtung verstoßen, wirtschaftlich nicht besser gestellt erden als Unternehmen, die sich gesetzestreu verhal- en. Damit künftigen – vor allem technischen – Entwick- ungen insbesondere im Bereich der so genannten Bio- raftstoffe der zweiten Generation Rechnung getragen erden kann, sind mehrere Verordnungsermächtigungen estandteil des Gesetzentwurfs. Hierüber soll auch die öglichkeit geschaffen werden, Nachhaltigkeits- oder O2-Kriterien in das Quotensystem zu integrieren. Da- über hinaus werden die Steuerbegünstigung und die Be- ücksichtigung bei der Biokraftstoffquote an die Erfül- ung der einschlägigen Qualitätsnormen gebunden. Mit iesen Verordnungsermächtigungen werden die im Be- icht des Finanzausschusses zum Energiesteuergesetz Bundestagsdrucksache 16/2061 – geforderten Nach- altigkeitsvorgaben im Sinne der EU-Cross-Com- liance-Regelung oder der positiven CO2-Bilanz umge- etzt, um Aufschluss sowohl über die Herkunft und die erstellung der Rohstoffe für die Biokraftstoffe als auch ber die Zusammensetzung des Biokraftstoffes Auf- 5342 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) schluss geben zu können. Ebenso wurde die Forderung des Finanzausschusses umgesetzt, für die in der Ent- wicklung befindlichen Biokraftstoffe der 2. Generation eine verlässliche Perspektive zu schaffen, indem sie vor- behaltlich einer beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission unter Berücksichtigung der Über- kompensationsregelung bis 2015 – auch innerhalb der Quote – degressiv steuerbegünstigt werden. Diese Pro- dukte verfügen heute noch nicht über eine Marktreife wie andere Biokraftstoffe, sodass die Förderung nicht ausschließlich über die Beimischung geregelt werden kann. Biogas und Bioethanol in Form von E85 und aus Zellulose gewonnene Alkohole werden ebenfalls bis Ende 2015 steuerbegünstigt. Entscheidend für die weitere Zukunft der Biokraft- stoffe aller Generationen ist die Absicht, die Biokraft- stoffquoten entsprechend den Entwicklungen im Biokraftstoffsektor und der europäischen Rahmenbedin- gungen schrittweise anzuheben. Dabei ist mir der Zeit- horizont, dies erst nach 2010 tun zu wollen, viel zu spät. Deshalb plädiere ich für eine frühzeitige Festlegung von höheren Gesamtquoten deutlich über 6 Prozent schon ab 2009, damit das heute technisch Machbare entsprechend der derzeit geltenden Norm auch umgesetzt wird. Zu- gleich soll sich die Mineralölindustrie langfristig auf die erhöhte Biokraftstoffquote einstellen können. Mit diesem Gesetzentwurf wird die Mineralölwirt- schaft in Deutschland und Europa wenn sie auf dem deutschen Markt tätig bleiben möchte verpflichtet, einen Anteil von 4,4 Prozent Biodiesel im gesamten Diesel- kraftstoffabsatz sicherzustellen, was ihr sicherlich sehr leicht fallen wird. Um die schwierigere Beimischung von Bioethanol zu Ottokraftstoff zu gewährleisten, wurde den Mineralölunternehmen eine Übergangszeit bis 2009 ermöglicht, in dem diese sukzessive Biokraft- stoffe beimischen können. Hier beträgt der Anteil min- destens zwei Prozent; das mittelfristige Ziel muss jedoch 5 Prozent sein. Im Ergebnis wird die Umsetzung der Quote, auch wenn sie – entsprechend meinen Vorstellungen – im Ge- setzgebungsverfahren noch erhöht werden sollte, weder für die Kalkulation der Mineralölunternehmen ein un- überwindliches Hindernis sein noch das Preisniveau an den Tankstellen entscheidend verändern. Warnen möchte ich schon heute vor großen Preissprüngen an den Tank- stellen ab 1. Januar 2007 mit der Begründung, der Ge- setzgeber habe dies durch die Beimischungspflicht so gewollt und die Ölmultis müssten sich dem beugen und könnten dies nur durch Überwälzung „hoher“ Kosten auf die Verbraucher. Zurück zur Intention des Gesetzentwurfes als ent- scheidenden Schritt „weg vom Erdöl“: Das Biokraft- stoffquotengesetz ist durch die Verbindung von Umwelt- schutz und Ökonomie im besten Sinne des Wortes nachhaltig. In jüngsten Veröffentlichungen des Münche- ner Wirtschaftsinstitutes ifo zu Bioethanol und Biodiesel werden in der Biokraftstoffwirtschaft 86 000 Arbeits- plätze in Deutschland veranschlagt, denen mit den vor- gesehenen Regelungen eine gute Zukunftsperspektive prognostiziert werden kann. i K b t d w v R h E f e d f d b a k k m a d N s s l v b m K s l K u s b D s w V D c u r r v M O s H (C (D Dennoch muss über einige Punkte geredet werden, da m Gesetzentwurf nicht alle Aspekte einer sinnvollen reislaufwirtschaft berücksichtigt worden sind. So ist ei uns die Herstellung von Biodiesel aus tierischen Fet- en auf die der Kategorie III beschränkt, während in an- eren europäischen Staaten alle Fette weiterverarbeitet erden können. Zudem kann das Endprodukt nicht un- ermischt der Beimischung zugeführt werden. Des Weiteren wird im Biokraftstoffquotengesetz der einstoffmarkt nicht mehr berücksichtigt. Doch auch ier müsste auf den Bericht des Finanzausschusses zum nergiesteuergesetz Bezug genommen werden, in dem estgelegt worden ist, dass in den nächsten zwei Jahren ine Überprüfung der Kompensation stattfinden wird, ie im Übrigen auch zu einer Senkung der Besteuerung ühren könne. Ob nach den zwei Jahren eine Änderung er Steuersätze notwendig werden wird, kann heute ins- esondere aufgrund des Weltmark-Rohölpreises nicht bgesehen werden. Aber es bleibt festzuhalten: Derzeit und in naher Zu- unft haben wir in Deutschland zwei Märkte für Bio- raftstoffe: den Beimischungsmarkt und den Reinstoff- arkt. Dies sollten wir nicht aus den Augen verlieren. Wieder einmal liegt eine harte Arbeit vor uns, die wir, ls „Große Koalition“ bis Ende Oktober meistern wer- en, damit das Biokraftstoffquotengesetz pünktlich Ende ovember verkündet werden kann. Ich weiß, dass wir auch hier wieder versuchen müs- en, die Quadratur des Kreises zu finden, bin mir jedoch icher, dass wir für die deutsche Landwirtschaft, für den ändlichen Raum, für die mittelständischen Produzenten on Biokraftstoffen und für den Verbraucher eine trag- are Lösung finden werden. Und dies alles unter der Prä- isse, einen großen Schritt hin zur Einhaltung des iotoprotokolls zu tun. Marko Mühlstein (SPD): Mit dem vorliegenden Ge- etzentwurf zur Einführung einer Biokraftstoffquote sol- en die weitere Verbreiterung von Bio- und regenerativen raft- und Treibstoffen auf eine tragfähige Basis gestellt nd die dynamische Entwicklung der im Verkehr einge- etzten Biokraftstoffe weiter unterstützt werden. Fast ein Drittel der in der Europäischen Union ver- rauchten Energie wird im Verkehrsbereich eingesetzt. a die herkömmlich genutzten Kraftstoffe fast aus- chließlich auf begrenzt verfügbaren fossilen Rohstoffen ie Erdöl oder Erdgas basieren, ist langfristig mit deren erknappung und deutlichen Verteuerung zu rechnen. eshalb ist es wichtig, dass wir bereits heute die Wei- hen für die zukünftige Versorgungssicherheit stellen nd gleichzeitig die uns selbst gesteckten Ziele im Be- eich des Klimaschutzes mit aller Kraft verfolgen. Das Biokraftstoffquotengesetz verpflichtet die Mine- alölwirtschaft dazu, einen wachsenden Mindestanteil on Biokraftstoffen zu vertreiben, wobei sich dieser indestanteil auf den gesamten jährlichen Absatz von tto- und Dieselkraftstoff eines Unternehmens ein- chließlich der diese ersetzenden Biokraftstoffe bezieht. ierbei sind für Benzin und Diesel getrennte Quoten Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5343 (A) ) (B) ) vorgesehen. So muss der Mindestanteil von Biokraft- stoffen beim Dieselabsatz im nächsten Jahr 4,4 Prozent betragen. Beim Benzin wird ein Mindestanteil von 2 Prozent und ab dem Jahr 2013 von 3 Prozent festge- schrieben. Zusätzlich wird eine Gesamtquote festgelegt, die ab dem Jahr 2010 einen Anteil der Biokraftstoffe von mindestens 6 Prozent vorschreibt. Um zu verhindern, dass Unternehmen aus Motiven der wirtschaftlichen Besserstellung gegenüber anderen Unternehmen heraus gegen die Quotenverpflichtung verstoßen, sind entsprechende Sanktionsregelungen vor- gesehen. Die Quotenregelung wird im Bundes-Immissions- schutzgesetz so konzipiert, dass sie relativ einfach und mit vertretbaren Kosten sowohl für die Verbraucherin- nen und Verbraucher als auch für die Mineralölwirt- schaft umgesetzt werden kann. Zu diesem Zweck knüpft die Quotenverpflichtung der Unternehmen an das Ent- stehen der Energiesteuer nach dem Energiesteuergesetz an. Darüber hinaus legt der vorliegende Gesetzentwurf die Grundlagen, um in einem weiteren Schritt auch Nachhaltigkeits- oder CO2- Kriterien in das Quotensys- tem zu integrieren. Zudem erhalten die in der Entwick- lung befindlichen BTL-Kraftstoffe eine verlässliche Perspektive in Form einer degressiv ausgestalteten Steu- erbegünstigung. Aus Sicht der Umweltpolitiker der SPD-Bundestags- fraktion zeigt sich im vorliegenden Gesetzentwurf im Bereich der Quotenregelung viel Licht – aber auch Schatten, insbesondere bei den vorgeschlagenen Rege- lungen zu den allgemeinen Steuersätzen und den Indus- triegasen. So bedürfen einige Punkte aus unserer Sicht noch einer ausführlichen Diskussion; andere wenige Vorschläge hingegen sind für uns schlicht nicht akzepta- bel. Wir lehnen die geplante Änderung des Energiesteuer- gesetzes ab, nach der künftig der allgemeine Steuersatz für das Produzierende Gewerbe nicht mehr 60 Prozent der Ökosteuererhöhungen bei Öl und Erdgas zum Ver- heizen beitragen sollte, sondern 60 Prozent der gesamten Steuer. Diese Entlastung der Unternehmen, die einen Steuerausfall von 100 Millionen Euro nach sich ziehen würde, ist aus unserer Sicht wirtschaftspolitisch unbe- gründet, umweltpolitisch kontraproduktiv und würde uns energiesteuerpolitisch zurück in die Zeit vor 1998 werfen. Gleiches gilt für den Vorschlag zur Aufnahme eines § 9 b in das Stromsteuergesetz, nach dem der Stromver- brauch zur Herstellung von Industrieabgasen steuerfrei gestellt werden soll, wenn die Stromkosten im Kalender- jahr 50 Prozent der Kosten für die Herstellung der Gase übersteigen. Es ist mir absolut schleierhaft, warum bei- spielsweise ein Unternehmen wie die Linde AG eine jährliche steuerfinanzierte Subvention in Höhe von 7 Millionen Euro erhalten sollte. Des Weiteren sehen wir erheblichen Diskussionsbe- darf bei der Regelung hinsichtlich des § 37 a Abs. 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Diese Regelung sieht eine Übertragbarkeit von übererfüllter Quote für B i d D z v t V r ö a b A n n t l g a m a d r B d d b „ w f q K B v s A b g p B a N W s t d e V t s e r (C (D iokraftstoffe in das Folgejahr vor. Positiv zu bewerten st hierbei, dass dies zwar zur Senkung von Preisspitzen ienen kann. Jedoch kann es aber auch umgekehrt zur ominanz der Aufkäufer in Form der Mineralölkon- erne führen, sofern ausreichende Mengen am Markt erfügbar sind. Unter diesen Umständen ist eine Über- ragbarkeit nicht sinnvoll. Auch die Altölfrage ist im Hinblick auf die steuerfreie erbrennung aufbereitungsfähiger Altöle sowie Besteue- ung des Energieeinsatzes bei der Aufbereitung von Alt- len entgegen der Haltung der AG Umwelt von SPD als uch von CDU/CSU nicht entsprechend geregelt. Hier esteht ebenfalls noch Klärungsbedarf. Neben den genannten Punkten müssen aus Sicht der rbeitsgruppe Umwelt zusätzlich die Frage der Verord- ungsermächtigung für das Bundesfinanzministerium ach § 66 des Energiesteuergesetzes sowie die Rolle von ierischen Fetten bei der Berechnung der Quotenerfül- ung diskutiert und gegebenenfalls neu definiert werden. Mit dem Biokraftstoffquotengesetz schlagen wir rundsätzlich den richtigen Weg ein – hin zu mehr Un- bhängigkeit von fossilen Energieträgern und hin zu ehr Versorgungssicherheit. Wenn wir auf diesem Weg n manchen Kreuzungen die Richtung etwas ändern, ann werden wir die uns selbst gesteckten Ziele auch er- eichen. Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD): Mit dem iokraftstoffquotengesetz setzen wir eine Reform fort, ie wir vor der parlamentarischen Sommerpause mit em Energiesteuergesetz begonnen haben. Erstes Ziel eider Gesetze ist es, auf dem Wege einer Strategie Weg vom (Mineral-)Öl“ den Biokraftstoffen einen achsenden Marktanteil zu eröffnen. Dies kann mittel- ristig nur durch eine ständig steigende Beimischungs- uote erfolgreich verfolgt werden, in der Effizienz und ostenbewusstsein sowie Wettbewerb die Preise für iokraftstoffe bestimmen und nicht ein steuerliches Sub- entionsregime. Mit dem Einstieg in die Besteuerung von Biokraft- toffen haben wir einen ersten wichtigen Schritt getan. ls wir die Biokraftstoffe steuerfrei gestellt haben, ha- en wir einen Beihilfetatbestand geschaffen. Wir sind egenüber der EU verpflichtet, regelmäßig eine Über- rüfung auf Überförderung vorzunehmen. Wir können iokraftstoffe nicht beliebig subventionieren, sondern llenfalls die Kostennachteile bei ihrer Herstellung oder utzung durch eine steuerliche Regelung ausgleichen. ir dürfen nicht die Einkommen der Biokraftstoffher- teller oder den Biokraftstoffvertrieb individuell subven- ionieren! Wir können nur für einen Preisabstand sorgen, er die Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet. In Abwägung aller Umstände wurde im Energiesteu- rgesetz die ursprünglich bis zum Jahr 2009 vorgesehene ertrauensschutzregelung für Hersteller und für den Ver- rieb von Pflanzenöl und reinem Biodiesel bis ein- chließlich 2011 verlängert. Ab 2012 gilt der Regelsteu- rsatz. Bis dahin steigt der Mineralölsteuersatz bei einem Pflanzenöl in gesetzlich bereits jetzt festgelegten 5344 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Schritten von null in den Jahren 2006/2007 bis zur Re- gelbesteuerung im Jahr 2012. Vorgesehen ist eine Anhe- bung auf 10 Cent im Jahr 2008, 18 Cent in 2009, 26 Cent in 2010, 33 Cent in 2011 und schließlich 45 Cent in 2012. Für reinen Biodiesel steigt der Steuersatz von 9 Cent in den Jahren 2006/2007 bis zur Regelbesteue- rung von 45 Cent/Liter im Jahr 2012 steil an. In den Jah- ren 2008 bis 2011 steigt der Satz um jeweils 6 Cent im Jahr. Mit dem Biokraftstoffquotengesetz wird nun eine weitere Vorgabe der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und SPD umgesetzt und die steuerliche För- derung von Biokraftstoffen behutsam durch ein ord- nungsrechtliches Instrument, nämlich die Quote, abge- löst. Der Entwurf sieht vor, sowohl für Diesel als auch für Ottokraftstoffe schrittweise einen zunehmenden Marktanteil an Biokraftstoffen durchzusetzen. Bereits ab dem 1. Januar 2007 muss der Mindestanteil von Bio- kraftstoffen beim Dieselabsatz 4,4 Prozent betragen, beim Benzin 2 Prozent und ab 2010 3 Prozent. Außer- dem, wird eine Gesamtquote festgelegt, und zwar für 2009 mindestens 5,7 Prozent und 2010 mindestens 6 Prozent. Wenn irgend möglich, wird die Koalition im Gesetzgebungsverfahren weitere Stufen für den Anstieg der Biokraftstoffquoten in der Zukunft vorgeben, um den Marktteilnehmern die notwendige Planungs- und Inves- titionssicherheit zu geben. „Beimischungsgebot“ ist ein untechnischer Begriff. Man kann zwar die Hersteller zwingen, dem Diesel oder Ottokraftstoff Biokraftstoff beizumischen; das würde aber eine Absage an reine Biokraftstoffe bedeuten. Da wir das nicht wollen, werden wir eine unternehmensbe- zogene Quote für die Mineralölunternehmen einführen. Das heißt, im Verhältnis zum Mineralölumsatz müssen sie einen bestimmten Prozentsatz an Biokraftstoffen in den Verkehr bringen, ob nun als Beimischung oder in Reinstoffform. Die Erfüllung der Quotenpflicht durch die Mineralöl- wirtschaft kann vertraglich auf Dritte, zum Beispiel die mittelständische Mineralölwirtschaft, übertragen oder durch Beimischung erfüllt werden. Die quotenpflichti- gen Unternehmen unterliegen Mitteilungspflichten, die Grundlage der Überwachung der Einhaltung sind. In die Quote fallende Biokraftstoffe werden künftig entsprechend ihrem Energieinhalt voll besteuert. Im In- teresse des Vertrauensschutzes bleibt die Steuerbegünsti- gung für reine Biokraftstoffe, die nicht zur Erfüllung der Quote eingesetzt werden, nach den Regelungen des am 1. August 2006 in Kraft getretenen Energiesteuergeset- zes bestehen. Die Steuerbegünstigung wird innerhalb von fünf Jahren schrittweise abgebaut. In der Landwirt- schaft eingesetzte reine Biokraftstoffe bleiben steuerfrei. Moderne neue Biokraftstoffe wie synthetische Kraft- stoffe und Bioethanol (E85) werden bis zur Marktreife, höchstens aber bis zum Jahr 2015 weiterhin steuerlich gefördert. Jährlich wird geprüft, ob die Steuerbefreiung noch angemessen ist oder ob auch in diesen Fällen zur Vermeidung einer Übersubventionierung eine Besteue- rung beihilferechtlich geboten ist. s B l n r t n B t ( w B d B ü d r z S E f t d d s i h W l S d w g f D p c t w s K w d s E a s H k s E i z (C (D Für Pilotprojekte zur Entwicklung alternativer Kraft- toffe, zum Beispiel Wasserstoff als Kraftstoff, kann die undesregierung auf dem Verordnungswege eine steuer- iche Förderung vorsehen. Damit bleibt der Weg für In- ovationen offen. Um Ökodumping zu vermeiden, wird die Bundes- egierung durch Rechtsverordnung Kriterien für die Zer- ifizierung zugelassener Biokraftstoffe im Sinne einer achhaltigen Herstellungskette und einer positiven CO2- ilanz vorgeben, die sich an den europäischen Nachhal- igkeitsregeln für die Produktion von Lebensmitteln Cross Compliance) orientieren. Damit soll verhindert erden, dass mit Hilfe von Raubbau an der Natur, zum eispiel durch Rodung von Regenwäldern oder Über- üngung, in anderen Teilen der Welt Billigöle und illigalkohol hergestellt werden, die unsere Märkte berschwemmen. In diesem Gesetz wird auch die Überprüfung der Son- erregelungen im Energiesteuerrecht für das produzie- ende Gewerbe umgesetzt. Danach wird für das produ- ierende Gewerbe und die Land- und Forstwirtschaft der teuersatz für alle Heizstoffe auf 60 Prozent des vollen nergiesteuersatzes gesenkt. Auch der Spitzenausgleich ür energieintensive Unternehmen wird unter Beibehal- ung der bisherigen Systematik neu geregelt. Insgesamt ienen diese Regelungen der Standortsicherung der eutschen Wirtschaft. Der Weg der Koalition zielt auf einen deutlichen An- tieg des Einsatzes von Biokraftstoffen durch jedermann m Rahmen einer Industriestrategie „Weg vom Öl“, der ilft, CO2 im Straßenverkehr zu vermeiden, zusätzliche ertschöpfung in Deutschland und besonders den länd- ichen Räumen zu generieren und dabei die Kosten für taat und Wirtschaft deutlich zu begrenzen. In diesem Gesetz werden auch die Sonderregelungen es Energiesteuergesetzes für das produzierende Ge- erbe überprüft. Im Hinblick auf die weltweit angestie- enen Energiepreise gibt es momentan keinen Spielraum ür zusätzliche politische Preisbelastungen auf Energie. ie Ökosteuer sollte einen künstlichen Verknappungs- reis vorwegnehmen und damit Wirtschaft und Verbrau- her auf echte Verknappung vorbereiten. Das hat funk- ioniert. Mehr ist nicht nötig und ist auch nicht drin. Die Ökosteuerschraube für die Wirtschaft ist sogar et- as überdreht. Teilweise wirken in Deutschland Öko- teuer, Erneuerbare-Energien-Gesetz, die Umlage für raft-Wärme-Kopplung, Konzessionsabgaben, Mehr- ertsteuer und Preise für CO2-Zertifikate so kumulativ, ass sich für manche Unternehmen die Standortfrage tellen könnte. Deswegen werden wir die Höhe der nergiesteuern für das produzierende Gewerbe wieder uf den Stand von 1998, also vor Einführung der Öko- teuer, zurückführen. Für Unternehmen, die am CO2- andel teilnehmen müssen, wird es ab 2007 in der Regel eine Energiebesteuerung geben. Das gilt für den Ein- atz von Primärenergie zur Stromerzeugung und den insatz von Energie zur Stoffumwandlung, zum Beispiel n der Stahlindustrie oder Zementindustrie. Im Gegen- ug wird der Spitzenausgleich zwischen Ökosteuerbelas- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5345 (A) ) (B) ) tung und Rentenversicherungsbeiträgen auf das Bezugs- jahr 2006 festgelegt. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir eine Be- merkung: Im Hinblick auf eine verbesserte Wärmever- sorgung zum Beispiel durch Wärmedämmung oder den Einsatz erneuerbarer Energien bei der Nahwärmeversor- gung rate ich von einem Umlageverfahren zur Finanzie- rung wie beim EEG ausdrücklich ab. Darin bin ich mit Umweltminister Sigmar Gabriel einer Meinung. Wir ha- ben die Förderung der Biokraftstoffe von der Steuersub- vention auf ein ordnungsrechtliches Instrument – die Quote – umgestellt. Das Prinzip sollten wir wirksam weiterentwickeln. Ein „Erneuerbares Wärmegesetz“ sollte es nur geben mit den Instrumenten des Ordnungsrechts und mit An- reizen bei der Finanzierung. Gesetzliche Vorgaben zur Wärmeeinsparung bzw. zur Effizienzsteigerung oder Durchführungsverordnungen zum Bundes-Immissions- schutzgesetz mit dem Ziel der Abwärmenutzung und Energieeinsparung sind vorstellbar, gegebenenfalls kom- biniert mit einen Förderprogramm der KfW. Dr. Hermann Otto Solms (FDP): Der Entwurf des Biokraftstoffquotengesetzes ist die Fortsetzung der kon- zeptionslosen Energie- und Umweltpolitik der großen Koalition. Nach dem Energiesteuergesetz, das die Be- steuerung von Biokraftstoffen seit dem 1. August regelt, folgt nun ein äußerst kompliziertes Gesetz, das die Mi- neralölwirtschaft verpflichtet, herkömmlichem Kraft- stoff einen Anteil Biokraftstoff beizumischen. Die FDP unterstützt das Ziel, Biokraftstoffen einen höheren Marktanteil einzuräumen. Langfristig gedacht müssen wir alles tun, um unsere Abhängigkeit von den herkömmlichen Treibstoffen zu verringern. Allerdings benötigen wir dazu eine Strategie, die insbesondere der betroffenen Wirtschaft Verlässlichkeit und langfristige Berechenbarkeit ermöglicht. Daran hapert es bei der großen Koalition. Die ur- sprünglich bis 2009 zugesagte Steuerfreiheit für Bio- kraftstoffe wurde kurzfristig abgeschafft. Seit dem 1. August gilt eine Besteuerung mit im Laufe der Zeit steigenden Steuersätzen. Bei den in erster Linie kleinen und mittelständischen Betrieben, die sich bisher auf die Produktion von Biokraftstoffen spezialisiert haben, kann es durch diese Besteuerung zu erheblichen Verwerfun- gen kommen. Hier spielten ausschließlich fiskalische In- teressen eine Rolle, die sich mit dem Ziel der Förderung des Marktanteils von Biokraftstoffen nicht vertragen. Wir werden die Entwicklung sorgfältig beobachten. Der jetzt vorgesehene Beimischungszwang ist plan- wirtschaftlich. Er wird in jedem Fall dafür sorgen, dass die Spritpreise ab Januar steigen. Der Gesetzentwurf äu- ßert sich nicht dazu, in welcher Höhe; die Wirtschaft spricht von mehreren Cent. Zusammen mit der Mehr- wertsteuererhöhung bedeutet das wieder einmal erhebli- che Belastungen für die Bürger. Es liegt der Verdacht nahe, dass hinter dem Beimischungszwang weniger der Fördergedanke steht als die Gier des Finanzministers nach neuen Einnahmen. k e S m w z k r B c s d d D z d a o b B s g L t i K t t s t K r n s g l g e g C b W b n w D L k t d d t s (C (D Der vorliegende Gesetzentwurf ist schließlich äußerst ompliziert und führt – wie die Bundesregierung selbst inräumt – zu Mehrkosten für die Wirtschaft. Unterm trich haben wir also höhere Belastungen für die Bürger, ehr Bürokratie und mehr Kosten für die Wirtschaft so- ie keinerlei Gewissheit, ob durch den Beimischungs- wang der Anteil von Biokraftstoffen erhöht werden ann. Wir werden im Laufe des Gesetzgebungsverfah- ens sehen, ob das der richtige Weg ist. Hans-Kurt Hill (DIE LINKE): Das Quotengesetz für iokraftstoffe ist eine Absage an die Biokraftstoff-Bran- he. Es ist eine Absage an die Zukunft der Landwirt- chaft, vor allem in Ostdeutschland. Herr Gabriel stößt en Bauern mit der Zwangsbeimischung bewusst vor en Kopf. Diejenigen, denen der Umweltminister den urchbruch bei Ökosprit zu verdanken hat, sollen jetzt u Industriezulieferern herabgestuft werden. Eines muss och klar sein: die Mineralölkonzerne kaufen, was billig m Markt zu bekommen ist. Das bedeutet Billigimporte der Monokultur auf riesigen Flächen. Auf der Strecke leiben die Natur und die Beschäftigung. Es gibt zurzeit keine Zertifizierung für importierte iokraftstoffe aus dem asiatischen und lateinamerikani- chen Raum. Große Mengen werden dort unter ökolo- isch und sozial bedenklichen Bedingungen angebaut. etztendlich verkaufen die armen Länder ihr Nachhal- igkeitspotenzial an die Industriestaaten. In Deutschland haben zahlreiche Betriebe, vor allem m Osten, auf Pflanzenöl, Biogas und Biodiesel als reine raftstoffe gesetzt. Sie haben Millionenbeträge inves- iert und Arbeit im ländlichen Raum geschaffen. Das ta- en sie in dem Vertrauen, dass die Vorteile für Klima- chutz und Volkswirtschaft gerecht belohnt werden. Diesen Kraftstoffen der so genannten ersten Genera- ion wird häufig vorgeworfen, sie hätten eine schlechte limaschutzbilanz. Wer die Vorteile von Biokraftstoffen ichtig berechnet, stellte fest, dass betriebliche und regio- ale Kreisläufe die Ökobilanz deutlich verbessern. Wo ich Nahrungsmittel und Biosprit in der Produktion er- änzen, kann man nicht nur von nachhaltiger Energiepo- itik sprechen, sondern auch von nachhaltiger Beschäfti- ungspolitik. Die im großen industriellen Maßstab rzeugten Biokraftstoffe schaffen das nicht. Ohnehin be- ibt sich Gabriel hier aufs Glatteis. Prozesse, wie das horen-Verfahren, sind bei weitem nicht so einfach zu eherrschen, wie bisher gedacht. Wie Ökobilanz und irtschaftlichkeit tatsächlich sind, ist noch nicht abseh- ar. Es kann doch nicht sein, dass Biosprit ausschließlich ach Interessenlage der Automobilindustrie „designt“ ird. Das Problem ist doch, dass der Verkehr in eutschland an sich nicht nachhaltig organisiert ist. Die inke fordert deshalb ein zukunftsfähiges Mobilitäts- onzept: erstens öffentlichen Nahverkehr stärken, zwei- ens Straßenbau zugunsten der Schiene zurücknehmen, rittens klare und ordnungsrechtliche Senkungsziele für en Spritverbrauch statt weichgespülter Selbstverpflich- ung der Industrie, viertens Vorfahrt für reine Biokraft- toffe in geeigneten Flottensystemen und fünftens das 5346 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) ganze Spektrum von alternativen Antrieben und Kraft- stoffen gleichberechtigt fördern. Das Quotengesetz für Biokraftstoffe zementiert nur den Status quo. Nehmen Sie es zurück! Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir beraten heute erstmals das Biokraftstoffquotengesetz, mit dem erstens klare Ziele für den Zuwachs von Bio- treibstoffen vorgegeben werden und zweitens die Öko- steuer-Sonderregeln für die Industrie überarbeitet wer- den. Es ist ein richtiger Ansatz, dass alternative Kraftstoffe nicht nur über steuerliche Anreize gefördert werden, sondern auch über eine Quotenregelung. Die Kombina- tion der beiden Instrumente ist erfolgversprechend. Des- halb begrüßen wir, dass die Bundesregierung diesen Ge- setzentwurf erarbeitet hat. Es muss aber die Frage erlaubt sein, warum dieses wichtige Gesetz zu nachtschlafender Zeit um 2.30 Uhr im Plenum behandelt werden soll. Man kann nur vermu- ten, dass der großen Koalition anscheinend die Lust auf hitzige Debatten zu Biokraftstoffen vergangen ist – so, wie wir es vor der Sommerpause erlebt haben, als die Koalition wochenlang über die steuerliche Förderung von Biodiesel und Co. stritt. Damals wurde man den Eindruck nicht los, dass die schwarz-rote Koalition wichtige Weichenstellungen für alternative Kraftstoffe rückgängig machen will. Zwar konnte der Bundestag noch das Schlimmste verhindern, aber mit ihrem groß- koalitionären Hick-Hack haben Sie wahrlich kein Signal der Planungssicherheit für die junge Branche gegeben. Wir halten es für sinnvoll, dass Bioenergien neben dem Strom- und Wärmemarkt zukünftig auch im Ver- kehrssektor verstärkt eingesetzt werden, und sehen noch riesige Potenziale, gerade in der regionalen Erzeugung und Verarbeitung. In Kombination mit sparsameren Fahrzeugen kann diese Strategie zu einer höheren Klima- verträglichkeit des Verkehrs beitragen. Wir sehen aber auch die Probleme eines großformatigen Einstiegs in den Anbau von Energiepflanzen, wenn der vermehrte Einsatz von Biokraftstoffen zu höherem Pestizid- und Mineral- düngereinsatz und zu einer Ausdehnung von Monokultu- ren führt. Dann wäre die ökologische Gesamtbilanz nämlich negativ. Es darf vor allem nicht sein, dass ein höherer Anteil an Biokraftstoffen in Deutschland und Europa dazu führt, dass in den Ländern des Südens die Primärregen- wälder gerodet werden. Das ist zum Teil schon heute so, etwa in Brasilien, Indonesien und Malaysia. Hier kommt es durch Energieplantagen auch nicht selten zur Zerstö- rung der Lebensgrundlagen für Teile der ländlichen Be- völkerung. Wir machen uns etwas vor, wenn wir diese Bioenergie per se als grüne Energie bezeichnen. Sie ist es nicht. Deshalb brauchen wir schnellstens ein internatio- nal wirksames Zertifizierungssystem nach ökologischen Kriterien. Sonst wird unser Autoverkehr zu einem der Haupttreiber der Regenwaldzerstörung. Lassen Sie mich nun zum zweiten Teil des Gesetzes kommen, zur Reform der Ökosteuer-Sonderregeln für d z n m g d ö s w A k S s g d a d l s n d E s w g E l p f m f k V C A s A s B f l e w r b (C (D ie Industrie. Ihre Überarbeitung ist noch in diesem Jahr wingend erforderlich; denn die bisherige Regelung ist ur bis Jahresende befristet von der Kommission geneh- igt. Und das aus gutem Grund; denn die Vergünstigun- en für die Industrie sind zu pauschal. Wir haben immer arauf gedrängt, dass die ermäßigten Steuersätze an eine kologische Gegenleistung der Unternehmen – zum Bei- piel die Teilnahme an einem Energie-Audit – gekoppelt erden; denn klar war immer, dass auch die Industrie nreize zum Energiesparen bekommen muss. Was die große Koalition hier nun aber vorlegt, ist ein limapolitisches Armutszeugnis und das absolut falsche ignal an die deutsche Industrie. Statt sie mit einer kon- istenten Steuerpolitik darin zu unterstützen, die Ener- ie- und Ressourceneffizienz deutlich zu steigern, soll ie deutsche Wirtschaft aus ihrer klimapolitischen Ver- ntwortung entlassen werden. Schon heute erhält die In- ustrie Nachlässe bei der Ökosteuer von rund 5,4 Mil- iarden Euro pro Jahr. Aber statt sie abzubauen, sollen ie beibehalten und sogar ausgeweitet werden. Statt we- iger Subventionen gibt es mehr Extra-Würstchen für ie Industrie. Eine systematische Verzahnung mit dem missionshandel findet nicht statt. Würde dieser Vor- chlag so beschlossen, wie er hier vorgelegt wird, dann äre das eine verpasste Chance für effektivere Sonderre- eln. Obendrein bewegen Sie sich mit Ihrem Vorschlag U-rechtlich auf dünnem Eis, weil die bisherige Rege- ung sogar ausgeweitet statt eingeschränkt werden soll. Leider passt dieses Beispiel voll ins Bild der Umwelt- olitik der großen Koalition. Ihre Rhetorik stimmt ein- ach nicht mit Ihrem Handeln überein: Sie reden von ehr Klimaschutz durch den Emissionshandel, legen aktisch aber ein Förderprogramm für den Neubau von limaschädlichen Kohlekraftwerken auf; sie reden vom erbraucherschutz, kämpfen aber für die Interessen der hemielobby in Brüssel. Und sie reden von steuerlichen nreizen in der Umweltpolitik, schaffen aber die Öko- teuer für die Industrie praktisch ab. nlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Öffentliche Verantwortung wahrnehmen – Mit fairen Chancen Kinder stark machen – Kinderzuschlag sozial gerecht gestalten – Kinderarmut wirksam bekämpfen (Tagesordnungspunkt 28 a und b) Thomas Dörflinger (CDU/CSU): Deutschland hat ich auf den Weg gemacht, das System der öffentlichen ildungs-, Betreuungs- und Erziehungsangebote zu re- ormieren und aufzubauen. Die Ziele sind klar formu- iert: Familien soll für das Aufwachsen ihrer Kinder ein benso verlässliches wie qualifiziertes und den Heran- achsenden selbst zugleich ein umfassendes, altersge- echtes Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsangebot ereitgestellt werden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5347 (A) ) (B) ) Dabei ist mir persönlich wichtig, dass es gelingt, die bisher in politischen und wissenschaftlichen Diskursen eigenständig verhandelten Themenbereiche Bildung und Erziehung – vor und neben der Schule – eng miteinander zu verknüpfen. Idealerweise bilden die Familien den Ausgangspunkt für alle Bildungsprozesse. Die Familie ist von zentraler Bedeutung für die Auswahl der Bil- dungs- und Ausbildungsorte, für den Umgang mit den Medien, für die Vermittlung von Leitbildern und Werten. Familie und Schule haben entscheidenden Anteil an der Ausprägung sozialer und personaler Kompetenzen, die nachweislich großen Einfluss auf den beruflichen und privaten Lebenserfolg haben. Dabei sind die ersten Ent- wicklungsphasen eines Kindes von prägender Bedeu- tung für sein gesamtes weiteres Leben. Versäumnisse bei der Erziehung im Vorschulalter kann die Schule nicht mehr ausgleichen. Wie die PISA-Untersuchung gezeigt hat, müssen die Rahmenbedingungen für das Lernen verbessert und es muss darüber nachgedacht werden, wie die Bildung in der frühkindlichen Entwicklung bes- ser gefördert werden kann. In keiner Phase sind die Vo- raussetzungen für die persönliche Entwicklung und das spielerische Lernen so günstig wie in der frühen Kind- heit. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen. Die frühkindli- che Erziehung und Bildung muss weiterentwickelt wer- den. Hierzu sind verbindliche Leitlinien erforderlich, die die Erziehung der Eltern ergänzen, Bildungsangebote über das Elternhaus hinaus eröffnen, verbindliche Stan- dards setzen und Voraussetzungen für eine verbesserte Chancengleichheit in Bildung und Erziehung schaffen. Die Forderung des Bundespräsidenten nach einem ver- pflichtenden und nach Möglichkeit kostenfreien dritten Kindergartenjahr hat daher meine volle Unterstützung. Das Saarland hat es vorgemacht: Hier werden die Eltern von den Gebühren für das Kindergartenjahr vor der Ein- schulung freigestellt. Allerdings sage ich auch, dass diese Forderung im Hinblick auf die Zuständigkeiten der Länder und die Länderhaushalte allenfalls mittelfristig zu erfüllen sein wird. Wir sind gefordert, gute Rahmenbedingungen für das Aufwachsen und Heranwachsen der jungen Generation zu schaffen und Eltern, aber auch alle anderen beteilig- ten Akteure und Institutionen so zu unterstützen, dass für Kinder und Jugendliche optimale Lebens- und Zukunfts- chancen gewährleistet werden. Mit dem Antrag „Öffent- liche Verantwortung wahrnehmen: Mit fairen Chancen Kinder stark machen!“ fordern die Fraktionen CDU/ CSU und SPD die Bundesregierung zur Verstetigung des Gesamtsystems von Bildung, Erziehung und Betreuung auf. Der Antrag enthält hierzu ganz konkrete Vorschläge: Erstens. Qualifizierung des Tagespflegepersonals. Kinderbetreuung in Tagespflege wird im Kinder- und Ju- gendhilfegesetz der Betreuung in Tageseinrichtungen gleichgestellt. Die Kindertagespflege umfasst demnach nicht nur die Betreuung und Pflege, sondern die Erzie- hung, Bildung und Förderung von Kindern. Deshalb er- gibt sich nicht nur aus rechtlicher, sondern auch aus fachlicher Perspektive die Notwendigkeit, Tagespflege- personen für ihre Betreuungsarbeit fortzubilden. Qualifi- zierung stellt den Schlüssel zur Qualitätsentwicklung in der Tagespflege dar. B i g H e A z a – r h d H m k H D r s h d W A e u a g i A t H W k Z m c g d u n u S t a a k u M H g b m s p g t i (C (D Zweitens. Nutzbarmachung von Haushaltsreserven. edingt durch die demografische Entwicklung werden m Jugend- und Bildungsbereich zukünftig weniger Aus- aben als in der Vergangenheit getätigt. Die öffentliche and ist hier in der Pflicht, die Haushaltsansätze nicht infach linear nach unten zu schreiben, sondern in den usbau von Qualität und Quantität von Bildung und Er- iehung zu investieren! Die Bedarfsplanung muss aber uch in den Blick nehmen, dass der Bedarf tendenziell demografisch bedingt – zurückgeht. Hier gilt es, da- auf zu achten, keine Überkapazitäten aufzubauen. Drittens. Bessere Verzahnung von Bildung und Erzie- ung. Bildung, Erziehung und Betreuung müssen Kin- ern aller Altersstufen unabhängig von ihrer sozialen erkunft zugänglich sein! Um dieses Ziel zu erreichen, üssen wir noch einige Anstrengungen unternehmen. In einem vergleichbaren Land ist der Einfluss der sozialen erkunft auf die Bildungschancen so groß wie in eutschland. Maßnahmen und Programme müssen ge- ade auch benachteiligte Jugendliche – Jugendliche aus ozialen Brennpunkten und Jugendliche mit Migrations- intergrund – in den Blick nehmen. Mit dem vorliegen- en Antrag machen die Koalitionsfraktionen deutlich: ir wollen die Eltern in ihrer Verantwortung für das ufwachsen ihrer Kinder stärken. Dies geschieht zum inen durch das Nebeneinander verschiedener Bildungs- nd Erziehungsangebote. Dies alleine reicht aber nicht us, insbesondere Familien in spezifischen Problemla- en werden dadurch nicht erreicht. Vielmehr bedarf es ntegrierter und an den lokalen Bedingungen orientierter ngebote. Bildungseinrichtungen, Verbände und Institu- ionen der Jugendhilfe und Jugendarbeit stehen vor der erausforderung der Modernisierung und Vernetzung. ir wollen hier neue Wege gehen und durch eine stär- ere Verzahnung von Bildung und Erziehung konkrete ukunftschancen eröffnen. Es muss jedem und jeder er- öglicht werden, sich den eigenen Fähigkeiten entspre- hend zu entwickeln. Dazu gehört nicht zuletzt, dass esundheitliche Ressourcen entwickelt und gestärkt wer- en. Die Gesundheitsförderung in Kindertagesstätten nd Schulen, insbesondere im Hinblick auf gesundes Er- ährungs- und Bewegungsverhalten, die sprachlichen nd motorischen Fähigkeiten und die Fähigkeit zur tressbewältigung, zu stärken, ist ein wichtiges und rich- iges Vorhaben. Viertens. Frühförderung. Frühförderung wendet sich n Eltern mit Kindern vom Säuglings- bis zum Schul- lter. Insbesondere will die Frühförderung helfen, wenn leine Kinder hinsichtlich ihrer körperlichen, geistigen nd seelischen Entwicklung Unterstützung benötigen. edizinische, psychologische, pädagogische und soziale ilfen sind dabei unverzichtbare Bestandteile eines anzheitlichen Hilfekonzepts, in das die Familie mit ein- ezogen ist. Insgesamt geht es also um Frühförderung it den Familien zusammen. Auch hier soll und wird ich das ganzheitliche Konzept unserer neuen Familien- olitik zeigen. Fünftens. Tagespflege im ländlichen Raum. Die Ta- espflege ist eine individualisierte und familienorien- ierte Erziehungs- und Betreuungsform, die größtenteils n Privathaushalten stattfindet. Diese Betreuung ist eine 5348 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Erfolgsstory, auch im Sinn des bürgerschaftlichen En- gagements. Zu Recht haben CDU und CSU diesen Weg von Anfang an gefördert und positiv begleitet. Noch mehr Bürgerinnen und Bürger können wir zur Mitarbeit motivieren, wenn einem schon vorqualifizierten Perso- nenkreis ein neuer Weg in die Beschäftigung als qualifi- zierte Tagesmutter – oder Tagesvater – eröffnet wird. Bei Personen mit einer Vorbildung als Erzieher, Sozialpäda- goge, Lehrer usw. kann eine verkürzte Weiterbildung als Tageselternteil zum Tragen kommen. Bei diesem Perso- nenkreis ist durch die berufliche Erfahrung und den be- reits erlernten Umgang mit Kindern ein breites pädago- gisches Wissen vorhanden. Sechstens. Programm Mehrgenerationenhäuser. Wir möchten eine stärkere Begegnung und Kommunikation der Generationen miteinander durch die Schaffung von Mehrgenerationenhäusern fördern. Diese Einrichtungen sollen offene Tagestreffpunkte für Jung und Alt werden, in denen vielfältige Aktivitäten und Serviceangebote möglich sind. Mehrgenerationenhäuser werden geprägt von freiwilligem Engagement und Hilfe zur Selbsthilfe. Daneben sollen sie ein Netzwerk an Informationen, auch in professioneller Form, bieten. Die Mehrgenerationen- häuser werden am örtlichen Bedarf orientiert. Bereits vorhandene Angebote für Jung und Alt können bedarfs- gerecht miteinander verbunden und ergänzt werden. Zu- kunftsweisende Politik für Kinder und Jugendliche wird ergänzt durch eine ganzheitliche Familienpolitik, die den Zusammenhalt der Generationen fördert und stärkt und damit den Zusammenhalt der Gesellschaft sichert. Die Koalitionsfraktionen haben sich von den Anre- gungen des 12. Kinder- und Jugendberichts leiten lassen und einen Antrag formuliert, der im Interesse unserer Kinder und Jugendlichen liegt und Vorschläge zur Siche- rung der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft macht. Ich freue mich auf einen konstruktiven Dialog in den Be- ratungsgremien! Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD): Faire Chancen zu schaffen für alle Kinder und von Anfang an: Das ist unser Ziel. Wenn ein Kind auf dieser Welt an- kommt, muss man ihm vermitteln: Herzlich willkom- men! Die Stärkung seiner Persönlichkeitsentwicklung und seine individuelle Förderung ist Ziel all unserer kin- der- und jugendpolitischen Maßnahmen. Klar ist: Nur eine kinderfreundliche Gesellschaft hat eine gute Zu- kunft. Im Mittelpunkt des 12. Kinder- und Jugendberichts der Bundesregierung mit dem Titel „Bildung, Betreuung und Erziehung vor und neben der Schule“ steht ein ganz- heitlicher Bildungsbegriff. Die Trias von Bildung, Erzie- hung und Betreuung soll an allen Lebens- und Lernorten von Kindern verwirklicht werden. Kinder werden in dem Bericht als wissbegierige, selbstständige, eigenverantwortliche, lernfähige und lernwillige Persönlichkeiten dargestellt. Es wird aus Kindersicht angemahnt, was Kinder brauchen, damit sie die Welt annehmen können und in ihr herzlich willkom- men sind. Das ist die große Leistung des Berichts. n m I k v Z d d s D g b b l u B g s i w s l o s h g „ i D t u b ö G m d s z A K q g e h t E f R j t 2 d 2 f u (C (D Dieser umfassende Begriff von Bildung beschreibt ei- en Prozess, in dem sich diese kleinen Persönlichkeiten it der Welt auseinander setzen und sie sich aneignen. n diesem erweiterten Bildungsbegriff ist Bildung ver- nüpft mit vielen Lernwelten und Bildungsorten, mit ielen Gelegenheiten und Inhalten. Die bisher übliche uschreibung, nach der die Familie für die Erziehung, er Kindergarten für die Betreuung und die Schule für ie Bildung zuständig sind, stimmt so nicht mehr und teht einer optimalen Förderung des Kindes im Weg. ies müssen wir berücksichtigen und entsprechend rea- ieren, damit wir Kindern die Vielfalt bieten, die sie rauchen, um sich zu entwickeln. Wir müssen die Familie frühzeitig unterstützen, am esten bereits in der Schwangerschaft. So früh wie mög- ich müssen Risiken und Gefährdungen erkannt werden nd je früher dies geschieht, desto eher können wir mit egleitung und Betreuung Fehlentwicklungen vorbeu- en. Wir wollen die Erziehungskompetenz der Eltern tärken. Die meisten Eltern sind ohne Hilfe in der Lage, hre Kinder gut zu versorgen und zu erziehen. Doch dort, o Eltern überfordert sind, müssen wir früher hin- chauen und rechtzeitig dafür sorgen, dass diesen Fami- ien geholfen wird. Für mich ist entscheidend, dass dies hne Druck und nicht mit der Androhung von Strafe ge- chieht, sondern mit unterstützenden Angeboten. Druck aben diese Familien schon genug. Wir dürfen nicht ver- essen: Es geht uns darum, dass das Kind die Begrüßung herzlich willkommen“ tatsächlich erfährt. Wir unterstützen Familien auch dadurch, indem wir hnen die Realisierung ihres Lebensentwurfs erleichtern. ie meisten Familien wollen heute Kinder und Beruf un- er einen Hut bringen. Die Vereinbarkeit von Familie nd Beruf verbessern wir mit besseren Betreuungsange- oten, aber auch mit dem Elterngeld, das Eltern eine konomische Perspektive bietet. Brach bisher mit der eburt eines Kindes meist ein Einkommen weg, wird it dem Elterngeld der finanzielle Druck gemildert. Zu- em ermutigen wir mit den Vätermonaten die Männer, ich an der Erziehung mehr zu beteiligen als bisher. Kinder brauchen andere Kinder, um sich emotional, so- ial und kognitiv gut zu entwickeln. Mit dem verstärkten usbau der Kinderbetreuung für die unter dreijährigen inder sind wir hier auf dem richtigen Weg. Eine frühe, ualifizierte Förderung, die die Erziehung der Eltern er- änzt und Bildungsangebote über das Elternhaus hinaus röffnet, leistet einen echten Beitrag zur Chancengleich- eit. Auch der Ausbau der Tagespflege und ihre qualita- ive Weiterentwicklung spielen hier eine wichtige Rolle. ine Modernisierung des schulischen Lernens ist eben- alls notwendig. Ganztagsschulen bieten mehr Zeit und aum, jedes Kind individuell zu fördern. Den umfassenden Rahmen für unsere kinder- und ugendpolitischen Vorhaben bietet der „Nationale Ak- ionsplan für ein kindergerechtes Deutschland 2005 bis 010“, dessen zügige Umsetzung für die Verbesserung er Chancen der Kinder von zentraler Bedeutung ist. Bis 010 wollen wir Deutschland zu einem der kinder- reundlichsten Länder Europas machen. Dieser themen- nd ressortübergreifende Leitfaden ist unter Mitwirkung Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5349 (A) ) (B) ) von Bund, Ländern und Kommunen, der Wissenschaft, Nichtregierungsorganisationen und nicht zuletzt von Kindern und Jugendlichen entwickelt worden. Er be- schreibt in den sechs Bereichen Chancengerechtigkeit durch Bildung, Aufwachsen ohne Gewalt, Förderung ei- nes gesunden Lebens und gesunder Umweltbedingun- gen, Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, Ent- wicklung eines angemessenen Lebensstandards für alle Kinder sowie internationale Verpflichtungen konkrete Schritte hin zu dem Ziel eines kinderfreundlichen Deutschlands. Es gilt nun, den Aktionsplan auf Bundesebene, aber auch in den Ländern und vor Ort Schritt für Schritt umzu- setzen. In unserem föderalen Staat haben wir nicht auf al- len Ebenen das Zugriffs- und Wirkungsrecht. Die Koope- ration aller Ebenen im föderalen Staat ist zum Wohl der Kinder aber dringend notwendig. In diesem Zusammenhang ein Wort zur kommunalen Jugendhilfeplanung: Hier gibt es trotz der im Kinder- und Jugendhilfegesetz klar festgeschriebenen Verpflich- tung der Kooperation leider immer noch Defizite. Man hat leider öfter den Eindruck, dass manche Kommunal- politiker der Ansicht sind, es handele sich um eine frei- willige Leistung und keine Pflichtleistung. Ich hoffe sehr, dass alle Beteiligten – ob Bundestag, Landtage oder Kommunalpolitiker – in Zukunft zum Wohl der Kinder noch mehr an einem Strang ziehen. Bei dem gerade heiß diskutierten Thema Kinderarmut möchte ich um Vorsicht bitten: Nicht alle Kinder, deren Familien wenig Geld haben, sind zu bedauern. Viele Fa- milien mit wenig Geld schaffen es, ihren Kindern mit Zeit und Zuneigung ein glückliches Aufwachsen zu bieten. Aber: Armut beginnt oft mit Bildungsarmut. Deshalb ist die Förderung von Kindern die beste Armutsprävention. Wir müssen die Spirale von Armut und mangelnden Bil- dungschancen durchbrechen. Besonders Kinder und Ju- gendliche, die in sozialen Brennpunkten leben oder ei- nen Migrationshintergrund haben, haben weniger Bildungschancen – und damit auch weniger Zukunfts- chancen. Hier müssen wir noch stärker vernetzte Ange- bote in den Stadtteilen machen und früher beginnen, Kinder zu fördern sowie die Eltern einzubeziehen und zu unterstützen. „Auf den Anfang kommt es an“ – unter diese Devise haben wir als SPD-Fraktion mit gutem Grund unsere Kinder-, Jugend- und Familienpolitik gestellt. Je früher wir Eltern unterstützen, Familien begleiten und Kinder fördern, desto besser. Kinder haben eigene Rechte. Als Kinderbeauftragte meiner Fraktion setze ich mich entschieden für die Veran- kerung der Kinderrechte im Grundgesetz ein. Ich freue mich, dass auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendpolitik die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker aller Parteien gut zusammenarbeiten. Ich hoffe, dass wir auch in der Frage der Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz über die Parteigrenzen hinweg gemeinsam für die gute Sache kämpfen werden. f p n n o A U g li d d N N z li a f s K h v b b m K D k s 0 k d l k K a g d m i d l – 4 I g w g F is T J n d B d (C (D Ina Lenke (FDP): Der zum 1. Januar 2005 einge- ührte Kinderzuschlag von maximal 140 Euro monatlich ro Kind für 36 Monate richtet sich an gering verdie- ende Eltern, die zwar ihren eigenen Lebensunterhalt, icht jedoch den ihrer Kinder abdecken können und hne entsprechende staatliche Fürsorgeleistung auf rbeitslosengeld II angewiesen wären. Diese staatliche nterstützungsmaßnahme ist aus Sicht der Eltern zu be- rüßen, wenn sie tatsächlich in den Genuss dieser zusätz- chen Leistung kommen würden. Die Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bun- estagsfraktion hat dagegen ergeben, dass das Gesetz as soziale, politisch positive Ziel nicht erreicht hat. ach Angaben der Bundesagentur für Arbeit sind bis ovember letzten Jahres 600 997 Anträge auf Kinder- uschlag eingegangen. Von diesen Anträgen wurden ledig- ch 49 434 Anträge bewilligt. 416 363 Anträge wurden bgelehnt. Auch für das Jahr 2006 stellt eine ifo-Studie est, dass bis Ende Mai 2006 660 000 Eltern den Zu- chlag beantragt haben und wiederum nur 70 000 den inderzuschlag erhielten. Das ist ein eklatantes Missver- ältnis zwischen Anträgen und Bewilligung, das Bürger- erdrossenheit und Bürokratie fördert. Das führt zu einem enormen Bearbeitungsrückstau eim Kinderzuschlag sowie bei Bearbeitungsproblemen eim Kindergeld über volljährige Kinder. Diese Proble- atik hat die FDP-Bundestagsfraktion jüngst in einer leinen Anfrage an die Bundesregierung aufgegriffen. enn Familien sind auf sofortige Hilfe angewiesen und önnen nicht monatelang auf ihr Geld warten. Zudem ind die Verwaltungskosten hoch: beim Kindergeld ,7 Prozent, beim Kinderzuschlag 18 Prozent der Gesamt- osten. Diese Verfahrens- und Konzeptionsmängel wie auch er hohe bürokratische Aufwand sind dem Bundesfami- ienministerium seit langem bekannt. Im Januar 2006 er- lärte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die leine Anfrage der FDP, die Überlegungen seien nicht bgeschlossen, sodass kein abgestimmtes Konzept vor- estellt werden könne. Auch die Ankündigung im Mai ieses Jahres, die Ministerin werde noch vor der Som- erpause eine Gesetzesänderung auf den Weg bringen, st im Sand verlaufen. Nichts ist passiert. Im Entwurf für en Haushaltsplan für 2007 wird der Kinderzuschlag mit ediglich 150 Millionen Euro etatisiert, und das, obwohl so Zeitungsberichte – künftig statt 150 000 Kindern 20 000 Kinder vom Kinderzuschlag profitieren sollten. ch hätte mich gefreut, wenn der erst gestern eingegan- ene Antrag von CDU/CSU und SPD hierzu eine Ant- ort enthalten würde. Hier finden sich nur politische All- emeinplätze. Von einer verbesserten Unterstützung für amilien und einer Neugestaltung des Kinderzuschlags t nicht die Rede. Der Antrag der Fraktion Die Linke widmet sich der hematik der Bekämpfung von Armut von Kindern und ugendlichen. Die politischen Aussagen des Antrags kön- en wir jedoch nicht teilen. Es ist selbstverständlich, dass as Existenzminimum von Kindern garantiert sein muss. evor Transferleistungen erweitert oder sogar erhöht wer- en, ist es unbedingt erforderlich, dass wir uns einen 5350 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 (A) ) (B) ) Überblick über die bestehenden familienpolitischen Leis- tungen – dies sind immerhin rund 100 Milliarden Euro pro Jahr – verschaffen und prüfen, wie sie effizient und transparent gestaltet werden können. Dies haben wir auch in unserem Antrag „Flexible Konzepte für die Familie – Kinderbetreuung und frühkindliche Bildung zukunfts- fähig machen“ (Bundestagsdrucksache 16/1168) gefor- dert, der morgen im Rahmen der Elterngelddebatte be- handelt wird. Ich fordere die Bundesregierung auf, endlich ein Ge- samtkonzept für eine umfassende Familienförderung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres eines Kindes vor- zulegen, das insbesondere die Existenzsicherung der Kinder und die Förderung kinderreicher Familien be- rücksichtigt, und in diesem Zusammenhang auch endlich eine vernünftige Lösung erstens für eine Neugestaltung des Kinderzuschlags vorzulegen und zweitens den Bear- beitungsrückstau bei der Bearbeitung von Kindergeld- anträgen für volljährige Kinder zu beseitigen. Diana Golze (DIE LINKE): Es ist gerade acht Tage her, dass anlässlich des Weltkindertages in ganz Deutschland 2,5 Millionen Fahnen auf öffentlichen Plät- zen aufgestellt wurden. Jedes Fähnchen stand stellvertre- tend für ein Kind, das in Deutschland in Armut lebt. Ge- rade deshalb ist es wichtig, dass heute hier im Bundestag die Kinderarmut Thema ist. Die Fraktion Die Linke legt heute ein Konzept zur Reform des Kinderzuschlags vor. Damit schlagen wir einen ersten Schritt zur Verbannung der Kinderarmut in die Geschichtsbücher vor. Welche Situation haben wir? Der Kinderzuschlag in seiner derzeitigen Form ist völlig ungeeignet, um dem Anspruch der Bekämpfung von Kinderarmut gerecht zu werden. Allein die Tatsache, dass neun von zehn Antrag- steller eine Ablehnung erhalten, ist ein Indiz dafür, dass das Gesetz dringend einer Überarbeitung bedarf. Was will die Linke? Wir wollen alle Kinder aus der Sozialhilfe herausholen. Die Bedarfsgemeinschaft nach SGB II oder SGB XII darf nicht länger das sozialpoliti- sche Gefängnis von Millionen Kindern sein. Alle Kinder unter 18 Jahren sollen in Zukunft ein Kindergeld erhal- ten, das ihnen in voller Höhe zugute kommt. Gleichzei- tig wollen wir den Kinderzuschlag zu einem einkom- mensabhängigen Instrument ausbauen, das jedem Kind mindestens den Zugang zu einem soziokulturellen Exis- tenzminimum in Höhe von 420 Euro garantiert. Bei der Prüfung des Anspruchs auf Kinderzuschlag und der Er- mittlung seiner individuellen Höhe ist zukünftig aus- schließlich eine Einkommensobergrenze in Form eines pauschalierten Höchsteinkommens der Eltern zu berück- sichtigen. Wir wollen die Mindesteinkommensgrenze abschaffen, die die Mehrheit der Antragsteller um den Kinderzuschlag bringt. Wir schlagen darüber hinaus vor, dass die Beschränkung der Zahlung auf 36 Monate abge- schafft wird. Armut richtet sich schließlich nicht nach dem Kalender. Nach unseren Berechnungen würden von diesem Kon- zept circa 2,1 Millionen Familien mit 3,1 Millionen Kin- dern profitieren. Unser Konzept ist im Vergleich zum heutigen Kinderzuschlag sehr viel einfacher und garan- t n m A M R d h k u n Ö k r K I K m H s w g W n Ä m d l r Z t N A c l s a v n c A s s b c g d I d w g K d d l d (C (D iert den Betroffenen ein Armut verhinderndes Leistungs- iveau. Es ist ohne weiteres finanzierbar. Schließlich er- öglicht es erhebliche Einsparungen bei Sozialgeld und rbeitslosengeld II. Für den Einstieg rechnen wir mit ehrkosten von etwa 3,5 Milliarden Euro. Aber das beste ezept gegen die Arbeitslosigkeit von morgen ist doch ie Armutsverhinderung von heute. Insofern ist die Ver- inderung von Kinderarmut eine Investition in die Zu- unft, die perspektivisch die sozialen Kassen entlasten nd stabilisieren wird. Die Politik der Bundeskanzlerin und der Familienmi- isterin lässt sich auf einen einfachen Nenner bringen: ffentlich machen sie gern große Worte über die Be- ämpfung der Kinderarmut. Hinter verschlossenen Tü- en tun sie alles zur Verschärfung des Problems. Der inderzuschlag ist dafür ein hervorragendes Beispiel. m Koalitionsvertrag steht der lobenswerte Vorsatz, den inderzuschlag als sozial- und kinderpolitisches Instru- ent zu verbessern. Und was passiert in der Realität? Im artz-IV-Fortentwicklungsgesetz wurde am Kinderzu- chlag herumgedoktert ohne wirklichen Veränderungs- illen. Aber der nach § 22 Bundeskindergeldgesetz ein- eforderte Bericht zu den Auswirkungen und der nötigen eiterentwicklung des Kinderzuschlags liegt bis heute icht vor. Stattdessen finden durch die Hintertür bereits erste nderungen am Kinderzuschlag statt, ohne dem Parla- ent die Ergebnisse einer Evaluierung vorzulegen, ohne ie Defizite des Kinderzuschlags in ihrer Gänze offen zu egen. Gestern hat ein Gesetzentwurf der Bundesregie- ung die Ausschüsse passiert, mit dem eigentlich nur der ugang von Ausländern mit Kindern zu Familienleis- ungen neu geregelt werden sollte. In einer Nacht-und- ebel-Aktion wurde kurz vor der Ausschussberatung ein rtikel ins Gesetz geschrieben, der dort gar nichts zu su- hen hat. Durch die Hintertür verschärft die Große Koa- ition nämlich die Anspruchskriterien für den Kinderzu- chlag. Wer in Zukunft eine Ablehnung seines Antrags uf Arbeitslosengeld II erhält, weil Anspruch auf den orrangigen Kinderzuschlag besteht, hat künftig nur och einen statt bisher sechs Monate Zeit, seine Ansprü- he rückwirkend geltend zu machen. Ich gehe davon aus, dass auf diese Weise noch weniger nträge auf Kinderzuschlag bewilligt werden als jetzt chon. Und die Bundesfamilienministerin geht wahr- cheinlich auch davon aus. In ein laufendes Gesetzge- ungsverfahren wird ohne Vorlaufzeit und ohne ausrei- hende Information der Betroffenen ein blinder Passagier eschmuggelt. Im Kern werden hier Empfänger des Kin- erzuschlags auf das Diskriminierungsniveau von Hartz V herabgedrückt. Doch was nützt ein Kinderzuschlag, er den Betroffenen den Bezug von ALG II ersparen soll, enn dieser Kinderzuschlag nach denselben entwürdi- enden Bedingungen bewilligt oder abgelehnt wird? Die oalitionsfraktionen müssen sich fragen lassen, ob sie ie im Koalitionsvertrag verabredete Weiterentwicklung es Kinderzuschlags zum Wohle der Betroffenen wirk- ich wollen oder ob sie sich in dieser Art und Weise aus er Hand nehmen lassen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 5351 (A) (C) (B) ) Wir legen Ihnen heute eine Idee für eine echte Reform des Kinderzuschlags vor. Und auch wenn Sie den Antrag nen eingehen. Deshalb beschränke ich mich jetzt auf die Bundespolitik. Auch der Bund hat in diesem Bereich der Betroffenen darum, dieses Zukunftskonzept zur Kenntnis zu nehmen. Abschließend gehe ich auf den Antrag der Regie- rungsfraktionen ein. Natürlich ist es erfreulich, dass Kin- der und deren Chancen gewürdigt werden, dass die Be- deutung der öffentlichen Verantwortung betont wird. Allerdings hätte ich nach fast einem Jahr, das seit der Veröffentlichung des 12. Kinder- und Jugendberichtes vergangen ist, etwas tiefgründigere Analysen und vor al- lem detailliertere Schlussfolgerungen erwartet, als Sie sie hier vorlegen. Sie bezeichnen ja unsere Vorlagen gern als luftig und zu pauschal. Für diese von Ihnen gilt das sicher. Ein Beispiel: Wir brauchen nicht mehr nur die Forderung nach verbesserten Standards in der Qualität von Kinderbetreuung, sondern endlich klare Aussagen, wie man die Ausbildung von Erzieherinnen und Erzie- hern verbessern kann oder wie die Mindestanforderun- gen an die Tagespflege zu gestalten sind. Ich fasse zusammen: Der 12. Kinder- und Jugendbe- richt, den Sie wiederholt begrüßen, geht in vielen Punk- ten schon weiter als der heute vorliegende Antrag der Großen Koalition. Ich erwarte von der Regierung, dass sie den freundlichen Bekundungen der Übereinstim- mung nun endlich Politik folgen lässt! Für die Bekämp- fung der Kinderarmut haben wir schon mal einen Teil Ih- rer Arbeit erledigt. Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dieser Aussprache liegen zwei sehr unterschiedliche Anträge zugrunde. Die Kürze der Zeit gebietet es, nacheinander knapp beide Anträge zu bewerten. Im Koalitionsantrag zum 12. Kinder- und Jugend- bericht wird die Bedeutung frühkindlicher Förderung und Bildung herausgestellt. Die Koalition stimmt in zen- tralen Punkten mit den Ergebnissen der Berichtskom- mission überein. So wird in dem Antrag eine „gute Qua- lität von Bildung, Erziehung und Betreuung von Anfang an“ gefordert. Notwendig sei ein Infrastrukturangebot, das an den „Bedürfnissen und Förderbedarfen von Kin- dern und Jugendlichen und ihren Kindern“ ausgerichtet ist. Über diese grundsätzliche Notwendigkeit gibt es über die Parteigrenzen hinweg kaum Dissenz. Wir haben zum Beispiel bereits im März dieses Jahres einen entspre- chenden Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht: Neue Chancen und Perspektiven für Kinder und Jugend- liche in Deutschland (Bundestagsdrucksache 16/817). Die entscheidende Frage ist jetzt aber folgende: Wie können wir dieser Einsicht zur Umsetzung verhelfen? Denn eines ist doch nicht von der Hand zu weisen: Von einer Förder- und Bildungsinfrastruktur, wie sie etwa im Jugendbericht beschrieben wird, sind wir noch meilen- weit entfernt. Ich kann hier nicht auf die verschiedenen Gründe da- für und auf die Verantwortlichkeiten der staatlichen Ebe- K R K B I c t v t f i h u n H F t d s f g t r h g s u z d g r s s d V d w D v g u d s B D t s d U a r z (D ompetenz. Die soll und muss er nutzen, indem er den echtsanspruch auf Kindertagesbetreuung ausweitet auf inder ab einem Jahr. Das empfiehlt übrigens auch die erichtskommission zum 12. Kinder- und Jugendbericht. m Koalitionsantrag hingegen kann ich kaum Verbindli- hes entdecken. Das ist schade; denn so bleibt die Koali- ion auf dem Niveau von Sonntagsreden stecken. Damit erdeckt sie aber den eigentlichen Handlungsbedarf. Sie äuscht außerdem über die massive fiskalische Heraus- orderung hinweg, die hinter dem Verbesserungsbedarf n der Förderinfrastruktur steckt. Wie bringen wir das Geld auf, um flächendeckend ochwertige Betreuungs- und Bildungseinrichtungen für nsere Kleinsten zu schaffen? Nun, ihr Antrag gibt hier icht den geringsten Hinweis darauf. Ein ganz anderer inweis zeigt aber mehr als klar, wie richtungslos die amilienpolitik zumindest der Union weiterhin ist. Ges- ern war einer Agenturmeldung zu entnehmen, dass in er Union ein Familiensplitting erörtert wird, welches zu taatlichen Mindereinnahmen von 1,3 Milliarden Euro ührt! Wie kommen Sie, meine Kolleginnen und Kolle- en der Union, eigentlich darauf, über Transferauswei- ungen in dieser Größenordnung nachzudenken, wäh- end es gleichzeitig bei Frühförderung und Bildung auch eute an allen Ecken und Enden fehlt? Das Stichwort der knappen Haushaltslage bietet einen uten Übergang zum Kinderzuschlag. Dieses Instrument oll dazu beitragen, dass Eltern nicht der Kinder wegen nter die Armutsschwelle fallen. Die Grundidee ist über- eugend, aber ganz offenkundig ist die Ausgestaltung es Kinderzuschlags unzureichend. Die bisher bekannt ewordenen Zahlen lassen wohl kaum einen Zweifel da- an, wie notwendig eine Weiterentwicklung ist. Hierzu ollte die Regierung jetzt schon konkrete Eckpunkte vor- tellen, die dann fachpolitisch zu beraten wären. Statt- essen schiebt sie die Diskussion mindestens bis zur orlage des Regierungsberichts auf. Umso länger wird emnach der unverhältnismäßige bürokratische Auf- and bei geringer Wirkung für die Familien anhalten. ie Regierung sollte Berechnungen offenlegen, wie sich erschiedene Änderungsoptionen zu den Einkommens- renzen bezüglich der Zahl der Leistungsberechtigten nd der Zusatzkosten auswirken würden. Entsprechen- es ist vorzulegen hinsichtlich einer höheren Leistung owie bei einer modifizierten Einkommensanrechnung. Schon jetzt ist für uns klar, dass die absolute zeitliche egrenzung auf 36 Monate aufgehoben werden sollte. er Kinderzuschlag honoriert Erwerbstätigkeit von El- ern, die damit zumindest ihren eigenen Unterhalt voll- tändig decken. Hier ist es durchaus nicht zu beanstan- en, wenn der Kinderzuschlag als mittel- bis langfristige nterstützung eingesetzt wird. Ein verstärkter Arbeits- nreiz ließe sich viel besser durch einen niedrigeren An- echnungssatz von zum Beispiel 50 Prozent statt 70 Pro- ent erzielen. pflichtgemäß ablehnen werden, bitte ich Sie im Interesse e ine politische Verantwortung und eine gesetzgeberische 54. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 28. September 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18
Gesamtes Protokol
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605400000

Schönen guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kolle-

gen! Die Sitzung ist eröffnet.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, gibt es ei-
nige Mitteilungen zu machen. Die erste freut mich ganz
besonders: Der Kollege Dr. Wiefelspütz feierte am
22. September seinen 60. Geburtstag. Wir gratulieren
herzlich im Namen des Hauses und in Abwesenheit.


(Beifall)


Es stehen einige Wahlen zu Gremien an: Nach dem
Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek vom
22. Juni 2006 benennt der Deutsche Bundestag zwei
Vertreter für den dortigen Verwaltungsrat. Die Fraktion
der CDU/CSU schlägt den Kollegen Johann-Henrich
Krummacher als ordentliches Mitglied und die Kollegin
Renate Blank als Stellvertreterin vor. Für die Fraktion
der SPD sollen der Kollege Siegmund Ehrmann als or-
dentliches Mitglied und der Kollege Christoph Pries als
Stellvertreter in den Verwaltungsrat. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist offenkundig der Fall. Dann sind
die genannten Kollegen und Kolleginnen hiermit in den
Verwaltungsrat der Deutschen Nationalbibliothek ge-
wählt.

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Redet
Als neues ordentliches Mitglied im Rundfunkrat der
Deutschen Welle hat die Fraktion der CDU/CSU für den
ehemaligen Abgeordneten Günter Nooke den Kollegen
Wolfgang Börnsen vorgesehen. Stellvertretendes Mit-
glied soll die Kollegin Dorothee Bär werden. Die Frak-
tion der SPD schlägt für den Rundfunkrat den Kollegen
Fritz Rudolf Körper als ordentliches Mitglied vor. Der
Kollege Hans-Joachim Hacker, der bisher ordentliches
Mitglied war, soll nunmehr Stellvertreter werden.

Im Verwaltungsrat der Deutschen Welle soll der
Kollege Reinhard Grindel von der Fraktion der CDU/
CSU die Kollegin Monika Griefahn als ordentliches Mit-
glied ablösen. Frau Griefahn wird dem Verwaltungsrat
fortan als stellvertretendes Mitglied angehören

Sind Sie auch mit diesen Vorschlägen einve
Das ist der Fall. Dann sind die genannten K

(C (D ung 28. September 2006 0 Uhr nd Kollegen in den Rundfunkrat und in den Verwalungsrat der Deutschen Welle gewählt. Schließlich hat die Fraktion der CDU/CSU mitgeteilt, ass der Kollege Wolfgang Bosbach aus dem Kuratoium der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und ukunft“ ausscheidet. Als Nachfolger wird der Kollege ngo Wellenreuther vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Auch das scheint der Fall zu sein. Dann ist er Kollege Ingo Wellenreuther in das Kuratorium der tiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ geählt. Interfraktionell ist verabredet worden, die verbundene agesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufgeführ en Punkte zu erweitern: ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Bishe rige Ergebnisse der Koalition zu einer Reform für ein leistungsfähiges Gesundheitswesen ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren Beratung des Antrags der Abgeordneten Miriam Gruß, Gisela Piltz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Konkretes und tragfähiges Konzept zur Bekämpfung von Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ext vorlegen und zeitnah umsetzen – Drucksache 16/2779 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Innenausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Kultur und Medien Haushaltsausschuss ZP 3 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, nd des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN 2008 zum „Internationalen Jahr der sanitären sorgung“ der Vereinten Nationen ausrufen che 16/2758 – . rstanden? – olleginnen der FDP u Das Jahr Grundver – Drucksa Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt ZP 4 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Korruptionsverdacht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Rolle der Bundesregierung in diesem Zusammenhang ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Florian Toncar, Harald Leibrecht, Burkhardt Müller-Sönksen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Für die Ächtung von Landminen und Streumunition – Drucksache 16/2780 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Verteidigungsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Haushaltsausschuss ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus Kurth, Brigitte Pothmer, Irmingard Schewe-Gerigk, Elisabeth Scharfenberg und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen weiterentwickeln – Das Bruttoprinzip in der Sozialhilfe beibehalten und Leistungen aus einer Hand für Menschen mit Behinderungen ermöglichen – Drucksache 16/2751 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Finanzausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus Kurth, Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck geordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Das Existenzminimum sichern – Sozialhilferegelsätze neu berechnen und Sofortmaßnahmen für Kinder und Jugendliche einleiten – Drucksache 16/2750 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Finanzausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus Ernst, Katja Kipping, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Für ein menschenwürdiges Existenzminimum – Drucksache 16/2743 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Michael Meister, Otto Bernhardt, Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Reinhard Schultz weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Deutscher Finanzdienstleistungsmarkt im Wandel – Bezeichnungsschutz für Sparkassen erhalten – Drucksache 16/2748 – ZP 10 Beratung des Antrags der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Thea Dückert, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Deutscher Finanzdienstleistungsmarkt im Wandel – Bezeichnungsschutz für Sparkassen erhalten – Drucksache 16/2752 – e t r n a u p r u ü s D w s I s m P ß W g m I D M m (C (D ZP 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Axel Troost, Dr. Barbara Höll, Roland Claus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Sparkassen-Namensschutz sichern – EU-Recht wahren – Parlamentarische Einflussnahme sicherstellen – Drucksache 16/2745 – Von der Frist für den Beginn der Beratung soll, soweit rforderlich, abgewichen werden. Außerdem ist vorgesehen, die Tagesordnungspunke 9, 10 und 18 abzusetzen, wodurch sich einige Ändeungen in der Reihenfolge ergeben. Der Tagesordungspunkt 16 wird nach dem Tagesordnungspunkt 11 ufgerufen. Die Tagesordnungspunkte 12 und 13 sowie 14 nd 15 werden jeweils getauscht. Der Tagesordnungsunkt 22 wird nach dem Tagesordnungspunkt 17 aufgeufen. Die Tagesordnungspunkte 23 und 24 sowie 25 nd 26 werden wiederum jeweils getauscht. Schließlich mache ich auf eine geänderte Ausschussberweisung im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerkam: Gesetzentwurf der Fraktion der LINKEN zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen – Drucksache 16/731 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Arbeit und Soziales er in der 22. Sitzung des Deutschen Bundestages überiesene Gesetzentwurf soll zusätzlich dem Rechtsaus chuss zur Mitberatung überwiesen werden. Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? – ch höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlosen. Bevor ich den ersten Tagesordnungspunkt aufrufe, öchte ich noch herzlich Kolleginnen und Kollegen arlamentarier aus Tansania und Rumänien begrüen. Herzlich willkommen im Deutschen Bundestag! ir wünschen Ihnen interessante Gespräche und eine ute Zeit in Berlin. Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf: Abgabe einer Erklärung durch die Bundesregierung Deutsche Islamkonferenz – Perspektiven für eine gemeinsame Zukunft Ich erteile zur Regierungserklärung dem Bundesinister des Innern, Wolfgang Schäuble, das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(siehe 53. Sitzung)


(Ergänzung zu TOP 35)


(Ergänzung zu TOP 36)





(A) )


(B) )


(Beifall)


Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des
nnern:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In
eutschland leben heute zwischen 3,2 und 3,5 Millionen
uslime. Die meisten von ihnen sind vor Jahrzehnten
it ihren Traditionen und Gewohnheiten, mit ihrer Reli-






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
gion und mit ihrer Kultur in dieses Land gekommen.
Viele von ihnen haben, wie der Regisseur Fatih Akin es
beschrieben hat, „vergessen, zurückzukehren“. Der Is-
lam ist Teil Deutschlands und Teil Europas, er ist Teil
unserer Gegenwart und er ist Teil unserer Zukunft. Mus-
lime sind in Deutschland willkommen. Sie sollen ihre
Talente entfalten und sie sollen unser Land mit weiter
voranbringen.

Um Perspektiven für die gemeinsame Zukunft zu
schaffen, müssen wir versuchen, die Probleme zu lösen,
die das Zusammenleben mit Muslimen in unserem Land
belasten: Religionsunterricht in Koranschulen und an
staatlichen Schulen, Kopftuch, Imamausbildung, die
Rolle der Frauen und Mädchen, das Schächten – um nur
ein paar Stichworte zu nennen. Nicht nur der Bundesre-
gierung bereitet die hohe Arbeitslosigkeit insbesondere
der Muslime der zweiten und dritten Generation, häufig
als Folge eines zu niedrigen Qualifikationsniveaus,
Sorge. Neben solchen Alltagsproblemen führt der isla-
mistische Terror zu Ängsten und Argwohn in der Bevöl-
kerung. Viele Muslime finden sich zu Unrecht unter ei-
nen Generalverdacht gestellt, ausgegrenzt und nicht voll
in die deutsche Gesellschaft aufgenommen.


(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


All diese Sorgen müssen wir ernst nehmen und neh-
men wir ernst. Die die Bundesregierung tragenden Par-
teien und Fraktionen, CDU/CSU und SPD, haben sich
deshalb im Koalitionsvertrag ausdrücklich zum Dialog
mit den Muslimen bekannt. Deshalb habe ich gestern mit
der Deutschen Islamkonferenz in der Orangerie im
Schloss Charlottenburg den ersten institutionalisierten
Dialog zwischen dem deutschen Staat und den in
Deutschland lebenden Muslimen eröffnet. Das Schloss
Charlottenburg – auch das darf man sagen –, Ende des
17. Jahrhunderts erbaut, erinnert an die große Toleranz
der preußischen Dynastie


(Steffen Reiche [Cottbus] [SPD]: Und der Bürger!)


– ja, der Bürger, aber auch der Dynastie – und war ein
guter Ort, um diesen Dialog zu eröffnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Aufgabe dieser Deutschen Islamkonferenz soll es
sein, eine Lösung der Probleme des Zusammenlebens
gemeinsam und im Dialog mit den in Deutschland leben-
den Muslimen zu suchen. Es ist viel darüber diskutiert
worden, was der Unterschied zwischen der Deutschen
Islamkonferenz und dem Integrationsgipfel sei und ob
man sie nicht verbinden könne. Natürlich gibt es eine
enge Verbindung zwischen der Integration der Muslime
und dem Dialog mit den Muslimen; beides hat viel mit-
einander zu tun. Trotzdem stehen beim Integrationsgip-
fel und dem entsprechenden Prozess die Fragen aller in
Deutschland lebenden Menschen, die aus vielerlei Grün-
den nach Deutschland gekommen sind, im Vordergrund,
während wir uns in der Deutschen Islamkonferenz aus-
schließlich mit dem Islam und mit den Muslimen be-
schäftigen.

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(C (D Im Übrigen unterhält unser Staat geregelte Beziehunen zu den Kirchen. Viele Muslime erwarten zu Recht, ass so ähnlich, wie der Staat Beziehungen zu den hristlichen Kirchen und zur jüdischen Gemeinschaft nterhält, er auch Beziehungen zu den Muslimen entwikelt – was insofern komplizierter ist, als die Muslime icht so verfasst sind wie die christlichen Kirchen. Einen nstoß zu geben, miteinander zu diskutieren, ist einer er wesentlichen Beweggründe für die Islamkonferenz nd einer der Gründe, warum wir uns entschlossen haen, dafür einen eigenen Prozess ins Leben zu rufen. Die eutsche Islamkonferenz ist keine Veranstaltung, die ur gestern drei Stunden lang stattgefunden hat, sondern estern war der Auftakt für einen ständigen Dialog, den ir zunächst einmal auf einen Zeitraum von etwa zwei ahren angelegt haben. Uns geht es, wie es im Koalitionsvertrag steht, um eien Dialog sui generis mit den Muslimen in Deutschand, die nicht mehr länger eine ausländische Bevölkeungsgruppe darstellen, sondern Bestandteil unserer esellschaft geworden sind. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


as muss den Muslimen und auch dem nicht muslimi-
chen Teil unserer Gesellschaft vermittelt werden.

Natürlich haben viele gefragt, warum das erst jetzt ge-
chieht. Diese Diskussion führt aber nicht weiter. Besser
etzt als später oder gar nicht. Vielleicht liegt das auch
aran, dass wir zu lange gedacht haben – übrigens nicht
ur die Deutschen, sondern auch die meisten Zuwande-
er, die einstmals als Gastarbeiter zu uns kamen –, dass
ie wieder in ihre Heimat zurückgehen. Irgendwann hat
ich das geändert. Wir wissen, dass die meisten von ih-
en in Deutschland geblieben sind. Ihre Kinder und En-
el fühlen sich längst als Deutsche türkischer oder arabi-
cher Herkunft. Auch deswegen war es an der Zeit, mit
ieser Deutschen Islamkonferenz ein Zeichen des Auf-
ruchs zu einem neuen Miteinander zu setzen.

Die Vertreter des Staates – Bund, Länder und kommu-
ale Spitzenverbände –, die in der Deutschen Islamkon-
erenz vertreten sind, haben sehr deutlich gemacht, dass
ir in diesem Dialog auch Erwartungen an die Muslime
aben. Nach der deutschen Rechts- und Werteordnung
erstehen wir den Weg zu einem gedeihlichen Zusam-
enleben als einen Prozess, in dem kulturelle und reli-

iöse Unterschiede anerkannt werden, in dem aber auch
ie vollständige Akzeptanz der freiheitlich-demokrati-
chen Grundordnung verlangt und vorausgesetzt wird.
ie mit dieser freiheitlich-demokratischen Grundord-
ung geschützten Grundregeln des Zusammenlebens
ind für jeden verbindlich, der in Deutschland lebt. Das
rundgesetz ist nicht verhandelbar.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


urch das Grundgesetz wird im Übrigen mehr als durch
iele andere Ordnungen – das war auch gar nicht streitig –
aum für ein friedliches, vielfältiges, kulturelles und tole-

antes Zusammenleben geboten. Deswegen ist es im Inte-
esse aller, dass das Grundgesetz nicht verhandelbar ist.






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
In dieser Ordnung, die von christlicher Ethik geprägt
ist – auch das muss gesagt werden, was ich gestern auch
getan habe –, muss der Islam seinen Platz finden. Hier
lebende Muslime können sich Zukunftsperspektiven er-
öffnen, wenn sie verstärkt Bereitschaft zeigen, unsere
Sprache zu erlernen, Bildungsabschlüsse zu erwerben
und sich an der Entwicklung der Gesellschaft zu beteili-
gen.

Damit wir die Deutsche Islamkonferenz als Chance
für ein neues Miteinander nutzen können, sind die Mus-
lime aufgefordert, sich zu den Grundlagen eines har-
monischen Miteinanders zu bekennen: der deutschen
Rechts- und Werteordnung, der deutschen Sprache, den
in Deutschland gültigen sozialen Konventionen. Dieser
Weg in unsere Gesellschaft wird durch das Motto dieser
Deutschen Islamkonferenz umschrieben: „Muslime in
Deutschland – Deutsche Muslime“.

Ich glaube, dass die meisten, die das gestern verfolgt
haben, in dem Urteil mit mir übereinstimmen werden,
dass der Start gut gelungen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Es war eine offene Debatte. Wir hatten gar nicht vor,
eine harmonische und nur auf Konsens ausgerichtete
Veranstaltung durchzuführen, sondern wir wollen, dass
innerhalb der Gemeinschaft der Muslime unterschiedli-
che Auffassungen ausgesprochen werden. Wenn Sie sich
die Teilnehmer anschauen, dann wissen Sie, dass es im
Vorhinein sehr spannend war, wie das überhaupt gehen
sollte. Es ist gut gelungen. Alle haben einander gut zuge-
hört und am Schluss haben auf meine Frage alle gesagt,
dass wir uns genau in dieser Zusammensetzung und auf
dieser Grundlage jetzt auf den Weg machen und so wei-
termachen sollten. Deswegen ist der Start gut gelungen.

Es war eine offene und in Teilen durchaus kontro-
verse Debatte. Es wäre unehrlich, etwas anderes zu sa-
gen. Niemand hat auch nur den geringsten Vorbehalt
gegenüber der Gültigkeit unserer Verfassungs- und
Rechtsordnung geäußert. Das war so selbstverständlich
wie nichts anderes. Auch das muss klar gesagt werden.


(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Es mag zwar nur ein Randthema gewesen sein, obwohl
es ein wichtiger Punkt ist: Die Tatsache, dass alle 30, die
um diesen Tisch versammelt waren, gesagt haben, dass
es schön wäre, wenn eine bestimmte Operninszenie-
rung bald wieder aufgeführt werden könnte, und dass
wir dann alle miteinander dort hingehen, zeigt etwas von
dem Klima, das es in dieser Konferenz gibt.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Wir sollten uns dem anschließen!)


– Ja, Herr Kollege, aber es ist nicht meine Sache als In-
nenminister, dem Parlament so einen Vorschlag zu unter-
breiten. Ich halte das allerdings für einen wichtigen
Schritt.

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(C (D Ich finde es bezeichnend und gut, dass es gelungen st, ein entsprechendes Klima zu schaffen. Damit sind atürlich nicht alle Probleme gelöst. Ich bin überhaupt egen jede Form von Verharmlosung. Das wird ein chwieriger Weg sein und – das haben alle gesagt – es iegt viel Arbeit vor uns. Aber wir haben eine gute rundlage, diese Arbeit zu bewältigen; das ist eine ichtige Voraussetzung. Wir haben uns vorgenommen, Vereinbarungen zu ichtigen Fragen des Zusammenlebens zu erarbeiten. as werden keine Vereinbarungen mit einer Verbindlicheit in juristischem Sinne sein können. Aber als ergebnisffener und zielgerichteter Prozess soll die Konferenz arauf hinarbeiten, einen gemeinsamen Willen herzutellen, der es Bund, Ländern und Kommunen ermögicht, gemeinsam mit Muslimen zu handeln. Wir werden auf zwei Ebenen tagen: zum einen in der orm des Plenums, das wir gestern eröffnet haben; zum nderen in drei Arbeitsgruppen und einem Gesprächsreis, in dem Vertreter von Bund, Ländern und Kommuen mit Vertretern der organisierten wie auch der nicht rganisierten Muslime zur Sacharbeit zusammenkomen werden. Dies beginnt am 8. und 9. November in ürnberg. Wir haben mit der Geschäftsführung dieses ialogs das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eauftragt. Diese Entscheidung hat allseits große Zutimmung gefunden. Ich bin sehr froh, dass sich das undesamt zu Recht einer so großen Anerkennung er reut, weil es gute Arbeit leistet. Ergebnisse sollen aus sorgfältiger Analyse abgeleitete onkrete Handlungsempfehlungen sein. Im Plenum der onferenz wollen wir etwa jedes halbe Jahr die Ergebisse der Arbeitsgruppen zu einem breit angelegten Konens zusammenführen. Ich habe im Übrigen die Teilnehmer für das Plenum ie für die Arbeitsgruppen nach vielen intensiven Ge prächen und nach reiflicher Überlegung ausgewählt. Es at natürlich viele Debatten gegeben; das war unvereidlich. Aber es war gewollt, dass es darüber schon im orfeld Debatten gegeben hat. Ich habe Vertreter der itgliederstärksten muslimischen Dachverbände mit eligiöser Prägung eingeladen. Sie repräsentieren, wenn an die Mitgliederzahl großzügig schätzt, 15 bis 20 Pro ent der bei uns lebenden Muslime. Wenn man in diese chätzung die Zahl der regelmäßigen Moscheebesucher inbezieht, dann kann man hinsichtlich der Repräsentanz er Verbände sogar mit Wohlwollen auf ein Drittel komen. Daraus ergibt sich aber auch, dass die breite Mehrheit on religiösen und nicht religiösen Muslimen durch die erbände nicht hinreichend repräsentiert ist und dass iemand den Anspruch erheben kann, nur er allein repräentiere die Muslime. Deswegen habe ich zur Konferenz ewusst ebenfalls Vertreter der nicht organisierten Musime eingeladen, die die verschiedensten Facetten der uslimischen Lebenswirklichkeit in unserem Lande reräsentieren. Auch das ist in der Konferenz sehr deutlich eworden und es ist am Ende der Konferenz von allen kzeptiert worden. Das ist innerhalb des Dialogs und inerhalb der Gemeinschaft der Muslime in Deutschland Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble ein wichtiger Schritt. Natürlich ist das vorher kritisiert worden, aber auch von vielen positiv erwähnt worden. Ich glaube, alle, die als Vertreter von Bund, Ländern und Gemeinden am Tisch gesessen haben, haben in dieser beeindruckenden Gruppe von 15 Repräsentanten muslimischen Lebens in Deutschland gespürt, dass dies auch in ihrer Vielfalt eine eindrucksvolle Gruppe war. Es ist eben wichtig, dass uns allen – unserer Gesellschaft und damit auch der Öffentlichkeit – die Vielfalt islamischen Lebens in unserem Lande insgesamt bewusst wird. Es wird, wie ich gesagt habe, ein steiniger Weg sein – für die Muslime und für den Staat. Aber nur in einer pluralen Auseinandersetzung haben wir eine Chance, Lösungen zu finden, wie sich der Islam in unserer offenen, freiheitlichen und pluralistischen Demokratie entwickeln kann. Das Spektrum der konkreten Fragen, die wir in der Konferenz erörtern werden, ist so breit, wie der Islam in Deutschland vielfältig ist. Es umfasst als ersten Schwerpunkt die Vereinbarkeit verschiedener islamischer Strömungen mit der deutschen Gesellschaftsordnung. Ausgehend von den Wesensmerkmalen unserer pluralistischen Gesellschaft werden wir in der ersten Arbeitsgruppe, die den Namen „Deutsche Gesellschaftsordnung und Wertekonsens“ trägt, über zentrale Werte sprechen. Dabei geht es nicht allein um die Frage der Gültigkeit der Grundrechte, sondern wir wollen, dass sich Muslime in Deutschland entfalten können. Den zweiten wichtigen Schwerpunkt bildet die Frage, wie sich der Islam als Religion mit den Strukturen und Elementen des deutschen Religionsverfassungsrechts vereinbaren lässt. Wir interpretieren unser Religionsverfassungsrecht nach Art. 4 des Grundgesetzes sehr im Lichte unserer staatskirchenrechtlichen Erfahrungen mit den christlichen Kirchen, was zu Problemen mit der Verfasstheit des Islam führt. Deswegen brauchen wir – beispielsweise wenn wir an staatlichen Schulen Islamunterricht einführen wollen – einen Partner, weil es nicht gut wäre, wenn der Staat dabei allein handeln würde. Dass uns ein solcher Partner zur Verfügung gestellt wird, ist eine weitere Erwartung, die wir an die Arbeit der Islamkonferenz haben. Den dritten Schwerpunkt bildet der Bereich Wirtschaft und Medien. Dabei geht es etwa darum, wie wir die Defizite in der ökonomischen und sozialen Lage vieler Muslime beheben können, wie wir erreichen können, dass die Medien stärker als bisher dazu beitragen, dass Sprachkenntnisse und damit Kommunikation und Integration gefördert werden, und um vieles mehr. Es geht aber auch um die Erwartungen von Muslimen an deutschsprachige Printmedien und elektronische Medien. Auch darüber ist gestern schon gesprochen worden. Wir werden auch über die Bedrohung unserer freiheitlichen Demokratie durch islamistische Bestrebungen miteinander reden. Es gibt bereits einen Gesprächskreis, in dem schon viele Verbände mit den Sicherheitsbehörden zusammenwirken. In dem Gesprächskreis „Sicherheit und Islamismus“ der Deutschen Islamkonferenz wollen wir zu einer besseren Zusam m a W g n b h M l P b k f g d T u u l s w d z t l d r I (C (D enarbeit bei der Bekämpfung des gewalttätigen wie uch des legalistisch vorgehenden Islamismus gelangen. ir dürfen nicht hinnehmen, dass Extremisten die Reli ion des Islams für ihre Taten in Anspruch nehmen könen, gerade weil auch die große Mehrzahl der friedlieenden Muslime Angst vor gewalttätigen Extremisten at. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)





(A) )


(B) )


Ich verbinde mit der Eröffnung des Dialogs mit den
uslimen die Hoffnung, dass alle verstehen, dass Mus-

ime in Deutschland willkommen sind. Damit sie ihre
otenziale voll entfalten können, müssen wir die Pro-
leme unseres Zusammenlebens und deren Ursachen er-
ennen und daraus Konsequenzen ziehen. Nur so schaf-
en wir Perspektiven für eine gemeinsame Zukunft.

Ich hoffe, dass es mit der Deutschen Islamkonferenz
elingt, nicht nur praktische Lösungen zu finden, son-
ern auch mehr Verständnis, Sympathie, Friedlichkeit,
oleranz und vor allen Dingen mehr Kommunikation
nd Vielfalt zu schaffen und damit zur Bereicherung in
nserem Land beizutragen.

Ich möchte mit folgenden Worten des in Frankreich
ebenden libanesischen Schriftstellers Amin Maalouf
chließen, die mir sehr gut zu dem zu passen scheinen,
as uns bei der Islamkonferenz bewegt:

Wenn ich mich zu meinem Gastland bekenne, wenn
ich es als das meine betrachte, wenn ich der Ansicht
bin, dass es fortan ein Teil von mir ist wie ich ein
Teil von ihm, und wenn ich mich entsprechend ver-
halte, dann habe ich das Recht, jeden seiner As-
pekte zu kritisieren; umgekehrt, wenn dieses Land
mich respektiert, wenn es meinen Beitrag aner-
kennt, wenn es mich in meiner Eigenart fortan als
Teil von sich betrachtet, dann hat es das Recht, be-
stimmte Aspekte meiner Kultur abzulehnen, die mit
seiner Lebensweise oder dem Geist seiner Institu-
tionen unvereinbar sein könnten.

Wenn wir das gemeinsam zur Grundlage machen,
ann können wir in unserem Lande vieles noch besser
ustande bringen, als es bisher der Fall war.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605400100

Das Wort hat der Kollege Hartfrid Wolff, FDP-Frak-

ion.

Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Is-

amkonferenz war längst überfällig. Allerdings hat Bun-
esinnenminister Schäuble mit seiner Geheimniskräme-
ei um Zielsetzung, Teilnehmer und Programm der
slamkonferenz keinen guten Dienst erwiesen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist, glaube ich, nicht der angemessene Einstieg!)







(A) )



(B) )


Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Der Dialog muss vor allem in der Bevölkerung und unter
unmittelbarer Beteiligung der Volksvertretung, des Par-
laments, fortgesetzt werden. Dabei könnte eine allge-
mein akzeptierte Organisation der deutschen Muslime
helfen, die Integration der Muslime in Staat und Gesell-
schaft zu verbessern.

Schon im Vorfeld haben bestimmte Islamorganisatio-
nen Ansprüche auf rechtliche Gleichstellung mit den
Kirchen angemeldet. Für mich wäre eine rechtliche
Gleichstellung des Islam unter klaren Bedingungen
grundsätzlich denkbar. Dazu gehört, dass der Islam die
Grundwerte unserer Gesellschaft ohne Vorbehalt akzep-
tiert und mitträgt. Unbedingte Gewaltfreiheit und die
Anerkennung der Trennung von Religion und Staat sind
eine wesentliche Voraussetzung dafür. Eine Religionsge-
meinschaft, die das Grundgesetz durch die Scharia erset-
zen will, kann nicht anerkannt und nicht toleriert wer-
den.


(Beifall bei der FDP)


Eine rechtliche Gleichstellung mit den Kirchen erfor-
dert ohne Wenn und Aber den vornehmlichen Gebrauch
der deutschen Sprache, wie dies die anderen öffentlich-
rechtlich verfassten Religionsgemeinschaften praktizie-
ren; denn das Beherrschen der deutschen Sprache eröff-
net beiden Seiten die Teilhabe am gesellschaftlichen
Diskurs. Die deutsche Öffentlichkeit hat ein Recht da-
rauf, jederzeit zu verstehen, was von einer öffentlich-
rechtlich verfassten Religionsgemeinschaft gelehrt wird.
Die Angehörigen dieser Gemeinschaft haben ein Recht
darauf, über ihre Religion in vollem Umfang mit der Ge-
samtgesellschaft zu kommunizieren. Gerade vor dem
Hintergrund wachsender Ängste ist dies unverzichtbar.
Die Demokratie lebt von solcher Teilhabe und damit von
dem Beherrschen der Landessprache. Wer am hiesigen
gesellschaftlichen Diskurs nicht teilnehmen kann, viel-
leicht sogar bewusst die Diskursfähigkeit verhindert und
sich oder seine Angehörigen abschottet, der grenzt sich
von der Demokratie ab und aus.


(Beifall bei der FDP)


Deshalb brauchen wir auch in den Moscheen eine grö-
ßere Offenheit. Die deutsche Sprache muss umfassend
Einzug halten.

Die angestrebte Gleichberechtigung wirft aber noch
andere Fragen auf. Würden muslimische Organisationen
in Deutschland nicht glaubwürdiger, wenn sie ihre For-
derungen nach Gleichstellung von Christen und Anders-
gläubigen auch in islamischen Ländern deutlich erheben
würden?

Von den skizzierten Voraussetzungen scheint mir der
gegenwärtige Islam in Deutschland – jedenfalls zum Teil –
noch fern zu sein. Nicht die Beteuerungen einzelner
Funktionäre sind dabei entscheidend. Entscheidend ist
vielmehr, was jeden Tag in den Moscheen und Islamver-
einen gelehrt und gepredigt wird. Angesichts befürchte-
ter Übergriffe von Islamisten wächst in Deutschland lei-
der ein Klima der Angst und Unsicherheit. Die Freiheit
der Kunst und der Presse sowie die Meinungsfreiheit
sind davon bedroht. Hat nicht schon der Karikaturen-
streit die Neigung des aufgeklärten Europas zur Selbst-

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(C (D ensur drastisch erhöht? Schon damals wurde weltweit egen die Prinzipien der freiheitlich-demokratischen rundordnung agitiert. Die schnelle Kritik muslimischer Verbände am Vorrag Papst Benedikts XVI. in Regensburg hat mich beonders betroffen gemacht. Wer seinen Text unvoreingeommen liest, muss zugeben, dass es dem Papst um das erhältnis der Vernunft zur Religion und das aus der ernunft abzuleitende Postulat ging, dass Religion gealtfrei sein müsse. Klarstellungen oder Entschuldigunen, wie sie etwa vom Zentralrat der Muslime in eutschland gefordert wurden, waren aus meiner Sicht igentlich nicht erforderlich. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Steffen Reiche [Cottbus] [SPD])


Es ist zwar erfreulich, dass nach dem Bedauern des
atikans eine Beruhigung aufseiten der muslimischen
erbände eingetreten ist. Aber die zuvor inszenierte
ufregung war unnötig. Hier ist die Frage an bestimmte
uslime in Deutschland zu richten, wie sie es denn mit

em vorurteilsfreien Dialog und der Meinungsfreiheit
alten. In Deutschland muss jederzeit auch ein offener
iskurs über religiöse Meinungen möglich sein.

Die Absetzung der Mozart-Oper „Idomeneo“ vom
pielplan der Deutschen Oper in Berlin wirkt vor die-
em Hintergrund skandalös. Die Deutsche Oper stellt
it ihrer Begründung den Islam in Deutschland unter
eneralverdacht, und zwar aufgrund von Hinweisen des
erliner Innensenators Körting. Seine Rolle sollte man

ich noch einmal genauer betrachten. Selbst wenn eine
edrohung vorläge, muss man fragen, ob eine solche
ngst vor dem Islamismus nicht den Islamisten in die
ände spielt. Es ist bezeichnend, dass der Islamrat als
achorganisation vor allem für Milli Görüş diese Selbst-

ensur, diese Kapitulation der Kunstfreiheit ausdrücklich
egrüßt hat. Das Klima der Angst schadet unserer Ge-
ellschaft und schadet allen positiven Bemühungen um
ntegration.


(Beifall des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP])


nsofern begrüße ich dieses symbolische Signal, Herr
nnenminister, dass die Teilnehmer der Konferenz zu der
ächsten Opernaufführung gehen wollen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Vertreter des Islam haben sich in den letzten Wochen
nd Monaten manchmal in einer Weise zu Wort gemel-
et, die ich für sehr unglücklich halte. Doch die weit
berwiegende Mehrheit der Muslime in Deutschland ist
icht fundamentalistisch. Es hat immer wieder Stellung-
ahmen gegeben, die hoffnungsvoll stimmen, die die In-
egration eines aufgeklärten Islam in unsere westlich-
emokratische Gesellschaft möglich erscheinen lassen.
o hat sich der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde,
enan Kolat, für die Kunstfreiheit und gegen die Berli-
er Opernabsetzung ausgesprochen. Frau Seyran Ateş
at sich in vorbildlicher Weise gegen reaktionär-un-






(A) )



(B) )


Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

menschliche Praktiken wie die so genannten Ehren-
morde und gegen Zwangsheirat engagiert. Der deutsche
Moslem Peter Schütt hat sich überzeugend für ein sinn-
und zeitgemäßes Verstehen des Koran ausgesprochen.

Viele, sehr viele sind für einen offenen Dialog. Sol-
che Ansätze machen Mut, Muslime in Deutschland will-
kommen zu heißen. Sie zeigen uns, dass der Islam in
Deutschland differenzierter wahrgenommen werden
muss, als manch aufgeregte Diskussion es suggeriert.


(Beifall bei der FDP)


Ein so verstandener Islam, der sich unserer Gesellschaft,
ihren Werten und ihrer Sprache öffnet, kann unser Zu-
sammenleben sehr bereichern. Eine reaktionäre Gesin-
nung, die die Aufklärung bekämpft und ein Klima der
Angst verbreiten möchte, hat dagegen keinen Platz in
unserer Mitte.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605400200

Das Wort hat der Kollege Michael Bürsch, SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1605400300

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Meine Damen und Herren! In der Politik wird die-
ser Tage sehr viel kritisiert und viel zu wenig gelobt.
Deshalb fange ich mit einem deutlichen Lob an. Die Ein-
berufung einer Deutschen Islamkonferenz ist eine sehr
gute Idee. Sie ist ein wichtiges Signal für die Verständi-
gung mit den in Deutschland lebenden Muslimen und
damit auch ein Zeichen dafür, dass der Integrationsge-
danke mittlerweile von allen politischen Parteien ernst
genommen wird.

Es ist gut und wichtig, dass wir nicht mehr übereinan-
der, sondern miteinander reden. Es ist wichtig, dass die
Islamkonferenz keine einmalige Veranstaltung ist, son-
dern als ein langfristiger Prozess angelegt wird.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Nur durch das dauerhafte und fortgesetzte Gespräch
kann man zu ernsthaften Verabredungen und damit zu
der Chance kommen, mehr Verständnis füreinander zu
entwickeln und Missverständnisse zu beseitigen. Zu ei-
nem solchen Dialog hat der Bundesinnenminister in sei-
ner Einladung an die Teilnehmer der Konferenz aufgeru-
fen. Allein darin liegt schon ein wichtiger Schritt in eine
moderne, offene und durch Pluralismus gekennzeich-
nete Gesellschaft.

Nun komme ich zu der Frage, was die sozialdemokra-
tische Fraktion in diesem Diskurs, in diesem langfristig
angelegten Experiment sieht. Koalitionen leben von
zweierlei, von Einheit und Unterschied. Ich stelle drei
Fragen an die Konferenz und an die Konzeption. Ich ver-
binde sie mit einigen Aspekten sozialdemokratischer
Integrationspolitik.

Erstens. Wer redet hier eigentlich mit wem? Bei der
Deutschen Islamkonferenz will der Staat mit dem Islam

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(C (D prechen, so der Innenminister. Über die eingeladenen slamvertreter will ich nicht urteilen, sondern nur darauf inweisen, dass lediglich 10 Prozent der Muslime in eutschland überhaupt durch Organisationen vertreten ind. Insofern wird es jeder Gastgeber schwer haben, 5 repräsentative Vertreter des Islam in Deutschland zu inden. Auf der Seite des Staates sind Vertreter von Miisterien, von Ländern und von Kommunen eingeladen, twas zugespitzt gesagt, die „üblichen Verdächtigen“ der dministration. Abgeordnete sind nicht dabei. Es geht lso, um es deutlich zu sagen, nicht um ein Gespräch wischen und mit Bürgerinnen und Bürgern, sondern es prechen hochrangige Regierungsvertreter mit einigen enigen Vertretern des Islam. Gleichzeitig soll das Ziel ine verbesserte religionsund gesellschaftspolitische ntegration der muslimischen Bevölkerung sein. Aus meiner Sicht gilt Folgendes: Ein sinnvoller Diaog, der langfristig zu einer besseren Integration führen oll, kann nicht zwischen Staat und Islam geführt weren, er muss vielmehr maßgeblich zwischen Bürgerinen und Bürgern stattfinden. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


ntegration ist nämlich eine Aufgabe der Bürgergesell-
chaft. Der Staat kann aus meiner Sicht Moderator sein.
r kann die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche

ntegration schaffen, beispielsweise ein ausreichendes
ngebot an Sprachkursen.

Zweite Frage: Worüber soll gesprochen werden? Die
rbeitsbereiche der Konferenz sind – der Innenminister
at sie vorgestellt –: deutsche Gesellschaftsordnung und
ertekonsens; Religionsfragen im deutschen Verfas-

ungsverständnis; Wirtschaft und Medien als Brücke; Si-
herheit und Islamismus. Ehrlich gesagt, das klingt mir
twas unvollständig, womöglich etwas einseitig. Diese
hemenwahl ist doch vor allem auf die Frage ausgerich-

et, wie sich Muslime nahtlos in die bundesrepublikani-
che Gesellschaft einpassen können. Sie berücksichtigt
us meiner Sicht nicht hinreichend, dass die Integration
on Zuwanderern auch von der Aufnahmegesellschaft
twas erfordert, nämlich auf diejenigen, die kommen,
uzugehen. Integration ist, richtig verstanden, ein
echselseitiger Prozess zwischen muslimischen Zu-
anderern einerseits und der Aufnahmegesellschaft an-
ererseits. Sie lässt sich auch nicht per Richtlinienkom-
etenz verordnen. Integration funktioniert ohnehin nicht
das wissen wir – per Assimilation.

Unbestritten ist: Die Muslime, die dauerhaft in
eutschland leben wollen, müssen zur Integration bereit

ein, wenn das gesellschaftliche Zusammenleben gelin-
en soll. Deshalb dürfen wir auch legitime Forderun-
en stellen: Die Anerkennung der freiheitlich-demokra-
ischen Grundordnung, unserer Rechtsordnung, die
eherschung der deutschen Sprache, die Bereitschaft zur
ktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und die
ereitschaft zur Toleranz, auch und gerade in Bezug auf

eligiöse Fragen und ihre Darstellung in der Kultur. Des-
alb ist es wichtig, über die deutsche Gesellschaftsord-
ung zu sprechen und über Religionsfragen im deut-
chen Verfassungsverständnis, wie es vorgesehen ist.






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch
Aber Integration verlangt auch der Aufnahmegesell-
schaft einiges ab, unter anderem die Bereitschaft zur Be-
kämpfung von Vorurteilen und die Bereitschaft zur To-
leranz. Toleranz heißt nicht, dass wir Zwangsehen,
Selbstjustiz oder die Unterdrückung von Frauen akzep-
tieren.


(Beifall der Abg. Sibylle Laurischk [FDP])


Sie setzt aber auf jeden Fall voraus, dass man sich mit
der kulturellen und religiösen Identität des anderen be-
schäftigt und Vorurteile abbaut.

Um Vorurteile abbauen und Toleranz üben zu können,
muss man zunächst Aufklärung betreiben. Daher ver-
misse ich einen Arbeitsbereich, Herr Innenminister, in
dem über die – vermutlich nicht unbedingt einheitliche –
muslimische Sicht der Dinge diskutiert wird und der
über den Islam aufklärt, beispielsweise über das Verhält-
nis des Islam zur Gleichberechtigung von Mann und
Frau, zu Familie, zu Erziehung und zum Recht muslimi-
scher Kinder und Jugendlicher auf ein Leben in freier
Entfaltung. Es fehlt ein Arbeitsbereich, in dem die Ver-
treter des Islam über den Inhalt der Scharia aufklären
könnten und über das Verhältnis der Scharia zur demo-
kratischen Rechtsordnung. Vielleicht bietet die Islam-
konferenz künftig Raum für diese – aus meiner Sicht –
notwendigen Betrachtungen.

Ich habe ein weiteres Anliegen – ich habe es schon
angedeutet –: Wir brauchen für die Integration konkrete
Schritte in Richtung Bürgergesellschaft und nicht nur
Wunschkataloge auf Papier. Entscheidend ist aus meiner
Sicht deshalb, über folgende Fragen zu reden: Was findet
vor Ort, in der Gemeinde, im Bezirk, in der Nachbar-
schaft statt? Aus welchen guten Projekten können wir
lernen?

Nehmen wir als Beispiel Badr Mohammed, der bei
der Auftaktveranstaltung gestern dabei war. Badr
Mohammed aus Berlin betont sehr entschieden die Be-
deutung der muslimischen Familie und ihrer Struktur
für den Prozess der Integration. Seine Überzeugung
– die er auch lebt – ist: Integration ist ein Familienpro-
jekt, weil die Familie bei den meisten Muslimen eine un-
gleich stärkere Bedeutung hat als bei uns weitgehend
säkularisierten Westeuropäern. Vor Ort, in der Nachbar-
schaft, in der Kommune braucht man deshalb Personen
mit interkultureller Kompetenz, die als Lotsen der In-
tegration Brücken zwischen Muslimen und Nichtmusli-
men bauen können, die die Bildungs-, Ausbildungs- und
Teilhabechancen von Angehörigen muslimischer Fami-
lien durch Aufklärung, Information und Überzeugungs-
arbeit erhöhen. Diese Form von Integration ist ein Pro-
jekt der Bürgergesellschaft, bei dem der Staat zwar eine
wichtige, aber nicht die zentrale Rolle spielt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP sowie der Abg. Michaela Noll [CDU/ CSU])


Dritte Frage: Was ist das Ziel der Islamkonferenz?
Herr Minister, Sie haben erläutert: Ziel der Konferenz
ist eine verbesserte religions- und gesellschaftspolitische
Integration der muslimischen Bevölkerung in Deutsch-
land; dies dient zum einen der Verhinderung von Isla-

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(C (D ismus und Extremismus, zum anderen wird der egmentation von Muslimen in Deutschland entgegenewirkt. Ich fürchte, dass diese Zielsetzung jedenfalls von anchen missverstanden werden kann. Wir müssen ei en interkulturellen, interreligiösen Dialog mit dem Isam in erster Linie deshalb führen, weil ein relevanter eil unserer Bevölkerung muslimisch ist. Wir wollen die eligionsund gesellschaftspolitische Integration der uslimischen Bevölkerung in Deutschland in erster Li ie deshalb fördern, weil wir endlich der Tatsache Rechung tragen müssen, dass Deutschland – das ist auch eil des Zuwanderungskompromisses 2005 gewesen – in Einwanderungsland geworden ist, und weil deshalb in zentrales Element unserer Gesellschaftspolitik die erechte Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft ein muss. Niemand will die Gefahren, die von Islamismus und xtremismus ausgehen, ausblenden, aber diese Gefah en sollten richtig gewichtet werden. Das Bundesamt für erfassungsschutz hat uns darüber aufgeklärt, dass von en 3,2 bis 3,5 Millionen Muslimen hochgerechnet Prozent Islamisten sind, also solche, die ihren Glauben it einer politischen Überzeugung verbinden. Da kann uch Gefahr, kann auch Gewalt, kann auch Terrorismus rohen, aber es sind 1 Prozent, über die wir reden. Ich abe den Eindruck, dass in der öffentlichen Debatte Isam und Islamismus jedenfalls von manchen verwechselt erden oder diese 1 Prozent – das wären 32 000 bis 5 000 – von manchen vielleicht sogar für das Ganze geommen werden. Ich betone nochmals: Die Deutsche Islamkonferenz st ein ganz wichtiger erster Schritt und als Beginn des ange fälligen Dialogs mit dem Islam eindeutig zu begrüen. Der interkulturelle und interreligiöse Dialog ist für ich eine Grundvoraussetzung für gegenseitiges Ver tändnis, Toleranz und den Abbau von Vorurteilen. Desalb sollten wir diesen Dialog ausweiten. Was spricht dagegen, nicht nur einen Dialog mit dem slam zu führen, und zwar nicht nur zwischen Staat und slam, sondern in Deutschland auch einen Dialog aller eltreligionen – zwischen Christen, Juden und Mosems – zu organisieren? Was spricht dagegen, in der rage, wie wir die Werteordnung unseres Grundgesetzes erstehen und wie wir das Zusammenleben regeln wolen, auch die Atheisten mit einzubeziehen? Herr Innenminister, Sie haben mit einem Zitat eines ibanesen geschlossen. Es liegt nahe, dass man bei der uche nach Zitaten zu dieser Debatte zu ähnlichen Erebnissen kommt. Ich möchte mit einem Satz der ägypisch-libanesischen Autorin Andrée Chedid schließen, as für mich Leitlinie für den Diskurs sein kann, den wir n den nächsten Jahren führen wollen. Andrée Chedid at in sehr kurzer, aber prägnanter Form gesagt: Wer auch immer du bist: Ich bin dir viel näher als fremd! (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ein schönes Motto für die Koalition! – Dr. Michael Bürsch Gegenruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da ist es aber umgekehrt!)





(A) )


(B) )



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605400400

Für die Linke hat das Wort der Kollege Dr. Hakki

Keskin.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605400500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir diskutieren heute im Bundestag über die
Grundlagen eines gleichberechtigten Zusammenle-
bens der unterschiedlichen Kulturen und Religionen
in Deutschland. Nach meiner Wahrnehmung besteht un-
ter den im Bundestag vertretenen Fraktionen ein Kon-
sens über folgende Positionen:

Als Demokraten lehnen wir jegliche Art von Gewalt-
anwendung kategorisch ab. Wir bekennen uns zu den
universalen Menschenrechten und zu den Grundrechten
unserer Verfassung. Hierzu gehören selbstverständlich
auch die Religionsfreiheit sowie die Gleichberechtigung
von Mann und Frau. Wir sind auch der Meinung, Herr
Bundesinnenminister, dass keine Religion für politische,
ökonomische oder auch ideologische Zwecke instrumen-
talisiert werden darf. Der säkulare Staat ist nicht verhan-
delbar.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Wir stimmen darin überein, dass die Beherrschung der
deutschen Sprache von wesentlicher Bedeutung ist.

Das sind die Punkte, die wir alle, glaube ich, inter-
fraktionell teilen, über die also Konsens herrscht.

Leider bestehen in einer Reihe wichtiger Fragen aber
erhebliche Differenzen.

Bundesinnenminister Schäube hat in der „FAZ“ vom
27. September – Herr Bundesinnenminister, ich werde
Sie jetzt zitieren – Folgendes gesagt:

Trennendes erkennen und Verbindendes stärken
kann aber nur der, der sich seiner eigenen Wurzeln
bewußt ist.

Herr Schäuble, Sie haben Recht. Bedauerlicherweise
aber haben insbesondere viele Ihrer Unionskolleginnen
und -kollegen diesen richtigen Grundsatz in Bezug auf
die Migranten und Muslime bis heute ignoriert.

Die Fraktion Die Linke befürwortet die Erhaltung und
Weiterentwicklung der kulturellen Identität der
Migrantinnen und Migranten. Hierzu gehören das Er-
lernen der eigenen Muttersprache in den Schulen sowie
die Anerkennung des Islam – ich begrüße es, wenn Sie,
Herr Bundesinnenminister, das wirklich ernst meinen –
als eine gleichberechtigte Religionsgemeinschaft. Neben
dem christlichen Religionsunterricht sollte ein Wahlfach
„Islamkunde“ unter der Aufsicht deutscher Schulbehör-

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(C (D en eingeführt werden. Kenntnis der Kulturen ist die Voaussetzung für das Einanderverstehen. Für die Linke gehört die rechtliche, politische und das ist ganz zentral, meine Damen und Herren – so iale Gleichstellung der kulturellen Minderheiten zu en Grundvoraussetzungen einer Integrationspolitik. ies ist allerdings nur möglich, wenn die deutsche taatsbürgerschaft ohne weiteres erworben werden kann, lso die Schwierigkeiten, die es hierbei gibt, behoben erden. ür alle politisch Verantwortlichen steht die Einbürgeung jedoch erst am Ende – das höre ich sehr oft auch on Unionspolitikern – des Integrationsprozesses. Was ür ein Irrtum! Weite Teile der Union sind noch immer er Ansicht, dass die Migranten eine Bringschuld haben. ie sollen sich der deutschen Mehrheitsgesellschaft un erordnen. Oftmals wird über Integration geredet, leider edoch Assimilation gemeint. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe leider den indruck gewonnen, dass die gestrige Islamkonferenz or allem aufgrund sicherheitspolitischer Überlegungen tattfand. Die tatsächlichen Motive dieser Konferenz ätten eigentlich integrationspolitischer Natur sein müsen. Dennoch begrüße ich die Islamkonferenz auch eute als Initiative zu einem interkulturellen Dialog. in wirklicher Dialog muss jedoch auf gleicher Augenöhe und in wechselseitigem Respekt geführt werden. Die Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung uf, die bei uns lebenden kulturellen Minderheiten als leichberechtigte Bürger endlich in die deutsche Gesellchaft aufzunehmen und sie als ihren festen Bestandteil nzuerkennen. Dies erfordert, wenn ich resümieren darf, ie Anerkennung der kulturellen Identität von Muslimen nd anderen Minderheiten, die rechtliche, politische und oziale Gleichstellung durch den erleichterten Erwerb er deutschen Staatsbürgerschaft, atsächliche Chancengleichheit in den Bereichen Bilung und Ausbildung durch sozial gerechte Reformen m Bildungswesen sowie die berufliche Integration urch besseren Zugang zu Beschäftigung in Deutschland it menschenwürdigen Einkommen. Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren, enn wir die Integration und die gestrige Islamkonfe enz wirklich ernst meinen, müssen diese berechtigten orderungen ohne weiteren Zeitverlust umgesetzt und ealisiert werden. Ich danke Ihnen. Das Wort hat Kristina Köhler, CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst Ihnen, Herr Innenminister, sowie Herrn Staatssekretär Altmaier und Herrn Dr. Kerber herzlich für die umsichtige Art und Weise danken, auf die Sie den Auftakt der Deutschen Islamkonferenz geplant und vorbereitet haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Michael Bürsch [SPD])


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605400600

(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )

Dr. Kristina Köhler (CDU):
Rede ID: ID1605400700

Diese Konferenz kann für Deutschland eine Zäsur im
Verhältnis von Staat und Muslimen bedeuten, aber nur,
wenn sie keine dieser gängigen Dialogveranstaltungen
wird, bei denen kritische Fragen einfach ausgeklammert,
werden, und wenn sie nicht von inszenierter Betroffen-
heit und Gekränktheit getragen ist. Denn es ist richtig:
Wer hinter jedem Muslim einen potenziellen Terroristen
vermutet, trägt zum kritischen Dialog nichts bei. Ge-
nauso wenig aber trägt derjenige etwas bei, der sich stän-
dig als Muslim diskriminiert fühlt, wenn islamistische
Auswüchse bekämpft werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb bin ich froh und dankbar über die Auswahl
der Gesprächsteilnehmer. Das Innenministerium hat hier
besondere Sorgfalt und Umsicht walten lassen. Neben
den Vertretern islamischer Verbände waren auch ein-
zelne muslimische Persönlichkeiten aus Wissenschaft,
Kultur und Wirtschaft geladen, darunter etwa Frau
Seyran Ateş oder Frau Dr. Necla Kelek. Anders als bei
vielen Diskussionsveranstaltungen zuvor spiegelt sich
hier endlich die gesellschaftliche Realität wider. Reali-
tät ist nämlich, dass der Islam in Deutschland eben nicht
zum Großteil aus Mitgliedern konservativ-orthodoxer
oder gar islamistischer Verbände besteht, sondern vor al-
lem aus säkular orientierten Muslimen, die gerne hier in
Deutschland und unter dem geltenden Grundgesetz le-
ben.

Deshalb geht die Kritik an der Auswahl der Teilneh-
mer völlig ins Leere. Auch die Vertreter islamischer Ver-
bände müssen sich darüber klar werden, dass die Mus-
lime in Deutschland eben kein monolithischer Block
sind. Wer höchstens 30 Prozent der Muslime in Deutsch-
land vertritt, kann nicht für 100 Prozent sprechen.

Die Konferenz gestern war ein Auftakt für einen Pro-
zess. Was genau am Ende dieses Prozesses stehen wird,
können wir heute noch nicht beantworten. Das Ziel muss
es aber sein, Voraussetzungen für eine Übereinkunft zu
schaffen, die es allen verfassungstreuen muslimischen
Strömungen ermöglicht, ihre Religion hier in Deutsch-
land frei von Ressentiments und frei von extremistischer
Beeinflussung zu leben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Übereinkunft ist im Übrigen kein Gesell-
schaftsvertrag, wie es immer wieder anklang, und zwar
weder einer im Sinne der politischen Philosophie noch
einer im Sinne traditionalistischer islamischer Auffas-
sung. Denn eines muss doch klar sein: Die Muslime in
Deutschland sind bereits Teil dieser Gesellschaft. Wer

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(C (D ier lebt, hat den Gesellschaftsvertrag schon untereichnet und sich damit zu den Grundwerten unserer erfassung und den hier geltenden Regeln und Normen ekannt. Dies muss ein Bekenntnis ohne Vorbehalt sein. eider wird dies immer noch von so manchem Verband nders gesehen. In Publikationen finden Sie beispielseise Sätze wie: „Das deutsche Recht gilt für Muslime o lange, solange es dem islamischen Recht nicht widerpricht.“ Diese Diskussion jedoch, meine Damen und Herren, ielt ins Herz der Islamkonferenz. Sie ist keinesfalls nur heoretisch, sondern bildet die Grundlage dafür, dass Inegration überhaupt möglich ist. Denn lassen Sie es uns och ehrlich formulieren: Die Integration bestimmter uslimischer Gruppen in Deutschland ist nur dann mög ich, wenn sich diese vom absoluten Geltungsanspruch er islamischen Pflichtenlehre, sprich: der Scharia, verbschieden. Es war daher kein besonders gelungener Beitrag, als er Generalsekretär des Zentralrats der Muslime Anfang ieser Woche den Bundesinnenminister davor warnte ich zitiere sinngemäß –, auf der Konferenz eine offene ertediskussion anzuzetteln. Die Begründung des Gene alsekretärs war, kein Staat könne die traditionellen erte der Scharia in Einklang mit dem Grundgesetz und en Menschenrechten bringen; der Staat sei vielmehr zur ertfreiheit verpflichtet und müsse sich „da raus hal en“. Hier liegt ganz offensichtlich ein großes Missvertändnis vor. Dieser Staat ist nicht wertfrei. Ganz im Geenteil: Wie jede andere Gesellschaft auch haben wir eien Kern an gemeinsamen Werten, Normen und ymbolen, durch die Gemeinschaft erst begründet, eralten und weiterentwickelt wird. u diesem Kern gehört das aus unserem europäischen rbe geformte und im Grundgesetz verankerte Verständis von Demokratie und Menschenwürde, Freiheit, Soliarität, der Trennung von Staat und Kirche sowie der leichberechtigung der Geschlechter. Wer in Deutschland lebt, muss diese zentralen Werte nd Normen annehmen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)


r muss diese Werte nicht nur begrüßen und anerkennen,
ondern er muss sie annehmen. Hier sehen wir – Herr
rofessor Keskin, Sie haben diesen Punkt eben ange-
prochen – in der Tat eine Bringschuld aller Menschen,
ie in Deutschland leben wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


as heißt nicht, dass diese Menschen ihre Herkunft ver-
eugnen oder ihre Wurzeln aufgeben sollen. Wo aber

enschenrechte und Demokratie infrage gestellt wer-
en, da gibt es kein Recht auf kulturelle Differenz.






(A) )



(B) )


Kristina Köhler (Wiesbaden)

Hier gibt es viele offene Fragen, die die Islamkonfe-
renz beantworten muss. Wir haben gehört, dass es ges-
tern große Einigkeit gab. Wir haben aber auch gehört,
dass es an einigen Stellen – so sagte es der Innenminis-
ter – „knirscht“. Vor allen Dingen hinsichtlich der Rolle
der Frauen und Mädchen gibt es noch Klärungsbedarf.

Es ist wichtig, sich eines zu vergegenwärtigen: Alle in
diesem Problemkreis diskutierten Phänomene – das sind
sehr unterschiedliche Phänomene wie Ehrenmorde und
Zwangsheiraten bis hin zur Abmeldung vom Sportunter-
richt und zu Zwangsverschleierungen – basieren auf ei-
nem bestimmten Ehrbegriff, der unserer westlichen
Welt sehr fremd ist, auf einem Ehrbegriff, der sich wohl
nicht von alleine in unsere freiheitlich-demokratische
Gesellschaft integrieren wird.

Die Islamkonferenz wird daher auch über Folgendes
zu reden haben: Was kann der Islam in Deutschland dazu
beitragen, dass der Aufruf der Autorin Serap Cileli end-
lich umfassend gehört wird: „Wir sind eure Töchter,
nicht eure Ehre.“?


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir als CDU/CSU maßen uns nicht an, uns in theolo-
gische Diskussionen über die Auslegung der Scharia
einzumischen. Das wäre absolut nicht unsere Aufgabe.
Aber wird sind als Volksvertreter verpflichtet, unzwei-
deutig klarzustellen: In Deutschland gilt im Konfliktfall
das Grundgesetz, nicht die Scharia. Dies muss Konsens
der Konferenzteilnehmer sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Auf solch einer Basis ist es dann möglich, die Integra-
tion des Islams deutlich voranzubringen, sei es in Fragen
des Islamunterrichts oder bei der Ausbildung von Ima-
men.

Bei aller Diskussion darüber sollten wir jedoch eines
nicht vergessen, nämlich dass große Teile der muslimi-
schen Bevölkerung in Deutschland bereits gut integriert
sind. Diese Menschen wollen gar keinen kulturellen
Sonderstatus. Sie wollen sich überhaupt nicht vom Rest
der Gesellschaft absondern, sondern sie wollen schlicht-
weg nur, dass sie und ihre Kinder in Deutschland eine
faire Chance bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605400800

Das Wort hat Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605400900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen

Sie mich als Erstes von einer regelmäßig geübten parla-
mentarischen Gepflogenheit abweichen: Auch ich
möchte im Namen meiner Fraktion ganz ausdrücklich
begrüßen, was Ihnen, Herr Schäuble, beim Aufbauen
und Zustandekommen der Islamkonferenz gelungen ist.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


a ich schon Gepflogenheiten aufgebe, will ich ohne
alsche Rücksichtnahme zugestehen: Das hätten wir uns
chon von Ihrem Vorgänger gewünscht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP und des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


Ich habe geahnt, dass Sie da klatschen. – Ich will nicht
ie Gründe dafür erörtern, warum dieser das wiederum
icht wollte, obwohl es auch zu seiner Amtszeit schon
berfällig war.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das Rednerpult als Couch!)


Herr Schäuble, ich beglückwünsche Sie dafür, dass
ie gesagt haben: Muslime sind in unserer Gesellschaft
in Stück unserer Vergangenheit, unserer Gegenwart und
nserer Zukunft. Wenn ein CDU-Bundesinnenminister
m Rednerpult sagt, dass Muslime Teil unserer Gesell-
chaft sind und die Zeit der Einschätzung, es handele
ich bei ihnen um Gastarbeiter, zu Ende ist, dann sind
ir in der Gesellschaft einen Schritt weitergekommen;
enn der Gastarbeitermythos gehörte längst abge-
chafft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


ir wissen längst, dass es in dieser Republik zum Bei-
piel in der Altenpflegeausbildung Menschen gibt, die
ürkisch lernen müssen. Warum? Weil die erste und
weite Generation der Gastarbeiter hier geblieben ist.
ier ist vielleicht ihre zweite Heimat; aber hier ist die

rste Heimat ihrer Kinder und Enkelkinder. Also weg
it dem Gastarbeitermythos! Sie leben hier so wie viele

ndere Migrantinnen und Migranten; sie leben so wie
iele andere Bürgerinnen und Bürger.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


An dieser Stelle will ich auf eines hinweisen, Herr
chäuble: Sie sagen, Muslima und Muslime seien Teil
nserer Gesellschaft und das wolle man gemeinsam wei-
erentwickeln. Diesen Satz will ich denklogisch zu Ende
ringen. Das heißt dann auch: Es ist nicht falsch, dass
ir mit der Türkei Verhandlungen im Hinblick auf ei-
en EU-Beitritt führen. Denn auch sie gehört dann zu
uropa, zu unserer Vergangenheit, unserer Gegenwart
nd unserer Zukunft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Widerspruch bei der FDP)


ielleicht sollten wir den Integrationsgipfel und die Is-
amkonferenz dazu nutzen, zu sagen: Wir haben hier
ürgerinnen und Bürger, die die unterschiedlichen Reli-
ionen und Kulturen kennen und die mehrere Sprachen
zumindest zwei – können. Herr Schäuble, man könnte






(A) )



(B) )


Renate Künast
vielleicht ein wirtschaftliches Plus zustande bringen,
wenn Sie auch das angehen würden.

Wir als Bündnisgrüne fordern schon lange die Ein-
bürgerung des Islam. „Einbürgerung des Islam“ soll
heißen: Das ist eine Religion, an die Menschen hier
glauben, die Menschen hier praktizieren, zu der sich
Menschen hier bekennen. Deshalb ist ein Dialog darüber
längst überfällig. Man hätte ihn eigentlich beginnen sol-
len,


(Ina Lenke [FDP]: Was ist mit den Grünen? – Weitere Zurufe von der FDP)


als Zehntausende Gastarbeiter mit ihrer eigenen Religion
und Kultur nach Deutschland kamen. – Jetzt ruft natür-
lich von der FDP wieder jemand – das sind immer die
Gleichen – nach den Grünen. Ich danke dafür, dass Sie
darauf verweisen. Das gibt mir die Möglichkeit, zu sa-
gen, wie oft wir einen solchen Dialog eingefordert ha-
ben,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Was haben Sie eingefordert? – Jörg van Essen [FDP]: Ich dachte, Sie waren in der Regierung! Wie lange waren Sie denn in der Regierung?)


und darauf hinzuweisen, dass wir im Frühjahr dieses
Jahres im Rahmen eines Integrationsvertragskonzeptes,
das verschiedene Standbeine enthält, gesagt haben: Die
Einbürgerung des Islam gehört dazu.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr van Essen, dass wir an der Regierung waren,
weiß ich. Ich habe auf der Regierungsbank gesessen und
immer Ihre traurigen Gesichter gesehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich sehe: Ihr Gesicht ist noch immer traurig. Das wird
vielleicht längere Zeit so bleiben.


(Sebastian Edathy [SPD]: Da hat sie aber Recht!)


Diese Islamkonferenz benötigt als Basis Grundrechte
für das Zusammenleben. Dazu gehören die Gleichbe-
rechtigung von Frau und Mann, die Glaubens- und Mei-
nungsfreiheit und die Freiheit der Kunst.

Eines möchte ich in diesem Zusammenhang sagen:
Ich habe mich gefreut, zu sehen, wie muslimische Ver-
bände und Schriftstellerinnen und Schriftsteller sich in
den letzten Monaten im gesellschaftlichen Diskurs ver-
halten haben. Die Reaktion der muslimischen Verbände
in Deutschland darauf, dass der Papst gesagt hat, bei den
Reaktionen auf sein Zitat handele es sich um ein Miss-
verständnis, hat mich sehr gefreut; denn sie haben seine
Erklärung sofort angenommen. Das gilt auch für ihr Ver-
halten beim Karikaturenstreit und im Hinblick auf die
umstrittene Operninszenierung. Ich glaube, daraus
kann sich etwas entwickeln. In der Erschrockenheit über
die Absage der Operninszenierung und dem Innehalten
und dem Nachdenken darüber, wie weit eigentlich die
Entwicklung gediehen sei, dass nicht mehr jede Form
von Kunst dargestellt werden könne, liegt eine Chance.

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(C (D ielleicht finden wir uns alle am Ende bei einer Opernufführung wieder. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das wird jetzt aber nicht zur Pflicht!)


Herr Schäuble, ich sage Ihnen auch: Zum Thema Inte-
ration, zur Einbürgerung des Islam, gehört nicht, dass
ir ausschließlich von den Muslimen fordern, sich zu
ewegen. Es ist vielmehr auch Aufgabe der aufnehmen-
en Gesellschaft, endlich zu zeigen, dass diese Gesell-
chaft jahrzehntelang nicht jeden Morgen gesagt hat: Die
uslimische Religion ist hier willkommen. Sie hat auch

icht jeden Tag geholfen, Integrationsmaßnahmen
urchzuführen oder ihnen, zum Beispiel durch die Ver-
ittlung der deutschen Sprache oder durch Unterstüt-

ung bei der Ausbildung, weiterzuhelfen.

Die Vorstellung der Grünen ist es, zu sagen: Wir müs-
en es als einen Vertrag im rousseauschen Sinne verste-
en. Die aufnehmende Gesellschaft und die Migranten
üssen in dieser Beziehung aktiv werden. Beide Seiten

ind gefordert und nicht, Frau Köhler, nur eine Seite.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben Erwartungen an diese Konferenz. Wir wol-
en, dass die besonderen Hindernisse, die der Verleihung
es Körperschaftsstatus für die islamischen Religionsge-
einschaften im Wege stehen, beseitigt werden. Das
üssen die Muslime zum Gutteil selbst tun. Wir wollen

ie Einführung des Islamunterrichts auf Deutsch in den
eutschen Schulen; wir wollen Imame in Deutschland
uf Deutsch ausbilden und wir wollen mehr als diese
wei Lehrstühle für islamische Religion, weil sich am
nde nur so ein europäischer Islam entwickeln kann, ein

slam, der eines gelernt hat, nämlich hier auf der Basis
er Grundrechte aktiv zu werden.

Unsere Vorstellung ist es auch, weit über diese Islam-
onferenz hinauszugehen – das ist mein letzter Satz an
ie, Herr Schäuble –: Ich wünsche mir, dass Sie an einer
telle nicht mehr blockieren. Sie müssen mit den Mi-
rantinnen und Migranten und den Muslimen auch über
ine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts, des Aus-
änderrechts reden. Sie müssen die muslimische Familie,
ie Familie von Ausländern genauso schätzen wie die
eutsche Familie. Deshalb sage ich Ihnen: Zur Integra-
ion gehört auch, dass wir das Alter für den Familien-
achzug bei Frauen und Kindern nicht erhöhen, weil das
m Rahmen all Ihrer Bemühungen das falsche Zeichen
äre.

Lassen Sie uns also eines vermitteln: Beide Seiten be-
egen sich. Dann wird etwas daraus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605401000

Der Kollege Fritz Rudolf Körper, SPD-Fraktion, hat

as Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1605401100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will

eine persönliche Vorbemerkung an Herrn Schäuble rich-
ten. Lieber Herr Bundesinnenminister Schäuble, ich will
deutlich unterstreichen: Die Art und Weise, wie Sie mit
diesem Thema umgegangen sind und umgehen, finde ich
richtig, weil sie sachlich, sachbezogen und unaufgeregt
ist. Ich denke, das wird diesem Thema gerecht.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich weiß aus meiner Tätigkeit als Parlamentarischer
Staatssekretär um die Schwierigkeiten, die damit ver-
bunden sind. Ich weiß beispielsweise um die Schwierig-
keit, die sich mit der Frage der Zusammensetzung und
der Aufstellung der Teilnehmerliste verbindet. Ich weiß
auch, dass es darüber Debatten gegeben hat. Man kann
natürlich darüber streiten: Deckt die Zusammensetzung
der Konferenz 10 Prozent der deutschen Muslime ab,
deckt sie 15 Prozent ab, oder wie viel deckt sie ab?
Nichtsdestotrotz glaube ich, dass es richtig war, dieses
Risiko auf sich zu nehmen und die Zusammensetzung so
vorzusehen, wie Sie es getan haben. Denn es wäre
schlecht gewesen, wenn eine solche Debatte diese Islam-
konferenz verhindert hätte. Deswegen muss man an die-
ser Stelle ein Stück Mut zur Lücke haben. Wenn man
dann im Prozess erkennt, dass das eine oder andere noch
zu verbessern ist, sollte man das einfach unaufgeregt tun.

Ich finde es wichtig, sich auch einmal damit zu be-
schäftigen, wie sich die Zahl der Muslime – in Deutsch-
land leben rund 3,5 Millionen Muslime – zusammen-
setzt. Etwa drei Viertel von ihnen sind türkische
Staatsbürger oder Deutsche türkischer Herkunft. Es fol-
gen Bosniaken, Iraner, Marokkaner und Afghanen. Sie
sind also nicht nur türkischer Herkunft. In diesem Zu-
sammenhang ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass gut
die Hälfte aller Muslime in Deutschland länger als
20 Jahre bei uns sind und sie klar ihre Entscheidung ge-
troffen haben, dass Deutschland ein Stück weit ihre Hei-
mat ist. Das sollten wir auch unterstützen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Frau Künast, ich finde es richtig, deutlich zu machen,
dass die meisten Muslime als Arbeitsmigranten zu uns
gekommen sind. Das ist vor dem folgenden Hintergrund
wichtig: Wir müssen uns zwar leider mit einem islamis-
tisch orientierten Terrorismus auseinander setzen; es gibt
aber absolut keine Anhaltspunkte für Berührungspunkte
oder Beziehungen zwischen denjenigen, die islamisti-
schen Terrorismus betreiben bzw. in diesem Feld agie-
ren, und den Menschen, die aus dem Bereich der Ar-
beitsmigration kommen. Diese Erkenntnis ist – lieber
Sebastian, du unterstützt das – für die Debatte in
Deutschland wichtig.

Es ist richtig, dass der Islam als Religion bisher in un-
serem Land relativ wenig Beachtung fand. Er ist erst im
Zusammenhang mit der Diskussion über den islamisti-
schen Terrorismus in den Mittelpunkt des öffentlichen
Interesses gerückt. Um es aber ganz klar festzuhalten:
Niemand, der sich mit diesem Thema ernsthaft beschäf-
tigt, darf Islam und Islamismus gleichsetzen.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Man muss allerdings feststellen, dass das Misstrauen
er nicht muslimischen Bevölkerung in Deutschland ge-
enüber dem Islam in den letzten Jahren, insbesondere
n den letzten Monaten, eher gewachsen als geringer ge-
orden ist. Viele Ängste und Besorgnisse erwachsen aus
angelnder Kenntnis und Information über den Islam.
eswegen sind Information und Aufklärung geboten.
ur so können wir das Verhältnis und das Verständnis

üreinander fördern. Es geht hierbei auch darum, das
erständnis für die in Deutschland lebenden Muslime zu

ördern.

Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, dass es
nter den Muslimen auch Anhänger islamistischer Strö-
ungen gibt, die uns Anlass zur Sorge geben. Es ist aber
ichtig, sich das Mengengerüst deutlich zu machen: Ihr
nteil liegt bei unter 1 Prozent der muslimischen Bevöl-
erung in Deutschland. – Es ist gut und richtig, dass wir
en Dialog mit dem Islam in Deutschland in Gang set-
en. Ich hoffe, dass es möglich ist, auf diesem Weg diffe-
enziert vorzugehen.

Wichtig für jede Diskussion über religiöse Fragen ist
ür uns der seit der Weimarer Reichsverfassung in
eutschland endgültig anerkannte Grundsatz der Tren-
ung von Staat und Kirche. Der Staat darf und soll sich
us gutem Grund nicht in religiöse Fragen einmischen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


mgekehrt dürfen Kirchen und Religionsgemeinschaf-
en nicht für sich in Anspruch nehmen, staatliches Han-
eln bestimmen zu dürfen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


uf dieser Grundlage hat sich in Deutschland ein von
egenseitigem Respekt getragenes Verhältnis partner-
chaftlicher Kooperation zwischen dem Staat auf der ei-
en Seite und den christlichen Kirchen auf der anderen
eite entwickelt. Wir in Deutschland dürfen von den hier

ebenden Muslimen und ihren Gemeinschaften erwarten,
ass sie die Trennung von staatlichen und religiösen Fra-
en beachten, da dies für ein friedliches Miteinander in
eutschland von entscheidender Bedeutung ist.

Wir achten die Ernsthaftigkeit, mit der viele Muslime
hren religiösen Pflichten und Bräuchen im Alltagsleben
achkommen. Wir werden jedoch nicht zulassen kön-
en, dass religiöser Eifer und religiöses Eiferertum staat-
iches Handeln beeinflussen.

Unser Grundgesetz gewährt in Art. 4 die Glaubens-
nd Gewissensfreiheit. Sie umfasst auch das Recht auf
ngestörte Religionsausübung, sei es als Individuum
der in Gemeinschaft. Zur Religionsausübung gehört
uch die religiöse Vereinigungsfreiheit. Religionsge-
einschaften können daher die Rechtsfähigkeit nach den

llgemeinen Formen des bürgerlichen Rechtes, vor allem






(A) )



(B) )


Fritz Rudolf Körper
in der Form des eingetragenen Vereins erwerben. Diese
Rechte gelten für alle Menschen in Deutschland, also
auch für muslimische Mitbürgerinnen und Mitbürger,
und zwar unabhängig davon, ob ihre Herkunftsstaaten
ebenso verfahren.

Neben dem Grundrecht auf freie Religionsausübung
gelten die staatskirchenrechtlichen Bestimmungen der
Weimarer Reichsverfassung fort, wonach Religionsge-
meinschaften unter bestimmten Voraussetzungen den be-
sonderen Rechtsstatus einer Körperschaft des öffentli-
chen Rechts erhalten können. Dieser den islamischen
Vereinigungen bisher nicht verliehene besondere Status
vermittelt einer Religionsgemeinschaft ohne Zweifel zu-
sätzliche Vorrechte. Voraussetzung hierfür wäre, dass
sich die Muslime eine Organisationsform in Deutschland
geben, die sie in der Öffentlichkeit wahrnehmbar macht,
so wie dies die christlichen Kirchen oder beispielsweise
die jüdischen Gemeinden tun.

Die initiierte Islamkonferenz und der von ihr ausge-
hende Arbeitsprozess haben richtigerweise unter ande-
rem den Schwerpunkt, das Thema „Religionsfragen im
deutschen Verfassungsverständnis“ zu erörtern. Wenn
wir die anstehenden Probleme lösen können, können wir
eine ganze Menge der sich daraus ergebenden Fragen,
wie beispielsweise die des Religionsunterrichts, besser
regeln als in der Vergangenheit.

Der mit der gestrigen Veranstaltung eingeleitete Pro-
zess eröffnet uns große Chancen. Wir sollten diese
Chancen für ein friedliches, freiheitliches Miteinander in
Deutschland nutzen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605401200

Ich erteile das Wort der Kollegin Sibylle Laurischk,

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1605401300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Innenminister, Sie haben eine ganz zentrale
Aussage gemacht, die ich für richtig halte. Sie haben ge-
sagt: „Muslime sind in Deutschland willkommen.“ Das
muss gesagt werden; denn das muss bei dieser Diskus-
sion klar sein. Nichts Unterschwelliges darf hier eine
Rolle spielen.

Mir scheint es allerdings so zu sein, dass das Setzen
von Highlights in Form verschiedener Integrationsgipfel
über die sonstigen Schwächen der Koalition hinwegtäu-
schen soll.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Tatsächlich ist es so, dass in § 45 des Aufenthaltsgeset-
zes die Verpflichtung des Innenministers enthalten ist,
ein bundesweites Integrationsprogramm unter Beteili-
gung der Religionsgemeinschaften zu erarbeiten. Frau
Künast, es wäre vielleicht sinnvoll gewesen, den Bundes-

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(C (D nnenminister in der vorherigen Regierung darauf hinzueisen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn ich gewusst hätte, dass es Sie gibt, hätte ich Sie gefragt, was ich machen soll!)


Wir haben im Bereich der Integration viele Pro-
leme, die wir lösen müssen. Das liegt an Versäumnis-
en. Wir haben unsere Vorstellungen und Forderungen
egenüber den zu uns kommenden Menschen in der Ver-
angenheit nicht hinreichend klar gemacht. Wir haben
ie auch nicht hinreichend unterstützt, in ihrer neuen
eimat Wurzeln zu schlagen.

Herr Innenminister, Sie haben etwas anderes sehr klar
usgesprochen, das für uns alle selbstverständlich ist:
Das Grundgesetz ist nicht verhandelbar.“ Insofern ist
uch das Selbstverständnis, das unsere Gesellschaft
rägt, die Gleichstellung von Mann und Frau, nicht
erhandelbar.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU])


as Grundgesetz geht sogar darüber hinaus. In Art. 3
bs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes heißt es:

Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der
Gleichberechtigung von Frauen und Männern und
wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile
hin.

ier fehlt mir vonseiten der Bundesregierung in der heu-
igen Debatte ein klares Zeichen. Wo ist die Integrations-
eauftragte der Bundesregierung? Wo ist die Bildungs-
inisterin der Bundesregierung?


(Jörg van Essen [FDP]: Genau! Eine sehr berechtigte Frage! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist eigentlich Herr Goldmann?)


o ist die Frauenministerin der Bundesregierung?


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum spricht eigentlich nicht der Integrationsbeauftragte der FDP? – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist Oskar? Wo ist Gregor?)


ie nehmen an dieser Debatte nicht teil, obwohl es um
ie Zielsetzung des Grundgesetzes geht, Benachteiligun-
en im Zusammenhang mit der Gleichberechtigung zu
eseitigen.

Benachteiligungen sind Bildungsnachteile – eine
roblemlage, von der insbesondere Frauen und im Zuge

hrer Aufgabe als Mütter auch ihre Kinder betroffen
ind. Wir stehen vor großen Bildungsproblemen, die wir
u lösen haben. Auch diese Themen müssen im Rahmen
on Integrationsgipfel und Islamkonferenz behandelt
erden. Die Mutter-Kind-Sprachkurse beispielsweise

ind immer noch nicht so ausgestaltet, dass den Müttern
rmöglicht wird, in ausreichendem Maße die deutsche
prache zu erlernen.






(A) )



(B) )


Sibylle Laurischk

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Das Grundgesetz lässt auch im Hinblick auf Gewalt
in der Familie kein Pardon zu. Die Familienehre ist in
Deutschland kein Rechtfertigungsgrund für Gewalttaten
oder Tötungsdelikte.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Problematisch erscheint mir allerdings die Vorstel-
lung, von oben bestimmen zu wollen, in welcher Spra-
che in der Moschee gepredigt wird. Ziel dieser Überle-
gung ist ja nicht, dass man zum Erlernen bzw. besseren
Verständnis der deutschen Sprache durch die Muslime
beitragen möchte. Vielmehr möchte man das Aufspüren
so genannter Hassprediger erleichtern. Wir dürfen den
gläubigen Muslim aber nicht unter Generalverdacht stel-
len.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Auch in Deutschland war der Gebrauch der deutschen
Sprache in der Kirche lange Zeit nicht selbstverständ-
lich. Wir wissen, dass die Bibelübersetzung durch
Martin Luther eine revolutionäre Tat war.

Die grundgesetzlich geschützte Glaubensfreiheit be-
inhaltet selbstverständlich auch die Freiheit der Wahl der
Sprache. Allerdings würde ich mich sehr freuen, wenn
die muslimischen Gemeinden eine klare Entscheidung
für die deutsche Sprache treffen würden. Das wäre, ganz
pragmatisch gesehen, auch ein Beitrag zur Sprachförde-
rung. Die Hoover-Schule, die eine ähnliche Zielsetzung
verfolgt und solche Impulse gesetzt hat, hat dafür den
Nationalpreis bekommen.


(Jörg van Essen [FDP]: Zu Recht!)


Ein Integrations- und ein Islamgipfel der Bundesre-
gierung reichen nicht aus, um die Probleme der Integra-
tion in den Griff zu bekommen. Es ist an der Zeit, im
Bundestag gemeinsam und überparteilich Wege aus den
Fehlern der Vergangenheit zu suchen. Hierzu eignet sich
eine Enquete-Kommission in hervorragender Weise.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Thematik ist zu wichtig, um die Debatte über Inte-
grationsprobleme und Integrationslösungen auf tagespo-
litische Schlagzeilen zu verkürzen. Dieser Dialog gehört
ins Parlament. Er muss in den Diskussionsprozess einge-
bunden werden. Für die FDP ist es nicht hinnehmbar,
dass der notwendige Dialog über Integration und Islam
ausschließlich zwischen Regierung und Verbänden, aber
ohne den Deutschen Bundestag geführt wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Integrationspolitik darf nicht als mediale Veranstaltung
einiger Minister missbraucht werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Frau Pieper war doch beim Integrationsgipfel dabei!)


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(C (D Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen. Ich komme zum Schluss. – Wir wollen, dass eine En uete-Kommission zu Integration und Migration diese ichtigen Themen anstößt und vertieft. Ich lade alle raktionen ein, zusammen mit der FDP die Möglichkei en zur Einsetzung einer Enquete-Kommission „Integraion und Migration“ auszuloten. Das Wort hat für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege r. Hans-Peter Uhl. Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und ollegen! Ganz offensichtlich besteht eine überwältiende Einigkeit darüber, dass die gestrige Auftaktverantaltung der Islamkonferenz ein voller Erfolg war. Desegen möchte auch ich mich von dieser Stelle aus bei all enen bedanken, die diese Konferenz vorbereitet und an hr teilgenommen haben, vor allem aber bei demjenigen, er diese Konferenz ins Leben gerufen hat, Herrn Bunesinnenminister Wolfgang Schäuble. Danke schön! (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605401400
Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1605401500

(Beifall bei der FDP und der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605401600

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1605401700

In Art. 4 unseres Grundgesetzes heißt es:

Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die
Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Be-
kenntnisses sind unverletzlich.

Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleis-
tet.

o weit unser Grundgesetz. Diese Religionsfreiheit
ird bekanntlich nicht nur den christlichen Kirchen,

ondern allen Religionsgemeinschaften gewährt. Doch
uch dieses Freiheitsrecht gilt, wie wir wissen, nicht
renzenlos. Es findet seine Grenze in den unveräußerli-
hen Menschenrechten. Niemand hat also das Recht, un-
er Berufung auf seinen Glauben die vom Grundgesetz
arantierten Rechte anderer zu verletzen.

Das Grundgesetz fordert jedoch nicht, dass die politi-
che Öffentlichkeit eine strikte Äquidistanz zu allen Re-
igionen einnimmt. Es ist sehr wohl erlaubt, der Tatsache
ns Auge zu sehen, dass es substanzielle Unterschiede
wischen den Religionen gibt.

Alle Christen sind sich heute einig, dass Gewalt,
riege und die Verfolgung von Minderheiten mit dem
vangelium völlig unvereinbar sind.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Außer in Nordirland!)


um Selbstverständnis des Christentums gehört es
eute, die Verbrechen, die im Namen der eigenen






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Uhl
Religion in früheren Zeiten begangen wurden, einzuge-
stehen und entschieden abzulehnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Insofern hat das Christentum hier einen Weg der religiö-
sen Toleranz beschritten. Das friedliche Nebeneinander
der Konfessionen in Deutschland hat dazu geführt, dass
konfessionell geprägte Kulturräume entstanden sind: das
eher katholisch geprägte Süddeutschland und das eher
protestantisch geprägte Norddeutschland. Wir empfin-
den dies heute als Bereicherung und nicht als Grund,
Konflikte auszutragen.

Blickt man heute in die Welt, so sieht man, dass Reli-
gionsfriede und Religionsfreiheit auch im 21. Jahrhun-
dert nichts Selbstverständliches sind. Der Dialog mit den
Gläubigen anderer Religionen, die heute in unserer plu-
ralen Gesellschaft leben, insbesondere der Dialog mit
unseren islamischen Mitbürgern, erfordert zweierlei: das
Wissen um die eigenen Glaubensinhalte, aber auch zu-
mindest ein Basiswissen über die anderen Religionen.
Deswegen ist es wichtig und notwendig, sich mit den
Fragen nach der kulturellen und der religiösen Identität
auseinander zu setzen. Die Religionsfreiheit des Grund-
gesetzes fordert etwas anderes als Äquidistanz; das
Grundgesetz fordert gegenseitige Achtung.

Papst Benedikt hat dies in seiner Predigt in München
sehr zutreffend zum Ausdruck gebracht. Er sagte:

… Zynismus, der die Verspottung des Heiligen als
Freiheitsrecht ansieht …, ist nicht die Art von Tole-
ranz und von kultureller Offenheit, auf die die Völ-
ker warten … Die Toleranz, die wir dringend brau-
chen, schließt die Ehrfurcht vor Gott ein – die
Ehrfurcht vor dem, was dem anderen heilig ist.

Das ist der Gedanke, der ihm so wichtig ist und auf den
wir uns besinnen müssen: Wenn wir kein Gespür mehr
haben für das, was uns heilig sein muss, wie können wir
dann sensibel sein im Umgang mit dem, was anderen
heilig ist? Das ist die Grundlage echter Toleranz.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das heißt, das Ausklammern der Frage, welche prägende
Tradition eine Gesellschaft hat, macht diese Gesellschaft
nicht eo ipso offener und toleranter. Im Gegenteil, kultu-
relle und religiöse Verwurzelungen ermöglichen erst eine
selbstbewusste Offenheit, ermöglichen erst eine Dialog-
fähigkeit.

Vor einiger Zeit stellte bei einem Kamingespräch mit
Bischof Huber ein Kollege von uns eine Frage, die mir
am Anfang peinlich war: Sagen Sie, Herr Bischof, sind
Sie der Meinung, dass das Christentum dem Islam über-
legen ist? – Mir war diese Frage peinlich, weil ich
dachte: Was soll der arme Bischof dazu sagen? Ohne
nachzudenken aber antwortete er: Selbstverständlich ist
das Christentum dem Islam überlegen, aber ich werde
niemals aufhören, jeden gläubigen Muslim als Person zu
achten und zu respektieren.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In welcher Form denn überlegen, Herr Kollege?)


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(C (D ies war eine ganz spontane Äußerung eines evangelichen Bischofs. Ich finde, es ist wert, darüber nachzuenken. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum ist es jetzt eigentlich überlegen?)


Anerkennung und Achtung der Lebensweise, der Ge-
etze und der Traditionen des Landes, in dem man lebt,
ehören eben dazu. Jede Seite sollte gegenüber der ande-
en Wertschätzung empfinden.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu ist man eh verpflichtet!)


er sich aber bewusst selbst abschottet, wie das viele
uslime derzeit leider tun, und wer Andersgläubige als
ngläubige ansieht und damit abwertet, wie das manche
uslime leider auch tun, der kann nur schwer integriert
erden. Vielleicht will er sich dann auch nicht integrie-

en lassen. Wir fordern also den Respekt unserer Wer-
eordnung und die Achtung unseres Grundgesetzes.

er dazu nicht bereit ist, der muss sich fragen lassen,
arum er dann ausgerechnet in unserem Lande leben
ill.

Eines muss ganz klar sein – lassen Sie mich das auch
och sagen –: Es kann nur null Toleranz gegenüber jenen
eben, die gewaltbereit sind, die Hass predigen und die
egen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung
ingestellt sind. Eine abwehrbereite Demokratie muss
iesen Versuchen, unsere Grundordnung zu zerstören,
ntgegenstehen. Der gewaltbereite Muslim muss aber
uch auf Ablehnung bei den gemäßigten Muslimen sto-
en.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut er auch!)


ier wäre an manchen Stellen vielleicht ein klareres und
atkräftigeres Bekenntnis gegen Gewalt und Hass wün-
chenswert.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An welchen Stellen denn konkret?)


Die gestrige Islamkonferenz war der Auftakt zu ei-
em notwendigen und längst überfälligen interkulturel-
en Dialog. Es war interessant, dass Frau Künast dies
uch so empfindet und eine solche Konferenz von dem
orgänger von Herrn Minister Schäuble in ihrer sieben-

ährigen Regierungszeit eingefordert hat. Diese sieben
ahre sind auf dem Gebiet aber vertan worden.


(Sebastian Edathy [SPD]: Wir haben schon etwas gemacht, Herr Kollege! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es nicht unterstützt! – Gegenruf des Abg. HansMichael Goldmann [FDP]: Bis jetzt war es doch gut, Frau Künast!)


Frau Kollegin Künast, ich will Sie auch nicht über Ge-
ühr loben. Ihr Gedanke und die Logik, von einem Is-
amdialog zu einem Automatismus bezüglich der Auf-
ahme der Türkei in die EU zu kommen, verschließen
ich mir in der Tat.






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Uhl

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Dialog, der gestern begonnen hat, wird sich si-
cher über zwei, drei Jahre fortsetzen und darf nicht ein-
seitig sein. Die Muslime müssen auf uns zugehen und
auch wir müssen uns bewusst machen, dass die Verwei-
gerung des Dialogs angesichts von 3 Millionen Musli-
men deren Isolation und die Spaltung unserer Gesell-
schaft bewirken würde. Wer will dies verantworten?
Dieser Dialog muss von einem festen und eigenen Wer-
tefundament aus geführt werden. Alles andere würde
nicht Toleranz, nicht Integration, sondern Aufgabe unse-
rer kulturellen Wurzeln bedeuten. Wir sollten den Dialog
mit den Muslimen zum Anlass nehmen, veraltete und re-
ligionsfeindliche Affekte endlich hinter uns zu lassen.


(Sebastian Edathy [SPD]: Genau!)


Die gestrige Islamkonferenz war ein hoffnungsvoller
Anfang. Dieser offene Prozess muss zu einem besseren
Verständnis und zu einem Regelwerk über das Zusam-
menleben der aufgeklärten deutschen Muslime mit uns
führen. Wenn dieser Dialog dazu führt, dass auch wir
uns wieder bewusster darüber werden, was die christ-
lich-abendländische Kultur im Innersten zusammenhält,
dann wird dieser Dialog von allen Beteiligten mit Si-
cherheit als große Bereicherung empfunden werden.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605401800

Für Die Linke hat die Kollegin Sevim Dagdelen das

Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1605401900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen

und Kollegen! Sehr geehrter Herr Uhl, Sie haben Bi-
schof Huber zitiert. Dazu muss ich sagen: Die christliche
Arroganz, die in diesem Zitat zum Ausdruck kommt, be-
weist wieder einmal, dass es so wirklich nie zu einem
fairen und gleichberechtigten Miteinander zwischen den
Religionen kommen kann. Das wollte ich vorweg sagen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Grundsätzlich begrüßt die Fraktion Die Linke jede
Form der Konfliktvorbeugung, -vermeidung und -bewäl-
tigung im Rahmen der gegenseitigen Achtung und eines
offenen, transparenten und regelmäßigen Dialogs. Die
Bundesregierung hat jedoch die gestrige Islamkonferenz
für ihre eigenen Zwecke instrumentalisiert. Migranten
muslimischen Glaubens werden wegen ihrer Religion
per se zu Integrationsunwilligen und -unfähigen erklärt.
Viel schlimmer noch: Sie werden zu potenziellen Unter-
stützern von Terror und somit zu einer Gefahr für die
freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesre-
publik erklärt. Mit dieser Begründung werden unter an-
derem Daten für die Antiterrordatei mit der Angabe der
Religionszugehörigkeit gesammelt.

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(C (D Wann immer die Themen „Integration“ und „Islam“ in ie öffentliche Debatte gebracht werden, wird suggeriert, ass Migranten nicht die notwendige demokratische Geinnung besitzen. Deshalb wird von den Migranten ein aktisches Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen eitkultur verlangt. Dies ist ein eindeutiger Versuch, die erfassung zu kulturalisieren, und steht im Gegensatz um kulturellen Individualismus und Pluralismus des ufgeklärten Verfassungsstaats. Für Die Linke ist Religion Privatsache! Die Untercheidung von Öffentlich und Privat halten wir für eine rundvoraussetzung einer jeden aufgeklärten und eman ipatorischen Gesellschaft. (Beifall bei der LINKEN – Lachen der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Da lachen Sie, Frau Künast. – Die Zugehörigkeit der
eligion zum Bereich des Privaten ist eine gesellschaft-

iche Errungenschaft, die man nicht aufgeben kann. Des-
alb sollte es auch nicht zu dem Aufgabengebiet des
undesinnenministers gehören, einen Euro-Islam oder
ar einen Germano-Islam zu konstruieren oder zu insti-
utionalisieren.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


as schließt eines jedoch nicht aus: eine gesellschaftli-
he Auseinandersetzung mit allen Religionen, wenn
s darum geht, dass Grundwerte der Aufklärung be-
chnitten werden.

Ich muss aber auch sagen, dass die Debatte in das Ge-
amtbild passt, das wir seit dem 11. September 2001, der
rmordung des Regisseurs Theo van Gogh 2004 und
em Karikaturenstreit 2006 haben. Bei jeder mit Glau-
ensfragen im Zusammenhang stehenden Krise ist man
chnell mit der Behauptung bei der Hand, der Kampf
er Kulturen sei ausgebrochen.

In den letzten Jahren spielt die Frage der Religion in
er Öffentlichkeit eine immer stärkere Rolle. Klassische
orstellungen von Säkularisierung verlieren an Rele-
anz. Länder werden nach der Religionszugehörigkeit
hrer Bevölkerungsmehrheit definiert und zu so genann-
en Problemländern erklärt. Herr Kollege Bosbach von
er Union fordert, die Reisefreiheit von Menschen aus
bendiesen Problemländern einzuschränken. Ich frage
ich, was er sagen würde, wenn Deutschland wegen der
eonazis, die es bis in die Länderparlamente geschafft
aben, ebenfalls zu einem Problemland erklärt würde.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bedeutung der Religion an sich hat auch in unse-
em Land zugenommen. In einem nicht unwesentlich
on Vorurteilen und Angst durchsetzten Klima wird all-
eits zum Dialog aufgerufen. Inzwischen hat sich der in-
erreligiöse Dialog respektive christlich-islamische Dia-
og zu einem Knotenpunkt in den interkulturellen
ngelegenheiten entwickelt. Im Rahmen des Diskurses
om Kampf der Kulturen werden Integrationsfragen
ehr und mehr in Kulturfragen übersetzt und ihre Lö-

ung von einer interreligiösen Verständigung abhängig
emacht. Der interreligiöse Dialog wird öffentlich mit






(A) )



(B) )


Sevim Dagdelen
der Aufgabe betraut, bei der Integration von muslimi-
schen Einwanderern zu helfen. So hat sich aus dem mus-
limischen Einwanderer der eingewanderte Muslim ent-
wickelt.

Die politische und gesellschaftliche Anerkennung des
Islam als gleichberechtigte Religion neben allen anderen
Religionen ist auch eine Forderung, welche Die Linke
unterstützt. Die Integration kann jedoch nicht erfolgen,
wenn man sie von sozialen, politischen und wirtschaftli-
chen Zusammenhängen isoliert und auf die Fragen der
Religion reduziert.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605402000

Sie müssen bitte zum Ende kommen, Frau Kollegin.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1605402100

Mein letzter Satz, Frau Präsidentin. – Sofern es ein in-

tegrationspolitischer Dialog sein soll, wie es auch auf
dem Integrationsgipfel angekündigt worden ist, muss
dieser übergreifend und nicht nur auf Muslime bezogen
geführt werden. Andernfalls wird in der Debatte eben
doch wieder eine einseitige Problemlastigkeit im Islam
suggeriert.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605402200

Das Wort hat der Kollege Omid Nouripour,

Bündnis 90/Die Grünen.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605402300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erlau-

ben Sie mir – gerade weil es meine erste Rede vor die-
sem Hohen Hause ist – eine persönliche Vorbemerkung.
Ich muss feststellen, dass ich dem Deutschen Bundestag,
dem Haus der Freiheit, nur deshalb angehören kann, weil
dieses Haus unter Rot-Grün 1999 das Staatsangehörig-
keitsrecht geändert hat. Für die Chance, dieses Land
nicht nur als Heimat zu empfinden, sondern ihm auch
auf diese Weise dienen zu können, bin ich zutiefst dank-
bar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Nun komme ich zur Sache. Meine Fraktion und ich
begrüßen bei aller Kritik an Details die Einrichtung der
Deutschen Islamkonferenz. Sie hat das Potenzial, meh-
rere richtige, aber auch wichtige Signale zu setzen: an
die Muslime in Deutschland, aber auch an die so ge-
nannte Mehrheitsgesellschaft.

Angesichts der lobenswerten medialen Vorarbeit des
Bundesinnenministers kann man sich nur freuen, dass er
sehr viele dieser Signale gegeben hat. Ich hatte den Ein-
druck, dass er gerade im konservativen Milieu dafür sor-
gen wollte, dass der Islam in diesem Land als gesell-
schaftliche Realität anerkannt wird. Das ist ein sehr
gutes Ziel, für das wir Grüne seit Jahrzehnten kämpfen,

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(C (D err Minister. Ich heiße Sie herzlich willkommen auf er Seite der Realisten in diesem Land. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der mit der Islamkonferenz begonnene Dialog bietet
hancen. Er kann und muss die längst überfällige
leichstellung des Islam mit den anderen Religionen in
eutschland entscheidend voranbringen und schließlich
erwirklichen. Ich wünsche mir sehr, dass am Ende die-
es Dialoges ein Staatsvertrag steht, der ganz konkrete
nd praktische Fragen wie die Ausbildung von Vorbe-
ern und Imamen – ich hoffe eines Tages auch von Vor-
eterinnen und Imaminnen – an deutschen Universitä-
en, den Islamunterricht an Schulen, die Teilnahme von

ädchen an Klassenfahrten oder offene Fragen beim
au von Moscheen regelt.

Betreffend die rechtliche Verfasstheit des Islam muss
ch feststellen, Herr Minister, dass Ihre Rede leider we-
ig konkret und ambitioniert war. Hierbei hoffen wir auf
ehr.

Aber auch die innerislamische Debatte kann dadurch
orciert werden. Diese Debatte ist ein Wert an sich und
in fundamentaler Bestandteil der Einbindung des Islam
n die Moderne.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ieser Dialog braucht eine sensible Moderation, die wir
hnen zutrauen, Herr Minister. Trotzdem hat es mich irri-
iert, im Vorfeld lesen zu müssen, dass Sie bisher immer
ur über den Koran, aber nicht den Koran selbst gelesen
aben. Deshalb will ich Ihnen als Vorsitzender der Deut-
chen Islamkonferenz heute ein Geschenk machen. Ich
offe, dass Ihnen diese Koranausgabe bei den weiteren
eratungen der Konferenz behilflich sein wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Haben Sie ein Neues Testament zu Hause?)


Ich habe selbstverständlich ein Neues Testament zu
ause und habe es schon häufiger gelesen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sogar in Deutsch! Ich habe es gesehen!)


Sie bekommen das Geschenk als Hilfe für Ihre Arbeit.
eburtstag hat heute jemand anders, nämlich der baye-

ische Ministerpräsident. Meine herzlichen Glückwün-
che von dieser Stelle aus!

Damit komme ich aber auch zu der unangenehmen
egleitmusik im Vorfeld der Konferenz. Der bayerische
inisterpräsident und CSU-Vorsitzende hat der „Bild“-

eitung am 7. September ein Interview gegeben, das
einer Ansicht nach immens schädlich war. Ich zitiere:

Das Christentum unterscheidet sich etwa vom Islam
dadurch, dass wir Intoleranz ablehnen, Religions-
freiheit gewähren, die Gleichberechtigung von
Mann und Frau vertreten, Zwangsheiraten ganz ent-
schieden nicht billigen. Für uns ist jeder Mensch






(A) )



(B) )


Omid Nouripour
einzigartig, jeder Mensch hat Würde, Freiheits-
rechte und ist gleichberechtigt.

So geht es nicht,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


nicht nur deshalb, weil Herr Stoiber den großen Theolo-
gen heraushängen lässt, sondern auch, weil er sich – ich
hoffe sehr, unbewusst – eine fundamentalistische Inter-
pretation des Islam aneignet. Er verkennt in Muftimanier
die Tatsache, dass die Pluralität bzw. die Vielfalt der In-
terpretation im Islam und der Rechtsschulen und vor al-
lem im Rahmen des Grundgesetzes der Schlüssel zur
Moderne ist.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Diese Vielfalt kann auch emanzipatorisch sein! Das ist doch nicht Ihr Ernst!)


Diese unqualifizierte einseitige Abgrenzung zwischen
dem guten, toleranten Christen auf der einen Seite und
dem intoleranten, zurückgebliebenen Muslim auf der an-
deren Seite ist falsch. Wir müssen feststellen, dass der
Graben nicht zwischen Muslimen und Musliminnen auf
der einen und Christen und Christinnen auf der anderen
Seite, sondern zwischen demokratischen, freiheitslieben-
den Menschen und den Kräften verläuft, die Demokratie
und Freiheit in diesem Land bekämpfen. So muss man
den Graben ziehen. Sonst hat man keine Chance, an die
Herzen und Köpfe der jungen Menschen heranzukom-
men, die noch nach Orientierung suchen und die wir ge-
winnen müssen. Das ist der zentrale Punkt, für den wir
eintreten müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605402400

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605402500

Ich komme zum Schluss. Wir hoffen, dass die Bun-

desregierung und die Koalitionsfraktionen all das, was
im Vorfeld gesagt wurde, ernst meinen und sich dafür
einsetzen, dass der Dialog kritisch geführt wird. Wir un-
terstützen sie dabei tatkräftig, aber selbstverständlich mit
der Wachsamkeit einer kritischen Opposition. Wir wer-
den alles daran setzen, dass dieser Dialog fruchtbar wird
und dass letztendlich der Islam als gleichberechtigte Re-
ligion in diesem Land anerkannt wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] überreicht Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble ein Exemplar des Korans)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605402600

Herr Kollege, das war Ihre erste Rede. Wir alle gratu-

lieren Ihnen sehr herzlich und wünschen Ihnen viel Er-
folg bei der Arbeit.


(Beifall)


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(C (D Das Wort hat die Kollegin Dr. Lale Akgün, SPDraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten olleginnen und Kollegen! Herr Minister Schäuble, von en Komplimenten, die Sie heute bekommen haben, önnen Sie in den nächsten Wochen zehren. Ich möchte ich dem Lob anschließen. Es ist ein schönes Symbol, ass Sie sich mit den Muslimen getroffen haben. Ich öchte Sie zu diesem mutigen Schritt beglückwün chen. Sie haben ein heißes Eisen angepackt. Ich freue ich außerdem zu hören, dass sich die Teilnehmer der slamkonferenz entschlossen haben, sich gemeinsam Idomeneo“ in der Deutschen Oper anzusehen. Auch as ist ein schönes Symbol. Wir, die Abgeordneten, ommen gerne mit, wenn Sie uns einladen. Wer sollte gegen einen Dialog mit den Muslimen ein? Der Dialog muss aber zielgerichtet sein. Ich halte ie Prämisse, dass die meisten Muslime in diesem Land icht integriert sind, schlicht für falsch. Für ganz tyisch, aber für genauso falsch halte ich die Vermischung er Themen Integration und Islam. um ersten Punkt: Welche Assoziationen hat man denn eute bei dem Wort „Moslem“? Ich sage es Ihnen: Der oslem sitzt den ganzen Tag in der Moschee und betet. r unterdrückt seine Frau und seine Kinder. Ansonsten st er arbeitslos, lebt vom Staat und versucht ganz nebenei, unser Rechtssystem zu unterwandern. Kurz: Er lebt n einer unerforschten Parallelgesellschaft. Der Moslem st heute die Folie für den unintegrierten Ausländer. Daei ist es ganz anders. Die überwiegende Mehrheit der uslime in Deutschland ist gut integriert und steht ganz elbstverständlich zu den Werten des Grundgesetzes. ach der neuesten Studie des Bonner Instituts zur Zuunft der Arbeit, IZA, bringen die rund 7 Millionen usländer in Deutschland den Sozialkassen zusätzliche innahmen in Höhe von sage und schreibe 12,8 Milliaren Euro. Der Wissenschaftler Bonin vom IZA sagt örtlich: Das Stammtischgerede, dass Ausländer die So ialsysteme ausplündern, ist blanker Unsinn. Dieses kleine Beispiel soll belegen, wie wenig die Relitäten der Zugewanderten wahrgenommen werden. uch wenn die Debatte manchmal diesen Anschein erecken mag, sprechen wir nicht von irgendwelchen Auerirdischen. Wir reden vielmehr von Menschen, die chon seit über 40 Jahren hier leben und zum Teil die eutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Wir sprechen von amilien, die in zweiter oder dritter Generation ihren Leensmittelpunkt in Deutschland haben, von Menschen, ie ihrer Arbeit nachgehen, Unternehmen gründen, Steurn zahlen, deren Kinder die deutschen Schulen besuhen usw. usf. Diese Menschen mit muslimischem Hinergrund sind ein selbstverständlicher Teil der deutschen esellschaft und stehen selbstverständlich zu den Wer en des deutschen Grundgesetzes. Die deutschen Musime, die ständig gefordert werden, gibt es längst. Diese ürgerinnen und Bürger sind in allen gesellschaftlichen chichten, allen sozialen Milieus – traditionellen und Dr. Lale Akgün modernen – vertreten. Manche sind sehr fromm, andere säkular, wiederum andere bezeichnen sich als Kulturmuslime. Sie haben genauso unterschiedliche Lebensformen wie Deutsche auch. Auch von den Muslimen sind 10 Prozent homosexuell, auch bei den Muslimen gibt es Scheidungen, Gewalt, Patriarchat, aber auch nicht mehr familiären Zusammenhalt als bei deutschen Familien. Die muslimische Familie, was auch immer sie sein mag, ist nicht anders als die anderen Familien auch. Deswegen kann auch der Islam den Deutschen nicht die Bedeutung von Familie näher bringen. Auch positive Klischees sind Klischees. Aber von Klischees haben Muslime eigentlich schon genug. Was sie stattdessen brauchen, genauso wie jeder andere Mensch, der in Deutschland lebt, ist Chancengleichheit, die Möglichkeit zur gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])

Dr. Lale Akgün (SPD):
Rede ID: ID1605402700

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)





(A) )


(B) )


Das ist für mich Integration. Die soziale Frage müssen
wir ganz klar von Fragen nach dem Islam in Deutschland
trennen.


(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann Nicht die Religion ist daran schuld, wenn Migrantenjugendliche geringere Bildungschancen haben oder keinen Ausbildungsplatz bekommen. Hat die doppelt so hohe Arbeitslosenrate unter Migranten etwas damit zu tun, dass manche von ihnen an Allah glauben und andere an den dreieinigen Gott? Wohl eher nicht. Da werden Sie mir zustimmen. Es entspricht der Tatsache, dass viele muslimische Migranten aus bildungsfernen und sozial benachteiligten Familien stammen und in den letzten 30 Jahren den Anschluss nicht geschafft haben. Wir haben eine ethnisch-religiöse Unterschichtung der Gesellschaft. All das sind Fragen von Integration, also von Chancengleichheit. Sie erfordern knallharte und greifbare Antworten aus dem Bereich der Sozial-, Bildungsund Arbeitsmarktpolitik, aber keine religiösen Erörterungen. Meine Forderung ist daher: Die Islamkonferenz soll sich mit dem Islam und der Frage nach den Perspektiven des Islam in Deutschland beschäftigen und mit nichts anderem. Die Konferenz muss das Ziel haben, das Selbstverständnis der Muslime zu installieren. Aber die Tatsache, dass sich die muslimischen Organisationen gestern beeilt haben, erst einmal zu sagen, dass sie auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, zeigt, dass es mit dem Selbstverständnis noch nicht so weit ist. Wären die katholischen Bischöfe eingeladen gewesen, sie wären nicht auf die Idee gekommen, sich erst einmal zu den Werten des Grundgesetzes zu bekennen, weil das selbstverständlich ist. (Heiterkeit des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP] – Sebastian Edathy [SPD]: Na ja!)


(FDP)


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)


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(C (D ch wünsche mir dieses Selbstverständnis für alle. Aufgrund des historisch gewachsenen Verhältnisses on Staat und Kirche, auf das in diesen Tagen immer ieder hingewiesen wird, ist in Deutschland die Trenung von Staat und Kirche vorgesehen. Das heißt, dass taat und Kirche eben nicht gegenseitig in die Aufgaben es jeweils anderen hineinreden. Das hat Fritz Rudolf örper als Pastor eben sehr gut erklärt. Ich kann es nicht esser. Aber genauso wie der Staat erwartet, dass sich ie muslimischen Gemeinden nicht in die Angelegenheien des Staates einmischen, darf sich auch der Staat nicht n religiöse Fragen, zum Beispiel die nach der Liturgie, inmischen. Dort aber, wo Gewalt verübt oder dazu auferufen wird, muss er einschreiten. An diesem Punkt ollten die muslimischen Gemeinden nicht anders beandelt werden als die christlichen und die jüdischen. Das Grundgesetz ist selbstverständliche Grundlage nseres Zusammenlebens und die rechtliche Gleichstelung der Muslima das Megathema, über das eine Islamonferenz diskutieren muss. Damit aber eine rechtliche leichstellung möglich wird, muss mit dem Kriterium er Verfassungstreue ernst gemacht werden. Wir müssen chon sehr genau fragen, mit wem wir reden und wen ir als Ansprechpartner akzeptieren. Wir alle wissen, ass der Islamrat, der mit am Konferenztisch saß, an dieer Stelle ein Problem hat, und zwar insofern, als eines einer Mitglieder, nämlich Milli Görüş, vom Verfasungsschutz beobachtet wird. Wie gehen wir damit um? chwören wir sie auf die Demokratie ein und sanktionieen sie ernsthaft bei Wortbruch oder schließen wir sie us, weil sie vom Verfassungsschutz beobachtet werden? ir müssen uns entscheiden. Ein Sowohl-als-auch geht icht. Es soll auf der Islamkonferenz nicht nur um die groen Wertefragen, sondern auch um das Kopftuch, den Isamunterricht und das Schächten gehen. Das alles sind ehr wichtige Fragen, die einer Regelung bedürfen. Hier öchte ich an die Föderalismusreform erinnern, die die roße Koalition nach langem Ringen verabschiedet hat. iese Fragen sind nämlich Ländersache. In der Kopf uchfrage zum Beispiel hat das Bundesverfassungsericht eindeutig entschieden, dass die Bundesländer egelungen treffen sollen. Auch der Islamunterricht un erliegt der Kultushoheit der Länder. Einige erfolgreiche odellprojekte haben wir schon in diesem Bereich. Das aben die Konferenzteilnehmer gestern selbst erwähnt. Diese Beispiele zeigen: Der Islam ist längst Teil der eutschen Realität. Allerdings hat er seinen Platz in der esellschaft und in der Rechtsordnung noch nicht gefunen. Genau diesen Platz müssen wir ihm aber analog zu en christlichen und jüdischen Religionen auch einräuen wollen. Da bin ich dabei. Der deutsche Islam raucht keine Sonderbehandlung. Der deutsche Islam raucht eine Perspektive, Anerkennung und Gleichbeandlung, und zwar ganz selbstverständlich und ohne abatt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605402800

Das Wort hat der Kollege Ralf Göbel, CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ralf Göbel (CDU):
Rede ID: ID1605402900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In Deutschland leben 3,3 Millionen Muslime. Sie sind
unsere Nachbarn, Freunde und Arbeitskollegen. Nie-
mand hat das Recht, sie unter einen Generalverdacht zu
stellen, nur weil sie einer anderen Religion angehören.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Die Unkenntnis des Islam und auch der Muslime
– Frau Kollegin Akgün hat eben einige Klischees ge-
nannt –, vor allen Dingen aber die Instrumentalisierung
des Islam zur Rechtfertigung schwerer Gewalttaten be-
unruhigt und verunsichert viele Menschen. Es ist daher
höchste Zeit, dass eine Debatte über das Zusammenle-
ben von Muslimen, Christen und Menschen, die ein an-
deres oder gar kein Bekenntnis haben, geführt wird;
denn nur in einer streitigen Auseinandersetzung können
die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten deutlich
werden und kann der Weg für eine gemeinsame Zukunft
gezeichnet werden.


(Beifall der Abg. Kristina Köhler [Wiesbaden] [CDU/CSU])


Ich danke dem Innenminister sehr dafür, dass er mit der
Islamkonferenz, die gestern begonnen hat, den ersten
Schritt dazu getan hat, diese Debatte zu führen und die-
sen Weg zu beschreiten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Zu Beginn einer umfassenden Bestandsaufnahme
des derzeitigen Zustandes gehört auch, anzusprechen,
was die Ursache für besondere Besorgnisse und Vorur-
teile ist. Ein ehrlicher Dialog verkommt ohne diese Of-
fenheit schnell zu einem seichten Gerede.

Zu diesen Tatsachen gehört – das ist heute schon er-
wähnt worden –, dass eine verschwindend geringe, aber
dennoch gefährliche Minderheit der Muslime in
Deutschland den Islam für ihre politischen Zwecke und
für Gewaltanwendung instrumentalisiert. Gegen diese
müssen wir uns gemeinsam wenden, Muslime und
Nichtmuslime in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Große Sorge bereiten uns die so genannten Hasspredi-
ger; auch sie sind angesprochen worden. Dieses Phäno-
men zeigt auch, wie wichtig die Diskussion um die Aus-
bildung von Imamen in Deutschland ist. Es zeigt ferner,
wie wichtig es ist, dass wir einen Dialog darüber führen,
wie die deutsche Sprache in islamische Gottesdienste
einzuführen ist.

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(C (D (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In welcher Sprache gepredigt wird, müssen die schon selbst wissen!)


Probleme sind auch Geistliche, die große Menschen-
assen aufgrund bewusst missverstandener Aussagen

on Politikern oder geistlichen Führern zu Gewalttaten
ufstacheln, wie wir es vor kurzem im Zusammenhang
it der Äußerung des Papstes erlebt haben. Im Nahen

nd im Mittleren Osten, gab es, bereits kurze Zeit nach-
em das umstrittene Papstzitat bekannt geworden war,
emonstrationen mit brennenden Papstpuppen und
rennenden Deutschlandfahnen. Der Islamismus ver-
ügt offensichtlich über ein sehr großes Potenzial, das
chnell aktiviert werden kann. Deshalb war und ist es ein
utes Zeichen, dass die religiösen Verbände der Muslime
n Deutschland die infolge der Mohammed-Karikaturen
nd des Papstzitates entstandenen Gewalttätigkeiten
eutlich verurteilt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein Schlagwort, das immer wieder in die Diskussion
ingebracht wird, lautet: Toleranz. Wer wollte für sich
elten lassen, dass er nicht tolerant ist? Toleranz setzt
ber voraus, dass man sich selber über die eigenen Wert-
orstellungen im Klaren ist. Jede Toleranz hat Grenzen;
onst wird sie zur Beliebigkeit.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr richtig!)


iese Grenze ist für mich die Wertordnung, wie sie in
nserem Grundgesetz zum Ausdruck kommt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Im Verhältnis zwischen dem Staat und allen Religio-
en muss eines gelten: Keine Religion darf die staatliche
rdnung und die Wertentscheidung des Grundgesetzes

nfrage stellen. Diese beiden Punkte sind, wie Innenmi-
ister Dr. Schäuble zu Recht und unmissverständlich
estgestellt hat, nicht verhandelbar. Die Wertordnung
st für alle gültig. Im Dialog mit dem Islam müssen wir
etonen, dass auch die Gleichberechtigung von Frau und
ann zu dieser Wertordnung gehört.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse)


Die Diskussion um die Absetzung der Mozart-Oper
Idomeneo“ ist ein Beispiel dafür, wie wichtig das Be-
usstsein für unsere Wertordnung ist. Zu unserer Wert-
rdnung gehört die Freiheit der Kunst. Ich will nicht be-
treiten, dass die abgeschlagenen Häupter von Jesus oder
es Propheten Mohammed religiöse Gefühle von Chris-
en und Muslimen verletzen können. Niemand muss
iese Inszenierung gut finden. Nach unserem Verständ-
is muss man aber Kritik sowie die Infragestellung der
igenen Position und damit auch seiner Religion ein
tück weit ertragen können.

Wer sich verletzt fühlt, kann seine Kritik offen äußern
nd so einen Beitrag zum öffentlichen Diskurs leisten.
ch bin auch sicher, dass Muslime mit ihren Werten und
berzeugungen eine Menge zu diesem öffentlichen






(A) )



(B) )


Ralf Göbel
Diskurs in unserem Land beitragen können und ihn be-
reichern werden. Was jedoch nicht hingenommen wer-
den kann, sind Gewalt und die Androhung von Gewalt.
Ich hoffe, dass die Islamkonferenz das Verhältnis von Is-
lam und Gewalt, das von vielen als kritischer Punkt an-
gesehen wird, abschließend und endgültig klärt.

Die Absetzung der Mozart-Oper verdeutlicht auch,
wie gefährlich Islamismus wirken kann. Der Streit um
die Mohammed-Karikaturen und das Papstzitat darf
nicht zu einer Selbstzensur führen. Die Meinungs-,
Presse- und Kunstfreiheit sind für unsere Demokratie
konstituierend. Wenn wir uns im vorauseilenden Gehor-
sam eine Selbstzensur auferlegen, haben wir viel zu ver-
lieren. Eine kritische Auseinandersetzung mit religiösem
Fanatismus ist dann nämlich nicht mehr möglich. Wir
müssen den Respekt vor unserer Werteordnung dadurch
fördern, denke ich, dass wir selbst zu unseren Werten
stehen und diese auch verteidigen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Im Vorfeld der Islamkonferenz kam vielfach die
Frage auf, welche Organisation denn den Islam in
Deutschland vertritt. Die Diskussion darüber – das ist
mehrfach angesprochen worden –, ist bekannt. Es ist klar
geworden, dass es eben keine allgemeine Vertretung
der Muslime in Deutschland gibt. Es ist nach meiner
Auffassung aber nicht die Aufgabe des Staates, hier eine
gemeinsame Basis herzustellen, die eine Vertretung der
Muslime gewährleistet. Dies ist Aufgabe der Religions-
gemeinschaften selbst. Deshalb wehre ich mich auch da-
gegen, den Muslimen in Deutschland vorzuschreiben,
wie sie sich zu organisieren haben.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)


Die Frage, ob der Körperschaftsstatus verliehen wer-
den sollte, kann daher nicht am Beginn des zu beschrei-
tenden Weges stehen.


(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Es gibt rechtliche Voraussetzungen, die zu erfüllen sind,
um diesen Status zu erlangen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Tun die auch!)


Nach meiner Auffassung liegt es also bei den Religions-
gemeinschaften selbst, sich diese Voraussetzungen zu er-
arbeiten. Auch wenn eine einheitliche Vertretung der
Muslime in Deutschland für uns wünschenswert ist, so
liegt der Schlüssel hierfür doch bei den Muslimen selbst.
Wir können diesen Prozess unterstützen, wir können ihn
aber nicht staatlich verordnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich schließe mit einem Zitat von Benedikt XVI., der
in den letzten Wochen vor allem wegen einer – missver-
standenen – Äußerung Gegenstand vieler Debatten war.
Benedikt XVI. sagt: Vom Dialog zwischen Christen und
Muslimen hängt zum großen Teil unsere Zukunft ab. –

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(C (D ch glaube, das gilt auch in Deutschland. Ich wünsche ns allen einen fruchtbaren Dialog. Er hat gestern beonnen. Ich wünsche uns auch, dass er viele Jahre daurn möge und dass er uns alle zu guten Ergebnissen ringt. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605403000

Ich schließe die Aussprache.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a und 5 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Heinrich L. Kolb, Dirk Niebel, Jens
Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP

Modernes Kündigungsschutzrecht und fle-
xible Befristungsregelungen im Interesse der
Arbeitsuchenden

– Drucksache 16/1443 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Werner
Dreibus, Dr. Barbara Höll, Kornelia Möller, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN

Ausweitung und Stärkung des Kündigungs-
schutzes
– Drucksache 16/2080 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
ollegen Heinrich Kolb, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Jetzt kommt das Angebot für die Ampel!)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1605403100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

st in der letzten Zeit in Deutschland und namentlich in
er Union, Herr Kollege Brauksiepe, viel über Lebenslü-
en gesprochen worden, von denen man sich befreien
üsse. Ich will hier ganz klar sagen: Für mich ist eine

er größten und auch meistverbreiteten Lebenslügen in
er Politik, der Kündigungsschutz habe nichts, aber auch
ar nichts damit zu tun, ob in Deutschland Arbeits-
lätze entstehen oder nicht.

Dabei ist aus unserer Sicht die Diagnose bzw. der Be-
und sehr eindeutig: Wir freuen uns über die heute be-
annt gegebene Fortsetzung der positiven Entwicklung






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
am Arbeitsmarkt in Form von weniger Arbeitslosen und
mehr Erwerbstätigen und einem leichten Anstieg der
Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
Aber die Tatsache, dass auch in Zeiten eines beginnen-
den Aufschwungs die wirtschaftliche Dynamik den Ar-
beitsmarkt nur sehr, sehr gebremst erreicht, offenbart
jedem, der sehen will, die strukturellen Markteintritts-
schwellen, die für Arbeitsplatzsuchende durch den be-
stehenden Kündigungsschutz aufgebaut sind.


(Beifall bei der FDP)


Umgekehrt zeigt ein Blick über die Grenzen hinaus,
etwa in die Schweiz oder nach Dänemark, dass dort, wo
ein mit dem deutschen vergleichbarer Kündigungsschutz
nicht existiert, annähernd Vollbeschäftigung herrscht.
Von Vollbeschäftigung sind wir in Deutschland aller-
dings noch weit entfernt.

Besonders paradox ist, dass es, obwohl das Kündi-
gungsschutzrecht in Deutschland auf den Bestand des
Arbeitsverhältnisses ausgerichtet ist, nach einer Kündi-
gungsschutzklage in der Praxis nur in wenigen Fällen
tatsächlich zu einer Weiterbeschäftigung kommt. Tat-
sächlich ist die arbeitsgerichtliche Realität von einem
Feilschen um Abfindungszahlungen und fragwürdigen
Vergleichen gekennzeichnet. Die Arbeitsgerichte werden
durch diese Prozesspraxis – ich sage: unnötigerweise –
bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit belastet.


(Beifall bei der FDP)


Kleine Unternehmen ohne eigene Personalabteilung
haben nach wie vor große Schwierigkeiten bei der
Anwendung des sehr komplizierten und sehr vielschich-
tigen Kündigungsrechts. Es ist für viele Betriebsinhaber
immer noch schwer, wenn nicht unmöglich, ohne rechts-
kundigen Rat eine auch nach dem Kündigungsschutzge-
setz wirksame Kündigung auszusprechen. Genau dies,
liebe Kolleginnen und Kollegen, hat dazu geführt, dass
gerade kleine Unternehmen bei einem beginnenden Auf-
schwung oder bei Nachfragespitzen weiterhin versuchen,
mit der vorhandenen Belegschaft mittels Überstunden
auszukommen, anstatt neue Mitarbeiter einzustellen. Das
Kündigungsschutzrecht hat sich damit von seiner Funk-
tion als soziales Schutzrecht hin zu einer Einstellungs-
hürde für diejenigen verkehrt, die arbeitslos sind und eine
neue Stelle suchen.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Jens Koeppen [CDU/CSU])


Die FDP-Fraktion will mit ihrem Antrag daher Flexi-
bilität dort schaffen, wo heute verkrustete Strukturen und
ideologische Denkmuster vorherrschen. Dabei sind wir
mit unserer Analyse nicht allein. Wir sehen uns vielmehr
durch das Jahresgutachten 2005/06 des Sachverständi-
genrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung eindrucksvoll bestätigt. Selbst in einem
„IAB Kurzbericht“ heißt es:

Will man aber mehr Bewegung ins Beschäftigungs-
system bringen, bedarf es beim Kündigungsschutz
eines Paradigmenwechsels. Es geht um den Über-
gang vom Bestandsschutzprinzip zum Abfindungs-
prinzip.

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(C (D uch in der Union wird durchaus Handlungsbedarf geehen. So hat der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, urt Lauk, im März dieses Jahres gesagt, wenn der Künigungsschutz ein Einstellungshindernis sei, dann müsse r verändert werden. Wörtlich sagte er: Wir können ja nicht die Arbeit dadurch verhindern, dass wir gesetzliche Hürden aufbauen. echt hat der Mann. Das muss man hier einmal klipp nd klar sagen. Doch wie findet das seinen Niederschlag in der Poliik der großen Koalition? Anstatt endlich die notwendien Reformen des Arbeitsmarktes in Angriff zu nehmen, errscht in der großen Koalition nur großes Chaos. Ein mstand, den die „Berliner Morgenpost“ vor wenigen agen in der Überschrift zusammenfasste: „Chronik des cheiterns: Der Kündigungsschutz bleibt“. – Ich stelle ier unmissverständlich fest: Es ist vor allem die Chroik des Scheiterns der CDU und ihres Generalsekretärs, onald Pofalla. Es offenbart, wie wenig Ahnung ein füh ender Vertreter der Union davon hat, was den Mitteltand in Deutschland davon abhält, neue Arbeitsplätze u schaffen. ass die SPD mit dem Mittelstand nichts am Hut hat, ar seit langem bekannt. ass die CDU zwar viel über die Nöte des Mittelstandes edet, aber in der Praxis, von wenigen Ausnahmen Ernst Hinsken, Peter Rauen und Kollegen Dr. Fuchs – bgesehen, (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Wem wollen Sie noch alles schaden?)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Anton Schaaf [SPD]: Quatsch!)


ichts wirklich dafür tut, diese Nöte zu lindern, wurde
ffenbar, als die Regelungen des Koalitionsvertrages
um Kündigungsschutz bekannt wurden. Man muss
chon sehr wenig Ahnung haben – und davon viel –,
enn man wie Ronald Pofalla die einschlägigen Passa-
en des Koalitionsvertrages als größte Reform in den
etzten Jahrzehnten glaubte etikettieren zu müssen.

Tatsache ist: Jeder, der in seinem Leben schon einmal
n der Situation war, einen Arbeitnehmer einzustellen
als mittelständischer Unternehmer weiß ich hier sehr

enau, wovon ich rede –, hat sofort erkannt, dass es eine
erschlimmbesserung war, was dort ausgehandelt
urde. Der Verhandlungsführer der Union, eben Ronald
ofalla, hatte sich ganz offensichtlich über den Tisch
iehen lassen. Deswegen war es nur konsequent, dass die
eutschen Unternehmen und die sie vertretenden Ver-
ände in der Folge das vergiftete Geschenk dankend ab-
ehnten.

Nun herrscht große Ratlosigkeit in der Union. Ich
rage Sie: Soll es das jetzt wirklich gewesen sein? Die
DP-Bundestagsfraktion ist jedenfalls entschieden der
einung, dass die Reform des Kündigungsschutzes

icht einfach ersatzlos ausfallen darf.






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

(Beifall bei der FDP)


Deswegen legen wir heute einen Antrag vor, der den
Kündigungsschutz reformiert und gleichzeitig das In-
strument der befristeten Beschäftigung weiterentwi-
ckelt. Denn das war doch der faule Kompromiss, den am
Schluss keiner haben wollte, dass nämlich für eine, noch
dazu bürokratisch ausgestaltete, Änderung der Wartezeit
im Kündigungsschutzgesetz die sachgrundlose Befris-
tung ersatzlos abgeschafft werden sollte. Wir brauchen
aber nicht das eine oder das andere, wir brauchen beides:
Änderung im Kündigungsschutzgesetz und Erhalt der
sachgrundlosen Befristung.

Weil gerade kleine Unternehmen mit der sachgrund-
losen Befristung ein unbürokratisches Mittel haben,
Auftragsspitzen mit Neueinstellungen zu bewältigen,
schlagen wir vor, die Dauer der sachgrundlosen Befris-
tung auf vier Jahre zu verlängern, wie sie heute bei Neu-
einstellungen schon gilt. Wir schlagen vor, dass das Ver-
bot, einen Arbeitnehmer sachgrundlos befristet zu
beschäftigen, wenn er bei dem gleichen Arbeitgeber
schon einmal beschäftigt war, aufgehoben wird. Wir
wollen eine Verlängerung der Wartezeit auf zwei Jahre,
und zwar nicht per Vertrag, sondern per Gesetz. Wir
wollen, dass der Geltungsbereich des Kündigungs-
schutzgesetzes auf Betriebe mit mehr als 20 Beschäftig-
ten begrenzt wird; denn ein Mittelständler stellt in der
Regel nicht ein, um zu entlassen, aber er muss dann,
wenn eine konjunkturelle Notlage entsteht, die Chance
haben, auf einen Auftragsrückgang zu reagieren.


(Beifall bei der FDP – Jörg Rohde [FDP]: Das wollte die Union doch auch!)


Wir glauben, dass das Lebensalter als Kriterium für
die Sozialauswahl – das ist nämlich das entscheidende
Handicap eines älteren Arbeitnehmers am Arbeitsmarkt –
gestrichen werden muss. Außerdem wollen wir, wie
auch der Sachverständigenrat, das Vertragsoptionsmo-
dell in das Kündigungsschutzgesetz einarbeiten.

Das sind Vorschläge, die sicherlich nicht alle populär
sind. Aber am Ende wird es ohne einen Paradigmen-
wechsel nicht gehen. Denn das, was Albert Einstein ge-
sagt hat, gilt auch heute noch: „Probleme kann man nie-
mals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie
entstanden sind.“


(Beifall bei der FDP)


Ausschlaggebend ist nicht die Sichtweise eines SPD-
Parteitages oder eines CDU-Generalsekretärs, sondern
allein die Sicht desjenigen, der darüber entscheidet, ob
ein Mitarbeiter neu eingestellt wird oder nicht. Wie sich
die Politik dabei fühlt, ist nachrangig. Der Köder muss
dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.

Deswegen laden wir Sie mit dem vorliegenden An-
trag heute ein, das Notwendige zu tun. Es geht um Mil-
lionen von Menschen in unserem Lande, vor allen Din-
gen solche mit geringer Qualifikation, die eine Chance
auf die Rückkehr in das Erwerbs- und Arbeitsleben be-
kommen müssen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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(C (D Ich erteile das Wort Kollegen Wolfgang Meckelburg, DU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heu ige Debatte zum Kündigungsschutz und die Anträge on der Linken und der FDP zeigen, dass die Bandbreite, n der dieses Thema in der Gesellschaft diskutiert wird, uch hier im Parlament vorhanden ist. (Frank Spieth [DIE LINKE]: Das ist auch gut so!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605403200

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1605403300

Das ist auch gut so. Dennoch muss man im Parlament
mmer darauf schauen, wie man zu Mehrheiten kommt.

Das Thema ist aus meiner Sicht ein Symbolthema.
ie einen sagen, besonders sozial sei es, die Grenzen zu

rweitern; die anderen sagen, sie seien Modernisierer,
enn sie möglichst viele Hürden einreißen. Die Wirk-

ichkeit bewegt sich möglicherweise in der Mitte. Jeder-
ann weiß, dass es bei jeder Koalition bestimmte Band-

reiten und unterschiedliche Schnittmengen gibt. Ich
ersönlich glaube nicht, dass der Kündigungsschutz zur-
eit das entscheidende Rädchen ist, um den Arbeits-
arkt voranzubringen.

Wir wissen aus der Diskussion der vergangenen
ahre, dass der Kündigungsschutz immer ein Thema war.
s gibt verschiedene Stellschrauben: die Höhe des
chwellenwertes, befristete und unbefristete Arbeitsver-
ältnisse, längere Einstiegsfristen für Neueinstellungen,
lternativen zu Kündigungsschutzregelungen, zum Bei-

piel in der Form von vereinbarten oder angebotenen
bfindungsregelungen. Wir haben uns in den letzten

ahren durchaus in die Richtung der Modernisierung be-
egt. Schon heute ist es möglich, bis zu viermal befristet

inzustellen.

Als Folge der Arbeit des Vermittlungsausschusses im
ahre 2003 – es gab schon damals eine Art großer Koali-
ion – gab es ab 1. Januar 2004 Verbesserungen in die-
em Bereich. Allerdings konnten wir nicht alles umset-
en. Wir haben aber den Schwellenwert von fünf auf
ehn hochgesetzt. Man kann sich natürlich darüber strei-
en, ob das genug ist oder ob er nicht auf 20 oder sogar
uf 50, wie Herr Brüderle vor zwei Jahren gefordert hat,
ochgesetzt werden sollte.

Wir haben Änderungen zur flexibleren Gestaltung der
ozialauswahl eingeführt. Damit kann man zufrieden
ein oder man kann sagen, man könnte noch ein Stück
eitergehen. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, dem
rbeitnehmer eine Abfindung anzubieten, der dafür auf

ein Recht verzichtet, gegen seine Kündigung zu klagen.
an kann sich vorstellen, dass dieser Punkt vor der Ein-

tellung geregelt wird. Außerdem wird es bei Existenz-
ründungen erleichtert, befristet einzustellen. Die Frist
eträgt inzwischen vier Jahre.






(A) )



(B) )


Wolfgang Meckelburg
Da ich weiß, was die heute vorliegenden Anträge be-
deuten, sage ich: Die Union als Volkspartei ist gut bera-
ten, das Thema Kündigungsschutz von allen Seiten und
differenziert zu betrachten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dirk Niebel [FDP]: Da hast du aber schon mal ganz anders gesprochen!)


Einerseits gilt, dass vor allem in Großbetrieben der Kün-
digungsschutz wichtig für die Sicherheit der Arbeitneh-
mer und deren Motivation ist. Andererseits gilt, dass
Kündigungsschutzregelungen den Einstieg von Arbeit-
suchenden in den Arbeitsmarkt nicht behindern dürfen.
Das trifft vor allem auf kleinere und mittlere Betriebe zu.


(Jörg Rohde [FDP]: Genau!)


Innerhalb der großen Koalition ist die Union im Ver-
gleich zur SPD sicherlich derjenige Partner, der die Not-
wendigkeit zur Flexibilisierung stärker sieht. Dennoch
sage ich: Die beiden vorliegenden Anträge, also auch der
FDP-Antrag, sind letztlich Schauanträge.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Widerspruch bei der FDP)


Es wird in diesem Parlament keine Mehrheit für den An-
trag der FDP und für den Antrag der Linksfraktion ge-
ben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Er könnte aber mit Mehrheit beschlossen werden!)


Mit diesen Schauanträgen wollen Sie sich besonders gut
darstellen, obwohl Sie aufgrund der Mehrheitsverhält-
nisse und der Koalitionsmöglichkeiten in diesem Haus
wissen, dass Sie keine Chance haben, Ihre Anträge zu
realisieren.


(Jörg Rohde [FDP]: Wir setzen auf unsere Argumente!)


In Ihrem Antrag verweist die FDP auf den Sachver-
ständigenrat und auf eine IAB-Untersuchung. Sie erwe-
cken damit den Eindruck, Ihre Forderungen seien daraus
abgeleitet. Wenn ich mir aber anschaue, was der Sach-
verständigenrat in seinem Jahresgutachten sagt, dann
kann ich zunächst feststellen, dass er fünf Handlungsfelder
skizziert hat. Das zentrale Handlungsfeld ist Lohnersatz-
leistungen; das zweite Handlungsfeld ist Arbeitsmarktpoli-
tik; das dritte Handlungsfeld ist Tarifvertragsrecht und
das vierte Handlungsfeld ist Kündigungsschutz. Der
Kündigungsschutz steht also nicht herausgehoben an
erster Stelle. Der Sachverständigenrat fordert auch sehr
deutlich ein Gesamtkonzept. Man muss also die Forde-
rungen im Zusammenhang sehen und man darf sie nicht
auf den Kündigungsschutz reduzieren.

Ich erwähne auch das fünfte Handlungsfeld, das wir
häufig vergessen, nämlich den unverzichtbaren Beitrag
der Tarifvertragsparteien zur Schaffung neuer Arbeits-
plätze.

Der IAB-Bericht von 2004 beschäftigte sich unter
der Überschrift „Arbeitsmarkt-Reformen – Betriebe re-
agieren kaum auf Änderung beim Kündigungsschutz“
mit dem Effekt aufgrund der Änderung des Schwellen-

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(C (D ertes. Ganz so einfach darf man es sich also nicht mahen, wenn man seine Begründung auf diesen IAB-Beicht stützen will. Es gibt sogar Beispiele aus dem usland, wo es gegenteilige Entwicklungen gab. In Ir and war der Kündigungsschutz Ende der 90er-Jahre exrem gering. Trotzdem ist dort die Arbeitslosenquote auf 2 Prozent gestiegen. In Norwegen war die Entwicklung llerdings umgekehrt. Ich will damit nicht sagen, dass iese Maßnahme keine Wirkung hat. Aber sie hat nicht ie Wirkung, von der Sie in Ihrem Antrag sprechen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Brandner [SPD] – Dirk Niebel [FDP]: Soll ich mal deine Rede aus der letzten Legislaturperiode zu diesem Thema heraussuchen?)


Ich will nun etwas zum Antrag der Linken sagen. Im
ntrag der Linken wird gefordert, die Möglichkeit, Ar-
eitsverhältnisse ohne das Vorliegen sachlicher Gründe
efristen zu können, abzuschaffen. Sie wollen die Warte-
eit auf drei Monate verkürzen und den Schwellenwert
ieder heruntersetzen. Mit Ihrem Antrag wollen Sie den
indruck erwecken, als ließe sich alles, was es bereits
ibt, zurückdrehen. Außerdem wollen Sie den Eindruck
rwecken, als seien Sie die sozialsten Leute in diesem
aus. Das Gegenteil ist der Fall.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ihre Position ist rückwärts gewandt. Sie wollen um
iejenigen, die Arbeit haben, einen Schutzzaun errich-
en. Das ist – ich sage es deutlich – sehr unsozial und un-
olidarisch; denn Sie errichten eine Mauer um die Be-
riebe.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Das sehen die Betroffenen aber anders!)


as ist eine Closed-Shop-Politik; denn diejenigen, die
rbeit suchen, bekommen keine Arbeit.

Auch Ihnen sage ich: Für diese Vorstellung finden Sie
einen Partner im Parlament.


(Werner Dreibus [DIE LINKE]: Schade!)


ie haben keine Chance auf Realisierung und finden in
er gesamten Bevölkerung keinen Zuspruch; auch das
üssen Sie wissen.


(Werner Dreibus [DIE LINKE]: Das sieht aber anders aus!)


Ich habe gesagt: in der gesamten Bevölkerung. Denn
eder, der zumindest mit anderthalb Beinen im Leben
teht, weiß, dass das, was Sie vorschlagen, völlig lebens-
remd ist, an der Realität vorbeigeht und so sicherlich
icht mehr kommt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Werner Dreibus [DIE LINKE]: Das sehen Millionen anders!)


Das mag so sein. Denjenigen, die das anders sehen,
age ich: Schaut genau hin. Die schließen die Betriebe
ür diejenigen, die einen Arbeitsplatz haben, ab, sodass
iejenigen, die außerhalb der Betriebe sind, nicht hinein-
ommen. Das ist die Wirkung Ihrer Regelung.






(A) )



(B) )


Wolfgang Meckelburg
Noch einmal zum FDP-Antrag. Auch Ihr Antrag ist
– das habe ich bereits gesagt – ein Schauantrag. Über
einzelne Punkte könnten wir sicherlich miteinander re-
den. Das wissen wir; das haben wir in der Vergangenheit
auch getan. Aber schauen Sie sich die Mehrheitsverhält-
nisse an: Es gibt keine Chance, in die Richtung etwas zu
verändern, wie Sie das wollen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Man kann aber trotzdem sagen, was man für richtig hält!)


Herr Kolb, ich weiß nicht, ob Kollege Brüderle und
andere, die neuerdings mit den Roten flirten – das liest
man ja in den Medien –,


(Dirk Niebel [FDP]: Sie haben doch gerade zugegeben, dass Sie auch mit uns geredet haben!)


diesen Antrag schon vorab mit der SPD besprochen ha-
ben. Ich glaube, die Chancen auf Realisierung wären
noch geringer. Es geht nicht, einerseits mit den Roten zu
flirten und andererseits einen Antrag einzubringen, bei
dem überhaupt keine Chance besteht, ihn mit der SPD
durchzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Iris Gleicke [SPD]: Mit uns kann man hervorragend flirten! Die Frage ist nur, ob man erhört wird! – Zuruf von der FDP: Woher wollen Sie das denn wissen?)


Sie von der FDP haben alle, aber auch wirklich alle
Vorschläge, die es zur Lockerung des Kündigungsschut-
zes gibt oder gegeben hat, in ein Papier geschrieben.


(Zuruf von der FDP: Damit Sie sich mal informieren!)


Ein modernes und in sich stimmiges Modell haben Sie
damit nicht vorgelegt. Denn es fehlt der Gesamtzusam-
menhang, der Bezug zu anderen Bereichen. Der Kündi-
gungsschutz spielt zwar eine Rolle, aber nicht die zen-
trale Rolle. Ich glaube, noch andere Dinge sind da
wichtig. Deswegen werden Sie hierzu nicht die Zustim-
mung der CDU/CSU finden. Wenn Sie über Wartezeiten
nachdenken, besteht zum Beispiel die Frage: Warum se-
hen Sie vier Jahre und nicht drei oder fünf Jahre vor?
Warum wollen Sie beim Schwellenwert von zehn auf
20 und nicht auf 50 Arbeitnehmer gehen?


(Dirk Niebel [FDP]: Wir wollten es Ihnen nur leichter machen! – Weitere Zurufe von der FDP)


Das alles sind Fragen, über die man einmal reden muss.
So wie Sie diese Dinge vorsehen, sind sie nicht stimmig.

Lassen Sie mich zum Ende festhalten, dass wir in der
Koalitionsvereinbarung vorgesehen haben, bei Neuein-
stellungen eine Wartezeit von bis zu zwei Jahren bis zur
Begründung des Arbeitsverhältnisses festzulegen. Wir
wissen, dass in der Wirtschaft eher das Interesse vorhan-
den ist, bei befristeten Arbeitsverhältnissen zu bleiben.
Darüber muss geredet werden. Möglicherweise kommt
man, wenn man sich dazu entscheidet, zu der einen oder
anderen kleinen Regelung.

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(C (D (Anette Kramme [SPD]: Das können Sie abhaken!)


as müssen wir in der großen Koalition ausloten. Denn
ir müssen im Rahmen der Schnittmengen, die bei uns
estehen, so viel wie möglich an Flexibilisierung durch-
etzen. Jedenfalls ist das der Wille der Union in der gro-
en Koalition.


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Die SPD bleibt beim Kündigungsschutz!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605403400

Ich erteile das Wort Kollegen Werner Dreibus, Frak-

ion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Werner Dreibus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605403500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will

nders als meine beiden Vorredner versuchen, in diese
ebatte auch ein Stück weit die gesellschaftliche Reali-

ät einzubringen.

(Beifall bei der LINKEN)


ie gesellschaftliche Realität sieht leider so aus: Es ver-
eht kaum eine Woche ohne Nachrichten über Massen-
ntlassungen. Es vergeht kaum eine Woche, ohne dass
ngekündigt und auch vollzogen wird, dass Tausende
enschen ohne ihr Verschulden ihren Arbeitsplatz ver-

ieren. Ihnen wird gekündigt. Sie dürfen sich in das Heer
er Millionen Arbeitslosen einreihen.


(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


ur um eine Größenordnung aus verschiedenen For-
chungsergebnissen zu nennen, Herr Dr. Kolb: Jedes
ahr erhalten über 2 Millionen Beschäftigte eine so ge-
annte arbeitgeberseitige Kündigung.

In dieser Situation – das ist die Realität – meint nun
ie FDP, dass es am Besten für die Beschäftigten sei,
enn der Kündigungsschutz weiter abgebaut wird. Was

oll eigentlich der Ingenieur bei Siemens, die Sachbear-
eiterin bei der Allianz, der Elektrotechniker bei der
EG, die Telefonistin im Callcenter der Telekom, was

ollen diese Menschen von einer solchen Politik halten?
iese Menschen haben Angst, Angst davor, morgen auf
er Straße zu stehen, und die FDP sagt ihnen: Wir möch-
en den Unternehmen Entlassungen noch leichter ma-
hen. Sie behauptet dann auch noch, dadurch würden
ehr Menschen eingestellt.


(Sevim Dagdelen [DIE LINKE]: Pfui!)


as ist schlicht und ergreifend grotesk.


(Beifall bei der LINKEN – Dirk Niebel [FDP]: Man kann nur entlassen, wenn man vorher jemanden beschäftigt hat!)


as ist blanker Zynismus. Dann wundern wir uns an
ahlsonntagabenden gemeinsam, warum immer weni-

er Menschen zur Wahl gehen. Wer die Sorgen der Men-
chen so missachtet, wie es die FDP mit diesem Antrag
ut, der das Ziel hat, das „Hire and Fire“ zu erleichtern,






(A) )



(B) )


Werner Dreibus
der leistet der Abkehr der Menschen von der Demokratie
und den demokratischen Parteien wissentlich oder un-
wissentlich Vorschub.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605403600

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Kolb?


Werner Dreibus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605403700

Aber gern.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1605403800

Herr Kollege Dreibus, damit keine Missverständnisse

aufkommen: Auch wir bedauern natürlich, wenn Men-
schen in unserem Lande ihren Arbeitsplatz verlieren, sei
es durch Kündigung, sei es durch Konkurs des Unter-
nehmens. Die entscheidende Frage ist doch, ob es für
diese Menschen eine Chance gibt, erneut in den Arbeits-
markt zurückzukehren.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Die gibt es!)


Man muss doch feststellen, dass für bestimmte Perso-
nenkreise, beispielsweise ältere Arbeitnehmer, Men-
schen mit einer geringeren Qualifikation, durch das
Kündigungsschutzgesetz Eintrittsschwellen errichtet
worden sind, die zu überwinden einer großen Zahl von
Menschen schwer fällt. Das hat dazu geführt, dass in den
letzten Jahrzehnten mit jedem Abflachen der Konjunktur
der Sockel an Arbeitslosigkeit in Deutschland erneut zu-
genommen hat. Diese Analyse muss man ehrlicherweise
vornehmen. Stimmen Sie dieser Auffassung zu?


Werner Dreibus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605403900

Nein.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)


Herr Dr. Kolb, klar und deutlich: Reden ist das eine;
Schreiben und Handeln ist das andere. Wenn zum Bei-
spiel das, was Sie in Ihrem Einleitungssatz als Bedauern
formuliert haben, in die Situationsanalyse Ihres Antrags
eingegangen wäre, dann könnten wir wenigstens über
die Realität reden. Die blenden Sie jedoch in Ihrem An-
trag völlig aus.


(Beifall bei der LINKEN)


Wer tatsächlich Demokratie will – das ist unsere
feste Überzeugung –, muss dafür sorgen, dass die Demo-
kratie eben nicht am Betriebstor endet. Das erfordert be-
triebliche Mitbestimmung und das erfordert ebenso
Schutz vor Kündigungen. Und es erfordert einen Blick
auf den Arbeitsmarkt, der eben nicht von solchen ideolo-
gischen Vorurteilen – wie das eben auch in Ihrer Frage
zum Ausdruck kam – verstellt ist.

Was hat denn die Aufweichung des Kündigungsschut-
zes in den letzten Jahren gebracht? Was etwa hat die He-
raufsetzung des Schwellenwertes auf zehn Beschäftigte
und die Einschränkung der Sozialauswahl, was hat die
Möglichkeit für Existenzgründer zur grundlosen Befris-
tung von Arbeitsverträgen tatsächlich bewirkt? Die so

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(C (D enannten Reformen des Kündigungsschutzes haben icht zu einem zusätzlichen Arbeitsplatz geführt. Die ürde ist – entgegen dem, was Sie behauptet haben – icht niedriger geworden. Das verwundert auch nicht – ich schätze Ihre praktiche Erfahrung; deswegen wundert es mich, dass Ihr lick in Ihren Reden ideologisch verstellt ist; in der Prais verhalten Sie sich wahrscheinlich ganz anders –, weil eder Unternehmer bestätigen kann: Unternehmer schafen neue Arbeitsplätze, wenn sie Aussicht auf höheren bsatz und auf höhere Gewinne haben, und nicht, wenn ie Beschäftigte leichter rauswerfen können. (Jörg Rohde [FDP]: Unternehmer wollen dauerhaft Gewinne machen!)


(Beifall bei der LINKEN)


wischen beiden Sachverhalten besteht doch keine Be-
iehung.

Die OECD hat mehrfach, in X Studien, herausgestellt,
ass auch ein umfassender Kündigungsschutz kein Be-
chäftigungshemmnis ist. Es ist vorhin durchaus schon
u Recht gesagt worden: Der von Ihnen und von der
ehrheit des Sachverständigenrates – es ist ja nur die
ehrheit – aus ideologischen Gründen hergestellte Zu-

ammenhang zwischen Beschäftigung und Kündigungs-
chutz ist wissenschaftlich nicht herleitbar, nicht in
eutschland und auch nicht in Europa.


(Beifall bei der LINKEN)


esen Sie die Studien der OECD!


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das ist die wissenschaftliche Weltanschauung!)


Es gibt auch andere Wissenschaftler.

Auch ein Blick in die Wirklichkeit der Unternehmen
st hilfreich.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Waren Sie schon mal da drin?)


elche Anforderungen stellen denn Unternehmen an
hre Beschäftigten? Sie wünschen sich motivierte, krea-
ive und flexible Beschäftigte. Wer Angst um seinen Ar-
eitsplatz hat, weil er von heute auf morgen vor die Tür
esetzt werden kann, der wird doch nicht motiviert,
reativ und flexibel sein. Vielmehr wird er in seiner
eistungsfähigkeit und seiner Motivation massiv einge-
chränkt sein. Das kann nicht im Interesse der Unterneh-
en sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Durchsetzung der Rechte von Beschäftigten – die
inhaltung von Tarifverträgen, die Einhaltung der Ge-
etze über Arbeitszeit usw. – basiert auf einem Kündi-
ungsschutz, der diese Bezeichnung tatsächlich verdient.
hne diesen wären und sind Beschäftigte erpressbar.
enau auf einen solchen Zustand laufen Ihre Vorschläge
inaus. Ihr so genanntes Vertragsoptionsmodell sugge-
iert, dass die Beschäftigen bei Vertragsabschluss zwi-
chen gesetzlichem Kündigungsschutz, Abfindungszah-
ungen und Weiterbildungsangeboten wählen könnten.






(A) )



(B) )


Werner Dreibus
Zu einer Wahl aber gehören tatsächlich gleichwertige
Optionen und das Agieren auf Augenhöhe. Ein betriebli-
ches Weiterbildungsangebot beispielsweise kann nie-
mals auch nur eine ähnliche Sicherheit bieten wie der
Schutz vor ungerechtfertigten Kündigungen. Die Be-
hauptung, Arbeitnehmer und Arbeitgeber seien gleich-
berechtigte Vertragspartner, ist bei 7 Millionen fehlen-
den Arbeitsplätzen pure Ideologie.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Begründung Ihres Antrages ist irreführend. Die
Beschäftigten gewinnen eben nicht an Selbstbestim-
mung hinzu, wenn der Kündigungsschutz geschliffen
wird. Stattdessen würden sie mit den gesetzlich garan-
tierten Rechten den Rückhalt für selbstbestimmtes Han-
deln verlieren. Allein die gesetzliche Einschränkung der
unternehmerischen Freiheit ermöglicht die Freiheit der
Beschäftigten. Der Antrag der FDP konterkariert diesen
Zusammenhang: Wer den Kündigungsschutz ein-
schränkt, schränkt die Möglichkeiten von Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmern ein, ihre Interessen wahr-
zunehmen. Das ist nicht mehr, sondern weniger
Demokratie.

Die Linke will mehr Demokratie. Das bedeutet an
dieser Stelle konkret: Wir brauchen tendenziell eher eine
Ausweitung des Kündigungsschutzes. Das betrifft vor
allem den Geltungsbereich. Die Dauer des Beschäfti-
gungsverhältnisses und die Zahl der in einem Betrieb
notwendigerweise beschäftigten Menschen, ab der der
Kündigungsschutz greift, diskriminieren bereits heute
über 6 Millionen Beschäftigte. Über 6 Millionen Be-
schäftigte haben keinen gesetzlichen Kündigungsschutz.

Das ist in etwa so, als würde man Führerscheinanfän-
ger aus dem Geltungsbereich der Straßenverkehrsord-
nung ausschließen – Drängeln, Schneiden und Vorfahrt-
nehmen wären bei Anfängern erlaubt –; die Begründung
dafür würde lauten: So finden die Fahranfänger leichter
in den Straßenverkehr hinein und die übrigen Verkehrs-
teilnehmer können sich flexibler bewegen. Das ist doch
pure Ideologie!


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: An dem Witz haben Sie aber lange gebastelt!)


– Nein, überhaupt nicht. Den habe ich in einem Betrieb
gehört. Da bin ich öfter als Sie.

Wenn Sie meinen, eine solche Begründung wäre ab-
surd, dann bitte ich Sie, einen Blick in das bestehende
Kündigungsschutzgesetz zu werfen. Was verschleiernd
als Wartezeit oder Schwellenwert bezeichnet wird, ist
nichts anderes als der Ausschluss von Millionen Men-
schen von Schutzregeln mit der Begründung, sie würden
dann leichter in den Arbeitsmarkt hineinfinden.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Deswegen haben wir auch so eine niedrige Arbeitslosigkeit!)


Ähnliches gilt – auch das ist ein wichtiges Thema –
für ältere und kranke Beschäftigte. Während wir diesen
Menschen im Straßenverkehr – um bei diesem Beispiel
zu bleiben – mit besonderer Rücksicht begegnen, mei-

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(C (D en Sie – ich spreche die FDP und die Koalition gleihermaßen an –, auf besondere Schutzvorschriften für ranke und Ältere auf dem Arbeitsmarkt verzichten zu önnen. Dieser Zustand der Rechtsfreiheit von Millionen Bechäftigten muss aus unserer Sicht beendet werden. Desalb fordern wir unter anderem die Aufhebung des chwellenwerts, die Verbesserung des Kündigungschutzes für Ältere und Kranke und die Reduzierung er Wartezeit auf drei Monate; das ist ein Zeitraum, der ach aller betrieblichen Erfahrung für die Erprobung eies Arbeitsverhältnisses vollkommen ausreichend ist. elbstverständlich sind weitere Maßnahmen notwendig, m die Unsicherheit, die am Arbeitsmarkt herrscht, zuückzudrängen. Die Regierung Kohl und die Regierung Schröder haen viel dafür getan, das Leben vieler Millionen Arbeitehmerinnen und Arbeitnehmer unsicherer zu machen. ie so genannten Arbeitsmarktreformen haben die Areitslosigkeit nicht reduziert. Sie bedrohen aber die Zuunftsperspektive von immer mehr Beschäftigten. Wer u Hungerlöhnen arbeitet, wer vom Miniin den 1-Euroob und wieder zurückwechselt, wer aus einem unbefriseten Beschäftigungsverhältnis entlassen wird, um als eiharbeitskraft am selben Arbeitsplatz mit weniger ohn und ungewisser Beschäftigungsdauer wieder einestellt zu werden – all das ist Realität; all das haben wir ittlerweile –, der verliert die Grundlage für eine Le ensplanung, die über den Tag hinausgeht. Die Regierung Merkel führt diese – so sieht es jedenalls aus – aus unserer Sicht völlig falsche Politik ihrer orgänger nahtlos fort. Gleichzeitig beklagen die alten euen Reformer sonntagabends die Verrohung der Geellschaft, die geringe Geburtenrate, die Finanzmisere er Sozialversicherungen usw. Der Arbeitsmarkt ist – darin stimme ich meinem Voredner durchaus zu – nicht der Generalschlüssel zur Löung dieser Probleme. Sicher aber ist, dass diese Proleme nicht so gravierend wären, wenn das Credo der so enannten Arbeitsmarktreformen nicht im Abbau unberisteter, sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungserhältnisse liegen würde; denn nichts anderes bedeuten iniund Midijobs, Leiharbeit, 1-Euro-Jobs und Co. ass diese Instrumente zum Abbau der Arbeitslosigkeit ntauglich sind, hat ein unideologischer Blick auf die raxis längst erwiesen. Wer heute das Problem der Arbeitslosigkeit ernsthaft ngehen will, muss auch die bereits existierende Bechäftigung sicherer machen. Meine Fraktion wird desalb in den kommenden Monaten weitere Vorschläge zur urückdrängung prekärer Beschäftigung – also Be chäftigung, die keine Arbeitsplätze schafft, aber den enschen Einkommen und Zukunftsperspektiven immt – vorlegen. Wir werden dabei unter anderem die orschläge der DGB-Gewerkschaften ernsthaft prüfen, ie beispielsweise die Verlagerung von Standorten und ündigungen trotz gut laufender Geschäfte und Profite inschränken wollen. Werner Dreibus Bevor jetzt all die Marktradikalen wieder aufschreien, möchte ich einen der erfolgreichsten deutschen Unternehmer zitieren, den Porschechef Wiedeking. Er sagte vergangene Woche: Es ist nicht nachzuvollziehen, wenn Konzerne Rekordgewinne melden und zugleich ankündigen, dass sie Tausende von Arbeitsplätzen streichen … (Beifall bei der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann müsst ihr jetzt alle Porsche fahren!)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


Ich sehe in dieser Entwicklung ein Warnzeichen für
die Gesellschaft.

Ich schließe mich diesen Worten eines großen, bedeu-
tenden und sehr erfolgreichen Unternehmers ausdrück-
lich an.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605404000

Das Wort hat nun Kollegin Anette Kramme, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1605404100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Herzlich willkommen zur Märchenstunde von
Linken und FDP –


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


oder sollte ich sagen: vom Möchtegern-Robin-Hood und
dem Sheriff von Nottingham?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/ CSU – Jörg Rohde [FDP]: Wer ist wer?)


Beim Märchen handelt es sich um eine relativ kurze Er-
zählung mit ausgeprägten surrealen Elementen. Das trifft
ohne Wenn und Aber auf die hier vorliegenden Anträge
zu. Es war einmal die FDP, diese erzählte allen Men-
schen, dass sie mit einer Abschaffung des Kündigungs-
schutzes nur dem Wohl der Arbeitnehmer dienen wolle.
Tatsächlich war und ist sie – wie schon immer – der
Wolf im Schafspelz.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, Sie sind wie eine leiernde
Schallplatte oder, um es moderner auszudrücken,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: DVD-Player!)


Sie sind wie Spammails. Sie wiederholen sich unendlich
und nerven.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ihre Sprücheklopferei kann man nicht mehr hören. Es sei
der rigide Kündigungsschutz, der Arbeitgeber davon ab-
halte, Neueinstellungen vorzunehmen. Ich weiß gar

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(C (D icht, wie viele solche unsinnige Anträge Sie in diesem aus schon gestellt haben. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das machen wir so lange, bis das Problem gelöst ist!)


ines ist allen Ihren Anträgen gemeinsam: Die Empirie
leibt außen vor.


(Heiterkeit bei der SPD)


lle Untersuchungen der OECD oder wissenschaftlicher
nstitute im In- und Ausland belegen hinlänglich, dass
in Abbau der Schutzrechte von Arbeitnehmern die Be-
chäftigungslage nicht verbessert.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Woher wissen Sie, wie das funktioniert?)


Wir haben registriert – Herr Kolb, Sie sollten mir zu-
ören –,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie viele Menschen haben Sie schon eingestellt?)


ass Ihre Forderungen bei Ihren Gedankenspielen im
inblick auf eine sozial-liberale Koalition moderater ge-
orden sind. Es ist noch gar nicht so lange her, dass Sie
on einer vierjährigen Wartezeit und einem Schwellen-
ert von 50 Arbeitnehmern sprachen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es geht mir im Moment ein bisschen so, dass ich Probleme habe, wenn ich Ihnen zuhöre!)


ktuell wollen Sie den Schwellenwert von heute zehn
uf nur 20 Arbeitnehmer erhöhen. Wenn Sie, meine Da-
en und Herren von der FDP, tatsächlich irgendwann
it der SPD koalieren wollen,


(Jörg Rohde [FDP]: Ja?)


üssen Sie sich viel weiter bewegen. Das gilt insbeson-
ere für Sie, Herr Kolb.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg Rohde [FDP]: Aber Sie schließen es nicht aus?)


Bei einer Umsetzung Ihres Vorschlags würden
0 Prozent der Betriebe nicht mehr dem Kündigungs-
chutz unterliegen. 28 Prozent bzw. 9 Millionen Be-
chäftigte stünden im Falle einer ungerechtfertigten
ündigung ohne Schutz da. Die Erhöhung des Schwel-

enwertes hat im Übrigen keinerlei Bedeutung für den
rbeitsmarkt. Ich erinnere an die großen Erwartungen,
ie damals entstanden, als die Regierung Kohl den
chwellenwert auf zehn heraufgesetzt hat.


(Dirk Niebel [FDP]: Sehr kurze Einwirkzeit!)


n der Bundestagsdrucksache 13/4612 vom 10. Mai
996 heißt es:

Es kann davon ausgegangen werden, daß ein Teil
der Betriebe … bei Anhebung des Schwellenwertes
neue Einstellungen vornehmen wird.


(Dirk Niebel [FDP]: Habt ihr das denn nun wieder eingeführt?)







(A) )



(B) )


Anette Kramme
Wenn jeder der Betriebe, die gegenwärtig zwischen
fünf und neun Arbeitnehmer beschäftigen, zusätz-
lich nur einen Arbeitnehmer einstellt, ergibt das
eine halbe Million möglicher Neueinstellungen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605404200

Kollegin Kramme, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Niebel?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sehr gut! Jetzt können Sie etwas lernen, Frau Kollegin!)



Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1605404300

Aber selbstverständlich. Herr Niebel erfreut mich im-

mer.


(Zurufe von der FDP: Niebel, jetzt bloß nicht nervös werden! – Oh, oh!)



Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1605404400

Ich glaube, Kollegin Kramme, Sie machen Ihren Koa-

litionspartner durch solche Äußerungen außerordentlich
nervös.


(Heiterkeit)



Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1605404500

Das macht nichts.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1605404600

Sie haben gerade die Anhebung des Schwellenwertes

beim Kündigungsschutz auf zehn Arbeitnehmer durch
die Bundesregierung Kohl kritisiert, die Sie durch Ihre
Korrekturgesetze unmittelbar nach dem Regierungsan-
tritt von Rot-Grün im Jahre 1998 rückgängig gemacht
haben. Würden Sie mir zustimmen, dass Sie den glei-
chen Text fünf Jahre später mit Ihrer rot-grünen Mehr-
heit exakt wortgleich – Punkt für Punkt und Komma für
Komma – wieder haben Gesetz werden lassen?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Bingo!)



Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1605404700

Das stimmt,


(Beifall bei der FDP – Dirk Niebel [FDP]: Danke!)


wie Sie wissen, nur zum Teil. Ihnen ist sehr wohl be-
kannt, dass die Anhebung des Schwellenwertes von fünf
auf zehn Arbeitnehmer auf unseren jetzigen Koalitions-
partner zurückgeht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das wurde doch noch unter Rot-Grün gemacht, Frau Kramme!)


Dem haben wir angesichts des Gesamtpakets, um das es
ging, zustimmen müssen. Aber wir wissen – das ist die
Position der SPD –, dass das Ganze nichts bringen wird.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das war aber nicht sehr überzeugend! – Dirk Niebel [FDP]: Wie bitte? Das geschah doch noch unter RotGrün!)




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(C (D Das sehe ich anders. olitik bedeutet, Vergleiche einzugehen. Vergleiche einugehen, heißt immer gegenseitiges Nachgeben. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein! Politik bedeutet, Lösungen für die Probleme zu finden, die die Menschen bewegen!)


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist Ihr gutes Recht!)


Ich komme auf die heute vorliegenden Anträge und
uf die Bundestagsdrucksache aus dem Jahr 1996 zu-
ück, die ich bereits angesprochen habe. Die Rechnung
on damals ist nicht aufgegangen. Selbst der Zentralver-
and des Deutschen Handwerks räumte ein, dass die ent-
cheidenden Motive im Hinblick auf das Einstellungs-
erhalten – wie könnte es auch anders sein? – die
onjunkturelle Lage


(Zuruf von der SPD: Ganz genau! So ist das!)


nd die Beschäftigungserwartungen sind.


(Beifall des Abg. Klaus Brandner [SPD])


Eine aktuelle Studie der Universität Hamburg – sie
urde erst gestern veröffentlicht – belegt ebenfalls, dass
er Kündigungsschutz bei Neueinstellungen keine
roße Rolle spielt. Nur drei von 41 Personalverantwort-
ichen waren der Meinung, der Kündigungsschutz spiele
ei Neueinstellungen eine erhebliche Rolle.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Tja! Die haben wahrscheinlich bei DAX-Unternehmen nachgefragt!)


Trotzdem haben wir den Schwellenwert in der ver-
angenen Legislaturperiode – ich sage an dieser Stelle
anz klar: aufgrund der Forderung unseres jetzigen Koa-
itionspartners – auf zehn Arbeitnehmer erhöht. Aller-
ings erwarten wir nicht, dass sich daraus erkennbar po-
itive Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt ergeben. Die
valuierung wird kein anderes Ergebnis bringen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ach! Das wissen Sie also jetzt schon?)


Wir dürfen die Unsicherheiten unserer Zeit nicht ver-
rößern. Wer kauft sich ein Haus oder ein Auto, wenn er
tändig Angst haben muss, seinen Job zu verlieren? Wie
oll sich ein Arbeitnehmer mit seinem Unternehmen
dentifizieren, wenn er nicht weiß, wie lange er dort noch
rbeitet?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Man kann auch durch Pleiten seinen Arbeitsplatz verlieren, Frau Kollegin! Mit Pleiten kennen Sie sich doch sonst so gut aus!)


Zu den Abfindungsoptionen. Auch Ihnen, meine Da-
en und Herren von der FDP, dürfte bekannt sein, dass

s keine Vertragsparität zwischen Arbeitgebern und Ar-
eitnehmern gibt. Vertragsfreiheit genießt in der Realität
ur eine Seite: die Arbeitgeberseite. Für den Arbeitneh-
er hätte ein Wechsel vom Bestandsschutz zum Abfin-

ungsschutz nur eine Folge: den Verlust des Arbeitsplat-
es, selbst wenn die Kündigung des Arbeitgebers nicht
ozial gerechtfertigt wäre.






(A) )



(B) )


Anette Kramme
Auch für den Arbeitgeber wäre die vorgeschlagene
Regelung von Nachteil, weil eine Abfindung auch dann
gezahlt werden müsste, wenn die Kündigung sozial ge-
rechtfertigt wäre und der Arbeitnehmer nach geltendem
Recht gar keinen Abfindungsanspruch hätte. Deshalb
– jetzt sollten Sie aufmerksam sein – beurteilen BDH
und ZDH eine solche Regelung sehr kritisch.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das weiß ich!)


Eines der Argumente, die in der Diskussion über den
Kündigungsschutz angeführt werden, ist, dass die Be-
triebe diese Änderung beim Kündigungsschutz dringend
benötigten, weil sie sich von ihren Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern nur mühselig trennen könnten. Von
denjenigen Menschen, die in diesem Lande gekündigt
werden, gehen nur etwa 16 Prozent zum Arbeitsgericht.
Das sind zwar doppelt so viele wie noch 1979. Im glei-
chen Zeitraum stieg allerdings auch die Arbeitslosigkeit
rapide an. Von allen Gekündigten bekommen lediglich
15 Prozent eine Abfindung. Unkalkulierbare Risiken
birgt das Kündigungsschutzgesetz für den Arbeitgeber
also wahrlich nicht.

Die große Mehrheit der Deutschen steht zum Kündi-
gungsschutz: Laut einer repräsentativen Studie der Uni-
versitäten Jena und Hannover möchten 48 Prozent die
bestehenden Regelungen beibehalten. 19 Prozent plädie-
ren sogar für eine Ausweitung. Interessant ist dabei, dass
vor allen Dingen Arbeitslose einen starken Kündigungs-
schutz bevorzugen. Die These „Lieber Arbeit ohne Kün-
digungsschutz als arbeitslos mit Kündigungsschutz!“
stimmt also nicht.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])


Kommen wir zum anderen Extrem, lassen Sie mich
noch ein Wort zu den Linken verlieren: Der Unterhal-
tungswert Ihrer Forderungen mag groß sein, mehr als
blanker Populismus ist das jedoch nicht gewesen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Den Schwellenwert für den Kündigungsschutz abzu-
schaffen, bedeutet, den Grundsatz der Verhältnismäßig-
keit aus den Augen zu verlieren. Ihre Forderung verstößt
gegen das Grundgesetz. Denn durch Art. 12 Grundge-
setz werden nicht nur die Interessen des Arbeitnehmers
geschützt, sondern ebenso das Interesse des Kleinunter-
nehmers, in seinem Unternehmen nur Mitarbeiter zu be-
schäftigen, die seinen Vorstellungen entsprechen. Ich
darf an dieser Stelle aus einem Urteil des Bundesverfas-
sungsgerichts von 1998 zitieren:

Auf der anderen Seite ist auch das Kündigungsrecht
des Kleinunternehmers in hohem Maße schutzwür-
dig. In einem Betrieb mit wenigen Arbeitskräften
hängt der Geschäftserfolg mehr als bei Großbetrie-
ben von jedem einzelnen Arbeitnehmer ab. Auf
seine Leistungsfähigkeit kommt es ebenso an wie
auf Persönlichkeitsmerkmale, die für die Zusam-
menarbeit, die Außenwirkung und das Betriebs-
klima von Bedeutung sind.

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(C (D rotz einer Störung des Vertrauensverhältnisses dürfte in Arbeitgeber seinem einzigen Arbeitnehmer, ginge es ach dem Vorschlag der PDS, verhaltensbedingt nur och dann kündigen, wenn dieser tatsächlich und wahraftig den goldenen Löffel klaut. Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, den Arbeitgeern die Möglichkeit einzuräumen, die gesetzliche Reelwartezeit von 6 auf bis zu 24 Monate auszudehnen. afür wollen wir die Möglichkeit streichen, Arbeitsver räge in den ersten 24 Monaten sachgrundlos zu befrisen. Ein letzter Satz: Diese Pläne wurden von den fünf irtschaftsverbänden BDA, BDI, DIHK, HDE und DH gemeinschaftlich abgelehnt. Ich sage ganz klar: eiter gehende Änderungen gibt es nicht. Wenn die irtschaft mit diesen Vorschlägen nicht einverstanden st, belassen wir es einfach beim Alten. Die SPD braucht eine Änderung des Kündigungsschutzgesetzes. (Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dass ihr damit zufrieden seid, ist mir klar!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605404800

Ich erteile das Wort Kollegin Brigitte Pothmer, Frak-

ion Bündnis 90/Die Grünen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605404900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die De-

atte über den Kündigungsschutz in Deutschland ist eine
och ideologisierte Debatte; das zeigen die beiden An-
räge, die uns heute vorliegen. Herr Dreibus und Herr
olb sind Protagonisten dieser Debatte. Sie führen diese

deologisierte Debatte, obwohl wir inzwischen wissen
Sie selbst, Herr Dreibus, haben in Ihrer Rede darauf

ingewiesen und auch im Vorspann Ihres Antrages steht
s sehr deutlich –: Der Kündigungsschutz hat keinen ent-
cheidenden Einfluss darauf, wie viele Leute eingestellt
erden und wie viele Leute entlassen werden. Da fragt

ich doch die geneigte Leserin: Warum trägt diese rich-
ungweisende Erkenntnis nicht den Forderungsteil Ihres
ntrages, warum sprechen Sie dort eine andere Sprache?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kolb, noch einmal zu Ihnen: Ich finde es phäno-
enal, wie stark eine interessengeleitete Einsichtsbar-

iere wirken kann: Sie sind in der Lage, Studien zu zitie-
en, die haargenau das Gegenteil von dem beschreiben,
as Sie hier behaupten.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie sagen, die Menschen sind blind und erkennen
ichts – dabei machen Sie beide Augen zu und auch
och die Hühneraugen!


(Zuruf von der CDU/CSU: Woher wollen Sie wissen, ob der Kollege Kolb Hühneraugen hat?)


as hilft uns in dieser Debatte nicht weiter.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
Auch wenn der Kündigungsschutz nicht darüber ent-
scheidet, in welchem Umfang eingestellt oder entlassen
wird, muss man zur Kenntnis nehmen, dass es nicht egal
ist, wie der Kündigungsschutz im Einzelnen ausgestaltet
ist. Herr Dreibus, wenn Ihre Forderungen gesellschaftli-
che Realität werden, dann führt die Regulierungsdichte
tatsächlich zu einem bürokratischen Quantensprung. Das
wird allerdings negative Auswirkungen auf Einstellung
und Beschäftigung haben.

Sie stellen dar, dass Sie zur dreimonatigen Probezeit
zurück wollen.


(Werner Dreibus [DIE LINKE]: Wieso „zurück“?)


– Sie wollen die dreimonatige Probezeit. – Das mag für
einen Industriearbeitsplatz angemessen sein. Dort kann
man in drei Monaten vielleicht erkennen, ob Arbeitgeber
und Arbeitnehmer sowie Arbeitsanforderungen und Poten-
zial des Arbeitnehmers zusammenpassen. Bei Arbeits-
verhältnissen, die ein vielschichtiges Anforderungsprofil
haben, ist das aber ganz anders.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Richtig!)


Ich bin der Auffassung, dass dort eine sechsmonatige
Probezeit völlig richtig und notwendig wäre.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das wäre noch zu knapp!)


Ich frage Sie: Wem dient es, wenn an einem Arbeitsplatz
das Potenzial, das eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeit-
nehmer mitbringt, und das Anforderungsprofil nicht zu-
sammenpassen? Dann kommt es nämlich zu erheblichen
Schwierigkeiten für beide Seiten. Was spricht also gegen
diese Probezeit von sechs Monaten?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie wollen weiter, dass über eine Umlagefinanzierung
Abfindungen reguliert werden. Ich kann nicht glauben,
dass das Ihr persönlicher Ernst ist, Herr Dreibus. Dafür
halte ich Sie für viel zu vernünftig und zu gescheit. Wie
soll das denn funktionieren? Ein fehlerhaftes Verhalten
einzelner Arbeitgeber sollen andere Arbeitgeber ausba-
den. Wie soll diese Umlage denn gestaltet werden? Wer
soll für wen wie viel einzahlen? Ich kann Ihnen sagen:
„Umlageverfahren“ klingt immer schön einfach und
nach Solidarität. Die Umsetzung bedeutet aber einen
hochgradig bürokratischen Akt, der sehr viele Ungerech-
tigkeiten in sich birgt. Deswegen ist das falsch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg Rohde [FDP]: Sehr berechtigter Einwand!)


Die Ausgestaltung des Kündigungsschutzes hat Aus-
wirkungen auf die Struktur der Beschäftigten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Auch wahr!)


Wenn der Kündigungsschutz zu weitgehend ist und Ar-
beitsverhältnisse gewissermaßen zubetoniert werden,
dann hat das tatsächlich die Wirkung, dass die Arbeitge-
ber auf noch mehr Zeitarbeitsverträge und auf Leiharbeit
ausweichen.

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(C (D as kann gerade nicht im Interesse der Schwächeren am rbeitsmarkt sein. Deswegen kommt es auf das richtige erhältnis und die richtige Ausgestaltung an. Herr Kolb, mit Ihrem Antrag zeigen Sie, dass Sie daon noch nie etwas gehört und gesehen haben. Ich will hnen einmal etwas sagen: Auch eine falsche Lockerung es Kündigungsschutzes kann genau gegenteilige Wirungen haben. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Und Sie wissen, was richtig ist!)


(Beifall bei der FDP)


enn der Kündigungsschutz in einer Situation hoher Ar-
eitslosigkeit, in der wir uns jetzt ja bekanntermaßen be-
inden, so weit gelockert wird, dass die Beschäftigten,
ie daran interessiert sind, ihr Arbeitsverhältnis zu ver-
ndern und zu einer anderen Firma zu gehen, damit rech-
en müssen, dass sie eine zweijährige Probezeit haben
nd dass ihr Arbeitsvertrag einer vierjährigen sach-
rundlosen Befristung unterliegt, dann überlegen sie
ich das sehr gut.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das überlegen sie sich auch heute schon!)


as heißt, die Fluktuation auf dem Arbeitsmarkt wird
eringer. Damit zementieren Sie die Strukturen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist auch heute schon so!)


as ist zumindest in der Situation, in der wir uns jetzt
efinden, in jeder Hinsicht kontraproduktiv.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie sich mit Ihrer Vorstellung durchsetzen,
ann sind ungefähr 6 Millionen Menschen auf dem Ar-
eitsmarkt davon betroffen. Das heißt, diese Menschen
erden sich entsprechend vorsichtig verhalten. Das gilt
brigens auch beim Konsum. Sie produzieren 6 Millio-
en Angstsparer, Herr Kolb.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Sparquote ist unter Rot-Grün dramatisch gestiegen, Frau Pothmer! Das Geld ist längst gehortet!)


ch kann Ihnen sagen: Das hat auch Auswirkungen auf
ie Konjunktur in diesem Land. Herr Kolb, solche Rege-
ungen haben auch in anderer Weise Wirkungen auf die
ntscheidungen der Menschen.

Wir führen hier endlose und wortreiche Debatten über
ie Frage, wie wir junge Paare davon überzeugen kön-
en, Kinder in die Welt zu setzen, also Kinder in ihre Zu-
unftsplanung mit einzubeziehen. Kinder brauchen Ver-
ässlichkeit. Kinder brauchen ein Stück Sicherheit. Wenn
ber der Kündigungsschutz so ausgestaltet wird, wie Sie
as wollen, dann wird das auch Rückflüsse auf solche
esellschaftlichen Fragen haben. Jedenfalls wird mit
em, was Sie vorschlagen, die Dynamik auf dem Ar-
eitsmarkt nicht zu-, sondern eher abnehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ihre Einäugigkeit, Herr Kolb, bei Vergleichen mit an-
eren Ländern ist uns inzwischen vertraut. Sie bringen






(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
als Beispiel Dänemark und erklären, dass dort alles bes-
ser ist, weil es dort so gut wie keinen Kündigungsschutz
gibt. Sie sehen aber nicht die andere Seite der Medaille,
Herr Kolb: In Dänemark ist nämlich die Absicherung im
Falle von Arbeitslosigkeit extrem hoch.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das weiß ich doch!)


Wo ist denn der Antrag, Herr Kolb, in dem auch das ein-
mal eingefordert wird? In den Niederlanden gibt es ei-
nen sehr viel höheren Kündigungsschutz. Das führt dann
aber auch dazu, Herr Dreibus, dass dort die Zahl von
Zeitarbeitsverhältnissen sehr hoch ist. Zusammenge-
nommen zeigt dies, dass es vernünftig ist – ich finde, das
ist in Deutschland inzwischen der Fall –, den Kündi-
gungsschutz und die Bedingungen für Leiharbeit zwi-
schen Flexibilität und Sicherheit ausgewogen zu gestal-
ten.

Wissen Sie, was ich glaube? Wirklicher Handlungs-
bedarf besteht nicht so sehr im Kündigungsschutz, son-
dern wirklicher Handlungsbedarf besteht beim Arbeits-
recht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Der Kündigungsschutz ist Teil des Arbeitsrechts!)


Das Arbeitsrecht in Deutschland ist so schlank, dass es
in der Auslegung zum Richterrecht wird. Das verursacht
Probleme. Es lohnt, sich damit auseinander zu setzen.
Ich verspreche Ihnen hier schon einmal, dass wir das tun
werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Noch ein paar Worte zur großen Koalition. Es ist
falsch, sich in der Arbeitsmarktpolitik auf die Debatte um
den Kündigungsschutz zu konzentrieren. Andere Themen
sind viel wichtiger, zum Beispiel die hohe Belastung von
kleinen Einkommen, mangelnde Investitionen in Weiter-
bildung und lebenslanges Lernen, Lohndumping, Unter-
bietungskonkurrenz zulasten von Beschäftigten und die
bessere Förderung von Langzeitarbeitslosen. Genau
diese Projekte stehen jetzt an. Damit könnte man wirk-
lich für mehr Beschäftigung sorgen.

Stattdessen gab es bei der großen Koalition unter
Führung des CDU-Generalsekretärs, den ich jetzt gerade
nicht sehe – ist er fahnenflüchtig? –,


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Er ist bei seiner Arbeit!)


ein Jahr lang ein einziges Hin und Her in Sachen Kündi-
gungsschutz. Ein solcher Murkskurs sucht wirklich sei-
nesgleichen. Auch Sie in der CDU/CSU-Fraktion sehen
dieses arbeitsmarktpolitische Fiasko und feixen darüber.
Gut ist, dass sich der Generalsekretär nicht durchsetzen
konnte. Gut ist das vor allem für die Beschäftigten in un-
serem Lande.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegen Paul Lehrieder, CDU/ SU-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her en! Schluss mit dem Flirten! Die FDP hat sich in den etzten Wochen unserem in fester Partnerschaft lebenden oalitionspartner angenähert. Diese Flirtversuche sind wischenzeitlich offensichtlich gescheitert. it Blick auf die Linkspartei muss ich sagen: Mit den eiden heutigen Anträgen hat sie gezeigt, dass sie als artnerin für Sie denkbar ungeeignet ist. Auch da wird ichts passieren. Wenn ich den linken und den rechten Rand des Pleums so vor mir sehe (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Der rechte Rand?)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
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(Beifall bei der CDU/CSU)

Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1605405100

(Dirk Niebel [FDP]: Sind Sie eifersüchtig?)


der rechte Rand ist für mich jetzt die FDP –, dann bin
ch froh, dass wir mit dem, was dort ausgebrütet worden
st, nicht werden leben müssen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Vorsicht! Das kann man missdeuten!)


avor bewahrt uns Gott sei Dank ein gesunder Mittel-
eg, den wir als große Koalition mit Augenmaß be-

chreiten wollen. Vielleicht hat der breite Block in der
itte des Plenums nicht nur einen optischen, sondern

atsächlich auch einen ganz praktischen Effekt. Frau
othmer, ich möchte Sie ausdrücklich einbeziehen,
enngleich mir die letzten Ausführungen Ihrer Rede
icht sonderlich gefallen haben.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das liegt nicht an mir! Das liegt an Herrn Pofalla!)


ber in vielen Bereichen sind Sie arbeitsmarktpolitisch
icht auf dem Holzweg.

Wenn sich die Kollegen von der Linkspartei und der
DP die Mühe gemacht hätten, ihre Anträge einmal vom

eweils anderen gegenlesen zu lassen, dann wären hier
umulte zu befürchten. Spätestens jetzt wird jeder mer-
en, was für ein unverträgliches Gemisch die beiden An-
räge zum Tagesordnungspunkt Kündigungsschutz dar-
tellen. Insofern wundert es mich nicht mehr, dass die
DP aus der Opposition raus will. Die Gemeinsamkeiten
er Oppositionsparteien beschränken sich darauf, dass
einer von beiden regiert.

So gut wie nichts ist in beiden Anträgen deckungs-
leich: Während die Linkspartei keinen belegbaren Zu-
ammenhang zwischen Kündigungsschutz und Beschäf-
igungsentwicklung sieht, ist er laut FDP für die hohe
rbeitslosigkeit mit verantwortlich.

Die Linken wollen die Schwelle, ab der das Kündi-
ungsschutzgesetz gilt, von jetzt sechs auf drei Monate






(A) )



(B) )


Paul Lehrieder
senken. Auf Wunsch der FDP soll es erst nach zweijähri-
ger Betriebszugehörigkeit anwendbar sein, als ob nicht
schon heute eine entsprechende Befristung möglich
wäre.

Ähnlich radikal gehen die Meinungen bei den sach-
grundlosen Befristungen auseinander. Die FDP will sie
bis zu vier Jahren ermöglichen, die Linkspartei sie ganz
abschaffen.

Dasselbe Bild bietet sich beim Kündigungsschutz:
Die FDP will die Zahl der Beschäftigten in einem
Betrieb, ab der der Kündigungsschutz eintritt, von zehn
auf 20 erhöhen;


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich finde es gut, dass Sie das noch einmal so erklären, Herr Lehrieder!)


die Linken wünschen dem Schwellenwert eine Beerdi-
gung erster Klasse. Aus unserer Sicht macht die Grenze
von zehn Beschäftigten schon deshalb Sinn, weil wir
kleinen und mittleren Betrieben entgegenkommen müs-
sen.

Wenn es nach den Linken ginge, würden ordentliche
Kündigungen für Arbeitnehmer ab 55 Jahren und einer
Betriebszugehörigkeit von mehr als zehn Jahren völlig
ausgeschlossen. Ihr Oppositionspartner sieht das etwas
anders: Die Liberalen wollen das Lebensalter als Krite-
rium für die Sozialauswahl streichen, wenn es um
betriebsbedingte Kündigungen geht, weil es die Einstel-
lungschancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeits-
markt erschwere.

Wie die Einstellungschancen verbessert werden sol-
len und was sie als Alternative zu bieten haben, sagen
die Liberalen allerdings nicht. Was aber ein Liberaler
– Sie, Herr Niebel – in der vergangenen Wahlperiode ge-
sagt hat, als es schon einmal um einen FDP-Antrag zum
Kündigungsschutz ging, gibt allerdings zu denken. In
der Debatte am 3. April 2003 wurde gesagt:

Denn wir sind durchaus der Überzeugung, dass Ar-
beitgeber eine soziale Verpflichtung gegenüber ih-
ren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben. Wir
wollen nur die jetzige Situation beenden, in der oft-
mals die Luschen bleiben können und die Leis-
tungsträger gehen müssen.


(Dirk Niebel [FDP]: Das stimmt!)


Damals hat Herr Niebel noch für das Lebensalter als
Kriterium der Sozialauswahl plädiert, das in dem aktuel-
len Antrag bezeichnenderweise gestrichen werden soll.
Ein Schelm ist, wer Schlechtes denkt und als Luschen äl-
tere Mitarbeiter gemeint sieht.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist eine bösartige Unterstellung! Die nehmen Sie zurück!)


Die Initiative „50 plus“, die Bundesarbeitsminister
Müntefering kürzlich vorgestellt hat, geht schon sehr
viel weiter als der FDP-Antrag. Darin sind übrigens auch
Befristungsregelungen ab dem 52. Lebensjahr vorgese-
hen. Die Regierung hat längst etwas getan, was die libe-
ralen Kollegen unter Punkt 1 ihres Antrages fordern.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Was die Bundesregierung sicherlich nicht umsetzen
ird, ist das, was die Linkspartei unter den Punkten 5
nd 6 auf ihrem Wunschzettel fordert: Wir werden die
ozialauswahl nicht um Kriterien wie Arbeitsmarktchan-
en oder Mobilitätseinschränkungen erweitern. Welches
nternehmen soll das wasserdicht überprüfen? Unter

olchen Bedingungen würden betriebsbedingte Kündi-
ungen nachhaltig erschwert. Eine weitere Zunahme der
lagen vor den Arbeitsgerichten wäre zwangsläufig die
olge.

Gänzlich widersinnig ist ein anderer linker Wunsch:
ie Linkspartei fordert, die Möglichkeit, Betriebsverein-
arungen zur Sozialauswahl und Namenslisten zu den zu
ündigenden abzuschließen, zu streichen. Der individu-

lle Rechtsschutz würde dadurch unzulässig einge-
chränkt.

Liebe Kollegen, Ihre Möchtegern-Bündnispartner von
en Gewerkschaften werden sich für diesen Tritt vor das
chienbein bedanken und es sicherlich nicht gerne se-
en, wenn die Rechte der Betriebsräte auf diese Art be-
chnitten werden. Das müssten Sie aufgrund Ihres beruf-
ichen Hintergrundes sehr wohl wissen, Herr Dreibus.
ie können zwar gerne sozusagen als Trotzpflaster ein
erbandsklagerecht fordern; im AGG haben wir das aber
lücklicherweise gerade noch abwenden können.

Beim Kündigungsschutz kann die Opposition keine
ragfähige Alternative bieten. Die Liberalen würden den
ündigungsschutz wohl am liebsten ganz abschaffen
nd den Arbeitsmarkt mit seinen schwächsten Gliedern
em freien Spiel der Kräfte überlassen. Das Ergebnis
äre ein Marktfundamentalismus ohne soziale Rahmen-
edingungen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So sind sie!)


Die Linkspartei lädt den Kündigungsschutz ideolo-
isch auf und stellt ihn auf einen Sockel aus falschen Si-
herheiten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Und ihr macht nichts!)


ie will den Status quo einmauern und Stellschrauben,
ie helfen würden, auf Veränderungen am Arbeitsmarkt
lexibel zu reagieren, gleich mit einbetonieren.

Ihr Kündigungsschutz, liebe Kollegen von der Links-
raktion, ist nicht mehr als Besitzstandswahrung für Ar-
eitsplatzbesitzer. Sie wird den Arbeitslosen dieser Re-
ublik nichts bringen.

Für so viele überzogene Forderungen entschädigt der
lick auf die große Koalition.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So viel Stillstand war nie!)


nders als unsere Opposition wollen wir die Sozialsys-
eme nicht zerstören






(A) )



(B) )


Paul Lehrieder

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch ständig die Grünen im Blick!)


– ja, die Grünen sitzen in der Mitte; ich habe Sie deshalb
eben zum Teil mit angesprochen, Frau Pothmer –, son-
dern sie den Realitäten anpassen.

Es gilt, einen verfassungsgemäßen Interessenaus-
gleich zwischen der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmer-
seite zu gewährleisten. Wir sollten nicht darüber streiten,
ob, sondern wie wir Kündigungsschutz wollen,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja sicher!)


damit zum einen die Menschen geschützt werden und
zum anderen das nötige Maß an Flexibilität gewährt
wird.

Zusammen mit der SPD behalten wir das Machbare
im Auge. Gemeinsam werden wir in Ruhe ausloten, wel-
che Änderungen wann und wie möglich sind.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Mit anderen Worten, es passiert nichts!)


Nur so können wir größtmögliche Rechtssicherheit
schaffen und Transparenz gewährleisten. Es wird nicht
einfach, aber der Schlüssel liegt bei uns Politikern. Wir
müssen den Menschen erklären, warum und welche Än-
derungen beim Kündigungsschutz und welche Arbeits-
marktreformen notwendig sind und wie man die Solida-
rität zusammen mit der Flexibilität erhalten kann.

Ich habe zwar noch fast zwei Minuten Redezeit.
Diese Zeit schenke ich aber dem Plenum. Ich habe auf
eine Zwischenfrage der FDP gewartet. Leider ist sie
nicht gekommen.

Ich bedanke mich und wünsche Ihnen noch eine gute
Diskussion.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605405200

Ich erteile das Wort Kollegen Jörg Rohde, FDP-Frak-

tion.


(Beifall bei der FDP)



Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605405300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Lehrieder, es hätte mich eher verwundert, wenn Sie
Gemeinsamkeiten zwischen dem Antrag der FDP und
dem der Linken gefunden hätten. Ich denke, der Links-
fraktion geht es genauso wie mir. Ich denke, dass wir
alle über die Fraktionsgrenzen hinweg das Ziel im Auge
haben, die Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen sowie
Wachstum und Beschäftigung in Deutschland zu för-
dern.


(Beifall bei der FDP)


Wenn wir die Beschäftigung in Deutschland fördern und
Arbeitslosen zu einem Arbeitsplatz verhelfen wollen,
dann müssen wir für Arbeitgeber und Unternehmer fle-
xible und moderne Rahmenbedingungen schaffen. Alle

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(C (D esetzlichen Barrieren, die einen Arbeitgeber heute noch avon abhalten, neue Jobs zu schaffen, müssen abgechafft oder minimiert werden. Das ist unsere Aufgabe m Deutschen Bundestag. Das Kündigungsschutzrecht ist nur eines von vielen eispielen, die zeigen, wie sich Gesetze gegen die Inte essen der Beschäftigten – genauer gesagt: der Nichtbechäftigten – gewendet haben. Durch den Kündigungschutz werden Arbeitgeber, die Zweifel haben, ob potenielle Stellen dauerhaft geschaffen werden können, avon abgehalten, neue Jobs zu schaffen. Mit dem esonderen Kündigungsschutz für Behinderte werden benfalls Barrieren für die Betroffenen auf dem ersten rbeitsmarkt erzeugt. Mit dem Allgemeinen Gleichbeandlungsgesetz sind vor einigen Wochen die Chancen ür Behinderte, den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt u schaffen, deutlich gesunken. Wenn nun zur ersten arriere eine zweite Barriere hinzukommt, dann dürfen ir uns in Deutschland nicht wundern, wenn sich die Areitslosigkeit bei den Schwerbehinderten weiter negativ ntwickelt. Hier müssen wir umsteuern. Ich habe als behindertenpolitischer Sprecher der DP-Fraktion diese Forderung auch bei Behindertenveränden offen angesprochen. Dort ist man zwar reseriert, aber auch bereit, über dieses heiße Thema offen zu iskutieren; denn wenn die Wirtschaft auf einen nachaltigen Pakt zugunsten der Integration von Menschen it Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt einginge, ann könnte man im Gegenzug den Kündigungsschutz ür Schwerbehinderte lockern. Das ist ein schönes Betäigungsfeld für die Beauftragte der Bundesregierung für ie Belange behinderter Menschen; das könnte man och einmal ausloten. Wir müssen gemeinsam die Barieren für mehr Beschäftigung in Deutschland abbauen. Mit dem uns heute vorliegenden Antrag der Linksraktion auf Ausweitung des Kündigungsschutzes sollen ber viele neue Beschäftigungsbarrieren errichtet weren. Dieser Antrag geht in die völlig falsche Richtung. evor ich aber auf einzelne Punkte dieses Antrags einehe, möchte ich festhalten, dass wir zumindest beim rsten Satz des Antrages der Linksfraktion übereinstimen: Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit ist das drängendste innenpolitische Problem in Deutschland. us Sicht der FDP ist dies aber auch der einzige Satz in em Antrag der Linksfraktion, mit welchem wir übereintimmen. Sie haben mit Ihren Forderungen ausschließich die Arbeitsplatzbesitzer im Blick. Die Arbeitslosen leiben bei Ihnen durch die Erhöhung der Barrieren für ie Schaffung von Jobs auf der Strecke. Hier schließe ich ich Herrn Meckelburg und Herrn Lehrieder an. Libe ale Politik dagegen berücksichtigt beide Gruppen: Bechäftigte und Jobsuchende. Jörg Rohde Herr Dreibus und Frau Pothmer, Sie müssen Ihren Blickwinkel einmal um 180 Grad drehen. Wenn wir einen echten flexiblen Arbeitsmarkt hätten, dann müssten sich Beschäftigte keine Sorgen um eine Kündigung machen, weil sie wüssten, dass sie wieder eine Chance auf einen neuen Job haben. So wird ein Schuh daraus. (Beifall bei der FDP – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei fünf Millionen Arbeitslosen!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


Während meiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Betriebsrat
habe ich fast zwölf Jahre mit vielen Arbeitnehmern und
Chefs gesprochen. Auch als ehrenamtlicher Politiker
und nun als Abgeordneter habe ich mich in dieser Zeit
mit Entscheidern und Betriebsräten beraten. Herr
Dreibus, auch liberale Politiker haben das Ohr in den
Betrieben. Wir reden mit allen Beteiligten.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605405400

Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kolle-

gen Schaaf?


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605405500

Ja, bitte.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605405600

Bitte schön, Herr Schaaf.


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1605405700

Herr Kollege Rohde, stimmen Sie mit mir überein,

dass dann, wenn Ihre Theorie, dass weniger Kündi-
gungsschutz und weniger Schutzrechte für Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer mehr Arbeitsplätze schafften,
stimmte, gar kein Kündigungsschutz unter Umständen
zu Vollbeschäftigung führen müsste? Das heißt, wie viel
weniger Rechte brauchen die Menschen, damit tatsäch-
lich mehr Arbeitsplätze geschaffen werden? Wenn Sie
diese Theorie tatsächlich aufrechterhalten wollen: Auf
welche Daten berufen Sie sich bei dieser Theorie? Mir
wird überhaupt nicht klar, woher Sie Ihre Erkenntnisse
nehmen; denn alle unsere Erkenntnisse, auch die aus
dem europäischen Ausland, besagen, dass weniger
Schutzrechte nicht mehr Arbeit schaffen. Sagen Sie uns
in diesem Hohen Hause bitte, woher Sie Ihre Erkennt-
nisse beziehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Gefühl!)



Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605405800

Herr Schaaf, ich bin Ihnen für die Frage dankbar.

Beim ersten Teil hatte ich schon gehofft, Sie hätten Ein-
sicht in unsere Bemühungen gezeigt. Es gibt wirklich
Unternehmer, die sagen, bei diesen Schwellenwerten
stelle ich nicht ein, weil der Kündigungsschutz für alle
Arbeitnehmer greift, wenn ich einen zusätzlichen Ar-
beitnehmer einstelle. Deswegen schaffen sie keine neuen

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(C (D obs. Ich habe mehrere Beispiele aus verschiedenen ranchen. Sie haben es überspitzt dargestellt. Wir wol en nicht gar keinen Kündigungsschutz, sondern wir rauchen flexiblere Regelungen, wie sie zum Beispiel m Antrag der FDP gefordert werden. Gerade als ehemaliger Betriebsrat setze ich mich für inen flexiblen Arbeitsmarkt ein. Die FDP ist eben die chte Arbeitnehmerpartei. (Beifall bei der FDP – Lachen bei der CDU/ CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Dass Sie da nicht rot werden, Herr Rohde!)


(Beifall bei der FDP)


ir wissen alle, dass wir in Deutschland ein Problem bei
er Beschäftigung älterer Arbeitnehmer haben. Das Le-
ensalter hat Einfluss auf die Gestaltung der Sozialpläne
nd daher finden ältere Arbeitslose kaum einen neuen
ob. Die Initiative „50 plus“ von Herrn Müntefering be-
ämpft hier übrigens nur die Symptome, aber nicht die
rsachen. Würden wir als Bundestag dem Antrag der
inken zum Beispiel bei der Ausweitung des Kündi-
ungsschutzes für ältere Arbeitnehmer in Punkt 3 fol-
en, so hätten schon 45-Jährige ein Problem, einen
euen Job zu finden. Bei der Forderung in Ihrem
unkt 8, ein Umlagesystem für Abfindungsansprüche in
leinen und mittleren Unternehmen einzurichten, sträu-
en sich mir sogar die Nackenhaare. Sie erfinden ein
eues bürokratisches Monster, welches kleine und mitt-
ere Unternehmen finanziell belastet, und viele schwa-
he Firmen werden zur sofortigen Aufgabe ermuntert.
ine Rückfrage, liebe Linke: Wie lange müsste ich denn
ls Unternehmer in welcher Höhe in das Umlagesystem
inzahlen, damit ich das Recht habe, einem langjährigen
itarbeiter zu kündigen und diesem zu einer Abfindung

u verhelfen? Ihr Vorschlag ist weder praktikabel noch
inanzierbar. Wer befristete Arbeitsverhältnisse nicht er-
auben will, der hat auch keine Chance, dass wenigstens
olche Jobs entstehen.

Es wird Sie ebenfalls nicht überraschen, dass die Li-
eralen das Verbandsklagerecht für Gewerkschaften
blehnen. Wenn die Sozialauswahl um die von Ihnen ge-
orderten Kriterien erweitert wird, dann wird es etliche
nternehmensteile geben, die nicht mehr saniert, son-
ern sofort aufgelöst werden. Wenn die Leistungsträger
er Firma auf die Straße gesetzt werden, dann kann der
hef den Laden auch gleich zusperren. Das kann doch
icht wirklich Ziel Ihrer Politik sein. In Deutschland
rauchen wir, wie es auch der Sachverständigenrat ge-
ordert hat, ein Vertragsoptionsmodell. Vorschläge
azu haben wir vorgelegt.

Ich empfehle daher der Bundesregierung und den bei-
en Koalitionsfraktionen, den Antrag der FDP anzuneh-
en und gleichzeitig den Antrag der Linken abzulehnen.
ntfernen Sie Barrieren, damit schnell neue Jobs in
eutschland entstehen!

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605405900

Ich erteile das Wort Kollegen Frank Spieth, Fraktion

Die Linke, zu einer Kurzintervention.


Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605406000

Herr Kollege Rohde, ich habe gehört, dass Sie mit Ih-

rem Antrag, beim Kündigungsschutzgesetz den Schwel-
lenwert zu erhöhen, die Arbeitslosigkeit bekämpfen wol-
len. Kennen Sie die IAB-Panels für Ostdeutschland, die
auf der Grundlage von SÖSTRA-Studien seit mittler-
weile über zehn Jahren erfasst werden? Wissen Sie, dass
mit der Anhebung des Schwellenwertes auf 20 Beschäf-
tigte – es werden nicht Vollzeitbeschäftigte, sondern
Köpfe gezählt, also auch Teilzeitbeschäftigte – in Ost-
deutschland der Kündigungsschutz nur noch in 5 Pro-
zent aller Betriebe überhaupt gelten würde? Das heißt,
95 Prozent aller ostdeutschen Betriebe würden vom
Kündigungsschutzgesetz nicht mehr betroffen sein. Ist
Ihnen das bewusst? Wollen Sie tatsächlich so weit ge-
hen?


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Und trotzdem höhere Arbeitslosigkeit!)



Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605406100

Herr Kollege, der Kündigungsschutz, den wir hier im

Bundestag besprechen, gilt natürlich für ganz Deutsch-
land. Wir wissen, dass in Ostdeutschland ein strukturel-
les Problem herrscht. Wir haben schon damals zu Be-
ginn, als die neuen Bundesländer hinzukamen, andere
Vorschläge gemacht, zum Beispiel zum Steuerrecht, um
genau diese Situation nicht entstehen zu lassen. Jetzt ha-
ben wir leider die Situation, die wir heute vorfinden.
Deswegen müssen wir für die gesamte Wirtschaft – das
Arbeitsrecht gilt ja für Gesamtdeutschland – die Ge-
setze, die die FDP vorschlägt, einführen. Dann besteht
die Chance, unter anderen Rahmenbedingungen einen
Wirtschaftsaufschwung in Deutschland zu erreichen. Die
Situation in Ostdeutschland ist verfahren. Wir dürfen uns
aber nicht nur regionalen Problemen widmen, sondern
wir müssen die Probleme für ganz Deutschland anpa-
cken.

Vielen Dank.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Sie wollen den Kündigungsschutz in ganz Deutschland abschaffen! Das ist der Fakt! – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Ihre Logik stimmt doch nicht!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605406200

Ich erteile das Wort Kollegin Doris Barnett, SPD-

Fraktion.


Doris Barnett (SPD):
Rede ID: ID1605406300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei

den beiden Anträgen beschleicht mich wie den Kollegen
Lehrieder der Gedanke: Es muss wohl daran liegen, dass
diese beiden Fraktionen am Rande sitzen. Das sage ich,
auch wenn ich sie damit – um Gottes willen – nicht als
Randerscheinung bezeichnen will. Die von ihnen vorge-

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(C (D egten und heute diskutierten Anträge verdienen wirklich ur ein Prädikat: besonders daneben. Während die FDP in gewohnter Manier dem Heuern nd Feuern frönt und dabei noch behauptet, sie sei die ahre Arbeitnehmerpartei, ordert die Linke, dass einem 56-jährigen Mitarbeiter in inem Handwerksbetrieb mit zwei Angestellten, der länere Zeit keine Aufträge hat – dieser Mitarbeiter ist dort chon zehn Jahre tätig, hat sich über den Chef geärgert nd macht deswegen nur noch Dienst nach Vorschrift –, icht gekündigt werden darf, während einem erst 45-jähigen Leistungsträger – er ist in diesem Betrieb drei ahre tätig und rackert für zwei – gekündigt werden uss. Dadurch geht der Betrieb endgültig ein. Sechs ahre nach der Jahrtausendwende kann das alles doch icht wahr sein. Seien wir also froh, dass in Deutschland Augenmaß errscht und dass wir mit dem bestehenden und bewähren Kündigungsschutz den Bedürfnissen unserer moderen und flexiblen Arbeitswelt entsprechen. Das war ein Fazit; ich habe es vorweggenommen. Jetzt komme ch zu den Anträgen. Zunächst einmal komme ich auf den FDP-Antrag zu prechen. Sie verweisen auf den Sachverständigenrat nd sagen, die Liberalisierung des Kündigungsschutzes ei erforderlich, um die Verfestigung der Arbeitslosigeit aufzubrechen; dies gelte besonders für Langzeitareitslose und Geringverdiener. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das sagt nicht unser, sondern euer Sachverständiger!)


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


enn das alles so wäre, wie Sie es darstellen! Langzeit-
rbeitslose und Geringverdiener haben doch nicht wegen
es Kündigungsschutzes ein Problem, sondern wegen
hrer Defizite. Man muss sie erst einmal ordentlich qua-
ifizieren. Warum stecken wir denn so viel Geld in die
ualifizierung, damit diese Menschen den Wiederein-

tieg in den Arbeitsmarkt schaffen? Das hat doch mit
ündigungsschutz überhaupt nichts zu tun. Wenn es ei-
en solchen Zusammenhang gäbe, dann hätte man sämt-
iche älteren Langzeitarbeitslosen schon längst einge-
tellt; schließlich ermöglicht dies die Gesetzeslage,
tichwort „ständige Befristung“.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein, nein, nein! Das ist vorbei! EuGH!)


Doch, doch, doch!

In Ihrem Antrag steht, nötig sei der Übergang vom
estandsschutz zum Abfindungsprinzip. Die FDP verab-

chiedet sich damit ganz offensichtlich vom Kündi-
ungsschutz als gesetzlicher Regelung. Sie wollen ein
ündigungsschutzrecht für eine moderne Wirtschafts-
rdnung. Wie sieht dieses Recht aus? Es soll entfallen!
as kann doch alles nicht sein.

Sie wollen ein Vertragsoptionsmodell, das vorsieht,
ass beim Vertragsabschluss die Höhe der Abfindung
ereinbart wird. Ich stelle mir einmal Folgendes vor: Ein
eringverdiener oder ein Langzeitarbeitsloser – diese






(A) )



(B) )


Doris Barnett
Menschen liegen Ihnen ja am Herzen – versucht, mit ei-
nem möglichen Arbeitgeber über die Höhe einer Abfin-
dung zu verhandeln. Ich kann mir das beim besten Wil-
len nicht vorstellen. Offensichtlich glauben Sie, dass der
Arbeitssuchende mit seinem Rechtsanwalt kommt und
eine Abfindungssumme vereinbart. Was Sie hier vor-
schlagen, das ist doch alles nicht von dieser Welt.

Ganz besonders komisch ist es, dass Sie vorschlagen,
ein Arbeitssuchender könne statt einer Abfindung eine
Weiterbildung vereinbaren. Ich stelle mir jetzt vor: Ein
Fahrer unseres Fahrdienstes verhandelt dahin gehend,
dass er, wenn er zwei, drei oder fünf Jahre angestellt
war, eine Ausbildung bekommt, wobei er selbst Inhalt
und Kosten der Ausbildung bestimmt; der Arbeitgeber
nickt das alles ab. Das ist blanker Unsinn.

Wissen Sie, was dann geschehen würde? Eigentlich
müssten wir uns über die Umsetzung Ihres Vorschlags
freuen, weil die Arbeitsverwaltung dadurch – theore-
tisch – entlastet würde; schließlich ist sie bisher für die
Eingliederung zuständig. Eine solche Änderung wäre
eine schöne Sache. Ich frage Sie: Warum fordern Sie
nicht Ihre Seite, also die Arbeitgeberseite, auf, das ganze
Geld in die Qualifizierung vor der Kündigung zu inves-
tieren, damit die Angestellten erst gar nicht entlassen
werden müssen?


(Dirk Niebel [FDP]: Die Arbeitgeberseite ist nicht unsere Seite! Unsere Seite sind die Bürger in unserem Land! Das haben Sie bloß noch nicht verstanden!)


Dann würde ein Schuh daraus. Aber darüber kann man
mit Ihnen offensichtlich überhaupt nicht sprechen.

Ihren Forderungen liegen ein Menschenbild und ein
Gesellschaftsbild zugrunde, über die man nur den Kopf
schütteln kann. Sie wollen die Sperrzeiten so ändern,
dass es keine Kettenverträge gibt. An und für sich wol-
len Sie aber Kettenverträge; schließlich fordern Sie die
Möglichkeit von Befristungen ohne sachlichen Grund
bis zu vier Jahren; in den ersten zwei Jahren soll sowieso
kein Kündigungsschutz bestehen. Wenn überhaupt, dann
soll es einen Kündigungsschutz nur für Betriebe ab
20 Arbeitnehmern geben. Aber jetzt kommt es: Die Pro-
rata-temporis-Regelung soll gelten. Wir sprechen also
über eine Grenze von – im schlimmsten Fall – 40 Arbeit-
nehmern und da sagen Sie, das sei ein moderner Kündi-
gungsschutz in unserem Staat.


(Jan Mücke [FDP]: Aber die Leute haben dann Arbeit!)


Hinzu kommt noch: Bei der Vertragsoption verlangen
Sie, dass es nicht zu einer Sperrzeit kommen soll, wenn
man sich auf so etwas einlässt. Damit belasten Sie wie-
der die Kasse der Arbeitslosenversicherung, die es näm-
lich tragen muss, wenn die Arbeitnehmer ihr Geld ein-
fach bekommen. Das ist eine Besserstellung, wiederum
zulasten Dritter, nämlich hier der Arbeitsverwaltung.

Zum Antrag der Linken ist Folgendes zu sagen: Über
die eine oder andere Formulierung könnte man sich mit
Ihnen verständigen. So sagen Sie, dass der Kündigungs-
schutz vor unbegründeter Entlassung und willkürlicher

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(C (D ntscheidung des Arbeitgebers bewahrt. Das ist insoweit ichtig. Aber bei den einzelnen Forderungen von Ihnen uss ich doch einige Fragezeichen setzen. Sie sagen, Motivation und Kreativität der Beschäfigten seien höher, wenn sie keine Angst hätten. Angst st immer der schlechteste Ratgeber und führt auch im rbeitsleben nicht zu mehr Leistung. Wenn man den Be chäftigten einen interessanten Arbeitsplatz gibt und enn man sie fortbildet, dann wird ein Schuh daraus. ir brauchen deswegen nicht unbedingt nur einen bes eren Kündigungsschutz, sondern wir brauchen auch ute Betriebsräte und gute Tarifverträge, die absichern. Sie sagen, dass man den Kündigungsschutz unbedingt raucht, um Rechte durchzusetzen, weil nämlich die enschen sonst erpressbar sind. Ich erwidere darauf: Um echte durchzusetzen, braucht man auch einen vernünf igen Betriebsrat, vernünftige Gesetze – ein gutes Beriebsverfassungsgesetz gehört dazu – und Tarifverträge, ie die Arbeitnehmer schützen. Da darf man sich nicht eicht herausschleichen können. Ich sehe, dass meine Redezeit abläuft; deswegen kann ch nur noch Folgendes sagen: Die Linke will zwar vordergründig durch den Kündiungsschutz die Arbeitnehmer stärken. Leider behindert er aber massiv Neueinstellungen. Sie von der Linken cheinen aber auch einen Systemwechsel zu wollen, ämlich weg von der Interessenvertretung durch Beriebsräte hin zu einer solchen durch Gewerkschaften, ie direkt in Betriebe eingreifen, wie das in Spanien der all ist. Wenn Sie das wollen, dann würde ich Sie schon uffordern, das dann auch so zu sagen. Beim Kündigungsschutz geht es um die Art und eise, in der wir mit den Arbeitnehmern umgehen. Die rbeitnehmer brauchen ein Mindestmaß an Sicherheit, m ihre Existenz und möglicherweise eine neue, nämich die einer Familie, zu sichern. Sie wollen vorwärts ommen und sind bereit – dazu müssen sie auch bereit ein –, ihre Beschäftigungsfähigkeit durch ständige eiterbildung zu gewährleisten. Das nützt ihnen, ihrem reis, aber auch den Arbeitgebern; denn nur hoch qualiizierte und motivierte Mitarbeiter bringen die notwenige Innovation. Beide Seiten sind mit ihren Schicksalen igentlich so ineinander verwoben und voneinander abängig, dass nur ein gerechter Ausgleich Ordnung auf em Arbeitsmarkt schafft. Deswegen brauchen wir einen uten Kündigungsschutz. Den haben wir. Den brauchen ir nicht zu verändern. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dirk Niebel [FDP]: Dass Riesenhuber klatscht, wundert mich!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605406400

Das Wort hat nun Kollege Michael Fuchs, CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)







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Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1605406500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber

Herr Kollege Kolb, ich vermisse heute hier eigentlich
den rheinland-pfälzischen Dampfplauderer und Kuschel-
kursfahrer Rainer Brüderle.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Er wäre gekommen, wenn der Pofalla gekommen wäre!)


Es hätte mich sehr gefreut, wenn Sie in dieser Woche
diesen Termin zur Brautschau tatsächlich durchgeführt
hätten


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Dirk Niebel [FDP]: Er sitzt wahrscheinlich da, wo Pofalla sitzt!)


und Ihren Antrag mitgenommen hätten, um einmal aus-
zuloten, wie groß die Gemeinsamkeiten sind; das kann
man an diesem Antrag sicherlich sehr gut machen.

Verehrte Frau Pothmer, der – inzwischen leider ver-
storbene – Professor Nipperdey hat sich mit Arbeitsrecht
und dieser Materie insgesamt in Deutschland beschäf-
tigt. Er hat ein dickes Werk dazu verfasst. Es gibt über
90 Gesetze und Verordnungen nur zum Arbeitsrecht. Da
kommt kaum noch ein normaler Jurist mit. Man braucht
hoch spezialisierte Fachjuristen; denn das Arbeitsrecht
ist außerordentlich kompliziert und unübersichtlich. Das
ist sicherlich auch einer der Gründe dafür, dass sich Un-
ternehmer, vor allem kleinere Unternehmer, schwer da-
mit tun, jemanden einzustellen. Das haben wir dann ja
auch in den letzten Tagen, genauer gesagt: gestern, wie-
der bestätigt bekommen. In einer Studie des World Eco-
nomic Forum landen wir in puncto Regulierung von
125 Staaten auf Platz 79,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!)


beim Kündigungsschutz belegen wir sogar Platz 120.


(Zuruf von der FDP)


Wir brauchen also eine grundlegende Vereinfachung
des Arbeitsrechtes in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Jeder Arbeitgeber sollte Einstellungen und die zusätzli-
che Beschäftigung von Mitarbeitern als Chance und
nicht als ein unkalkulierbares Risiko ansehen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dirk Niebel [FDP]: Dann machen wir es doch!)


Es ist, nebenbei gesagt, fast genauso wie im Steuerrecht.
Wir haben da ja auch mittlerweile die Situation, dass nur
noch Experten mit diesem Steuerrecht überhaupt klar-
kommen. Diese sind dann allerdings in der Lage, die be-
rühmten Nischen zu finden, die wir noch nicht zuge-
macht haben.

Dank einer verbesserten Auftrags- und Beschäfti-
gungslage, die wir ja Gott sei Dank gemeinsam geschaf-
fen haben – ich bin sehr froh, jetzt Zahlen mitteilen zu
können, die gerade eben aus Nürnberg veröffentlicht
worden sind –, haben wir 409 000 Arbeitslose weniger
als vor einem Jahr – ein echter Beschäftigungsaufwuchs!
Ich freue mich gemeinsam mit unseren Partnern von der

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(C (D PD darüber, dass wir da ein ganzes Stück vorangekomen sind. Das ist nämlich eine zentrale Aufgabe für uns n diesem Hohen Hause. Der Antrag der FDP-Fraktion enthält aus meiner icht – das wird Sie vielleicht nicht überraschen – viele innvolle Schritte zur Modernisierung des Arbeitsrechts. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


ber einige Einzelheiten dieses Antrags könnte man
uch intensiv nachdenken. Aber – das ist kein Vorwurf
n die FDP – der Antrag ändert nichts an der Unüber-
ichtlichkeit und Kompliziertheit unseres Arbeitsrechts.
a müssen wir noch ein ganzes Stück weiterkommen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da legen wir noch nach!)


Was wir in Deutschland eigentlich brauchen, ist ein
roßer Wurf beim Arbeitsrecht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Eine große Leistung beginnt mit dem ersten Schritt, Herr Fuchs!)


s gibt in diesem Zusammenhang Gott sei Dank Bemü-
ungen, das zu verändern und ein einheitliches Arbeits-
ertragsgesetzbuch zu schaffen.


(Dirk Niebel [FDP]: Ihr habt doch die große Koalition!)


ch halte die Diskussion darüber für ausgesprochen
ichtig, Herr Kollege Niebel, ob man nicht die über
0 Gesetze, in denen heute das Arbeitsvertragsrecht ein-
chließlich des Kündigungsschutzrechts verstreut ist, in
inem Gesetz zusammenfasst. Das kann ja eigentlich nur
inn machen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ie Bertelsmann Stiftung hat eine entsprechende Kom-
ission eingesetzt und ein erster Arbeitsentwurf liegt

or. Damit sollten wir uns beschäftigen. Angesichts der
ielen in den letzten Jahren neu erlassenen Gesetze ist es
icherlich sinnvoll, hier ein vernünftiges Werk zu schaf-
en. Das könnten wir dann auch gemeinsam in Gang set-
en.

Meine Damen und Herren, es ist kein Geheimnis, dass
s zur Zukunft des Arbeitsrechts in diesem Hohen Hause
mmer unterschiedliche Auffassungen gegeben hat und
uch weiterhin geben wird. Die CDU/CSU-Bundestags-
raktion hat in der letzten Legislaturperiode einen Ge-
etzentwurf zur Vereinfachung des Arbeitsrechtes und
ur Modernisierung des Kündigungsschutzrechtes vorge-
egt. Leider – daraus mache ich jetzt auch keinen Hehl –
ibt es in der jetzigen Regierungskonstellation und auch
n den Koalitionsfraktionen hierüber keinen Konsens.

ir werden entsprechend der Koalitionsvereinbarung
ine Nachfolgeregelung für die sachgrundlose Befristung
on Arbeitsverträgen mit älteren Arbeitnehmern, die so
enannte 52er-Regelung, finden müssen. Ich gehe davon
us, dass wir im Zusammenhang mit der Initiative






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs
„50 plus“ des Arbeitsministers Müntefering jetzt einen
entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen werden, der die
Beschäftigungshemmnisse gerade für ältere Arbeitneh-
mer abbaut. Das muss unser Ziel sein.

Außerdem sollten wir bei dieser Gelegenheit einen
auf dem Jobgipfel im Jahr 2005 gemachten Vorschlag
aufgreifen. Da wurde vereinbart, das Verbot aufzuheben,
einen ohne sachlichen Grund ehemals befristet Beschäf-
tigten ein zweites Mal befristet einzustellen. Ich halte
das für sinnvoll. Es handelt sich um diese berühmte
Praktikantenregelung. Jemandem, der also einmal ein
Praktikum in einem Betrieb gemacht hat, eine befristete
Einstellung zu verwehren, halte ich für schlicht unsinnig.
Wir werden das hoffentlich gemeinsam angehen. Ich
denke, da besteht Konsens auf allen Seiten des Hauses.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Den Vorschlag der FDP, zwischen wiederholten Einstel-
lungen nur eine dreimonatige Frist vorzusehen, halte ich
für falsch. Hier sollten wir bei sechs Monaten bleiben,
wie wir es auf dem Jobgipfel diskutiert haben. Ich halte
es für sinnvoll, in diese Richtung zu gehen. Bei einer
Frist von nur drei Monaten ist mir die Gefahr, dass Miss-
brauch betrieben wird, einfach zu groß.


(Doris Barnett [SPD]: Ohne sachlichen Grund!)


Meine Damen und Herren, der Vorschlag aus dem
Koalitionsvertrag, anstelle der sachgrundlosen Befris-
tung eine neue Wartezeitoption einzuführen, hat sich
als nicht sinnvoll umsetzbar erwiesen. Unter anderem
hätten wir einen Sonderkündigungsschutz während einer
24-monatigen Warteoption aufgeben müssen, wenn man
die sachgrundlosen Befristungen durch eine solche Op-
tion hätte ersetzen wollen. Rechtlich gesehen wäre das
sehr schwierig geworden. Deswegen wird es so etwas
nicht geben. Wir müssen aber trotzdem an die 52er-Re-
gelung für ältere Arbeitnehmer herangehen. In diesem
Zusammenhang sollten wir auch über den Wegfall des
Verbots der Wiedereinstellung durch den gleichen Ar-
beitgeber diskutieren.

Wir werden darauf achten – das halte ich für sehr
wichtig –, ob und wie betriebliche Bündnisse für Ar-
beit im Rahmen der Tarifautonomie genutzt werden.
Auch das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart. Die
tarifvertragliche Öffnung ist für mich ein wichtiges Fle-
xibilisierungsinstrument bei unseren überregulierten
Märkten. Sie funktioniert aber immer noch nicht in allen
Branchen. Ehrlicherweise muss ich hier Gerhard
Schröder loben, der in seiner Agenda 2010 gerade diesen
Punkt aufgegriffen und gesagt hat, dass wir dann, wenn
keine vernünftigen Bündnisse für Arbeit entstehen, über
das Gesetz regeln müssen, dass solche Öffnungen er-
möglicht werden. Wir sollten daran herangehen und das
Ganze völlig emotionslos betrachten. Ich glaube, das
wird die große Koalition auch so tun.


(Zuruf von der FDP: Ha, ha!)


Meine Damen und Herren, ich habe eigentlich über-
haupt keine Lust, etwas zu dem zweiten Antrag, dem der
Linken, zu sagen.

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(C (D Man merkt, dass die Herrschaften noch nie in Betrieen gewesen sind, chon gar nicht in kleinen Betrieben. Sie, Herr Dreibus, aren vielleicht als Gewerkschaftssekretär der G Metall einmal bei irgendwelchen Betriebsratsseminaen. ber mit der wirklichen Arbeit haben Sie noch nie etwas u tun gehabt, sonst könnten Sie so einen Unfug gar icht erzählen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


(Dirk Niebel [FDP]: Das kann ich verstehen!)


(Lachen bei der LINKEN)


(Lachen bei der LINKEN)


Wenn Sie glauben, den Gewerkschaften ein Ver-
andsklagerecht bei sozial ungerechtfertigter Kündi-
ung geben zu müssen, frage ich mich, wer eigentlich
eststellt, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist:
ie Gewerkschaften in ihrer völligen Neutralität? Wie
oll das bitte gehen? Wir schaffen damit ein zusätzliches
ichterrecht, davon haben wir in Deutschland wahrlich
enug.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das Arbeitsrecht sollte ein Recht für Arbeit sein und
icht ein Recht gegen Neueinstellungen.


(Beifall des Abg. Heinz Lanfermann [FDP])


ir schützen oftmals aber diejenigen, die einen Job ha-
en. Aber noch effektiver schützen wir Arbeitslose da-
or, einen zu bekommen.

Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass weder
nser geltendes Recht noch die vorliegenden Anträge
iesem Ziel endgültig entsprechen und dass wir tiefer
reifende Veränderungen für ein vereinfachtes und
rundlegend modernisiertes Arbeitsrecht brauchen. In
em Sinne sollten wir vernünftig weiter zusammenarbei-
en.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605406600

Ich erteile dem Kollegen Josip Juratovic von der

PD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Josip Juratovic (SPD):
Rede ID: ID1605406700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle Jahre

ieder kommt der Kündigungsschutz auf die Tagesord-
ung. Die Mär, der Kündigungsschutz sei ein Beschäfti-
ungshemmnis, hält sich hartnäckig, besonders in den
eihen der Liberalen. Die Argumente der Liberalen,
arum der Kündigungsschutz aufgeweicht werden

ollte, sind bereits mehrfach widerlegt worden. Ich
erde das Gefühl nicht los, dass der immer wieder bei-






(A) )



(B) )


Josip Juratovic
nahe ideologisch thematisierte Kündigungsschutz nichts
anderes als Augenwischerei und Rechtfertigung der FDP
und einzelner Verbände für ihre Konzeptlosigkeit und
mangelnde Kreativität ist.

Aus meiner Erfahrung sind die Betriebe beschäfti-
gungspolitisch erfolgreich, die in Bildung, Qualifizie-
rung, Innovation und Organisation investieren, und vor
allem diejenigen, die ihr Kapital im Betrieb anlegen und
nicht in Villen und Yachten.


(Beifall bei der SPD)


Zu dem Antrag von PDS und Linken stelle ich fest:
Sie versuchen mit Versprechen, die an der Realität völlig
vorbeigehen, Punkte zu sammeln. Ihr vermeintlicher
Schutz älterer Arbeitnehmer würde in der Realität das
Gegenteil bewirken.

Dazu ein Beispiel aus der Praxis. Nehmen wir einen
Kleinunternehmer mit einem Mitarbeiter, der nach zehn
Jahren Betriebszugehörigkeit 55 Jahre alt ist, die Hälfte
seine Arbeitszeit krankheitsbedingt fehlt und erst mit
65 Jahren in Rente gehen kann: Bei Umsetzung Ihres
Antrages hätten wir nicht eine Beschäftigungssicherung,
sondern zwei Arbeitslose mehr, nämlich den Arbeitneh-
mer und den Arbeitgeber, da der Kleinunternehmer die
Belastung nicht mehr tragen könnte.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Heinz Lanfermann [FDP])


Es ist in der Tat so, dass das nur jemand fordern kann,
der keine Ahnung von betrieblicher Realität hat oder der
die Menschen mit der reinen Lehre beglücken will.


(Beifall bei der SPD)


Bei der Fülle hochrangiger Gewerkschaftsfunktionäre in
Ihren Reihen grenzt es übrigens an ein Wunder, dass sich
dieser Unsinn bis zum Antrag entwickeln konnte.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


Für uns ist der Kündigungsschutz mehr als nur ein
ökonomischer Wert oder ein betrieblicher Kostenfaktor.
Er gibt den Beschäftigten Sicherheit und Planungs-
möglichkeit. Eine Kündigung ist ein tiefer Eingriff in
das Leben eines Menschen, da der Arbeitsplatz die ein-
zige Quelle für seinen Lebensunterhalt ist. Außerdem ist
der Kündigungsschutz mehr als ein Schutz vor dem Ar-
beitsplatzverlust. Ohne Kündigungsschutz sind auch die
kollektiven Rechte aus der Betriebsverfassung kaum ein-
zufordern, ohne befürchten zu müssen, deshalb den Ar-
beitsplatz zu verlieren. Ein geringerer Kündigungsschutz
schürt nur Ängste.

Zu beiden Anträgen kann ich aus meiner 22-jährigen
Betriebserfahrung sagen: Die Menschen vor Ort sind
sehr sensibel. Viele bangen um ihren Arbeitsplatz; viele
sind bereits arbeitslos. Doch sie wissen, dass es in der
verstärkt globalisierten Welt keine Patentrezepte gibt.
Deshalb erwarten sie berechtigterweise von uns mehr
Seriosität und ein ernstes Herangehen an ihre Probleme.
Dies trägt zur Sicherheit bei. Diese Sicherheit motiviert
zum Konsum. Kauffreudigkeit stärkt die Beschäftigung.
Das ist das Ziel der großen Koalition.

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(C (D Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605406800

Ich erteile das Wort Kollegen Clemens Bollen, SPD-

raktion.


Clemens Bollen (SPD):
Rede ID: ID1605406900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Es ist für mich erstaunlich,
ie locker ein existenzielles Recht der Arbeitnehmerin-
en und Arbeitnehmer von der FDP-Fraktion zur Dispo-
ition gestellt wird.


(Beifall bei der SPD – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: So sind sie!)


as, was über Jahrzehnte als Schutz im Rahmen eines
ozialkonsenses in dieser Gesellschaft erkämpft worden

st, wird nun umgedeutet als Barriere. Die Menschen, die
rbeitslos sind und die nicht für den Abbau der Rechte
er Beschäftigten missbraucht werden wollen, und auch
ie Menschen, die Arbeit haben, fragen sich: Wo leben
igentlich die, die da jetzt diskutieren?

Alle wissenschaftlichen Untersuchungen – davon war
ereits die Rede; gestern legte das Institut für Öffentli-
he Wirtschaft und Personalwirtschaft der Universität
amburg die neuesten Ergebnisse einer Untersuchung
or – machen deutlich: Es gibt keinen relevanten Zusam-
enhang zwischen Einstellungsverhalten der Betriebe

nd Kündigungsschutz.

(Beifall bei der SPD)


arcus Allen, ein amerikanischer Soziologe, sagte sehr
chön: Manche leiden mehr unter ihren Vorstellungen als
nter der Wirklichkeit.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Die Hamburger Forscher haben erneut mit dem Vor-

rteil aufgeräumt, dass der Kündigungsschutz Ein-
tellungen verhindert. Im Gegenteil: Schon jetzt zeigt
er Arbeitsmarkt in Deutschland eine hohe Fluktuation.
Millionen Menschen wechseln jährlich den Arbeits-

latz. Man muss sich einmal vorstellen, was diese Mo-
ilität aufgrund des Arbeitsplatzwechsels für schul-
flichtige Kinder bedeutet! Arbeitnehmerinnen und
rbeitnehmer beweisen hohe Flexibilität und hohe Mo-
ilität. Arbeitnehmerrechte wie Kündigungsschutz und
itbestimmung unterstützen die Betriebsräte, wenn es

m die Vereinbarung von Sozialplänen geht. Dagegen
ind Abbau von Kündigungsschutz und Ausweitung von
efristeten Verträgen auch aus betriebswirtschaftlicher
icht – das sollte besonders die FDP interessieren – pro-
lematisch.

Vor wenigen Tagen ist eine neue Kölner Langzeitstu-
ie unter dem Titel „Die hohen Kosten der Angst“ veröf-
entlicht worden. Die Zahlen sind für alle, die Verant-
ortung tragen, in der Tat alarmierend und machen
eutlich, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in
nsicheren Arbeitssituationen eine dramatisch verrin-
erte Produktivität haben. Ihre prekäre Situation erfüllt
ie Menschen mit Zukunftsangst, wodurch sie gelähmt






(A) )



(B) )


Clemens Bollen
werden. Angst beeinträchtigt die Motivation, das Enga-
gement und die Kreativität. Dabei sind genau diese Fak-
toren für die Betriebe wichtig. Aus diesem Grunde ist
ein Drehen am Kündigungsschutz so gefährlich, wenn es
um das Mitziehen der Arbeitnehmer in den Betrieben
geht. Die Kölner Studie – diese Zahlen muss man sich
einmal vor Augen halten – beziffert den Produktivitäts-
verlust für die Wirtschaft zwischen 50 und 100 Milliar-
den Euro. Das muss alle alarmieren.

Wir dagegen wollen Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer, die sich bei ihrer Arbeit engagieren, die sich mit
ihren Betrieben identifizieren und die mit Einsatz und
Kreativität die Produktion und Verwaltung nach vorne
bringen. Was geht in einem Arbeitnehmer vor, der viel-
leicht morgen seinen Stuhl vor der Tür stehen hat? Wie
soll er sich engagieren? Was geht in einem Arbeitnehmer
vor, der nicht weiß, ob sein Vertrag verlängert wird? Um
dies alles zu verhindern, müssen wir uns für feste Ar-
beitsverhältnisse einsetzen und benötigen wir Arbeitneh-
merrechte und soziale Sicherheit.

Wir brauchen dies aber nicht nur aus betriebswirt-
schaftlichen Gründen, sondern auch für unsere Gesell-
schaft. Es wird die alternde Gesellschaft beklagt und
dass es immer weniger Familien mit Kindern gibt. Wir
brauchen eine familienfreundlichere Arbeitswelt. Die
Vorschläge der FDP führen zum genauen Gegenteil. Sie
behauptet, dass ältere und jüngere Arbeitnehmer von ei-
nem gelockerten Kündigungsschutz oder von befristeten
Arbeitsverträgen profitieren würden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist das!)


Ich frage Sie ganz ehrlich: Wie sollen jüngere Menschen
eine Familie gründen und ihre Zukunft planen, wenn sie
keine gesicherte wirtschaftliche Grundlage haben, auf
die sie sich verlassen können? Wer vom Praktikum zum
Kurzzeitjob und zum Zeitvertrag wandert, kann keine
Zukunft planen. Zukunftsangst und wirtschaftliche Unsi-
cherheit sind keine Grundlage für eine familiengerechte
Zukunft.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die „Generation Praktikum“ ist doch unter eurer Mehrheit entstanden!)


Deshalb bleibt festzuhalten: Der Antrag der FDP ist
beschäftigungspolitisch wirkungslos, betriebswirtschaft-
lich kontraproduktiv und sozialpolitisch nicht zu verant-
worten. Stattdessen müssen und werden wir in der gro-
ßen Koalition eine Balance zwischen der notwendigen
Flexibilität der Unternehmen und der ebenso notwendi-
gen sozialen und wirtschaftlichen Sicherheit für die Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer halten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605407000

Kollege Bollen, dies war Ihre erste Rede im Deut-

schen Bundestag. Herzliche Gratulation und alles Gute
für die weitere Arbeit!


(Beifall)


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(C (D Ich erteile nun das Wort Kollegen Andreas Steppuhn, PD-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her en! Die hier zur Beratung anstehenden Anträge der raktion der FDP und der Fraktion Die Linke zum hema Kündigungsschutz könnten wohl kaum unterchiedlicher ausfallen. Sie, meine Damen und Herren on der FDP, wollen den Kündigungsschutz gänzlich abchaffen. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von Herrn Steppuhn!)

Andreas Steppuhn (SPD):
Rede ID: ID1605407100

ravo, sage ich da nur; denn damit schärfen Sie erneut
eutlich Ihr Profil als arbeitnehmerfeindlichste Partei
eutschlands. Herr Kolb, ich schlage Ihnen deshalb vor,

hre Partei am besten gleich umzubenennen – ich habe
ir schon einen Namen ausgedacht –, und zwar in
FPD, in arbeitnehmerfeindlichste Partei Deutschlands,
m damit in Ihrem Namen gleich für alle erkennbar Ihre
rbeitnehmerfeindlichkeit zum Ausdruck kommen zu

assen.


(Beifall bei der SPD – Jörg Rohde [FDP]: Arbeitnehmerpartei! Sie haben das missverstanden!)


Ich kann Ihnen eines mit auf den Weg geben: Das
euern und Feuern von Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
ehmern ist mit uns Sozialdemokraten nicht zu machen.


(Beifall bei der SPD)


Im Übrigen empfehle ich an dieser Stelle, einen Blick
ach Italien zu werfen, wo man den Kündigungsschutz
ast vollständig abgeschafft hat und nunmehr feststellt
wir Sozialdemokraten haben das schon immer ge-
usst –, dass eine Lockerung des Kündigungsschutzes
änzlich ohne beschäftigungspolitische Wirkung bleibt.

Nun zu Ihnen, meine Damen und Herren vom ganz
inken Spektrum. Auch Ihr Antrag lässt jeglichen Reali-
ätssinn vermissen, obwohl auch ich finde, dass es beim
ündigungsschutz durchaus Verbesserungen geben
önnte. Den Menschen jedoch vorzugaukeln, im Him-
el sei Jahrmarkt, und mal eben pauschal all das zu for-

ern, was einem so einfällt, zeugt nicht unbedingt von
laubwürdigkeit, sondern hat schon etwas von Populis-
us.

Sie stellen Forderungen auf, die noch nicht einmal
on den Gewerkschaften zu hören sind. Da fordern Sie
um Beispiel – das ist ja an sich lobenswert – den abso-
uten Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer ab
5 Jahre und nach zehn Jahren Betriebszugehörigkeit.
oll ich Ihnen sagen, wie das werden würde, wenn wir
as so beschließen würden? Alle Unternehmen würden
ersuchen, ihren älteren Beschäftigten vor dem 55. Le-
ensjahr und vor dem Erreichen einer Betriebszugehö-
igkeit von zehn Jahren zu kündigen, da dies nach Über-
chreitung dieser beiden Zeitpunkte faktisch nicht mehr
öglich wäre. Die Folge wäre eine noch höhere Arbeits-

osigkeit älterer Arbeitnehmer.






(A) )



(B) )


Andreas Steppuhn

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Rohde [FDP]: Genauso ist das!)


Wir Sozialdemokraten wollen, dass ältere Arbeitnehmer
wieder mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, und
wollen sie nicht in die Arbeitslosigkeit treiben.

Dann fordern Sie, den Schwellenwert, also die Be-
schäftigtenzahl eines Unternehmens, ab der der Kündi-
gungsschutz einsetzt, gänzlich abzuschaffen, sodass die-
ser faktisch beim ersten Beschäftigten einsetzt.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605407200

Kollege Steppuhn, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Dreibus?


Andreas Steppuhn (SPD):
Rede ID: ID1605407300

Ja, gleich. Ich möchte diesen Gedanken noch zu Ende

bringen. – Meine Damen und Herren von der Linkspar-
tei, ich habe einmal nachgeschaut: So etwas hat noch
nicht einmal die alte DKP im alten wilden Westen gefor-
dert.


(Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU)


Bitte sehr, Herr Dreibus.


Werner Dreibus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605407400

Kollege Steppuhn, ist Ihnen bekannt, dass die Rege-

lung, die wir für ältere Beschäftigte ab dem 55. Lebens-
jahr und nach zehn Jahren Betriebszugehörigkeit im
Sinne eines Schutzes vor ordentlicher Kündigung – das
ist kein vollkommener Kündigungsschutz; ich hoffe,
dass Sie das wissen – vorsehen, bereits seit 40 bis
50 Jahren für Millionen von Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmern in Deutschland gilt, nämlich per Tarifver-
trag, und dass es in den Bereichen, in denen dies gilt,
beispielsweise in der Metall- und Elektroindustrie, sehr
viele Menschen gibt, die älter als 55 Jahre sind und einen
Arbeitsplatz haben?


Andreas Steppuhn (SPD):
Rede ID: ID1605407500

Das ist mir bekannt. Ich habe ja sehr deutlich gesagt,

dass auch wir Sozialdemokraten uns Verbesserungen
vorstellen können. Aber ich halte es für falsch, solche
Regelungen im Kündigungsschutzgesetz flächendeckend
in Deutschland einzuführen.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das unterscheidet uns!)


Das, was von FDP und der Linken in ihren Anträgen
formuliert worden ist, ist mehr als jenseits von Gut und
Böse. Deshalb bin ich froh, dass wir Sozialdemokraten
für einen wirksamen Kündigungsschutz von Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmern eintreten und dies auch ge-
genüber unserem Koalitionspartner beharrlich vertreten.

Wir Sozialdemokraten haben das Ziel, den Kündi-
gungsschutz weiterzuentwickeln, Beschäftigung zu för-
dern, die Schutzfunktion für bestehende Arbeitsverhält-
nisse nachhaltig zu sichern und die unbefristete
Beschäftigung gegenüber den befristeten Arbeitsverhält-
nissen zu stärken.

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(C (D Die großen Wirtschaftsverbände haben sich gegen das n der Koalitionsvereinbarung verankerte Vorhaben der achgrundlosen Befristung ausgesprochen. Die Geerkschaften lehnen diese Pläne wegen der Wartezeiterlängerung gänzlich ab. Wir stehen zum Kündigungschutz, wie er zurzeit existiert, und sind überhaupt nicht öse darüber, dass der in der Koalitionsvereinbarung iedergeschriebene Änderungswille nunmehr nicht umesetzt wird. Wir Sozialdemokraten sehen keine Veranlassung, den ündigungsschutz und das darin enthaltene Befristungs echt gegen den Willen der Sozialpartner in Deutschland u ändern. Eine erneute Debatte über Änderungen im ündigungsschutzgesetz und im Befristungsrecht würde ie Wirtschaft, aber auch die Arbeitnehmerinnen und rbeitnehmer verunsichern und den beginnenden Auf chwung am Arbeitsmarkt negativ beeinflussen. Wir haen in Deutschland einen Kündigungsschutz, der sich in er Vergangenheit bewährt hat, und dieses soll auch zuünftig so bleiben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen uf den Drucksachen 16/1443 und 16/2080 an die in der agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ind die Überweisungen so beschlossen. Es folgen nun eine ganze Reihe Abstimmungen. Ich rufe zunächst die Tagesordnungspunkte 35 a bis 5 o sowie Zusatzpunkt 2 auf: 5 a)


(Beifall bei der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605407600
Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der
Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft

– Drucksache 16/513 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur
Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften

– Drucksache 16/2703 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Rechtsausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung kraftfahrzeugsteuerlicher und autobahn-
mautrechtlicher Vorschriften

– Drucksache 16/2718 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro-
tokoll vom 1. Juni 2006 zur Änderung des am
29. August 1989 unterzeichneten Abkommens
zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und den Vereinigten Staaten von Amerika zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur
Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem
Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom
Vermögen und einiger anderer Steuern

– Drucksache 16/2708 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 30. September 2005 zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und der Re-
publik Belarus zur Vermeidung der Doppelbe-
steuerung auf dem Gebiet der Steuern vom
Einkommen und vom Vermögen

– Drucksache 16/2705 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 1. Dezember 2005 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Kirgisi-
schen Republik zur Vermeidung der Doppel-
besteuerung und zur Verhinderung von Steu-
erhinterziehungen auf dem Gebiet der Steuern
vom Einkommen und vom Vermögen

– Drucksache 16/2706 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

g) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 3. Mai 2006 zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und der Republik
Slowenien zur Vermeidung der Doppelbe-
steuerung auf dem Gebiet der Steuern vom
Einkommen und vom Vermögen

– Drucksache 16/2707 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

h) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur
Änderung des Aufbauhilfefondsgesetzes

– Drucksache 16/2704 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Haushaltsausschuss

(C (D i)

Jelpke, Sevim Dagdelen, Kersten Naumann,
Petra Pau und der Fraktion der LINKEN

Für die unbeschränkte Geltung der Men-
schenrechte in Deutschland
– Drucksache 16/1202 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

j) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, Horst
Meierhofer, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP

Europäische Bodenschutzstrategie durch eine
sachgerechte Klärschlammverwertung unter-
stützen
– Drucksache 16/1679 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

k) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Christel Happach-Kasan, Michael Kauch,
Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP

Biologische Kohlenstoffsenken für den Klima-
schutz nutzen
– Drucksache 16/2088 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

l) Beratung des Antrags der Abgeordneten Patrick
Döring, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-
Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP
Schienenanbindung des Jade-Weser-Port si-
cherstellen
– Drucksache 16/2091 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

m) Beratung des Antrags der Abgeordneten Patrick
Döring, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-
Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP
Modellversuch für Wassertaxen in Berlin star-
ten
– Drucksache 16/2519 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Tourismus






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
n) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Silke
Stokar von Neuforn, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN

Bessere Evaluierung der Anti-Terror-Gesetze

– Drucksache 16/2072 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

o) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Max
Stadler, Gisela Piltz, Ernst Burgbacher, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Evaluierung des Terrorismusbekämpfungsge-
setzes präziser gestalten

– Drucksache 16/2671 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Miriam
Gruß, Gisela Piltz, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Konkretes und tragfähiges Konzept zur Be-
kämpfung von Extremismus, Fremdenfeind-
lichkeit und Antisemitismus vorlegen und zeit-
nah umsetzen

– Drucksache 16/2779 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 36 a bis 36 t sowie
Zusatzpunkt 3 auf. Es handelt sich um die Beschlussfas-
sung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorgese-
hen ist.

Tagesordnungspunkt 36 a:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten
Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ver-
besserung der personellen Struktur beim Bun-
deseisenbahnvermögen und in den Unterneh-
men der Deutschen Bundespost

– Drucksachen 16/1938, 16/2476 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts-
ausschusses (8. Ausschuss)


– Drucksache 16/2789 –

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(C (D Berichterstattung: Abgeordnete Otto Fricke Georg Fahrenschon Bettina Hagedorn Roland Claus Anja Hajduk Der Haushaltsausschuss empfiehlt, den Gesetzenturf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte iejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, m das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beraung mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen ie Stimmen der anderen Fraktionen angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Der Gesetzentwurf ist mit den leichen Mehrheitsverhältnissen wie zuvor angenomen. Tagesordnungspunkt 36 b: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. August 2004 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ghana zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen, vom Vermögen und vom Veräußerungsgewinn – Drucksache 16/2254 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 16/2759 – Berichterstattung: Abgeordneter Manfred Kolbe Der Finanzausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf nzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzenturf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit en Stimmen des Hauses bei einer gewissen Unklarheit ei der FDP angenommen. (Heiterkeit – Dr. Volker Wissing [FDP]: Zustimmung!)


ur Erläuterung: Es gibt nur eine zweite Lesung, da es
in Vertragsgesetz ist.

Tagesordnungspunkt 36 c:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zu dem Abkommen vom 26. Oktober 2004
zwischen der Europäischen Union, der
Europäischen Gemeinschaft und der Schwei-
zerischen Eidgenossenschaft über die






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Assoziierung dieses Staates bei der Umset-
zung, Anwendung und Entwicklung des
Schengen-Besitzstands

– Drucksache 16/2255 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 16/2775 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ralf Göbel
Martin Gerster
Gisela Piltz
Ulla Jelpke
Silke Stokar von Neuforn

Der Innenausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf an-
zunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit
in zweiter Beratung mit den Stimmen des Hauses gegen
die Stimmen der Linksfraktion angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist mit der gleichen Mehrheit wie zuvor angenom-
men.

Tagesordnungspunkt 36 d:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss) zu der

– Verordnung der Bundesregierung

Fünfundsiebzigste Verordnung zur Ände-
rung der Außenwirtschaftsverordnung

– Verordnung der Bundesregierung

Einhundertfünfte Verordnung zur Ände-
rung der Ausfuhrliste

– Anlage AL zur Außenwirtschaftsverord-
nung –

– Drucksachen 16/1788, 16/1941 Nr. 2.1, 16/2459,
16/2548 Nr. 2.3, 16/2737 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Erich G. Fritz

Der Ausschuss empfiehlt, die Aufhebung der Verord-
nung der Bundesregierung zur Änderung der Außenwirt-
schaftsverordnung auf Drucksache 16/1788 nicht zu ver-
langen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen von CDU/CSU,
SPD und FDP bei Enthaltung der Linksfraktion und ge-
gen die Stimmen der Grünen angenommen.

Weiterhin empfiehlt der Ausschuss, die Aufhebung
der Verordnung der Bundesregierung zur Änderung der
Ausfuhrliste – Anlage AL zur Außenwirtschaftsverord-
nung – auf Drucksache 16/2459 ebenfalls nicht zu ver-

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(C (D angen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Be chlussempfehlung ist mit den Stimmen des Hauses bei nthaltung der Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 36 e: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Verordnung der Bundesregierung Verordnung über Stoffe, die die Ozonschicht schädigen (Chemikalien-Ozonschichtverordnung – ChemOzonSchichtV)


– Drucksachen 16/2209, 16/2548 Nr. 2.1, 16/2654 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Andreas Jung (Konstanz)

Heinz Schmitt (Landau)

Michael Kauch
Eva Bulling-Schröter
Sylvia Kotting-Uhl

Der Ausschuss empfiehlt, der Verordnung auf
rucksache 16/2209 zuzustimmen. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von
DU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Grü-
en und bei Enthaltung der Linksfraktion angenommen.

Tagesordnungspunkt 36 f:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu der
Verordnung der Bundesregierung

Erste Verordnung zur Änderung der Zweiund-
zwanzigsten Verordnung zur Durchführung des

(Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft)


– Drucksachen 16/2212, 16/2548 Nr. 2.2, 16/2655 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Andreas Jung (Konstanz)

Detlef Müller (Chemnitz)

Angelika Brunkhorst
Lutz Heilmann
Sylvia Kotting-Uhl

Der Ausschuss empfiehlt, der Verordnung auf
rucksache 16/2212 zuzustimmen. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
altungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
en des Hauses bei Enthaltung der Linksfraktion ange-

ommen.

Tagesordnungspunkt 36 g:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Hans-
Josef Fell, Winfried Hermann, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN

Verbrennung von Halmgut als Biobrennstoff
in Kleinfeuerungsanlagen neu regeln

– Drucksachen 16/1149, 16/2564 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Maria Flachsbarth
Marko Mühlstein
Angelika Brunkhorst
Hans-Kurt Hill
Hans-Josef Fell

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druck-
sache 16/1149 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Links-
fraktion und der Grünen angenommen.

Tagesordnungspunkt 36 h:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss) zu der Unterrichtung
durch die Bundesregierung

Vorschlag für eine Verordnung des Europäi-
schen Parlaments und des Rates über die
strukturelle Unternehmensstatistik

KOM (2006) 66 endg.; Ratsdok. 6715/06

– Drucksachen 16/1101 Nr. 2.5, 16/2575 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Christian Lange (Backnang)


Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
schlussempfehlung, die Unterrichtung zur Kenntnis zu
nehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen des Hauses bei unklarer
Abstimmungslage bei der Linksfraktion angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss, eine Entschließung anzunehmen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen des Hauses bei Enthaltung der Grü-
nen angenommen.

Tagesordnungspunkt 36 i:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu
der Unterrichtung durch die Bundesregierung

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur
Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003
im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehe-
sachen und zur Einführung von Vorschriften

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(C (D betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich KOM – Drucksachen 16/2555 Nr. 2.115, 16/2784 – Berichterstattung: Abgeordnete Ute Granold Dirk Manzewski Christine Lambrecht Mechthild Dyckmans Sevim Dagdelen Jerzy Montag Der Ausschuss empfiehlt, festzustellen, dass zu dem erordnungsvorschlag keine Bedenken hinsichtlich der emeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Subsidiarität nd der Verhältnismäßigkeit bestehen und im Übrigen er Verordnungsvorschlag einer späteren Befassung vorehalten bleibt. Wer stimmt für diese Beschlussempfehung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussmpfehlung ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 36 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses Übersicht 4 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht – Drucksache 16/2761 – Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Geenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung st einstimmig angenommen. Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 36 k bis 6 t. Es handelt sich um Beschlussempfehlungen des Peitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 36 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 87 zu Petitionen – Drucksache 16/2639 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 87 ist einstimmig angeommen. Tagesordnungspunkt 36 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 88 zu Petitionen – Drucksache 16/2640 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 88 ist mit den Stimmen es Hauses bei Ablehnung der Linksfraktion angenomen. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse Tagesordnungspunkt 36 m: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 89 zu Petitionen – Drucksache 16/2641 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 89 ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 36 n: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 90 zu Petitionen – Drucksache 16/2642 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 90 ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 36 o: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 91 zu Petitionen – Drucksache 16/2643 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 91 ist mit den Stimmen des Hauses bei Ablehnung der Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 36 p: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 93 zu Petitionen – Drucksache 16/2644 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 93 ist mit den Stimmen des Hauses bei Ablehnung der FDP angenommen. Tagesordnungspunkt 36 q: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 94 zu Petitionen – Drucksache 16/2645 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 94 ist mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen von Linksfraktion und Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 36 r: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 95 zu Petitionen – Drucksache 16/2646 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 95 auf Drucksache 16/2646 i n L t v d t v L g g n C n h w c g u m D k (C (D st mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Bündis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von FDP und inksfraktion angenommen. Tagesordnungspunkt 36 s: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 96 zu Petitionen – Drucksache 16/2647 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 96 ist mit den Stimmen on CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der drei aneren Fraktionen angenommen. Tagesordnungspunkt 36 t: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 97 zu Petitionen – Drucksache 16/2648 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 97 ist mit den Stimmen on CDU/CSU, SPD und FDP bei Ablehnung durch die inksfraktion und bei Enthaltung durch die Grünen anenommen. Zusatzpunkt 3: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Das Jahr 2008 zum „Internationalen Jahr der sanitären Grundversorgung“ der Vereinten Nationen ausrufen – Drucksache 16/2758 – Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dageen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist einstimmig angeommen. Ich rufe Zusatzpunkt 4 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Korruptionsverdacht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Rolle der Bundesregierung in diesem Zusammenhang Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin hristine Scheel, Fraktion des Bündnisses 90/Die Grüen, das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir aben eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragt, eil es vom BMF unterschiedliche und widersprüchli he Aussagen zu den Korruptionsfällen bei der BaFin egeben hat und weil wir der Auffassung sind, dass es ns Parlamentarier und Parlamentarierinnen umtreiben uss, wenn es in Behörden, die für den Finanzplatz eutschland äußerst wichtig sind, zu solchen Vorfällen ommt. Christine Scheel (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)





(A) )


(B) )

Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605407700




(A) )


(B) )


Es geht nicht nur um die Frage: Was ist in der Bun-
desanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht passiert?
Vielmehr geht es in diesem Zusammenhang immer auch
um die Frage: Wie steht es um die Reputation Deutsch-
lands in der Welt? Denn Korruption ist ein Krebsge-
schwür, das wir mit allen Mitteln bekämpfen müssen
und dem wir alle unsere größte Aufmerksamkeit und
Wachsamkeit schenken müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vertrauen kann nur durch völlige Transparenz und
Klarheit zurückgewonnen werden. Gerade deshalb ha-
ben wir uns sehr gewundert, dass die Spitze des BMF
noch in der letzten Woche in der Sitzung des Finanzaus-
schusses behauptet hat, vom Bericht des Prüfungsamtes
des Bundes vom März 2004 keine Kenntnis gehabt zu
haben.


(Florian Pronold [SPD]: Falsch!)


Dabei ist es doch nahe liegend, dass man Kenntnis von
diesem Bericht hatte. Denn nach eigenen Angaben hat
das BMF sowohl die Fach- als auch die Rechtsaufsicht.


(Florian Pronold [SPD]: Waren Sie denn gestern nicht im Finanzausschuss?)


Korruption in einer nachgelagerten Behörde ist nun ein-
mal keine Lappalie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Pronold [SPD]: Das ist eine Verdrehung der Tatsachen!)


Die BaFin ist als Finanzdienstleistungsaufsichts-
behörde gegenüber allen Banken, Versicherungen und
Finanzdienstleistern verantwortlich tätig. Wenn in ihrem
eigenen Hause über Jahre hinweg aufgrund mangelhafter
interner Finanzkontrollen Korruptionsfälle möglich wa-
ren, dann hat diese Finanzaufsichtsbehörde ein erhebli-
ches Glaubwürdigkeitsproblem.

Bereits im März dieses Jahres hat das Prüfungsamt im
internen Controlling erhebliche Schwachstellen erkannt.
Es hat festgestellt, dass die Auftragsvergabe der BaFin
mangelhaft kontrolliert und dass gegen vergaberechtli-
che Vorschriften verstoßen wurde. Daraufhin wurden
Prüfberichte der Innenrevision erarbeitet. Dann wurde
im Auftrag des BMF von Pricewaterhouse-Coopers ein
Gutachten angefertigt, in dem man im Grundsatz zu ge-
nau den gleichen Ergebnissen kam: dass die Richtlinie
der Bundesregierung zur Korruptionsbekämpfung nicht
rechtzeitig umgesetzt worden ist und die Behördenlei-
tung die Verwaltung nicht ausreichend kontrolliert hat.

In der gestrigen Sitzung des Finanzausschusses
konnte vonseiten des BMF immer noch nicht gesagt
werden, ob und, wenn ja, wann die Antikorruptionsricht-
linie in der BaFin umgesetzt wurde. Wir finden, so nach-
lässig darf man mit einem solch wichtigen Thema wie
der Korruptionsbekämpfung nicht umgehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D Als Parlamentarier und Parlamentarierinnen müssen ir uns schon fragen, warum das Prüfungsamt des Bunes vor zwei Jahren überhaupt einen Bericht angefertigt at. Er führte anscheinend zu keinerlei Konsequenzen. abei hätten alle Alarmglocken schrillen müssen. Die ebensrealität zeigt doch: Wo Rauch ist, ist in der Regel uch Feuer. Wie konnte es sein, dass ein Brand zwei ahre schwelt, ohne dass er entdeckt wird? Hier muss es ine Verantwortungslücke geben, die die mehrjährige orruption überhaupt erst möglich machte. Hierfür ist icht nur der Chef der BaFin verantwortlich, sondern uch das BMF hat eine gewisse Verantwortung dafür, ass solche Korruptionsfälle nicht auftreten. Wenn der jetzt angeklagte BaFin-Mitarbeiter sagt, es urde ihm leicht gemacht, ein Doppelleben in Saus und raus zu führen, fällt ein dunkler Schatten auf die Füh ung der Finanzaufsichtsbehörde. Auch die Innenreviion hat die verschiedenen Kontrollsysteme als entwickungsbedürftig bezeichnet. Sie hat moniert, dass die orgaben noch nicht umgesetzt worden seien. Das muss a wohl schon eine ganze Weile so gewesen sein. Desween muss man klar sagen: Wer andere kontrollieren uss, sollte wenigstens sein eigenes Haus bestellen kön en. Der Korruptionsbekämpfung muss der Stellenwert eigemessen werden, der ihr gebührt, um zukünftige rände von vornherein auszuschließen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wie lange waren Sie da drin, Frau Kollegin?)


Es geht nicht, dass die Führung des BMF erklärt:
ein Name ist Hase, ich weiß von nichts.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sind Sie als ehemaliges Mitglied heute Chefanklägerin?)


ch kann nur an die Leitung des BMF appellieren: Klä-
en Sie lückenlos auf, verschweigen Sie und beschöni-
en Sie vor allem nichts und tun Sie alles in Ihrer Macht
tehende, um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern!

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Martin Zeil [FDP] – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Vom Gremienmitglied zur Chefanklägerin! – Gegenruf der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 2003!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605407800

Das Wort hat jetzt der Kollege Otto Bernhardt von der

DU/CSU-Fraktion.


Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1605407900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Die kriminellen Machenschaften in dieser Bun-
esbehörde sind ein schlimmer Vorgang; darin stimmen
lle überein, die sich mit diesem Vorfall beschäftigen,
rau Kollegin Scheel. Die Frage, ob es gut ist, sich mit
inem so komplizierten Vorgang in einer Aktuellen
tunde zu beschäftigen, wo man sich nur fünfminuten-






(A) )



(B) )


Otto Bernhardt
weise damit auseinander setzen kann, kann ich nicht be-
antworten. Wir haben uns gestern im Finanzausschuss
ausführlich damit beschäftigt. Das ist der richtige Ort für
die Erörterung dieses Vorgangs. Dort kann man die ein-
zelnen Argumente besser würdigen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Jeder, der schon einmal eine größere Behörde oder
Firma geleitet hat, wird mir zustimmen, wenn ich sage:
Es gibt leider kriminelle Energien Einzelner. Die bekom-
men Sie durch das beste System nicht in den Griff; wir
lesen darüber jeden Tag etwas in den Zeitungen. Den-
noch: An eine Behörde, die das Finanzwesen beaufsich-
tigt, legen wir natürlich besonders strenge Maßstäbe an.

Nun müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass noch eine
Reihe von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen lau-
fen. Von daher ist keiner heute in der Lage, den Vorgang
abschließend zu beurteilen. Das war der Grund, warum
der Verwaltungsrat sich nicht in der Lage sah, zu einer
Entlastung zu kommen. Es liegt nichts vor, was einer
Entlastung im Wege stehen würde – das sage ich sehr
deutlich –, aber es laufen noch fünf Verfahren und es
können neue Aspekte hinzukommen.

Im Interesse des Finanzplatzes Deutschland können
wir alle nur daran interessiert sein, dass die Vorgänge
umfassend und möglichst schnell aufgeklärt werden.
Denn natürlich nehmen durch diese Diskussion der
Finanzplatz Deutschland, die Behörde und auch ihr Prä-
sident Schaden; das können wir gar nicht verhindern.
Andererseits wissen wir, dass die Finanzaufsicht in
Deutschland international einen guten Ruf hat; auch das
muss man in dieser Diskussion sagen. Es gibt eigentlich
niemanden, der hier irgendwelche fachlich-kritischen
Fragen stellt. Im Gegenteil, die Diskussion vor Ort läuft
ganz anders. Da heißt es eher, dass die Aufsicht ein biss-
chen zu viel arbeiten würde, wie so manche kleine Spar-
kasse oder Volksbank berichtet. Auch Sie werden davon
gehört haben.

Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf geeinigt,
generell über die Arbeit der BaFin zu sprechen, unab-
hängig von diesen unangenehmen Vorfällen. Im Moment
wird eine große Befragung durchgeführt, an der sich
nach meinen Informationen zwei Drittel der Kreditinsti-
tute beteiligen. Wir werden uns mit dem entsprechenden
Bericht, sobald er vorliegt, sicherlich ausführlich be-
schäftigen.

Hier wurden drei Institutionen zu einer zusammenge-
legt. Mit 1 000 Mitarbeitern fing das Ganze an, inzwi-
schen sind es 1 500. Wir haben der Behörde auch immer
neue Aufgaben übertragen, sodass es sicherlich Zeit ist,
sich mit dem Problem generell zu beschäftigen. Ich finde
es auch gut, dass wir in dieser großen Behörde inzwi-
schen einen besonderen Ausschuss eingerichtet haben,
nämlich einen Haushalts- und Kontrollausschuss, damit
sich einige wenige intensiver damit beschäftigen kön-
nen. Auch dies ist sicher ein richtiger Schritt.

Wir alle sind gut beraten – jeder Einzelne muss sich
daran messen lassen –, alles zu unterlassen, was dieser
Behörde Schaden in der Öffentlichkeit zufügt. Wir ha-

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(C (D en in Deutschland eine hervorragende Finanzaufsicht. m Gegensatz zu vielen anderen Ländern haben wir eine Probleme – von ganz wenigen Ausnahmen abgeseen – mit Banken, Versicherungen usw. Das ist sicher in Erfolg unserer guten Aufsicht. Wir müssen jetzt aufassen, dass wir nicht deshalb, weil einige wenige – drei der vier, vielleicht sind es auch nur zwei; von einem issen wir es schon – kriminelle Handlungen begangen aben, nach außen den Eindruck erwecken, in der Beörde gehe alles drunter und drüber. Das stimmt nicht. Insofern hoffe ich, dass uns in Kürze die abschließenen Berichte vorliegen, dass wir dann zu den notwendien Entscheidungen kommen und dass wir gemeinsam afür sorgen, dass wir in Deutschland eine gute Finanzienstleistungsaufsicht behalten. Herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Volker Wissing on der FDP-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir aben in den letzten Wochen immer wieder den Satz geört, dass Herr Sanio ein hervorragender Kapitalmarktxperte mit einer hervorragenden Fachkompetenz ist. iemand stellt die fachlichen Qualifikationen von Herrn anio infrage, am allerwenigsten die FDP. In dieser Affäre aber geht es um etwas ganz anderes. ier geht es um die Frage, wie glaubwürdig der oberste ankenkontrolleur sein kann, wenn er seine eigene Beörde nicht unter Kontrolle hat. ei dieser Frage geht es auch nicht nur um Rücktritt der kein Rücktritt von irgendwelchen Personen und uch nicht in erster Linie um Herrn Sanio, sondern es eht um das Ansehen des Finanzplatzes Deutschland. err Kollege Bernhardt, darauf haben Sie zu Recht hinewiesen. Das bisherige Verhalten der Bundesregierung in dieem Korruptionsskandal war allerdings alles andere als ilfreich. Erst wurde Herr Sanio kritisiert, dann teilweise emontiert und schließlich wieder rehabilitiert. hm wurde das Vertrauen ausgesprochen, die Entlastung urde ihm aber verweigert. Dieses wechselhafte Verhal en ist wenig professionell, Frau Staatssekretärin endricks. Mit diesem Krisenmanagement werden Sie en Aufgaben, die Sie haben – zum Beispiel auch Schaen vom Finanzplatz Deutschland abzuwenden –, nicht erecht. Dr. Volker Wissing Dabei steht das Finanzministerium in dieser Sache keinesfalls gut da. Es stimmt doch nachdenklich, dass die Staatssekretärin in der letzten Woche in die Sitzung des Finanzausschusses gekommen ist – wohl wissend, dass über die BaFin geredet werden sollte – und einfachste Fragen nicht beantworten konnte. (Florian Pronold [SPD]: Waren Sie in derselben Sitzung?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605408000
Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1605408100

(Florian Pronold [SPD]: Hört! Hört!)


(Beifall bei der FDP)


(Ortwin Runde [SPD]: Von wem?)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


Frau Hendricks konnte weder sagen, wann sie das erste
Mal von den Vorgängen erfahren hat, noch wusste sie,
ob das Ministerium überhaupt darüber informiert wor-
den ist. Das Bundesfinanzministerium brauchte sage und
schreibe eine Woche, um sich zu erinnern, dass es bereits
2004 von dem Gutachten des Prüfungsamtes in Koblenz
erfahren hat, in dem das mangelhafte Vertrags- und Ver-
gabemanagement der BaFin kritisiert wurde.


(Joachim Poß [SPD]: Die Sitzung war doch erst eine Woche später, Herr Kollege!)


Frau Staatssekretärin Hendricks, selbst damit sind Sie
erst herausgerückt, nachdem die Presse darüber berichtet
hatte.

In dieser Woche haben Sie uns erklärt, dass der zu-
ständige Referatsleiter versetzt und auch ein Personal-
wechsel in der Unterabteilung vollzogen wurde, was Sie
dem Parlament wiederum nur auf wiederholtes Nachfra-
gen mitgeteilt haben. Dann erklärten Sie uns noch, dass
das selbstverständlich nicht das Geringste mit den Vor-
fällen in der BaFin zu tun habe.


(Florian Pronold [SPD]: Weil der Referatsleiter damals noch nicht verantwortlich war!)


Es kommt noch toller. Frau Staatssekretärin
Hendricks hat uns auch noch versichert, es sei absolut in
Ordnung, dass der Bericht des Prüfungsamtes in Kob-
lenz aus dem Jahre 2004 den Schreibtisch des zuständi-
gen Referatsleiters nicht verlassen habe. Es gab keine
Information des Unterabteilungsleiters und keine Infor-
mation der Hausspitze. Wozu auch?


(Florian Pronold [SPD]: Waren Sie in derselben Sitzung wie wir?)


Es geht ja offensichtlich nur um kleine Unregelmäßig-
keiten. Was ist das schon? Einen Korruptionsverdacht
bei der nationalen Bankenaufsicht erledigt man in Ihrem
Hause offensichtlich auf Beamtenebene. Warum sollte
man damit auch die Politik belästigen?

Dass bei der Organisation der BaFin einiges nicht in
Ordnung war, steht außer Frage. Aber inzwischen ver-
mittelt auch der Finanzminister den Eindruck, dass die
Dinge in seinem Haus ganz schön durcheinander geraten
sind, und zwar just in der für die BaFin zuständigen Ab-
teilung.

Was in dieser Angelegenheit besonders bedauerlich
ist: Die Leitungsebene des Bundesministeriums der Fi-
nanzen will offenbar nichts davon wissen, wenn Prü-
fungsbehörden des Bundes Unregelmäßigkeiten bei der
BaFin feststellen. Sie wollen keine Kontrolle, weil Sie

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(C (D onst die Verantwortung übernehmen müssten. Aber wir erden Sie aus dieser Verantwortung nicht entlassen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie legen hier ein Desinteresse an den Tag, das ich er-
taunlich finde.


(Florian Pronold [SPD]: Das ist eine Brunnenvergiftung jenseits aller Tatsachen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605408200

Entschuldigen Sie, Herr Kollege Wissing. Herr Kol-

ege Pronold, Sie haben nachher das Wort. Dann können
ie Ihre Argumente vortragen. – Bitte schön.


(Nina Hauer [SPD]: Sie sollten es dem Redner überlassen, wie er mit Zwischenrufen umgeht! – Joachim Poß [SPD]: Das war nicht angemessen vom Präsidenten! Das war nicht in Ordnung!)



Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1605408300

Ich danke Ihnen, Herr Präsident.

Wenn Untersuchungsberichte des Bundesrechnungs-
ofs zu einer Angelegenheit der Arbeitsebene gemacht
erden – das haben Sie, Frau Hendricks, mit Ihrer Erklä-

ung gemacht –, dann ist das schon ein gefährliches In-
iz dafür, dass die politische Kontrolle der Verwaltung
ur noch eingeschränkt stattfindet. Rechnungshofbe-
ichte sind nicht irgendwelche Berichte. Sie sollen letzt-
ich verhindern, dass das Geld der Bürgerinnen und Bür-
er verschwendet wird. Das kann man, Frau
taatssekretärin Hendricks, nicht zur Angelegenheit der
rbeitsebene erklären.


(Beifall bei der FDP)


ie machen das frei nach dem Motto: Die Steuererhö-
ungen sind Chefsache und um die Ausgabenkontrolle
ümmert sich die Beamtenebene. Das darf es nicht ge-
en, schon gar nicht wenn es um Kritik an der Finanz-
ufsicht geht. Die Aufsicht der Bundesregierung kann
icht darin bestehen, dass sie ihre Beamten beauftragt,
arnhinweise einfach abzuheften, ohne die politische

ührung einzubinden.

Es ist bedauerlich, dass wir uns heute mit diesem
hema erneut auseinander setzen müssen. Ich bin mir
urchaus im Klaren, dass diese Debatte dem Ansehen
es Finanzplatzes Deutschland nicht förderlich ist. Aber
ie Verantwortung dafür, dass wir heute diese Aktuelle
tunde durchführen müssen, trägt nicht die Opposition.
ie Verantwortung liegt beim Finanzministerium, das

ich an der Aufklärung dieser Affäre bisher nicht gerade
urch aktive Unterstützung ausgezeichnet hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605408400

Für die Bundesregierung spricht jetzt die Parlamenta-

ische Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks.






(A) )



(B) )

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1605408500


Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Wo Rauch ist, ist auch Feuer, so hat eben Frau
Kollegin Scheel gesagt. Nach dem Motto „Es bleibt im-
mer etwas hängen“ verfahren in dieser Debatte bisher
Frau Kollegin Scheel und Herr Kollege Wissing, und
zwar wider besseres Wissen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir haben gestern und auch in der vergangenen Wo-
che im Finanzausschuss über diese Angelegenheit sehr
ausführlich debattiert. Ich hatte Sie, Herr Kollege
Wissing, eindringlich darum gebeten, Ihre Falschaus-
sage, die Sie heute wissentlich vor dem Plenum gemacht
haben, nicht zu wiederholen; denn ich habe Sie gestern
darauf hingewiesen, dass die Versetzung der beiden Be-
amten, die Sie ansprechen, nun wirklich gar nichts mit
dem Thema zu tun hat, weil nämlich beide Beamte in
dem fraglichen Zeitraum 2004 überhaupt nicht zuständig
waren.

Beide waren damals nicht in der entsprechenden
Funktion. Mit Bezug auf das, was Sie vortragen, kann es
überhaupt keinen Anlass geben, die Beamten jetzt zu
versetzen, wenn sie damals für ganz andere Tätigkeits-
felder verantwortlich waren. Der eine war zu der Zeit in
der Haushaltsabteilung und der andere war im Auftrag
des Bundesministeriums der Finanzen im außereuropäi-
schen Ausland tätig. Das habe ich Ihnen gestern erläu-
tert. Dadurch, dass Sie das heute wider besseres Wissen
wiederholen, missachten Sie die Fürsorgepflicht gegen-
über Beamten, die auch Sie als Bundestagsabgeordneter
haben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich nehme im Übrigen zu dem Thema der aufgedeck-
ten Veruntreuung bei der BaFin und den damit zusam-
menhängenden Fragen, soweit sie das Bundesministe-
rium der Finanzen betreffen könnten, Stellung. Ich will
dabei auf drei Punkte eingehen. Erstens: die Mitteilung
des Prüfungsamtes des Bundes Koblenz über die Prü-
fung der Auftragsvergaben der BaFin vom 10. März
2004. In diesem Zusammenhang werfen Sie uns Ver-
säumnisse vor. Dies ist aber kein Korruptionsfall, um das
ganz deutlich zu sagen. Zweitens: die Mitteilung des
Bundesrechnungshofes über die Prüfung der Jahresab-
schlussunterlagen 2003 der BaFin vom 4. Mai 2005.
Drittens: die Korruptionsrichtlinie, zu der ich gestern in
der Tat noch keine abschließende Auskunft geben
konnte. Sie werden sich vorstellen können, dass ein Mi-
nisterium über einen großen Aktenbestand verfügt.

Im Folgenden stelle ich den Ablauf der Bearbeitung
zu den beiden genannten Prüfungsmitteilungen dar, wie
er aus den im Bundesministerium der Finanzen vorlie-
genden Unterlagen ersichtlich ist.

Erstens: Mitteilung des Prüfungsamtes Koblenz aus
2004 zur Prüfung der Auftragsvergaben. Das Prüfungs-
amt Koblenz hat der BaFin und dem Bundesministerium
der Finanzen mit Schreiben vom 7. Juli 2003 die Prü-
fung der Auftragsvergaben der BaFin angekündigt. Am
10. März 2004 übersandte das Prüfungsamt Koblenz die

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(C (D itteilung über die Prüfung der Auftragsvergaben der aFin an die BaFin. Das Prüfungsamt bat die BaFin, inerhalb von drei Monaten zu den Prüfungsfeststellungen tellung zu nehmen. Zeitgleich wurde dem BMF der bdruck der Prüfungsmitteilung mit der Bitte um Kenntisnahme übersandt. Der Eingang des Schreibens wurde m 17. März 2004 im Referat Z A 3 registriert. Das Reerat Z A 3 in unserer Zentralabteilung ist im BMF die entrale Eingangsstelle für Prüfberichte des Bundesrechungshofes. Von dort wurde die Prüfungsmitteilung am 5. März 2004 an das für die Rechtsund Fachaufsicht ber die BaFin zuständige Referat VII B 1 n der Zwischenzeit eine Umstrukturierung gegeben hat, ie aber nicht aus aktuellem Anlass erfolgt ist, sondern hnehin erfolgen sollte, um das deutlich zu machen – it der Bitte um Kenntnisnahme weitergeleitet. Dies ist er übliche Kommunikationsweg zwischen Referaten hne Hierarchieeinbindung. Im Referat VII B 1 6. März 2004 vom damaligen Referatsleiter mit der ragestellung abgezeichnet, ob die Prüfungsmitteilung n der Sitzung des Verwaltungsrates der BaFin am 8. Mai 2004 behandelt werden sollte. Auf der Tagesrdnung dieser Verwaltungsratssitzung war der Punkt Berichte des Bundesrechnungshofs“ allgemein vorgeehen. Dem Wortprotokoll und der Niederschrift zur bereffenden Verwaltungsratssitzung ist zu entnehmen, ass die Mitteilung des Prüfungsamtes Koblenz in der itzung am 18. Mai 2004 nicht angesprochen wurde. Al erdings hatte, wie sich aus einer Anlage zum am . Mai 2006 in Auftrag gegebenen Bericht von Pricewaterouse-Coopers ergibt, die Innenrevision der BaFin für as Büro der Leitung der BaFin eine Hintergrundinforation mit einem Vorschlag für den Sprechbeitrag zur itzung des Verwaltungsrats am 18. Mai 2004 gefertigt. as heißt, die BaFin war auf diesen Tagesordnungsunkt vorbereitet. Er wurde aber nicht abgehandelt. Soweit aus den Akten ersichtlich, wurde die Prüungsmitteilung des Prüfungsamtes Koblenz auch nicht n der Verwaltungsratssitzung verteilt. Es bestand zu der eit Unklarheit, ob der Bundesrechnungshof durch die atzung verpflichtet werden kann, seine Berichte dem erwaltungsrat zur Verfügung zu stellen. Der Bundes echnungshof vertrat die Auffassung, dass keine gesetzichen Verpflichtungen bestünden, dem Verwaltungsrat uzuarbeiten; er könne auch nicht durch die Satzung azu verpflichtet werden. Die Lösung bestand in einer Änderung der Satzung on 2004. Zu diesem Zeitpunkt bestanden unterschiedlihe Rechtsauffassungen, die durch die Satzung einerseits nd die Bundeshaushaltsordnung andererseits ausgerückt wurden. Deshalb musste die Satzung 2004 geänert werden, um sie mit der Bundeshaushaltsordnung in inklang zu bringen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Stelungnahmefrist für den Präsidenten noch nicht abgelauen war und der Präsident – wie sich später herausstelle – die Absicht hatte, den Empfehlungen des Bundesechnungshofes zu dessen Zufriedenheit zu entsprechen. Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks Mit Schreiben vom 28. Oktober 2004 teilte der Bundesrechnungshof unter Bezugnahme auf die mit Schreiben des BaFin-Präsidenten vom 7. Juni 2004 beschriebenen Maßnahmen den Abschluss des Prüfverfahrens mit. Den gesamten Vorgang „Prüfungsamt Koblenz“ verfügte der damals neu für die BaFin zuständige Leiter des Referates VII B 1 am 27. Juli 2004 zu den Akten. Am 3. August 2004 – nach Ablauf der vom Prüfungsamt der BaFin eingeräumten dreimonatigen Frist zur Stellungnahme – bat das Referat VII B 1 die BaFin per E-Mail um Übersendung ihrer Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung. Daraufhin sandte die BaFin ihre gegenüber dem Prüfungsamt abgegebene Stellungnahme des Präsidenten vom 7. Juni 2004 am 10. August 2004 an das Referat VII B 1. Die Stellungnahme des Präsidenten schließt mit der Feststellung, dass „damit dann alle Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Durchführung der Vergabeverfahren uneingeschränkt geschaffen“ seien. Aufgrund dieses Ergebnisses hat ein weiterer Kontakt zwischen BMF und BaFin in dieser Sache nicht mehr stattgefunden. Ich weise an dieser Stelle darauf hin, dass die erwähnte Feststellung des Präsidenten auch Ausdruck seiner Gesamtverantwortung für die Organisation seiner Behörde ist. Diese Organisationshoheit des Präsidenten ist im Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz verankert. Wie ausgeführt, bestätigte der Bundesrechnungshof mit Schreiben vom 28. Oktober 2004, mit dem der Abschluss des Prüfverfahrens bekannt gegeben wurde, die Auffassung des Präsidenten. Zu Punkt eins – Prüfungsamt Koblenz – möchte ich abschließend hervorheben, dass in der Prüfungsmitteilung empfohlen wird, wie die Mängel abgestellt werden können. Ein strafrechtlicher Bezug wurde vom Prüfungsamt selbst nicht hergestellt. Insofern konnte und musste der zuständige Referatsleiter davon ausgehen, dass es sich um einen Routinevorgang handelt, der keine Leitungsbefassung erforderte. Es wurde ganz offenbar auch kein Korruptionsvorwurf erhoben; denn die Prüfungsfeststellungen wurden zur Zufriedenheit des Bundesrechnungshofes im Oktober abgeschlossen. Wenn also irgendjemand hier oder später gegenüber der Öffentlichkeit noch einmal behauptet, dass dies irgendetwas mit Korruption zu tun gehabt haben könnte, tut er dies wider besseres Wissen und entgegen der Wahrheit. Darauf mache ich ausdrücklich aufmerksam. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Zweitens: Mitteilung des Bundesrechnungshofs vom
4. Mai 2005 über die Prüfung der Jahresabschlussunter-
lagen des Jahres 2003. Mit Schreiben vom 4. Mai 2005
hat der Bundesrechnungshof dem zuständigen Referat
im Bundesministerium der Finanzen die Mitteilung über
die Prüfung der Jahresabschlussunterlagen 2003 der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht mit der
Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Bundesrech-
nungshof regt darin zum Prüfungsschwerpunkt „IT-Aus-
gaben“ an, dass die BaFin die Entwicklung der IT-Aus-
gaben stärker überwacht, Abweichungsanalysen erstellt

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(C (D nd im Bedarfsfall die Leitung bzw. das Aufsichtsorgan ntsprechend unterrichtet. Der zuständige Leiter des Referates VII B 1 schrieb ie Prüfungsmitteilung im Hinblick auf eine vorgeseene Befassung des Verwaltungsrates am 24. Mai 2005 u den Akten. Es war vorgesehen, dass ein Vertreter des undesrechnungshofes unter anderem zur Prüfung der ahresrechnung 2003 vorträgt. Da dieser Vertreter des undesrechnungshofes aus terminlichen Gründen nicht eilnehmen konnte und zudem das kontradiktorische erfahren noch nicht abgeschlossen war, wurde auf Vorchlag des Verwaltungsratsvorsitzenden die Aussprache uf die Herbstsitzung 2005 vertagt. In der Herbstsitzung am 17. November 2005 verzichete der Verwaltungsrat auf den Vortrag zur Prüfung der ahresrechnung 2003. Dies ist aus Sicht des Bundesmiisteriums der Finanzen auch deswegen gerechtfertigt, eil der Bundesrechnungshof zuvor, am 26. September 005, der BaFin und zeitgleich dem Bundesministerium er Finanzen zum Prüfungsschwerpunkt „IT-Ausgaben“ olgendes mitgeteilt hatte – ich zitiere –: Wir hatten festgestellt, dass die Planansätze einzelner IT-Titel stark von den Istausgaben abwichen. Wir hatten daher angeregt, dass die BaFin die Entwicklung der Ausgaben stärker überwacht und angemessene Abweichungsanalysen erstellt. Sie hatten erläutert, dass erst nach Aufstellung des Haushalts 2003 die genauen IT-technischen Rahmenbedingungen des wesentlich für diese Abweichungen verantwortlichen Verfahrens KONAN bekannt wurden. Frau Kollegin Hendricks, ich darf Sie unterbrechen. ie haben die nach der Geschäftsordnung zulässige Zeit berschritten. Wenn Sie weitersprechen, kann eine Frakion einen Antrag auf Eröffnung der Aussprache stellen. s liegt in Ihrer Hand, das zu entscheiden. D Das ist mir klar. Ich frage die Fraktionen, ob sie jetzt ine vollständige Aufklärung wünschen oder nicht. (Otto Bernhardt [CDU/CSU]: Ja! – CarlLudwig Thiele [FDP]: Das ist Ihre Entscheidung! Aber es ist okay!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605408600
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1605408700

Gut.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605408800

Dann fahren Sie bitte fort. Ihre Redezeit wird dann

on der Redezeit der Kollegen aus der SPD-Fraktion ab-
ezogen.

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Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1605408900

Herr Präsident, ich bitte darum, vor dem Hintergrund

er Geschäftsordnung zu prüfen, ob es unterbleiben
ann, meine Redezeit von der eines Kollegen aus meiner






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks
Fraktion abzuziehen; denn offenbar sind die Fraktionen
an einer vollständigen Aufklärung meinerseits interes-
siert. Zudem wurde insbesondere von den Oppositions-
fraktionen bemängelt, dass es bislang keine vollständige
Unterrichtung gebe. Mir liegt also daran, eine vollstän-
dige Unterrichtung zu geben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605409000

Frau Kollegin, diese Vollmacht habe ich nicht. Die

Geschäftsordnung und die Vereinbarung über die Rede-
zeit sehen das vor. Ich muss die Zeit abziehen.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1605409100


Ich fahre mit dem Zitat aus der Mitteilung des Bun-
desrechnungshofes fort:

Aufgrund der gemachten Erfahrungen wurden be-
reits diverse Maßnahmen ergriffen, um die Qualität
und Belastbarkeit zu optimieren.

Zusammenfassend stellt der Bundesrechnungshof fest:

Wir befürworten, dass Sie bereits erste Maßnahmen
umgesetzt haben und auf die weitere Umsetzung
noch offener Punkte achten wollen. Der Bundes-
rechnungshof wird sich über die noch offenen
Punkte bzw. über die Wirksamkeit bereits umge-
setzter Maßnahmen in späteren Prüfungen infor-
mieren.

Im Übrigen kann ich darauf hinweisen, dass auch
Kollegin Christine Scheel dem Verwaltungsrat der BaFin
für den Zeitraum Juli 2002 bis 31. Dezember 2003 ange-
hörte. Wie ausgeführt, befasste sich die Prüfungsmittei-
lung des Bundesrechnungshofes auch mit den IT-Ausga-
ben. Das IT-Rahmenkonzept ist Teil der ergänzenden
Unterlagen für jede Haushaltsplanung, zusammen mit
Erläuterungen zum Haushaltsplan selbst und Erläuterun-
gen zum Personalhaushalt für das jeweilige Kalender-
jahr. Der Entwurf des Haushaltsplans mit umfangreichen
Angaben zum IT-Haushalt ging und geht jedem Verwal-
tungsratsmitglied und stellvertretenden Mitglied recht-
zeitig vor der Herbstsitzung als Unterlage zur Sitzungs-
vorbereitung zu. Der Verwaltungsrat ist nach § 4 Abs. 1
Nr. 1 der Satzung zur Feststellung des Haushaltsplans
berufen. Mir ist nicht bekannt, dass Kollegin Christine
Scheel in ihrer Funktion als Verwaltungsratsmitglied den
IT-Rahmenplan kritisch hinterfragt hätte.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zu drittens, Korruptionsrichtlinie. Die Richtlinie vom
7. Juli 2004, die nach wie vor gültig ist, wurde mit
Schreiben vom 30. August 2004 von dem in der Zentral-
abteilung im Bundesministerium der Finanzen zuständi-
gen Referat Z A 7 an alle Abteilungen des BMF zur
Kenntnisnahme und gegebenenfalls zur Bekanntgabe im
Geschäftsbereich des BMF gesandt. Die Kopie des da-
raufhin in das damals für die Rechts- und Fachaufsicht
zuständige Referat gelangten Schreibens hat der dama-

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(C (D ige Referatsleiter zu den Akten verfügt. Eine darüber hiausgehende Bearbeitung ergibt sich aus diesem Schrifttück nicht. In der BaFin wurde die Richtlinie spätestens m 14. Oktober 2004 durch Information der Ansprechartner für die Korruptionsbekämpfung bekannt geacht. So viel zu den bisher offenen Punkten. Ich gehe davon us, dass damit alle Fragen beantwortet sind, die mögliherweise gestern in der Finanzausschusssitzung noch ffen geblieben sein könnten, auf die man sich im Zweielsfall aber natürlich nicht vollständig und umfassend orbereiten kann, weil man nicht auf jede Idee kommen ann, die ein Kollege haben könnte. Insofern bitte ich, ir das nicht als Versäumnis vorzuhalten. Antworten auf ragen, die ich in einer Sitzung nicht beantworten kann, eil zu ihrer Beantwortung die Akten benötigt werden, erden entweder schriftlich oder mündlich in der nächs en Sitzung nachgetragen. Dies ist Übung und das weren wir auch in diesem Verfahren so halten. Ich bitte, ies nicht als Missachtung des Parlamentes zu betrachen. Herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Axel Troost von er Fraktion Die Linke. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Betrug uss bekämpft werden, Vetternwirtschaft muss beämpft werden, völlig klar. Wenn es Betrug, Vetternwirtchaft oder gar Fälle von Bestechung gab, müssen die erantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. as ist genauso selbstverständlich. Wenn die Bundesreierung Kenntnis von solchen Machenschaften bei der aFin hatte und nicht angemessen gehandelt hat, dann üssen – das ist auch klar – auch die dortigen Verantortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Der Veraltungsrat der BaFin muss sich fragen, was vielleicht n seiner eigenen Arbeit zu verbessern ist. Das werden lle Mitglieder dieses Hauses unterschreiben. Das ist, so eine ich zumindest, völlig selbstverständlich. Über Selbstverständliches zu reden, ist aber etwas angweilig. Daher lassen Sie mich zu einem Punkt komen, der für mich nicht so selbstverständlich ist. Ich erde den Verdacht nicht los, dass einige die Unregeläßigkeiten in der BaFin nutzen, um eigene Ziele zu erfolgen, Ziele, die deutlich weiter gehen, als bloß die ktuellen Betrugsfälle aufzugreifen. ch will ganz konkret werden. Es tobt eine Diskussion arüber, ob Teile der Finanzaufsicht nicht besser der undesbank zuzuordnen sind. In einer Umfrage haben ie Banken erst kürzlich mehrheitlich gesagt, und zwar öllig unabhängig von den aktuellen Betrugsfällen: Wir, ie Banken, wollen lieber, dass die Bundesbank Aufga Dr. Axel Troost ben der BaFin übernimmt. – Ich aber sage: Die Bundesbank ist eine undemokratische Behörde. Die Banken wollen, dass diese undemokratische Behörde mehr Kontrollaufgaben bekommt. Das will ich nicht. Ich will, dass wir als Parlament, dass wir als Volksvertreter wenigstens einen minimalen Einfluss auf die Institution ausüben können, die die Finanzmärkte der größten Volkswirtschaft Europas kontrolliert. (Beifall bei der LINKEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Und dann zum Volkseigentum entwickeln!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
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(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
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(Zuruf von der SPD: Da hat er Recht!)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


Die BaFin untersteht der Fachaufsicht durch das
BMF. Natürlich, die aktuellen Fälle zeigen: Es gibt da
möglicherweise Probleme. Vieles muss verbessert wer-
den. Es gibt aber zum Beispiel auch die Möglichkeit,
Herrn Sanio durch den Verwaltungsrat nicht zu entlas-
ten. Obwohl das zunächst einmal streng juristisch ge-
nommen ohne weitere Konsequenzen bliebe, ist das we-
nigstens eine kleine demokratische Einflussmöglichkeit,
und das ist besser als gar nichts.

Die Bundesbank ist dagegen nach einer vollkommen
anderen Philosophie aufgebaut. Sie ist für uns das Mus-
terbeispiel einer Expertokratie. Sie ist das Musterbei-
spiel einer Behörde, die sich die Aura des – ich sage das
ganz bewusst – scheinbar neutralen Expertentums gibt.
Sie ist das Musterbeispiel einer Behörde, die sogar stolz
darauf ist, dass sie gegen Einflüsse aus der Politik völlig
immun ist.

Wir sagen dagegen: Die Finanzaufsicht muss nicht
nur effizient und kostengünstig sein. Sie muss nicht nur
transparent und ohne Mauscheleien arbeiten. Sie muss
– das ist uns wichtig – auch demokratisch kontrollierbar
sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir brauchen eine transparente und demokratisch kon-
trollierte Finanzaufsicht.

Ich will ergänzen: Wir brauchen die BaFin als starke
Kontrollbehörde, die die internationalen Finanzmärkte
einigermaßen in den Griff bekommt, die die zunehmen-
den Risiken, Verwerfungen und Probleme auf diesen
Märkten – auch einmal durch unbequeme Regulierungs-
vorschläge – in den Griff zu bekommen versucht.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg. Ortwin Runde [SPD])


Gerade hier hat sich die BaFin unter Herrn Sanio ver-
dient gemacht. Sanio war es, der öffentlich gesagt hat,
dass Hedge-Fonds die schwarzen Löcher des Weltfi-
nanzsystems sind. Sanio ist es, der ausdrücklich weitere
weltweite Regulierungen der Hedge-Fonds fordert.

Wir brauchen also die nahtlose Aufklärung all dieser
Fälle. Es ist aber auch notwendig – das will ich zum
Schluss ansprechen –, dass der Aufsichtsrat sich auch
mit sonstigen Fällen in der BaFin beschäftigt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Der Verwaltungsrat!)



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(C (D Entschuldigung, der Verwaltungsrat. – Es scheint in er BaFin ein – ich sage es einmal ganz vorsichtig – och recht eigenartiges Klima zwischen Behördenleiung und Beschäftigten zu herrschen. Man wird auf erksam, wenn man Vokabeln wie „Kriegserklärung“ ört, wenn der Vorwurf der Vorzugsbehandlung engerer itarbeiter im Raum steht und wenn der Vizebehörden hef die Beschäftigten gar als „Nieten“ bezeichnet. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Der PDS ist das alles unbekannt!)


er Verwaltungsrat hat eigentlich die Aufgabe, einmal
enauer hinzusehen und darauf hinzuarbeiten, dass es
ur vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Behör-
enleitung und Personalrat kommt. Das ist eine Forde-
ung, die immerhin Gesetzesrang hat.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord neten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605409400

Das Wort hat jetzt der Kollege Georg Fahrenschon

on der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1605409500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Wir erleben jetzt, was die Fraktionen der Grünen
it der Beantragung dieser Aktuellen Stunde erreicht

at: Mittlerweile sprechen wir über das Demokratieprin-
ip bei der Deutschen Bundesbank. Wenn man einmal
on der ausführlichen Darstellung der Bundesregierung
bsieht – sie war notwendig und gut –, dann erkennt
an, dass diese Debatte zur Aufklärung nichts beitragen
ird.
Lieber Herr Troost, die Bundesbank ist unabhängig

nd das ist gut so.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das nimmt der Kollege aber nicht zur Kenntnis!)


ch glaube, die überwiegende Mehrheit der deutschen
evölkerung ist mit dem Wirken der Notenbanker in
eutschland zufrieden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Da soll Herr Troost doch wenigstens zuhören!)


Man kann und man soll an dieser Stelle nichts be-
chönigen. Für eine Aufsichtsbehörde und zumal für die
ankenaufsicht gibt es wohl kaum etwas Schlimmeres
ls einen Fall von Veruntreuung in Millionenhöhe im ei-
enen Haus. Aber man darf an dieser Stelle auch nicht
ergessen: Dieser Fall wurde aufgedeckt, und er hat sich
n der Beschaffung, nicht in der Aufsicht abgespielt.


(Ortwin Runde [SPD]: Richtig!)

eshalb ist es schon verwunderlich, was die Fraktion der
rünen auf der Basis eines typischen Mix aus pauscha-

en Verdächtigungen einerseits und wilden Spekulatio-
en andererseits hier aufbereitet. Es ist auch der Situa-
ion unangemessen.






(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon
Meine sehr geehrte Kollegin Scheel, Korruption be-
deutet im strafrechtlichen Sinne Bestechlichkeit. Der
Fall, mit dem wir uns beschäftigen müssen, ist Untreue.
Das hat mit Korruption im engeren Sinne nichts zu tun.
Dass die Grünen eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema
veranlassen, ist deshalb mehr als verwunderlich: Es ist
ein Stück weit unverantwortlich. Denn als Vorsitzende
des Finanzausschusses


(Florian Pronold [SPD]: Ehemalige!)


wissen Sie sehr genau: Es gibt genügend andere Wege,
das nachvollziehbare Informationsbedürfnis der Opposi-
tion zu befriedigen.


(Ortwin Runde [SPD]: Sehr richtig!)


Dass aber gerade die Fraktion, die noch bis vor einem
Jahr in der Regierungsverantwortung stand und mit Ih-
nen, Frau Scheel, auch noch die Vorsitzende des Finanz-
ausschusses stellte, auf diesem Wege heute Fragen nach
der Rolle der Bundesregierung in einer Zeit stellt, in der
sie selbst in der Regierungsverantwortung war, das mu-
tet schon mehr als seltsam an.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Eigentlich wäre es heute an uns, Ihnen Fragen zu stel-
len, meine Damen und Herren von der grünen Fraktion.
Wo waren denn Ihre Initiativen im Verwaltungsrat? Wo
haben Sie denn die Haushaltspläne infrage gestellt oder
hinterfragt? Wie haben Sie sich denn mit den Prüfungs-
meldungen auseinander gesetzt?

Werte Kollegin Scheel, ich erspare mir hier, gerade
unter der Überschrift „Korruption“ auf Nebengeräusche
einzugehen, die es im Zusammenhang mit Ihrem Rück-
tritt als Verwaltungsratsmitglied der BaFin aus Ihrer ei-
genen Fraktion Ende des Jahres 2003 gegeben hat.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Was soll das jetzt? Das hat doch mit dem Verwaltungsrat der BaFin nichts zu tun!)


– Ich kann Ihnen zum Stichwort „Korruption“ aus der
„Süddeutschen Zeitung“ vom 2. Dezember 2003 vorle-
sen:

Die Grünen stören sich plötzlich an Nebentätigkei-
ten ihrer Finanzexpertin Christine Scheel … Beirat
Barmenia, Verwaltungsrat Deutsche Ausgleichs-
bank, Beirat Hamburg-Mannheimer, Aufsichtsrat
Nürnberger Krankenversicherung …


(Zuruf von der SPD: Eine stattliche Liste!)


Das war Ausgangspunkt der Niederlegung Ihres Sitzes
im Verwaltungsrat der BaFin. Es hieß, das könne gege-
benenfalls ein schlechtes Licht auf Ihre fachliche Arbeit
werfen.

Bei der BaFin scheint es sich um einen besonders gra-
vierenden Fall von krimineller Energie mit immensen
Ausmaßen zu handeln. Doch das muss eigentlich nicht
unser politisches Thema sein. Unser politisches Thema
muss vielmehr sein: Was tut die BaFin jetzt, damit so et-
was in Zukunft nicht wieder passieren wird? Nur dann,

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(C (D enn die BaFin in Zusammenarbeit mit dem Bundesfianzministerium schnell und konsequent effektive Konrollmechanismen entwickelt, die dann auch funktionieen und greifen, wird das Ansehen des Finanzund vor llem des Aufsichtsplatzes Deutschland gewahrt bleien. In diesem Zusammenhang sind die Rolle und die ukunft einzelner Personen eigentlich von untergeordeter Bedeutung. Ein erster wichtiger Schritt ist die Einrichtung eines aushaltskontrollund Prüfungsausschusses, ie sie auf Initiative der CDU/CSU am Dienstag in der itzung des Verwaltungsrats der BaFin beschlossen urde. Der zweite Schritt ist die Auswertung der Ergebnisse es Gutachtens von Pricewaterhouse-Coopers. Der dritte Schritt besteht darin, dass man auf der Bais dessen, was man sofort einleiten kann, ein Bündel on Maßnahmen schnürt, die nach Auffassung der Prüer, PwC, des Bundesrechnungshofs und der Vertreter er Branchen, die Mitglieder des Verwaltungsbeirats tellen, geeignet sind, die Probleme zu lösen. Das haben ir am Dienstag bereits auf den Weg gebracht. Zu den ergriffenen Maßnahmen zählen ein zentrales ertragsmanagement, neue Zeichnungsbefugnisse und ine anders organisierte Innenrevision. Des Weiteren ind Änderungen der Aufbauund der Ablauforganisaion vorgesehen. So werden zum Beispiel verschiedene uständigkeiten in einer neuen Hauptabteilung zusamengefasst und ein integrales internes Kontrollsystem eschaffen. Herr Fahrenschon, kommen Sie bitte zum Schluss. Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Das, meine Damen und Herren von der grünen Frakion, ist der Unterschied zwischen Ihrem Beitrag und em Beitrag der unionsgeführten Regierung: Wir haneln sofort und im Sinne des Finanzplatzes. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605409600
Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1605409700


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605409800

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Gerhard Schick

om Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich

öchte erst kurz sagen, um was es uns nicht geht. Es
eht uns nicht darum, heute die fachliche Arbeit der






(A) )


)

Dr. Gerhard Schick
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als Fi-
nanzdienstleistungsaufsicht zu bewerten.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Darum geht es ja auch nicht!)


Das werden wir im Rahmen des Evaluierungsberichtes
tun. Ich möchte das strikt trennen. Das sind zwei Paar
Stiefel.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Richtig!)


Uns geht es heute darum, welche Rolle die Bundesre-
gierung


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist eure Regierung gewesen!)


im Zusammenhang mit den Unregelmäßigkeiten bei der
BaFin gespielt hat, um nichts anderes.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ist das jetzt die Nachbetrachtung der eigenen Regierung?)


Es ist die Frage gestellt worden, warum es heute eine
Aktuelle Stunde dazu gibt. Wenn ein Thema dieser Be-
deutung für den Finanzplatz Deutschland in den Medien
und in allen Gesprächen in der Branche eine zentrale
Rolle spielt, dann kann es doch nicht daneben sein, es
auch im Parlament zu diskutieren. Da möchte ich ein
paar Vorwürfe ganz eindeutig zurückweisen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Fachausschuss ist auch Parlament, Herr Kollege)


– Ja, auf diesen Punkt, Herr Dautzenberg, möchte ich ge-
rade jetzt als Zweites eingehen.

Im April 2006 sind die Korruptionsfälle aufgeflogen.
Daraufhin wurde noch einmal ein Gutachten vom BMF
in Auftrag gegeben. Etwa Mitte September ist die Sache
presseöffentlich geworden, wie auch immer das zustande
kam, über ein Mitglied des Verwaltungsrates oder je-
mand anderen. Wenn meine Fraktion dann am 20. Sep-
tember im Finanzausschuss konkrete Fragen zu diesem
Fall stellt, dann darf ich doch wohl erwarten, dass die
Antworten, die das Finanzministerium uns auf diese zen-
tralen Fragen gibt, besser vorbereitet sind als die, die wir
bekommen haben. Es ist ja nicht so, als wäre dieses
Thema am 20. September zum ersten Mal virulent ge-
worden. Da war es schon viele Tage in der Presse. Intern
ist ja offensichtlich auch die Brisanz des Falles erkannt
worden, sonst hätte man ja nicht extra ein Wirtschafts-
prüfergutachten in Auftrag gegeben.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Natürlich kann es immer sein, dass man noch mal eine
Antwort auf eine gezielte Nachfrage nachreichen muss;
das ist nicht der Punkt. Wenn aber ein Thema schon wo-
chenlang klar ist, in den Medien groß diskutiert wurde
und auf der Tagesordnung des Finanzausschusses steht,
dann erwarte ich, dass auch entsprechende Antworten
gegeben werden. Sie selbst hätten die Aktuelle Stunde
von heute überflüssig machen können, wenn Sie von
Anfang an intern intensiv recherchiert und den Aus-
schuss entsprechend informiert hätten.

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(C (D nsofern möchte ich dem Kollegen Wissing, der davon prach, dass er den Eindruck habe, hier herrsche ein geisses Desinteresse vor, durchaus Recht geben. Ein Spiel darf nicht stattfinden, nämlich dass man etzt alles in Richtung BaFin abschiebt. Natürlich ist es ichtig, von Herrn Sanio zu fordern, darzulegen, welche onsequenzen er intern zu ziehen gedenkt. Natürlich ist as völlig richtig – Herr Fahrenschon hat diese Punkte ja chon aufgezählt –, was im Verwaltungsrat beschlossen urde. Aber entschuldigen Sie bitte: Es geht nicht nur m die BaFin. In den Grundsätzen über die Ausübung er Rechtsund Fachaufsicht des Finanzministeriums ist anz eindeutig festgelegt, dass das Finanzministerium ie politische Verantwortung für die Tätigkeit der BaFin rägt. Diese ist nicht auf irgendwelche großen Vorhaben ingeschränkt, sondern für die gesamte Tätigkeit der aFin trägt das Finanzministerium die politische Verantortung. Deswegen kann es nicht nur um die Frage gehen, die ie gestellt haben, Herr Fahrenschon, was die BaFin tut, ondern auch um die Frage, die wir als Grüne stellen, ämlich was das BMF tut. Hier interessiert uns besoners, welche Voraussetzungen geschaffen werden, damit, enn in Zukunft etwas passiert – ich stimme Herrn ernhardt ausdrücklich zu, dass wir nicht verhindern önnen, dass etwas passiert –, sichergestellt ist, dass die nformationen rechtzeitig an die richtige Ebene gelanen, dass unverzüglich gehandelt und reagiert wird und ass die Umsetzung von vorhandenen Richtlinien auch echtzeitig erfolgt. In Ihr Es handelt sich um eine solche Vielzahl, ass man sie nicht darstellen kann. Das nehme ich so zur enntnis. Sie haben aber zum anderen auch gesagt: Die msetzung wird im Einzelfall von der Bundesregierung icht geprüft. Das haben Sie in Bezug auf die allgemeien wie auch auf die speziellen Richtlinien und Anweiungen, die einschlägig für die BaFin sind, gesagt. Wenn ie Umsetzung von entsprechenden Vorgaben nicht berprüft wird, möchte ich wissen, wie das BMF die echtsund Fachaufsicht, die im Finanzdienstleistungsufsichtsgesetz festgelegt ist, eigentlich wahrnimmt. Das iskutieren wir hier. Deshalb weise ich die Vorwürfe, ass wir hier unverantwortlich eine Aktuelle Stunde bentragt haben, zurück. Zum Schluss möchte ich noch einmal aus dem Koaliionsvertrag zitieren: Die Rechtsund Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen … ist zu verstärken. as haben Sie selber niedergelegt. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sehen Sie mal! Das ist der Unterschied zu Rot-Grün!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1605409900

(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Sehr gut!)


(B)







(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Schick
Da kann es doch nicht falsch sein, dass wir aus aktuel-
lem Anlass hier fragen, wie die Koalition genau dieses
Vorhaben als Konsequenz aus den Fällen, die derzeit in
der Presse diskutiert werden, umzusetzen gedenkt.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605410000

Das Wort hat die Kollegin Nina Hauer von der SPD-

Fraktion.


Nina Hauer (SPD):
Rede ID: ID1605410100

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Herr Schick, Sie machen mir Spaß! Sie reden hier
darüber, dass Sie gar nicht die Aufsicht und die Qualität
der Aufsicht infrage stellen oder öffentlich thematisieren
wollen, und dann beantragt Ihre Fraktion eine Aktuelle
Stunde zu Themen, die wir auch im Ausschuss viel sach-
licher und sachgemäßer miteinander hätten behandeln
können. Sie haben Nerven! Sie zünden an und sagen hin-
terher, Sie wollen beim Löschen dabei sein. Die Argu-
mentation, die Sie hier vortragen, ist nicht konsistent.

Wir haben 2002 in der rot-grünen Regierungszeit die
Allfinanzaufsicht gemeinsam gegründet, um den Finanz-
platz zu stärken. Wenn man sich anschaut, wie wir inter-
national dastehen, auch was die Wertschätzung gegen-
über unserer Aufsicht angeht, denke ich, dass es uns
auch gelungen ist, diesen Finanzplatz damit zu stärken.

Die FDP-Fraktion macht immer wilde Vorschläge zu
mehr Altersversorgung in Hedge-Fonds. Das zeigt
schon, wie notwendig es ist, dass wir eine Aufsicht ha-
ben, die ihre Qualität vor allem aus ihrer Seriosität und
Transparenz bezieht.

Ich finde, dass wir an dieser Stelle auch einmal sagen
können, dass unser oberster Aufseher, der Leiter der All-
finanzaufsicht, zu diesem internationalen Ruf beigetra-
gen hat. Denken Sie einmal daran, was wir bei den Ver-
handlungen zu Basel II für den deutschen Mittelstand
erreicht haben. Da haben wir als Bundestag zweimal den
Verhandlungsführer Jochen Sanio aufgefordert, sich da-
für einzusetzen, dass wir international bessere Bedin-
gungen für unsere kleinen Unternehmen aushandeln.
Das ist gelungen. Sie wissen selber – das brauche ich Ih-
nen nicht zu sagen –, dass es ein hartes Pflaster auf dem
Markt gibt, auf dem er dort verhandelt hat. Da brauchen
wir jemanden von internationalem Rang. Ich denke, des-
halb müssen wir zwischen dem, was die Qualität und die
Aufgabe der Aufsicht angeht, und dem, was am Ende in
dieser Behörde vor sich geht, unterscheiden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Es ist ganz offensichtlich so, dass die Leitung einer
deutschen Behörde, die nach unseren Verwaltungsvor-
stellungen auch ihre Tücken hat, nicht gleichzeitig so
mit der Aufsicht über einen hochdynamischen Markt in
einer Person zusammengeht, wie wir uns das wünschen.
Nicht umsonst hat deshalb der Verwaltungsrat am Diens-
tag – ich denke, zu Recht – beschlossen, dass wir sagen:

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(C (D ir haben Vertrauen in die Fähigkeiten und in den Wilen der Leitung der Aufsicht, genau diese beiden Kultuen so zusammenzubringen, dass es möglich ist, internaionaler Finanzaufseher zu sein und gleichzeitig dafür zu orgen, dass eine Behörde gut funktioniert. Dafür ist es notwendig, dass wir im Verwaltungsrat, ber auch hier im Parlament noch einmal darüber reden, ie diese Behörde aufgestellt sein muss, wie ihre Struk ur sein muss, nicht nur ihr internes Kontrollsystem. Mit ontrollsystemen und verschiedenen Zeichnungen sind ir immer schnell dabei. Aber die vierfachen Durch chläge von vierfachen Prüfberichten werden am Ende uf dem internationalen Finanzmarkt wenig ausrichten. itarbeiter, die sich in diesem Bereich einer ständigen ontrolle unterworfen sehen, werden die Leistungen, die ir von ihnen brauchen, und die Selbstständigkeit und ie Freiheit, Entscheidungen zu treffen, wahrscheinlich uch nicht auf einmal bringen können. Deshalb müssen ir alle gemeinsam – dafür tragen wir auch Verantwor ung – dafür Sorge tragen, dass unsere Behörde so gut unktioniert, dass sie sorgfältig geleitet werden kann, ass Mitarbeiter Verantwortung und Freiheit in gleichem aße haben und wir auch ein Prinzip zwar nicht der berwachung, aber der sorgfältigen Überprüfung des en, was gezeichnet wird, haben. Gleichzeitig muss der ochdynamische Markt von jemandem beaufsichtigt erden können, der die Zeit und auch die Freiheit hat, as zu tun. Ich denke, das ist eine Aufgabe, die wir geeinsam haben, und eine Konsequenz, die wir aus die en Vorgängen ziehen müssen. Liebe Frau Scheel, Sie waren selber bis Ende 2003 itglied im Verwaltungsrat. Ihnen ist auch nicht aufge allen, wie sich der Haushalt an dieser Stelle im IT-Beeich entwickelt. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil der ja erst in dem Jahr eingesetzt wurde!)


elbst wenn wir den Prüfbericht früher gesehen hätten
was wir als Verwaltungsrat gar nicht gemusst hätten –,

age ich Ihnen: Wir hätten die kriminelle Energie, die
inter diesen Machenschaften steckt, nicht entdecken
önnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


eshalb sollten wir selber hier nicht so tun, als ob wir
icht auch die Aufgabe hätten, unsere Finanzmarktauf-
icht zu schützen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605410200

Frau Kollegin Hauer, kommen Sie bitte zum Schluss.


Nina Hauer (SPD):
Rede ID: ID1605410300

Ich denke, es ist richtig, zu sagen, wir haben Ver-

rauen, wir haben auch unsere eigene Verantwortung,
ber wir müssen unserem Finanzmarkt auch dadurch ge-
echt werden, dass wir hier in der öffentlichen Debatte
eutlich machen, dass wir eine gute Aufsicht haben. Wir
ollen diese Aufsicht und wir brauchen sie auch, damit






(A) )



(B) )


Nina Hauer
unser Markt im internationalen Wettbewerb bestehen
kann.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605410400

Das Wort hat der Kollege Leo Dautzenberg von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall des Abg. Otto Bernhardt [CDU/CSU])



Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1605410500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Der deutsche Finanzmarkt
braucht eine leistungsstarke Bundesanstalt für Finanz-
dienstleistungsaufsicht mit glaubwürdigen Persönlich-
keiten an ihrer Spitze.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Tatsache steht für mich über allen Fragen, die wir
heute diskutiert haben und die wir sicherlich auch noch
in den nächsten Tagen und Wochen weiter diskutieren
werden.

Der aktuelle Untreueverdacht bei der BaFin ist ein
ernstes Thema, mit dem sich der Finanzausschuss inten-
siv und sehr kritisch befassen muss. Darüber besteht
überhaupt kein Dissens. Ob aber eine Aktuelle Stunde
am heutigen Tage dafür der richtige Rahmen ist, meine
Damen und Herren von der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen, wage ich jedoch zu bezweifeln. Zu der Frage,
ob Sie der richtige Antragsteller für diese Aktuelle
Stunde waren, haben Kollege Fahrenschon und andere
schon einiges gesagt. Frau Kollegin Scheel, es ist schon
kurios, wie Sie sich hier vom Gremiumsmitglied zur
Chefanklägerin entwickeln.

Gerade weil das Thema ernst ist, hätte ich mir eher
eine sachorientierte Selbstbefassung im Ausschuss ge-
wünscht, sobald die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft
– das wird voraussichtlich im Oktober der Fall sein – ab-
geschlossen sind. Ich persönlich werde mir meine
abschließende Meinung zu dem gesamten Fall und der
Person Sanio jedenfalls erst nach Abschluss der Ermitt-
lungen bilden.

Dennoch ist es richtig – das haben die Beiträge in den
letzten Minuten deutlich gemacht –, dass wir bereits
heute nach der Sitzung des Verwaltungsrates am Diens-
tag und nach Vorlage des gestrigen und auch des heuti-
ge
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1605410600
erstens zu den Konse-
quenzen, welche die BaFin als Organisation aus den kri-
minellen Machenschaften ziehen muss, und zweitens zur
Rolle des Bundesministeriums der Finanzen in der Frage
der Rechts- und Fachaufsicht.

Lassen Sie mich zunächst in aller Kürze auf die Rolle
des Finanzministeriums eingehen. Auch hier – das muss
man der Vollständigkeit halber sagen – fehlen mir letzt-
lich noch einige Informationen, um die Rolle des

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(C (D inanzministeriums – wohlgemerkt: zur Zeit der rot-grüen Regierung – umfassend beurteilen zu können. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


eswegen werde ich mich heute noch nicht abschlie-
end positionieren.

Ebenso wenig werde ich mich an den Verschwörungs-
heorien von Teilen der Opposition, die hier geäußert
urden, beteiligen. Wir wissen heute nur, dass ein Mit-

rbeiter des Finanzministeriums bereits im Jahr 2004
ber Unregelmäßigkeiten bei der BaFin informiert war.
araus gleich eine Verstrickung der politischen Leitung

n den gesamten Fall zu konstruieren, liegt mir fern und
st auch abwegig.

Auf dem Stand der aktuellen Informationen kann ich
ir heute also kein abschließendes Urteil über ein Fehl-

erhalten des damaligen Finanzministeriums erlauben.
ür die Zukunft kann ich mir aber durchaus vorstellen,
ass wir das Ministerium durch eine stärkere Rechts-
nd Fachaufsicht mit dafür in die Pflicht nehmen. Das ist
er erklärte politische Wille, wie im Koalitionsvertrag
usdrücklich dargelegt. Aber heute sind erst andere Fra-
en aufzuwerfen.

Neben der besseren Rechts- und Fachaufsicht sind die
ontrollmechanismen bei der BaFin selbst in den Vor-
ergrund zu stellen. Dafür hat Herr Sanio vorgestern
em Verwaltungsrat geeignete Maßnahmen vorgeschla-
en: erstens die Einrichtung eines zentralen Vertragsma-
agements; zweitens die Neuordnung der Innenrevision
nd der Zeichnungsbefugnisse – es ist nämlich mit Blick
uf die Außenwirkung nur schwer nachvollziehbar, dass
on der Bankenaufsicht das Sechsaugenprinzip verlangt
ird, aber intern in manchen Bereichen noch nicht ein-
al das Vieraugenprinzip angewendet wird – und drit-

ens die Verbesserung des internen Kontrollsystems. Ich
rwarte von der Leitung der BaFin, dass diese Maßnah-
en zügig und konsequent umgesetzt werden.

Ebenso unterstütze ich die Forderung des Verwal-
ungsrates, dass die Innenrevision Herrn Sanio direkt un-
erstellt wird. Darüber hinaus ist auch die Initiative der
nion durch ihre Vertreter im Verwaltungsrat umgesetzt
orden, über den Haushaltskontroll- und Prüfungsaus-

chuss mit dazu beizutragen, dass Fehlentwicklungen
esser vorgebeugt werden kann. Aber gegen kriminelle
achenschaften sind auch die beste Organisation und

ie beste Leitung manchmal nicht gefeit.

Für die zweite Bedingung wurde bei der Verwaltungs-
atssitzung am Dienstag der Grundstein gelegt. In den
ereichen der Ablauforganisation sollen Verbesserungen
rzielt werden, damit Fehlentwicklungen vorgebeugt
ird.

Insgesamt geht es – ich komme zum Schluss – nicht
ur um die Zukunft der BaFin. Es geht nicht nur darum,
b unter Umständen im Finanzministerium Fehlleistun-
en festzustellen sind. Unsere Zielsetzung muss viel-
ehr sein, dass die Funktionsfähigkeit unseres Finanz-
arktes und unseres Finanzplatzes weiterhin in guten






(A) )



(B) )


Leo Dautzenberg
Händen ist und zur Verbesserung unserer gesamten wirt-
schaftlichen Situation beitragen wird.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605410700

Das Wort hat jetzt der Kollege Jörg-Otto Spiller von

der SPD-Fraktion.


Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1605410800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der Verwaltungsrat der BaFin hat sich am
Dienstag vom Präsidenten Sanio vortragen lassen, welche
organisatorischen Maßnahmen er bereits durchgesetzt
und welche weiteren Umstrukturierungen er eingeleitet
hat, um nach menschlichem Ermessen Vorkommnisse,
zu denen es bedauerlicherweise und unentschuldbar
gekommen ist, für die Zukunft auszuschalten. Der Bun-
desrechnungshof und die Wirtschaftsprüfungsgesell-
schaft Price Waterhouse waren vertreten. Beide haben
die Maßnahmen, die der Präsident erläutert hat, als ange-
messen und sachgerecht bezeichnet. Deswegen hat der
Verwaltungsrat sein Vertrauen in die Amtsführung des
Präsidenten ausgedrückt.

Der Kollege Fahrenschon hat völlig zu Recht unter-
strichen, dass die Vorkommnisse, um die es sich hier
handelte, nicht die Aufsichtsfunktion der BaFin betrof-
fen haben. Es handelte sich vielmehr um Unkorrekthei-
ten und in einem Falle offensichtlich um wirklich krimi-
nelle Machenschaften bei Beschaffungsvorgängen. Das
ist ein Unterschied. Dass der Verwaltungsrat das Ver-
trauen in die Amtsführung des Präsidenten bekundet hat,
hängt damit zusammen, dass Präsident Sanio mit seinen
Mitarbeitern in den schwierigen Jahren nach dem
11. September 2001, als die Finanzmärkte international,
aber auch in Deutschland an mehreren Stellen empfind-
lich getroffen waren, eine hervorragende Arbeit geleistet
hat.

Herr Wissing, Sie haben vorhin mit einem gewissen
Hochmut, der Ihnen vielleicht angemessen erscheint, die
Bemerkung gemacht, dass so etwas nicht passieren darf.
Das stimmt. Es darf eigentlich nicht sein. Es gibt manch-
mal zu viel Vertrauen. Gegen kriminelle Machenschaf-
ten oder auch große Schlampereien war allerdings selbst
die FDP-Fraktion nicht gefeit,


(Ortwin Runde [SPD]: Was? Das kann doch gar nicht sein!)


als sie vor einiger Zeit Schwierigkeiten mit ihren Finan-
zen hatte. Auch die FDP als Partei hat mit solchen Din-
gen – das ist nicht sehr lange her – zu kämpfen gehabt;
das kann man natürlich nicht Ihnen persönlich vorwer-
fen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aber die BaFin hätte jeden Vorstand hinausgeschmissen!)


Ich würde aber ein bisschen vorsichtiger sein, wenn der
Leiter einer preußischen Behörde unterstellt, dass die
Mitarbeiter zunächst einmal von Anstand geleitet sind.

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(C (D as ist auch in aller Regel der Fall. Es gibt einige weige, die das Vertrauen gelegentlich missbrauchen. Um as zu verhindern, brauchen wir entsprechende Struktuen. Aber Hochmut ist nicht angemessen. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Es geht auch nicht um Hochmut!)


Ich sage noch einmal: In der Aufsichtsfunktion hat
ie BaFin eine hervorragende Rolle gespielt. Dies soll
ie auch weiter tun.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605410900

Das Wort hat jetzt der Kollege Florian Pronold von

er SPD-Fraktion.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Der hat es sich auch so genommen!)



Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1605411000

Ich durfte hier ja keine Zurufe machen. – Herr Präsi-

ent! Sehr geehrte Damen und Herren! Für mich ist
chon aufschlussreich, was hier veranstaltet wird. Denn
n den zwei letzten Finanzausschusssitzungen gab es
ine sehr ausführliche Darstellung der Vorkommnisse,
nd dies weitergehend, als es hier möglich ist.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist das! Und nicht abschließend!)


a sind alle bestehenden Fragen geklärt worden.

Herr Wissing hat wider besseres Wissen falsche Be-
auptungen aufgestellt und Vermischungen unterschied-
icher Dinge vorgenommen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Welche denn? – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Welche denn, Herr Pronold?)


arum muss man eines deutlich machen: Die Prüfungs-
itteilung aus dem Jahr 2004 hat keinerlei Anhaltspunkt

afür enthalten, dass es kriminelle Machenschaften ge-
eben hat.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wer hat die denn erstellt?)


er zuständige Referatsleiter im BMF hat diese Prü-
ungsmitteilung von der BaFin erhalten. Er hat seine
echts- und Fachaufsicht ausgeübt und bei der BaFin
achgefragt, was denn mit dem Vorgang sei. Die BaFin
at darauf dem Prüfungsamt und auch dem BMF als
echts- und Fachaufsicht geantwortet. Danach hat das
rüfungsamt den Vorgang für erledigt betrachtet. Jetzt
ird der Vorwurf in den Raum gestellt: Warum hat der
eferatsleiter dieses nicht an die Leitung des Hauses
eitergegeben? Aus der Sicht des Jahres 2004 war der
organg ordnungsgemäß und im Rahmen der üblichen
erfahrensweisen abgehandelt. Da gibt es nichts hinein-
ugeheimnissen und es können auch keine Schuldzuwei-
ungen in Richtung BMF konstruiert werden.

Unterschlagungen mit gefälschten Rechnungen bei
oftware sind auch nicht so einfach aufzudecken. Denn
iejenigen, die das kontrollieren, müssen fragen: Ist die






(A) )



(B) )


Florian Pronold
Software da? Wo ist sie denn? – Das ist ja vom Prü-
fungsamt gemacht worden; diese Auskunft ist eingefor-
dert worden. Die Antwort wurde immer wieder verscho-
ben. Nach den formalen Kriterien, die bis dahin auch für
die Beschaffung gegolten haben, ist das Vieraugenprin-
zip bei diesem Vorgang eingehalten worden. Es ist noch
nicht einmal ein objektiver Systemfehler festzustellen.
Der Fehler in Bezug auf das Vieraugenprinzip liegt bei
der betreffenden Person und bei der Weisungsabhängig-
keit. Aber daraus kann man doch nicht im Nachhinein
einen Vorwurf konstruieren; das war ja im Jahr 2004
überhaupt nicht ersichtlich.

Man sollte auch nicht die Entschuldigungen, die der
Täter jetzt öffentlich vorbringt, dass man es ihm nämlich
leicht gemacht habe – das sagt er, um Strafmilderung zu
erreichen; das ist klar; das weiß doch jeder –, für bare
Münze nehmen und daraus einen Vorwurf gegen die Op-
fer – das sind nämlich die BaFin und das BMF – kon-
struieren. Das zu machen, ist entweder naiv, liebe Kolle-
gin Scheel, oder ein bisschen böswillig.

Ich kann nur sagen: Wir sollten abwarten, was die
Staatsanwaltschaft herausfindet, die Umsetzung der
Maßnahmen, die im Verwaltungsrat beschlossen worden
sind, beobachten und anschließend den Vorgang seriös
politisch bewerten. Wir sollten nicht versuchen, ihn poli-
tisch auszuschlachten, etwa weil man darüber sauer ist,
dass man nicht mehr im Verwaltungsrat sitzt, oder weil
man ein anderes Süppchen kochen will.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605411100

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 a bis 6 c auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)


Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut-
scher Streitkräfte an dem Einsatz der Interna-
tionalen Sicherheitsunterstützungstruppe in
Afghanistan unter Führung der NATO auf
Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom
20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai
2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002,
1510 (2003) vom 13. Oktober 2003, 1563 (2004)
vom 17. September 2004, 1623 (2005) vom
13. September 2005 und 1707 (2006) vom
12. September 2006 des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen

– Drucksachen 16/2573, 16/2774 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Eckart von Klaeden
Markus Meckel
Dr. Werner Hoyer
Dr. Norman Paech
Kerstin Müller (Köln)


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gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 16/2787 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Herbert Frankenhauser
Lothar Mark
Jürgen Koppelin
Michael Leutert
Alexander Bonde

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

ordneten Dr. Norman Paech, Monika Knoche,
Paul Schäfer (Köln), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der LINKEN zu der ersten Beratung
des Antrags der Bundesregierung

Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut-
scher Streitkräfte an dem Einsatz der Interna-
tionalen Sicherheitsunterstützungstruppe in
Afghanistan unter Führung der NATO auf
Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom
20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai
2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002,
1510 (2003) vom 13. Oktober 2003, 1563 (2004)
vom 17. September 2004, 1623 (2005) vom
13. September 2005 und 1707 (2006) vom
12. September 2006 des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen

– Drucksachen 16/2573, 16/2623, 16/2776 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Eckart von Klaeden
Markus Meckel
Dr. Werner Hoyer
Dr. Norman Paech
Kerstin Müller (Köln)


Zum Antrag der Bundesregierung liegt ein Entschlie-
ungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen
or. Über die Beschlussempfehlung zum Antrag der
undesregierung werden wir später namentlich abstim-
en.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache anderthalb Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
er das Wort dem Bundesaußenminister Dr. Frank-
alter Steinmeier.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
uswärtigen:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Sie

inen Blick in die heutigen Tageszeitungen werfen, dann
ehen Sie, dass es viele mal wieder ganz genau gewusst
aben: Afghanistan ist verloren. Das ist ein Teil des Te-
ors in einem Teil der deutschen Tageszeitungen. Die ei-
en sagen es, weil sie schon immer wussten, dass wir in






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
der Region nichts verloren haben; die anderen sagen es,
weil die internationale Staatengemeinschaft mal wieder
von Anfang an alles falsch gemacht hat; die Dritten sa-
gen es, weil wir zu viel Militär in Afghanistan haben,
und die Vierten sagen es, weil wir zu wenig Militär in
Afghanistan haben. Aus meiner Sicht ist das der ent-
scheidende Satz: Afghanistan ist nur dann verloren,
wenn wir es aufgeben.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wahr ist, dass wir alle uns wünschten, nach fünf Jah-
ren Aufbauarbeit weiter zu sein, als wir es sind. Wahr ist
auch, dass es Rückschläge gegeben hat und weiterhin
geben wird, in einzelnen Regionen sogar Rückwärtsent-
wicklungen; ich werde gleich darauf zurückkommen.
Wahr ist aber auch, dass eine junge Generation, die bis
vor fünf Jahren chancen- und bildungslos war, ihre
ganze Hoffnung auf uns setzt, nicht allein auf die Deut-
schen, sondern auf die internationale Staatengemein-
schaft. Die Zukunft dieser jungen Generation hängt da-
von ab, ob wir mit unserem begonnenen Engagement
verantwortungsvoll umgehen. Wahr ist am Ende auch,
dass es jenseits des Humanitären Gründe dafür gab, dass
wir den gefahrvollen Weg nach Afghanistan Seite an
Seite mit den anderen Europäern und den Amerikanern
angetreten haben.

Es scheint schon ein wenig in Vergessenheit geraten
zu sein, dass Afghanistan in den Jahren der Menschen
verachtenden Talibanherrschaft zu einer Ausbildungs-
zentrale für den weltweiten Terrorismus geworden
war. Die Gefahren, die daraus entstanden sind, waren
keineswegs nur virtuell. Wir haben erst vor 14 Tagen
– Sie werden sich erinnern – der Opfer des 11. Septem-
ber gedacht. Sie wissen, dass die Blutspur, die aus den
afghanischen Ausbildungslagern herausführte, nicht in
New York endete, sondern Europa nicht unberührt gelas-
sen hat.

Die 22 Jahre Krieg, Bürgerkrieg und Talibanherr-
schaft haben aber nicht nur eine Trümmerwüste in den
Dörfern und Städten hinterlassen; fast schlimmer, weil
nur mit großer Ausdauer und viel Geduld wieder her-
stellbar, ist die Zerstörung, die diese 22 Jahre im Alltags-
leben, in den Köpfen und Herzen der Menschen ange-
richtet haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Wie sieht denn die gegenwärtige Situation aus? Viele
von Ihnen werden inzwischen in Afghanistan gewesen
sein. Zwei Generationen von jungen, qualifizierten Ar-
beitnehmern, die ausgebildet hätten werden können und
müssen, fehlen; sie werden dringend gebraucht. Das
Schlimmste an der Zerstörung in den Herzen und Köp-
fen, von der ich gesprochen habe, ist, dass es lange dau-
ern wird, bis das Vertrauen in die Autorität von staatli-
chen, von politischen Institutionen – vor allen Dingen in
die Polizei – wieder hergestellt sein wird. Auch deshalb
werbe ich hier dafür, dass wir den Aufbau, den wir mit
der Petersbergkonferenz in Bonn begonnen haben, mit
Geduld, aber entschlossen fortsetzen. Das gilt nicht nur

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(C (D ür uns, sondern für die ganze internationale Staatengeeinschaft. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bei aller Sorge über die Entwicklung der Sicherheits-
age, vor allen Dingen im Süden des Landes, die natür-
ich auch ich teile, dürfen wir die Erfolge nicht überse-
en. Viele andere werden gleich noch etwas dazu sagen.
ch sage nur: 7 Millionen Mädchen und Jungen, die bis
or fünf Jahren nicht in die Schule gehen durften, haben
eute die Möglichkeit, Unterricht zu genießen. Diese
ntwicklung geht aber – das ist zuzugeben – sicherlich
icht weit genug. In vielen Teilen des Landes spüren die
enschen noch nichts von unserem Engagement der

etzten fünf Jahre. Natürlich bin ich mit vielen von Ihnen
arin einig, dass die wachsende Drogenwirtschaft, der
unehmende Drogenanbau und die damit einhergehende
orruption die Stabilisierungserfolge gefährden. Da,
o diese Stabilisierungserfolge ausbleiben, nutzen die
aliban die Chance, um sich wieder als angebliche Be-
chützer der Bevölkerung aufzuspielen. Sie setzen
arauf, dass durch ihre gewaltsamen Aktionen die inter-
ationale Staatengemeinschaft in ihrem Engagement er-
üdet wird.

Wir dürfen uns nicht zurückziehen; das ist meine feste
berzeugung. Wir müssen unsere Anstrengungen fort-

etzen und, wenn möglich, verstärken, und zwar auf der
rundlage des „Afghanistan Compact“ und entspre-

hend den Leitlinien des Afghanistanpapiers, über das
erade in den Gremien des Deutschen Bundestages dis-
utiert wird.

Bezogen darauf sind mir vier Punkte wichtig, die ich
anz kurz nennen will:

Erstens. Der weitere politische Aufbau muss unter
erücksichtigung der soziokulturellen Gegebenheiten
es Landes stattfinden.

Zweitens. Wir wollen und müssen unsere Anstren-
ungen beim Aufbau und bei der Ausbildung der Poli-
ei – das ist das zentrale Handlungsfeld, für das wir Ver-
ntwortung tragen – aufrechterhalten und, wie ich
eine, soweit es in unserer Macht steht, sogar verstär-

en.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ir sollten uns, wenn wir über unsere erweiterten Mög-
ichkeiten reden, dafür einsetzen – das werde ich tun –,
nnerhalb der Europäischen Union Partner zu gewinnen,
ie uns dabei unterstützen.

Drittens bin ich fest davon überzeugt, dass wir einen
eiteren Schwerpunkt im Bereich der Bildung setzen

ollten. Ich habe es vorhin gesagt: Bürgerkrieg und Tali-
anherrschaft haben nicht nur die physische, sondern vor
llen Dingen auch die intellektuelle Infrastruktur Afgha-
istans zerstört. Deshalb bin ich froh darüber, dass so
iele Schulen wieder aufgebaut und eröffnet werden
onnten. Aber das reicht nicht. Es müssen noch viel






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
mehr werden. Auch in diesem Bereich müssen wir uns
noch stärker engagieren.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Vierter und letzter Punkt. Es gibt keinen Königsweg
zur Lösung des Drogenproblems; das wissen wir alle.
Ich verspreche Ihnen aber, dass die Bundesregierung das
ihr Mögliche tun wird, um gemeinsam mit der interna-
tionalen Staatengemeinschaft künftig gebündelter und
damit auch effektiver zu handeln. Das gilt sowohl für die
Bekämpfung des Drogenanbaus als auch für die Verbes-
serung der regionalen Zusammenarbeit und den Aufbau
einer gut ausgestatteten afghanischen Grenzpolizei.

Mit Blick auf das, was Deutschland vor allen Dingen
im Norden Afghanistans geleistet hat, können wir trotz
aller Veränderungen, die ich nicht zu beschönigen versu-
che, stolz sein. Gerade haben wir auf der NATO-Außen-
ministerkonferenz in New York darüber diskutiert, wie
wir das gute Beispiel der zivil-militärischen Zusammen-
arbeit im Norden Afghanistans auf andere Bereiche
übertragen können. Ich finde, das ist eine Auszeichnung
für das Engagement, das unsere Soldatinnen und Solda-
ten wie auch die vielen zivilen Helfer dort leisten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich hoffe auf eine breite Zustimmung zum Antrag der
Bundesregierung auf Verlängerung des Mandates um
weitere zwölf Monate. Das wäre nicht nur ein starkes
Zeichen für die Soldatinnen und Soldaten, sondern auch
für die vielen zivilen Helfer in Afghanistan, die dort in
einem immer noch sehr schwierigen Umfeld arbeiten.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605411200

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Werner Hoyer von

der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1605411300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

FDP-Bundestagsfraktion stimmt dem Antrag der Bun-
desregierung zu. Wir hielten es angesichts der Tataren-
meldungen, die uns gegenwärtig ereilen, schlicht für un-
verantwortlich, einfach zum ungeordneten Rückzug zu
blasen und die Menschen in Afghanistan, für die auch
wir große Verantwortung übernommen haben, jetzt im
Stich zu lassen und einfach wegzugehen. Gleichwohl
muss ich sagen, dass wir dieses Ja mit großem Bauch-
grimmen aussprechen, weil es unseres Erachtens sehr
viele Dinge gibt, die uns außerordentlich besorgt ma-
chen.

Ich finde übrigens, dass der Kollege Nachtwei seine
Überlegungen in einen sehr klugen Entschließungsan-

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(C (D rag zu diesem Thema gegossen hat. Ich kann ihm nicht n allen Details zustimmen. Deshalb werden wir uns bei er Abstimmung enthalten. Ich glaube aber, dass in dem ntrag die richtigen Fragen benannt werden. Im Übrigen rate ich dringend dazu, diese Debatte im ündnis zu führen und nicht auf nationaler Ebene. Hier arf es keine nationalen Alleingänge geben. ie Diskussion, die wir im Bündnis führen, muss auf en Punkt gebracht werden. Mir gehen die NATO-Parlaentarier-Treffen, an denen ich häufig teilnehme, auf en Keks, da man sich nur wechselseitig versichert, was ür eine tolle Arbeit in Afghanistan geleistet wird. Ich estreite überhaupt nicht, dass die Angehörigen der Buneswehr, der Polizei und der Entwicklungsdienste herorragende Arbeit leisten. Dennoch sollten wir einmal ine Bestandsaufnahme machen und uns fragen, wo wir igentlich stehen sowohl im Kampf gegen den Terrorisus als auch in unserem Bemühen um den Aufbau Af hanistans. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/CSU])


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Unser Grundansinnen war, einen substanziellen Bei-
rag zum Aufbau des Landes zu leisten und dafür einen
offentlich nur vorübergehend erforderlichen militäri-
chen Schutz anzubieten. Mittlerweile müssen wir leider
onzedieren, dass das Bild des sympathisch, von der Be-
ölkerung mit offenen Armen empfangenen deutschen
oldaten nicht mehr ganz zutreffend ist. Die Tatsache,
ass wir ungeheuer viel in den Schutz unserer Soldaten
nvestieren müssen, macht deutlich, dass sich die Situa-
ion erheblich verändert hat. Der ISAF-Einsatz hat sich
uch im Norden des Landes zu einem veritablen
ampfeinsatz entwickelt.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, na, na! Da hatte aber der Minister mit dem, was er gesagt hat, Recht!)


Lassen Sie uns einmal die Realität zur Kenntnis neh-
en! Natürlich haben die Ereignisse im Norden des Lan-

es eine andere Qualität als das, was im Rahmen von
SAF im Süden und im Rahmen von OEF, Operation
nduring Freedom, insgesamt geschieht. Aber wir dür-

en den militärisch-kämpferischen Teil dieses Einsatzes
nserer Soldaten nicht kleinreden; denn auch in dieser
insicht wird großartige Arbeit geleistet.


(Beifall bei der FDP)


an muss sich aber fragen, ob nicht viele der Anfangs-
rfolge schon weggebröckelt sind bzw. wegzubröckeln
rohen. Wir haben riesige Erfolge erzielt. Herr Minister,
ie haben auf die Schülerinnenzahlen hingewiesen; das

st, wie ich finde, in der Tat der größte Erfolg. Aber diese
ahlen sind schon wieder rückläufig. Ist es eigentlich die

ichtige Strategie, zunächst mit großem Aufwand – er ist
brigens größer, als ihn manche Fachleute für erforder-
ich halten – Schulen zu bauen, dann aber nicht dafür zu
orgen, dass auch Lehrer finanziert werden, die unter-
ichten? Hier gibt es in der Tat erhebliche Lücken.






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch dürfen wir, was in der Vergangenheit geschehen
ist, nicht vergessen. Wir müssen uns die Verbindungsli-
nien, die es gegeben hat und die es nach wie vor gibt, vor
Augen führen, die Verbindung zwischen den Taliban und
der al-Qaida und die Verbindung zu Pakistan. Wenn Pa-
kistan ein Doppelspiel betreibt und die Taliban vielleicht
längst wieder als die zukünftigen Herrscher in Afghanis-
tan betrachtet, dann wird der militärische Kampf gegen
die Taliban meiner Auffassung nach kaum zu gewinnen
sein. In diesem Zusammenhang ist mir eine Formulie-
rung eines hohen Militärs unvergesslich, der neulich
sagte: Wir werden nicht notwendigerweise verlieren. –
Das ist mir als Begründung eines militärischen Einsat-
zes, bei dem wir das Leben von Soldaten riskieren, zu
wenig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn das, was ich zu Pakistan gesagt habe, auch nur
ansatzweise zutrifft, dann wird das Nation-Building in
Afghanistan sehr schwierig. An diesem Punkt sollten wir
uns etwas mehr Demut auferlegen. Bisweilen habe ich
das Gefühl, dass Nation-Building bei uns wie Blaupau-
sen avantgardistischer Architekturbüros wahrgenommen
wird. Ein bisschen mehr Rücksichtnahme auf kulturelle
Gegebenheiten und Identitäten würde uns, wie ich
glaube, gut tun. Deutschland leistet hier keine schlechte
Arbeit. Aber auch diese Debatte müssen wir im Bündnis
führen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nation-Building wird in Afghanistan nicht dauerhaft
sein, wenn die staatlichen Strukturen nicht funktionie-
ren. Das Überpfropfen von formalen Wahlprozessen als
Etablierung der Demokratie zu definieren, ist falsch.
Ohne ein Mindestmaß an demokratischer Kultur und de-
mokratischer, insbesondere rechtsstaatlicher Absiche-
rung funktioniert Demokratie nicht, ebenso wie keine
Marktwirtschaft ohne eine Kartellbehörde und ein Ka-
tasteramt, das die Eigentumsrechte sichert, funktionieren
kann.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Schließlich komme ich auf einen Schwachpunkt zu
sprechen, den auch Sie, Herr Minister, erwähnt haben.
Ich bekenne: Auch ich habe keine Blaupause für die Lö-
sung des Drogenproblems. Aber wir können zumindest
für uns reklamieren, dass wir das von vornherein gesagt
haben. In der Debatte, die wir im Jahre 2003 zu diesem
Thema geführt haben, habe ich hier gesagt: Durch die
Ausweitung des Einsatzes auf Kunduz und später auf
Faizabad schicken wir unsere Soldaten in eine „Mission
Impossible“, weil sie vor blühenden Mohnfeldern stehen
müssen, ohne etwas dagegen unternehmen zu können.

Das Hauptproblem sind aber nicht die Drogenan-
bauer, die sich in einer ziemlich aussichtslosen Situation

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(C (D efinden. Deswegen ist die Fixierung auf sie nicht ganz ichtig. Außerdem hilft man ihnen nicht, indem man ihen als Nahrungshilfe die Produktionsüberschüsse der ndustrieländer schickt, sodass jedes Incentive für eigene grarproduktion wegfällt. as Hauptproblem sind natürlich die Drogenhändler und iejenigen, die das Zeug weiterverarbeiten. Dort entsteen gigantische Gewinne. Wir wissen, dass mittlerweile ehr als ein Drittel des Sozialprodukts Afghanistans da er rührt. Mindestens 90 Prozent von diesem Drittel lanen bei diesen Händlern des Todes. Sie sind mittlerweile n der Lage – nicht nur durch ihre Beziehungen zu Polieibehörden, Verwaltungen und zu Regierungskreisen, ondern auch dadurch, dass sie die wirtschaftlichen Asets dieses Landes in den Griff bekommen –, die Geschike dieses Landes weitgehend zu bestimmen. Ich anerenne die Bemühungen des Bundesaußenministers in einen Gesprächen mit Präsident Karzai auf diesem Geiet. Wenn es diesem nicht gelingt, hier einigermaßen urchzugreifen, stehen wir eines Tages möglicherweise or einem Desaster. Lassen Sie uns deshalb in den ächsten Monaten, unabhängig von einer konkreten Entcheidung über ein Mandat, in aller Ruhe und sehr kriisch, auch selbstkritisch, darüber diskutieren und dann m nächsten Jahr neu entscheiden. Noch ein letztes Wort zur Operation Enduring Freeom. Ich stelle fest, Herr Bundesminister: Die zuständien Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses bzw. deren bleute sind, seitdem Sie im Amt sind, noch kein einzies Mal über die deutsche Beteiligung an „Enduring reedom“ vertraulich unterrichtet worden. Ich lege auf ie Vertraulichkeit sehr viel Wert; ich glaube, wir müsen mit dem, was wir mitgeteilt bekommen, sehr vorichtig umgehen. Aber wir müssen als Parlamentarier ier Verantwortung tragen. Dazu benötigen wir ein Minestmaß an Information. Das Wort hat jetzt der Kollege Eckart von Klaeden on der CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! as von den Vorrednern bereits ausgeführt worden ist, st richtig. Es hat in den letzten Wochen und Monaten esorgnis erregende Mitteilungen über die Entwicklung n Afghanistan, die Sicherheitslage, die Steigerung des rogenanbaus und das Wiedererstarken der Taliban, geeben. Aber gleichzeitig ist richtig, dass wir auf große rfolge in der Entwicklung Afghanistans zurückschauen önnen. Eine Sache macht das besonders deutlich: Die bergroße Mehrheit der afghanischen, muslimischen Beölkerung begrüßt den Einsatz der NATO, begrüßt das ngagement der internationalen Gemeinschaft, vor al em der Deutschen und unserer Bundeswehr. Eckart von Klaeden (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Woher wissen Sie das?)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605411400

(Beifall bei der CDU/CSU)

Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1605411500




(A) )


(B) )


Wir müssen uns die Frage stellen, welche Konsequen-
zen wir aus der Entwicklung der letzten Wochen und
Monate ziehen. Ich meine, wir müssen alles tun, um ein
Scheitern der Mission der internationalen Gemeinschaft,
die auf der Grundlage des internationalen Rechts erfolgt,
zu verhindern. Denn welche Konsequenzen hätte ein
solches Scheitern? Die Folge wäre eine verheerende
Kettenreaktion. Die Mehrheit der afghanischen Bevöl-
kerung, die auf unserer Seite steht, wäre von uns ent-
täuscht, wenn wir sie im Stich lassen würden, denn sie
würde Opfer eines neuen Talibanregimes. Wir würden
also zurückfallen in eine Situation, wie sie vor dem
11. September 2001 bestanden hat; möglicherweise wäre
sie dann noch schlimmer. Wir müssten damit rechnen,
dass sich die Region weiter destabilisierte, dass extre-
mistische Islamisten auch in anderen Ländern Erfolg
hätten. Wir müssten damit rechnen, dass so etwas nicht
nur auf die Region begrenzt bliebe. Wir müssten welt-
weit mit einem Erstarken des islamistischen Extremis-
mus rechnen. Das hätte letztlich auch für die Sicherheit
in unserem eigenen Land Konsequenzen. Schließlich
würde die Glaubwürdigkeit der NATO und der interna-
tionalen Organisationen in eine schwere Krise geraten.

Ich will es ganz deutlich sagen: Diejenigen, die sich
jetzt für den Abzug der Bundeswehr einsetzen, hätten
ein solches Scheitern und die geschilderten Konsequen-
zen zu verantworten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Jeder, der heute für den Abzug der Bundeswehr ein-
tritt, muss sich die Frage stellen, ob er sein Verhalten
auch zum Maßstab für das Verhalten des gesamten Hau-
ses machen könnte. Ich will niemandem, der heute gegen
die Mandatsverlängerung stimmt, unterstellen, dass er
das nur deswegen tut, weil er mit der Mehrheit des Hau-
ses für den Einsatz rechnet. Jeder, der dagegen stimmt,
muss sich daher klar machen, dass er das herbeiführen
würde, was er vorgibt, verhindern zu wollen. Sich heute
aus Afghanistan zurückzuziehen, hätte die Qualität eines
Selbstmordes aus Angst vor dem Tode. Deswegen ist die
Fortsetzung unseres Engagements Voraussetzung für das
Gelingen. Das ist aber nicht die einzige Voraussetzung,
sondern wir müssen auch über die Konsequenzen der
Besorgnis erregenden Entwicklung der letzten Wochen
und Monate nachdenken. Dazu werde ich gleich noch et-
was ausführen.

Zunächst einmal müssen wir uns doch klar machen,
warum wir überhaupt in Afghanistan sind und warum
die Bundeswehr am Hindukusch steht. Der wesentliche
Grund sind die Gefahren, die vom transnationalen Ter-
rorismus ausgehen und die nach wie vor nicht gebannt
sind. Vor zwei Wochen haben wir der Anschläge des
11. September auf das World Trade Center in New York
und auch der Opfer, die es im Pentagon und in der Nähe
von Pittsburgh gegeben hat, gedacht. „9/11“ ist zur Chif-
fre für den bisherigen Höhepunkt des internationalen

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(C (D errorismus geworden. Seitdem hat es eine Serie von nschlägen auf Einrichtungen der Vereinigten Staaten, uf Einrichtungen anderer Staaten und vor allem auch uf unbeteiligte Zivilisten in Indien, Indonesien, Pakisan, Russland und an vielen Orten der arabischen Welt egeben, zum Beispiel in Tunesien, wo auch deutsche ouristen den Anschlägen zum Opfer gefallen sind. Der Ausgangspunkt für diese Anschläge ist al-Qaida nd der Ausgangspunkt von al-Qaida liegt wiederum in fghanistan. Aus Afghanistan haben sich die Metasta en dieses Krebsgeschwürs auf andere Länder ausgebreiet. Das Talibanregime wollte den Schutz für al-Qaida icht aufgeben und es will heute wieder ein Regime in fghanistan errichten, das Rückzugs-, Schutzund bungsraum für al-Qaida werden kann. Erst die amerikanische Militärintervention hat das alibanregime gestürzt und die Ausbildungslager von l-Qaida zerstört. Dieses Regime fiel zwar wie ein Karenhaus zusammen, aber wir wissen, dass sich die Talian und mit ihnen al-Qaida in das afghanisch-pakistaniche Grenzgebiet zurückgezogen haben. Sie haben einen roßteil ihrer Führungsstrukturen erhalten – mit Mullah mar an der Spitze. Aus diesen Rückzugsgebieten haben die Taliban inwischen ihre Kampagne gestartet, die zu den heftigen efechten der letzten Wochen und Monaten geführt hat. hre Ziele sind klar, nämlich die Vertreibung der westlihen Soldaten und der Soldaten der internationalen Geeinschaft sowie der Entwicklungshelfer, die Rückkehr ach Kabul, der Sturz von Präsident Karzai und die Wieererrichtung eines islamistischen Regimes. Es wäre die ückkehr in das Jahr 2001 und in die Zeit davor. Fünf ahre Aufbauarbeit und das Vertrauen der afghanischen evölkerung stehen auf dem Spiel. Mit dem Sturz des Talibanregimes ging 2001 eine Peiode von Krieg und Bürgerkrieg zu Ende, die 27 Jahre edauert hat. Am Beginn dieser Tragödie stand ein komunistischer Putsch, der später den Einmarsch der Roten rmee nach sich zog. 27 Jahre Krieg und Bürgerkrieg owie das Talibanregime haben das zuvor schon arme ntwicklungsland in jeder Hinsicht ruiniert. Für einen ergleich mit Deutschland ist die Zerstörung Deutsch ands und Europas nach dem Zweiten Weltkrieg nicht ngemessen. Wir müssen den Vergleich mit dem Zutand Europas nach dem Dreißigjährigen Krieg im ahre 1648 ziehen. Gemessen an dieser Ausgangslage waren der Optiismus und die Aufbruchstimmung der internationalen emeinschaft in den letzten fünf Jahren möglicherweise u groß. Deswegen ist es wichtig, dass wir unsere Ziele etzt der Realität anpassen und unsere Anstrengungen ereblich erhöhen, damit wir diese Ziele auch erreichen önnen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich bin der Bundesregierung und auch – das will ich
ier deutlich sagen – unserem Botschafter in Kabul für






(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden
ihren Einsatz sowie für die realistische und nüchterne
Einschätzung der Lage außerordentlich dankbar.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist als eine Ehrenerklärung für unseren Botschafter
Hans-Ulrich Seidt zu verstehen;


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)


denn ich finde es in einem hohen Maße unfair, unkolle-
gial und unehrlich, Zitate aus einer geheimen Sitzung
aus dem Zusammenhang zu reißen, zu entstellen und da-
mit in der Öffentlichkeit einen Eindruck entstehen zu
lassen, der weder von dem Botschafter noch von der
Bundesregierung noch von den sie tragenden Fraktionen
noch von anderen in dem Ausschuss vermittelt worden
ist. Man kann die sinnentstellten Zitate aus einer gehei-
men Sitzung nicht zurechtrücken – das liegt in der Natur
einer geheimen Sitzung –, weil man sich sonst selber
strafbar machen würde. Deswegen will ich das hier in
dieser Deutlichkeit, aber bedauerlicherweise auch in die-
ser Allgemeinheit so sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Auf unsere großen Erfolge – etwa sieben Millionen
Kinder, davon 40 Prozent Mädchen, können heute wie-
der zur Schule gehen – ist schon hingewiesen worden.
Es ist kein Zufall, dass die Taliban vor allem diesen Fort-
schritt bekämpfen, dass sie Anschläge auf Schulen ver-
üben, dass sie Lehrer umbringen und dass in diesen Ta-
gen die Frauenbeauftragte der südafghanischen Provinz
Kandahar ermordet worden ist. Wir sollten auch an diese
Menschen denken, die sich unter Einsatz ihres Lebens
engagieren. Wir sollten uns klar machen, dass sie uns
vertrauen und dass wir sie nicht im Stich lassen dürfen.
Ich will hier ganz ausdrücklich unseren Soldatinnen und
Soldaten, aber auch den vielen zivilen Helferinnen und
Helfern danken, die den Namen unseres Landes nach
Afghanistan tragen und unter Einsatz ihres Lebens groß-
artige Arbeit leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es gibt eine lange und beeindruckende Verbindung
Deutschlands zu Afghanistan. Es ist kein Zufall, dass
fast die Hälfte der Mitglieder des afghanischen Kabinetts
fließend deutsch spricht. Es wird von uns ein besonderer
Einsatz erwartet und es wird uns ein besonderes Ver-
trauen entgegengebracht. Diesem besonderen Vertrauen
sollten wir in Zusammenarbeit mit unseren Verbündeten
weiterhin gerecht werden.

Was sind die Konsequenzen aus der Besorgnis erre-
genden Entwicklung? Erstens. Wir müssen in Zusam-
menarbeit mit unseren Bündnispartnern unser Konzept
der Entwicklungshilfe überarbeiten. Ich glaube, dass
man zu früh von der Nothilfe auf strukturelle Hilfe um-
gestiegen ist. Wir müssen uns Gedanken machen, wie
das, was in den letzten Wochen und Monaten an Struktu-
ren zerstört worden ist, wieder aufgebaut werden kann.

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(C (D ir brauchen vor allem eine bessere Koordination der ntwicklungshilfe, die dort von unterschiedlichen Partern geleistet wird. Zweitens. Wir brauchen größere Anstrengungen beim ufbau der Institutionen in diesem Land. Bisher sieht as Konzept so aus, dass unterschiedliche Nationen unerschiedliche Verantwortung übernommen haben: die riten für die Bekämpfung des Drogenanbaus, wir für en Aufbau der Polizei, die Amerikaner für den Aufbau er Armee, andere für den Aufbau der Infrastruktur und en Aufbau eines Rechtsstaates, für eine korruptionsreie Administration und für die Entwaffnung der Milien. Im Augenblick beginnen die einzelnen Nationen, sich egenseitig die Verantwortung für die schwierige Enticklung in den letzten Wochen und Monaten zuzu chieben. Es ist völlig richtig, dass man bei der Bekämpung des Drogenanbaus nur dann Erfolg haben kann, enn es gleichzeitig eine gut ausgebildete Polizei gibt. ine gut ausgebildete Polizei ist auf eine vernünftige Beahlung und auf eine korruptionsfreie Verwaltung oder ine Verwaltung, die die Korruption in ihren eigenen eihen zumindest bekämpft, angewiesen. Diese Verwal ung wiederum ist auf ein Sicherheitsumfeld angewieen, das voraussetzt, dass Milizen entwaffnet worden ind und dass der Aufbau der afghanischen Armee voanschreitet. Was will ich damit sagen? Das eine hängt mit dem aneren zusammen. Jeder muss sich klar machen, dass der igene Beitrag und die eigene Aufgabe für das Gelingen es Projekts Afghanistan essenziell sind, dass deswegen lle zusammenarbeiten und ihre Anstrengungen vermehen müssen, ohne mit dem Finger auf den anderen zu eisen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Drittens. Wir müssen dazu übergehen, auch die Nach-
arstaaten Afghanistans stärker einzubeziehen. Wir müs-
en darüber nachdenken, wie wir zu einem institutiona-
isierten Konsultationsprozess kommen können, für
en das Nahostquartett oder andere Kontaktgruppen ein
eispiel sein können. Wir müssen dafür sorgen, dass
um Beispiel der Dialog zwischen Afghanistan und Pa-
istan nicht allein dem amerikanischen Präsidenten
berlassen wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ir müssen dafür sorgen, dass die zentralasiatischen
taaten, die ein enormes Interesse an dem Auftrag, den
ir in Afghanistan erfüllen, haben und auch einen enor-
en Beitrag dazu leisten, stärker mit einbezogen wer-

en. Wir müssen auch versuchen, Länder wie Indien und
elbst China stärker in diesen Prozess mit einzubeziehen.

Es geht auch darum, die Demokratisierung Afgha-
istans im Rahmen eines institutionellen Prozesses zu
egleiten und dabei deutlich zu machen, dass es nicht
ur um die Stabilisierung Afghanistans, sondern der ge-
amten Region geht und dass wir an der Zusammenar-






(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden
beit mit denjenigen interessiert sind, die bereit sind, in
der Region Verantwortung zu übernehmen und eigene
Beiträge zu leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es geht also um drei Aspekte: erstens die Verbesse-
rung und Überprüfung der internationalen Entwick-
lungshilfe, zweitens die bessere Koordination der jewei-
ligen Schlüsselaufgaben, die die einzelnen Nationen
übernommen haben, und drittens die Institutionalisie-
rung eines Konsolidierungsprozesses. Niemand hat den
Stein der Weisen gefunden, was die weitere Entwicklung
in Afghanistan angeht. Aber heute schon durch eine Ab-
lehnung unseres weiteren Engagements dafür zu sorgen,
dass Afghanistan scheitert, wäre verantwortungslos und
letztlich auch mit verheerenden Konsequenzen für die
Sicherheit unseres eigenen Landes verbunden. Deswe-
gen brauchen wir die Fortsetzung und Verbesserung un-
seres Engagements und vor allem auch eine sorgfältige
und aufmerksame Begleitung der Arbeit der Bundes-
regierung durch den Deutschen Bundestag.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605411600

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Norman Paech von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norman Paech (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605411700

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und

Kollegen! Die heutigen Zeitungsmeldungen stützen Ihre
Position überhaupt nicht, Herr Außenminister. Es gibt
aber schon seit Wochen und Monaten täglich Meldungen
über Anschläge, Selbstmordattentate, Überfälle und
Kampfhandlungen. Es ist erstaunlich, dass Sie das zwar
offensichtlich mit Sorge erfüllt, aber nicht in Ihrer Ent-
scheidung irritiert, den Einsatz der Bundeswehr immer
wieder zu verlängern.

Wir hören von der Bundesregierung seit Monaten nur,
dass die Situation in Afghanistan nicht ruhig und nicht
stabil ist. Sie preist den Aufbau demokratischer Institu-
tionen, gibt aber fairerweise zu, dass diese – kaum ent-
standen – schon von Korruption durchzogen sind.

In Ihrer Antwort auf die Anfrage der Linksfraktion
versuchen Sie, uns mit einem – ich zitiere – „verbesser-
ten Klima der Sicherheit“ zu beruhigen. Das ist – mit
Verlaub – eine besonders einfältige Form der Schönred-
nerei.


(Beifall bei der LINKEN)


Denn aus den Medien erfahren wir täglich, dass sich die
Verluste bei den britischen und amerikanischen Truppen
drastisch erhöht haben und die Taliban die Kampfformen
aus dem Irak übernommen haben und allmählich in den
Norden tragen. Insofern ist es nur zu verständlich, dass

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(C (D er Verteidigungsminister immer mehr gepanzerte Fahreuge vom Typ Dingo anfordert und der Truppe die Weiung erteilt, diese Fahrzeuge und die Lager nicht mehr u verlassen. So sieht keine Erfolgsstory eines fünfjährigen Militärinsatzes aus, der zu einer Verlängerung drängt. (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die gibt es nicht!)


ie Bundeswehr klagt selbst über eine dramatisch sin-
ende Zustimmung der afghanischen Bevölkerung zu ih-
em Einsatz. Herr von Klaeden, ich weiß nicht, woher
ie die anders lautende Information haben. Der Bot-
chafter hat sie gestern in der geheimen Sitzung nicht be-
tätigt.

Die anfängliche Sympathie für die ISAF ist in weit
ehende Ablehnung und – insbesondere im Süden – in
ass umgeschlagen. Sie haben Ihr politisches Urteils-
ermögen der militärischen Logik geopfert, dass die
ATO das Feld nicht als Verlierer verlassen darf. Aber
ie erinnern sich sicherlich: Die USA hatte keinen Rück-
ugsplan aus Vietnam und ist von dort vertrieben wor-
en. Die Sowjets hatten keinen Rückzugsplan für Afgha-
istan und sind von dort vertrieben worden. Die USA
nd ihre Koalition stehen nun im Irak erneut vor einem
esaster, aus dem sie mit militärischen Mitteln nie he-

auskommen werden. In Afghanistan droht ihnen das-
elbe.

Es ist lobenswert, wenn aus der CDU/CSU-Fraktion
un die Forderung kommt, Bundeswehreinsätze künftig
ur unter der Bedingung, dass sie befristet sind und dass
s eine Exitstrategie gibt, zu bewilligen. Aber beides
iegt in diesem Fall nicht vor.


(Beifall bei der LINKEN)


ie müssten also die Verlängerung ablehnen; denn die
undesregierung hat – wir haben ständig nachgefragt –
eine Vorstellung über die Dauer des Einsatzes. Stattdes-
en lässt sie im Norden, in der Nähe von Masar-i-Scha-
if, ein gigantisches militärisches Fort mit der Perspek-
ive von zehn bis 15 Jahren bauen. Sie hat außerdem
emeinsam mit dem NATO-Rat die ISAF zu einer
ampftruppe umgewandelt, die nun in den Süden und
en Osten Afghanistans geschickt wird.

Während wir hier reden, tritt ein neuer Beschluss des
ATO-Rates in Kraft, der den Einsatz der ISAF-Truppe

uf den umkämpften Osten Afghanistans ausweitet. Dies
edeutet, dass künftig rund 13 000 US-amerikanische
oldaten, und zwar alte Antiterrortruppen, im Osten Af-
hanistans dem NATO-Kommando der ISAF unterstellt
erden, während die übrig gebliebenen 8 000 US-ameri-
anischen Soldaten den Antiterrorkampf der von den
SA geführten Operation Enduring Freedom fortsetzen.
atürlich kann auch die Bundeswehr dorthin geschickt
erden; denn das ist seit einem Jahr Bestandteil des
andats. Die NATO will also nun einen Krieg fortset-

en, den die US-amerikanischen Streitkräfte seit fünf
ahren im Rahmen der Operation Enduring Freedom er-
olglos führen. Es ist vollkommen irreführend, zu






(A) )



(B) )


Dr. Norman Paech
behaupten, die Trennung von ISAF und der Antiterror-
truppe OEF bestehe weiterhin.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Einsätze sind vielmehr eng verzahnt. Die Infrastruk-
tur wird geteilt. Die Kommandeure sind teilweise iden-
tisch.

Blicken Sie doch endlich realistisch auf die tiefe Kluft
zwischen der fortschreitenden Verschlechterung der Si-
cherheitslage und Ihrem illusionären Afghanistankon-
zept! Der Grundfehler ist, dass die Stabilisierung und der
Wiederaufbau Afghanistans als Nation-Building, als
eine grundlegende Transformation von Gesellschaft und
Institutionen begriffen werden. Daran waren die Sowjets
schon vor 20 Jahren gescheitert. Erinnern Sie sich daran!


(Beifall bei der LINKEN)


Die Carnegie-Stiftung hat unlängst 18 Regimewechsel
untersucht, die mit amerikanischen Bodentruppen vorge-
nommen wurden. Sie kommt zu dem Ergebnis: 13-mal
wurde das Ziel, eine Demokratie oder eine ähnliche Re-
gierungsform zu etablieren, verfehlt. Diese Art des Na-
tion-Building hat im Irak schon mehr als 250 Milliarden
US-Dollar gekostet und sich selbst widerlegt.

Zum Schluss:


(Bernd Schmidbauer [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)


Herr Minister, wir sind mit Ihren Forderungen nach ei-
nem politischen Aufbau, der Bildung einer Polizei und
Alternativen zum Drogenanbau vollständig einverstan-
den. Aber was machen Sie bislang? Sie geben jährlich
80 Millionen Euro für die Entwicklungshilfe aus, aber
fast das Sechsfache, rund 460 Millionen Euro, für das
Militär. Tauschen Sie die Summen aus! Bereiten Sie mit
den 80 Millionen Euro den Rückzug des Militärs vor
und stecken Sie die 460 Millionen Euro in zivile Pro-
jekte! Dann werden Sie sich auch wieder ohne Panzer-
wagen in Afghanistan bewegen können.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605411800

Das Wort hat jetzt der Kollege Jürgen Trittin vom

Bündnis 90/Die Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605411900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber

Kollege Paech, ich wusste gar nicht, dass Sie etwas mit
George W. Bush gemeinsam haben. Außer Ihnen glaubt
nur noch er, dass die Taliban auf einer Ebene mit der Be-
freiungsbewegung des Vietcong stehen. Deswegen wäre
ich an Ihrer Stelle mit Vergleichen von Afghanistan mit
Vietnam sehr vorsichtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der LINKEN)


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(C (D Ich glaube, dass wir Afghanistan heute weder mit chönfärberei noch mit Schwarzmalerei begegnen düren. Vielleicht könnte man sich, auch mit Blick auf die ollegen der Linken, einfach an Antonio Gramsci hal en. Er hat einmal von der Haltung des Optimismus des erzens und des Pessimismus des Geistes gesprochen. enn wir uns dieser Haltung befleißigen, dann muss an feststellen: Es gibt nicht das eine Afghanistan. Es ibt zwei Afghanistan. Es gibt das Afghanistan des ordens. Hier wird gebaut, hier gehen Millionen, auch ädchen, wieder zur Schule. Hier gibt es eine positive ntwicklung und hier wird Nation-Building betrieben. ier gibt es eine wesentlich von Deutschen angeführte ivil-militärische Kooperation. Natürlich gibt es auch ier Korruption und es gibt auch Anschläge. Aber nieand wird ernsthaft bestreiten, dass sich die Situation in ieser Region seit dem Sturz der Taliban zum Besseren ntwickelt hat. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/CSU])


an kann es auch so sagen: Im Norden Afghanistans ist
as Glas halb voll. Ich finde, wir müssen alles dafür tun,
ass es voller wird.

Ganz anders ist die Situation im Süden, in den Gebie-
en der Paschtunen an der Grenze zu Pakistan. Hier do-
iniert der Krieg. Bewaffnete Aufständische beherr-

chen weite Teile des Landes. Ein amerikanischer
ommandierender General brachte die Situation mit dem
atz auf den Punkt: Wo die Straßen enden, herrschen die
aliban. – Im Süden ist Krieg. Hier ist das Glas nicht
alb voll, hier ist es wahrscheinlich dreiviertel leer und
s leert sich täglich weiter.

Diese Entwicklung ist mit dem Begriff der Irakisie-
ung des Südens beschrieben worden. Man muss zwi-
chen den Ursachen der Konflikte unterscheiden. Sie
ind nicht identisch. Aber die Parallele auf der Ebene der
hänomene ist doch unübersehbar. Selbstverständlich
at allein der Krieg gegen den Irak viele Kapazitäten
eispielsweise der USA gebunden, die nun in Afghanis-
an nicht mehr vorhanden sind. Selbstverständlich ist
uch da zu beobachten – viele Besucher berichten das –,
ass dort private Sicherheitsfirmen dominieren, die teil-
eise Söldner beschäftigen, die auch für jeden anderen
arlord arbeiten würden. Selbstverständlich muss man

ie Frage stellen, ob es klug ist, Truppen, die vorher im
ampfeinsatz in einem sehr blutigen Krieg im Irak ge-
esen sind, anschließend in Afghanistan einzusetzen.
an braucht sich nicht zu wundern, wenn sie dort ähnli-

he Methoden anwenden.

Aber unübersehbar ist der Konflikt im Irak auch für
ie andere Seite ein Modell für Afghanistan geworden.
s hat vor dem Krieg im Irak keine Selbstmordattentate

n Afghanistan gegeben, wie sie nun verstärkt vor allem
m Süden stattfinden. Auch die bewaffneten Aufständi-
chen lernen von ihrem Gegner nicht nur über CNN und
l-Dschasira. Auch sie privatisieren mittlerweile den
rieg. Ihre Day-by-day-Kämpfer erhalten übrigens das






(A) )



(B) )


Jürgen Trittin
Doppelte des Soldes der Soldaten der afghanischen Ar-
mee.

Berücksichtigen wir schließlich, dass die Aufständi-
schen mit den Paschtunengebieten in Pakistan ein offe-
nes Hinterland haben und durch den gewachsenen Dro-
genanbau über beachtliche Geldressourcen verfügen,
dann verstehen wir, warum beispielsweise „Newsweek“
diese Woche mit dem Titel „Losing Afghanistan“ auf-
macht und die Frage aufwirft, ob sich der Sieg hier in
eine Niederlage verwandelt. Wir müssen uns einer Tatsa-
che stellen: Nur militärisch ist dieser Konflikt in Afgha-
nistan nicht zu gewinnen. Deswegen macht es auch
keinen Sinn, blind mehr Truppen in den Süden hineinzu-
schicken. Das ist übrigens keine Feststellung, die Pazi-
fisten und Friedensfreunde für sich gepachtet haben. Der
Oberkommandierende der NATO bis 2004, Wesley
Clark, schreibt in der gleichen Ausgabe von „News-
week“ über diesen Krieg: The real war isn’t military. It’s
political and economic. – Er schreibt seiner Regierung
ins Stammbuch, sie müsse endlich anerkennen, dass dort
Nation-Building betrieben werden müsse. Das ist das,
was Deutschland im Norden im Rahmen von ISAF
macht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich finde, Wesley Clark hat Recht. Wir müssen den
zivilen Aufbau stärken. Wir dürfen nicht mehr kleckern,
sondern wir müssen klotzen. Die Angabe, dass die inter-
nationale Gemeinschaft 85 Milliarden für das Militäri-
sche und 7 Milliarden für den Aufbau aufgewendet hat,
ist richtig. Dieses Verhältnis muss man verschieben. Das
ist richtig. Nur werden Sie diese Verschiebung nicht hin-
bekommen, wenn Sie darauf verzichten, den Aufbau mi-
litärisch abzusichern. Das ist die Unlogik an dieser
Stelle.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es geht dabei nicht nur um mehr Geld; vielmehr muss
man auch darauf achten, dass dieses Geld dort ankommt,
also nicht in dunklen Kanälen versickert, und dass die
Traditionen, die kulturellen Gefühle der Menschen so-
wie die traditionellen Entscheidungsstrukturen berück-
sichtigt werden. Es gibt Projekte, die dies tun.

Die internationale Gemeinschaft muss nicht nur im
Norden, sondern in – ich betone – ganz Afghanistan end-
lich ein nicht nur von Deutschland oder Norwegen, son-
dern von allen Mitgliedern getragenes, flächendecken-
des Konzept einer zivil-militärischen Kooperation
umsetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dabei müssen wir auch aus den Fehlern und Erfah-
rungen lernen. Wenn die Opiumernte trotz Ersatzange-
boten und trotz des massenhaften Niederbrennens von
Feldern – das ist nur ein Beispiel – einen Rekordwert er-
reicht, dann kann man nicht einfach nur stumpf einen
Krieg gegen die Droge weiterführen – ein solcher Krieg

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(C (D st schon in Südamerika zum Scheitern verurteilt geween –, ann muss man sich andere Gedanken machen und dann uch einmal so frei sein, etwa darüber nachzudenken, ob s nicht eine Alternative ist, den Bauern das Opium abukaufen und es zu vernichten, wenn sie ihren Lebensnterhalt mit dem Verkauf anderer landwirtschaftlicher rodukte nicht bestreiten können. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn es richtig ist, dass auch im Norden Afghanis-
ans Korruption und staatliche Inkompetenz vorhanden
ind, dann müssen wir sämtliche Anstrengungen unter-
ehmen, damit mehr Polizei im Einsatz ist, und dann
arf es keine weiteren Verzögerungen im Bereich des
ustizaufbaus geben.

Die Bedrohung dieses ganzen Prozesses hängt auch
it der Unfähigkeit und/oder – ich weiß es nicht – dem
nwillen der pakistanischen Regierung zusammen, das
renzgebiet zu kontrollieren. Welche Konsequenzen

iehen eigentlich wir, die Bundesrepublik Deutschland,
uropa und die internationale Gemeinschaft aus dieser
atsache für die Politik gegenüber Pakistan? Ohne ei-
en verstärkten Polizei- und Justizaufbau, ohne eine an-
ere Drogenpolitik, ohne eine dramatische Änderung der
akistanpolitik wird die Afghanistanpolitik scheitern.

Mit der Forderung nach einer notwendigen Änderung
er Politik verbindet die Mehrheit meiner Fraktion ihre
eutige Zustimmung zur Verlängerung des ISAF-Man-
ats. Wir wissen eines: Ein Abzug von ISAF würde jede
hance zur Änderung der Afghanistanpolitik zerschla-
en. Ein Abzug von ISAF würde das Glas auch im Nor-
en leeren. Es wäre die Irakisierung des gesamten Af-
hanistans.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as kann niemand wollen.

Wir nehmen auch zur Kenntnis, dass die Bundesre-
ierung Änderungsbedarf in der Politik gegenüber Af-
hanistan sieht. Wir erwarten, dass diese Bereitschaft die
ragen der Operation „Enduring Freedom“ einschließt.
ir haben uns immer dafür eingesetzt, dass diese beiden

insätze strikt getrennt werden. Die USA und Großbri-
annien trennen dies nicht.

So richtig es ist, dass der zivile Aufbau ohne ISAF ge-
ährdet ist, so richtig ist aber auch, dass es keine dauer-
aft funktionierende Koexistenz geben kann zwischen
inem bloß militärisch verstandenen Kampf gegen den
errorismus und einem zivil-militärischen Ansatz, wie
ir ihn – ich finde, erfolgreich – verfolgen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Ein solches Nebeneinander kann wiederum zu der be-
ürchteten Irakisierung beitragen. Wir erwarten von der
undesregierung, dass sie diesem Haus, bevor sie uns im






(A) )



(B) )


Jürgen Trittin
Oktober um die Verlängerung des Mandats „Enduring
Freedom“ bittet, hier eine wirkliche Bilanz über Er-
folge und Probleme, über die Notwendigkeit und auch
über das Spannungsverhältnis gegenüber ISAF vorlegt.
Wir wollen die Irakisierung ganz Afghanistans verhin-
dern. Deswegen werden wir heute zustimmen. Deswe-
gen werden wir aber auch Ihre Erfahrungen mit „Endu-
ring Freedom“ sehr genau zu prüfen haben.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605412000

Das Wort hat jetzt der Kollege Hans-Ulrich Klose von

der SPD-Fraktion.


Hans-Ulrich Klose (SPD):
Rede ID: ID1605412100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heu-

tige Entscheidung zur fortgesetzten Beteiligung der Bun-
deswehr an der International Security Assistance Force,
ISAF, ist keine Routineentscheidung. Jeder und jede, ob
dem Ja zuneigend oder dem Nein, muss den Antrag der
Bundesregierung genau prüfen, einmal um eigenständig
entscheiden zu können, zum anderen um der Bevölke-
rung, den Menschen in den Wahlkreisen, erklären zu
können, warum wir uns mit Soldaten in Afghanistan en-
gagieren.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


„Die Bundesrepublik wird auch am Hindukusch ver-
teidigt“, das war die knappe Formel des früheren Vertei-
digungsministers Peter Struck. Sie ist richtig, überzeugt
aber nur, wenn die Hindukuschmetapher richtig verstan-
den wird. Sie steht für eine sehr grundsätzliche, wenn
man so will, globale Herausforderung des Westens,
westlicher Lebensweise und westlicher Werte durch reli-
giös motivierte Gotteskrieger, denen es letztlich um die
Vorherrschaft einer bestimmten Lesart des Islam und der
Scharia geht – in Afghanistan und weit darüber hinaus.

Afghanistan – daran muss fünf Jahre nach den Anschlä-
gen von New York und Washington erinnert werden – war
das Gastland, das logistische Zentrum, das ideologische
und kriegerische Trainingscamp von al-Qaida und ist es
grenzüberschreitend nach Pakistan noch immer oder
schon wieder. Das zeigen die jüngsten Kämpfe im Süden
und Osten Afghanistans. Was dort stattfindet, ist die
Fortsetzung eines Krieges, der nie zu Ende geführt
wurde, weil Amerika sich auf einen anderen, den Krieg
im Irak, konzentrierte.

Die jüngsten Angriffe der wiedererstarkten Taliban-
kämpfer richteten sich gegen ISAF-Soldaten, die im Sü-
den und Osten Afghanistans eingesetzt sind, vor allem
Briten und Kanadier. Es sind NATO-Soldaten. Der Un-
terstützungsauftrag von ISAF ist inzwischen auf ganz
Afghanistan ausgedehnt worden und wird von der
NATO geführt.

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(C (D Das deutsche ISAF-Kontingent hat seinen Schwerunkt im Norden des Landes, ist aber zwischenzeitlich n die Lage versetzt worden, ISAF-Operationen zeitlich nd im Umfang begrenzt auch in anderen Regionen zu nterstützen, sofern dies – ich zitiere – „zur Erfüllung es ISAF-Gesamtauftrages unabweisbar ist“. Diese Ausehnung des Mandats ist mit der Mandatsverlängerung m September 2005 beschlossen worden. Sie wird im orliegenden Antrag der Bundesregierung ausdrücklich iederholt. Ich mache auf diesen Punkt aufmerksam, weil sich icht nur im Süden und Osten Afghanistans, aber doch or allem dort die Sicherheitslage deutlich verschlechtert at. Es ist deshalb nicht völlig auszuschließen, dass ganz m Sinne des erweiterten Mandats neue Anforderungen uch an das deutsche ISAF-Kontingent herangetragen erden. Hierzulande wünscht das niemand. Auszu chließen ist es aber nicht, was mich jedenfalls veranasst, anknüpfend an eine Aussage von Herrn Dr. Hoyer, n die Zusage der Bundesregierung zu erinnern, im Rahen der regelmäßigen Unterrichtung über die Auslands insätze der Bundeswehr das Parlament unverzüglich ber Unterstützungsleistungen außerhalb der Nordregion u informieren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ies ist umso wichtiger, je unschärfer die Abgrenzung
wischen Terrorismusbekämpfung einerseits und ISAF-
nterstützungsoperationen andererseits wird.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Sehr wahr!)


Die Bundesregierung betont in ihrem Antrag, dass es
ei der klaren Abgrenzung und deshalb auch bei der
rennung der beiden Mandate, Enduring Freedom und
SAF, bleibt. Ich unterschreibe das ausdrücklich, habe
ber, wie ich zugebe, wachsende Zweifel, ob diese klare
bgrenzung noch lange möglich und kommunizierbar

st.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Sehr richtig!)


e grimmiger sich der neuerlich aufgeflammte Wider-
tand im Süden Afghanistans entwickelt, umso ähnlicher
erden sich die beiden Mandate und umso vernehmli-

her melden sich in der deutschen Öffentlichkeit die
weifler zu Wort, die zum Rückzug blasen.

Ich will nicht schwarzmalen, obwohl oder weil ich
eit einiger Zeit den Eindruck habe, dass die Zahl der
keptiker zunimmt. Aber auch das neue Afghanistan-
onzept der Bundesregierung, Herr Außenminister, ist
lles andere als optimistisch. Man kann es realistisch
ennen; optimistisch nicht. Es werden zu Recht Fort-
chritte bei der Wiederbegründung afghanischer Staat-
ichkeit beschrieben, aber immer noch ist das Land weit
ntfernt von Stabilität und Good Governance. Eine deut-
iche Verbesserung der Lebensverhältnisse ist nicht er-
eicht worden. Die nicht unbeträchtlichen Hilfsmittel,
ie die internationale Gemeinschaft zur Verfügung ge-
tellt hat, sind, vorsichtig formuliert, nicht immer bei






(A) )



(B) )


Hans-Ulrich Klose
den Menschen angekommen. Es hat Geschäftemacherei
und Korruption gegeben und die Sicherheitslage ist nicht
nur durch den Terror gefährdet, sondern auch durch Kri-
minelle, Warlords und Drogenbarone. Die Taliban profi-
tieren von Enttäuschung und Unsicherheit. Sie sind in
Afghanistan nicht beliebt, aber sie gewinnen an Boden,
weil andere an Sympathie verlieren. Darauf, meine Da-
men und Herren, haben auch die weiblichen Abgeordne-
ten des afghanischen Parlaments hingewiesen, die uns
kürzlich in Berlin besucht haben. Sie waren allesamt für
die Fortsetzung des ISAF-Mandats,


(Monika Knoche [DIE LINKE]: Nein, nicht alle!)


weil dessen Beendigung die sofortige Rückkehr der
Warlords und Taliban zur Folge hätte, worunter vor al-
lem die Frauen leiden müssten. Dennoch war auch bei
diesen Abgeordneten eine zunehmende Skepsis vor al-
lem gegenüber Amerika zu spüren.


(Monika Knoche [DIE LINKE]: Das stimmt!)


Ich will die Schar der Schwarzmaler nicht vergrößern,
im Gegenteil: Ich will, dass die NATO-Länder in Afgha-
nistan erfolgreich sind, damit Afghanistan an Zukunft
gewinnt und die NATO ihre Glaubwürdigkeit behält.
Die NATO darf nicht scheitern. Im Interesse unserer Si-
cherheit darf die NATO nicht scheitern.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie braucht aber dringlich eine abgestimmte und in den
Prioritäten leicht veränderte Strategie: eine militärische
und eine politische Strategie. Mit militärischen Mitteln
allein ist der Kampf gegen den internationalen Terro-
rismus nicht zu gewinnen, weder im Irak noch in Afgha-
nistan.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Darf man diese beiden Länder in einem Atemzug
nennen? Ich denke schon; denn in beiden Ländern zeigt
sich, dass man trotz überlegener militärischer Stärke und
besten Absichten scheitern kann, wenn man die Unter-
stützung der Bevölkerung verliert. Das scheint jedenfalls
im Süden Afghanistans der Fall zu sein. Wer daran
schuld ist – die Regierung in Kabul, der Nachbar Pakis-
tan, die westliche Führungsmacht –, das ist schwer zu sa-
gen. Verbale Schuldzuweisungen helfen nicht weiter.
Entscheidend ist, dass der Westen aus den bisherigen Er-
fahrungen im Kampf gegen den internationalen Terroris-
mus die richtigen Schlussfolgerungen zieht. Es handelt
sich in erster Linie um einen politischen Kampf. Nicht
die Zahl der getöteten Feinde, sondern die Zahl der für
die eigene Sache gewonnenen Freunde und Partner ent-
scheidet über Erfolg und Misserfolg.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D Nein, meine Damen und Herren, es handelt sich nicht m eine Routineentscheidung, die wir heute zu treffen aben. Jeder entscheidet für sich mit Ernst und der nötien Portion Skepsis, die sich immer einstellen muss, enn wir über militärische Auslandseinsätze zu ent cheiden haben. ir denken dabei in erster Linie an das Wohl unserer oldaten. Wir danken ihnen und den vielen zivilen Helern für ihren Einsatz in Afghanistan. Sie helfen dem and am Hindukusch und sie helfen uns. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall der Abg. Petra Hinz [Essen] [SPD])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605412200

Das Wort hat die Kollegin Birgit Homburger, FDP-

raktion.


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1605412300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ie FDP wird heute der Verlängerung des ISAF-Man-
ats zustimmen; denn wir sind der Meinung, es wäre
alsch, in der jetzigen Situation die Truppen abzuziehen.
as würde das Land in ein Chaos stürzen und alle bishe-

igen Bemühungen und Fortschritte zunichte machen.
ie Bundesregierung muss aber wissen, dass das keinen
reibrief für die Zukunft darstellt. Diese Zustimmung
ilt nicht unbegrenzt und eine routinemäßige Verlänge-
ung von Bundeswehreinsätzen wird es jedenfalls mit
er FDP nicht geben.


(Beifall bei der FDP)


Der Einsatz deutscher Soldatinnen und Soldaten ist
ur dann sinnvoll, wenn er der Durchsetzung eines rea-
istischen politischen Konzepts dient. Daran mangelt es
m Augenblick. Da muss die Bundesregierung aus unse-
er Sicht auch nacharbeiten. Sie muss alle Anstrengun-
en unternehmen, um sichtbare Fortschritte bei der Ver-
esserung der Sicherheitslage und beim Wiederaufbau
es Landes zu erreichen. Die Menschen in Afghanistan
üssen das Gefühl haben, dass sich ihre persönliche Si-

uation verbessert. Aber auch die Bürger in Deutschland
üssen das Gefühl haben, dass es vorangeht und dass

er Einsatz etwas bringt, wenn wir wollen, dass unser
ngagement für die Stabilisierung und Demokratisie-

ung Afghanistans auch in der deutschen Öffentlichkeit
nterstützung findet.


(Beifall bei der FDP)


Deshalb erfordert die aktuelle Lage eine kritische
estandsaufnahme. Nach wie vor bestehen Defizite im
inblick auf den Aufbau einer funktionierenden Polizei
nd eines funktionsfähigen Justiz- und Strafvollzugsys-
ems. Die Problematik beim Drogenanbau, aber auch die
robleme in den Beziehungen zwischen Afghanistan
nd Pakistan hat mein Kollege Werner Hoyer bereits be-
chrieben. Dazu kommen Berichte über zunehmende
edrohungen durch gewaltbereite Kräfte und vermehrte






(A) )



(B) )


Birgit Homburger
Anschläge auf ISAF-Soldaten, auch auf deutsche Solda-
ten im Norden.

Anfang September hat die Bundesregierung dann ihr
Afghanistankonzept vorgelegt. Immerhin hat die Bun-
desregierung jetzt ihre Bewertung geändert. Während sie
im April noch davon gesprochen hat, dass im letzten Be-
richtszeitraum latente Spannungen unter Kontrolle ge-
halten werden konnten, sagt sie jetzt, dass sich in vielen
Regionen Afghanistans die Sicherheitslage deutlich ver-
schlechtert hat. Damit stellt sich die Bundesregierung
endlich der Realität, die wir vorfinden. Das Konzept,
liebe Kolleginnen und Kollegen, muss jetzt darauf aus-
gerichtet sein, daraus militärische und politische Konse-
quenzen zu ziehen.

Die Bundesregierung muss mit den NATO-Partnern
sprechen. Die NATO kann nicht einfach weitermachen
wie bisher. Das fängt mit der Frage an, wie die Soldaten
auftreten, ob sie den Menschen in Afghanistan mit
Respekt begegnen oder ob sie als Besatzer wahrgenom-
men werden. Da gilt es, alles zu tun, damit der gute Ruf
und die bisherigen Kontakte, die die Bundeswehr zu den
Menschen in Afghanistan hat, aufrechterhalten bleiben.
Herr Minister Jung, deshalb ist auch die Korrektur Ihrer
Haltung, die Anpassung Ihrer Strategie mit der Folge,
dass man angepasst an die jeweilige Gefährdungslage
weiter Fußpatrouillen durchführt, richtig gewesen. Wir
brauchen den Kontakt zu den Menschen und wir müssen
die NATO-Partner dazu bringen, ihr Verhalten ebenfalls
zu ändern.


(Beifall bei der FDP)


Deutschland ist natürlich auch besonders beim Auf-
bau der Polizei gefordert. Wir haben hier die Verantwor-
tung übernommen. Herr Minister Steinmeier, Sie haben
das auch vorgetragen. Eine funktionierende Polizei ist
eine zentrale Voraussetzung, damit die afghanische Re-
gierung irgendwann selbst in der Lage ist, für Sicherheit
und Ordnung zu sorgen. Die Anstrengungen in diesem
Punkt dürfen nicht etwa eingeschränkt, sondern müssen
eher verstärkt werden, Herr Minister. Dazu gibt es offen-
sichtlich nach wie vor unterschiedliche Vorstellungen in-
nerhalb der Bundesregierung. Deshalb hat die FDP-Bun-
destagsfraktion auch eine Kleine Anfrage gestellt, mit
der wir genau diese Frage klären wollen. Wir sind näm-
lich der Meinung, dass das ein ganz wesentliches Ele-
ment für den weiteren Aufbau Afghanistans ist. Wir wol-
len Ihnen hier gern die Gelegenheit geben, die Position
der Bundesregierung zu koordinieren.

Die Bundeswehr hat die Verantwortung für die ge-
samte Nordregion übernommen und leistet damit auch
einen wichtigen Beitrag zum ISAF-Gesamtauftrag. Es
wurde gerade schon von meinem Vorredner zitiert, dass
die Möglichkeit besteht, zeitlich und im Umfang be-
grenzt auch ISAF-Operationen in anderen Teilen des
Landes zu unterstützen. Dies geht aber nur insofern, als
dies zur Erfüllung des ISAF-Gesamtauftrages unabweis-
bar ist.

Ich sage klar und deutlich, die FDP-Fraktion trägt
diese Notfallklausel mit. Das ist aber keine General-

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(C (D rmächtigung. Deshalb erwarten wir von der Bundesegierung zunächst einmal eine klare Information des arlamentes. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee nd deshalb müssen wir Bescheid wissen, wenn Soldaen außerhalb des Kerngebietes eingesetzt werden. Wir erwarten auch, dass das die absolute Ausnahme leibt; denn der Norden hat ein latentes Eskalationsotenzial. Die Bundeswehr ist voll und ganz gefordert, ie Situation im Norden stabil zu halten. Dass es schon eute an der Ausstattung mangelt, dass es einen Mangel n gepanzerten Fahrzeugen und auch an Lufttransportkaazitäten gibt, zeigt, dass wir uns in der Tat auf den Noren konzentrieren müssen. Die Bundesregierung hat unsere Unterstützung, wenn ie keine weitere Ausweitung der Obergrenze der Zahl er Soldaten vornimmt und auch keine Ausweitung des insatzgebietes nach Osten und Süden. Die Bundeswehr st vor dem Hintergrund einer Vielzahl weiterer Ausandseinsätze – inzwischen in fünf Regionen der Erde – irklich an der Grenze der Belastbarkeit angelangt. Sie st materiell, personell und finanziell nicht in der Lage, eitere Auslandseinsätze zu übernehmen oder besteende Auslandseinsätze drastisch auszuweiten. Wir Paramentarier müssen wissen, dass unter den derzeit besteenden Umständen das Ende der Fahnenstange, was eitere Einsätze angeht, erreicht ist. Die Bundesregierung will den Bundeswehreinsatz rst nach Schaffung eines sicheren Umfeldes beenden. as ist zwar sicherlich richtig, aber wir brauchen eine xit-Strategie. Wir müssen mit unseren Partnern reden, ie man erreichen kann, dass die Truppen wieder abzieen können. Es müssen politische Zwischenschritte verinbart werden, die in einem klaren Zeitplan münden. ir brauchen ein abgestimmtes politisches Konzept. Ein olches vorzulegen, ist Ihre Aufgabe, meine Damen und erren von der Regierung. Es ist unvorstellbar, dass die undeswehr noch weitere 15 oder 20 Jahre in Afghanis an bleibt. Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist deutlich überschrit en. Würden Sie bitte zum Ende kommen? Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin. Nach der Mandatsverlängerung darf es kein Business s usual geben. Jetzt werden die Weichen neu gestellt. as nächste Jahr des Mandats ist entscheidend für die ukunft. Es handelt sich um keine Routineoperation; es ibt schon gar keinen Automatismus für die Zustimung zu diesem Einsatz. Deutschland und auch die ATO müssen aus den veränderten Bedingungen, die ir derzeit in Afghanistan vorfinden, die Konsequenzen iehen. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Dr. Christian Ruck, CDU/ CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Afgha nistan ist nicht nur der Ort des größten Bundeswehreinsatzes, sondern auch der Ort der größten Baustelle deutscher Entwicklungspolitik. Nirgendwo anders als in Afghanistan zeigt sich so dramatisch: Es gibt keine Sicherheit ohne Entwicklung und keine Entwicklung ohne Sicherheit. Mit dem Einsatz unserer Soldaten schaffen wir ein Zeitfenster für Stabilisierung und Wiederaufbau. Vom Erfolg des Wiederaufbaus hängt wiederum die Sicherheit unserer Soldaten ab. Es gibt bereits – das wurde schon gesagt – große Erfolge beim Wiederaufbau. Beispielsweise ist das ProKopf-Einkommen um 77 Prozent gestiegen. Die vielen Schülerinnen und Schüler, die jetzt wieder eine Schule besuchen können, wurden ebenfalls schon erwähnt. Das alles ist ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zu dem Zustand vor fünf oder sechs Jahren – Sie erinnern sich sicher –, als wir bei Null angefangen haben. Es ist auch richtig: Unsere Soldaten und unsere Entwicklungsexperten genießen einen hervorragenden Ruf. Das PRT-Konzept, das auch bei uns heftig diskutiert wurde, war angesichts des riskanten Umfeldes in Afghanistan genau richtig. Diese Position können wir auch nach außen vertreten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605412400
Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1605412500

(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605412600

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1605412700

Es ist schon völlig richtig dargestellt worden, dass wir
zum ersten Mal nach fünf Jahren eine Situation erleben,
in der es keinen Fortschritt gibt, sondern – im Gegenteil –
einen dramatischen Rückschritt. Es gibt krisenhafte Er-
scheinungen, was die Sicherheitslage in weiten Teilen
des Landes angeht. Entwicklungen sind zum Stillstand
gekommen, die Korruption ist auf dem Vormarsch und
die Drogenproduktion erreicht immer neue Rekord-
stände. Dies alles gefährdet die Gesamtmission Afgha-
nistan. Deswegen ist es richtig, Frau Homburger, dass
wir aus den Analysen und aus den Nachrichten die rich-
tigen Schlüsse ziehen, und zwar ohne Tabus. Das sind
wir unseren Soldaten und unseren Entwicklungshelfern
schuldig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Ebenfalls richtig ist, dass die Bundesregierung ihr
Afghanistankonzept überarbeitet. Wir wollen dabei
mitdiskutieren. Ich möchte einige Schlüsse nennen, die
wir ziehen sollten. Da geht es zunächst einmal um unse-
ren eigenen Beritt, nämlich um die Bereiche, in denen
wir Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten übernom-
men haben. Hier halte ich zwei Punkte für besonders
wichtig:

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(C (D Erstens. Wir müssen überall dort, wo es möglich ist, en Übergang von Soforthilfemaßnahmen zu einer langristigen Aufbauarbeit konsequenter vorantreiben, vor llem wenn es darum geht, dafür zu sorgen, dass die Afhanen im Verwaltungssystem, im Ausbildungssystem nd im Sicherheitssystem ihre Verantwortung mit hoher ompetenz eines Tages selbst übernehmen können. Zweitens ist der Ausbau unserer Polizeiausbildung ichtig; darauf wurde schon hingewiesen. Hierbei geht s nicht nur um eine quantitative Steigerung einer wirkich qualitativ hochwertigen Arbeit, sondern auch um die omponente der Bezahlung. Denn auch der am besten usgebildete und am höchsten motivierte Polizist wird chwach, wenn ihm die Warlords das Doppelte des Gealts von dem anbieten, was ihm die offizielle Regierung ahlen kann. Diese Komponente ist, glaube ich, genauso ichtig. Eine wichtige Erkenntnis aus unseren Schwierigkeien ist, dass der Aufbau und die Stabilität in Afghanisan ein Mosaik bilden. Wenn einzelne Teile nicht fertig erden oder herausbrechen, ist das Ganze gefährdet und richt das Ganze auseinander. Oder umgekehrt: Wenn ndere mit der Erfüllung ihrer Hausaufgaben, zum Beipiel im Drogenbereich, beim Aufbau der Justiz oder bei er Entwicklung im Süden, Schwierigkeiten haben, dann st der Gesamterfolg und damit auch unser Erfolg, den ir zweifellos im Norden haben, gefährdet. Das hat für ich zwei Konsequenzen: Es muss erstens eine bessere oordination insgesamt und zweitens eine stärkere achbarschaftshilfe geben. Zum Stichwort Koordination. Hier ist die dringende orderung nach mehr Kontinuität, nach mehr Effizienz nd auch nach mehr Seriosität bei der Tätigkeit mancher nternationaler Organisationen inklusive mancher UNrganisationen in Betracht zu ziehen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


a bauen wir auf Tom Koenigs, unseren Kompatrioten,
er neuer UN-Beauftragter in Afghanistan ist und den
ir bei der Arbeit für mehr Effizienz unterstützen soll-

en.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Koordinationsbedürftig ist auch der so wichtige Auf-
au der Sicherheitsorgane; das wurde schon gesagt. Wir
ilden die Polizisten – um es einmal etwas überspitzt zu
ormulieren – mit deutscher Gründlichkeit zu Bürgern in
niform aus, während andere das Ganze im Sheriff-

rashkurs in sechs Wochen machen. Das passt natürlich
icht zusammen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das Ganze gilt auch – das wurde schon angesprochen –
ür ein heikles Thema, nämlich für die unterschiedlichen
hilosophien der verschiedenen Streitkräfte gegenüber
er Zivilbevölkerung in Afghanistan. Auch hier muss






(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck
eine stärkere Koordinierung stattfinden. Das ist ein ganz
heikler Punkt, vor dem wir nicht die Augen verschließen
sollten.

Auch sollten wir die Augen nicht vor dem Thema
Nachbarschaftshilfe verschließen, und zwar auch in
Sektoren und Gebieten außerhalb unseres Wirkungsbe-
reiches. Auch ich bin – das sage ich ganz ehrlich – gegen
eine Ausdehnung des Bundeswehreinsatzes in den Sü-
den. Aber es gibt zum Beispiel konkrete Hilfsersuchen
der Kanadier nach unserer Expertise, nach unserem Rat
zu rasch wirksamen und rasch sichtbaren Soforthilfe-
maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit, zum
Polizeiaufbau, zur ländlichen Entwicklung und zur Ver-
besserung der Arbeit ihrer PRTs. Dazu sollten wir Ja sa-
gen. Wir sollten die Kanadier in Kandahar nicht im Stich
lassen, wenn es um solche zivilen Ratschläge und zivilen
Expertisen geht.

Auch ich halte Überlegungen für positiv, die deutsche
Entwicklungszusammenarbeit wieder dort aufzu-
nehmen, wo wir noch vor kurzem sehr erfolgreich tätig
waren, nämlich in Khost und Baktiar, wo wir hoch
angesehen sind und wo uns unter anderem auch die loka-
len Stammesfürsten zurückersehnen. Wir sollten uns
überlegen, ob wir hier einen zusätzlichen Beitrag zur
Stabilisierung Afghanistans leisten könnten.

Zum Schluss möchte ich auf das heikle Thema der
Drogenbekämpfung eingehen. Das ist eigentlich Sache
der Briten. Aber es nützt nichts: Wenn die Situation aus
dem Ruder läuft, sind wir alle betroffen und ist unser
Gesamteinsatz gefährdet. Nach einem Hearing unserer
Fraktion, bei dem übrigens auch Spezialisten aus Ko-
lumbien und Thailand anwesend waren, um den Afgha-
nen eventuell Hilfestellung zu geben, sage ich: Dies ist
schwierig, aber nicht unmöglich, wenn man auch auf
neue Ideen kommt und sich vor neuen Ideen nicht
scheut.

In Afghanistan ist eine Kombination von drei Dingen
wichtig:

Erstens. Auch die politische Spitze in Afghanistan
muss hinter der Drogenbekämpfung stehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das gilt auch für die Personalpolitik, bis hin zum Präsi-
denten Karzai. Seine Personalentscheidungen in letzter
Zeit, sowohl was die Drogenbekämpfung als auch was
die Besetzung der höchsten Stellen der Polizei anlangt,
haben nicht für Vertrauen gesorgt, auch nicht in der Be-
völkerung.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Zweitens. Die Polizei, auch wenn sie noch so gut aus-
gebildet ist, kommt nicht in das letzte Bergdorf Afgha-
nistans. Aber die Marktwirtschaft kommt dorthin. Wenn
wir den afghanischen Bauern, die ja nur 1 Prozent des
Erlöses aus dem Drogengeschäft abbekommen, eine
marktwirtschaftliche Lösung inklusive Marktzugang und
einen vernünftigen Preis für ein vernünftiges Produkt ga-
rantieren können, dann kann es gelingen, dass sie keinen

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(C (D ohn mehr anbauen. Auch darauf zielt ein deutsches ntwicklungsprojekt – es ist ein Versuchsballon – Herr Kollege, auch Sie muss ich an die Redezeit erin ern. – jawohl –; das ist unsere Zuckerfabrik. Man muss einfach auf neue Ideen kommen. Drittens. Wir brauchen die Unterstützung der verünftigen Mullahs und der vernünftigen Stammesfürsen, die auch zu Talibanzeiten gegen die Drogenprodukion vorgegangen sind, und zwar aus religiösen Gründen. (Beifall des Abg. Bernd Schmidbauer [CDU/ CSU])

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605412800
Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1605412900

(Zuruf von der SPD)


Es ist machbar. Wir müssen nur mehr Anstrengungen
ls bisher unternehmen. Wir sollten auch – da gebe ich
hnen Recht – etwas mehr Demut an den Tag legen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605413000

Herr Kollege, Sie reden auf Kosten Ihres nachfolgen-

en Kollegen.


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1605413100

Verzeihung.


(Heiterkeit)


Mein Schlusssatz. Wir haben in Afghanistan Verant-
ortung übernommen und wir dürfen uns, auch im eige-
en Interesse, aus dieser Verantwortung nicht davonsteh-
en.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605413200

Das Wort hat die Kollegin Monika Knoche, Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605413300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine werten Herren

nd Damen! Herr Klose, Sie haben sehr eindringlich ge-
agt, die NATO dürfe nicht scheitern. Ich empfinde das
icht als ein Statement eines gestandenen Realpolitikers,
ben weil uns die Wirklichkeit immer deutlicher vor Au-
en führt: Der Kampf gegen Terror kann mit Krieg nicht
ewonnen werden.


(Beifall bei der LINKEN – Rainer Arnold [SPD]: Aber mit guten Worten allein auch nicht!)


Wenn Sie immer noch mehr Militär ins Land bringen,
ringt das nicht mehr Freiheit und auch nicht Frieden in
as Land. Ich erinnere daran: Zu den kriegslegitimieren-






(A) )



(B) )


Monika Knoche
den Gründen zählte nicht nur die Zerschlagung der al-
Qaida, sondern auch die Befreiung der Frau von der
Burka und die Beendigung systematischer Menschen-
rechtsverletzungen an ihnen.

Diese Woche wurde in einem schrecklichen Anschlag
die Frauenbeauftragte Safiya Omar Jan getötet. Mäd-
chenschulen sind Anschlagsziele. Gerade deshalb sage
ich: Es darf nie das Menschenrecht der afghanischen
Frau zur Disposition gestellt werden.


(Beifall bei der LINKEN – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Deswegen wollen Sie die Bundeswehr abziehen!)


Die Frage aber ist, ob es dazu des Militärs oder nicht
doch mehr Polizei bedarf. Das Menschenrecht der Frau
muss von der afghanischen Gesellschaft und ihren staat-
lichen Institutionen geschützt werden. Die aber sind
schwächer geworden, je länger der Krieg dauert.


(Beifall bei der LINKEN)


Präsident Karzai verliert seine Unterstützung. Die
afghanische Regierung ist ineffizient; Frauen sind in
ihr nicht vertreten, wohl aber die Warlords. Diese haben
erkennbar kein Interesse an Frauenrechten, an einer Sta-
bilisierung und am Aufbau einer Zivilgesellschaft.

Mir geht es heute darum, eines der Grundübel der in-
nerafghanischen politischen Verhältnisse zu benennen,
ein Übel, das mit Krieg gegen Terror genauso wenig zu
vertreiben ist wie mit Krieg gegen Drogen: Das ist der
Mohnanbau. Er ist Quelle der Finanzierung von Kor-
ruption, Quelle der Finanzierung der Warlords und der
archaischen Macht. Dass das so ist, daran hat leider auch
Deutschland Anteil.

In Ermangelung anderer Staatsmänner wurden in der
Ära nach den Taliban die Warlords in die Regierung ge-
bracht und das Ganze wurde als Demokratie bezeichnet.
Bis heute ist der Drogenanbau rasant gestiegen; die Ge-
winne explodieren. Da hilft auch das Abbrennen der
Mohnfelder nichts, im Gegenteil: Es treibt die bäuerliche
Bevölkerung noch tiefer in den Sumpf der Abhängigkeit.
Die Ursubstanz für Heroin gedeiht; die agrarische Pro-
duktion ist dadurch nahezu vollständig ersetzt worden.

Was also ist zu tun? Es ist an der Zeit, das Unortho-
doxe zu denken. Es ist an der Zeit, den Drogenanbau in
kontrolliertem Umfang zu legalisieren. Es ist an der Zeit,
den Drogenanbau zu ersetzen. Angesichts der Preise, die
die Bauern dadurch erzielen, scheitert die prinzipielle
Illegalisierung sowieso.

Ein Ausweg ist die massive Subventionierung des
Anbaus agrarischer Produkte. In Europa haben wir uns
längst daran gewöhnt, die Landwirtschaft finanziell zu
unterstützen. Ein weiterer Weg sind ein lizenzierter, le-
galer, kontrollierter Mohnanbau und der Aufbau eines
staatlichen Monopols zur Aufbereitung für medizinische
Zwecke. Die Welt braucht kostengünstige Schmerzmit-
tel. Das gilt insbesondere für die so genannten Entwick-
lungsländer. Man muss mutige, neue Wege gehen und
nicht noch mehr vom Falschen verordnen.

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(C (D tellen wir uns doch einfach einmal vor, den Warlords, en Drogenkönigen, würde der Geldhahn abgedreht, inem ihnen das Schmiermittel für die Korruption und die inanzierungsquelle für ihre Milizen abhanden komen! Ich höre Ihre ernsten Klagen über die Dimension, die er Drogenanbau erreicht hat: Afghanistan beliefert die elt mit verbotenem Heroin. Das gedeiht unter der mas iven internationalen Militärpräsenz. Haben Sie eine raxistaugliche Antwort? Ich habe heute keine gehört. enden Sie sich einer pragmatischen Position zu, wie ch sie skizziere. (Zuruf von der CDU/CSU: Was wollen Sie denn eigentlich?)


(Beifall bei der LINKEN)


ch bin mir bewusst, dass Sie das jetzt nicht hören mö-
en. Aber was ist Ihre Alternative? Sie haben keine.


(Beifall bei der LINKEN)


Eines ist gewiss: Entwicklung und Entwicklungszu-
ammenarbeit können nur gelingen, wenn die Korrup-
ionsbekämpfung wirksam ist. Korruptionsbekämpfung
ann nur durch eine sinnvolle Drogenpolitik gelingen.
as ist eine klare, einfache Wahrheit. Das Geld für inter-
ationales Militär ist besser investiert in Wirtschafts-
ilfe, Rechtsstaatsbildung, Armutsbekämpfung sowie
en Aufbau von Polizei und sicheren Grenzen. Afgha-
istan braucht unsere nachhaltige Unterstützung.

Zu einer Exitstrategie gehört nicht nur, den Abzug des
ilitärs zu planen, sondern dazu gehört auch, eine öko-

omische Perspektive für eine volkswirtschaftliche Ge-
undung des Landes zu entwickeln. Ein starker Einsatz
on deutschen Soldaten für zivile Aufgaben wird obso-
et, wenn starke zivile Kräfte die Zivilgesellschaft stär-
en.


(Beifall bei der LINKEN)


Ob das allein die Taliban zurückdrängen wird, weiß
ch nicht sicher. Aber es besteht hinreichend Anlass, da-
on auszugehen, dass ISAF und Operation Enduring
reedom sie nicht wirklich schwächen, im Gegenteil.
aben Sie Mut zu neuen Wegen, denn das Militär befin-
et sich bereits in einer Sackgasse.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605413400

Das Wort hat die Kollegin Christel Riemann-

anewinckel, SPD-Fraktion.


Christel Hanewinckel (SPD):
Rede ID: ID1605413500

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

egen! Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen die
eale Geschichte einer afghanischen Frau erzählen.

Diese Frau hat sich in ihrem Land, in Afghanistan, im
ahmen einer Ausbildungsmaßnahme, die mit Mitteln
er deutschen Entwicklungszusammenarbeit gefördert
urde, zur Polizistin ausbilden lassen. Diese Frau fährt






(A) )



(B) )


Christel Riemann-Hanewinckel
jeden Tag mit dem Bus zu ihrem Arbeitsplatz; das ist der
Flughafen in Kabul. Ihr Arbeitsplatz dort ist die Sicher-
heitskontrolle. Sie ist bekleidet mit einer Polizeiuniform.
Darüber trägt sie eine Burka. Die Burka legt sie erst ab,
wenn sie ihren Arbeitsplatz erreicht hat.

Für diese Frau hat sich das Leben nach dem Sturz des
Talibanregimes grundlegend verändert. Sie hat nach
36 Jahren erstmals das Parlament mitwählen können. Sie
kann endlich öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Sie
hat die Möglichkeit bekommen, eine Ausbildung zu ma-
chen. Sie hat einen Arbeitsplatz. Sie verdient Geld, um
ihre Familie zu ernähren. Sie erlebt, dass ihre Kennt-
nisse, ihre Erfahrungen notwendig sind und ihr Tun als
Frau genauso wichtig wie das der Männer ist. Sie nimmt
am öffentlichen Leben teil. Sie ist gefragt. Sie baut die
Gesellschaft mit auf. Diese wichtigen Erfahrungen kann
sie an ihre Familie, an ihre Kinder, an ihre Töchter und
in ihrer Nachbarschaft weitergeben.

Sie erlebt aber auch Einschüchterung und Bedrohung.
Sie trägt die Burka heute nicht mehr, weil sie sie tragen
muss, sondern – so absurd das für uns klingen mag –
weil sie ihr Schutz gibt. Sie will als Polizistin in der Öf-
fentlichkeit nicht erkannt werden, weil sie sich damit ei-
ner tödlichen Gefahr aussetzt.

Dieses Beispiel zeigt: Frauen in Afghanistan gehen
ein hohes persönliches Risiko ein, um sich am Aufbau
ihres Landes zu beteiligen. Sie haben den Mut, sich als
Polizistinnen, als Richterinnen, als Anwältinnen und als
Lehrerinnen ausbilden zu lassen und als solche zu arbei-
ten. Sie wollen die Rechte, die ihnen die neue afghani-
sche Verfassung gibt, ergreifen und sie mit Leben füllen.
Dieses Beispiel macht deutlich, dass Entwicklung ohne
Sicherheit nicht möglich ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dauerhafte Sicherheit kann nur dort entstehen, wo
Bildung und Entwicklung gemeinsam wachsen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bildung und Ausbildung von Frauen sind ein Schwer-
punkt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in
Afghanistan. Pro Jahr werden in Rahmen der Entwick-
lungszusammenarbeit 80 Millionen Euro investiert, um
den Aufbau von Staat und Gesellschaft voranzubringen.

Deutsche Entwicklungszusammenarbeit hat dazu bei-
getragen, dass Mädchen wieder in die Schule gehen kön-
nen. Denn es darf nicht so bleiben, dass 90 Prozent der
Frauen in Afghanistan Analphabetinnen sind. Das muss
und kann sich durch deutsche Entwicklungszusammen-
arbeit ändern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Entwicklungszusammenarbeit hat dazu beigetragen,
dass Frauen Zugang zu medizinischer Versorgung be-

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(C (D ommen haben und Rechtsberatung erhalten. Die Enticklungszusammenarbeit hat auch dazu beigetragen, ass Frauen Arbeitsplätze, zum Teil mit paralleler Kinerbetreuung, bekommen. Außerdem hat die Entwickungszusammenarbeit dazu beigetragen, dass sauberes asser, Energie, neue Straßen und Infrastruktur wirtchaftliches Leben ermöglichen. Dieses Engagement müssen wir fortsetzen. Wir wolen mit unserem Engagement die Mehrheit in Afghanisan stützen. Die Mehrheit in Afghanistan sind die Frauen nd Mädchen, die nämlich wie in nahezu allen Ländern ieser Welt fast 53 Prozent ausmachen. Sie müssen zum ntwicklungsmotor in Afghanistan werden. Wir wollen, dass die Durchführungsorganisationen or Ort ein Mindestmaß an Sicherheit haben, gerade etzt, da Mord und Gewalt das bisher Erreichte erheblich efährden. Die Nichtregierungsorganisation medica ondiale – viele von Ihnen kennen sie – hat mir ge chrieben: Unsere Projekte zur Stärkung, Heilung und artizipation von Frauen wären ohne die Präsenz von SAF gar nicht möglich. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb sind in Afghanistan noch immer deutsche
achfrauen und Fachmänner sowie deutsche Soldatinnen
nd Soldaten in der Entwicklungszusammenarbeit nötig.
eshalb – nicht weil wir Krieg führen wollen, sondern
eil wir mit den Fachfrauen und Fachmännern, mit den
enschen in Afghanistan und mit deutschen Soldatin-

en und Soldaten vieles erreichen – bitte ich Sie, der
erlängerung des ISAF-Mandates zuzustimmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605413600

Das Wort hat der Kollege Ernst-Reinhard Beck,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ernst-Reinhard Beck (CDU):
Rede ID: ID1605413700

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Auslandseinsätze der Bundeswehr sind
ur Normalität geworden. Aber gerade deshalb dürfen
eder wir als Parlamentarier noch die Öffentlichkeit
iese Einsätze als Alltagsgeschäft behandeln. Es wäre
atal, wenn der Eindruck entstünde, dass wir leichtfertig,
ast schon routiniert Männer und Frauen in die Krisenge-
iete dieser Welt schicken. Ich bin mir sicher: Wir sind
ns der Verantwortung voll bewusst und wägen, wie die
ebatte zeigt, bei jeder Mandatsverlängerung Chancen
nd Risiken, Auftrag und Mittel sorgfältig ab.

Demnächst stehen nahezu 10 000 deutsche Soldaten,
arunter knapp 10 Prozent Reservisten, weitgehend gut
usgerüstet und gut ausgebildet, im Einsatz. Dabei sind
efahren für Leben und Gesundheit unserer Soldatinnen






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Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)

und Soldaten immanent. Vor diesem Hintergrund ent-
scheiden wir heute über die Verlängerung des ISAF-
Mandats. Als der Bundestag vor fünf Jahren zum ersten
Mal einen Afghanistaneinsatz beschlossen hat, muss je-
dem klar gewesen sein, dass dies keine gefahrlose, kurze
Episode sein würde, sondern dass dabei Geduld, Finger-
spitzengefühl und ein langer Atem notwendig sein wür-
den – politisch, militärisch und finanziell.

Nach fünf Jahren des ISAF-Einsatzes und des Wie-
deraufbaus in Afghanistan ist die Bilanz durchwachsen
– meine Vorredner haben schon darauf aufmerksam ge-
macht –: Einerseits gibt es, nicht zuletzt dank deutscher
Hilfe, Fortschritte im Gesundheits- und Schulwesen, ein
gewähltes Parlament, eine legitime Regierung und Fort-
schritte beim Aufbau der Polizei. Andererseits nimmt
die Zahl der Anschläge im ganzen Land zu, der Dro-
genanbau floriert und es werden Rekordernten gemeldet,
die Korruption ist ungebrochen und im Süden herrscht
regelrecht Krieg.

Auch im Norden des Landes hat sich die Lage in kur-
zer Zeit dramatisch zugespitzt. Die deutschen Feldlager
in Masar-i-Scharif, Kunduz und Faizabad sind regelmä-
ßig unter Raketen- und Gewehrbeschuss. Hinzu kom-
men die IEDs, versteckte, ferngezündete Bomben, als
ständige Bedrohung unserer Patrouillen sowie Selbst-
mordattacken und Autobombenanschläge.

Machen wir uns nichts vor: Auch im Norden, im Auf-
gabenbereich der Bundeswehr, wächst die Frustration
und Enttäuschung der Menschen, die Ablehnung der
Zentralregierung und der internationalen Gemeinschaft.
Auch dort werden unsere Soldaten, so Leid uns das tut
und so sehr uns das schmerzt, mehr und mehr als Besat-
zer und nicht als Helfer angesehen.

Wir sind derzeit nach Großbritannien der zweitgrößte
Truppensteller. Im Norden des Landes stellen wir
2 200 und in Kabul 580 Soldatinnen und Soldaten; damit
sind wir sowohl in der Fläche als auch in der Hauptstadt
vertreten. Sie leisten unter gefährlichen Bedingungen
hervorragende Arbeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich möchte
an dieser Stelle ausdrücklich unseren Soldaten in allen
Einsatzgebieten, insbesondere aber denen in Afghanis-
tan, unseren herzlichen Dank sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie verdienen, wie ich meine, nicht nur unseren Dank,
sondern auch unsere volle Unterstützung, wenn es da-
rum geht, ihre materielle Ausstattung zu verbessern, im
Hinblick auf geschützte Fahrzeuge, Hubschrauber, eine
gepanzerte Reserve oder auch beim Schutz der Feldla-
ger.

Mit dem Einsatzversorgungsgesetz haben wir zudem
die Absicherung unserer Soldatinnen und Soldaten ent-
scheidend verbessern können. An dieser Stelle begrüße

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(C (D ch ausdrücklich die Gesetzesinitiative von Minister r. Jung zur Weiterbeschäftigung von im Einsatz daueraft schwer beschädigten Soldatinnen und Soldaten. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


atürlich dürfen sich unsere Soldaten nicht einigeln. Um
hren Auftrag zu erfüllen, müssen sie den Kontakt mit
en Menschen halten, auch wenn dies mit Gefahren ver-
unden ist.

Der Kollege Klose hat darauf hingewiesen: Die For-
ulierung des Mandats, dass das deutsche Kontingent

ie ISAF-Operation zeitlich und im Umfang begrenzt in
nderen Regionen unterstützt, sofern dies zur Erfüllung
es ISAF-Gesamtauftrags unabwendbar ist, lässt genü-
end Spielraum für verantwortungsbewusste Entschei-
ungen.

Ich befürworte eine realistische Analyse der Lage. Ich
arne jedoch dringend vor pessimistischen Schlussfol-
erungen und davor, bereits jetzt von einem Scheitern
er internationalen Gemeinschaft oder der NATO in Af-
hanistan zu sprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das Afghanistankonzept der Bundesregierung heißt
urz gefasst: Sicherheit und Wiederaufbau. Dieses Kon-
ept ist richtig und zukunftsweisend. Für Sicherheit und
tabilität als Grundlage des Wiederaufbaus steht die
RT-Konzeption von ISAF, für die die Bundeswehr in
er Nordregion die Verantwortung trägt. Aber auch die
peration Enduring Freedom leistet einen unverzichtba-

en Beitrag zur Schaffung von Sicherheit und zur Her-
tellung stabiler Verhältnisse. Entscheidend wird jedoch
ein, beim Wiederaufbau der Infrastruktur rascher sicht-
are Erfolge zu erzielen. Trotz der verschlechterten Si-
herheitslage ist eines klar: Wir können nicht weglaufen,
enn es kritisch wird. Wer jetzt für den Abzug unserer
oldaten plädiert, lässt die Menschen in Afghanistan im
tich, übrigens mit unabsehbaren Folgen für unsere ei-
ene Sicherheit, von den Folgen eines Scheiterns für die
ATO ganz zu schweigen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


er Kampf um die Herzen und Köpfe der Afghanen
teht auf Messers Schneide, aber er ist nicht verloren.

ir müssen ihn gewinnen. Wir stimmen deshalb der
erlängerung des ISAF-Mandats zu.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605413800

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

ainer Arnold, SPD-Fraktion.


Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1605413900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

en! Auch die fünfte Verlängerung des Mandates der






(A) )



(B) )


Rainer Arnold
Vereinten Nationen zum Einsatz der Internationalen Si-
cherheitsunterstützungstruppe für Afghanistan ist alles
andere als parlamentarische Routine. Unsere Parla-
mentsarmee verlangt von uns mehr: weitere Diskussion
über die schwierige, ernste Situation und einen größeren
Beitrag aller Parlamentariergruppen in allen tangierten
Ausschüssen, den wir zur Begleitung der Anstrengungen
der Bundesregierung stärker vernetzen sollten. Insofern
finde ich es schade, dass die Grünen ihren Antrag so
kurzfristig eingebracht haben. Wir hätten uns bestimmt
auf eine gemeinsame Initiative verständigen können.
Das hätte das Thema verdient gehabt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zur parlamentarischen Verantwortung, Frau Kollegin
Homburger, gehört auch, dass die Regierung uns korrekt
informiert. Nur, mit Ihrer Formulierung haben Sie ver-
sucht, den Eindruck zu erwecken, die Bundesregierung
tue dies möglicherweise nicht. Deshalb stelle ich hier
fest: Die Bundesregierung hat das Parlament über die
Obleute – auch über Einsätze und Unterstützungsleistun-
gen der Soldaten im Süden Afghanistans – stets korrekt
informiert.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Den federführenden Ausschuss nicht!)


Wir wissen, die Sicherheitslage hat sich massiv ver-
schlechtert. Im Süden des Landes herrscht eigentlich
Krieg zwischen ISAF und militärisch organisierten Auf-
ständischen. Dort sind auch die internationalen Hilfsor-
ganisationen kaum mehr einsatzfähig. Das alles hat auch
auf den Norden, das Einsatzgebiet der deutschen Solda-
ten, Auswirkungen. Jetzt in Panik zu verfallen, wäre die
falsche Reaktion. Aber wir müssen in der öffentlichen
Debatte das Risiko für die Bundeswehr, für die Men-
schen in der Truppe, realistisch darstellen und bewerten,
ohne es allerdings zu verdrängen. Wir haben es mit einer
komplizierten Situation zu tun, bei der es auf die auftau-
chenden Fragen keine einfachen Antworten gibt. Der
Minister und wir Parlamentarier tun alles, um den Solda-
ten den notwendigen Schutz zu gewähren. Doch im Ziel-
konflikt dazu steht die Erfüllung des Auftrages. Deshalb
kann man sich nicht darauf beschränken, mit sicheren
Fahrzeugen durch den Norden Afghanistans zu fahren;
die Soldatinnen und Soldaten müssen aussteigen, mit
den Afghanen kommunizieren, Vertrauen bilden und In-
formationen weiterleiten.

Angesichts dieses Zielkonfliktes müssen wir die Risi-
ken korrekt analysieren: Afghanistan steht sicherlich auf
der Kippe und es bleibt nicht mehr allzu viel Zeit, um die
Wende zu Sicherheit und sozialer Stabilität zu schaffen.
Ich habe den Eindruck, dass wir uns gelegentlich durch
die sichtbaren, aber vielleicht nur oberflächlichen
Erfolge beim Aufbau der staatlichen Institutionen ha-
ben blenden lassen. Diese Institutionen sind geschaffen,
ja, aber sind sie wirklich in den Köpfen der Bevölkerung
angekommen? Es darf uns nicht wundern, dass das
schwierig ist in einem Land, das nie ein gefestigtes
Staatswesen gekannt hat. Wir reden im Hinblick auf Af-
ghanistan nicht von einem Wiederaufbau, wir reden von
einem Neuaufbau des Landes.

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(C (D Es mehren sich die kritischen Stimmen, die immer ieder darauf hinweisen, dass Teile der politischen Füh ung des Landes möglicherweise ein Teil des Problems arstellen. Wir haben heute vom Polizeiaufbau gehört, o sich die Bundesregierung engagiert und gute Ausbilung leistet. Wir dürfen aber nicht zulassen, dass wichige Führungspositionen bei der Polizei nach einem lientelsystem besetzt werden. Ich denke, wir Deutschen haben wegen unserer guten eziehungen zu Afghanistan eine ganz besondere Verntwortung. Wir tun das aber in dem Bewusstsein, dass as nur mit einer gemeinsamen Verantwortung der ATO-Partner für den Norden, den Zentralteil, den Süen und den Osten gelingen kann. Ich fürchte aber, dass ir noch eine Debatte mit dem Ziel führen müssen, eien wirklich kohärenten Stabilisierungsprozess aller ATO-Partner zu erreichen. Dabei müssen wir auch bedenken: Wenn durch die ilitärischen Operationen zwar der Terrorismus be ämpft wird, gleichzeitig aber keine Rücksichten auf die efühle und Traditionen der Menschen genommen wird, ann dürfen wir uns am Ende nicht wundern, wenn die egner des Stabilisierungsprozesses mehr und mehr Un erstützung finden. Wenn es uns in einem Land, in dem 8 Prozent der Menschen unter 18 Jahre alt sind, nicht elingt, die Lebensbedingungen gerade der jungen enschen schnell zu verbessern, dann dürfen wir uns icht wundern, wenn die jungen Männer, die keine Zuunftsperspektive haben, aufgrund der islamistischen ropaganda nach Pakistan gehen, um dort für ein paar ollar am Tag das Terroristenhandwerk zu erlernen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Wir brauchen diese strategische Debatte in der NATO
lso, um die Bevölkerung, die uns entfremdet ist, wieder
in Stück weit zurückzugewinnen. Wir brauchen nicht
ur Härte, sondern wir brauchen den Dialog und vor al-
en Dingen schnell sichtbare und große Kraftanstrengun-
en: Projekte für Wasser, Straßen, Bildung, Elektrizität
nd Gesundheit. Wir müssen die unterschiedlichen PRT-
onzepte wirklich evaluieren. Bei keinem Wiederaufbau

ines Landes hatte die internationale Truppe in Relation
ur Gesamtbevölkerung einen so geringen Umfang wie
etzt in Afghanistan. Trotzdem ist dieses PRT-Konzept
er richtige Weg, weil wir wissen: Allein durch eine
asse von Soldaten kann dieses Land am Ende nicht

tabilisiert werden. An die Linke gerichtet: Freundliche
orte und billige Ratschläge allein werden aber natür-

ich auch nicht langen, um in Afghanistan Vertrauen und
tabilität wiederherzustellen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich komme zum Ende. Nur mit diesem abgestimmten
rozess werden wir die derzeitige Entwicklung noch
mdrehen können, damit Afghanistan nicht in Bürger-
rieg und Chaos zurückfällt. Scheitert Afghanistan, dann
cheitert im Übrigen nicht nur die NATO, sondern dann
cheitert auch die Idee der gesamten Staatengemein-
chaft, für den Neuaufbau eines Landes eine gemein-
ame Verantwortung zu übernehmen.






(A) )



(B) )


Rainer Arnold
Ich denke, die Taliban und alle Terroristen dort sollen
wissen: Wir werden diese Herausforderung beharrlich,
entschlossen und auch mit dem notwendigen Gespür für
die Kultur der Menschen in Afghanistan annehmen. Wir
tun dies mit besonders großem Respekt und mit beson-
ders großer Anerkennung all der Menschen bei der
Truppe und bei den zivilen Organisationen, die stellver-
tretend für unser ganzes Land dort diese gefährliche Ar-
beit leisten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605414000

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf Druck-
sache 16/2774 zu dem Antrag der Bundesregierung zur
Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher
Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicher-
heitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung
der NATO.

Mir liegen Erklärungen zur Abstimmung nach § 31
unserer Geschäftsordnung vor, und zwar von den Kolle-
ginnen und Kollegen Bärbel Höhn, Ute Koczy, Ingrid
Arndt-Brauer, Frank Schwabe, Otto Fricke, Jürgen
Koppelin, Gisela Piltz, Winfried Hermann, Hans-
Christian Ströbele und weiteren Kolleginnen und Kolle-
gen aus der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung, den Antrag auf Drucksache 16/2573 anzunehmen.
Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte alle
Kolleginnen und Kollegen, bei der Stimmabgabe darauf
zu achten, dass die Stimmkarten, die sie verwenden,
auch ihren Namen tragen. Ich bitte die Schriftführerin-
nen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzu-
nehmen. – Sind alle Plätze an den Urnen besetzt? – Das
ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.

Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, dass seine
Stimme noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der
Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekannt gegeben.1)

Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, wieder ihre
Plätze einzunehmen, damit wir die weiteren Abstim-
mungen vornehmen können.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent-
schließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
auf Drucksache 16/2778. Wer stimmt für diesen Ent-
schließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
gen? – Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen
der SPD, der CDU/CSU und der Fraktion der Linken bei
Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen und Enthal-
tung der FDP abgelehnt.

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V1) Ergebnis Seite 5226 D

(C (D Tagesordnungspunkt 6 c. Beschlussempfehlung des uswärtigen Ausschusses auf Drucksache 16/2776 zu em Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke zu em Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung der eteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte in Afghaistan. Der Ausschuss empfiehlt, den Entschließungsanrag auf Drucksache 16/2623 abzulehnen. Wer stimmt ür diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Entaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU und DP bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke angeommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf: a)

richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus-
schuss) zu dem Antrag der Bundesregierung

Fortsetzung der Beteiligung deutscher Streit-
kräfte an der Friedensmission der Vereinten
Nationen im Sudan (UNMIS) auf Grundlage
der Resolution 1709 (2006) des Sicherheits-
rates der Vereinten Nationen vom 22. Septem-
ber 2006

– Drucksachen 16/2700, 16/2777 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Eckart von Klaeden
Brunhilde Irber
Dr. Werner Hoyer
Dr. Norman Paech
Kerstin Müller (Köln)


b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 16/2786 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Herbert Frankenhauser
Lothar Mark
Jürgen Koppelin
Michael Leutert
Alexander Bonde

Über die Beschlussempfehlung werden wir später na-
entlich abstimmen.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
in Brunhilde Irber, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Brunhilde Irber (SPD):
Rede ID: ID1605414100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Am 9. Januar 2005 unterzeichneten die suda-
esische Regierung und die südsudanesische Rebellen-
ewegung SPLM das so genannte Comprehensive Peace
greement. Mit diesem Friedensabkommen war und

st die Hoffnung verbunden, einen der längsten Bürger-
riege Afrikas zu beenden. Seit der Mandatierung der
N-Friedensmission UNMIS mit der Resolution 1590






(A) )



(B) )


Brunhilde Irber
vom 24. März 2005 und dem vom Bundestag daraufhin
am 22. April 2005 beschlossenen Einsatz von Bundes-
wehrsoldaten wurden viele Anstrengungen unternom-
men. Beispiele dafür sind die Bildung der Regierung der
nationalen Einheit, die Übergangsverfassung für den
Südsudan, die Bildung einer Regierung im Südsudan,
die Bemühungen zur Entwaffnung und Eingliederung
von Milizen, die Hilfe für zahllose Flüchtlinge und der
Darfur-Friedensvertrag im Mai dieses Jahres.

Nun steht erneut die Verlängerung des Mandats für
die Bundeswehrsoldaten an. Gemäß der am vergangenen
Freitag verabschiedeten VN-Resolution 1709 soll dies
für zunächst weitere 14 Tage geschehen. Warum nur
14 Tage? Hintergrund ist das Bestreben der Amerikaner,
mit der ständigen Neubefassung des Sicherheitsrats die
sudanesische Regierung zu einer Zustimmung zur
Resolution 1706 zu bewegen. Sie soll den Übergang der
von der Afrikanischen Union geführten und gestellten
Friedensmission in Darfur, AMIS, in die bestehende
Mission der Vereinten Nationen, UNMIS, herbeiführen.

Wir haben es also derzeit mit zwei Missionen zu tun.
Auch dann, wenn Präsident al-Bashir grünes Licht für
den Übergang von AMIS zu UNMIS geben würde,
bliebe es faktisch bei zwei Missionen.

Ohne Zweifel hätten sich die Dinge positiver entwi-
ckelt, wenn der Friedensprozess von einer größeren An-
zahl der Akteure und Interessengruppen getragen wäre
und wenn die sudanesische Regierung den Prozess tat-
kräftiger unterstützen würde. Weil dies derzeit nicht der
Fall ist, häufen sich Meldungen über direkte Gefechte
zwischen Rebelleneinheiten und Regierungstruppen. Es
geschieht, was in solchen Situationen immer geschieht:
Es trifft vor allem die Zivilbevölkerung.

Kofi Annan hat am 11. September in seiner Rede vor
dem Sicherheitsrat zu Recht gesagt: „Die Tragödie in
Darfur hat einen kritischen Punkt erreicht.“ Mit Blick
auf das Versagen der Vereinten Nationen in Ruanda
fügte er hinzu: „Es ist keine Zeit für den Mittelweg halb-
herziger Maßnahmen.“ Deshalb müssen die diplomati-
schen Bemühungen noch einmal enorm gesteigert wer-
den, um die Konfliktparteien zur Vernunft zu bringen.
Gefordert ist hierbei neben der UN und der Afrikani-
schen Union vor allem auch China.

Der Friedensprozess muss fortgesetzt werden. Alles
andere wäre eine Katastrophe,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


und zwar für alle: für den Sudan, Afrika, Europa und die
internationale Staatengemeinschaft.

Die UNMIS-Mission im Süden des Sudan – nur da-
rum geht es bei der heutigen Entscheidung – ist ein
wichtiger Bestandteil des Friedensprozesses für den
gesamten Sudan und damit auch ein wichtiges Element
im Hinblick auf den Weg zu einer politischen Lösung
des Konflikts im westsudanesischen Darfur.

Die Entscheidung vom 22. April 2005, deutsche Sol-
daten an UNMIS zu beteiligen, ist uns nicht leicht gefal-

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(C (D en. Auch dies war keine Routineentscheidung. Wir üssen aber zur Kenntnis nehmen, dass sich die Rolle er deutschen Bundeswehr in den letzten Jahren geänert hat. Darüber sollte auf jeden Fall öffentlich stärker iskutiert werden. Die Bundeswehr genießt hohes Anseen in Deutschland. Es wäre zu wünschen, dass diese reite Akzeptanz auch die Auslandseinsätze einschließt. Die deutschen Soldaten sollen nach dem heutigen Bechluss ihre Aufgabe zur Unterstützung des Nord-Südriedensprozesses weiterhin wahrnehmen. Mit bis zu 5 Militärbeobachtern ist dies in Anbetracht der Prolemlage sicherlich ein bescheidener Beitrag. Aber ein ichtiger ist es allemal. Unser Dank gilt den deutschen oldaten in diesem Einsatz. Im kommenden Jahr wird Deutschland die EU-Ratsräsidentschaft und die G-8-Präsidentschaft übernehen. Die so genannte Neue Partnerschaft für die Enticklung Afrikas, der NEPAD-Prozess, wird ein Thema ein. Die Initiative könnte die Bundesregierung auch für inen Allparteiendialog außerhalb des Sudan ergreifen. ir sind gut beraten, wenn wir mit dem gleichen Engageent, mit dem unsere Soldaten Dienst in der sudanesi chen Krisenregion leisten, die soziale und die wirtchaftliche Entwicklung der afrikanischen Staaten nterstützen. Beides gehört zusammen. Militärische Opionen der internationalen Staatengemeinschaft zur Siherung des Weltfriedens müssen von infrastrukturellen onzepten und Hilfen für den Staatenaufbau begleitet erden. Solange die Hoffnung besteht, dass mit einer erweierten UNMIS-Mission das Leiden Hunderttausender geildert wird, alle bisherigen Bemühungen nicht umsonst aren und der Friedensprozess weitergeht, so lange ist er Einsatz deutscher Soldaten im Süden des Sudan ertvoll. ir sollten deshalb dem Antrag der Bundesregierung uf Verlängerung des Mandats mit großer Mehrheit zutimmen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605414200


ch komme zu Tagesordnungspunkt 6 a zurück und gebe
as von den Schriftführern ermittelte Ergebnis der na-
entlichen Abstimmung über die Beschlussempfeh-

ung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der
undesregierung auf Fortsetzung der Beteiligung be-
affneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz in Afgha-
istan unter Führung der NATO, Drucksachen 16/2573
nd 16/2774, bekannt: Abgegebene Stimmen 572. Mit Ja
aben gestimmt 492, mit Nein haben gestimmt 71, Ent-
altungen neun. Die Beschlussempfehlung ist damit an-
enommen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 572;
davon

ja: 492
nein: 71
enthalten: 9

Ja

CDU/CSU

Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Clemens Binninger
Carl-Eduard von Bismarck
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Jochen Borchert
Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Michael Brand
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Anke Eymer (Lübeck)

Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Eberhard Gienger
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold

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einhard Grindel
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Guttenberg
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erda Hasselfeldt
rsula Heinen
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laus Hofbauer
ranz-Josef Holzenkamp
oachim Hörster
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usanne Jaffke
r. Peter Jahr
r. Hans-Heinrich Jordan
ndreas Jung (Konstanz)

r. Franz Josef Jung
artholomäus Kalb
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teffen Kampeter
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(VillingenSchwenningen)


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ürgen Klimke
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ristina Köhler (Wiesbaden)

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r. Günter Krings
r. Martina Krogmann

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r. Hermann Kues
r. Karl Lamers (Heidelberg)

r. Norbert Lammert
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(Braunschweig)


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atherina Reiche (Potsdam)

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(C (D ndrea Astrid Voßhoff erhard Wächter arco Wanderwitz ai Wegner arcus Weinberg eter Weiß erald Weiß go Wellenreuther arl-Georg Wellmann nette Widmann-Mauz laus-Peter Willsch lisabeth WinkelmeierBecker atthias Wissmann agmar Wöhrl olfgang Zöller illi Zylajew PD r. Lale Akgün erd Andres ils Annen grid Arndt-Brauer ainer Arnold rnst Bahr oris Barnett r. Hans-Peter Bartels laus Barthel ören Bartol abine Bätzing irk Becker we Beckmeyer laus Uwe Benneter r. Axel Berg te Berg etra Bierwirth olker Blumentritt lemens Bollen erd Bollmann r. Gerhard Botz laus Brandner ernhard Brinkmann delgard Bulmahn lla Burchardt artin Burkert r. Michael Bürsch hristian Carstensen arion Caspers-Merk r. Herta Däubler-Gmelin arl Diller artin Dörmann r. Carl-Christian Dressel lvira Drobinski-Weiß arrelt Duin etlef Dzembritzki ebastian Edathy iegmund Ehrmann ans Eichel ernot Erler etra Ernstberger arin Evers-Meyer nnette Faße lke Ferner abriele Fograscher ainer Fornahl abriele Frechen Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Angelika Graf Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann Nina Hauer Hubertus Heil Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Gabriele Hiller-Ohm Gerd Höfer Iris Hoffmann Frank Hofmann Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Brunhilde Irber Johannes Jung Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Christian Kleiminger Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Nicolette Kressl Volker Kröning Angelika Krüger-Leißner Dr. Hans-Ulrich Krüger Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange Dr. Karl Lauterbach Waltraud Lehn Helga Lopez Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski Caren Marks Katja Mast Markus Meckel Petra Merkel U D U M D M G F D A T H H J J C F D M S M G D C W S R D K M O M A A D M U S R D H C O O R S E D D R R W D J D A L R C D J J J D lrike Merten r. Matthias Miersch rsula Mogg arko Mühlstein etlef Müller ichael Müller esine Multhaupt ranz Müntefering r. Rolf Mützenich ndrea Nahles homas Oppermann olger Ortel einz Paula ohannes Pflug oachim Poß hristoph Pries lorian Pronold r. Sascha Raabe echthild Rawert teffen Reiche aik Reichel erold Reichenbach r. Carola Reimann hristel RiemannHanewinckel alter Riester önke Rix ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth ichael Roth rtwin Runde arlene Rupprecht nton Schaaf xel Schäfer r. Hermann Scheer arianne Schieder lla Schmidt ilvia Schmidt enate Schmidt r. Frank Schmidt einz Schmitt arsten Schneider laf Scholz ttmar Schreiner einhard Schultz wen Schulz wald Schurer r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz ita Schwarzelühr-Sutter olfgang Spanier r. Margrit Spielmann örg-Otto Spiller r. Ditmar Staffelt ndreas Steppuhn udwig Stiegler olf Stöckel hristoph Strässer r. Peter Struck oachim Stünker örg Tauss ella Teuchner r. h. c. Wolfgang Thierse J F R S J D H A P G D L D A H D E D W H M B F J C D R A E P M J U O P H H D H E B D M H G H S H I S M M P J B D H D C G J F örn Thießen ranz Thönnes üdiger Veit imone Violka örg Vogelsänger r. Marlies Volkmer edi Wegener ndreas Weigel etra Weis ert Weisskirchen r. Rainer Wend ydia Westrich r. 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Rainer Stinner arl-Ludwig Thiele lorian Toncar hristoph Waitz r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff artin Zeil ÜNDNIS 90/DIE RÜNEN erstin Andreae arieluise Beck olker Beck ornelia Behm irgitt Bender atthias Berninger rietje Bettin lexander Bonde kin Deligöz r. Thea Dückert r. Uschi Eid ans-Josef Fell ai Gehring nja Hajduk ritta Haßelmann riska Hinz lrike Höfken ärbel Höhn hilo Hoppe te Koczy ritz Kuhn enate Künast ndine Kurth arkus Kurth r. Reinhard Loske nna Lührmann erzy Montag erstin Müller infried Nachtwei mid Nouripour rigitte Pothmer laudia Roth rista Sager lisabeth Scharfenberg hristine Scheel r. Gerhard Schick ainder Steenblock ilke Stokar von Neuforn ürgen Trittin olfgang Wieland osef Philip Winkler argareta Wolf ein DU/CSU olfgang Börnsen r. Peter Gauweiler Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Sudan sind – wir haben darüber bereits an verschiedenen ment. Wir können beides nicht isoliert voneinander Stellen gesprochen – äußerst d erregend. Dennoch leistet de wertvollen Beitrag zur Sich Südsudan. Nach 20 Jahren Bür weise über 2 Millionen Toten Peace-Agreement, ist dieser Fr stein auf dem Weg zu dauerhaf Die Bundeswehr leistet bei trotz der schwierigen Bedingun war vor zwei Monaten im Sud sudan. Ich konnte sehen, welch schen: Malariagefahr, sintfluta Hitze, Unmengen an Landmine habe auch die Herzlichkeit der nen die Bundeswehr hohes Ans dass ich für alle hier spreche, w ten gilt unser großer Dank und (Beifall bei der FDP, der C und dem BÜNDNIS 90 Ich konnte in Juba sehen, dass densvertrags vorankommt, we gert. Die sudanesische Zentral geblich verantwortlich. Die E ramatisch und besorgnisr UNMIS-Einsatz einen erung des Friedens im gerkrieg und schätzungs ist das Comprehensiveiedensvertrag ein Meilentem Frieden. diesem Einsatz vor Ort gen sehr gute Arbeit. Ich an, auch in Juba im Süde Bedingungen dort herrrtige Regenfälle, extreme n und Überfälle. Aber ich Menschen erlebt, bei deehen genießt. Ich glaube, enn ich sage: Den Soldaunser ganzer Respekt. DU/CSU, der SPD /DIE GRÜNEN)


(Hildesheim)





(A) )


(B) )


(Wackernheim)


(Tuchenbach)


(Everswinkel)


(Wiesloch)


(Wolmirstedt)


(Frankfurt)


(Bönstrup)





(A) )


(B) )


die Umsetzung des Frie-
nn auch deutlich verzö-
regierung ist dafür maß-
rdölkommission hat ihre

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Deswegen möchte ich kur
uch weil es im Antrag der B
ird. Ich meine, wir tun immer
atte über eine mögliche Lösu
ive unserer Bündnispartner be
ei aller Zurückhaltung, die wi
ei der Umsetzung der Resolu
en, nicht verkennen, dass die
enden Bündnispartnern schon
ik hat. In den USA und in
arfurkonflikt eine öffentlic

eicht, von der wir hier in Deut
ntfernt sind. Wir sollten uns k
ald Entscheidungen auf uns
ürde es sehr begrüßen, wen

ine fundierte und eine tiefgehe
olitischen Ansatz führen würd


(Beifall bei der FDP sowi der SPD ir nehmen hier und heute kei en Darfureinsatz oder das so eg. Aber eines muss gesagt arfur-Dialog, der alle Konflik z auf Darfur eingehen, undesregierung erwähnt gut daran, wenn die De ng auch aus der Perspektrachtet wird. Wir sollten r uns verständlicherweise tion 1706 selbst auferleses Thema bei entschei eine ganz andere Dyna Großbritannien hat der he Aufmerksamkeit erschland leider meilenweit lar darüber sein, dass hier zukommen können. Ich n wir hierzu im Vorfeld nde Diskussion über den en. e bei Abgeordneten )


ne Entscheidung über ei-
genannte Rehatting vor-
sein: Ohne einen Darfur-
tparteien und die Zivilge-
betrachten.
Henry Nitzsche
Willy Wimmer (Neuss)


SPD

Gregor Amann
Dr. Peter Danckert
Renate Gradistanac
Reinhold Hemker
Petra Hinz (Essen)

Lothar Mark
Hilde Mattheis

FDP

Joachim Günther (Plauen)

Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin

DIE LINKE

Hüseyin-Kenan Aydin
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Dr. Lothar Bisky
Heidrun Bluhm
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge

Roland Claus
Sevim Dagdelen
Dr. Diether Dehm
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Diana Golze
Dr. Gregor Gysi
Heike Hänsel
Lutz Heilmann
Hans-Kurt Hill
Cornelia Hirsch
Inge Höger-Neuling
Dr. Barbara Höll
Dr. Lukrezia Jochimsen
Dr. Hakki Keskin
Katja Kipping
Monika Knoche
Jan Korte
Katrin Kunert
Michael Leutert
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Ulrich Maurer
Dorothee Menzner
Kornelia Möller

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Nächste Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin
Marina Schuster, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Marina Schuster (FDP):
Rede ID: ID1605414300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Die aktuellen Meldungen aus dem

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(C (D ersten Naumann r. Norman Paech etra Pau lke Reinke aul Schäfer olker Schneider r. Herbert Schui r. Ilja Seifert r. Petra Sitte rank Spieth r. Kirsten Tackmann r. Axel Troost lexander Ulrich örn Wunderlich abine Zimmermann ÜNDNIS 90/DIE RÜNEN infried Hermann eter Hettlich r. Anton Hofreiter ylvia Kotting-Uhl onika Lazar ans-Christian Ströbele r. Harald Terpe fraktionslos Gert Winkelmeier Enthalten CDU/CSU Renate Blank SPD Marco Bülow Ernst Kranz Dr. Wilhelm Priesmeier Frank Schwabe FDP Uwe Barth Dr. Edmund Peter Geisen Miriam Gruß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Irmingard Schewe-Gerigk rbeit noch nicht aufgenommen. Zudem ist der Grenzonflikt um Abyei noch nicht entschieden. Ich könnte weitere Verzögerungen, aber auch wirklihe Erfolge nennen. Entscheidend ist jedoch: Ein Abzug er UNMIS-Mission aus dem Südsudan wäre zum jetzien Zeitpunkt fatal; denn das hätte schwere Auswirkunen auf den ganzen Sudan und das Darfur-Peace-Agree Marina Schuster sellschaft einschließt, werden wir nie einen dauerhaften Frieden erreichen. Die Menschen – wir reden von mehr als zwei Millionen Flüchtlingen – brauchen nichts mehr als Sicherheit. Für die Sicherheit brauchen wir einen breiten und stabilen Friedensvertrag, einen Vertrag, der von allen getragen wird, nicht nur von der Rebellengruppe um Minni Minawi. Wir müssen uns auch die Rolle Chinas im Sudan vor Augen führen. Diese beunruhigt. China hat dort massive Interessen. Die Volksrepublik baut Staudämme, Straßen, sogar Fertighäuser. China schweigt zu Massenvertreibung und zu Menschenrechtsverletzungen in Darfur und investiert gleichzeitig 2 Milliarden US-Dollar in die Ölindustrie des Landes. Gleichzeitig kommt China als entscheidendem Akteur im Weltsicherheitsrat eine Schlüsselrolle zu. Bislang stellen sich die Chinesen schützend vor das Regime in Khartum. Ich frage daher die Bundesregierung – Herr Minister Jung kann danach antworten –: Inwiefern hat sie ihre guten Arbeitsbeziehungen beim jüngsten Treffen mit Ministerpräsident Wen Jiabao genutzt, um in dieser Frage etwas zu erreichen? Es reicht nicht, zu erfahren, dass das Thema dort angesprochen wurde. Was wurde denn konkret vereinbart? Wie und mit welchen Mitteln soll das weitere deutsche Vorgehen gegenüber dem Regime dort im Rahmen der internationalen Staatengemeinschaft sein? Welche Rolle wird China dabei spielen? Wir müssen die Chinesen als einen entscheidenden Akteur im Weltsicherheitsrat in die Pflicht nehmen, wenn es darum geht, den Worten und Sicherheitsratsbeschlüssen Taten folgen zu lassen. Die Bundeskanzlerin, die leider der Debatte jetzt nicht beiwohnt, hat in ihrer Rede bei der Generaldebatte am 6. September – das ist noch gar nicht so lange her – an die Verantwortung für Afrika als unseren Nachbarkontinent erinnert. Ich teile ihre Meinung. Nur eines muss ich hier klarstellen: Ihre Verantwortung ist nicht damit erledigt, dass wir deutsche Soldaten im Sudan, im Kongo oder in anderen Ländern haben. Wie wird denn Afrika und insbesondere der Sudan bei den Präsidentschaftsplanungen berücksichtigt? Deutschland hat eine Chance, eine aktivere Afrikapolitik bei der EU und der G 8 zu forcieren. Ich bin der Meinung, wir sollten diese Chance nutzen. Ich komme zum Schluss. Die FDP-Fraktion wird diesem Antrag, der ohne inhaltliche Änderung ist, und diesem Mandat zustimmen, weil wir meinen, dass der Friedensprozess unterstützt werden muss. Die entscheidende Frage aber bleibt für uns offen: Wann definiert die Bundesregierung endlich klar ihre Ziele und Interessen in Afrika? Denn eine deutsche Afrikapolitik, die nur auf Zuruf reagiert, ist keine Strategie. D g H z F d u d t S S s E N Z M z w d t m w t S l D d d i d g G s w d e M e v n w z i h d p z a e l (C (D Das Wort hat der Bundesverteidigungsminister, r. Franz Josef Jung. Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidiung: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Die Bundesregierung bittet Sie um Zustimmung ur Fortsetzung der Beteiligung der Bundeswehr an der riedensmission der Vereinten Nationen im Sudan. An ieser Friedensmission nehmen derzeit 36 Soldatinnen nd Soldaten teil. Das Bundestagsmandat erlaubt aber en Einsatz von 75 Soldatinnen und Soldaten zur Miliärbeobachtung sowie als Einzelpersonal in den UNMIStäben im Südsudan. Dieser Einsatz beruht auf einem Beschluss des icherheitsrates der Vereinten Nationen. Wie sie wisen, war ursprünglich geplant, das Mandat für diesen insatz auf sechs Monate zu beschränken. Die Vereinten ationen haben vor kurzem eine Entscheidung für einen eitraum von zwei Wochen getroffen. Das heißt, die ission der Vereinten Nationen im Sudan dauert bis um 8. Oktober an. Bevor ich auf die Begründung zu sprechen komme, ill ich darauf hinweisen, dass sich unser Antrag nur auf iese zwei Wochen bezieht. Ich denke, es ist auch im Ineresse des Parlaments, die Dinge nicht in einem Rhythus von zwei Wochen zu erörtern. In Zukunft sollten ir einen längeren Zeitraum vereinbaren, um die Bera ung effektiv zu betreiben. Wegen der militärischen chutzkomponente ist es wichtig, dass es sich hier letzt ich um einen bewaffneten militärischen Einsatz handelt. eshalb ist auch die Zustimmung des Deutschen Bunestages zu diesem Mandat notwendig. Was ist der Grund für die Verlängerung der Mission er Vereinten Nationen um nur zwei Wochen? Tatsache st, dass die Vereinten Nationen beabsichtigen, das Manat UNMIS mit der von der Afrikanischen Union eführten Mission, AMIS, zu einer VN-geführten esamtmission im Sudan zusammenzulegen. Dies ent pricht auch der Bitte der Afrikanischen Union. Wie Sie issen, lehnt die sudanesische Regierung diese Absicht er Vereinten Nationen bisher ab. Es ist notwendig, hier ine Übereinstimmung zu erzielen. Auch ich bin der einung, dass ein Dialog stattfinden muss, wenn es zu iner solchen Übereinstimmung kommen soll. Wahr ist auch: Ungeachtet des Friedensabkommens om 5. Mai haben die Zusammenstöße zwischen sudaesischen Regierungskräften und Rebellengruppen soie Übergriffe auf NGOs oder auf die Zivilbevölkerung ugenommen. Aufgrund dieser Entwicklung ist es auch m Interesse der Friedensbemühungen, dass der Sichereitsrat der Vereinten Nationen seiner tiefen Sorge Ausruck verleiht, um so die humanitäre Situation in Darfur ositiv zu beeinflussen und die Beendigung der Gewalt u ermöglichen. Diese kurzen Zeitabstände sind letztlich uch gewählt, um politischen Druck auszuüben, damit ine friedliche Entwicklung im Sudan insgesamt eingeeitet werden kann. Wir sollten diese Bemühungen des Bundesminister Dr. Franz Josef Jung Sicherheitsrats der Vereinten Nationen tatkräftig unterstützen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie der Abg. Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Saarbrücken)





(A) )


(B) )


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Gute Frage!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605414400




(A) )


(B) )


Unsere Auslandseinsätze – das gilt auch für ein sol-
ches Mandat – sind von drei Grundprinzipien geprägt:
von den Überlegungen, die im Einklang mit unseren
Werten stehen, von unseren internationalen Verpflich-
tungen – gegenüber den Vereinten Nationen, gegenüber
der NATO und gegenüber der Europäischen Union – und
davon, dass diese Einsätze auch in unserem Interesse lie-
gen müssen. Gerade bei einem Einsatz wie diesem müs-
sen Krisenbewältigung, Stabilisierung und Gewährleis-
tung eines sicheren Umfeldes für den Wiederaufbau
– Sie haben von konkreten Projekten gesprochen – einer
friedlichen Entwicklung dienen. Der Einsatz unserer
Soldatinnen und Soldaten sollte sich daran orientieren.

Wir können Krisen und Konflikten nur dort begeg-
nen, wo sie auch entstehen. Die zahlreichen negativen
Geschehnisse haben notwendigerweise Rückwirkungen
auf unser Land. Wenn wir die Krisen und Konflikte vor
Ort bewältigen, dann dient das auch dem Schutz unserer
Bürgerinnen und Bürger und einer friedlichen und stabi-
len Entwicklung bei uns. Der eingeschlagene Weg ist
– auch im Hinblick auf das UNMIS-Mandat – richtig.
Unseren Einsatz werden wir dementsprechend fortset-
zen.

Ich bitte den Deutschen Bundestag um die entspre-
chende Unterstützung für dieses Mandat. Ich bitte aber
auch darum, damit einverstanden zu sein, dass wir in Zu-
kunft längerfristige Regelungen – dieses Mandat wird
nur bis zum 8. Oktober gültig sein – treffen. Sie wissen,
dass an dem bisherigen Mandat inhaltlich nichts verän-
dert wird und dass wir dann, wenn im Rahmen des Man-
dats gegebenenfalls zusätzliche Komponenten in Darfur
berücksichtigt werden müssen, eine zusätzliche Informa-
tion geben und auch eine Abstimmung mit dem Deut-
schen Bundestag herbeiführen.

Ich kann nur hoffen und wünschen, dass in Zusam-
menarbeit der Vereinten Nationen und der sudanesischen
Regierung das Ziel erreicht wird, zu einer gesamtverant-
wortlichen Mission zu kommen, um in diesem teilweise
geschundenen Land zu einer stabilen und friedlichen
Entwicklung beizutragen. Deshalb bitte ich Sie um Un-
terstützung für die Verlängerung dieses UNMIS-Man-
dats.

Besten Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605414500

Das Wort hat der Kollege Wolfgang Gehrcke, Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! s muss uns doch auffallen, dass wir über Außenpolitik ier im Hause fast nur noch im Zusammenhang mit ilitäreinsätzen debattieren. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605414600

ch habe in den letzten Monaten keine außenpolitische
ebatte ohne diese Komponente erlebt. Das kennzeich-
et eigentlich die ganze Dramatik in unserer Politik. Au-
enpolitik kann nicht auf Militärpolitik reduziert wer-
en.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


s ist schon ein bisschen Absurdistan, finde ich, dass der
ußenminister über Militäreinsätze redet und der Vertei-
igungsminister über Außenpolitik redet. Das heißt, man
acht Militär zum Mittel der Außenpolitik und ver-

chiebt hier die Achsen.

Dies zeigt auch der Antrag. Ich habe in diesem Hause
iel erlebt, aber ein Antrag, der sich auf 14 Tage bezieht,
as ist neu; das hatten wir noch nicht, Herr Minister.
enn sich ein Antrag auf 14 Tage bezieht, dann hat das

inen Hintergrund. Den Hintergrund muss man hier klar
achen. Der Hintergrund ist, dass die Vereinten Natio-

en beschlossen haben, die Missionen zusammenzule-
en und das Militär in Darfur um – nicht auf, sondern
m – 22 500 Soldaten zu erhöhen. Dafür gibt es keine
ustimmung, bislang jedenfalls nicht, der sudanesischen
egierung.

Rechtlich ist das, was die UNO beantragt hat, in Ord-
ung, aber politisch – das sage ich Ihnen – ist ein solches
orhaben gegen die sudanesische Regierung und ihre
achtausübung nicht durchzusetzen. Hier gehen Recht

nd Politik auseinander.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wer heute dem zustimmt – wir stimmen über einen
onkreten Antrag ab; das weiß ich auch –, der öffnet ei-
en Weg, bei dem man nicht weiß, wo man am Ende an-
ommt.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


ei Militäreinsätzen muss man aber sehr genau wissen,
o man ankommt.

Über Ihren mündlichen Antrag, Herr Jung, dass wir
as jetzt gleich für sechs Monate absegnen, können wir
n den Ausschüssen reden; das steht hier überhaupt nicht
ur Debatte, weil Sie das gar nicht beantragt haben. So
önnen wir nicht vorgehen.

Aber zur Sache selbst: Man weiß auch nicht, wie sich
eutschland verhalten wird, was die Stellung von Sol-
aten angeht, wenn es zu diesem Einsatz kommt. Ich
öchte einmal die Bundeskanzlerin zitieren. Am

. September hat Frau Merkel hier im Hause ausgeführt:






(A) )



(B) )


Wolfgang Gehrcke
Ich sehe aber im Augenblick keine Möglichkeit,
dass wir neben unserem Engagement im Kongo ein
zusätzliches Engagement in Darfur übernehmen.

Heißt denn das – das könnten die Kolleginnen und
Kollegen der CDU/CSU einmal erklären –, dass man
dann, wenn der Kongoeinsatz – er soll im Oktober zu
Ende gehen – erledigt ist, Möglichkeiten sieht, auch
deutsche Soldaten nach Darfur zu schicken? Ich sage Ih-
nen: Sie werden die Unzahl von Militäreinsätzen der Be-
völkerung nicht weiter erklären können. Wenn wir
irgendjemanden hier im Haus aufrufen würden – ich
schaue einmal wild in die Reihen – und ihn bitten wür-
den, aufzuzählen, wo überall wir im Moment Mandate
haben, würden wir merken: Man bekommt diese elf
Mandate kaum zusammen. – Da muss man also genau
überlegen, wo man zustimmt oder nicht.

Meine erste Schlussfolgerung ist: Wenn nicht klar ist,
wohin die Reise geht, sollte man besser nicht zustim-
men.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Meine Fraktion wird ablehnen oder sich der Stimme ent-
halten. Wir diskutieren sehr intensiv über die Inhalte.

Das Zweite – das liegt mir eigentlich noch mehr am
Herzen –: Man muss mehr darüber nachdenken, wie man
diesen unhaltbaren und unmenschlichen Bürgerkriegs-
zustand in Darfur beendet, welche politische Lösung es
dafür gibt. Das muss die Zielsetzung sein.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Die Regierung des Sudans und die Rebellenorganisatio-
nen müssen dazu gebracht werden, die Kämpfe einzu-
stellen. Widersprüche, die reale Widersprüche sind, bei
denen es um Wasser, Boden oder Naturschätze geht, dür-
fen nicht gewaltsam, sondern müssen friedlich ausgetra-
gen werden. Deswegen muss der politische Druck auf
die Regierung des Sudans wachsen.

Wenn Präsident Bush vor den Vereinten Nationen den
Militäreinsatz in Darfur damit begründet, dass das Teil
des Krieges gegen den Terror ist, dann ist das kontrapro-
duktiv.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich habe immer wieder vorgeschlagen – darauf rea-
giert aber keiner, weil der Verteidigungsminister keine
Außenpolitik machen darf –, sich an die Blockfreien zu
wenden. Sudan ist Teil der Blockfreien. Diese hatten
eine Konferenz mit 128 Staaten. Man weiß, wie eng die
Zusammenarbeit Südafrikas und übrigens auch Kubas
mit dem Sudan ist. Warum setzt man die Regierung Su-
dans nicht stärker über die Blockfreien unter Druck? Das
wäre eine Aufgabe der Politik.


(Beifall bei der LINKEN)


Warum blenden wir einfach aus, dass China
70 Prozent der Erdölförderung im Sudan in den Händen
hält? China hat mindestens 1 000 Soldaten im Sudan, die
die Pipelines absichern.

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(C (D Warum blendet man die drohende Gefahr aus, dass ie Staatlichkeit des Sudans auseinander fällt? Der Süen des Sudans steuert doch auf einen eigenen Staat zu; ei Darfur ist es nicht anders. Wenn man aber nicht gaantieren kann, dass die Staatlichkeit des Sudans erhalen bleibt, muss man sich bewusst sein, dass ein neuer onfliktherd von ungeheurer Dimension entstehen önnte, in dem sich dann viele Soldaten aufhalten. Das ann doch nicht Absicht vernünftiger Politik sein. Deshalb mein Rat: Wenn man sich nicht sicher ist, lieer Nein sagen. Dann kann man nämlich weiter diskutieen. Danke sehr. Das Wort hat die Kollegin Kerstin Müller, ündnis 90/Die Grünen. Kerstin Müller EN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605414700
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann

ich noch sehr gut an die langen und sehr komplizierten
erhandlungen über das Naviasha-Friedensabkommen
rinnern, an denen ich als Staatsministerin teilgenom-
en habe. Ich weiß, dass, als dieses Abkommen nach
ehr als 21 Jahren Bürgerkrieg zwischen Norden und
üden, einem der blutigsten und längsten Bürgerkriege
frikas, endlich unter Dach und Fach war, das als sehr
roßer Erfolg für die Menschen vor Ort wahrgenommen
urde.

Lieber Herr Gehrcke, meine Damen und Herren von
er PDS,


(Zuruf von der LINKEN: Linke!)


ch kenne auf der internationalen Ebene wirklich nie-
anden, der ernsthaft die Notwendigkeit von UNMIS

nfrage stellt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ei diesem Mandat von einer Militarisierung der deut-
chen Außenpolitik zu reden, ist einfach völlig absurd.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


ch will einmal den Versuch machen, Ihnen das zu erklä-
en.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Gerne! – Gegenruf des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der ist beratungsresistent!)


unächst einmal ist Militäreinsatz nicht gleich Militär-
insatz, sehr geehrter Herr Gehrcke. Anders als bei Dar-
ur ist es hier zum Beispiel so, dass beide Konfliktpar-
eien – ich habe diese Gespräche geführt, bevor man






(A) )



(B) )


Kerstin Müller (Köln)

überhaupt international darüber gesprochen hat – aus-
drücklich eine UNO-Mission gewünscht haben.

Wenn man sich den Fahrplan des Abkommens und
die UN-Resolution ansieht, stellt man fest, dass es hier
vor allen Dingen um die politische Absicherung eines
komplizierten Prozesses durch die internationale Ge-
meinschaft geht. Es geht um den Aufbau von Zivilpoli-
zei, Menschenrechtsförderung, Demobilisierung der
Milizen und Flüchtlingsrückkehr. All das ist in der Reso-
lution enthalten. Vor diesem Hintergrund gehört, wie ich
finde, viel politische Ignoranz dazu, aus einem friedens-
unterstützenden Mandat ein Kriegsmandat zu konstruie-
ren. Das ist einfach völlig realitätsfern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU)


Sie begründen es damit, dass es nach Kapitel VII
mandatiert ist, obwohl es im Kern um ein Überwa-
chungs- und Beobachtungsmandat geht. Liebe Kollegin-
nen und Kollegen von der Linken, da sind an Ihnen ein-
fach zehn Jahre Debatte um UNO-Peacekeeping
vorbeigegangen. Darüber hat man innerhalb der UNO
diskutiert. Es gibt einen Brahimi-Report. Nach Ruanda
und Srebrenica werden alle Einsätze nach Kapitel VII
mandatiert. Weil es eben zu schwierigen Situationen in
Postkonfliktgesellschaften kommen kann, ist es unver-
antwortlich, Soldaten in einen Einsatz zu schicken, ohne
diesen nach Kapitel VII zu mandatieren, auch wenn er
im Kern nur der Überwachung dient.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Fraktion wird jedenfalls der Entsendung von
unbewaffneten Militärbeobachtern – das ist nämlich
der deutsche Beitrag; das haben Sie eben auch unter-
schlagen, Herr Gehrcke – in diese Mission zustimmen.

Auch ich bin unmittelbar nach dem Krieg im Süden
gewesen. Ich muss sagen, ich habe selten eine so zer-
störte Region gesehen. Nach 21 Jahren Bürgerkrieg fan-
gen die Menschen dort bei null an; Sie haben es eben ge-
schildert. Es wurde aber schon jetzt einiges erreicht;
insgesamt wird man aber noch lange für den Aufbau
brauchen.

Immerhin ist der Waffenstillstand stabil; die Demobi-
lisierungsprogramme laufen; es gibt inzwischen eine Re-
gierung der nationalen Einheit; Schulen sind wieder in
Betrieb; Minen werden geräumt und Flüchtlinge kehren
zurück.

Kofi Annan hat aber in seinem Bericht vom Septem-
ber auch Probleme benannt: Bei der Wahlvorbereitung
und bei der Macht- und Ressourcenaufteilung gibt es lei-
der kaum Fortschritte.

Ich möchte mich ganz klar den Forderungen Annans
anschließen, damit dieses Friedensabkommen letztlich
zum Erfolg wird:

Erstens. Beide Parteien müssen sich wirklich strikt an
die Umsetzung des Friedensabkommens halten.

Zweitens. Die internationale Unterstützung des Frie-
densprozesses muss dringend ausgebaut werden.

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(C (D Da möchte ich mich an die Bundesregierung wenden: ine reine Mandatsverlängerung für die deutschen Mili ärbeobachter reicht nicht – obwohl man sie braucht –, ondern wir brauchen einen massiven Ausbau ziviler ilfsprogramme im Süden Sudans, zum Beispiel für ie Flüchtlingsrückkehr. Das Flüchtlingshilfswerk der ereinten Nationen musste jetzt am 15. September den bbruch seiner Programme für den Fall ankündigen, ass es nicht mehr Mittel erhält. Ich meine, hier wie in nderen Bereichen muss Deutschland der UNO aktiv ilfe anbieten. Ich fordere deshalb die Bundesregierung uf, zumindest teilweise die 2005 in Oslo in Aussicht getellten Mittel für die Entwicklung des Südens endlich reizugeben – nicht für den Norden, aber für den Süden –, enn der Süden muss die Chance auf Entwicklung haen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der Frieden im Süden steht aber auch auf dem Spiel
da ist der Zusammenhang –, wenn es nicht gelingt, die
ewalt in Darfur und übrigens auch in anderen Teilen
es Sudans zu beenden. Wir brauchen deshalb endlich
iplomatische Initiativen der Bundesregierung im Hin-
lick auf Darfur,


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


um Beispiel mehr Druck auf die Schutzmächte Khar-
oums, Russland und China. Das ist der Hintergrund,
arum wir nur um 14 Tage verlängern. Die UNO hat
hartoum eine Frist gesetzt, der Erweiterung von
NMIS zuzustimmen. Ich muss sagen: Es ist völlig kon-

raproduktiv, wenn die Bundeskanzlerin, wie in der
aushaltsdebatte geschehen, offenkundiges Desinteresse

n Darfur zeigt. Wir brauchen jetzt diplomatische Initia-
iven der Regierung, wir dürfen nicht den Druck von der
udanesischen Regierung nehmen. Ich erwarte von der
eutschen Bundesregierung, dass sie sich im Fall Darfur
ndlich an die Spitze der Bewegung in Europa setzt – da
uss man erst einmal diplomatisch aktiv werden – und

lles tut, um das Drama zu beenden.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605414800

Das Wort hat der Kollege Christoph Strässer von der

PD-Fraktion.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1605414900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Mit dem schon mehrfach angesprochenen Com-
rehensive Peace Agreement von Nairobi wurde ein
0 Jahre währender Bürgerkrieg formell beendet. Ange-
ichts der Dauer des Krieges, der zu einer kaum be-
chreibbaren humanitären Katastrophe mit zwei Millio-
en Toten und vier Millionen Binnenvertriebenen
eführt hat, stellt das Friedensabkommen zweifelsfrei ei-
en Erfolg dar. Ich glaube, jedem, der sich mit der Sache






(A) )



(B) )


Christoph Strässer
befasst hat, ist bewusst, dass dieses Friedensabkommen
nur zustande gekommen ist, weil die Vereinten Nationen
mit dem UNMIS-Mandat klare Unterstützung auch mit
militärischer Komponente zugesagt haben. Ansonsten
könnten wir davon ausgehen, weiter jeden Tag Tod,
Mord und Plünderungen im Südsudan zu erleben. Ich
glaube, das kann niemand in diesem Hohen Hause wol-
len.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wissen auch, dass das Friedensabkommen allein
noch nicht bedeutet, dass im Südsudan materiell Frieden
eingetreten ist. Deshalb fordern wir – das ist ein Kern
der Auseinandersetzung, mit der wir es zu tun haben –,
dass im Vordergrund steht, zivile Aufbauhilfe für den
Südsudan zu leisten. Dies geschieht auch; das haben wir
mit eigenen Augen erlebt. Aber sie wird nur dann erfolg-
reich sein, wenn sie in einem Klima der Sicherheit statt-
findet. Für diese Sicherheit ist das UNMIS-Mandat aus
meiner Sicht nach wie vor erforderlich. Ansonsten
würde UNMIS dort versagen. Das wäre ein Versagen der
Völkergemeinschaft, eine Kapitulation vor Völkermord
und anderem. Ich glaube, wir haben lange genug wegge-
schaut; das dürfen wir nicht weiter hinnehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Ausschuss für Menschenrechte und Humani-
täre Hilfe hat vor drei Monaten den Südsudan besucht.
Wir haben feststellen können, dass es dort zwar voran-
geht, dass wir aber in der Tat von stabilen Verhältnissen
noch sehr weit entfernt sind. In der Zeit, in der wir dort
gewesen sind, sind in einem Nachbarort von Dschuba
durch Überfälle von Rebellen neun russische Aufbauhel-
fer getötet worden. Ich glaube, in dieser Situation davon
zu sprechen, man könne dort nur und ausschließlich
Aufbauhilfe leisten, ohne gleichzeitig für die Sicherheit
der Menschen zu sorgen, ist einer der größten Fehler, die
man sich überhaupt vorstellen kann. Dann gehen die
Menschen nämlich nicht mehr dorthin.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir sind auch mit Vertretern der südsudanesischen
Regierung, mit Parlamentariern und mit Vertretern der
Zivilgesellschaft zusammengetroffen. Wenn man mit
diesen Menschen redet, dann bekommt man einen ande-
ren Eindruck als den, der hier zum Teil vermittelt wer-
den soll. Eines ist völlig klar: Uns wurden viel Lob und
Dank für das deutsche Engagement entgegengebracht,
verbunden mit der Bitte, dort zu bleiben, weiterzuma-
chen und mit der internationalen Völkergemeinschaft für
dauerhaften Frieden zu sorgen.

Mein Eindruck ist – das ist der Eindruck aller Aus-
schussmitglieder; ich glaube, auch des Kollegen der
Linksfraktion –, dass im Südsudan in bestimmten Be-
reichen durchaus eine Aufbruchstimmung vorhanden ist.
Der Südsudan hat sich eine fortschrittliche Agenda zum
Ziel gesetzt. Das Friedensabkommen von Nairobi sieht
einen Quasistaat Südsudan mit einer weit reichenden
Autonomie vor. Entscheidende Teile des Friedensab-

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(C (D ommens wurden auch umgesetzt, zum Beispiel die Verbschiedung der Verfassung. Diese Verfassung enthält lemente aus einem modernen Grundrechtekatalog, von enen viele westliche Demokratien nur träumen können. ir sollten entsprechende Anstrengungen, diese Verfas ung zu implementieren, massiv unterstützen. Die Menschenrechtssituation hat sich gerade im Verleich zum immer wieder angesprochenen Konflikt in arfur deutlich verbessert, wenn auch das Niveau, was ie Menschenrechte betrifft, noch nicht ausreichend ist. ir konnten aber zu der Feststellung gelangen, dass zuindest der Südsudan auf einem guten und richtigen eg ist. Unterstützung ist notwendig, damit die jahr ehntelang marginalisierte Bevölkerung in dieser Region ndlich Zugang zu dem bekommt, was sie am dringendsen braucht, nämlich Zugang zu einem funktionierenden esundheitsund Bildungssystem. Davon sind wir aber och weit entfernt. Einige Vorstellungen ließen sich leider nicht umseten. Es ist schon angesprochen worden, dass sich der ufbau jeglicher Infrastruktur noch nahezu am Nullunkt befindet. Das Land ist nach wie vor zerstört. Die ntwaffnung und die Wiedereingliederung der Milizen üssen entschiedener vorangetrieben werden. Viele unge Menschen in diesem Land – das muss man sich inmal vorstellen – haben in ihrem Leben bislang nichts nderes als den Dienst an der Waffe erlebt. Die Waffe ar für sie das, was für andere die Familie ist. Man muss aher dafür sorgen, dass es eine Kompensation gibt, dait die Menschen in Frieden leben können. Die Entwaff ung kann eben nicht nur mit zivilen Organisationen und it zivilen Mitteln durchgeführt werden. Auch dafür rauchen wir weiterhin die UNMIS-Mission, an der die undeswehr beteiligt ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir müssen des Weiteren die Feststellung treffen,
ass der Aufbau im Südsudan mit einer zarten Pflanze zu
ergleichen ist. In diesem krisengeschüttelten Umfeld ist
ach wie vor nichts sicher. Die Bundeswehr leistet – das
st meine fest Überzeugung; sie steht im Gegensatz zu
em, was Sie verbreiten – dort keinen Beitrag zu einem
rieg. Wer die Meinung vertritt, dass sich deutsche Au-
enpolitik in der letzten Zeit ausschließlich an Bundes-
ehreinsätzen orientiert, der verbreitet Propaganda, die
ier nicht hingehört. Die Bundeswehr unterstützt den
ufbau einer zivilen Gesellschaft. Eine solche Politik
rauchen wir und sie ist – davon bin ich fest überzeugt –
hne die Bundeswehr nicht möglich.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist richtig: Es gibt die Verknüpfungen zum Darfur-
onflikt. Wer in den letzten Jahren vor Ort gewesen ist,
er kann nicht begreifen, wie man nicht der Auffassung
ein kann, dass die internationale Staatengemeinschaft
it massiven Kräften einen Völkermord verhindern






(A) )



(B) )


Christoph Strässer
muss. Auch hier haben wir zivile Komponenten in die
Diskussion gebracht.

Es ist wichtig, unter Menschenrechtsaspekten noch
folgenden Punkt anzusprechen. Es gibt nach wie vor
– auch Deutschland ist daran sehr aktiv beteiligt – die
angekündigten Maßnahmen des Internationalen Straf-
gerichtshofs. Wer sagt, wir dürfen ausschließlich mit
Gesprächen Herrn al-Baschir dazu zwingen, sich anders
zu verhalten, der kennt Herrn al-Baschir nicht richtig.
Die Verhandlungen mit sudanesischen Regierungstrup-
pen, die wir geführt haben, zeigen, dass es nur mit Druck
geht. Deswegen muss auch mit deutscher Hilfe die Straf-
androhung durch den ICC aufrechterhalten werden. Das
ist eine klare Bewährungsprobe für den Internationalen
Strafgerichtshof. Wenn er an dieser Stelle versagt, dann
wird das internationale Gewaltmonopol der Vereinten
Nationen in noch weitere Ferne rücken, als es ohnehin
schon der Fall ist.

Ich bin unter Menschenrechtsaspekten voller Über-
zeugung der Meinung, dass das UNMIS-Mandat in der
vorgesehenen Form verlängert werden muss.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605415000

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Anke Eymer, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Anke Eymer (CDU):
Rede ID: ID1605415100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Über den UNMIS-Einsatz der Vereinten Natio-
nen ist in der Vergangenheit mehrfach in diesem Hause
dabattiert worden. Heute geht es wieder um den deut-
schen Beitrag an UNMIS, das heißt um den Einsatz von
maximal 75 deutschen Soldaten im Sudan.

UNMIS ist ein wesentlicher Beitrag der internationa-
len Gemeinschaft zur Unterstützung eines vielschichti-
gen Friedensprozesses. Zum Frieden haben sich die
Konfliktparteien im Sudan verpflichtet. Es geht im We-
sentlichen – das ist in dieser Debatte schon angeklungen –
um die Umsetzung des Friedensvertrages von Nairobi,
der am 9. Januar 2005 vereinbart worden ist. Im
Frühjahr 2005 hat sich die internationale Gemeinschaft
auf der Grundlage der UN-Resolution 1590 für diese
friedensbildende Mission entschieden. Der Einsatz-
schwerpunkt ist der Südsudan.

Am 22. April 2005 haben wir im Deutschen Bundes-
tag auf Antrag der Bundesregierung einer deutschen
Beteiligung zugestimmt. Wir haben den deutschen Bei-
trag zu UNMIS in sechsmonatigen Intervallen verlän-
gert, zunächst im September 2005 und dann im April
2006. Seit dem Beginn von UNMIS ist Deutschland
nicht nur humanitär, sondern auch durch eine militäri-
sche Komponente beteiligt, aktuell mit 36 Soldaten. Das
zeigt: Deutschland nimmt in der Welt Verantwortung

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(C (D ahr. Das entspricht unserer Position in Europa ebenso ie unserer Position in der internationalen Gemein chaft. Wir handeln auf der Grundlage einer gemeinsaen Werteund Interessenlage. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ir handeln im Rahmen der internationalen Verpflich-
ungen, die Deutschland hat.

Der Sudan ist der flächengrößte Staat auf dem afrika-
ischen Kontinent, siebenmal so groß wie Deutschland.
m Sudan leben unterschiedlichste Ethnien und treffen
erschiedene Religionen aufeinander. Wie die Konflikte
ort gelöst werden und wie Frieden erreicht werden
ann, hat Auswirkung auf die gesamte Region.

Die Krise im Sudan kostete Millionen von Menschen
as Leben und hat Millionen von Menschen zur Flucht
enötigt. Destabilisierte Staaten bieten Potenziale für
en internationalen Terrorismus, eine Frage, die uns
ann im gleichen Maße betrifft.

Wir sind daher weit über die humanitäre Verantwor-
ung hinaus gefordert. Es gibt die Grundüberzeugung,
ass allein eine militärische Mission nicht dazu geeignet
st, einen verlässlichen Frieden zu erzielen. Dennoch
ird unsere Bereitschaft, Verantwortung zu überneh-
en, in Zukunft auch die Bereitschaft zu militärischen
omponenten beinhalten.

Das Programm von UNMIS ist umfassend ausgerich-
et. Es geht um die Umsetzung des Vertrages von Nai-
obi. Es geht um die Aufklärung der Bevölkerung in die-
em Friedensprozess. Es geht aber ebenso um die
ntwaffnung und die Eingliederung der Milizen in natio-
ale Strukturen. Es geht um den Aufbau rechtsstaatlicher
trukturen mit einer unabhängigen Rechtsprechung und
iner zivilen Polizei.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


s geht um Hilfe bei der Gewährleistung der beschlosse-
en sechsjährigen Übergangsphase. Es geht aber auch
m den Schutz der humanitären Hilfe und der Helfer und
m den Schutz der bedrohten Zivilbevölkerung.

Unsere Zustimmung zur deutschen Beteiligung an
NMIS haben wir im Frühjahr 2005 getroffen. Mit den
N-Resolutionen 1706 und 1709 hat sich die Situation
eändert. Darauf in einer Debatte hier im Bundestag zu
eagieren und den deutschen Beitrag nicht im verein-
achten Verfahren zu verlängern, ist meines Erachtens
ngemessen. Wir zeigen damit unser ungebrochenes In-
eresse an der Umsetzung des Friedensabkommens von
airobi. Wir zeigen aber auch, dass wir mit gleich bren-
ender Sorge auf die Eskalation besonders im Westsu-
an, in Darfur, blicken, auch wenn es in diesem Gebiet
icht um einen deutschen Einsatz im Rahmen von
NMIS geht. Wir legen mehr als nur ein Bekenntnis der
olidarität mit den Millionen Opfern und den Millionen
lüchtlingen im Sudan ab. Wir erneuern unsere Zusage,
ktiv zu helfen.






(A) )



(B) )


Anke Eymer (Lübeck)


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


De facto wird es zukünftig zwei UNMIS-Teilmissio-
nen geben. Der zukünftige deutsche Beitrag im Rahmen
von UNMIS wird voraussichtlich keine Aktionen in der
Region Darfur, also im Westsudan, umfassen; unsere Be-
teiligung, über die wir hier heute befinden, wird unver-
ändert den Schwerpunkt im Südsudan haben.

Ich bitte um Ihre Zustimmung und danke für die Auf-
merksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605415200

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf Druck-
sache 16/2777 zu dem Antrag der Bundesregierung auf
Fortsetzung der Beteiligung deutscher Streitkräfte an der
Friedensmission der Vereinten Nationen im Sudan. Der
Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 16/2700
anzunehmen. Es ist namentliche Abstimmung verlangt.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Plätze an
den Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich
die Abstimmung.

Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der
Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekannt gegeben.1) Wir setzen die Beratungen
fort.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 8 a und 8 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Kornelia
Möller, Dr. Axel Troost, Werner Dreibus, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN

Für eine Ausweitung und eine neue Qualität
öffentlich finanzierter Beschäftigung

– Drucksache 16/2504 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte
Pothmer, Markus Kurth, Dr. Thea Dückert, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren

– Drucksache 16/2652 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die

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1) Seite 5237 D

(C (D raktion Die Linke fünf Minuten erhalten soll. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Kornelia Möller, Fraktion Die Linke. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! eutschland ist eines der Schlusslichter in Europa bei er Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, vor allem der angzeitarbeitslosigkeit. Für einen großen Teil der ,9 Millionen Langzeitarbeitslosen fehlen Arbeitslätze, und das augenscheinlich noch für eine lange Zeit. inzu kommen verschiedene Vermittlungshemmnisse. azit: Unter den gegenwärtigen Arbeitsmarktbedingunen haben diese Frauen und Männer auch längerfristig aum Chancen auf einen Arbeitsplatz. Sie wurden ausangiert. Ältere sind besonders hart dran. Entgegen allen eteuerungen stellen Betriebe nur selten jemanden aus em Personenkreis 50 plus ein. Mit den Gesetzen für moderne Dienstleistungen am rbeitsmarkt ist es Rot-Grün nicht gelungen, die Areitslosigkeit zurückzudrängen. Stattdessen trugen diese esetze und die in diesem Zusammenhang von chwarz-Rot auf den Weg gebrachten Gesetze erheblich ur Verschärfung der sozialen Lage arbeitsloser Menchen bei. Nach dem Bericht des Bundesrechnungshofes ritisierte „Report Mainz“ am vergangenen Montag, em 25. September, dass die Arbeitsagenturen Millionen on Betroffenen rechtswidrig aussortieren. Ja, ein Skandal erster Güte. So ist es. Der von uns auf die Tagesordnung gesetzte Antrag ur Ausweitung und für eine neue Qualität öffentlich inanzierter Beschäftigung ist sozial gerecht und entpricht einem breiten öffentlichen Bedürfnis. er DGB sowie einige seiner Einzelgewerkschaften, das iakonische Werk, die Arbeiterwohlfahrt, aber auch leinere Organisationen, zum Beispiel der Kirchenkreis ielefeld oder die Berliner Initiative „Kampagne gegen artz IV“, haben in den letzten Wochen und Monaten orschläge und Initiativen zu öffentlich finanzierter Bechäftigung in die Debatte gebracht. Dass es geht, hat nser Arbeitsminister Helmut Holter in Mecklenburgorpommern gezeigt. 665 Schulsozialarbeiterstellen urden dort geschaffen. Gesellschaftlich wichtige Areit wird geleistet. Weitgehende Übereinstimmung besteht zwischen uns nd den anderen Akteuren auch im wichtigen Bereich er Finanzierung. Statt Arbeitslosigkeit soll sozialversiherungspflichtige Arbeit auf freiwilliger Basis finaniert werden. Kornelia Möller Wille zu handeln. Selbst die Vorstellungen der Bundesagentur für Arbeit zu alternativen Beschäftigungsformen im Bereich des SGB II müssen seit Monaten in den Schubladen schmoren, weil die Politik kein Zeichen gibt. Ich erinnere Sie an Ihre Aussage im Koalitionsvertrag: Personen, deren Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist und die keine Arbeit auf dem regulären Arbeitsmarkt finden können, müssen eine Perspektive bekommen. Was sagen Sie den Langzeitarbeitslosen in Ihrem Wahlkreis in Vorpommern, Frau Merkel, oder Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, in Ihren Wahlkreisen? Was sagen Sie denen, die sich nicht mehr von Ihnen vertreten, sondern allein gelassen und preisgegeben fühlen – und dies vielleicht auch wissen –, denen, die sich entmutigt durch Ihre Politik von der Demokratie abwenden? (Zuruf von der SPD: Das scheint auch ein PDS-Problem zu sein!)


(Beifall bei der LINKEN)

Kornelia Möller (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605415300

(Dirk Niebel [FDP]: Das ist eine Sauerei!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B)


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Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 563;
davon

ja: 503
nein: 48
enthalten: 12

Ja

CDU/CSU

Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Albach
Peter Altmaier
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Günter Baumann

Ernst-Reinhard Beck

(Reutlingen)


Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Clemens Binninger
Carl-Eduard von Bismarck
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Jochen Borchert
Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Michael Brand
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brüning
Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Alexander Dobrindt

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(D Frau Kollegin. Denn auch heute gilt: Hartz IV ist ein schlechtes Ge etz. Hartz IV muss weg. Ich danke Ihnen. Ich komme zu Tagesordnungspunkt 7 zurück und ebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern rmittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung ber die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Auschusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur Fortetzung der Beteiligung deutscher Streitkräfte an der riedensmission der Vereinten Nationen im Sudan, rucksachen 16/2700 und 16/2777, bekannt: abgegeene Stimmen 564. Mit Ja haben gestimmt 504, mit Nein aben gestimmt 48, Enthaltungen 12. homas Dörflinger arie-Luise Dött aria Eichhorn nke Eymer eorg Fahrenschon lse Falk r. Hans Georg Faust nak Ferlemann ngrid Fischbach artwig Fischer irk Fischer xel E. Fischer (KarlsruheLand)

Kornelia Möller (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605415400

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605415500
r. Maria Flachsbarth
laus-Peter Flosbach
erbert Frankenhauser
r. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


rich G. Fritz

Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Eberhard Gienger
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Olav Gutting
Holger Haibach
gung beteiligen. Sie sehen, meine Damen und Herren der
Koalition: Geld ist da. Ihnen fehlte bislang allein der Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Möglich wird dies durch eine
mitteln, die gegenwärtig sowi
für das Arbeitslosengeld II, di
die Beiträge zur Renten-, Kra
versicherung, die Mehraufwa
1-Euro-Jobs sowie die Mittel,
gen von 1-Euro-Jobs pauscha
sung der Linksfraktion sollen
fentlich finanzierten Beschäfti
8 Euro plus gezahlt werden.


(Beifall bei der Um eine solide Startfinanz notwendig, dass ein Teil der b Arbeit in diesem Jahr erzielten 2007 übertragen wird. Weiter keiten resultieren aus Länderpr teln sowie aus finanziellen M die sich als Träger an öffentli Bündelung von Finanzeso aufgebracht werden: e Kosten der Unterkunft, nkenund Arbeitslosenndsentschädigungen für die die Trägereinrichtunl erhalten. Nach Auffasauch im Bereich der öfgung Mindestlöhne von LINKEN)


ierung zu sichern, ist es
ei der Bundesagentur für
Überschüsse in das Jahr
e Finanzierungsmöglich-
ogrammen, aus ESF-Mit-
itteln von Unternehmen,
ch geförderter Beschäfti-

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Die Folgen von Langzeitarb
enschen erheblich. „Arbeitslo
erbstätige“ titelte „Die Welt

ahres und nahm Bezug auf d
eipzig, die darauf aufmerksam
undheitszustand arbeitsloser
chlechtere und sich ihre Le
angzeitarbeitslosigkeit zerstö
enschen eine würdevolle G
och einmal: Geld ist da. Hand


(Beifall bei der Wenn Sie unserem heute vo en, erhalten 500 000 Mensch erem Antrag in einem öffen xistenzsichernde und sozialve chäftigung finden würden, ei artz IV nicht haben. (Ceitslosigkeit sind für die se sterben früher als Er “ am 14. August dieses ie Studie der Universität macht, dass sich der Ge Menschen drastisch verbenserwartung verkürze. rt Familien und entzieht egenwart und Zukunft. eln Sie endlich! LINKEN)


rgelegten Antrag zustim-
en, die entsprechend un-
tlich finanzierten Sektor
rsicherungspflichtige Be-
ne Zukunft, die sie mit
)






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Gerda Hasselfeldt
Ursula Heinen
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Hans-Heinrich Jordan
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Franz Josef Jung
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Jens Koeppen
Kristina Köhler (Wiesbaden)

Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Johann-Henrich

Krummacher
Dr. Hermann Kues
Dr. Karl Lamers (Heidelberg)

Dr. Norbert Lammert
Katharina Landgraf
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Ingbert Liebing
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Stephan Mayer (Altötting)

Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Friedrich Merz
Laurenz Meyer (Hamm)

Maria Michalk
Hans Michelbach
Philipp Mißfelder
Dr. Eva Möllring
Marlene Mortler
Carsten Müller


(Braunschweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Bernward Müller (Gera)


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ildegard Müller
ernd Neumann (Bremen)

ichaela Noll
r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
enning Otte
ita Pawelski
r. Peter Paziorek
lrich Petzold
ibylle Pfeiffer
r. Friedbert Pflüger
eatrix Philipp
aniela Raab
ans Raidel
eter Rauen
ckhardt Rehberg
atherina Reiche (Potsdam)

laus Riegert
r. Heinz Riesenhuber
ranz Romer
ohannes Röring
urt J. Rossmanith
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
lbert Rupprecht (Weiden)

eter Rzepka
nita Schäfer (Saalstadt)

ermann-Josef Scharf
r. Wolfgang Schäuble
r. Andreas Scheuer
arl Schiewerling
eorg Schirmbeck
ernd Schmidbauer
ndreas Schmidt (Mülheim)

go Schmitt (Berlin)

r. Andreas Schockenhoff
r. Ole Schröder
ernhard Schulte-Drüggelte
ilhelm Josef Sebastian
urt Segner
ernd Siebert
homas Silberhorn
ohannes Singhammer
ens Spahn
hristian Freiherr von Stetten
ero Storjohann
ndreas Storm
ax Straubinger

homas Strobl (Heilbronn)

ena Strothmann
ichael Stübgen
ntje Tillmann
r. Hans-Peter Uhl
rnold Vaatz
olkmar Uwe Vogel
ndrea Astrid Voßhoff
erhard Wächter
arco Wanderwitz
ai Wegner
arcus Weinberg

eter Weiß (Emmendingen)

erald Weiß (Groß-Gerau)

go Wellenreuther
arl-Georg Wellmann
nette Widmann-Mauz
laus-Peter Willsch

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ngrid Arndt-Brauer
ainer Arnold
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r. Hans-Peter Bartels
laus Barthel
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laus Uwe Benneter
r. Axel Berg
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olker Blumentritt
lemens Bollen
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r. Gerhard Botz
laus Brandner
ernhard Brinkmann

(Hildesheim)


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artin Burkert
r. Michael Bürsch
hristian Carstensen
arion Caspers-Merk
r. Peter Danckert
r. Herta Däubler-Gmelin
arl Diller
artin Dörmann
r. Carl-Christian Dressel
lvira Drobinski-Weiß
arrelt Duin
etlef Dzembritzki
ebastian Edathy
iegmund Ehrmann
ans Eichel
ernot Erler
etra Ernstberger
arin Evers-Meyer
nnette Faße
lke Ferner
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ainer Fornahl
abriele Frechen
agmar Freitag
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igmar Gabriel
artin Gerster

ris Gleicke
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enate Gradistanac
ngelika Graf (Rosenheim)

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Matthias Miersch rsula Mogg arko Mühlstein etlef Müller ichael Müller Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Thomas Oppermann Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Steffen Reiche Maik Reichel Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel Riemann Hanewinckel Walter Riester Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth Michael Roth Ortwin Runde Marlene Rupprecht Anton Schaaf Axel Schäfer Dr. Hermann Scheer Marianne Schieder Ulla Schmidt Silvia Schmidt Renate Schmidt Dr. Frank Schmidt Heinz Schmitt Carsten Schneider Olaf Scholz Ottmar Schreiner Reinhard Schultz Swen Schulz Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Rita Schwarzelühr-Sutter Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Andreas Steppuhn Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Christoph Strässer Dr. Peter Struck Jörg Tauss Jella Teuchner Dr. h. c. Wolfgang Thierse Jörn Thießen Franz Thönnes Simone Violka Jörg Vogelsänger Dr. Marlies Volkmer Hedi Wegener Andreas Weigel P G D L D A H D E D W H M B F J C D U R E P M J U O P H D H J D H E B D M H G H S H In S M M P J B D H D C J F D M D D D C F C etra Weis ert Weisskirchen r. Rainer Wend ydia Westrich r. Margrit Wetzel ndrea Wicklein eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz ngelbert Wistuba r. Wolfgang Wodarg altraud Wolff eidi Wright anfred Zöllmer rigitte Zypries DP ens Ackermann hristian Ahrendt aniel Bahr we Barth ainer Brüderle rnst Burgbacher atrick Döring echthild Dyckmans örg van Essen lrike Flach tto Fricke aul K. Friedhoff orst Friedrich r. Edmund Peter Geisen ans-Michael Goldmann oachim Günther r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein lke Hoff irgit Homburger r. Werner Hoyer ichael Kauch ellmut Königshaus udrun Kopp einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht a Lenke abine LeutheusserSchnarrenberger ichael Link arkus Löning atrick Meinhardt an Mücke urkhardt Müller-Sönksen irk Niebel ans-Joachim Otto etlef Parr ornelia Pieper örg Rohde rank Schäffler r. Konrad Schily arina Schuster r. Hermann Otto Solms r. Max Stadler r. Rainer Stinner arl-Ludwig Thiele lorian Toncar hristoph Waitz D D D H M B G K V C B M G A E D H K A B W P P U D B T U S F R U M M D A J K W O B C K E C I D R S H D J W J M N C W D H W r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff artin Zeil ÜNDNIS 90/DIE RÜNEN erstin Andreae olker Beck ornelia Behm irgitt Bender atthias Berninger rietje Bettin lexander Bonde kin Deligöz r. Thea Dückert ans-Josef Fell ai Gehring nja Hajduk ritta Haßelmann infried Hermann eter Hettlich riska Hinz lrike Höfken r. 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(Wackernheim)





(A) )


(B) )


(Tuchenbach)


(Everswinkel)


(Wiesloch)


(Wolmirstedt)


(Frankfurt)


(Bönstrup)


(Saarbrücken)





(A) )


(B) )


Wir setzen unsere Debatte fort. Das Wort hat der Kol-
lege Peter Rauen, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Rauen (CDU):
Rede ID: ID1605415600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit ihrem
Antrag will die Fraktion Die Linke die Arbeitslosigkeit
durch öffentlich finanzierte Beschäftigung bekämpfen,
während der Antrag der Grünen darauf zielt, Beschäfti-
gung für die circa 400 000 Menschen zu organisieren,
die heute Arbeitslosengeld II beziehen, auf dem ersten
Arbeitsmarkt aber vermutlich keine Chance haben.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Katrin GöringEckardt)


Ich komme auf diese Anträge zurück. Zunächst will
ich aber einige Vorbemerkungen machen. Die neue Re-
gierung ist mit zwei großen Zielen angetreten: erstens
die staatlichen Finanzen in Ordnung zu bringen und
zweitens die Arbeitslosigkeit abzubauen bzw. die Zahl
der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsver-
hältnisse zu erhöhen. Diese Vorgehensweise wurde mit
den Begriffen Investieren, Konsolidieren und Reformie-
ren formuliert.

Trotz aller Schwierigkeiten auf diesem Wege, die ich
gar nicht bestreiten will, gibt es zwei harte Fakten, die
belegen, dass die Regierung auf diesem Wege erfolg-
reich ist:


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Oje!)


Erstens. Im Mai dieses Jahres waren die tatsächlichen
Steuereinnahmen zum ersten Mal höher als die erwarte-
ten. Das hat es seit fünf Jahren nicht mehr gegeben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich gehe davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzt und
dass die Maastrichter Stabilitätskriterien entgegen der
zuvor formulierten Erwartung der Regierung am Ende
dieses Jahres möglicherweise doch eingehalten werden
können.

Dies ist deshalb so wichtig, weil nur ein Staat mit
gesunden Finanzen auf Dauer in der Lage ist, in die Zu-
kunft zu investieren: in Infrastruktur, Forschung und Bil-
dung. Wir wollen in die Verbesserung der Infrastruktur
und in die Erhaltung der vorhandenen Infrastruktur in-
vestieren. Das sichert sofort Arbeitsplätze und ist alle-
mal besser als irgendein öffentlich finanziertes Beschäf-
tigungsprogramm.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zweitens. Die Bundesagentur für Arbeit hat heute ver-
meldet, dass die Arbeitslosigkeit im September dieses
Jahres gegenüber dem Vorjahresmonat um 409 000 Perso-
nen zurückgegangen ist. Das ist höchst ermutigend.
Ferner teilte die Bundesagentur mit, dass auf dem ersten

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(C (D rbeitsmarkt 824 000 offene Stellen gemeldet sind; das ind 180 000 mehr als vor einem Jahr. Besonders erfreuich aber und ein Beweis dafür, dass die Regierung auf em richtigen Wege ist, ist die Mitteilung der Bundesgentur, dass mittlerweile der Aufbau sozialversicheungspflichtiger Beschäftigung zum Rückgang der Areitslosigkeit beiträgt. Darauf mache ich besonders aufmerksam, weil damit in sechsjähriger Negativtrend endlich gebrochen ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Brandner [SPD])


on September 2000 bis einschließlich April 2006 ist
ie Zahl der ordentlich Beschäftigten in jedem nur denk-
aren Vergleich mit den Vorjahresmonaten zurückgegan-
en. Insgesamt sind in diesem Zeitraum auf dem ersten
rbeitsmarkt 1,8 Millionen ordentliche Beschäfti-
ungsverhältnisse verloren gegangen. Im Mai 2006 wa-
en erstmals 103 664 mehr Beschäftigte als im Mai des
orjahres zu verzeichnen. Im Juni waren es bereits
28 634 mehr. Heute vermeldet die Bundesagentur, dass
ie Zahl der ordentlich Beschäftigten im Juli 2006 um
94 000 höher war als im Juli 2005.

Die Bundesagentur vermeldet ferner – das halte ich
ür besonders wichtig –, dass die Zunahme in allen Bun-
esländern außer dem Saarland stattgefunden hat. Ich
ehe davon aus, dass sich diese Trendumkehr im August
nd September fortgesetzt hat, obwohl die Zahlen dazu
och nicht vorliegen.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Kommen Sie doch mal zu unserem Antrag!)


Ich komme dazu. – Von 28 285 045 sozialversiche-
ungspflichtig Beschäftigten im September 2002 waren
ir auf 25 815 795 im Februar 2006 zurückgefallen.
ieser Rückgang hatte verheerende Folgen für die Steu-

reinnahmen und vor allem für die sozialen Sicherungs-
ysteme: Die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
ahlen ja nicht nur Lohnsteuer, sie finanzieren auch – ge-
einsam mit den Arbeitgebern – unsere Sozialkassen.
ie nun festzustellende Trendumkehr ist für unsere ge-

amte Volkswirtschaft, für die Finanzierung unserer so-
ialen Sicherungssysteme und für den Arbeitsmarkt von
llergrößter Bedeutung.

Über die grundsätzliche Weichenstellung zur Schaf-
ung von mehr Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeits-
arkt ist die Bundesregierung vor allem bemüht, die
angzeit- und Altersarbeitslosigkeit zu reduzieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


eshalb wird die Bundesregierung in der Arbeitsmarkt-
olitik weitere Weichen stellen. Zwei Ansätze stehen im
ittelpunkt der Bestrebungen des Bundesministeriums

ür Arbeit und Soziales: erstens eine sinnvollere Ord-
ung im Niedriglohnbereich und zweitens eine effizien-
ere Organisation im SGB II.


(Dirk Niebel [FDP]: Sagen Sie einmal etwas zum Mindestlohn!)


ie Bundesregierung hat daher mit Kabinettsbeschluss
om 23. August 2006 die Arbeitsgruppe „Arbeitsmarkt“






(A) )



(B) )


Peter Rauen
eingesetzt, die heute in Form einer Anhörung ihre Arbeit
aufgenommen hat. Sie wird neben der effizienteren Um-
setzung des SGB II die Themen Kombilohn, Mindest-
lohn und dritter Arbeitsmarkt ausleuchten und Lösungen
vorlegen.

Des Weiteren hat die Bundesregierung mit den Eck-
punkten der Initiative „50 plus“ ältere Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer in den Fokus gerückt. Ein Instru-
ment ist der Kombilohn für Menschen über 50 Jahre. Sie
sollen möglichst schnell wieder in den Arbeitsprozess
eingegliedert werden und, wenn sie weniger Lohn be-
kommen als auf ihrer letzten Stelle, einen Zuschuss be-
kommen.

Zum Antrag der Fraktion Die Linke. Diesen Antrag
lehnen wir ab. Wer ihn liest, stellt fest, dass sich Die
Linke von Planwirtschaft und Staatsdirigismus noch im-
mer nicht verabschiedet hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der LINKEN: Haha!)


Sie hängen nach wie vor dem Motto an: Der Staat sam-
melt Geld ein, der Staat verteilt das Geld und alle haben
Arbeit, und sei es staatlich finanzierte. Woher allerdings
das Geld kommen soll, wenn nicht durch Wertschöp-
fung, sagt von der Linken niemand. Diese Antwort blei-
ben Sie uns schuldig.


(Kornelia Möller [DIE LINKE]: Sie haben den Antrag nicht gelesen! Es wäre gut, Sie würden ihn lesen!)


– Zu der Finanzierung, die Sie vorgeschlagen haben,
komme ich noch.

Zum Antrag des Bündnisses 90/Die Grünen.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Rauen, jetzt aber vorsichtig!)


Der Antrag der Grünen ist da schon ganz anders.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In der Analyse der tatsächlichen Situation liegen wir gar
nicht weit auseinander:


(Dirk Niebel [FDP]: Hat die Bundeskanzlerin das erlaubt?)


Eine nicht kleine Gruppe der ALG-II-Bezieher, circa
400 000, hat auf dem ersten Arbeitsmarkt, wie man rea-
listischerweise sagen muss, keine Chance. Sie können
aller Voraussicht nach auf dem regulären Arbeitsmarkt
kein bedarfsdeckendes Einkommen erzielen. Die
Gründe hierfür sind sehr verschieden: mangelnde Quali-
fikation, lange Arbeitslosigkeit oder andere Vermitt-
lungshemmnisse wie soziale oder seelische Probleme.
Wir wollen die Betroffenen keinesfalls als erwerbsunfä-
hig abschreiben und in die Sozialhilfe abdrängen. Inso-
fern wäre eine dauerhafte Förderung der Betroffenen in
einem dritten Arbeitsmarkt zumindest eine Option, die
geprüft werden muss.


(Klaus Brandner [SPD]: Das ist gut so!)


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(C (D Doch es darf nicht sein, dass auf der einen Seite trikte Sanktionen gefordert werden und auf der anderen eite derjenige mit einer dauerhaften Beschäftigung „be ohnt“ wird, der sich – möglicherweise nachhaltig – der obvermittlung auf dem ersten Arbeitsmarkt entzieht. udem stellt sich mir die Frage, ob der Zeitpunkt für solhe Überlegungen nicht zu früh ist, da die Arbeit in den rgen und den Optionskommunen derzeit noch nicht ichtig funktioniert. Ich verweise hier auf den Bericht es Bundesrechnungshofes. Im Moment sind noch zu viele Empfänger von LG II im System, die arbeiten könnten, bisher aber icht die entsprechenden Angebote oder Anreize erhalen haben. Es kommt ganz wesentlich auf die korrekte msetzung dieser Idee an: ob sie als richtige Ergänzung u den arbeitsmarktorientierten Instrumenten des SGB II unktioniert oder ob sie diese möglicherweise konterkaiert. Diesbezüglich sind zum jetzigen Zeitpunkt zu viele ragen offen, die noch beantwortet werden müssen. Desalb lehnen wir den Antrag der Grünen ebenfalls ab. (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Herr Rauen! Ein solcher Anlauf und dann das!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie mich abschließend noch Folgendes fest-
tellen: Durch alle arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen
m Sinne von Arbeitsbewirtschaftung konnte letztend-
ich nicht verhindert werden, dass wir heute eine viel zu
ohe Arbeitslosigkeit in Deutschland haben. Das gilt
uch für die letzten 40 Jahre, egal unter welcher Regie-
ung. Deshalb hat diese Regierung zu Recht den Schwer-
unkt darauf gelegt, auf dem ersten Arbeitsmarkt erfolg-
eich zu sein.

Mit der Mehrwertsteuererhöhung werden die Beiträge
ur Arbeitslosenversicherung um mindestens 2 Prozent-
unkte gesenkt.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605415700

Kommen Sie bitte zum Ende, Herr Rauen.


Peter Rauen (CDU):
Rede ID: ID1605415800

Das führt dazu, dass die Menschen, die arbeiten und

eiträge zahlen, netto mehr in der Tasche behalten und
leichzeitig die Arbeitskosten sinken. Das ist das beste
rogramm für mehr Beschäftigung in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605415900

Herr Rauen, kommen Sie bitte zum Ende.


Peter Rauen (CDU):
Rede ID: ID1605416000

Ich komme sofort zum Schluss.

Wenn es die Finanzen der Bundesagentur für Arbeit
auerhaft hergeben, dann muss die Senkung auch höher
ls die genannten 2 Prozentpunkte ausfallen. Die Über-
chüsse der Bundesagentur müssen an die zurückgege-
en werden, denen das Geld gehört. Das sind diejenigen,






(A) )



(B) )


Peter Rauen
die ordentlich arbeiten, und die Unternehmen, für die sie
arbeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605416100

Herr Rauen!


Peter Rauen (CDU):
Rede ID: ID1605416200

Dies ist allemal zielführender als der Vorschlag der

Linken, dieses Geld in Beschäftigungsprogramme zu
stecken.

Schönen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Rainer Brüderle [FDP])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605416300

Das Wort für Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin

Brigitte Pothmer.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Darf bei Ihnen kein anderer reden? – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben doch schon!)



Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605416400

Im Gegensatz zu anderen Kollegen hier im Haus habe

ich eben immer noch etwas zu sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr
Raunen,


(Dirk Niebel [FDP]: Ein Raunen geht durch den Saal und das für eine Grüne!)


schade eigentlich: Sie hatten so gut angesetzt, als es um
den Antrag der Grünen ging.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605416500

Entschuldigung, Frau Pothmer, der Kollege heißt

Rauen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605416600

Sagte ich das nicht?


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605416700

Nein. Ich wollte das nur kurz klarstellen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605416800

Es ging ein Raunen durch das Haus. War es so?

Herr Rauen, ich finde, Sie haben gut angefangen, als
es um den Antrag der Grünen ging. Deswegen war die
Konsequenz, die Sie daraus gezogen haben, aus meiner
Sicht überhaupt nicht logisch.

Natürlich sind wir alle froh, wenn sich der Arbeits-
markt entspannt. Wenn Sie aber einmal ein bisschen ge-
nauer hinschauen würden, dann würden Sie sehen, dass
wir es mit einem sehr gespaltenen Arbeitsmarkt zu tun

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(C (D aben. Wenn die Arbeitslosigkeit sinkt, dann betrifft das eider nicht die Langzeitarbeitslosen. Deren Zahl steigt mmer weiter an. (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Herr Rauen, diesem Teil der Betroffenen müssen Sie
in Angebot machen. Hier reicht es bei weitem nicht aus,
u sagen, die Argen und die Optionskommunen würden
och nicht richtig arbeiten, vielleicht aber später einmal.
ch sage Ihnen: Später kann für viele viel zu spät sein.

Ich glaube, das zeichnet leider auch die Arbeit der
roßen Koalition aus. Wenn ein Problem auftaucht, dann
ertagen Sie die Lösung und setzen sich in eine Arbeits-
ruppe. Es geht dann nicht weiter. Deswegen haben wir
hnen ein Konzept speziell für diese Gruppe vorgelegt,
on der wir ganz sicher sind, dass sie unter den gegebe-
en Bedingungen – das will ich hier betonen – bis auf
eiteres keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt ha-
en wird, weil die persönlichen beruflichen Profile die-
er Menschen zu stark von den Anforderungen abwei-
hen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt derzeitig gestellt
erden.

Herr Rauen, Sie wissen im Übrigen seit langem, dass
iese Menschen leider auch nicht von Konjunkturauf-
chwüngen profitieren. Diese Gruppe bleibt leider auch
ei Konjunkturaufschwüngen arbeitslos. Deshalb müs-
en Sie dort mit anderen Instrumenten herangehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es nützt dabei überhaupt nichts, sie von einem 1-Euro-
ob in den nächsten und danach in die nächste Qualifi-
ierung zu stecken. Das ist rausgeschmissenes und nicht
innvoll eingesetztes Geld, Herr Rauen. Das frustriert
ie Menschen. Es geht darum, diesen Menschen auch
ine langfristige Perspektive zu geben;


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn auch für sie trifft das zu, was für andere zutrifft:
ass Arbeit sehr viel mehr ist, als Geld zu verdienen. Es
eht auch darum, wieder Anschluss zu finden, eine sinn-
tiftende Tätigkeit auszuüben und Mitglied in der Ge-
ellschaft zu sein.


(Klaus Brandner [SPD]: Da hat sie Recht!)


as dürfen Sie auch diesen Menschen nicht verwehren.

Wir machen hier ein Angebot, das kostenneutral ist.
ir sagen Ihnen: Es geht auch, ohne dass Sie mehr Geld

n die Hand nehmen. Sie müssen das Geld einfach nur
innvoll einsetzen, indem Sie die aktiven und die passi-
en Leistungen zusammenlegen. Warum schmeißen Sie
as Geld für 1-Euro-Jobs heraus? Warum legen Sie die-
es Geld nicht mit dem Geld für die passiven Leistungen
nd dem Wohngeld zusammen? Dadurch können Sie für
ie Menschen, denen diese Leistungen zugute kommen,
auerhafte Perspektiven schaffen. Das ist gut für die Be-
roffenen, das ist aber auch gut für die Träger, bei denen
iese Menschen arbeiten. So können Sie etwas Sinnvol-
es für die Gesellschaft tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
Wir würden gerne noch ein weiteres Instrument ein-
setzen – Sie kennen das vielleicht nicht, daher sage ich
es Ihnen einmal –, und zwar die Integrationsbetriebe.
Die Integrationsbetriebe sind derzeit ein Instrument für
behinderte Menschen. Warum muss das so bleiben? Da,
wo es Sinn hat, kann man in diesen Betrieben auch
Langzeitarbeitslose, die multiple Vermittlungshemm-
nisse haben, einsetzen.

Geben Sie sich einmal einen Ruck! Sie haben doch
längst eingesehen, dass unsere Vorschläge gut sind. Wir
beraten darüber noch einmal im Ausschuss. Bis dahin
werden wir bei der Begründung noch etwas nachlegen.
Dann können Sie eigentlich nicht mehr Nein sagen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605416900

Das Wort hat die Kollegin Gabriele Lösekrug-Möller

von der SPD-Fraktion.


Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1605417000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir

sprechen über zwei Anträge. Wer diese Anträge gelesen
hat, hat schnell feststellen können: Sie sind von sehr un-
terschiedlicher Qualität.

Die Zustandsbeschreibung in der Einführung beider
Anträge kritisiere ich nicht; beide schildern die Situation
zutreffend. Dazu wird es hier im Haus auch Zustimmung
geben, zumal sie sich beide auf äußerst seriöse Quellen
beziehen. Sie beschreiben allerdings auch ein Problem,
das die große Koalition sehr ernst nimmt. Daran will ich
gar keinen Zweifel lassen.

Ehrlich gesagt bedurfte es beider Anträge nicht, um
darauf aufmerksam zu machen, dass wir als Politiker
– insbesondere in der großen Koalition – genau für den
Personenkreis, über den wir hier reden, derzeit Antwor-
ten entwickeln und Lösungen erarbeiten. Bei diesem
Personenkreis handelt es sich um Menschen, die er-
werbsfähig, aber arbeitsmarktfern sind, und die es auf-
grund multipler Vermittlungshindernisse schwer haben,
auf dem Arbeitsmarkt integriert zu werden. Genau des-
halb braucht dieser Personenkreis unsere Aufmerksam-
keit; genau deshalb braucht er auch unsere besondere
Beachtung. Allerdings kann ich da nur sagen: Im Koali-
tionsvertrag ist das eindeutig als ein Thema festgelegt.
Ich finde, daraus erwächst genau die politische Ver-
pflichtung, der wir nachkommen.

Aus der Zustandsbeschreibung schließe ich allerdings
anderes als zum Beispiel Sie, Kollegin Möller, oder die
Fraktion der Linken. Ihr Antrag liest sich so, als ob die
Bundesregierung in den letzten Jahren keinerlei Arbeits-
marktpolitik betrieben hätte.


(Kornelia Möller [DIE LINKE]: Aber ohne Erfolg!)


Da kann ich nur sagen: Offenbar haben Sie gar nicht zu-
gehört, nicht hingeschaut und das nicht erlebt.

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(C (D ie gehen darauf gar nicht ein, Frau Möller. Ihr Refrain Hartz muss weg!“ langweilt langsam. Denken Sie sich inmal etwas Neues aus. Das wissen wir alles schon. (Kornelia Möller [DIE LINKE]: Dann handeln Sie doch endlich!)


(Kornelia Möller [DIE LINKE]: Doch!)


nsofern wäre jetzt eine gute Gelegenheit, intensiver
ach Lösungen zu suchen.


(Kornelia Möller [DIE LINKE]: Wir haben einen Antrag gestellt!)


Ja, darauf gehe ich gerne ein.

Wenn ich mir anschaue, was Sie als Lösung vorstellen
da kann ich meinem Kollegen Rauen nur zustimmen –,

ann stelle ich fest, dass Sie im Grunde Ihrem alten Mo-
ell von Staat und Politik verhaftet bleiben. Ihre Antwort
st eigentlich nur: mehr Staat, mehr Politik und wir in
erlin sollen das richten. Das halte ich für einen absolut
nrealistischen Vorschlag. Ich finde ihn wirklich mager.

Umso bombastischer sind aber die Effekte, die Sie sich
usrechnen. Sie sagen locker: ab Januar nächsten Jahres
50 000 Arbeitsplätze, bis 2009 weitere 350 000 Arbeits-
lätze, also mal eben eine halbe Million Arbeitsplätze.
00 000 Menschen Arbeit zu versprechen und ihnen
och zu versichern, es sei locker möglich, mit 1 400 Euro
m Monat nach Hause zu gehen, finde ich leichtfertig.
ch denke, das ist eine Politik, die überhaupt nicht reali-
ierbar ist. Das kritisiere ich nachdrücklich an Ihrem
orschlag. Aber so einfach ist das eben in der Opposi-

ion.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Gilt das auch für die Hightechindustrie, wo Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden sollen?)


eshalb denke ich auch, dass es vollkommen reicht,
enn man sich so weit mit Ihrem Antrag auseinander

etzt.

Vollkommen anders sehe ich es allerdings, verehrte
rau Pothmer, beim Antrag der Grünen. Darauf möchte

ch jetzt eingehen. Ich denke, dass Sie sich in der Tat
em Thema wesentlich substanzieller nähern.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Knapp am Thema vorbei ist auch vorbei!)


as geht aus dem Antrag und auch aus dem zugrunde
iegenden Positionspapier hervor. Es war mir eine
reude, das zu lesen. Ich musste allerdings bald erken-
en, dass auch das nicht ganz ausreicht. Ich möchte das
erne – das lässt meine Redezeit noch zu – im Einzelnen
usführen.

Sie haben zwei gute Lösungswege aufgezeigt. Ein
eg sieht vor, in Zukunft Integrationsfirmen besser zu

utzen, um auch dem Personenkreis der Langzeitarbeits-
osen Lösungen anzubieten. Ich halte das für sinnvoll,
m zu erkennen, inwieweit man passive und aktive Leis-
ungen zusammenführen kann.






(A) )



(B) )


Gabriele Lösekrug-Möller
Ich habe aber festgestellt, dass in Ihrem Antrag mehr
Fragen verborgen sind, als er in den Antworten und Lö-
sungsvorschlägen suggeriert.


(Klaus Brandner [SPD]: Das ist so!)


Insofern ist er zwar ein guter Start, aber Sie nehmen ei-
nen Riesenanlauf und hören dann nach dem ersten
Sprung auf. Ich lade Sie ein: Machen Sie es wie beim
Dreisprung! Lassen Sie uns die zwei weiteren Sprünge
zusammen angehen. Dann kommen wir zu guten Ergeb-
nissen.

Was Ihre Einladung angeht, Frau Pothmer, im Rah-
men der Diskussionen im Ausschuss weitere gute Vor-
schläge zu machen, sehe ich der Zusammenarbeit ausge-
sprochen gerne entgegen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605417100

Dirk Niebel hat das Wort für die FDP-Fraktion.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1605417200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Forderung der Ausweitung eines öffentlich
geförderten Beschäftigungssektors – vor allem von der
linken Seite des Hauses – ist nicht neu. Sie legt den
Schluss nahe, wenn alle Arbeitslosen beim Staat ange-
stellt würden, dann hätten wir Vollbeschäftigung. Aber
spätestens aus dem Evaluierungsbericht zu den Hartz-
Reformen, den die alte Bundesregierung in Auftrag ge-
geben und die neue Bundesregierung vorgestellt hat,
wird deutlich, dass die Instrumente der letzten Jahr-
zehnte nicht geeignet sind, die Massenarbeitslosigkeit zu
bekämpfen. In dem Bericht wird im Gegenteil festge-
stellt, dass sie nicht nur nicht helfen, sondern dass sie so-
gar häufig denjenigen Schaden zufügen, die mit diesen
Instrumenten „beglückt“ werden.

Insofern ist dieser Weg der Arbeitsmarktpolitik – im
Auftrag der alten Bundesregierung erdacht und von der
neuen Bundesregierung verkündet – nachweislich
falsch. Deswegen sollten wir diesen Weg nicht wieder
beschreiten.


(Beifall bei der FDP)


Die Bundesagentur für Arbeit hat heute die Arbeits-
marktzahlen vorgestellt. Viele – zumindest von politi-
scher Seite – zeigen sich in der Kommentierung glück-
lich darüber. Auch ich freue mich über jeden Menschen,
der aus der Arbeitslosigkeit herauskommt. Aber nicht
nur im Zweiten Deutschen Fernsehen gilt „Mit dem
Zweiten sieht man besser“, sondern manchmal auch bei
Arbeitslosenstatistiken: Mit dem zweiten Blick sieht
man manches besser.


(Klaus Brandner [SPD]: Da müssen Sie aber lange suchen!)


Saisonbereinigt ist die Zahl der Arbeitslosen im Ver-
gleich zum Vormonat um 17 000 zurückgegangen. Das
ist gut. Allerdings ist im Vergleich zum letzten Monat
die Zahl der aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen

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(C (D m 29 000 – darunter allein 22 000 zusätzliche 1-Euroobs – gestiegen. Das heißt, es bleibt eine Differenz von 2 000 Menschen, die nicht mehr in der Statistik geführt erden. Faktisch ist leider im Vergleich zum Vormonat ie Zahl der Arbeitslosen um 12 000 gestiegen, und zwar it dem Instrument der 1-Euro-Jobs, einem öffentlich eförderten Beschäftigungsbereich, der sowohl hinsichtich der Teilnehmerzahl als auch des Finanzvolumens im etzten Jahr das umfangreichste arbeitsmarktpolitische nstrument war. Die Bundesregierung hat 1,1 Milliaren Euro in die so genannte Mehrbeschäftigung invesiert, und zwar für 604 000 Teilnehmer. Der leichtfertige Umgang mit dem Geld anderer eute ist bemerkenswert. Denn wie der Bundesrechungshof festgestellt hat, fehlten bei einem Viertel der aßnahmen die Fördervoraussetzungen. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist ja unglaublich!)


s gab keine Zusätzlichkeit, es gab kein öffentliches In-
eresse und keine Wettbewerbsneutralität. Bei 50 Pro-
ent dieser Maßnahmen wussten die Grundsicherungs-
tellen nichts über den Inhalt der Maßnahmen. Sie haben
ie Maßnahmenträger einfach gewähren lassen – mit
em Geld, das die Bürgerinnen und Bürger durch ihrer
ände Arbeit erwirtschaftet haben. Ich meine, es ist der

alsche Weg, diese Instrumente weiter stärken zu wollen,
ei es auf dem völlig abstrusen Weg der PDS oder auf
em etwas weniger praktikablen Weg, den die Grünen
orschlagen.

Wir sind der festen Überzeugung, dass man entgegen
en Feststellungen des Bundesrechnungshofs den Men-
chen, die Probleme haben, Hilfestellung geben sollte.
ie waren damals noch nicht im Parlament. Wir anderen
ber waren alle zusammen am Vermittlungsverfahren im
usammenhang mit den Hartz-Gesetzen beteiligt.
lorian Gerster hat sich damals für die Klassifizierung
er Erwerbsfähigkeit eingesetzt, die sich in Arbeits-
arktnähe und Arbeitsmarktferne unterteilt. Wir waren

ns alle aus guten politischen Gründen einig, nur die
entenrechtliche Regelung zu übernehmen und von der
rbeitsmarktpolitischen Regelung abzusehen. Diese Re-
elung ist zwar eventuell arbeitsmarktpolitisch sinnvoll,
eil man damit die Statistik schnell verändern kann. Sie
ilft aber nicht den Menschen. Hier gibt es einen sozial-
olitischen Auftrag der Bundesagentur für Arbeit. Des-
egen ist es verwerflich, dass durch die Hintertür, auf
em Verordnungsweg der politische Willen des gesam-
en Hauses umgangen wird und dass die Bundesagentur
ür Arbeit Menschen aus dem Arbeitsmarkt bewusst he-
ausdrängen will.


(Beifall bei der FDP)


Die Menschen brauchen Möglichkeiten, wieder in
eschäftigung zu kommen. Das heißt, wir müssen Rah-
enbedingungen für mehr reguläre Beschäftigung

chaffen. Ich habe verwundert gelesen, dass mancher
eint, die Bundesagentur für Arbeit erwirtschafte
berschüsse. Dazu möchte ich deutlich sagen: Wenn je-
and in Deutschland nichts erwirtschaftet, dann ist es

ie Bundesagentur für Arbeit. Das Geld, das dort übrig






(A) )



(B) )


Dirk Niebel
ist, ist den Bürgerinnen und Bürgern, den Arbeitnehmern
und den Arbeitgebern, zu viel weggenommen worden.
Das heißt, man muss es ihnen zurückgeben und den Bei-
tragssatz in der Arbeitslosenversicherung deutlich mehr
senken, als bislang geplant. Das macht Arbeit billiger.
Wenn Arbeit billiger wird, wird auch mehr eingestellt.
Wer eingestellt wird, kann Steuern und Sozialversiche-
rungsbeiträge zahlen.


(Beifall bei der FDP)


Ich möchte noch einen Schritt weiter gehen. Die ver-
meintlichen Überschüsse, also das dem Bürger zu viel
weggenommene Geld, das bei der Bundesagentur für
Arbeit gesammelt wird, könnten wir zur Senkung der
Arbeitslosenversicherungsbeiträge nutzen. Wir bräuch-
ten dann nicht die von Ihnen geplante arbeitsplatzfeindli-
che Mehrwertsteuererhöhung, die Sie, meine Damen und
Herren von der SPD, noch im Wahlkampf völlig zu
Recht angegriffen haben.

Die Beitragssenkungsspielräume in der Arbeitslosen-
versicherung sind im System vorhanden, wenn man nur
noch das fördert, was zur Integration in den ersten Ar-
beitsmarkt führt, und wenn man das zu viel weggenom-
mene Geld den Arbeitnehmern und Arbeitgebern wieder
zurückgibt. Wir dürfen nicht die Konzepte aus den ver-
gangenen Jahrzehnten wieder aufgreifen, sondern müs-
sen neue Wege für neue Beschäftigung in diesem Land
gehen.

Wir wollen als Partei der sozialen Verantwortung den
Menschen die Chance geben, ihren Lebensunterhalt
selbst zu verdienen. Dafür brauchen wir entsprechende
Rahmenbedingungen. Wir brauchen eine Senkung der
Arbeitskosten, und zwar im Bereich der Sozialversiche-
rung, eine Senkung der Steuerlast der Bürgerinnen und
Bürger sowie der Unternehmer, damit mehr konsumiert
und investiert wird, sowie ein flexibles Arbeitsrecht, das
Einstellungen erleichtert, damit die Menschen die
Chance haben, bei einem kleinen konjunkturellen Auf-
schwung wie dem momentanen wieder in Beschäftigung
zu kommen.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605417300

Für die SPD spricht der Kollege Rolf Stöckel.


Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1605417400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Niebel, abgesehen davon, dass Sie hier ständig dieselbe
Blaupause vorlegen, gebe ich Ihnen in einem Punkt
Recht: In der Tat ist die Definition der Erwerbsfähigkeit
in Deutschland, was die Integration von benachteiligten
und leistungsgeminderten Menschen in den Arbeits-
markt angeht, richtig gewählt. Aber wir müssen daraus
die Schlussfolgerung ziehen, dass es im Bereich der we-
niger qualifizierten Tätigkeiten kaum offizielle Beschäf-
tigungsverhältnisse gibt, weil sich diese aufgrund man-
gelnder Produktivität nicht rechnen, und dass wir in der
aktiven Sozial- und Arbeitsmarktpolitik Maßnahmen ge-
rade zugunsten ehemaliger Sozialhilfeempfänger und

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(C (D er Menschen treffen müssen, die schulisch und berufich schlecht qualifiziert sind. Eine andere Frage ist, welhe Maßnahmen wir ergreifen. Bei allem Streit und angesichts der beiden vorliegenen Anträge können wir festhalten, dass es für die bereffenden Menschen noch immer besser ist, im Rahmen hrer Leistungsfähigkeit zu arbeiten, als arbeitslos zu ein und Sozialleistungen ohne Gegenleistung zu bezieen. Aber das liegt in der Verantwortung nicht nur des teuerzahlers und des Staates, sondern auch der gesam en Wirtschaft. Über den Sinn der alten arbeitsmarktpoliischen Instrumente kann man wahrlich streiten. MegaBM, öffentliche Beschäftigung, SAM und das Proramm „Arbeit statt Sozialhilfe“ waren sicherlich notendige Instrumente. Wenn man aber ehrlich ist, muss an zugeben, dass sie unter dem Strich die Langzeitar eitslosigkeit nicht abgebaut, sondern eher verfestigt haen, sodass wir nun eine Bugwelle von Unqualifizierten or uns herschieben. Über Begründung und Schlussfolgerung sind wir uns auch in der großen Koalition – einig. Wir müssen weierhin an diesem Thema arbeiten, aber in einem vermutich viel größeren Zusammenhang – dazu haben wir eine rbeitsgruppe eingesetzt –, als Sie das in Ihren Anträgen arlegen. In der Tat ist entscheidend, welche Anreize für ie Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im SGB II gegeben ind. Sind die Hinzuverdienstregelungen sinnvoll? Wir tellen jedenfalls fest, dass dort zunehmend weniger Aneize für die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftiung, etwa über 400 Euro, gegeben sind und dass sich ie Menschen an der Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 60 Euro orientieren und offiziell so viele Stunden arbeien, bis diese Grenze erreicht ist. Das sind Fragen, die ir im Zusammenhang mit Kombilöhnen, Mindestlöhen und einem ergänzenden dritten Arbeitsmarkt zu disutieren haben. Sie schreiben, dass es keinen Mechanismus der Verrängung regulärer Beschäftigung geben darf, aber Sie agen nicht, welche Mechanismen greifen sollen. Das ist ine Frage, die die gesamte Gesellschaft, vor allen Dinen die Wirtschaft, bewegt. Ich finde den Ansatz der rünen richtig, wonach wir keine Kriterien für flächeneckende Beschäftigungsprogramme festlegen können nd darüber die Akteure vor Ort, etwa in den Beiräten er Arge unter Beteiligung der Wirtschaft, insbesondere es Handwerks und des Mittelstandes, entscheiden solen. Ich glaube, das ist richtig. Sie müssen aber gleicheitig klären – die Frage beantworten Sie nicht –, wie ir eine Kontrolle darüber haben, ob die Bundesmittel, ie wir zahlen sollen, zielgerichtet und im Sinne Ihres ntrags verwendet werden. Ob es richtig ist, die Mittel en Kommunen zu geben, daran haben wir nach den anerthalb Jahren Erfahrung, die wir in den Argen und den ptionskommunen gemacht haben, große Zweifel. Wir erden uns im Detail darum kümmern, welche Mechaismen dort eingeführt werden müssen. Es ist für mich als Sozialpolitiker ein wichtiger Asekt, dass wir mit Mega-AB-Maßnahmen, die für Menchen eingerichtet werden, die das Kriterium des Alters nd womöglich der Benachteiligung erfüllen, eine Rolf Stöckel Stigmatisierung herbeiführen können. Diese Maßnahmen müssen durchlässig gemacht werden. Außerdem muss der Qualifizierungsaspekt, der neben der psychosozialen Hilfe, die ebenfalls berücksichtigt werden muss, ein weiterer wichtiger Aspekt ist, klar definiert werden. Wir erleben, dass von Landesregierungen Stellen für Sozialberatung wie Schuldnerberatung und Drogenberatung abgebaut werden und dass sich die Argen und Optionskommunen schwer tun, solche Beratungen wieder bedarfsgerecht anzubieten. Angesichts dieser Tatsache habe ich Zweifel daran, dass Ihre Anträge, aus denen vielleicht der Wunsch spricht, in die richtige Richtung zu gehen, die aber die falschen Instrumente anbieten, das Ziel erreichen. Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende. Ich muss, da ich nur vier Minuten Redezeit hatte, jetzt schließen. Jetzt schon fünf. Ich glaube, dass wir uns im Interesse der Betroffenen gemeinsam bemühen sollten, an der einen oder anderen Stelle zusammenzuarbeiten und die Fragen, die heute aufgeworfen worden sind, zu beantworten. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605417500
Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1605417600
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605417700
Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1605417800


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605417900

Interfraktionell ist die Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 16/2504 und 16/2652 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen
worden. – Damit sind Sie offensichtlich alle einverstan-
den. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-
Energien-Gesetzes

– Drucksache 16/2455 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (16. Ausschuss)


– Drucksache 16/2760 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Maria Flachsbarth
Marco Bülow
Michael Kauch
Hans-Kurt Hill
Hans-Josef Fell

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(C (D Es ist vorgesehen, eine halbe Stunde zu debattieren. – azu höre ich keinen Widerspruch. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundesinister Sigmar Gabriel. Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Naturchutz und Reaktorsicherheit: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir prechen heute über einen Gesetzentwurf, mit dem verucht werden soll, einen vernünftigen Ausgleich zwichen den Vorteilen des Gesetzes über erneuerbare Enerien und den volkswirtschaftlichen Lasten, die wir zum eil im Zusammenhang mit der Energiepolitik auferleen, zu erreichen. Zunächst zur Erfolgsgeschichte des Gesetzes. Wir haen mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz einen unlaublichen Erfolg bei Schritten zu einer stärkeren Unbhängigkeit von Energieimporten, also Importen von ohstoffen zur Energiegewinnung wie Uran, Öl oder as, erzielt. Erneuerbare Energien finden wir im eigeen Land. Wir haben die Möglichkeit, Wind, Sonne, eothermie und Biomasse zu nutzen. Wir haben vor al em eine Technologieentwicklung in Gang gesetzt, die icht nur energiepolitisch und klimapolitisch von Erfolg ekrönt ist, weil wir CO2 einsparen und die negativen uswirkungen des Verbrennens von Kohle, Gas oder Öl egrenzen; vielmehr hat das Erneuerbare-Energien-Geetz gleichzeitig dazu geführt, dass Deutschland bei dieer Technologie heute weltweit führend ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU)


Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz wurden
70 000 Arbeitsplätze in unserem Land geschaffen.
iese Arbeitsplätze sind übrigens größtenteils in Regio-
en mit ansonsten großen Strukturschwächen entstan-
en. Eben gab es eine Debatte über Arbeitslosigkeit.
ank des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sind zum Bei-

piel in Ostfriesland ein paar Tausend Arbeitsplätze in
er Windenergie entstanden. In Thalheim in Sachsen
ibt es weit über 1 000 Arbeitsplätze in der Solarindus-
rie.


(Zuruf von der SPD: Thalheim ist in SachsenAnhalt!)


Sorry, in Sachsen-Anhalt. Habe ich „Sachsen“ gesagt?


(Ulrich Kelber [SPD]: Aber Freiberg ist in Sachsen!)


Ich meine Thalheim bei Bitterfeld und das liegt in
achsen-Anhalt, gelle? Auch in Sachsen gibt es eine
enge neuer Arbeitsplätze.

Thalheim ist eine Region, die bisher weit weniger als
um Beispiel der Großraum Dresden von der wirtschaft-
ichen Entwicklung profitiert hat. Die Photovoltaik-
ndustrie dort ist ein wichtiger Träger der wirtschaftli-
hen Entwicklung geworden.

Wir exportieren Produkte aus dem Bereich erneuer-
are Energien inzwischen weltweit; es gibt eine un-






(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel
geheure Nachfrage. Das führende Land auf diesem tech-
nologischen Gebiet ist Deutschland geworden, das eine
Hightechstrategie verfolgt hat. Ingenieurwissen, For-
schung, Wissenschaft führen zu Arbeitsplätzen. Damit
verbunden sind echte Chancen auch für diejenigen, die
sonst keine Arbeit mehr finden. Ich denke an Menschen,
die klassische Facharbeiterberufe ausüben. Es sind rich-
tig zukunftsfeste Jobs entstanden. Es gibt also eine Win-
win-Situation: Umwelt- und Klimaschutz auf der einen
Seite und Arbeitsplätze auf der anderen Seite.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag, den
CDU, CSU und SPD geschlossen haben, die Fortschrei-
bung dieser Erfolgsgeschichte vereinbart. Der Anteil der
erneuerbaren Energien an der Stromversorgung liegt
heute bei etwa 11 Prozent. Wir wollen, dass dieser An-
teil auf mindestens 20 Prozent im Jahre 2020 steigt. Der
Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Primär-
energiebereich liegt bei knapp 5 Prozent. Wir wollen,
dass dieser Anteil im Jahr 2020 auf 10 Prozent angestie-
gen ist. Diese Ziele sind vereinbart. Es ist gut, dass über
erneuerbare Energien kein großer politischer Streit mehr
geführt wird.

Aber wir müssen natürlich sehen, dass es sich auch
bei den erneuerbaren Energien um eine neue Technolo-
gie handelt, die wir in den Markt einführen mussten. Es
wird gelegentlich darüber diskutiert, wie viel das kostet:
Es macht etwa 3 Prozent des Strompreises aus; die
Netznutzungsentgelte, von denen die Regulierungsbe-
hörde gerade festgestellt hat, dass sie überhöht sind, ma-
chen 30 bis 40 Prozent des Strompreises aus. Wir reden
also über einen relativ kleinen Betrag: Erneuerbare Ener-
gien kosten einen Drei-Personen-Haushalt pro Monat
1,60 Euro. Man kann sagen: Das ist immer noch zu viel.
Ich sage: Für die Zukunft unserer Kinder und Enkelkin-
der ist das wirklich ein niedriger Preis.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen natürlich darüber reden, was eigentlich in
den stromintensiven Bereichen der deutschen Industrie
passiert, die einem harten internationalen Wettbewerb
ausgesetzt sind und bei denen relativ hohe Lohnkosten
– wir wollen, dass es bei relativ hohen Löhnen bleibt,
weil in Deutschland auch die Lebenshaltungskosten
hoch sind – anfallen. Neben den hohen Sozialkosten
kommt auf diese Bereiche mit den Energiekosten ein
dritter Faktor hinzu, der Einfluss auf den internationalen
Wettbewerb hat. Wir müssen aufpassen, dass wir zwar
im Bereich der erneuerbaren Energien etwas Gutes ma-
chen, was aber dazu beitragen kann, dass die rund 330 im
internationalen Wettbewerb stehenden stromintensiven
Betriebe in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig
sind.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sorgen wir da-
für, dass über die Aufhebung des 10-Prozent-Deckels bei
besonders stromintensiven Betrieben die Entlastung – es
gibt sie schon jetzt – von 100 Millionen Euro pro Jahr
auf 400 Millionen Euro pro Jahr gesteigert wird. Das ist

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(C (D ine gewaltige Entlastung der stromintensiven Betriebe nd des stromintensiven Gewerbes. Das hat natürlich zur Folge, dass der Strompreis für iejenigen, die davon nicht profitieren können, etwas teigt, allerdings nur um 0,02 bis 0,03 Cent pro Kiloattstunde. Es handelt sich also um einen verschwinend geringen Betrag. Ich glaube, dass dieser Gesetzenturf damit einen guten Kompromiss darstellt. Die uständigkeit des Bundesamtes für Wirtschaft und Aus uhrkontrolle für die Überprüfung, wer diese Entlastung irklich in Anspruch nehmen darf – es gilt, Trittbrettfah er zu verhindern –, bedeutet, dass wir einen starken ontrolleur haben, sodass wirklich diejenigen entlastet erden, die es nötig haben, und nicht Unternehmen, die arauf eigentlich keinen Anspruch haben. Ich glaube, ies ist ein guter Gesetzentwurf. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Michael Kauch hat das Wort für die FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ge etzentwurf zur Änderung des EEG ist das Eingeständnis er Bundesregierung, dass das Gesetz über die erneueraren Energien eben doch unnötig hohe Kosten nach ich gezogen hat. Der Weg, den die Bundesregierung mit iesem Gesetzentwurf beschreitet, ist untauglich, die osten zu senken. Die Bundesregierung verringert zwar die finanziellen asten für die energieintensiven Unternehmen, doch beeutet das, dass die Belastungen für alle anderen, die ämlich nicht privilegiert sind – das sind die Verbrauherinnen und Verbraucher und mittelständische nternehmen –, steigen werden. Wenn Sie die Kosten ür die einen senken, dann greifen Sie den anderen in die asche. Die Frage ist, ob das gerecht ist. ie FDP ist der Meinung, dass es nicht gerecht ist. Wir ehnen Ihre Kostenverschiebungspolitik deshalb ab. Wenn der Minister darlegt, wie gering die Erhöhung ür die Haushalte ist, dann ist das nur ein Teil der Wahreit. Ein anderer Teil der Wahrheit heißt: Mehrwertsteurerhöhung und Abbau von Steuervergünstigungen ohne leichzeitige Senkung der Steuersätze. Ein weiterer Teil er Wahrheit ist, dass zusätzlich die Benzinpreise steigen erden, weil Sie Steuern auf Biokraftstoffe erheben und leichzeitig einen Beimischungszwang einführen. Das lles zusammen ergibt die Belastung, die auf die Geringerdiener zukommt, die schon heute unter den staatlich erteuerten Energiepreisen leiden. Für die FDP ist Umeltpolitik ein Gerechtigkeitsthema. Ich hätte gedacht, ass das auch für die Sozialdemokratische Partei gilt. Mit der Änderung des EEG zeigt sich, in welchem rdnungspolitischen Dilemma sich die Förderung der Michael Kauch erneuerbaren Energien derzeit befindet. Die Konflikte zu den Grundsätzen von Markt und Wettbewerb sind offensichtlich. Der Staat maßt sich nicht nur die Bestimmung des Einspeisepreises für jede Technologie an; auch der Wettbewerb zwischen den erneuerbaren Energien wird durch dieses Fördermodell ausgeschaltet. Aus ökologischer Sicht wären Alternativen zum heutigen EEG wünschenswert. Solange die gesetzliche Förderung unkoordiniert neben dem Emissionshandel eingesetzt wird, erbringt das keine zusätzlichen CO2-Einsparungen; denn die Einsparungen durch die erneuerbaren Energien machen lediglich Zertifikate für andere Emittenten frei, etwa fossile Kraftwerke. Der Klimaschutz unter dem Emissionshandelsregime ist im Zusammenhang mit dem EEG nicht besonders überzeugend. Die FDP spricht sich deshalb für ein Modell der differenzierten Mengensteuerung aus. Das ist ordnungspolitisch der klarste Weg. Das ist ein Instrument, das im Einklang mit Markt und Wettbewerb steht. Die Förderung – das sage ich ganz deutlich – ist zusätzlich zum Emissionshandel notwendig. Ziel ist, die Verknüpfung von Klimaschutz und Versorgungssicherheit durch heimische erneuerbare Energien zu erreichen. Meine Damen und Herren, ich mache Sie noch darauf aufmerksam, dass wir nicht für eine reine Mengensteuerung eintreten. Wir sehen sehr wohl, dass es zukunftsfähige, aber noch nicht wettbewerbsfähige Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien gibt, die eine zusätzliche Förderung brauchen. Hier ist ganz klar auch unser Ziel, Technologieförderung zu betreiben. Aber solche Technologieförderung muss aus dem Haushalt bezahlt werden. Zuschüsse aus Steuermitteln zu den Markterlösen halten wir für richtig. Das wäre dann offen im Haushalt ausgewiesen und transparent. Es ist eben nicht transparent, wie das EEG heute gestaltet ist, indem nämlich versteckt über die Strompreise die Verbraucherinnen und Verbraucher die Dinge bezahlen, die aus gesamtwirtschaftlicher Sicht mit dem Ziel der Technologieförderung unterstützt werden sollen. Zusammengefasst: Sie reparieren mit Ihrem Gesetzentwurf ein problematisches Fördermodell in einer untauglichen Weise – und das auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Das Wort hat Dr. Maria Flachsbarth, CDU/CSU-Frak tion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland ist eine hoch technisierte Industrienation, deren Wohlstand, soziale Sicherheit und sozialer Frieden unmittelbar von einer sicheren, kostengünstigen und um w h e a g h e E e s K D d d d V w a v s d a s h l r r C E g l h l e r d a n d e e S (C (D eltgerechten Energieversorgung abhängig sind. Daher at die schwarz-rote Bundesregierung die Erarbeitung ines nationalen Energiekonzeptes als wichtigen Punkt uf ihre Agenda geschrieben. Es muss insbesondere festelegt werden, wie der Energiemix der Zukunft ausseen soll, welchen Anteil die Primärenergieträger erneurbare Energien, Steinund Braunkohle, Mineralöl, rdgas und Kernenergie haben sollen. Unbestritten gibt s bezüglich des Energiekonzeptes noch einigen Diskusionsbedarf. Doch in einem Punkt ist sich die große oalition einig – ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag –: Ein wichtiges Element unserer Klimaschutzund Energiepolitik ist der ökologisch und ökonomisch vernünftige Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir werden daher: – ambitionierte Ziele für den weiteren Ausbau in Deutschland verfolgen, unter anderem – den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bis 2010 auf mindestens 12,5 % und bis 2020 auf mindestens 20 % steigern … abei müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen für ie Nutzung der erneuerbaren Energien so gesetzt weren, dass mit ihrer Nutzung die Ziele der Energiepolitik er Bundesregierung, nämlich Umweltverträglichkeit, ersorgungssicherheit und Preiswürdigkeit, erreicht erden. Zur Umweltverträglichkeit. Die Notwendigkeit zu ktivem Klimaschutz und zu verminderter Freisetzung on Treibhausgasen gehört inzwischen zum Grundkonens in diesem Land. Geschlossene CO2-Kreisläufe bei er Nutzung von Biomasse sowie CO2-freie Energien us Sonne, Wind, Wasser und Erdwärme liefern unumtritten wichtige Beiträge zur Bekämpfung des Treibauseffektes und damit zum Schutz unserer Umwelt. Zur Versorgungssicherheit. Trotz der derzeit rückäufigen Preise an den Energie-, insbesondere den Minealölmärkten ist langfristig mit steigenden Kosten zu echnen. Aufstrebende Wirtschaftsmärkte wie in Indien, hina oder Brasilien haben steigenden Energiebedarf. ine verschärfte Nachfragekonkurrenz aufgrund berenzter fossiler Energieressourcen auf den internationaen Energiemärkten ist die Folge. Erschwerend kommt inzu, dass insbesondere Öl und Gas aus politisch eher abilen Regionen dieser Welt importiert werden. Erneurbare Energien als heimische Ressource haben daher ihen unbestrittenen Anteil an einer größeren Sicherheit er Energieversorgung in Deutschland. (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Genau richtig!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605418000
Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1605418100

(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





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(Beifall bei der FDP)


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(Beifall bei der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605418200

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1605418300

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ohne Zweifel haben diese Vorteile, die ich in Bezug
uf Umweltfreundlichkeit und Versorgungssicherheit ge-
annt habe, ihren Preis. Wie Sie wissen, legt das EEG
en Preis und die bevorzugte Netzeinspeisung des aus
rneuerbaren Energien erzeugten Stroms fest. Wie Sie
benfalls wissen, wird die Einspeisevergütung für EEG-
trom durch eine Umlage auf den Strompreis finanziert,






(A) )



(B) )


Dr. Maria Flachsbarth
die alle Stromkunden gemeinsam zu tragen haben. So
lag die Umlage für Unternehmen und Privathaushalte im
Jahr 2005 grundsätzlich bei 0,56 Cent pro Kilowatt-
stunde.

Um besonders stromintensive Betriebe wie zum
Beispiel die Aluminium-, Zement- oder Stahlindustrie,
deren hoher Stromverbrauch aus produktionstechnischen
Gründen nicht reduziert werden kann, nicht unverhält-
nismäßig zu belasten, was eben schlimmstenfalls auch
zum Verlust von Arbeitsplätzen führen würde, kennt das
EEG bereits seit 2004 in § 16 eine Härtefallregelung, die
die Höhe der Stromkosten bei besonders hohen Verbräu-
chen kappt. Für Unternehmen, die besonders viel Ener-
gie für ihren Fertigungsprozess benötigen, betrug die
EEG-Umlage deshalb im Jahr 2005 0,1 Cent pro Kilo-
wattstunde. Sie würde allerdings ohne eine Änderung in
diesem Jahr auf 0,2 Cent pro Kilowattstunde ansteigen,
sich also verdoppeln.

Um den Industriestandort Deutschland als Produk-
tionsstandort auch für energieintensive Branchen weiter
wettbewerbsfähig zu erhalten, werden CDU/CSU und
SPD deshalb des Weiteren, wie im Koalitionsvertrag
vereinbart – ich zitiere –,

die EEG-Härtefallregelung unverzüglich so umge-
stalten, dass die stromintensive Industrie eine ver-

(Aufhebung des 10 %-Deckels)

lastung auf 0,05 Cent pro kWh begrenzt wird …


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem vorliegen-
den Gesetzentwurf setzen wir diese Vereinbarung des
Koalitionsvertrages um. Wir stärken die besonders stark
von den Stromkosten betroffenen Betriebe, indem wir
bei ihnen die durch das EEG verursachten Stromkosten-
anteile auf 0,05 Cent pro Kilowattstunde begrenzen. Da-
neben geben wir diesen Betrieben Planungssicherheit für
die Zukunft. Die 10-Prozent-Deckel-Regelung hat bis-
lang erschwert, dass Unternehmen sich der auf sie zukom-
menden Stromkosten sicher sein konnten. Der 10-Pro-
zent-Deckel begrenzte den Härtefallausgleich stark, da
die EEG-Kosten durch die Anwendung der Ausgleichsre-
gelung für alle nicht der Härtefallregelung unterliegenden
Verbraucher um maximal 10 Prozent steigen durften. Mit
dem vorliegenden Gesetzentwurf und seiner modifizier-
ten Härtefallregelung schaffen wir den 10-Prozent-De-
ckel und damit die Kalkulationsunsicherheit ab. Durch
die Härtefallregelung werden etwa 330 besonders strom-
intensive Betriebe entlastet; sie erhalten zudem höhere
Planungssicherheit. Dies schafft Vertrauen und eine ver-
lässliche Grundlage für Investitionsentscheidungen in
der Zukunft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, neben diesem Fort-
schritt für energieintensive Unternehmen sagen wir den
Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes auf der anderen
Seite ganz klar – Herr Kauch, Sie haben es angesprochen –,
dass sich die Kosten für die übrigen Stromverbraucher,
die nicht unter die besondere Ausgleichsregelung fallen,
erhöhen werden, wenn auch nur geringfügig.

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(C (D Bei Abwägung aller Vorund Nachteile sind wir allerings zu der Überzeugung gelangt, dass diese Belastung on 0,02 bis 0,03 Cent pro Kilowattstunde – das hat der inister eben auch gesagt – sehr moderat ausfällt und eshalb vertretbar ist. Ich darf Ihnen das an einem Beipiel vorrechnen: Für einen Durchschnittshaushalt mit inem Jahresverbrauch von 3 500 Kilowattstunden eribt das eine Mehrbelastung von lediglich etwa 1 Euro ro Jahr. (Michael Kauch [FDP]: Das hat der Trittin auch immer gesagt!)


Nicht alles, was Herr Trittin gesagt hat, ist falsch.
anches ist allerdings sehr differenziert zu sehen.


(Marco Bülow [SPD]: Das ist einfach richtig, egal wer es sagt!)


Wir wissen allerdings um die vielen kleinen Griffe in
ie Taschen des Verbrauchers, die sich insgesamt zu ei-
er spürbaren Belastung summieren. Deshalb ist das
weite große Anliegen dieses Gesetzes eine Stärkung
es Verbraucherschutzes durch mehr Transparenz bei
er Abrechnung der EEG-Kosten im Rahmen der Strom-
echnung. Leider ist es bisher tatsächlich nicht auszu-
chließen, dass es im Zusammenhang mit der Weiter-
abe der entstehenden Kosten des Erneuerbare-
nergien-Gesetzes an die Letztverbraucher zu Rechts-
erstößen kommt, denen wir nicht ausreichend mit zivil-
erichtlichen Möglichkeiten begegnen können. Deshalb
aben wir im Koalitionsvertrag vereinbart – ich darf er-
eut zitieren –,

die Berechnungsmethode zur EEG-Umlage trans-
parent und verbindlich so (zu) gestalten, dass die
Energieverbraucher nur mit den tatsächlichen Kosten
der EEG-Stromeinspeisungen belastet werden …


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Deshalb, meine lieben Kolleginnen und Kollegen,
ieht das neue Gesetz vor, dass die Bundesnetzagentur in
ukunft als unabhängige Behörde die gesetzlichen Vor-
aben zum Schutz der Verbraucher effektiv überwachen
ird. Deshalb sind Betreiber von Anlagen zur Strom-

rzeugung aus erneuerbaren Energien, Netzbetreiber und
ie Elektrizitätsversorgungsunternehmen zukünftig ver-
flichtet, der Bundesnetzagentur die für den bundeswei-
en Ausgleich der EEG-Kosten erforderlichen Angaben
itzuteilen. Damit stellen wir sicher, dass den Stromver-

rauchern keine überhöhten Kosten für den EEG-Strom
erechnet werden.

Ich darf zusammenfassen. Mit der Neuregelung des
EG werden wir somit die gesetzlichen Rahmenbedin-
ungen sowohl für die energieintensiven Betriebe als
uch für alle Stromkunden verbessern. Wir erreichen
ine ökologisch und ökonomisch vorausschauende, sinn-
olle Förderung der erneuerbaren Energien, mehr Ent-
astung und mehr Kalkulationssicherheit für energiein-
ensive Betriebe und schließlich mehr Transparenz für
ie Verbraucher und damit für alle Bürgerinnen und Bür-
er unseres Landes. Die Unionsfraktion wird daher dem
esetzentwurf der Bundesregierung zustimmen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605418400

Ich erteile dem Kollegen Hans-Kurt Hill das Wort für

die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605418500

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehr-

ten Kolleginnen und Kollegen! Was ist eigentlich der
Zweck des Erneuerbare-Energien-Gesetzes? Erstens im
Interesse des Klimaschutzes eine nachhaltige Entwick-
lung der Energieversorgung zu ermöglichen, zweitens
die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung
zu verringern, drittens einen Beitrag zur Vermeidung
von Konflikten um fossile Energieressourcen zu leisten
und viertens die Weiterentwicklung von Technologien
zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu
fördern.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist ein gutes Gesetz, nicht?)


Zweck des Gesetzes ist es aber auch, den Anteil erneuer-
barer Energien an der Stromversorgung bis zum
Jahr 2020 auf mindestens 20 Prozent zu erhöhen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist korrekt!)


Das haben wir eben gehört; das ist alles korrekt und so
steht es in § 1 des EEG.

Aber ich bin der Meinung, dass die große Koalition
offenbar Schwierigkeiten hat, den Sinn des EEG zu er-
fassen.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das ist gut! Dann erklären Sie uns das einmal!)


Deshalb war es notwendig, das einmal zu betonen, Herr
Kelber, auch wenn Sie jetzt gähnen. Oder wie sonst ist es
zu verstehen, dass der Gesetzentwurf zur Änderung des
EEG dazu missbraucht wird, Geschenke an die strom-
intensive Industrie zu verteilen? Das ist völlig unnötig.


(Beifall bei der LINKEN)


So wird das Gerücht geschürt, erneuerbare Energien
würden Strom teuerer machen. Das ist einfach die fal-
sche Botschaft. Im Gegenteil wirkt sich der Preis bei
Windstrom dämpfend aus und senkt zudem den Import-
bedarf bei Erdgas. Ein positiver Effekt ist: Die teuren
Gasimporte werden zunehmend durch regenerative
Energien mit stabil sinkenden Preisen ersetzt.

Wenn die Bundesregierung etwas für die großen
Stromkunden tun will, muss sie am Anfang der Preis-
kette bei den Erzeugern zu Regelungen kommen. So
schafft man Kalkulationssicherheit und Transparenz.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das stimmt!)


Ich sage Ihnen: In das EEG einzugreifen, ist der falsche
Weg. Die Preistreiber auf dem Energiemarkt sind die
Vattenfalls, die RWEs und Co. Das sind diejenigen, die
für die hohen Kosten bei den energieintensiven Indus-
trien verantwortlich sind.


(Beifall bei der LINKEN)


So verhalten sich keine seriösen Energieversorger.

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(C (D Niemand kann verantworten, Atomreaktoren mit völig unzureichenden Sicherheitssystemen auch nur einen ag länger am Netz zu lassen. Niemand kann ernsthaft ollen, dass sich ein Stromausfall wie im Münsterland iederholt. Niemand kann wollen, dass 5,2 Millionen rme Haushalte in Deutschland ihre Energierechnung icht mehr bezahlen können. Ich frage mich, wie lange ie Bundesregierung dem Treiben noch zusehen will. Sie assen sich doch von den Energiekonzernen an der ase herumführen! Wir unterstützen auf jeden Fall die Aktion der Umeltverbände. Unter www.atomausstieg-selber-machen.de ann jeder der Atomlobby die rote Karte zeigen und zu kostrom wechseln. Statt den großen vier die Flügel zu tutzen, schieben Sie den schwarzen Peter lieber dem EG zu. Die Dummen sind wieder einmal die kleinen etriebe und die privaten Haushalte. Sie zahlen die ge amte Ökosteuer und tragen allein das EEG. Mit Ihren Änderungen im EEG schwächen Sie vor alem die erneuerbaren Energien. Wenn Sie so weitermahen, dann schaffen Sie mit der nächsten Novelle des esetzes sehr wahrscheinlich das, was die FDP will, ämlich die Abschaffung des EEG. Wenn Sie das wollen, ann sagen Sie es einfach. Wenn Sie aber einen Anteil der erneuerbaren Enerien von 20 Prozent bis 2020 erreichen wollen, sollten ie beizeiten dem Energiekartell Paroli bieten. Ich forere die Bundesregierung auf, übernächste Woche auf em zweiten Energiegipfel für Wind und Sonne klar Poition zu beziehen. Die Verbraucherinnen und Verbrauher haben einen Anspruch auf eine zukunftsfähige nergiepolitik, die zu günstigen Energiepreisen führt. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605418600

Das Wort hat der Kollege Hans-Josef Fell, Bünd-

is 90/Die Grünen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605418700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Auch ich wollte meine Rede mit der Erfolgsge-
chichte des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beginnen.
er Bundesumweltminister ist mir zuvorgekommen. Ich
ann nur feststellen, dass Sie hervorragend beschrieben
aben, wie erfolgreich die Ziele, die wir mit dem Erneu-
rbare-Energien-Gesetz angestrebt haben, erreicht wur-
en. Wir befinden uns auf Erfolgskurs. Wir stimmen an
ieser Stellte jeder Ihrer Aussagen zu und freuen uns,
ass diese gemeinsame rot-grüne Initiative sich so er-
olgreich entwickelt hat.

Ich denke, dies war einer der größten Erfolge der rot-
rünen Koalition.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell
Denn neue Arbeitsplätze sind geschaffen worden. Wir
haben einen neuen Exportartikel geschaffen. Wir haben
neue Technologien auf den Weg gebracht. Wir haben In-
vestitionen auch aus dem Ausland insbesondere in den
Osten Deutschlands, wo sie dringend erforderlich waren,
geholt. Schließlich haben wir damit einen großen Bei-
trag zum Klimaschutz geleistet. Was wollen wir eigent-
lich noch mehr, außer dass es auf diesem Gebiet schnell
und effektiv vorangeht? In diesem Ziel weiß ich uns mit
der SPD und mit Bundesminister Gabriel sehr einig.
Auch das freut uns.

Einzig und allein die FDP hat noch nicht verstanden,
warum mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz so viele
Ziele, die Sie selbst in den Mittelpunkt rücken, tatsäch-
lich erreicht werden. Sie hätten wenigstens einmal den
Bericht der EU-Kommission lesen können, in dem Ihre
Argumente widerlegt werden. Das EEG ist besonders
wettbewerbskonform. Wir stimmen darin überein, dass
mehr Wettbewerb ein Ziel ist. Aber wenn Sie, Herr
Kauch, sagen, das EEG sei ein Wettbewerbshemmnis
und es würde den Wettbewerb der erneuerbaren Ener-
gien untereinander verhindern, dann müssen Sie klar sa-
gen, was Sie wollen. Sie wollen bisher nur eine einzige,
nämlich die billigste, Technologie auf Basis der erneuer-
baren Energien am Markt, aber beispielsweise nicht eine
Technologie wie die Photovoltaik. Wie soll denn heute
die Photovoltaik in einem offenen Wettbewerbsmarkt
mit der Windenergie ökonomisch konkurrieren? Sagen
Sie doch, wenn Sie keine Entwicklung auf dem Gebiet
der Photovoltaik unterstützen wollen. Dann wissen wir
wenigstens Bescheid. Das Gleiche gilt auch für die Geo-
thermie.

Sie sagen, Sie wollen das Instrument der Mengensteu-
erung. Schauen Sie doch einmal in die Berichte der EU-
Kommission! Dann können Sie erkennen, dass Instru-
mente wie Zertifikate und Mengensteuerung – ich kann
nicht alle nennen –, die in diese Richtung gehen, in vie-
len Ländern der Welt ausprobiert wurden und sich als
untauglich erwiesen haben.

Schauen Sie nach Großbritannien. Dort gibt es viel
mehr Wind als in Deutschland, fast keine Windräder,
kaum Windenergieindustrie, wenige Arbeitsplätze in
diesem Bereich und kaum Klimaschutz über Windräder,
obwohl in Großbritannien höhere Preise bei der Winden-
ergie zu erzielen sind. Wenn das Ihr Modell ist, dann
verbreiten Sie es bitte weiter. Ich bin froh, dass diese Ge-
danken selbst bei der Union angekommen sind und sie
dies inzwischen unterstützt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Ganz ohne Polemik geht es nicht!)


– Das ist keine Polemik. Ich freue mich vielmehr da-
rüber, Frau Flachsbarth, dass Sie das so dargestellt ha-
ben.

Nun zum Gesetzentwurf. Wir halten es für sehr posi-
tiv, dass hier ein Paragraf vorgesehen ist, der Transpa-
renz ermöglicht, nämlich dass die Netzbehörde in die
Lage versetzt wird, den Umlagemechanismus zu kon-
trollieren, damit die großen Netzbetreiber, die immer
noch heftig gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz op-

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(C (D onieren, nicht auch noch über verschiedenste Methoden ewinnmitnahmen erzielen. Es ist gut, dass die Netzbeörde einen Blick darauf werfen kann. Das begrüßen wir n der vorliegenden Gesetzesnovelle sehr. Wir denken aber, dass eine weitere Entlastung der tromintensiven Industrie aus verschiedenen Gründen icht mehr gerechtfertigt ist. Deswegen stimmen wir em Gesetzentwurf nicht zu. Dies ist nicht im Sinne des erbraucherschutzes. Wer die Lasten sehr viel stärker uf die allgemeinen Verbraucher überträgt, handelt nicht m Sinne des Verbraucherschutzes. Dabei ist die enerieintensive Industrie doch sogar ein Nutznießer. Die tahlindustrie hat heute ihren zweitgrößten Absatzmarkt n der Windindustrie. Warum sie dann das Erneuerbarenergien-Gesetz immer wieder attackiert, geht mir nicht n den Kopf. Wir haben doch gehört, wie sehr die jetzien Stromerzeugungskosten durch das Erneuerbarenergien-Gesetz gesenkt werden. Das HWWA hat uns as doch wunderbar vorgerechnet. Der Vorteil aus der enkung der Kosten ist höher als die im Erneuerbarenergien-Gesetz festgelegte Umlage. Also schon heute ragen die erneuerbaren Energien zur Senkung der trompreise bei. Diesen Weg sollten wir weiter beschreiten, damit wir in Ziel übererfüllen können, das auch im Gesetzentwurf teht. Wir werden nämlich wahrscheinlich schon in dieem oder im nächsten Jahr einen Anteil der erneuerbaren nergien von 12 Prozent an der Stromerzeugung erreicht aben. Deswegen werden wir ein ambitionierteres Ziel ns Auge fassen und bis 2010 nicht nur einen Anteil von 2,5 Prozent erreichen können. Die Erneuerbare-Enerien-Branche kann viel mehr leisten. Lassen wir dies mit er EEG-Novelle im nächsten Jahr auch zu! Das Wort hat Marco Bülow für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605418800


Marco Bülow (SPD):
Rede ID: ID1605418900

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

ie erneuerbaren Energien sind auf dem Vormarsch. Ein
arant für diesen Vormarsch ist das Erneuerbare-Ener-
ien-Gesetz. Der Bundesminister hat zu Recht auf einige
ckpunkte hingewiesen, zum Beispiel darauf, wie viele
rbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen worden sind
der wie viele Investitionen dort getätigt werden. Ich
ill eine Zahl hinzufügen, die sehr wichtig ist – denn in

rster Linie ist dies ein Klimaschutzinstrument, meines
rachtens sogar das wichtigste –: Wir sparen jährlich
4 Millionen Tonnen CO2 ein, Tendenz steigend. Viel-
eicht schaffen wir sogar bald die 100 Millionen. Ich
enke, es ist sehr wichtig, das zu erwähnen. Denn ohne
as Erneuerbare-Energien-Gesetz – das müssen wir fest-
tellen – würden wir unser ambitioniertes Klimaschutz-
iel auf nationaler Ebene nicht erfüllen können. Deswe-
en ist es wichtig, dass wir das Erneuerbare-Energien-
esetz geschaffen haben und es auch in der großen
oalition weiterlebt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Marco Bülow
Eines ist klar: Der Klimaschutz ist die wichtigste He-
rausforderung unserer Gesellschaft in diesem Jahrhun-
dert. Wir werden sie nur bewältigen können, wenn wir
die erneuerbaren Energien fördern und in verschiedenen
Bereichen mehr Energieeffizienz herstellen. Ich will ei-
nen weiteren Punkt nennen: Wir müssen insgesamt da-
rauf achten – ich weiß, dass das in Deutschland manch-
mal ein wenig schwierig ist –, dass die Wälder nicht
weiter abgeholzt werden und dass wir weiter versuchen,
Aufforstungsprogramme zu fördern.

Ich will einen kleinen Schlenker machen; denn beim
Klimaschutz muss man in längeren Zeitdimensionen
denken. Ich glaube nicht, dass es förderlich ist, dass wir
den deutschen Wald – ich weiß, das liegt in der Verant-
wortung der Länder – verkaufen bzw. privatisieren.
Denn ich bin mir nicht sicher, ob dieser Wald dann auch
über Jahrhunderte geschützt wird. Ich glaube, dass das
ein falscher Weg ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte vor allen Dingen etwas zu den Kosten sa-
gen, die ein paarmal erwähnt wurden. Der Bundesminis-
ter hat richtig vorgerechnet: 1,60 Euro pro Monat kosten
die erneuerbaren Energien jeden Dreipersonenhaushalt.
Diese Kosten sind immer in den Berechnungen enthal-
ten. Andererseits sollte aber auch berechnet werden, wie
viel wir durch die erneuerbaren Energien sparen. Das
UBA hat vorgerechnet, dass ein normaler Haushalt
durch die erneuerbaren Energien einen Gewinn von
4 Euro erzielt. Es werden nämlich volkswirtschaftliche
Kosten eingespart, weil wir weniger CO2-Energien nut-
zen müssen. Wir müssen also immer beides gegenüber-
stellen.

Noch etwas zum Klima: Das Deutsche Institut für
Wirtschaftsforschung hat ausgerechnet, dass eine Klima-
erwärmung um nur 1 Grad – mittlerweile hat es schon
eine Klimaerwärmung um 0,7 Grad gegeben; in
Deutschland wird sie wahrscheinlich schon bald um
1 Grad liegen – die Volkswirtschaft 137 Milliarden Euro
kostet. Das ist eine Zahl, die nicht auf der Rechnung
steht, die wir aber immer im Hinterkopf behalten müs-
sen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die FDP postuliert immer wieder – auch das hat mit
Kosten zu tun – das Mengengerüst. Auch Herr Fell hat
es eben angesprochen. Ich möchte Ihnen einmal eine
Zahl nennen: Die Kosten für Windenergie betragen in
Deutschland zwischen 6,2 und 8,5 Cent pro Kilowatt-
stunde. Damit kommen wir der Wettbewerbsfähigkeit
schon nahe; es lässt sich absehen, ab wann die Wind-
energie wettbewerbsfähig sein wird. Ähnlich ist es in
Spanien, sogar noch ein bisschen günstiger. Sie wenden
das gleiche Prinzip wie in Deutschland an. Die Englän-
der und die Italiener haben das Mengengerüst, das Sie
immer postulieren, eingeführt. In Großbritannien kostet
Strom aus Windenergie über 10 Cent, in Italien sogar

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(C (D ber 15 Cent. Ich weiß nicht, ob das einen marktwirtchaftlichen Vorsprung darstellen soll. Ich glaube, Sie ollten überlegen, ob Sie das Gerüst nicht endlich dahin acken, wo es hingehört, nämlich in den Altpapierconainer. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Das gehört in den Sondermüll!)


Wir müssen die Erfolgsgeschichte im Zusammenhang
it den erneuerbaren Energien fortsetzen. Natürlich
üssen wir auch nachjustieren. Das tun wir heute. Wir

rehen an zwei Schrauben – das wurde teilweise von
rau Flachsbarth und vom Bundesminister angesprochen –,
nd zwar im Bereich der Transparenz und im Bereich
er Härtefallregelung.

Wir stehen zu den Änderungen bei der Härtefallrege-
ung. Wir wissen, dass sie zu zusätzlichen Belastungen
ür die Verbraucher führen, und sprechen das auch offen
us. Wir glauben aber, dass die Belastungen vertretbar
ind. Auf der anderen Seite müssen wir aufpassen, dass
s bei einer Härtefallregelung bleibt.

Ich rufe alle, die sich entschieden für die Härtefallre-
elung eingesetzt haben, auf, nicht auf das EEG zu
chießen mit dem Argument, es verursache insgesamt zu
ohe Kosten für die Verbraucher. Man muss sich schon
ntscheiden. Ich glaube, man muss dazu stehen, dass
iese Härtefallregelung neue Kosten verursacht.

Mit der Transparenzregelung wollen wir erreichen,
ass die Bundesnetzagentur unklare Berechnungsdaten
nd Umwälzungsmethoden der Netzbetreiber überprüft.
uf Deutsch: Es darf nicht mehr abgerechnet werden als
ie Kosten, die die erneuerbaren Energien tatsächlich
erursachen. Ich glaube, diese Transparenzregelung ist
in echter Fortschritt.

Abschließend möchte ich dem Minister dafür danken,
ass wir diese Regelung gefunden haben. Ich versehe
en Dank zugleich mit der Bitte, ergänzend zu diesen
nderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz ein Anla-
enregister einzuführen. Wir brauchen es, um festzu-
tellen, wo die erneuerbaren Energien erzeugt wurden,
nd damit wir wissen, wohin sie fließen. Ich glaube, wir
rauchen in Zukunft solch ein Register.

Vor allen Dingen ist wichtig – ich bin sehr zufrieden,
ass es die meisten gesagt haben –, dass wir die erneuer-
aren Energien brauchen und das Erneuerbare-Energien-
esetz das richtige Instrument ist, um sie zu fördern. Ich
enke, dieser große Konsens, den es bis auf eine Frak-
ion gibt, ist einen Applaus wert.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605419000

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes auf
Drucksache 16/2455. Der Ausschuss für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 16/2760, den Ge-
setzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen, um das Handzeichen. – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzent-
wurf mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen
der gesamten Opposition angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Diejenigen, die dem Gesetz-
entwurf zustimmen wollen, mögen sich bitte erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Das ist nicht
der Fall. Damit ist der Gesetzentwurf mit demselben
Stimmergebnis wie zuvor angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgitt
Bender, Matthias Berninger, Kerstin Andreae,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Fremd- und Mehrbesitzverbot für Apotheken
aufheben

– Drucksache 16/2506 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

Es wurde verabredet, hierüber eine halbe Stunde zu
debattieren. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann
ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort der
Kollegin Biggi Bender, Bündnis 90/Die Grünen.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605419100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das

deutsche Apothekenrecht ist bizarr. Da verhindert ein
Selbstbedienungsverbot, dass die Kundinnen und Kun-
den selber an das Regal mit verschreibungsfreien Arz-
neimitteln herantreten, um sich das preiswerteste Präpa-
rat herauszusuchen. Da ist der Besitz von Apotheken nur
Apothekern gestattet. Das ist eine Regelung, die es in an-
deren Bereichen, wo der Verbraucherschutz ebenfalls
eine wichtige Rolle spielt, etwa in Bäckereien oder Su-
permärkten, nicht gibt und die dort wohl auch jeder für
absurd halten würde.


(Dr. Margrit Spielmann [SPD]: Das ist ja nun etwas ganz anderes!)


Da darf ein Apotheker neben seiner Hauptapotheke
höchstens drei Filialapotheken betreiben, die auch noch
nahe beieinander liegen müssen.

Um solche wettbewerbsbeschränkenden Regelungen
aufrechterhalten zu können, muss man in einer markt-
wirtschaftlichen Ordnung schon gute Gründe haben.
Hier findet man aber keine. Gerne wird das Fremdbesitz-
verbot damit begründet, dass die Qualität der Beratung
gewährleistet sein müsse, was als Anforderung zutrifft.

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(C (D afür würde es allerdings reichen, wenn in jeder Apoheke ein Apotheker oder eine Apothekerin beschäftigt äre. Für die Qualität der Beratung haben die Besitzverältnisse doch keinerlei Bedeutung. Auch für das Mehrbesitzverbot werden höhere ründe angeführt. Seine Befürworter behaupten, dass artelle und Monopolisten andernfalls überhöhte Preise erlangen könnten. Wir haben doch aber Erfahrungen it Institutionen, die helfen, die Ausnutzung einer arktmacht zu verhindern. Wir haben die Monopol ommission und das Bundeskartellamt. Warum sollten ie nicht auch auf diesem Markt tätig werden und einen achtmissbrauch verhindern können? Die Aufhebung des Mehrbesitzverbotes wird nicht uletzt mit der Begründung abgelehnt, dass dann die flähendeckende Versorgung mit Arzneimitteln gefähret sei. Die entstehenden Apothekenketten, so heißt es, ürden sich nur die Rosinen heraussuchen. In struktur chwachen und ländlichen Regionen, so wird beschwoen, gäbe es dann gar keine Apotheke mehr. Das ist kein utes Argument; denn schließlich ist die Gründung einer potheke auch heute kein Akt der Nächstenliebe. Ein potheker, der eine Apotheke gründen will, oder eine pothekerin, die eine Apotheke übernehmen möchte, berlegt sich doch sehr genau, ob an diesem Standort ute Umsätze zu erwarten sind. Das ist übrigens auch er Grund, warum die Apothekendichte in Deutschland wischen Stadt und Land sowie zwischen wohlhabenden nd ärmeren Regionen so unterschiedlich ist. Wir alle issen doch, dass es in den Städten inzwischen mehr potheken als Briefkästen gibt. Im ländlichen Raum ist as nicht so. An diesem wirtschaftlichen Kalkül würde sich auf eiem freieren Apothekenmarkt nichts ändern. Apotheker ürden sich auch weiterhin außerhalb der Ballungs äume niederlassen; schließlich ist dort die Wettbeerbsintensität geringer. Verändern würden sich aber das müssen wir uns angesichts der Diskussion im Rahen der Gesundheitspolitik überlegen – die Kosten des rzneimittelhandels. Aufgrund der Erfahrungen in aneren Ländern rechnen uns Fachleute vor, dass mit Einparungen zwischen 1 und 2 Milliarden Euro zu rechnen ei. Angesichts der Anforderungen an die gesetzliche rankenversicherung sind das nun wahrlich keine Peauts. Wir können es uns nicht leisten, solche Wirtschaftichkeitsreserven nicht zu nutzen. Im Übrigen wird der deutsche Weg auch im Hinblick uf das europäische Recht nicht aufrechtzuerhalten sein. ie Europäische Kommission wendet sich gegen Wettewerbshindernisse auf den Apothekenmärkten. Sie agt, das Fremdbesitzverbot sei zur Wahrung der Volksesundheit nicht notwendig, stelle deswegen einen Vertoß gegen die europäische Niederlassungsfreiheit dar. eswegen hat die Kommission bereits Vertragsverlet ungsverfahren gegen Österreich, Italien und Spanien ingeleitet. (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Aber nicht gegen Deutschland!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Birgitt Bender
Kurzum: Die Aufhebung von Mehr- und Fremdbe-
sitzverbot ist erstens wirtschaftlich geboten, zweitens
ordnungspolitisch richtig und hat drittens keine gesund-
heitspolitischen Auswirkungen, die ihr entgegenstünden.
Angesichts dieser Ausgangslage ist es schon bemerkens-
wert, dass die Bundesregierung auf diesem Felde so gar
nicht tätig sein will. Das gilt übrigens auch für die FDP,
Herr Bahr. Immerhin führen Sie sich ja gerne als Schild
und Schwert des Liberalismus auf. Aber im Apotheken-
wesen halten Sie Wettbewerb für Teufelszeug. Das ist bi-
zarr.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das Regelungsdickicht im Apothekenwesen ist doch
nur aufgrund guter Lobbyarbeit und enger Klientelbezie-
hungen entstanden und keinen sachlichen Erwägungen
geschuldet. Die Bundeskanzlerin hat die Losung ausge-
geben, dass in der Gesundheitspolitik das Gemeinwohl
Vorrang vor Gruppeninteressen haben müsse. Wenn das
so ist, dann lassen Sie uns dem folgen und eine Liberali-
sierung des Apothekenmarktes angehen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Wir machen jetzt erst einmal die Gesundheitsreform!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605419200

Das Wort hat der Kollege Dr. Wolf Bauer, CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Wolf Bauer (CDU):
Rede ID: ID1605419300

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Wir haben uns heute mit einer sehr interessanten
Frage zu beschäftigen, nämlich: Welchen Stellenwert hat
die öffentliche Apotheke in unserer Gesellschaft im All-
gemeinen und in unserem Gesundheitswesen im Beson-
deren? Ich glaube, wir sind uns alle darin einig: Zweifel-
los hat die Apotheke einen sehr hohen Stellenwert, da sie
Garant für die ordnungsgemäße und sichere Arzneimit-
telversorgung unserer Bevölkerung ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dabei haben sich insbesondere die mittelständischen
Strukturen und die Freiberuflichkeit bewährt, und das
über viele Jahrhunderte. Über die freien Berufe findet
sich im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz eine sehr inte-
ressante Aussage. Ich zitiere:

Die Freien Berufe haben im allgemeinen auf der
Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation
oder schöpferischer Begabung die persönliche, ei-
genverantwortliche und fachlich unabhängige Er-
bringung von Dienstleistungen höherer Art im Inte-
resse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum
Inhalt.

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(C (D icht umsonst hat der Gesetzgeber die Aufgabe der Arzeimittelversorgung in die Hände der eigenständigen potheken gegeben. Ich meine, wir sollten es dabei be assen. Mit den Gründen, die Sie, Frau Bender, genannt haen, können wir uns gerne einzeln auseinander setzen. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, tun Sie das doch!)


ch lade Sie heute ein, einmal mit mir gemeinsam in eine
potheke in Berlin zu gehen.


(Ute Kumpf [SPD]: Ein bisschen shoppen!)


anach können Sie nicht mehr behaupten, man gehe
ort ans Regal und nehme sich einfach etwas heraus. Ich
laube, Sie müssen einmal sehen, dass das gar nicht so
infach geht.

Etwas ganz anderes ist es, wenn Kapitalgesellschaf-
en die Erlaubnis erteilt wird, öffentliche Apotheken zu
etreiben. Wir beklagen doch auch in diesem Haus per-
anent, wie sich Kapitalgesellschaften in unserer Ge-

ellschaft verhalten, wie sie mit ihren Mitarbeitern um-
ehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt die Union! Das merk ich mir! Das ist ja eine interessante wirtschaftspolitische Aussage!)


ann sollen wir den Kapitalgesellschaften in diesem
ensiblen Bereich Tür und Tor öffnen? Dieser Vorschlag
ommt ausgerechnet von Ihnen, den Grünen. Aber las-
en wir das.

Zum wiederholten Male wurde die Diskussion über
ie Entscheidung des Saarlandes angestoßen – das haben
ie angesprochen –, einer niederländischen Aktienge-
ellschaft eine Betriebserlaubnis für eine Apotheke in
aarbrücken zu erteilen.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gute Entscheidung!)


uch wenn es sich vorrangig um eine von Europarecht
eprägte Entscheidung handelt, sollten wir bei der Beur-
eilung dieses Vorgangs nicht vergessen, dass die Euro-
äische Union nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft
nd erst recht nicht nur eine Wettbewerbsgesellschaft,
ondern auch eine Wertegemeinschaft ist. Der Europäi-
che Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang mehr-
als festgestellt, dass Leben und Gesundheit in der EU
orrang vor wirtschaftlichen Interessen genießen. Die
irtschaft dient den Verbrauchern und nicht umgekehrt.
ies hat zur Folge, dass die Wirtschaftsordnung auch im
emeinschaftsrecht flexibel an die sachlichen und fach-

ichen Erfordernisse einzelner Sektoren anzupassen ist.

Daher belässt Art. 152 des EG-Vertrages die primäre
uständigkeit für die Regelung und Organisation der
esundheitsfürsorge bei den Mitgliedstaaten.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Wolf Bauer
Die Europäische Gemeinschaft beschränkt sich ledig-
lich auf die Ergänzung von Maßnahmen, die Förderung
der Gesundheit und die Koordinierung der Mitgliedstaa-
ten. In diesem Artikel steht auch, dass bei der Tätigkeit
der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit der Bevöl-
kerung die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die
Organisation des Gesundheitswesens und die medizini-
sche Versorgung in vollem Umfang gewahrt wird. Das
ist letztendlich auch Ausdruck des Subsidiaritätsprin-
zips, auf das wir so stolz sind und das im EG-Vertrag
verankert ist.

Die Gegner des deutschen Fremdbesitzverbotes stüt-
zen sich auf die unterschiedlichsten Gründe, warum man
es endlich beseitigen muss. Aber ich glaube, das bringt
uns nicht weiter. Zwingende Gründe wie das Gemein-
wohl werden angeführt. Ich glaube aber, dass all das
Gründe für die Beibehaltung des Verbots sind. Laut Eu-
ropäischem Gerichtshof nimmt die Gesundheit – das
muss ich noch einmal betonen –


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dadurch wird es nicht wahrer!)


unter allen Rechtsgütern, die zur Einschränkung der
Grundfreiheiten berechtigen, den ersten Rang ein. Das
Verbot des Fremd- und uneingeschränkten Mehrbesitzes
dient dem Zweck, eine geordnete, verlässliche und kon-
trollierte Arzneimittelversorgung zu gewährleisten.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na gut! Dann machen wir das doch auch im Lebensmittelrecht! – Dr. Margrit Spielmann [SPD]: Da gibt es schon noch einen Unterschied, Frau Bender!)


Dazu gehört, dass den besonderen Gefahren des Arznei-
mittelgebrauchs Rechnung getragen und ein ungehinder-
ter Arzneimittelkonsum verhindert wird.

Gleichwohl wird diese Entscheidung letztlich in der
Hand des Europäischen Gerichtshofes liegen. Wir soll-
ten abwarten, was dabei herauskommt. Es ist allerdings
schade, dass man sich im Saarland auf nur ein Gutachten
gestützt hat.


(Zuruf von der SPD: Ja!)


Ich kenne auch Gutachten, die das genaue Gegenteil be-
sagen. Sie wissen ja: zwei Juristen, drei Meinungen.
Hier hätte man etwas sorgfältiger vorgehen sollen.

Die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes
wird mit der Zulassung von mehr Wettbewerb begrün-
det; das haben wir gerade wieder gehört. Im Antrag vom
Bündnis 90/Die Grünen ist von einer Einsparung von bis
zu 2 Milliarden Euro die Rede. Außerdem heißt es, es
fehle an empirischen Belegen dafür, dass eine Aufhe-
bung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes zu einer Ein-
schränkung der Sicherheit und der Qualität der Arznei-
mittelversorgung führt. Frau Bender, wenn es schon um
empirische Belege geht, würde es mich natürlich un-
heimlich freuen, wenn auch eine betriebs- und volks-
wirtschaftlich nachvollziehbare Berechnung vorgelegt
würde, aus der ein Einsparvolumen von 2 Milliarden
Euro hervorgeht.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich schicke Ihnen das Gutachten!)


er Kollege Lauterbach zum Beispiel spricht von Ein-
parungen in Höhe von lediglich 1 Milliarde Euro. Hier
st also eine gewaltige Differenz festzustellen.

Zudem bitte ich die Verfasser des Antrags, darzulegen
möglichst auch empirisch; das ist ja ein schönes Wort –,
n welchen Ländern sich die Sicherheit und die Qualität
er Arzneimittelversorgung durch die Freigabe ver-
essert hat. Auch das lässt sich nicht nachweisen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Kosten sind niedriger!)


Da wir gerade bei der Empirie sind: Mich würde
rennend interessieren, in welchen Ländern die Arznei-
ittelabgabepreise aufgrund der Existenz von Ketten-

potheken günstiger wurden. Dass das der Fall ist,
timmt nämlich auch nicht. Das können Sie in jedem
utachten und in vielen anderen Schriftstücken nachle-

en.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren vom Bünd-
is 90/Die Grünen: Wollen Sie eigentlich einen Wettbe-
erb wie in Norwegen? Dort waren 80 Prozent aller
potheken innerhalb von zwei Jahren nach Aufhebung
es Mehr- und Fremdbesitzverbotes in der Hand von
ier Ketten. Nur 15 Apotheken stehen nicht unter direk-
em Ketten- oder Großhandelseinfluss.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gibt es da Wettbewerb? – Maria Michalk [CDU/CSU]: Das ist ja eine Leistung!)


n Norwegen ist es so weit gekommen, dass bei einer
pothekenkette mittlerweile 45 Prozent der abgegebe-
en Generika vom zum selben Unternehmen gehörenden
ersteller stammen. Ist das Wettbewerb?

Interessant ist auch, dass das norwegische Gesund-
eitsministerium im Jahre 2004 feststellen musste, dass
ie Handelskonzerne zwar bei ihren Zulieferern, vor al-
em bei Generikaherstellern, Rabatte einforderten und
uch erhielten, diese jedoch nicht an die Verbraucher
der Krankenkassen weitergaben. Ist es das, was Sie
ollen? Das kann es doch auch nicht sein.

Wie kann man – siehe den Antrag vom Bündnis 90/
ie Grünen – einen Wettbewerb zwischen großen Apo-

hekenketten und kleinen, herkömmlichen Apotheken
ls segensreich fordern? Nichts anderes besagt folgendes
itat aus Ihrem Antrag:

Die kleinteilige Struktur des Apothekenmarkts lässt
einen effizienz- und effektivitätssteigernden Wett-
bewerb zwischen den Apotheken nicht zu.

ngesichts der Entwicklung in Norwegen, die ich vorhin
ngesprochen habe, frage ich Sie: Wollen Sie das wirk-
ich?

Sie sagten, es sei kein Problem, eine flächende-
kende Versorgung sicherzustellen. Aber sie ist in
efahr. In Norwegen musste die Regierung den drei






(A) )



(B) )


Dr. Wolf Bauer
marktbeherrschenden Unternehmen Übernahmegaran-
tien für aufgegebene Landapotheken geben. In Großbri-
tannien subventioniert der Staat mittlerweile jede vier-
zigste Apotheke, um eine flächendeckende Versorgung
zu gewährleisten. Ist es wirklich das, was Sie wollen?

Anstatt unsere qualitativ hochwertige Arzneimittel-
versorgung zu zerschlagen, sollten wir zunächst einmal
die Auswirkungen des AVWG und des sich gegenwärtig
in der Diskussion befindlichen GKV-Wettbewerbsstär-
kungsgesetzes abwarten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Außerdem bin ich sicher, dass sich auch der Europäische
Gerichtshof noch ausführlich mit dieser Materie ausei-
nander setzen wird. Sie haben es bereits angesprochen:
Gegen Österreich, Italien und Spanien sind bereits Ver-
fahren, die eine ähnliche Thematik betreffen, beim Euro-
päischen Gerichtshof anhängig. Interessant ist in diesem
Zusammenhang, dass gegen Deutschland bisher noch
kein Verfahren vonseiten der EU-Kommission in die
Wege geleitet worden ist.


(Maria Michalk [CDU/CSU]: So ist das!)


Daraus lässt sich schließen, dass unsere Gesetzgebung
durchaus EU-rechtskonform ist.


(Beifall der Abg. Maria Michalk [CDU/CSU])


Ich appelliere an das Hohe Haus, nicht in vorauseilen-
dem Gehorsam gute, gewachsene Strukturen zu zerstö-
ren. Wir werden den Antrag der Fraktion des Bündnis-
ses 90/Die Grünen ablehnen. Ich wiederhole meine Ein-
ladung: Lassen Sie uns einmal zusammen in eine Apo-
theke gehen, damit Sie sich ein Bild von dem umfangrei-
chen Leistungskatalog machen können!

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605419400

Für die FDP hat Daniel Bahr das Wort.


(Beifall bei der FDP – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt erklärt uns die FDP, warum sie gegen Wettbewerb ist!)



Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1605419500

Liebe Frau Präsidentin! Meine liebe Kolleginnen und

Kollegen! Das Fremd- und Mehrbesitzverbot für Apo-
theken ist ein klassisches Beispiel für einen Interes-
senkonflikt zwischen verschiedenen Politikfeldern,
zwischen Wirtschaftspolitik auf der einen und Gesund-
heitspolitik auf der anderen Seite.

Die FDP will einen Ausgleich zwischen den berech-
tigten Interessen der Gesundheits- und der Wirtschafts-
politik. Aus wirtschaftspolitischer Sicht sind Apothe-
ker gewerbetreibende Kaufleute, die sich am Umsatz
orientieren und Gewinne anstreben. Die Apotheken-
preise von Medikamenten kommen allerdings nicht
durch das freie Spiel von Angebot und Nachfrage zu-
stande, sondern durch einen gesetzlich festgelegten, pro-
zentualen Aufschlag auf die Preise des Großhandels. In

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(C (D er Gesundheitspolitik muss so viel Wettbewerb wie nöig und möglich für Effizienzsteigerungen sorgen; dafür tehen wir als FDP. Der Gesundheitsmarkt ist aber nach ie vor ein ganz besonderer Markt, wie hier im Hause ohl keiner bestreiten wird. Mehr als in anderen Berei hen spiegeln sich die Präferenzen der Kunden eben icht im freien Spiel der Kräfte von Angebot und Nachrage wider. Dieser Bereich unterliegt ganz eigenen Geetzen. Die Gesundheitspolitik muss die Arzneimittelversorung in Deutschland so organisieren, dass sie den Beürfnissen der Menschen entspricht. Kaum ein anderes and hat eine so gute Arzneimittelversorgung wie eutschland. as ist gut an der derzeitigen Arzneimittelversorgung? rstens. Jeder Bürger hat jederzeit Zugang zu Medikaenten, egal ob er in der Stadt oder auf dem Land ohnt, egal ob er sie vormittags oder nachts oder am ochenende benötigt. Zweitens. Die Arzneimittelver orgung weist einen hohen Grad an Sicherheit auf. Das roblem, dass Fälschungen aufkommen, hat deshalb icht auf die Verbraucher durchschlagen können. Dritens. Der einzelne Apotheker fühlt sich für seine Apoheke und seine Kunden verantwortlich. Teilweise überimmt er eine Mittlerfunktion zwischen Arzt und atient. Wenn die Zeit beim Arzt nicht gereicht hat, enn Zusatzinformationen notwendig sind, nimmt sich er Apotheker die Zeit, entsprechend zu informieren. Was haben wir davon, wenn die Versorgung qualitativ chlechter würde? Wer immer etwas an dem bestehenen System ändern will, muss nachweisen, dass das Anestrebte qualitativ besser ist als der Istzustand: Erstens. ird die räumliche Versorgung wirklich besser? Zwei ens. Wird die Auswahl an Medikamenten wirklich gröer? Drittens. Wird die Beratung besser? Viertens. Weren die Arzneimittelpreise niedriger? – Frau Bender, Sie ordern mit Ihrem Antrag, die rechtlichen Voraussetzunen zu ändern, wer eine Apotheke besitzen darf, mehr icht. Dadurch würden die Arzneimittelpreise nicht iedriger. Doch das steht nicht in Ihrem Antrag. Er ist eshalb eine Verkürzung dieses Bereiches. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP)


Nur wenn die Arzneimittelpreisverordnung kom-
lett aufgehoben wird, die Pharmahersteller bei den
reisen trotz Festbeträgen und Arzneimittelhöchstbeträ-
en noch nennenswerte Spielräume haben, die nicht
urch die Krankenkassen mit Rabattverträgen ausge-
chöpft werden, und – ein ganz wesentlicher Aspekt –
as Zusammenspiel aus vertikaler und horizontaler Kon-
entration den Preissetzungsspielraum für die Apothe-
enketten nicht sogar zulasten der Verbraucher erhöht,
ürden Arzneimittel billiger. Sonst würden Apotheken-
etten nur eines bewirken, nämlich eine Produzenten-
ente beim Apothekenkettenkonzern, also eine Erhöhung
es Gewinns beim Konzern.

Das Fremd- und Mehrbesitzverbot erklärt sich aus der
eilberuflichen Komponente des Apothekerberufs. Der






(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)

Apotheker galt bisher traditionell als Heilberufler. Das
rechtfertigt die flächendeckende Versorgung mit Apo-
theken, die wir in Deutschland haben. Diese heilberufli-
che Komponente des Apothekers wurde mit dem Arznei-
mittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz von Anfang
dieses Jahres – Herr Bauer hat es angesprochen – durch
das Verbot von Naturalrabatten noch betont.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU und der SPD)


Man muss sich einmal Gedanken machen, was man ei-
gentlich will. Natürlich ist der Apotheker sowohl Heil-
berufler als auch Kaufmann. Man kann aber nicht, wie es
einem gerade gefällt, das eine Mal betonen, dass der
Apotheker ein Heilberufler ist, und Naturalrabatte ver-
bieten, und dann wieder einfordern, dass er als Kauf-
mann direkt mit den Kassen oder der Pharmaindustrie
verhandelt. In diesem Zwiespalt befinden wir uns. Des-
halb müssen wir uns diese Frage immer wieder stellen.
Nicht Kommerzialismus, sondern die Gesundheitsver-
sorgung soll im Vordergrund stehen. Eine Apotheken-
kette im Besitz einer Kapitalgesellschaft würde zumin-
dest dies anders gewichten.

Die Grünen betonen in ihrem Antrag allein die wirt-
schaftspolitische Sicht. Ich vermisse dabei die gesund-
heitspolitische Komponente. Auch die wirtschaftspoli-
tische Komponente ist nicht konsequent durchdacht.
Wer wirtschaftspolitisch konsequent handeln will, der
muss den gesamten Arzneimittelmarkt marktwirtschaft-
lich ausrichten.


(Beifall bei der FDP)


Das steht nicht in Ihrem Antrag. Er müsste auch die Ab-
schaffung von Festbeträgen und Festpreisen sowie die
Aufhebung der Importquoten, der gesetzlichen Zwangs-
rabatte, der Bonus-Malus-Regelung, der Aut-idem-Re-
gelung, des Verbots von Naturalrabatten usw. fordern.
Mit diesen ganzen Fragen beschäftigen Sie sich in Ihrem
Antrag nicht. Sie beschäftigen sich allein mit dem
Fremd- und Mehrbesitzverbot. Es ist deshalb nicht ge-
rechtfertigt, diesem Antrag zuzustimmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


All das müsste dem freien Spiel der Kräfte überlassen
werden und sich als Ergebnis des Handelns von Ärzten,
Patienten, Pharmaherstellern, Großhändlern und Apo-
thekern ergeben. Tun wir also nicht so, als ob allein die
Wirtschaftspolitik hier eine Rolle spielt, und führen wir
ernsthaft eine Auseinandersetzung darüber, in welchen
Bereichen der Apotheker in seiner heilberuflichen Ver-
antwortung gestärkt werden muss und in welchen Berei-
chen rein marktwirtschaftliche Lösungen ohne Verlust
wichtiger gesundheitspolitischer Anliegen möglich und
sinnvoll sind.

Natürlich muss sich der Gesundheitssektor und müs-
sen sich auch die Gesundheitsberufe – Ärzte, Apotheker,
Pflegekräfte – den wandelnden Bedingungen anpassen.
Ziel muss es aber doch sein, die Versorgungsqualität zu
verbessern oder zumindest auf dem heutigen Niveau zu

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(C (D ichern. Deswegen werden wir als FDP diesen Antrag er Grünen ablehnen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605419600

Das Wort hat die Kollegin Dr. Marlies Volkmer, SPD-

raktion.


Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1605419700

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

ie Ausgaben für Medikamente sind ein wichtiger
ostenfaktor in der gesetzlichen Krankenversicherung.
rau Bender, sie stehen von daher sehr im Mittelpunkt
es Interesses und sind häufig Ziel gesetzgeberischer
aßnahmen.

Eine solche Maßnahme haben wir Anfang dieses Jah-
es mit dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlich-
eitsgesetz – AVWG – durchgeführt. Mit diesem Gesetz
aren wir durchaus erfolgreich. Wir haben die Arznei-
ittelpreise mit diesem Gesetz gesenkt. Die Arzneimit-

elausgaben im Juli sind gegenüber dem Vorjahr um
,5 Prozent zurückgegangen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Heute beschäftigen wir uns mit einem Antrag der
raktion des Bündnisses 90/Die Grünen und es geht um
ie Abschaffung des Mehrbesitz- und Fremdbesitzver-
ots für Apotheken. Sie wollen also, dass ein Nichtapo-
heker eine unbeschränkte Zahl von Apotheken besitzen
ann – vorausgesetzt, er kann das bezahlen. Sie verspre-
hen sich davon – ich zitiere – „einen effizienz- und ef-
ektivitätssteigernden Wettbewerb“ sowie die Erschlie-
ung erheblicher Wirtschaftlichkeitsreserven.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen,
oher nehmen Sie denn die Gewissheit, dass die Zulas-

ung des unbeschränkten Apothekenbesitzes und die da-
it einhergehende Bildung von Apothekenketten wirk-

ich zu einer höheren Wirtschaftlichkeit und Effizienz
nd vor allen Dingen auch zu niedrigeren Kosten für die
esetzliche Krankenversicherung führt? Es ist vorhin
chon gesagt worden: In Norwegen ist der Markt inzwi-
chen unter drei Apothekenketten aufgeteilt. Die Einzel-
potheke ist fast verschwunden. Das hat zur Störung der
lächendeckenden Versorgung geführt. Durch das Bei-
piel Norwegen wird auch deutlich, dass durch eine

arktfreigabe des Apothekenbesitzes nicht automatisch
ür dauerhaft billigere Arzneimittel gesorgt wird.

Natürlich könnte man sich vorstellen, dass zukünftig
uch in Deutschland zahlungskräftige Nichtapotheker
der kapitalstarke Unternehmen Apothekenketten besit-
en und Apotheker bei sich einstellen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605419800

Frau Kollegin, möchten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Birgitt Bender zulassen?






(A) )



(B) )


Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1605419900

Nein. – Zu fragen ist aber, ob das den Kunden oder

nur denjenigen nutzen wird, die heute gern in den lukra-
tiven Markt möchten, aber noch nicht dürfen.

Es gibt im Arzneimittelgroßhandel schon jetzt eine
erhebliche Konzentration. Teilweise bestehen enge Ver-
flechtungen zu Generikaherstellern. Wenn diese Unter-
nehmen nun Apotheken aufkaufen würden, dann führte
das zu einer perfekten vertikalen Konzentration von den
Pharmaherstellern über den Arzneimittelgroßhandel bis
hin zur Apotheke. Das würde die Gefahr mit sich brin-
gen, dass die Apotheke nur noch ein eingeschränktes
und nicht unbedingt das preiswerteste Arzneimittelsorti-
ment vorhalten würde. Zudem wäre es fahrlässig, wenn
die Pharmaindustrie über den Weg der Apothekenkette
einen direkten Zugang zu Patientendaten erhalten würde.
Ich war immer der Ansicht, da seien wir einer Meinung.
Wozu die Konzentration eines Marktes auf wenige An-
bieter, also ein so genanntes Oligopol, führen kann, zei-
gen doch eindeutig der Mineralölmarkt und der Energie-
markt.

Aus meiner Sicht wäre es jedoch ein großer Fehler,
bei diesem Thema nur über Markt, Wirtschaftlichkeit
und Preise zu sprechen. Der Verkauf von Medikamenten
ist eben nicht dasselbe wie der Verkauf von Waschmit-
teln oder Brot und Brötchen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und Fleisch?)


Ein Medikament ist ein Produkt, das neben seiner er-
wünschten Wirkung auch Risiken und Nebenwirkungen
hat. Jeder kennt den Hinweis aus der Werbung: Zu Risi-
ken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder
Apotheker. Die Nebenwirkungen können lebensbedroh-
lich sein, vor allen Dingen bei der gleichzeitigen Ein-
nahme von vielen Medikamenten, bei chronischen
Erkrankungen und bei Allergien. Es kommt beim Arz-
neimittel eben nicht nur auf den günstigen Preis an, son-
dern auch auf die Qualität der Beratung. Die Hausapo-
theke mit dem direkten Kontakt zu den Patienten ist
deswegen aus unserer Sicht kein Auslaufmodell, son-
dern ein Zukunftsmodell.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich sage ganz klar: Die SPD steht zum Apotheker als
Heilberuf und sieht in ihm eben nicht nur den einfachen
Arzneimittelkaufmann.

Noch einige Worte zur Vereinbarkeit der deutschen
Regelungen mit dem europäischen Recht. Es ist schon
gesagt worden: Vertragsverletzungsverfahren laufen ge-
gen Österreich, Italien und Spanien, und zwar vor allen
Dingen deswegen, weil die Niederlassungsfreiheit in
diesen Ländern nicht gewährleistet ist. In Deutschland
ist sie gewährleistet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605420000

Das Wort für die Linksfraktion hat Frank Spieth.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir ha en es gehört: Kein Bereich im deutschen Gesundheitsesen hat höhere Zuwachsraten als der Pharmabereich. ir zahlen hier mittlerweile mehr als für die ambulante rztliche Versorgung. Darüber sollte man in der Tat einal nachdenken. Trotz aller Kostendämpfungsbemühungen sind die osten für die Arzneimittel in den zurückliegenden ahren gestiegen. Die Milliarden, die hier ausgegeben erden, fehlen an anderer Stelle im Gesundheitswesen. leichzeitig mussten sich die Patientinnen und Patienten aran gewöhnen, immer höhere Eigenanteile zu zahlen. Nun kommen die Grünen mit der Idee, durch die bschaffung des Fremdoder Mehrbesitzverbotes für potheken einen besseren Wettbewerb und mehr Wirt chaftlichkeit herstellen zu können und damit unter Umtänden round about 2 Milliarden Euro einsparen zu önnen. Abgesehen davon, dass ich die Grünen, die einal für Nachhaltigkeit und lokalen Zusammenhalt ein etreten sind, nicht mehr verstehe, halte ich diesen Anatz in der Tat für einen schweren Denkfehler. (Beifall bei der LINKEN – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt die Linkspartei auch noch damit!)


(Beifall bei der LINKEN)

Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605420100

(Beifall bei der LINKEN)


Schon heute können Apotheker bis zu drei Filialen
etreiben, Frau Bender; denn Rot-Grün hat damals dafür
esorgt, dass es die Möglichkeit dieses Mehrbesitzes
ibt. Der Vorschlag der Grünen, das Mehrbesitzverbot
ür Apotheken gänzlich aufzuheben, geht aber nach mei-
er Einschätzung an dem tatsächlichen Problem vorbei:
ie Ausgaben für Arzneimittel haben sich von 1995 bis
005 von 8,94 Milliarden Euro auf 15,44 Milliarden
uro erhöht. Im gleichen Zeitraum, Frau Bender, haben
ich die Rohgewinne der Apotheken und des Großhan-
els in Höhe von 5 Milliarden in 1995 und 4,94 Milliar-
en in 2005 sogar geringfügig reduziert. Das heißt, nicht
ie Apotheken sind die Kostentreiber;


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


ielmehr haben die Pharmakonzerne 72 Prozent der
ostensteigerungen im Bereich der Arzneien zu verant-
orten. Die Auseinandersetzung über diesen Fakt wird
on Ihnen gescheut. An dieser mächtigen Lobby ist bis-
er im Kern noch jede Reform gescheitert. Ich befürchte,
ass mit der Einführung von Apothekenketten zwangs-
äufig die Qualität der unabhängigen Beratung leidet.

enn Apothekenketten von Pharmaunternehmen ge-
ührt werden, dann ist an eine unabhängige Medika-

entenberatung nicht mehr zu denken.


(Beifall bei der LINKEN)


ber gerade das sollte unser Ziel sein: die qualifizierte
nd hochwertige Arbeit der Pharmazeuten. Es bleibt
ach meiner Erkenntnis – das haben Gespräche mit vie-






(A) )



(B) )


Frank Spieth
len Apothekern bestätigt – die Notwendigkeit, den Apo-
theker als letztes Korrektiv bei falschen Verschreibungen
einzusetzen.

Es stimmt, dass die meisten Apothekenbesitzer in
Deutschland ein durchaus auskömmliches Nischenda-
sein führen. Daran haben auch die Internetapotheken
und der Versandhandel mit Arzneimitteln nichts geän-
dert. Richtig ist auch, dass die Qualität der Beratung und
der Service mancherorts verbesserungswürdig sind. Da-
rüber können wir reden.

Die Grünen gehen aber von Einsparmöglichkeiten
aus, die ich für irreal halte. Wie soll das funktionieren?
Die Apotheken erhalten unabhängig vom Abgabepreis
des jeweiligen Medikaments eine Pauschale in Höhe von
6,10 Euro. Naturalrabatte, wie sie bis zur Einführung des
Arneimittelverordnungs-Wirtschaftlichkeitsgesetzes ge-
geben waren, sind mittlerweile verboten. Kurzum: Apo-
thekerinnen und Apotheker haben kein eigenes wirt-
schaftliches Interesse mehr an den Arzneimittelpreisen.
Deshalb ist dieser Ansatz falsch.

Wie sollen Apothekenketten 2 Milliarden Euro ein-
sparen können, wenn es durch die Politik der letzten
Jahre nicht möglich war? Aus welchem Grund sollen all
die Apothekenketten bereit sein, die Vorteile aus ihren
ausgehandelten Rabatten an die Versichertengemein-
schaft weiterzugeben? Ich sehe an dieser Stelle keine
Chance. Die Erfahrungen in den USA – das wurde be-
reits ausgeführt – und in Norwegen zeigen, dass dieser
Weg in die falsche Richtung führt. Monopole, wie sie
dort entstehen, würden uns das Fürchten lehren.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605420200

Sie müssen zum Ende kommen.


Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605420300

Ich komme zum Schluss. – Ich meine, wir sollten ei-

nen anderen Weg gehen. Unsere Fraktion wird sich dem
Antrag der Grünen nicht anschließen. Wir lehnen – wie
hoffentlich die Mehrheit des Parlaments – diesen blinden
Neoliberalismus ab.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605420400

Das Wort hat die Kollegin Margrit Spielmann, SPD-

Fraktion.


Dr. Margrit Spielmann (SPD):
Rede ID: ID1605420500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ohne Lobbyistin zu sein,


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Aber Sie haben Interessen!)


habe ich mir erlaubt, den Antrag der Grünen bei Apothe-
kerinnen und Apothekern in meinem Wahlkreis vorzu-
stellen. Ich möchte Ihnen das Ergebnis mitteilen. Alle
Apothekerinnen und Apotheker haben festgestellt, dass
sie in erster Linie Apotheker sind, dass sie persönliche
Verantwortung tragen und in der Haftung stehen und
dass sie Beratung und Betreuung übernehmen wollen,

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(C (D m damit ihrem Selbstverständnis als Heilberufler achzukommen. Sie wollen aber nicht in Zukunft Kaufeute oder Kettenbesitzer sein. Denn sie meinen, dass nur ie unabhängige inhabergeführte Apotheke ihrer Verflichtung nachkommen kann. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagen Sie und der Kollege Lauterbach denn?)


Dazu komme ich noch, Frau Kollegin Bender. – Des-
alb muss verhindert werden, dass in Deutschland Ket-
enstrukturen ähnlich wie bei den Lebensmittelketten
der den von Ihnen angeführten Bäckern etabliert wer-
en. Ich meine, Frau Bender, dass solche Systeme profit-
rientiert sind. Der Verbraucherschutz und die Heilbe-
uflichkeit treten in den Hintergrund.

Zu Ihrer Frage, Frau Bender: In einer von rein kauf-
ännischen Interessen geleiteten Kette würden unter

nderem die Versorgungssicherheit und die Qualität
eiden, weil sie zugunsten rein wirtschaftlicher Überle-
ungen in den Hintergrund treten würden. Ketten wür-
en sich zudem auf bestimmte lukrative Standorte kon-
entrieren, sodass die flächendeckende Versorgung und
or allem die Arzneimittelsicherheit nicht mehr gewähr-
eistet werden könnten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, wol-
en mit Ihrem Antrag die Arzneimittelversorgung von
2 Millionen Menschen mir nichts, dir nichts auf den
opf stellen. Ich frage mich, wo dabei die sachliche
echtfertigung bleibt, die Sie der bisherigen Versor-
ungsstruktur absprechen. Sie erwähnen mit keinem
ort die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den
potheken und machen nicht deutlich, was sie erwartet,
enn die im Antrag enthaltenen Forderungen umgesetzt
ürden. Sie sagen auch nichts zu den Leistungen, die

äglich vom Heilberuf des Apothekers erbracht werden.

In Ihrem Antrag gehen Sie auch nicht auf die Konse-
uenzen ein, die Kettenstrukturen auf die Arbeitsplätze
nd die qualitativ hochwertigen Ausbildungsplätze in
potheken hätten. Mit Ihrem Antrag wollen Sie die Axt

n ein System legen, das den Menschen eine flächende-
kende und qualitativ hochwertige Arzneimittelversor-
ung sichert. Wer heute als Patient oder Patientin mit ei-
em Rezept aus der Arztpraxis kommt, erhält in den
eisten Fällen das verordnete Medikament noch am sel-

en Tag, und dies unabhängig davon, wo er lebt. Außer-
alb der üblichen Ladenöffnungszeiten stehen die Apo-
hekerinnen und Apotheker im Not- und Nachtdienst
er Arzneimittelversorgung der Menschen zur Verfü-
ung, und dies in Stadt und Land, Frau Bender. Ich weiß
icht, wie Sie sich die Not- und vor allem die Nachtver-
orgung vorstellen.

In Ihrem Antrag behaupten Sie, dass wir erst dann
echtliche Änderungen vornähmen, wenn wir dazu ge-
wungen würden, dass wir erst dann tätig würden, wenn
ns der Europäische Gerichtshof dazu zwinge. Ich sage
hnen: Wir haben im Apothekenbereich – ich will gar
icht verschweigen: auch mit Ihrer Unterstützung –






(A) )



(B) )


Dr. Margrit Spielmann
wichtige Veränderungen auf den Weg gebracht. Die Ver-
gütung der Apotheker wurde von einem prozentualen,
am Arzneimittelpreis orientierten Zuschlag auf einen
festen Zuschlag umgestellt. Der Mehrbesitz ist erlaubt,
sodass man neben der Hauptapotheke drei Filialen be-
treiben kann. Der Versandhandel ist zugelassen. Dieses
System funktioniert und muss erhalten bleiben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Wir wollen den Apotheker als Heilberufler, der alle
Anstrengungen unternimmt, um die Qualität und die
Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung sicherzu-
stellen. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605420600

Es ist vereinbart, die Vorlage auf Drucksache 16/2506

an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. – Sie sind damit einverstanden. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über elektronische Handelsregister und
Genossenschaftsregister sowie das Unterneh-
mensregister (EHUG)


– Drucksache 16/960 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/2781 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Carl-Christian Dressel
Mechthild Dyckmans
Wolfgang Nešković
Jerzy Montag

Hierfür ist ebenfalls eine halbe Stunde Debatte vorge-
sehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und gebe dem Kollegen
Parlamentarischen Staatssekretär Alfred Hartenbach das
Wort.

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1605420700


Guten Abend, Frau Präsidentin! Guten Abend, liebe
Kolleginnen und Kollegen! Am 1. Januar 2007 werden
im Justizbereich die Register in Deutschland auf die
elektronische Führung umgestellt. Unternehmen und
Notare können dann per Mausklick den Registergerich-
ten Anmeldungen und Dokumente in elektronischer
Form übermitteln. Damit vereinfachen und beschleuni-
gen wir die Arbeit der Register. Wir sparen Postlaufzei-
ten und reduzieren die Zahl der Arbeitsschritte. Nutznie-
ßer sind aber nicht nur die Registergerichte, sondern vor
allem auch Existenzgründer und Unternehmen, die

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(C (D chneller und kostengünstiger zu ihrer Eintragung komen. Nutznießer ist aber auch, wer Informationen aus em Handelsregister abrufen möchte. Anders als beim rtsgebundenen Papierregister kann in das elektronische egister jederzeit und von jedem Ort aus über das Interet Einsicht genommen werden. Die Recherche im elekronischen Register ist bequemer, schneller und kostet eniger. Der elektronische Abruf von Handelsregisterekanntmachungen wird unentgeltlich und ohne vorheige Anmeldung möglich sein. Der elektronische Regiserauszug kostet künftig 4,50 Euro, während man früher ür einen nicht beglaubigten Registerauszug 10 Euro ahlen musste. So gut und so richtig der Gesetzentwurf ist, so sehr edauere ich einige der Änderungen, die an unserem Reierungsentwurf vorgenommen wurden. Es ist schade, ass Unternehmen in Deutschland noch zwei Jahre läner als eigentlich notwendig mit den Kosten für Tageseitungsbekanntmachungen belastet werden. Was antorte ich nun einem jungen Existenzgründer aus einem Wahlkreis, wenn er mich fragt, warum er bis zu ehreren Hundert Euro an eine Tageszeitung zahlen uss, obwohl die Registerbekanntmachung im Internet teht und dort problemlos eingesehen und abgerufen erden kann? Vielleicht sage ich ihm: Hol dir dein Geld ei den Abgeordneten des Deutschen Bundestages! Diese Übergangsfrist – meine lieben Kolleginnen nd Kollegen, das wissen Sie alle selbst genau – ist wirtchaftsfeindlich und schadet gerade kleinen und mittleen Unternehmen. Sie kostet Geld und nutzt eigentlich ur den Zeitungsverlegern, die weiterhin von einer staatich angeordneten Quersubventionierung profitieren. ir ist natürlich klar, dass Sie alle unter dem Druck der assiven Kampagne der Zeitungsverleger standen. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ging!)


Ich denke, man hätte darauf hinweisen müssen, was
ie Redakteure schreiben. Sie schreiben, man müsse die
irtschaft von Bürokratiekosten entlasten, man müsse

ie öffentliche Verwaltung modernisieren, Informa-
ionstechnologien nutzbar machen und Richtlinien strikt
ins zu eins umsetzen. All das haben wir gemacht.

Für ebenfalls wenig geglückt halte ich die Änderung
ei den Sanktionen für unterlassene Einreichungen
er Jahresabschlüsse. Wir sind europarechtlich dazu
ehalten, diese Bekanntmachungspflichten wirksam
urchzusetzen. Die Unternehmen kennen ihre Pflichten
nd wissen, was sie tun müssen. Wenn sie trotzdem
ichts veröffentlichen, dann – so war unsere Meinung –
st ein Bußgeldverfahren die richtige und angemessene
anktion. Mit dem Ordnungsgeldverfahren, das jetzt
orgeschlagen wird, schaffen wir demgegenüber neue
ürokratie und neue Kosten, die letztlich der Steuerzah-

er zu tragen hat.

Als wir gestern abschließend im Rechtsausschuss be-
aten haben, da habe ich einen Stoßseufzer losgelassen
nd gesagt: Gott sei Dank, dass es zu Ende ist, aber
usste es so schlimm kommen? – Dann kam eine
timme aus dem Off und sagte: Sei demütig,






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach
Hartenbach, es hätte viel schlimmer kommen können! –
In der Tat, wenn wir mit den Grünen, unseren ehemali-
gen Freunden, regieren würden,


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind weiterhin Freunde, keine Angst!)


– natürlich – unserem vorherigen Regierungspartner,
dann wäre jetzt die Veröffentlichungspflicht in den Zei-
tungen bis 2011 vorgeschrieben. Dann müsste ich dem
jungen Unternehmer aus meinem Wahlkreis sagen: Hol
dir dein Geld bei Jerzy Montag!

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD – Heiterkeit des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Da kann ich nicht klatschen! Das war eine absonderliche Rede!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605420800

Das Wort hat die Kollegin Mechthild Dyckmans,

FDP-Fraktion.


Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1605420900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Der Entwurf eines Gesetzes über elektro-
nische Handelsregister und Genossenschaftsregister so-
wie das Unternehmensregister – EHUG – ist ein begrü-
ßenswerter Schritt auf dem Weg zu mehr Transparenz
und mehr Bürgerfreundlichkeit. Durch die Umstellung
auf die elektronische Registerführung wird die derzeit
auf verschiedene Datenbanken aufgeteilte Unternehmens-
publizität in ein zeitgemäßes und benutzerfreundli-
ches System überführt. Dadurch wird es künftig – der
Herr Staatssekretär hat es schon gesagt – sehr viel leich-
ter möglich sein, über das Internet Informationen über
Gesellschaften aus dem Handelsregister zu erhalten, was
zu erheblichen Erleichterungen in der Wirtschaft führen
wird. In vielen europäischen Ländern ist ein elektroni-
sches Handelsregister bereits Standard, zum Beispiel in
England, Österreich, Finnland, Belgien und Italien. Wir
sind insofern also wieder nicht bei den Ersten.

In Deutschland war es bisher gesetzlich vorgeschrie-
ben, die einzutragenden Unternehmensdaten in der öf-
fentlichen Tagespresse und im Bundesanzeiger zu veröf-
fentlichen. Diese Veröffentlichung soll nun durch
elektronische Bekanntmachung abgelöst werden. Dies
führt – darüber waren wir uns alle einig – zu gewissen
Übergangsschwierigkeiten und ruft nach Übergangsfris-
ten.


(Beifall bei der FDP)


Für die FDP kann ich sagen: Ich bin froh, dass sich im
Berichterstattergespräch die Auffassung durchgesetzt
hat, eine für alle Bundesländer gleichermaßen geltende
Übergangsvorschrift festzulegen. Eine Länderöff-
nungsklausel, wie von der Regierung vorgeschlagen,
hätte zu einer Rechtszersplitterung innerhalb Deutsch-
lands geführt und wäre daher für die Wirtschaft schäd-
lich gewesen.

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(C (D eider scheint es aber zwischen dem Bundesjustizminiserium und dem Bundesfinanzministerium keine ausreihende Abstimmung zu geben. nders ist es nämlich nicht zu erklären, dass wir heute it dem EHUG in § 72 a der Börsenzulassungs-Verord ung einen neuen Absatz 2 einfügen, der für bestimmte eröffentlichungen, nämlich unter anderem für solche ach § 63 der Verordnung, eine Übergangsfrist vorsieht. Durch den Entwurf des Transparenzrichtlinie-Umsetungsgesetzes aus dem Bundesfinanzministerium wird ies jedoch wieder aufgehoben, da die entsprechende orschrift gestrichen werden soll. Auch wenn der Inhalt er Vorschrift an anderer Stelle, nämlich im Wertpapierandelsgesetz, geregelt werden soll, wie der Kollege artenbach in seiner Antwort auf meine Frage ausge ührt hat, so fehlt es in dem Entwurf des Transparenzichtlinie-Umsetzungsgesetzes jedenfalls an einer Ändeung oder Ergänzung des heute hier zu verabschiedenden 72 a Abs. 2 EHUG, damit die Übergangsvorschrift ieder zum Tragen kommt. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ein unglaublicher Vorgang!)


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


ier muss zweifellos nachgebessert werden, da sonst der
ille des Gesetzgebers konterkariert wird. Herr
artenbach, ich muss Ihnen hier sagen: Sie sind noch
icht am Ende. Sie müssen zusammen mit dem Bundes-
inanzministerium noch nachbessern.


(Beifall bei der FDP)


Ich möchte noch ganz kurz auf die von Ihnen ange-
prochene Übergangsfrist zu sprechen kommen. Sie ha-
en gesagt, dass die Zeitungsverlage die Hauptnutz-
ießer sind. Nein, es sind nicht nur Zeitungsverlage.
uch kleine und mittlere Unternehmen bedürfen näm-

ich dieser längeren Übergangsfrist. Wir halten eine
bergangsfrist von drei Jahren für angemessen; dement-

prechend ist die Regelung in unserem Änderungsan-
rag. So weist zum Beispiel der Zentralverband des
eutschen Handwerks in seiner Stellungnahme darauf
in, dass noch nicht alle Unternehmen mit den gleichen
lektronischen und kommunikativen Mitteln ausgestattet
ind, und fordert etwa eine fünfjährige Übergangsfrist.
erade Handwerksbetriebe in ländlichen Gebieten ver-

ügen noch nicht über den für die Teilnahme an der elek-
ronischen Registerführung erforderlichen Internetan-
chluss.

Zu bedenken ist auch: Sie haben auch die Verbraucher
ls Nutznießer dargestellt; sie könnten die Daten durch
inen Blick ins Internet leicht einsehen. Eine flächende-
kende Versorgung der Bevölkerung mit dem Internet ist
och längst nicht gewährleistet. In vielen Bundesländern
erfügen erst 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung über ei-
en Internetanschluss.

Ich komme zum Schluss. Auch wenn wir von der
DP uns eine längere Übergangsfrist, nämlich bis 2009,
ewünscht hätten – wir haben einen entsprechenden






(A) )



(B) )


Mechthild Dyckmans
Änderungsantrag gestellt, der von der CDU/CSU übri-
gens nicht befürwortet wurde, obwohl auch die Kollegen
im Bundesrat diese Übergangsfrist vorgeschlagen hat-
ten –, möchte ich hervorheben, dass es sich – wenn die
Ergänzungen vorgenommen worden sein werden – ins-
gesamt um ein gelungenes Werk handelt und für die
Wirtschaft durchaus wichtig ist.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Endlich kommen die Erkenntnisse!)


Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Jetzt verstehe ich auch, warum man für fünf Jahre als Übergangsfrist ist, wenn man fünf Minuten braucht, um zu so einer Erkenntnis zu kommen)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605421000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Andrea Voßhoff,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Andrea Astrid Voßhoff (CDU):
Rede ID: ID1605421100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-

gen! Eine Anmerkung, verehrter Herr Staatssekretär
Hartenbach: Meinem Verständnis von Parlamentarismus
entspricht es, dass es durchaus vorkommen kann, dass
das Parlament, der Gesetzgeber, in Teilen anderer Auf-
fassung ist als die Regierung.


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir beschließen heute – das ist schon gesagt worden;
ich meine, man kann es zusammenfassen – einen weite-
ren Meilenstein im elektronischen Rechtsverkehr. Mit
der Schaffung weiterer Rechtsgrundlagen für die flä-
chendeckende elektronische Führung der Handels-, Ge-
nossenschafts- und Partnerschaftsregister und mit der
Schaffung eines künftigen Unternehmensregisters mit
einem zentralen digitalen Portal für Wirtschaftsinforma-
tionen setzen wir nicht nur EU-Vorgaben um; die große
Koalition modernisiert vielmehr auch weitere Bereiche
der Justizverwaltung im Sinne einer schnelleren und ef-
fizienteren Dienstleistung für die am Wirtschaftsleben
Beteiligten.

Ich begrüße es, dass dieses Gesetzgebungsvorhaben
letztlich im Einvernehmen mit fast allen Fraktionen die-
ses Hauses erfolgen konnte, so wie dies bereits im ver-
gangenen Jahr beim Justizkommunikationsgesetz der
Fall war, mit dem die rechtlichen Grundlagen für die
elektronische Aktenführung geschaffen wurden.

Justiz, so heißt es, ist immer auch ein Standortfaktor.
Mit dem EHUG können künftig Registereintragungen
und alle wesentlichen Unternehmensinformationen im
Wege eines One-Stop-Shops, also über ein zentrales In-
ternetportal, abgerufen werden. Die von vielen Unter-
nehmen oftmals kritisierten langwierigen Verfahren zur
Eintragung in die Register werden durch eine flächende-

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(C (D kende elektronische Führung und weitere Erleichterunen deutlich verkürzt. o wird der heute zur Verabschiedung anstehende Geetzentwurf erheblich und nachhaltig dazu beitragen, en Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken. Mit dem Einsatz moderner Techniken vollzieht sich aturgemäß ein nicht immer unumstrittener Anpasungsprozess. Eine Frage – das ist hier schon angesprohen worden – betraf die Wirkungsweise der digitalen ublikation von Wirtschaftsinformationen. Es geht dabei onkret um die Frage, wie mit den bisher im HGB und in er Börsenzulassungs-Verordnung geregelten Pflichteröffentlichungen von Unternehmensinformationen in egionalen Tageszeitungen und Börsenblättern umzugeen ist. Die künftige Internetveröffentlichung erfüllt sicherich die rechtlichen Anforderungen an die Publizität von egistereintragungen und macht die mit zusätzlichen osten verbundene bisherige Veröffentlichung in den edruckten Tageszeitungen dauerhaft entbehrlich. Bei er Frage „Laptop oder Zeitung?“ geht es aber nicht nur arum, wer welches Medium bevorzugt, wer mit welhem Medium lieber arbeitet; es geht schon auch darum, ich von einem langjährig bewährten umfassenden Pulizitätssystem zu verabschieden und es durch eine neue, entral abrufbare digitale Publikation – das sind ganz eue Dimensionen – zu ersetzen. Es darf aber nicht verkannt werden, dass für viele bei er täglichen Lektüre der regionalen Wirtschaftsnachichten die Tageszeitung das zentrale Medium ist, um ich über die geschäftlichen Aktivitäten von Kunden und onkurrenten zu informieren. Die Informationen weren buchstäblich ins Haus gebracht. Gerade im Bereich er Börsenpflichtinformationen sorgen begleitende Beertungen und Informationen der Printpresse für eine ompakte, umfassende Unterrichtung. Die Internetveröfentlichung dagegen erfordert die gezielte Suche, bei der or Erlangung der gewünschten Informationen erst reherchiert werden muss. Es stellt sich aber auch die Frage, welche Chancen nd Risiken mit der gebündelten digitalen Publizierung eröffentlichungspflichtiger Informationen verbunden ein werden. Deshalb empfehle ich uns eine sorgsame eobachtung. Ich bin der Auffassung, dass dieses neue ublizitätssystem letztlich von der Wirtschaft gebraucht ird, für einen modernen Standort unerlässlich ist, chnell von der Wirtschaft angenommen wird und sich uch bewähren wird. Dann aber ist eine dauerhafte oder langfristige Dualiät, also Doppelveröffentlichung, digital und in der rintpresse, nicht haltbar nd gegenüber den Unternehmen, die die Kosten für die usätzliche Printveröffentlichung zu tragen haben, auch icht zu verantworten. Andrea Astrid Voßhoff (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Entbürokratisierung!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: So ist es!)





(A) )


(B) )


Unter Abwägung der genannten Bedenken sagen die
Koalitionsfraktionen Ja zur zentralen digitalen Publika-
tion.

Um sich aber auf diese einzustellen, bedarf es eines
Anpassungsprozesses. Herr Hartenbach, ich hätte mir
gewünscht, dass Sie auch darauf eingegangen wären. Es
geht nicht nur um den Druck, der vielleicht durch Zei-
tungsverlage entstanden ist. Ich sagte es vorhin: Wir ver-
abschieden uns von einem bewährten Publikationssys-
tem.


(Kristina Köhler [Wiesbaden] [CDU/CSU]: So ist es!)


Wir wissen auch noch nicht, ob es technisch einwandfrei
laufen wird. Wir haben aber die Verantwortung und die
Verpflichtung – das darf man nicht vergessen –, für eine
ordnungsgemäße Publizität zu sorgen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Mechthild Dyckmans [FDP] und des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Auf Initiative der CDU/CSU haben sich die Koali-
tionsfraktionen zur Begleitung und Erleichterung justa-
ment dieses Anpassungsprozesses auf eine zweijährige
bundeseinheitliche Beibehaltung der parallelen Veröf-
fentlichung von Registereintragungen und Börsen-
pflichtinformationen in den Printmedien verständigt.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Bundeseinheitlich, das ist das Entscheidende!)


Außerdem wollen wir vor Ablauf der Übergangszeit
einen Bericht darüber, ob die technischen Voraussetzun-
gen für die digitale Publizität reibungslos funktionieren
und daher dem gesetzten Anspruch gerecht werden.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)


Durch diese bundeseinheitliche zweijährige Über-
gangsregelung wird verhindert, dass Investoren sich un-
ter Umständen von Gerichtsbezirk zu Gerichtsbezirk mit
unterschiedlichen Bekanntmachungsvorschriften aus-
einander setzen müssen. Ich sagte es schon: Wir kom-
men damit auch den Interessen kleiner und mittelständi-
scher Unternehmen entgegen, denen die Möglichkeit
eingeräumt wird, sich in dieser Übergangszeit an die on-
line gesteuerte Informationsbeschaffung zu gewöhnen.

Eine zweite wichtige Frage während der Beratungen
zum EHUG war, mit welchen Sanktionen Verstöße von
Unternehmen gegen die Publizitätspflicht zu ahnden
sind. Es ist zutreffend: Wir können immer wieder fest-
stellen, dass nur eine geringe Anzahl von Unternehmen
dieser Offenlegung unaufgefordert nachkommt. Auffal-
lend ist in dem Zusammenhang übrigens auch, dass von
dem Recht, Anträge auf Offenlegung zu stellen, das der-
zeit jedem Dritten zusteht, nur geringfügig Gebrauch ge-
macht wird.

Unstreitig ist aber, dass die Offenlegungspflicht seit
Jahren geltendes Recht ist. Publizitätspflichten von Ka-
pitalgesellschaften sind auch der Preis für die Vorteile

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(C (D us der Haftungsbeschränkung. Wer sich einer Rechtsorm bedient, die nach geltender Rechtslage Publizitätsflichten fordert, muss ihnen auch nachkommen. Die ichtbefolgung des Rechts ist der Autorität des Rechts icht förderlich. Wir standen daher auch vor der Frage, ob die besteenden Sanktionen nachhaltiger und wirkungsvoller zu estalten sind. Es gibt einerseits in der Wirtschaft, insbeondere im Bereich der kleinen und mittelständischen nternehmen, so sie denn unter die Veröffentlichungsflichten fallen, immer wieder die Besorgnis, ob und, enn ja, inwieweit die Publizierung mit wirtschaftlich achteiligen Folgen verbunden ist. Deshalb halte ich es ür nicht angebracht, in jedem Verstoß gegen die Offenegungspflicht eine böswillige oder absichtliche Auflehung gegen die Rechtsordnung zu sehen. Andererseits st es aber Aufgabe der Rechtspolitik, die Sicherung und örderung des Rechtsverkehrs an die größtmögliche Pulizität der Registerinformationen zu binden und für deen Einhaltung zu sorgen. In diesem Spannungsfeld beegen wir uns. Hinzu kommt die neue Dimension der ublizität, die künftig zentral und digital abrufbar hergetellt werden soll. Im Lichte dieser Diskussion erschien uns ein Bußeldverfahren so, wie es der Gesetzentwurf zum EHUG rsprünglich mit einer Bußgeldandrohung von bis zu 0 000 Euro als Sanktion für den Fall der unterlassenen ffenlegung von Rechnungslegungsunterlagen vorsah, um jetzigen Zeitpunkt unverhältnismäßig. Warum leich das scharfe Schwert des Ordnungswidrigkeitenerfahrens hervorholen, wenn das Ziel auch mit einem rdnungsgeldverfahren in modifizierter Form erreicht erden kann? Ich danke an dieser Stelle ausdrücklich em Koalitionspartner SPD, der sich unserer Argumenation nicht verschlossen hat, dass man die Unternehmen icht gleichzeitig mit der Einführung des EHUG noch it neuen Bußgeldtatbeständen belasten dürfe. Ich verhehle nicht, dass es bei der Frage der Sanktioierung in den Beratungen der Koalitionspartner unterchiedliche Positionen gab (Joachim Stünker [SPD]: Es geht mir auch um die Amtsgerichte!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ich weiß –: von der Beibehaltung des bisherigen Sank-
ionsverfahrens bis hin zum scharfen Schwert des Buß-
eldverfahrens. Wir konnten uns auf einen, wie ich
eine, tragfähigen Kompromiss verständigen. Als Sank-

ion bleibt ein Ordnungsgeldverfahren mit einer Ord-
ungsgeldandrohung bis maximal 25 000 Euro, das aber
on Amts wegen eingeleitet werden kann. Im Rahmen
iner Evaluierung wollen wir zudem die Entwicklung in
en nächsten zwei Jahren beobachten.

Ich erlaube mir an dieser Stelle aber auch die Anre-
ung, meine Damen und Herren Kollegen, dass ich es
ür notwendig erachte, die uns insbesondere auch durch
ie Europäische Union vorgegebenen Publizitätspflich-
en und die damit verbundenen Offenlegungspflichten
ür Unternehmen, die nicht den organisierten Kapital-
arkt in Anspruch nehmen, hinsichtlich Umfang,






(A) )



(B) )


Andrea Astrid Voßhoff
Notwendigkeit und ökonomische Risiken gerade für die
davon betroffenen mittelständischen Betriebe, sowohl
auf nationaler wie auf europäischer Ebene, zu themati-
sieren und zu diskutieren.

Ich sagte eingangs, Justiz ist ein Standortfaktor. Ich
denke, das EHUG in der jetzt zu beschließenden Form
leistet einen wichtigen Beitrag zur Stärkung einer mo-
dernen, dienstleistungsfreundlichen Justizverwaltung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605421200

Die Kollegin Sevim Dagdelen von der Fraktion Die

Linke hat ihre Rede zu Protokoll gegeben.1)

Damit hat der Kollege Jerzy Montag von der Fraktion
des Bündnisses 90/Die Grünen das Wort.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605421300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber

Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hartenbach, Sie
haben uns heute gezeigt, dass es manchmal sehr schwer
ist, gleichzeitig Parlamentarier und Regierungsmitglied
zu sein. Deswegen empfehle ich Ihnen: Bleiben Sie bei
Ihrem Vorsatz der Demut. Gesetze werden in diesem
Land immer noch vom Parlament und nicht von der
Bundesregierung gemacht.


(Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär: Aber ich stimme auch mit!)


– Seien Sie also stolz darauf, Parlamentarier zu sein. –
Sie wissen ganz genau, wir übernehmen für die Gesetze,
die wir hier machen, die politische Verantwortung und
Haftung. Aber die Zeiten, da wir persönlich dafür zur
Kasse gebeten wurden, sind vorbei. Insofern war Ihr an
mich gerichteter Vorschlag vielleicht ein bisschen veral-
tet.

Ihnen, Herr Kollege Dr. Gehb, will ich sagen: Sie
brauchen keine Minute zu warten. Wir Grünen sind für
dieses Gesetz. Wir finden es richtig und werden dafür
stimmen.

Endlich bekommt dieses Land ein elektronisches
Handelsregister, ein elektronisches Genossenschaftsre-
gister und ein elektronisches Unternehmensregister. Es
wird möglich sein, online in diese Register Daten einzu-
stellen, online Einsicht zu nehmen und sie online abzu-
rufen, und zwar nicht nur zu Dienstzeiten, sondern jeder-
zeit, und nicht nur von bestimmten Orten, sondern
weltweit. Wir erfüllen damit die Anforderungen der Pu-
blizitätsrichtlinie und der Transparenzrichtlinie. Die
Umsetzungsfrist läuft Ende des Jahres aus. Deswegen
sei an dieser Stelle auch vermerkt: Fast hätten wir die
Frist nicht eingehalten. In der Praxis wird es bei der Um-
stellung noch Schwierigkeiten geben, weil Sie den Ent-
wurf in den Sommerferien zwischenzeitlich einmal in
der Versenkung haben verschwinden lassen.

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1) Anlage 6

(C (D Besonders das neue Unternehmensregister, das die nformationen des elektronischen Handelsregisters und ie des elektronischen Bundesanzeigers zusammenführt, eendet die Zersplitterung der Unternehmensinformatioen in Deutschland und erfüllt insofern auch die Fordeung der Regierungskommission von 2001 über Corpoate Governance. Auch die Kosten für Eintragungen und für Abrufe erden sinken, wenn wir, was ich nicht hoffe, die Geühren, die jetzt vereinbart wurden, nicht bald drastisch rhöhen werden. Die Senkung der Gebühren ist damit in weiterer mit diesem Gesetz verbundener Vorteil. Trotzdem handelt es sich nicht um ein völlig problemoses Gesetz. Nicht jeder in Deutschland hat einen Interetanschluss, nicht jeder verfügt über die Kenntnisse nd Fähigkeiten, dieses Medium zu bedienen. Deshalb at auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks darauf ist schon hingewiesen worden –, der genau die enschen vertritt, die mit diesem Medium vielleicht icht so vertraut sind, um eine Übergangsfrist gebeten. ich mit dieser Forderung zu beschäftigen, ist kein billier Klientelismus, kein Nachgeben gegenüber einer obby, sondern ein Eingehen auf eine berechtigte Forde ung. Wir sind nach vielen Überlegungen auf die Fordeung des Zentralverbandes nach einer Übergangszeit von ünf Jahren nicht eingegangen. Natürlich müssen auch die Interessen der Zeitungserleger berücksichtigt werden. In der kurzen Zeit, die ir noch bleibt, möchte ich sagen: Herr Kollege artenbach, sollten Sie in Ihrem Wahlkreis wirklich eien jungen Unternehmer haben, der sich bei Ihnen über ie 100 Euro beschwert, die er weiterhin an die Zeitunen zahlen muss, dann schicken Sie ihn zu mir. Ich erde versuchen, ihm das zu erklären. Sie aber scheinen n Ihrem Wahlkreis keinen Mittelständler mehr zu haben, er eine Zeitung verlegt. Deshalb sind Ihnen offensichtich die Probleme, die sich für diese ergeben, fremd. Ich ann Ihnen sagen: In dem Wahlkreis, in dem ich Wahlampf gemacht habe und in dem ich lebe und wohne, ibt es – glaube ich – mehr Jungunternehmer als bei Ihen und bei mir hat sich kein einziger beschwert. (Zuruf von der SPD: Die machen das bei anderen Parteien!)


ber der Verband Bayerischer Zeitungsverleger, der
iele mittelständische Zeitungen vertritt – in Bayern ha-
en wir immer noch eine aufgefächerte Zeitungs- und
eitschriftenlandschaft –, hat uns darüber berichtet, zu
elchen Friktionen der Übergang führt. Wir als Grüne
aben uns eine längere Übergangszeit gewünscht und
afür auch gefochten. Die zwei Jahre, die wir bekommen
aben, sind ein Kompromiss, mit dem wir leben können.
eshalb erklären wir auch, dass wir dem Gesetz, weil es

in gutes Gesetz ist, zustimmen werden.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605421400

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Carl-Christian

Dressel für die SPD-Fraktion.


Dr. Carl-Christian Dressel (SPD):
Rede ID: ID1605421500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Guten

Gewissens können wir – auch nach der Erleichterung des
Kollegen Staatssekretär Hartenbach – sagen: Das Gesetz
über elektronische Handelsregister und Genossen-
schaftsregister sowie das Unternehmensregister, das wir
heute verabschieden werden, ist ein Jahrhundertwerk.
Warum ein Jahrhundertwerk? Weil dieses Gesetz das
Handelsregister vom Stand des Jahres 1897, als es mit
Verabschiedung des Handelsgesetzbuches eingeführt
worden ist, auf den Stand des 21. Jahrhunderts bringt.
Das ist gut so. Denn in den letzten 109 Jahren haben sich
ökonomische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen
einschneidend verändert. Das beginnt bei der Kommuni-
kation über das Internet, geht über die Globalisierung
der Ökonomie bis hin zur heute im Vergleich zur damali-
gen Zeit viel engeren Taktung des Tagesgeschehens.

Man muss sich mit dem 19. Jahrhundert auseinander
setzen. Ich sage: Im 19. Jahrhundert war das Medium
Tageszeitung nicht jedem in dem Maße zugänglich, in
dem es das heute ist. Ebenso ist das Medium Internet
heute – ohne zu übertreiben – in einem Maße verbreitet,
wie es im ausgehenden 19. Jahrhundert die Tageszeitung
war, sodass wir mit der angemessenen Übergangsfrist
von zwei Jahren eine vernünftige und zeitgemäße Me-
thode schaffen, Transparenz im Handels- und Unter-
nehmensregister zu ermöglichen. Ich denke, Transpa-
renz muss im Mittelpunkt des Registers stehen. Um
Transparenz zu ermöglichen, brauchen wir natürlich je-
manden, der Daten liefert.

Die entscheidende Frage, die die Kollegin Voßhoff
– bei der ich mich für die gute Zusammenarbeit in der
Berichterstatterrunde ebenfalls sehr herzlich bedanke –
bereits angesprochen hat, ist die: Wie bringe ich jeman-
den, der nicht will, dazu, die Daten auf diese Weise ein-
zustellen? Die Koalition hat sich anstelle eines Bußgeld-
verfahrens für ein Zwangsverfahren entschieden, das
von Amts wegen durchzuführen ist. Es bringt im Gegen-
satz zu dem Bußgeldverfahren in weiten Teilen eine Ent-
lastung für die Gerichte, die ansonsten in Einspruchsfäl-
len Entscheidungen über Bußgeldbescheide zu treffen
hätten.

Mit dem Zwangsverfahren ist ein gewisser, wenn
auch kleiner Verwaltungsaufwand verbunden. Dieser
Aufwand für die Androhung eines Zwangsgeldes wird
mit der Erhebung einer Gebühr in Höhe von 50 Euro in
Rechnung gestellt. Um es offen zu sagen: 50 Euro sind
nur ein geringer Betrag dafür, dass jemand seiner Ver-
pflichtung nicht nachkommt und dadurch ein Verwal-
tungsverfahren auslöst. In der von der Kollegin Voßhoff
angesprochenen Evaluation müssen wir uns auch über
die Gebührenhöhe unterhalten.

Insgesamt ist das Gesetz ein tragfähiger Kompromiss
zwischen vielen Interessen, der nach einer zweijährigen
Übergangszeit ein modernes Handelsregister mit viel
Transparenz ermöglicht. Es war ein langes Gesetzge-

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(C (D ungsverfahren, dem wir uns unterworfen haben. Dabei st ein gutes Gesetz herausgekommen. Ich bitte Sie um ine möglichst breite Zustimmung. Danke. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605421600

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den von der
undesregierung eingebrachten Gesetzentwurf über elek-
onische Handelsregister und Genossenschaftsregister so-
ie das Unternehmensregister auf Drucksache 16/960.
er Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-

ehlung auf Drucksache 16/2781, den Gesetzentwurf in
er Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen,
ie dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim-
en, um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltun-

en? – Dann ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung
it den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, der
PD, der FDP und des Bündnisses 90/Die Grünen gegen
ie Stimmen der Fraktion Die Linke angenommen.

Wir kommen zur

dritten Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
urf ist damit mit der gleichen Mehrheit angenommen.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 12 a und
2 b:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael
Kauch, Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick
Döring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Lärmschutz im Schienenverkehr verbessern –
Marktwirtschaftliche Anreize nutzen, Schie-
nenbonus überprüfen

– Drucksache 16/675 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried
Hermann, Kerstin Andreae, Alexander Bonde,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Aktionsprogramm gegen Schienenlärm auf
den Weg bringen

– Drucksache 16/2074 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre dazu keinen
Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Michael Kauch für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1605421700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dauer-

hafter Lärm belastet die Umwelt und gefährdet die Ge-
sundheit. Auch im Güter- und Personenverkehr auf der
Schiene besteht hier noch Nachholbedarf. Etwa
20 Prozent der deutschen Bevölkerung fühlen sich durch
den Schienenverkehrslärm belästigt; etwa ein Viertel da-
von schwer. Insbesondere nachts wird der Schlaf durch
Gütertransporte gestört und die Regenerationsphase des
Körpers beeinträchtigt. In puncto Lärmschutz muss auch
auf der Schiene mehr passieren.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das Gesetz schützt derzeit nur Anwohner von Neu-
baustrecken durch Erstattung der Aufwendungen für
passiven Schallschutz. Doch selbst hier besteht Hand-
lungsbedarf, da im Vergleich zu anderen Lärmquellen
mit zweierlei Maß gemessen wird. Der Grund liegt im so
genannten Schienenbonus, wonach – anders als bei an-
deren Verkehrsträgern – pauschal 5 dB(A) vom gemes-
senen Schallpegel abgezogen werden, und das sogar in
der Nacht.

Diese Regelung folgt dem Ergebnis sozialwissen-
schaftlicher Studien, wonach Anlieger an Schienenwe-
gen durch Lärm weniger belastet würden als Anlieger an
Straßen. Nicht nur weil diese Studien aus den 70er- und
80er-Jahren stammen, ist die Begründung heute mehr als
fraglich.


(Beifall bei der FDP)


Die Entwicklung im Schienenverkehr und neue Be-
triebsformen wie Hochgeschwindigkeitsverkehr und
dichtere Zugfolgen stellen in Zweifel, ob dies noch zeit-
gemäß ist. Deshalb fordern wir als FDP die Überprüfung
des Schienenbonus.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Generell brauchen wir mehr Sensibilität für den vor-
beugenden Lärmschutz an Neubaustrecken. Wenn die
Bahn zum Beispiel eine neue transeuropäische Güter-
bahnstrecke am Rhein quer durch die Stadt Offenburg
plant, statt sie um die Stadt herum oder durch einen Tun-
nel zu führen, dann provozieren Bahn und Planungsbe-
hörden sehenden Auges massive Lärmbelästigungen, die
vermeidbar wären.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Skandal!)


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(C (D An bestehenden Schienenwegen besteht ein besoners hoher Bedarf an Lärmsanierung. Dabei könnten wir eute mit dem Einsatz moderner Technik einen erheblihen Beitrag zur Lärmminderung leisten. Beispielsweise ann durch den Einsatz moderner Kunststoffbremsen A)

eitere Maßnahmen wie Radschallabsorber, dämp-

ende Federungen oder auch leisere Loks und Drehge-
telle könnten helfen, den Lärm zu mindern. Andere
änder wie Österreich und die Schweiz zeigen, dass das
öglich ist.


(Beifall bei der FDP)


Fest steht: Die Haushaltsmittel zur Lärmsanierung
ind begrenzt. Das freiwillige Lärmsanierungsprogramm
ür den Bau von Schallschutzwänden, den Einbau von
challschutzfenstern und die Gleispflege reicht bei wei-

em nicht aus, um den bestehenden Lärmsanierungsbe-
arf zu decken. Bei den heutigen Haushaltsansätzen dau-
rt die Sanierung etwa drei Jahrzehnte. Deshalb müssen
ir uns stärker dem aktiven, vorbeugenden Schall-

chutz an der Quelle zuwenden.


(Beifall bei der FDP)


Die FDP fordert, dass das Schienenlärmsanierungs-
rogramm für die Umrüstung von Schienenfahrzeugen
eöffnet wird.


(Beifall des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])


uch technische Maßnahmen zur Lärmreduzierung an
er Quelle, wie zum Beispiel der Einbau einer Kunst-
toffbremse, sollten künftig aus den Mitteln dieses Pro-
rammes finanziert werden können. Das wäre ein wirksa-
erer flächendeckender Lärmschutz für die Betroffenen,

ls ausschließlich in Lärmschutzwände zu investieren.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


amit es keine Missverständnisse gibt: Schallschutz-
ände und Schallschutzfenster sind notwendig, aber nur

n den Brennpunkten.

Bei der ganzen Diskussion sollten wir nicht verges-
en, dass wir es im Güterverkehr nicht nur mit der Deut-
chen Bahn, sondern auch mit vielen privaten Betreibern
nd ausländischen Bahnen zu tun haben. Deshalb reicht
twa ein Förderprogramm für die Deutsche Bahn nicht
us. Vielmehr brauchen wir marktwirtschaftliche
nreize dafür, dass alle Bahngesellschaften, alle diejeni-
en, die auf dem deutschen Schienennetz Waggons be-
reiben, einen Anreiz haben, Lärmschutzmaßnahmen
urchzuführen. Hier sind unsere Nachbarländer weiter
ls Deutschland; denn in der Schweiz gibt es marktwirt-
chaftliche Anreize zur Durchführung von Lärmschutz-
aßnahmen durch ein lärmabhängiges Trassenpreissys-

em. Auch die Niederlande und Österreich arbeiten an
er Vorbereitung eines solchen Systems. Nur in
eutschland, wo wir das theoretisch bzw. eisenbahn-

echtlich schon könnten, blockiert die Deutsche Bahn
etz AG jede Einführung lärmabhängiger Trassenpreise
der anderer umweltbezogener Differenzierungen.






(A) )



(B) )


Michael Kauch

(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Warum wohl?)


Die Bundesregierung als Eigentümer schaut zu. Deshalb
fordern wir die Bundesregierung auf, nicht weiter untä-
tig zuzusehen, sondern marktwirtschaftliche Anreize im
Trassenpreissystem dadurch verpflichtend zu machen,
dass sie die entsprechende Verordnung ändert.

Frei nach dem Werbespruch der Bahn: „Die Bahn
kommt“ – aber zu laut – muss sich auf der Schiene noch
einiges bewegen. Wir als FDP-Bundestagsfraktion ha-
ben mit unserem Antrag konkrete Vorschläge auf den
Tisch gelegt: die Öffnung des Lärmschutzprogramms für
den aktiven Schallschutz und lärmdifferenzierte Trassen-
preise als marktwirtschaftlichen Anreiz.

Wir laden Sie als Koalition ein, sich mit diesen Vor-
schlägen auseinander zu setzen und sich ernsthaft Ge-
danken darüber zu machen, wie der Lärm auf den Schie-
nen Deutschlands verringert werden kann. Denn so
weiterzumachen wie bisher, bedeutet, dass ein umwelt-
freundlicher Verkehrsträger, zumindest was den Klima-
schutz angeht, dadurch diskreditiert wird, dass er in ei-
nem anderen Bereich, nämlich bei den Lärmemissionen,
anderen Verkehrsträgern hinterherhinkt.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605421800

Das Wort hat nun der Kollege Enak Ferlemann für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Enak Ferlemann (CDU):
Rede ID: ID1605421900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lärmsa-
nierung an Schienenwegen des Bundes ist ein wichtiges
Thema. Ähnlich wie im Straßenbau stellt sich dieses
Problem bei den Schienenverkehrswegen. Es gibt wohl
kein Mitglied im Verkehrsausschuss, das Folgendes
nicht bejahen würde:

Erstens. Verkehrslärm ist ein zentrales Problem mit
vielen Folgewirkungen für die Betroffenen.

Zweitens. Wir würden uns ein schnelleres Vorankom-
men bei der Lärmsanierung an Schienenwegen wün-
schen.

Drittens. Die vorhandenen technischen Möglichkeiten
sollten besser genutzt werden.

Viertens. Die EU sollte – bei allem Respekt für die
europäische Richtlinienpolitik – ihre beihilferechtlichen
Vorgaben überdenken.

Ich denke, wir sind uns da sehr einig. Ich begrüße es,
dass zwei Oppositionsfraktionen unterschiedliche An-
träge zum gleichen Thema gestellt haben. Meine Frak-
tion ist sich mit Ihnen einig, dass wir uns um dieses
Thema kümmern müssen. Ich glaube, es gibt gute Chan-
cen, dass wir bei diesem Thema zu einer Lösung kom-
men.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Patrick Döring [FDP])


Die große Koalition hat deutlich gemacht, wie wich-
ig ihr dieses Thema ist: Wir haben beschlossen, dass die

ittel dafür im Haushalt für dieses Jahr erheblich – im-
erhin von 50 Millionen Euro auf 75 Millionen Euro –

ufgestockt werden. Damit wollen wir ein deutliches
eichen setzen, dass wir in diesem Felde mehr tun wol-

en. Bei der vorliegenden Haushaltssituation ist das kein
chlechtes Zeichen im Hinblick auf die Lärmsanierung
n bestehenden Schienenwegen. Es geht hier nicht um
ie neuen Schienenwege; denn beim Bau neuer Schie-
enwege wird der Lärmschutz heute stets berücksichtigt.
s geht also um die bestehenden Strecken.

Ich halte nichts davon, dass wir ewig viel Geld in
ärmschutzwände, Doppelglasfenster und viele andere
inge investieren. Eine Lärmsanierung ist nämlich we-

entlich einfacher zu erreichen – das weiß jeder Fach-
ann –, indem man durch den Einsatz leiserer Fahr-

euge und Wagen den Lärm an der Quelle bekämpft.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie Erkenntnis, dass wir den Lärm an der Quelle be-
ämpfen müssen, steht im klaren Widerspruch zu der
isher vorgegebenen Politik.

Damit sind wir beim Thema der so genannten K-Sohle.
atürlich ist es sinnvoll, in alle bestehenden Güterwag-
ons K-Sohlen einzubauen. Man muss jedoch wissen,
ass eine entsprechende Umrüstung eines Güterwaggons
twa 4 000 Euro kostet. Da der Umbau nach den Beihil-
erichtlinien der EU nur zu 30 Prozent gefördert wer-
en darf, muss ein Eisenbahnunternehmen 70 Prozent
elbst aufwenden.

Denken wir nur einmal an die Deutsche Bahn AG.
erzeit befinden wir uns in den Verhandlungen über die
rage der Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG.
ie Kapitalausstattung ist nicht so umfangreich, als dass
er Deutschen Bahn eine solche Investition leicht fallen
ürde. Das gilt erst recht für andere Eisenbahnunterneh-
en.

Es muss also auf europäischer Ebene eine Regelung
u der Frage gefunden werden, wie man mit diesem Pro-
lem umgehen will. Es gibt Signale, dass sich die Euro-
äische Union hier öffnen will. Vorhin wurde gefragt,
ie man das finanzieren könne. Aus meiner Sicht ist das

elativ leicht zu machen. Wir haben ermittelt, dass inner-
alb von zehn Jahren Kosten in Höhe von etwa
00 Millionen Euro entstehen, wenn wir alle bestehen-
en Fahrzeuge umrüsteten. Es gibt Berechnungen, dass
ich die Kosten für eine passive Lärmsanierung auf
00 Millionen Euro belaufen würden, die wir dann ein-
paren würden. Es ist also wirtschaftlich sogar von Vor-
eil, wenn wir den Lärm an der Quelle bekämpften. Das
roblem ist nur, dass wir nicht ausreichend Mittel haben.
enn wir die Lärmsanierung für so wichtig halten, dass

ehandelt werden muss, müssen wir eine Umfinanzie-
ung im allgemeinen Eisenbahntopf vornehmen. Das
ann man machen. Ich denke, wir sollten uns im






(A) )



(B) )


Enak Ferlemann
Ausschuss in Ruhe darüber unterhalten. Die Überwei-
sung an den Fachausschuss dient auch dazu, dass wir uns
darüber Gedanken machen können.

Ich finde es gut, dass die Grünen der Meinung sind,
das Ganze dürfe nicht nur auf die DB AG begrenzt wer-
den, sondern müsse – das ist ein Unterschied zum FDP-
Antrag – für alle Eisenbahnunternehmen gelten. Das ist
übrigens ein wichtiges Kriterium für die Europäische
Union: Wir dürfen nicht selektieren; für alle muss die
gleiche Lösung gefunden werden. Insofern begrüße ich
sehr, dass der Antrag der Grünen alle Wettbewerber im
Schienennetz erfasst.

Die Problematik der beihilferechtlichen Beschrän-
kungen betrifft natürlich alle Mitgliedstaaten. Wir kön-
nen nur eine europaweite Lösung anstreben. Das geht
eben nur, wenn wir auf EU-Ebene eine Änderung der
beihilferechtlichen Vorschriften erreichen. So ergäbe
sich die Möglichkeit, in zehn Jahren mit diesem Thema
abzuschließen. Es macht wesentlich mehr Sinn, in ganz
Deutschland die Lärmbelästigung zu senken, als dies nur
an einzelnen bestehenden Strecken zu tun.

Verehrte Kollegen von den Grünen, weitere Studien
halte ich in diesem Zusammenhang allerdings für über-
flüssig. Das wäre hinausgeworfenes Geld; denn wir alle
kennen doch das Problem. Ich weiß nicht, warum in Ih-
rem Antrag weitere Studien gefordert werden. Ich
glaube, Studien führen uns nicht weiter. Wir müssen
vielmehr aus dem Haushalt heraus zu einer Finanzierung
kommen, und zwar ohne den Gesamtansatz zu erhöhen,
und das beihilferechtliche Problem mit der EU lösen.

Das Schweizer Modell – es wurde bereits erwähnt –
ist ein interessanter Ansatz: lärmbezogene Trassen-
preise. Dieses Modell gibt es in Deutschland derzeit
noch nicht. Man muss sich gut überlegen, ob man in die-
ses Modell einsteigen will. Das kann man natürlich tun;
das hätte aber viele wettbewerbsrechtliche Konsequen-
zen. Wenn wir Wettbewerb auf der Schiene wollen – ab
dem 1. Januar 2007 gilt in Europa der freie Güterverkehr –,
dann müssen wir aufpassen, dass wir diesen Wettbewerb
nicht durch zu viele Regulierungen einschränken, zum
Beispiel indem wir nur wenigen Unternehmen die Mög-
lichkeit geben, Güterfernverkehr wirtschaftlich zu be-
treiben, weil die Preise auf den einzelnen Trassen unter-
schiedlich sind. Die Idee ist vom Grundsatz her
sicherlich richtig. Es gilt aber abzuwägen, da es auf der
anderen Seite auch Probleme gibt.

Insofern freue ich mich auf eine fruchtbare Diskus-
sion über dieses Thema im Ausschuss. Ich glaube, dass
wir noch darüber nachdenken müssen, wie wir der Euro-
päischen Union deutlich machen können, dass der von
ihr bevorzugte Ansatz falsch ist. Deutschland kann sich
dieser europäischen Vorgabe aber nicht entziehen. Wir
brauchen eine gute Lösung, damit wir im Interesse der
Menschen in unserem Land zu einer Verbesserung kom-
men.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Lutz eilmann für die Fraktion Die Linke. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ärm ist für eine Vielzahl von physischen und psychichen Beeinträchtigungen verantwortlich. Lärm entwikelt sich mehr und mehr zu einer Geißel der Zivilisaion. Der Kollege Kauch hat bereits darauf hingewiesen, ass 20 Prozent der Bevölkerung von Schienenlärm beroffen sind. Ganz einfach gesagt: Schienenlärm beeinrächtigt die Lebensqualität der Menschen. Sie können, m nur einiges zu nennen, nicht ruhig schlafen oder sich ach getaner Arbeit nicht entsprechend erholen; die Kiner sind mangels gesunden Schlafes in ihrer Entwickung gehemmt. 60 Prozent der Bevölkerung leiden heute unter Straenlärm. Dieses Thema aber kehren Sie alle seit Jahren eider unter den Teppich. nd noch eines: Ein Drittel der Bevölkerung leidet unter luglärm. In diesem Zusammenhang habe ich eine Frage n die FDP – die CDU/CSU muss ich mittlerweile leichfalls ansprechen –: Können Sie mir sagen, warum ie beim Schienenlärm für aktiven Lärmschutz sind und eim Fluglärm nicht? Sind die von Fluglärm betroffenen ürgerinnen und Bürger für Sie Bürger zweiter Klasse? Ich sage Ihnen: Der beste und gleichzeitig billigste ärmschutz bei jeder Form von Lärm ist, diesen an der uelle zu bekämpfen, anstatt nur an den Symptomen he umzudoktern. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Die Rede kommt ungefähr zehn Jahre zu spät! – Christian Carstensen [SPD]: Die K-Sohle haben wir bei Flugzeugen noch nicht!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605422000

(Beifall bei der LINKEN)

Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605422100

(Beifall bei der LINKEN)


leiben wir beim Schienenlärm. Für mich hat die Um-
üstung von Güterwagen auf die K-Sohle Vorrang vor
em Bau von Schallschutzmauern. Dies hilft allen Be-
roffenen, unabhängig davon, ob ihre Trasse in das
ärmsanierungsprogramm aufgenommen wurde oder
icht.

So lässt sich mit vergleichsweise wenig Geld viel er-
eichen. Die Bahn spricht von Kosten in Höhe von etwa
50 Millionen Euro für alle Güterwagen, auch für die
er Konkurrenz. Das heißt, dass wir mit nur 50 Millio-
en Euro im Jahr in elf Jahren mehr für die Betroffenen
rreichen würden als mit dem bestehenden Lärmsanie-
ungsprogramm in 30 Jahren. So lange dauert nämlich
das wurde ebenfalls schon erwähnt – die Sanierung der
chienentrassen, wenn, wie derzeit, jährlich 75 Millio-
en Euro zur Verfügung stehen.

Ich bin für eine Erhöhung der Summe um 25 Millio-
en Euro auf 100 Millionen Euro, damit die Sanierung
chneller vorangeht. Ich fordere, dass das Lärmsanie-
ungsprogramm – diesbezüglich stimme ich den Kolle-






(A) )



(B) )


Lutz Heilmann
gen von der FDP zu – auch für die Umrüstung von Gü-
terwagen geöffnet wird.

Der Schienenbonus ist für mich übrigens nicht die
entscheidende Frage. Weitere Untersuchungen sind zeit-
lich sehr aufwendig. Darauf können und dürfen wir im
Interesse der Betroffenen nicht warten.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch die Forderung nach einer verbindlichen Einfüh-
rung lärmabhängiger Trassenpreise bringt den Betrof-
fenen recht wenig. Lieber Kollege Kauch, Sie beantwor-
ten nicht die Frage, wie Sie das praktisch umsetzen
wollen. Sollen an allen Trassen Mautbrücken wie an den
Autobahnen installiert werden? Sollen alle Güterwagen,
auch die ausländischen, mit On Board Units ausgestattet
werden? Fragen über Fragen, die mich im Zusammen-
hang mit Ihrem Vorschlag beschäftigen!


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Haben Sie sich einmal Gedanken gemacht, welche Züge eingebunden werden müssen?)


Zum anderen hat die Diskussion über emissions-
abhängige Trassenpreise in den letzten Jahren mehr
Schaden als Nutzen angerichtet, weil die Lärmsanierung
damit politisch ausgebremst wurde. Außerdem sollen
damit die Kosten für die Umrüstung der Wagen auf die
Unternehmen abgewälzt werden. Eine zusätzliche Belas-
tung des Systems Schiene ist mit uns allerdings nicht zu
machen. Wir dürfen die Schiene im Wettbewerb mit
LKW und Luftverkehr nicht noch weiter benachteiligen.
Nur wenn wir in den Haushaltsberatungen eine Erhö-
hung der Mittel für das Lärmsanierungsprogramm be-
schließen und daraus den Einbau der K-Sohle fördern,
sind wir und Sie den Betroffenen gegenüber glaubwür-
dig. Nur dann können wir weiter über den Schienenbo-
nus und emissionsabhängige Trassenpreise debattieren.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605422200

Das Wort hat nun der Kollege Heinz Paula für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Heinz Paula (SPD):
Rede ID: ID1605422300

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Wie schon wiederholt angesprochen wurde, ist
Lärm zweifelsohne eines der größten unserer Umwelt-
probleme. Verkehrslärm hat daran einen ganz wesentli-
chen Anteil. Die Auswirkungen sind hierbei – im Ge-
gensatz zu vielen anderen Umweltproblemen – direkt
spürbar, da zum Beispiel der Schlaf in der Nacht gestört
wird. Wir alle wissen: Lärm stresst, Lärm macht krankt.
Deswegen messen wir dem Lärmschutz eine ganz beson-
dere Bedeutung bei.

Das gilt gerade für den Schienenverkehr. Wir kennen
die rechtliche Situation: Beim Neubau und beim Ausbau
bestehender Strecken gibt es entsprechende Vorgaben für
die Lärmvorsorge. Während allerdings beim Bau von

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(C (D euen und bei wesentlichen Änderungen bestehender chienenwege Anspruch auf Schallschutz besteht, gibt s für Maßnahmen an vorhandenen Strecken keine rechtiche Grundlage, um die von Lärm betroffenen Bürgerinen und Bürger zu schützen. Trotzdem wurden von unserer Seite aus wichtige und ichtige Weichen gestellt. Das Sonderprogramm ärmschutz – es wurde bereits genannt –, welches unter erhard Schröder aufgelegt wurde, hat wesentliche Er olge gezeigt. Für dieses Programm wurden erstmals 999 Bundesmittel in Höhe von 51 Millionen Euro jährich eingestellt. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist richtig!)


ebenbei bemerkt war es schon immer die SPD-Bundes-
agsfraktion, die – gerade in den 90er-Jahren – in diesem
ereich erhebliche Verbesserungen eingefordert hat.

Hier werden keine Probleme unter den Teppich ge-
ehrt, sondern sie werden mit Augenmaß angepackt. Wir
issen: Der Sanierungsbedarf ist sehr hoch. Versäum-
isse der Vergangenheit lassen sich nicht innerhalb we-
iger Tage nachholen. Deswegen hat die Bundesregie-
ung, hat die Koalition die Mittel deutlich aufgestockt.


(Beifall bei der SPD)


ir können uns sicher vorstellen, dass weitere Mittel er-
orderlich werden. Aber diese Aufstockung kann bereits
n vielen Bereichen zu deutlichen Verbesserungen füh-
en.

Wir wissen: Der Gesamtinvestitionsbedarf liegt bei
ber 2 Milliarden Euro. Mit dieser Aufstockung errei-
hen wir zumindest, dass der Zeitrahmen von über
2 Jahren, der ursprünglich angedacht war, deutlich, auf
8 Jahre, reduziert werden kann. Ich wünsche mir für die
ukünftigen Haushaltsberatungen, dass wir die Mittel
eiter aufstocken, sodass wir mehr investieren können
nd mit diesem Programm schneller vorankommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit diesem Geld wurde von der Bahn in den letzten
ieben Jahren sehr viel Positives bewegt. Ich darf nur ein
aar Stichworte nennen – zu denen mir sicherlich der
ine oder andere gleich vorhalten wird, dass das bei wei-
em noch nicht ausreiche. Das wissen wir. Deswegen ar-
eiten wir intensiv weiter daran –: 243 Ortsdurchfahrten
urden komplett saniert. 115 Kilometer Schallschutz-
ände entstanden. Über 27 000 Wohnungen erhielten

usätzlichen Lärmschutz in Form von Schallschutzfens-
ern. Mehr als 1 000 Kilometer Schiene werden unter
erücksichtigung des Prinzips „Besonders überwachtes
leis“ gepflegt, was ebenfalls zu einer deutlichen Redu-

ierung des Lärms beitragen kann.

Bei diesen Berechnungen spielt der so genannte
chienenbonus eine Rolle – vorhin war schon einmal
urz die Rede davon –, wonach gegenüber dem Straßen-
ärm ein Abschlag in Höhe von 5 Prozent vorgenommen
ird. Die Abschaffung des Schienenbonus wird in bei-






(A) )



(B) )


Heinz Paula
den Anträgen gefordert. Wie Sie wissen, ist diese Bonus-
regelung auf Ergebnisse von Studien aus den 70er- und
80er-Jahren zurückzuführen. Sie wissen auch


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Asbach uralt!)


– Kollege Friedrich, ich gebe Ihnen absolut Recht –, dass
momentan neue Studien angefertigt werden, auf deren
Ergebnisse wir sehr gespannt sind. Ob bzw. inwiefern
diese Ergebnisse zu einer neuen Beurteilung führen,
müssen wir abwarten. Dann wird mit Sicherheit entspre-
chend entschieden und gehandelt.

Die Lärmsanierung an bestehenden Schienen ist aller-
dings nur ein Teil der Lärmbekämpfung im Bereich des
Schienenverkehrs. Natürlich ist uns bekannt, dass ein er-
hebliches Potenzial zur Verminderung von Lärm im rol-
lenden Material zu sehen ist. Sie haben beantragt, das
Lärmsanierungsprogramm zur Finanzierung techni-
scher Verbesserungen wie der Umrüstung von Brem-
sen etc. zu öffnen. Allerdings – das wissen wir alle nur
zu genau – betrifft dieses Thema nicht nur unser Land.
Hier handelt es sich um Probleme, die auf europäischer
Ebene in Angriff genommen werden müssen. Sie alle
wissen, dass es aufgrund von EU-Richtlinien inzwischen
auch auf europäischer Ebene Emissionsgrenzwerte gibt.
Diese Grenzwerte werden mit Sicherheit zur Folge ha-
ben, dass kein neuer Wagen mehr gekauft wird, der nicht
über die berühmte K-Sohle verfügt. Ansonsten würden
die Grenzwerte nämlich schlicht und ergreifend nicht
eingehalten.

Der Einsatz neuer Wagen auf neuen Strecken kann
eine Lärmreduzierung um mehr als 15 Dezibel, das zeit-
nahe Schleifen der Schienen um 3 Dezibel bringen. Im
Netzzustandsbericht wird in Zukunft übrigens auch die
Riffelbildung von Bedeutung sein.


(Renate Blank [CDU/CSU]: Tja! Wenn wir nur einen ordentlichen Bericht hätten! – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: In welchem Netzzustandsbericht denn?)


All diese Maßnahmen gehen auf Initiativen zurück, die
entweder von der Bundesregierung oder auf europäi-
scher Ebene ergriffen wurden. Sie lassen zweifelsohne
positive Auswirkungen auf die Lärmminderung im Be-
reich des Eisenbahnsystems erwarten.

Obwohl weitere Maßnahmen zur Reduzierung des
Schienenlärms auf den Weg gebracht wurden, kann hier
noch das eine oder andere mehr getan werden. Auch auf
europäischer Ebene wurde eine Reihe von Initiativen er-
griffen. All diese Maßnahmen gilt es nun auszugestalten,
übrigens auch die Forderung nach lärmbezogenen
Trassenpreisen. Es wurde schon angesprochen, dass die
lärmabhängigen Trassenpreise sicherlich einen mögli-
chen Weg darstellen, um für die Betreiber marktwirt-
schaftliche Anreize zu schaffen – darauf kommt es uns
ganz wesentlich an –, die Waggons mit der K-Sohle
nachzurüsten oder andere Lärmminderungsmaßnahmen,
zum Beispiel den Einbau von Scheibenbremsen oder
Radschallabsorbern, durchzuführen.

Die Gestaltung der Trassenpreise – auch das ist uns
bekannt – obliegt nicht dem Bund und nicht diesem Ho-

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(C (D en Hause, sondern dem Betreiber der Eisenbahninfratruktur. Nach § 21 Abs. 2 der Eisenbahninfrastrukturenutzungsverordnung kann das Wegeentgelt einen Enteltbestandteil umfassen, der den Kosten der umweltbeogenen Auswirkungen des Zugbetriebs Rechnung trägt. Vor diesem Hintergrund wird derzeit ein Forschungsrogramm des Bundesministeriums für Umwelt, Naturchutz und Reaktorsicherheit vorangetrieben, um die öglichkeiten der Einführung eines emissionsabhängien Trassenpreissystems zu untersuchen. Sie sehen: uch an dieser Stelle wird gehandelt. Im Gegensatz zu em, was mein Vorredner gefordert hat, warten wir allerings zunächst die Untersuchungsergebnisse ab, um ann konsequent und zielgerichtet zu handeln. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist ja etwas völlig Neues!)


Wir sind uns einig, dass Lärm vermieden bzw. redu-
iert werden muss. Viele Maßnahmen werden bereits
mgesetzt. Neue Erkenntnisse können und werden zu
euen Maßnahmen führen.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605422400

Das Wort hat nun der Kollege Winfried Hermann für

ie Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605422500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Am Ende dieser Debatte kann ich gewisserma-
en für alle zusammenfassen: Es liegen zwei gute An-
räge – von der FDP und von den Grünen – vor, die in
en Reden fast aller außerordentlich viel Zustimmung
efunden haben. Darüber freuen wir uns. Das war also
in guter Anstoß aus der Opposition heraus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Alle Redner und Rednerinnen haben betont, dass wir
ich sage bewusst: wir, die Politik – das Problem des
chienenlärms im Vergleich zu anderen Lärmarten lange
eit vernachlässigt haben, vermutlich auch deswegen,
eil die Bahn ein Staatsbetrieb war. Das gilt übrigens

uropaweit: Die Staaten tun sich schwer, bei sich selber
u reduzieren. Das ist ein deutlicher Hinweis, dass wir
a mehr tun müssen, gerade wenn wir wollen, dass es
ehr Schienenverkehr gibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ie Probleme nehmen zu – Kollege Kauch hat es ge-

agt –: Überall dort, wo Neubaustrecken geplant sind,
ilden sich Anwohnerinitiativen gegen Schienenverkehr.
as kann nicht in unserem Interesse liegen. Wenn wir
ehr Schienenverkehr wollen, müssen wir dafür sorgen,

ass dieser umwelt- und sozialverträglich ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Alle Rednerinnen und Redner haben betont, dass das
ärmsanierungsprogramm ein guter Einstieg war.






(A) )



(B) )


Winfried Hermann
Alle haben aber auch gesagt, dass es damit nicht getan
sein kann. Wir können nicht immer mehr Lärmschutz-
mauern in Deutschland bauen, wir können nicht immer
mehr Schallschutzfenster in die Häuser einbauen. Das ist
verdammt teuer und nicht besonders sinnvoll. Klüger ist
es, an die Quelle zu gehen, dort zu sanieren. Die Techno-
logien dafür sind entwickelt. Alle haben sie beschrieben:
die K-Sohle. Ferner gibt es inzwischen Gestelle, die leise
und leicht sind und deswegen erheblich weniger Lärm
machen. Wenn wir alle technischen Möglichkeiten nut-
zen, können wir den Schienenverkehrslärm um bis zu
20 Dezibel reduzieren. Das ist sehr viel und würde den
Menschen weit mehr helfen als passive Lärmschutzmaß-
nahmen; diese bringen nämlich höchstens 10 Dezibel.
Wir haben hier also ein hohes Potenzial, das wir nutzen
sollten.

Ein Skandal ist allerdings, dass die Produzenten und
diejenigen, die Wagen kaufen, immer noch alte Technik
kaufen. Ich war auf der Innotrans.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ich auch!)


– Ihr wart auch da. Dann ist euch vielleicht wie mir ge-
sagt worden, dass immer noch zwei Drittel der neuen
Güterwaggons mit alter Technik verkauft werden. Zwei
Drittel! Das liegt daran, dass die einschlägige europäi-
sche Verordnung nichts taugt, oder sagen wir: zu wenig
taugt. Sie ist ausgerichtet auf den Hochgeschwindig-
keitsverkehr. Den Lärm machen aber Güterwaggons, die
nur 100 oder 80 fahren. Sie sind von dieser Verordnung
überhaupt nicht erfasst. Deswegen tut sich da nichts. So
nimmt man beim Kauf neuen Wagenmaterials für die
nächsten 20, 30, 40 Jahre Schienenverkehrslärm in Kauf,
der nicht sein müsste. Das ist schlecht, da müssen wir
ran, da müssen wir was tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wo er Recht hat, hat er Recht!)


Unsere beiden Fraktionen schlagen vor, materielle An-
reize zu schaffen. Kollege Heilmann, ich war, was die
geistige Flexibilität und die Nachvollziehbarkeit Ihrer
Ausführungen angeht, enttäuscht von Ihrer Rede: Sie sag-
ten, dass man für die Trassen keine lärmbezogene Maut
erheben könne. Es ist doch ein Leichtes, so etwas zu tun!
Die wenige Meter vom Verkehrsministerium entfernte
Technische Universität Berlin hat ein lärmbezogenes
Trassenpreissystem für die Niederlande entwickelt, das
dort eingeführt wird. Der deutsche Verkehrsminister hat
davon nichts gemerkt und auch die PDS/Linkspartei
glaubt nicht, dass so etwas machbar ist. Dabei ist es ein
schneller und guter Weg für alle: für die europäischen
Konkurrenten der DB, für die DB und für die vielen Pri-
vatbahnen in Deutschland. Ein solches System gäbe den
Anreiz: Wer lärmarme Waggons fährt, zahlt zukünftig we-
niger – die anderen legen drauf. Wenn wir ein solches
System geschickt ausgestalten, können wir damit sogar
ein Umrüstungsprogramm finanzieren; über das, was rein-
kommt, können wir Gelder zur Verfügung stellen für die-
jenigen, die nachrüsten und umrüsten wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Bitte keinen Fonds gründen!)


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(C (D Fazit: Wir müssen an die Quellen ran. Wir müssen ein mrüstprogramm auflegen und wir brauchen lärm bhängige Benutzungsgebühren. Das wird uns weiterringen und dann kommen wir voran. Wenn ich das richtig wahrgenommen habe, dann gibt s in dieser Frage einen großen Konsens. Ich sehe vier raktionen, die dabei mitmachen. Dann muss ja etwas abei herauskommen. Danke. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605422600

Ich schließe damit die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen

uf den Drucksachen 16/675 und 16/2074 an die in der
agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Damit
ind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 15:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Laurenz
Meyer (Hamm), Thomas Bareiß, Veronika
Bellmann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Ludwig Stiegler, Dr. Rainer Wend,
Dr. Angelica Schwall-Düren, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der SPD
Das Nationale Reformprogramm Deutsch-
land und die Lissabon-Strategie weiterfüh-
ren – Wirtschaftswachstum und Beschäfti-
gungspolitik zum Erfolg führen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Thea
Dückert, Matthias Berninger, Brigitte Pothmer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Mehr Ehrgeiz bei der Erreichung der Lissa-
bon-Ziele

– Drucksachen 16/2629, 16/2622, 16/2782 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Martin Zeil

Die Kolleginnen und Kollegen Alexander Dobrindt,
oris Barnett, Martin Zeil, Alexander Ulrich und
r. Thea Dückert haben ihre Reden zu diesem Tagesord-
ungspunkt zu Protokoll gegeben.1) Damit erübrigt sich
ine Aussprache.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Be-
chlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und
echnologie auf Drucksache 16/2782.

Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner
eschlussempfehlung die Annahme des Antrags der
raktionen der CDU/CSU und der SPD auf Druck-

Anlage 7






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
sache 16/2629 mit dem Titel „Das Nationale Reformpro-
gramm Deutschland und die Lissabon-Strategie weiter-
führen – Wirtschaftswachstum und Beschäftigungspolitik
zum Erfolg führen“. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die
Beschlussempfehlung ist damit mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
tionsfraktionen angenommen.

Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung emp-
fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags des
Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/2622 mit
dem Titel „Mehr Ehrgeiz bei der Erreichung der Lissabon-
Ziele“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist diese Be-
schlussempfehlung mit den Stimmen der Koalitionsfrak-
tionen, der Fraktion Die Linke und der FDP-Fraktion ge-
gen die Stimmen der Fraktion des Bündnisses 90/Die
Grünen angenommen.

Damit kommen wir zum Tagesordnungspunkt 14:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor
Gysi, Oskar Lafontaine, Werner Dreibus, Petra
Pau und der Fraktion der LINKEN
Gegen die Schließung von 45 Standorten bei
der Deutschen Telekom AG
– Drucksachen 16/845, 16/1797 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Waltraud Lehn
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk

Auch hier haben die vorgesehenen Rednerinnen und
Redner ihre Reden zu Protokoll gegeben. Es handelt sich
um die Kolleginnen und Kollegen Dr. Martina
Krogmann, Waltraud Lehn, Martin Zeil, Werner Dreibus
und Margareta Wolf.1)

Wir kommen damit zur Beschlussempfehlung des
Haushaltsausschusses auf Drucksache 16/1797 zu dem
Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Gegen die
Schließung von 45 Standorten bei der Deutschen Telekom
AG“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
Drucksache 16/845 abzulehnen. Wer stimmt für die Be-
schlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? –
Dann ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen, der Fraktion des Bündnisses 90/
Die Grünen und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen
der Fraktion Die Linke angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkte 17 a und 17 b sowie
Zusatzpunkt 5 auf:
17 a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/

CSU und der SPD
Gefährliche Streumunition verbieten – Das
humanitäre Völkerrecht weiterentwickeln

– Drucksache 16/1995 –

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1) Anlage 8 2)

(C (D b)

Nachtwei, Alexander Bonde, Volker Beck (Köln),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Zivilbevölkerung wirksamer schützen – Streu-
munition ächten

– Drucksache 16/2749 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss

P 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Florian
Toncar, Harald Leibrecht, Burkhardt Müller-
Sönksen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Für die Ächtung von Landminen und Streu-
munition

– Drucksache 16/2780 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss

Auch hier haben die Kollegen ihre Reden zu Proto-
oll gegeben. Es handelt sich um die Kollegen Hans
aidel, Andreas Weigel, Florian Toncar, Paul Schäfer
nd Winfried Nachtwei.2)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag
er Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf
rucksache 16/1995 mit dem Titel „Gefährliche Streu-
unition verbieten – Das humanitäre Völkerrecht wei-

erentwickeln“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer ist
agegen? – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag mit
en Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
en der Fraktionen Die Linke und des Bündnisses 90/
ie Grünen bei Enthaltung der FDP-Fraktion angenom-
en.

Tagesordnungspunkt 17 b. Interfraktionell wird vor-
eschlagen, den Antrag auf Drucksache 16/2749 zu
berweisen, zur federführenden Beratung an den Aus-
ärtigen Ausschuss und zur Mitberatung an den Rechts-

usschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Technolo-
ie, den Verteidigungsausschuss, den Ausschuss für
enschenrechte und Humanitäre Hilfe, den Ausschuss

ür wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
owie an den Haushaltsausschuss. Gibt es anderweitige
orschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann sind die Über-
eisungen so beschlossen.

Anlage 9






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Zusatzpunkt 5. Wir kommen zur Abstimmung über den
Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/2780 mit
dem Titel „Für die Ächtung von Landminen und Streu-
munition“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag ab-
gelehnt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei
Enthaltung der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen
und Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und der
FDP-Fraktion.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 a und b auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike

Höfken, Bärbel Höhn, Cornelia Behm, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Verbraucherinformationsgesetz nachbessern
und das Lebensmittel-Kontrollsystem neu ord-
nen
– Drucksache 16/2656 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch,
Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der LINKEN
Bund-Länder-Staatsvertrag – Qualitäts-
management Lebensmittelqualität
– Drucksache 16/2744 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Hier haben die Kolleginnen und Kollegen Julia
Klöckner, Elvira Drobinski-Weiß, Michael Goldmann,
Dr. Kirsten Tackmann und Ulrike Höfken ihre Reden zu
Protokoll gegeben.1)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 16/2656 und 16/2744 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe, das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a und b auf:
a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-

regierung
Bericht der Bundesregierung über die Maß-
nahmen auf dem Gebiet der Unfallverhütung

(Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 2004/2005)

– Drucksache 16/2100 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit

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1) Anlage 10
2)

3)

(C (D b)

richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu der Unter-
richtung durch die Bundesregierung

Aktionsprogramm für Straßenverkehrssicher-
heit: Halbierung der Zahl der Unfallopfer bis
2010

Entschließung des Europäischen Parlaments
zu dem Europäischen Aktionsprogramm für
die Straßenverkehrssicherheit: Halbierung
der Zahl der Unfallopfer im Straßenverkehr
in der Europäischen Union bis 2010: eine ge-
meinsame Aufgabe (2004/2162[INI])


(EuB-EP 1263)


– Drucksachen 16/150 Nr. 1.69, 16/578 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Anton Hofreiter

Hier haben die Kolleginnen und Kollegen Gero
torjohann, Heidi Wright, Patrick Döring, Dorothée
enzner und Dr. Anton Hofreiter ihre Reden zu Proto-

oll gegeben.2)

Tagesordnungspunkt 19 a. Interfraktionell wird die
berweisung der Vorlage auf Drucksache 16/2100 an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
chlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 19 b. Beschlussempfehlung des
usschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auf
rucksache 16/578 zu der Unterrichtung durch die Bun-
esregierung über die Entschließung des Europäischen
arlaments zu dem Europäischen Aktionsprogramm für
ie Straßenverkehrssicherheit. Der Ausschuss empfiehlt,
n Kenntnis der Unterrichtung eine Entschließung anzu-
ehmen. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? –
egenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist diese Be-

chlussempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Kersten
Naumann, Dr. Martina Bunge, Dr. Gesine
Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der LINKEN

Aufbewahrungsfrist der Lohnunterlagen von
DDR-Betrieben bis 31. Dezember 2012 verlän-
gern

– Drucksache 16/2746 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss

Hier haben die Kolleginnen und Kollegen Maria
ichalk, Silvia Schmidt, Heinz-Peter Haustein, Kersten
aumann und Markus Kurth ihre Reden zu Protokoll ge-
eben.3)

Anlage 11
Anlage 12






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/2746 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überwei-
sungen so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes
2007 (JSTG 2007)


– Drucksache 16/2712 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

Die Kolleginnen und Kollegen Klaus-Peter Flosbach,
Gabriele Frechen, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Barbara
Höll, Christine Scheel und die Parlamentarische Staats-
sekretärin Dr. Barbara Hendricks haben ihre Reden zu
Protokoll gegeben. 1)

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/2712 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie
damit einverstanden? – Das ist offenkundig der Fall.
Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 24 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Heike
Hänsel, Hans-Kurt Hill, Monika Knoche, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der LIN-
KEN

Keine Weltbankkredite für Atomtechnologie
– zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy,

Thilo Hoppe, Dr. Uschi Eid, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN

Eine Weltbank-Energiepolitik der Zukunft –
Ja zu mehr Effizienz und erneuerbaren
Energien, Nein zur Atomkraft

– Drucksachen 16/1961, 16/1978, 16/2762 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Georg Nüßlein
Gabriele Groneberg
Dr. Karl Addicks
Heike Hänsel
Ute Koczy

Auch hierzu haben die Rednerinnen und Redner ihre
Reden zu Protokoll gegeben. Es sind die Kollegen
Dr. Georg Nüßlein, Gabriele Groneberg, Dr. Karl
Addicks, Heike Hänsel und Ute Koczy.2)

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1) Anlage 13
2) Anlage 14 3)

(C (D Damit kommen wir zur Beschlussempfehlung des usschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und ntwicklung auf Drucksache 16/2762. Der Ausschuss mpfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die blehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf rucksache 16/1961 mit dem Titel „Keine Weltbankredite für Atomtechnologie“. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Dann ist diese Beschlussempfehlung angeommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und er FDP bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und nthaltung der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt er Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion es Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/1978 it dem Titel „Eine Weltbank-Energiepolitik der Zu unft – Ja zu mehr Effizienz und erneuerbaren Energien, ein zur Atomkraft“. Wer stimmt für diese Beschluss mpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – ann ist diese Beschlussempfehlung angenommen mit en Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP geen die Stimmen der Fraktion Die Linke und der Frakion des Bündnisses 90/Die Grünen. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 23 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften – Drucksache 16/2710 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Die Kolleginnen und Kollegen Peter Rzepka, Lothar inding, Dr. Volker Wissing, Dr. Axel Troost und r. Gerhard Schick haben ihre Reden zu Protokoll gegeen.3)


(SEStEG)


Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 16/2710 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie
amit einverstanden? – Dann sind die Überweisungen so
eschlossen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 26 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Silke
Stokar von Neuforn und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

Informationspflicht für Unternehmen bei
Datenschutzpannen einführen

– Drucksache 16/1887 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Kultur und Medien

Anlage 15






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Auch hierzu haben die Rednerinnen und Redner ihre
Reden zu Protokoll gegeben. Es handelt sich um die
Kollegen Beatrix Philipp, Dr. Michael Bürsch, Gisela
Piltz, Jan Korte und Silke Stokar von Neuforn.1)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/1887 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlos-
sen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 25:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einfüh-
rung einer Biokraftstoffquote durch Ände-
rung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes
und zur Änderung energie- und stromsteuer-

(Biokraftstoffquotengesetz – BioKraftQuG)


– Drucksache 16/2709 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

Die Kolleginnen und Kollegen Norbert Schindler,
Reinhard Schultz, Marko Mühlstein, Dr. Hermann Otto
Solms, Hans-Kurt Hill und Dr. Reinhard Loske haben
die Reden zu Protokoll gegeben.2)

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/2709 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
andere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Nun kommen wir zum Tagesordnungspunkt 27 sowie
zu den Zusatzpunkten 6 bis 8:

27 Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch
und anderer Gesetze

– Drucksachen 16/2711, 16/2753 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus
Kurth, Brigitte Pothmer, Irmingard Schewe-
Gerigk, Elisabeth Scharfenberg und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Die Eingliederungshilfe für Menschen mit
Behinderungen weiterentwickeln – Das Brut-
toprinzip in der Sozialhilfe beibehalten und

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1) Anlage 16
2) Anlage 17

(C (D Leistungen aus einer Hand für Menschen mit Behinderungen ermöglichen – Drucksache 16/2751 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Finanzausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend P 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus Kurth, Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Das Existenzminimum sichern – Sozialhilferegelsätze neu berechnen und Sofortmaßnahmen für Kinder und Jugendliche einleiten – Drucksache 16/2750 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Finanzausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit P 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus Ernst, Katja Kipping, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Für ein menschenwürdiges Existenzminimum – Drucksache 16/2743 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre azu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Wir haben jetzt das Vergnügen, eine halbe Stunde ussprache zu genießen. Ich erteile das Wort dem Parlaentarischen Staatssekretär Franz Thönnes. F Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! ie Sozialhilfe ist eine unverzichtbare Säule des Sozialtaates in Deutschland. Um diesem Verfassungsauftrag erecht zu werden, werden im Rahmen der Sozialhilfe en Hilfebedürftigen die erforderlichen Mittel zur Abdekung eines soziokulturellen Existenzminimums zur erfügung gestellt. Die Basis dafür ist verlässlich, einheitlich und auch erecht zu gestalten. Nach diesen Prinzipien sind wir bei er Behandlung der Einkommensund Verbrauchsstichrobe des Jahres 2003 vorgegangen. Dabei handelt es ich um eine amtliche Statistik, die im Wesentlichen die inkommensund Vermögensverhältnisse sowie das erbrauchsverhalten privater Haushalte in Deutschland eststellt. Das ist die Basis, auf der wir die Regelsätze eu bemessen haben. Es ist gut, dass 16 Jahre nach der deutschen Einheit ntschieden wurde, eine Grundlage für einheitliche Reelsätze in Ostund Westdeutschland zu schaffen, Parl. Staatssekretär Franz Thönnes sodass sich in Zukunft ein einheitlicher Sozialhilfesatz in der Größenordnung von 345 Euro ergibt. Wir haben damit das nachvollzogen, was wir im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch praktiziert haben. Wir sind damit im Kern einer Empfehlung des Ombudsrates für das SGB II gefolgt und haben vor dem Hintergrund der Lebensverhältnisse in Deutschland die Grundlage für eine gleiche Praxis geschaffen. Die Bundesländer legen natürlich weiterhin die Regelsätze fest. Sie sind wie in der Vergangenheit frei, regionale Unterschiede zu berücksichtigen und so Spielräume zu nutzen, wenn es um die Festsetzung der Regelsätze geht. Nochmals: Es ist gut, 16 Jahre nach der deutschen Einheit eine gesamtdeutsche Verbrauchsstruktur und einen einheitlichen Regelsatz festzulegen. Wir vollziehen die deutsche Einheit nun auch in der Sozialhilfe nach, und das ist gut so. Seit der letzten Sozialhilfereform am 1. Januar 2005 hat sich einiger Änderungsbedarf ergeben. Ich will auf zwei, drei Punkte eingehen, die dabei eine Rolle spielen. Im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt beläuft sich der Absetzbetrag bei Erwerbstätigkeit derzeit auf 30 Prozent des erzielten Einkommens, ohne Obergrenze. Dies führt bei hohen Hinzuverdiensten zu nicht zu rechtfertigenden hohen Absetzbeträgen. Um diesem Missstand zu begegnen, wird eine Kappungsgrenze in Höhe des halben Regelsatzes eingeführt. Ich denke, das ist vertretbar; denn die Sozialhilfe ist eine solidarische Leistung aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Im Rahmen der Eingliederungshilfe entsprechen wir nun dem Grundsatz des Nachrangs und der Eigenverantwortlichkeit in der Sozialhilfe. Hiermit folgen wir einem Votum der Länder, indem wir das Nettoprinzip einführen, wie es bereits im Pflegebereich geschehen ist. Dies bedeutet, dass künftig die Leistungen, die der Berechtigte von Dritten erhält, bei den Kosten bzw. Aufwendungen, die zum Beispiel bei der Unterbringung in einem Heim anfallen, zu berücksichtigen sind. Der verbleibende Teil wird dann vom Sozialhilfeträger im Wege der Eingliederungshilfe erbracht. Damit bleibt es im Kern dabei, dass der Betroffene wie bisher seine bedarfsdeckenden Leistungen erhält. Wir stellen zudem sicher, dass im Einzelfall wie bisher die erweiterte Hilfe gewährt werden kann. In der einen oder anderen Einrichtung kann es zu Herausforderungen bei der Umstellung kommen. Deswegen soll diese gesetzliche Regelung erst zum 1. Januar 2008 Praxis werden. Eine weitere Neuregelung ist für Ehepaare vorgesehen, bei denen ein Partner aufgrund von Behinderung oder Pflegebedürftigkeit stationär betreut werden muss. Bislang waren aufgrund einer komplexen und veralteten Heranziehungsvorschrift beispielsweise diejenigen Ehepaare ganz besonders schlecht gestellt, bei denen das Einkommen überwiegend von dem weiterhin zu Hause lebenden Ehepartner erzielt wurde. Das wird nun geändert. Wir favorisieren nun eine Regelung, die alle Erwerbsbiografien von Ehepaaren gleichbehandelt und die dem zu Hause gebliebenen Ehepartner genügend finanzielle Mittel lässt, damit er seinen Lebensunterhalt ohne S m U a A b f B d e s d s n t F D d t S n s U d n u M S n z b E l V b d d K t w n l (C (D ozialhilfe bestreiten kann. Es ist ehrenwert, diese Ziele it dem Änderungsgesetz zu erreichen. ns ist ebenfalls wichtig, dass klargestellt wird, dass uch die Empfänger von Grundsicherungsleistungen im lter und bei Erwerbsminderung in diese Regelung einezogen sind. Über die Eckpunkte dieser Neuregelung gibt es erreulicherweise Konsens zwischen dem Bund, allen undesländern und den kommunalen Spitzenverbänen. Ich hoffe, dass dies auch bei der Umsetzung des inheitlichen Sozialhilfesatzes in Deutschland der Fall ein wird. In diesem Sinne, glaube ich, wird die Sozialhilfe für ie Menschen zielorientiert weiterentwickelt und in Geamtdeutschland einheitlich gestaltet. Sie wird damit eien Beitrag zu einer gerechten Verteilung der Sozialleisungen in diesem Land leisten. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun der Kollege Jörg Rohde für die DP-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ie FDP unterstützt, wo immer möglich und sinnvoll, ie Maßnahmen zur Reduzierung öffentlicher Bürokraie. Dies gilt selbstverständlich auch für den Bereich der ozialgesetzgebung. Deshalb verweigern wir uns auch icht, wie die Kolleginnen und Kollegen des Bündnises 90/Die Grünen, von vornherein kategorisch einer mgestaltung des bislang praktizierten Bruttoprinzips in er Eingliederungshilfe. Vielmehr werden wir uns demächst mit allen Verantwortlichen an einen Tisch setzen (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das muss aber ein großer Tisch sein!)


(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1605422700




(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605422800
Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605422900

nd nach dem besten Weg suchen, der den Interessen der
enschen mit Behinderung, der Einrichtungen und der

ozialhilfeträger am besten Rechnung trägt.

Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung dürfen
icht ohne umfängliche Prüfung möglicher Konsequen-
en zulasten Dritter durchgesetzt werden. Dies gilt ins-
esondere für die Einführung des Nettoprinzips in der
ingliederungshilfe. Nicht ohne guten Grund treten bis-

ang die Träger der Leistungen in Vorleistung. Dieses
erfahren stellt sicher, dass notwendige Leistungen auch
ei offenen Fragen einer eventuellen Kostenbeteiligung
es Leistungsempfängers auf jeden Fall erbracht wer-
en. Das Bruttoprinzip verhindert, dass noch ungeklärte
ostenbeteiligungsfragen auf dem Rücken des Leis-

ungsnehmers ausgetragen werden. Die Ausführung not-
endiger Pflege-, Betreuungs- und Rehabilitationsmaß-
ahmen ist sichergestellt.

Selbstverständlich ist es zutreffend, dass die nachträg-
iche Einforderung von Kostenbeteiligung einen nicht zu






(A) )



(B) )


Jörg Rohde
unterschätzenden bürokratischen Aufwand für die Trä-
ger der Sozialhilfe darstellen kann. Auch rechtssystema-
tisch kann man eine Abschaffung des Bruttoprinzips in
Erwägung ziehen, wenngleich der Vorwurf verloren ge-
hender Rechtssicherheit, den das Bündnis 90/Die Grü-
nen erhebt, sicher über das Ziel hinausschießt. Aber eine
Übertragung der Bürokratie auf die die Leistung erbrin-
gende Einrichtung und den Leistungsempfänger muss
immer vor dem Hintergrund der Leistungsfähigkeit der
Empfänger und Erbringer der Leistung gesehen werden.
Viele Menschen mit einer Behinderung sind nicht in der
Lage, diese Angelegenheiten alleine für sich selbst zu re-
geln. Wenn Angehörige fehlen, die einspringen können,
kann es für den Leistungsempfänger schwierig werden.
Ich denke hier vor allem an Menschen mit einer geisti-
gen Behinderung oder an ältere Menschen mit einem
Handicap. Viele von ihnen sind schon jetzt mit der
Durchsetzung ihrer Ansprüche überfordert.


(Beifall der Abg. Birgit Homburger [FDP])


Der Gesetzentwurf will diesem Problem mit der Mög-
lichkeit begegnen, dass in begründeten Fällen weiterhin
die Vorleistungspflicht des Sozialhilfeträgers bestehen
bleibt. Diese Formulierung wird aber innerhalb des Ge-
setzestextes nicht weiter spezifiziert. Erst in der Geset-
zesbegründung wird näher erläutert, wann dies der Fall
sein soll. Es sollte deshalb im Beratungsprozess der Vor-
schlag der Lebenshilfe aufgegriffen werden, ob nicht
eine Einfügung des entsprechenden Begründungsteils in
den Gesetzestext eine wünschenswerte Klarstellung leis-
ten kann.


(Beifall bei der FDP)


Am Ende einer Änderung des Bruttoprinzips darf kein
Ergebnis stehen, bei dem die Einrichtungen zur Kom-
pensation neuer Bürokratiekosten den Leistungsumfang
gegenüber Menschen mit Behinderung kürzen oder not-
wendige Leistungen von den Betroffenen wegen eines
zu hohen bürokratischen Aufwands nicht oder nicht
mehr in vollem Umfang in Anspruch genommen wer-
den. Hier macht die FDP nicht mit.


(Beifall bei der FDP)


Ich komme zu den geplanten Änderungen bei den Re-
gelsätzen. Die Regelsatzbemessung ist seit Jahren ein
hoch umstrittener und ideologisch aufgeladener Punkt.
Einige Verbände und Parteien fordern eine deutliche Er-
höhung, andere eine Absenkung oder ein Festhalten am
bisherigen Satz. Die FDP will bei der Regelsatzbemes-
sung vor allem für die Zukunft eine ehrliche und transpa-
rente Bemessung erreichen


(Zuruf von der CDU/CSU: Was heißt denn das?)


und die Realitäten im Blick behalten. Mit der Anwen-
dung der bisherigen Methodik der Regelsatzbemessung
wären die Regelsätze nach Angabe der Bundesregierung
ab 2007 abzusenken. Mit der neuen Regelsatzverord-
nung verändert man die Berechnungsmethodik aber so,
dass im Westen genau die gleiche Regelsatzhöhe wie
bisher herauskommt und in den neuen Bundesländern
die Regelsätze um 14 Euro erhöht werden können. Hier

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(C (D ird offensichtlich mit einer politisch motivierten Reelsatzbemessung gearbeitet. So weit ist es schon geommen. n diesem Punkt sollte man das Votum der Bundesratsusschüsse ernst nehmen, die darauf verweisen, dass es eutliche Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten in eutschland gibt. Eine Abkoppelung von diesen Realitä en darf nicht stattfinden, (Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Wollen Sie senken?)


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Unerhört!)


o sehr sie aus Gründen der politischen Korrektheit auch
rwünscht sein mag. Jedenfalls ist unter diesen Voraus-
etzungen die Forderung verfehlt, die Regelsätze auch
och über die bisherigen 345 Euro hinweg anzuheben.
as Einkommen der Vergleichsgruppe der Regelsatzbe-

ieher ist in den letzten Jahren gesunken. Richtiger ist es
aher, den Ländern wie bisher die Möglichkeit zu geben,
ie Regelsatzhöhe den regionalen Gegebenheiten anzu-
assen. Ein gleicher Regelsatz bei höchst unterschiedli-
hen Verbrauchskosten je Region stellt eine ungerechte
leichbehandlung dar. Viele Menschen werden damit

chlechter gestellt, als sie es verdienen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie einen Absenkungswettlauf?)


m solch eine politische Willkür in Zukunft zu vermei-
en, sollte das Regelsatzfestlegungsverfahren mehr an
atsächlichen Zahlen wie der Lohnentwicklung ausge-
ichtet werden und weniger an zufälligen Prozentwerten
estimmter Verbrauchsstrukturen.

Ansonsten wird die Regelsatzfestlegung doch – wie
un in diesem Verfahren der Regelsatzverordnungsände-
ung – zu etwas Willkürlichem, zu einer politischen
arce. Die Festlegung der Regelsatzhöhe im Parlament
ürde zu einer Politisierung der Regelsatzfestlegung

ühren. Besser ist aber eine Depolitisierung der Regel-
atzfestlegung.


(Beifall bei der FDP)


Die Koppelung der Regelsatzanpassung an die Verän-
erung des Rentenwertes kann beibehalten werden, da
ie sinnvoll ist.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605423000

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Weiß von der CDU/CSU-Fraktion?


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605423100

Auch zu dieser späten Stunde, ja.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605423200

Herr Weiß, bitte.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1605423300

Eigentlich wollte ich keine Zwischenfrage stellen, um

ie Sitzung nicht unnötig zu verlängern. Herr Kollege
ohde, wenn man sich zu den Regelsätzen aber so






(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)

äußert, wie Sie es in Ihrer Rede getan haben, dann muss
ich Sie einfach Folgendes fragen: Ist Ihnen bekannt, dass
man damals das Warenkorbprinzip abgeschafft hat? Ist
Ihnen bekannt, dass sich die Einkommens- und Ver-
brauchsstichprobe – sie ist keine politische Größe –
schlichtweg am Verbrauchsverhalten derjenigen orien-
tiert, die, was das Einkommen angeht, zu den unteren
20 Prozent in Deutschland gehören? Man wollte nämlich
eine unpolitische und nicht manipulierbare Größe zur
Festsetzung des Regelsatzes finden. Wollen Sie diese,
wie ich finde, sachlich-fachlich gute Regelung wirklich
infrage stellen und durch etwas anderes ersetzen?


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605423400

Herr Kollege Weiß, Sie haben Recht, wenn Sie sagen,

dass es einen Warenkorb gibt, dessen Zusammensetzung
außerhalb des Parlaments festgelegt wird. Sie haben
auch Recht, wenn Sie sagen, dass es sich dabei um eine
gute Größe handelt. Nur verwundert es mich zutiefst,
dass die Berechnungsgrundlage im Vergleich zu 1998
und zu 2003 geändert wurde und dass im Westen am
Ende exakt derjenige Wert herauskam, der bis dahin ge-
golten hatte.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Ja, das ist nun einmal so!)


Bei der letzten Festlegung, 1998 – damals begann die
politische Debatte darüber –, wurde politisch ein Regel-
satz festgelegt, der über den ermittelten Sätzen lag. Ich
wiederhole: Dieses Mal ist es exakt derjenige Betrag, der
bis dahin gegolten hatte, nämlich 345 Euro. Das verwun-
dert mich und deswegen unterstelle ich ein wenig, dass
man an den Stellschrauben gedreht hat.


(Beifall bei der FDP – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Wir haben einfach eine gute Bundesregierung!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605423500

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischen-

frage des Kollegen Weiß?


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605423600

Nein. Wir haben morgen um 8 Uhr eine Ausschusssit-

zung. Dann können wir darüber gemeinsam weiterdisku-
tieren.

Die Koppelung der Regelsatzanpassung an die – –


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605423700

Herr Kollege, Entschuldigung, dass ich Sie noch ein-

mal unterbreche. Es gibt einen weiteren Wunsch nach ei-
ner Zwischenfrage, nämlich der Kollegin Kipping.


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605423800

Na gut, ich kann mich ja gleich revanchieren.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605423900

Frau Kipping, bitte.

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(C (D Lieber Kollege, können Sie sich vorstellen, den Kol egen Weiß darauf hinzuweisen, dass wir bei allen Erörerungen über Vorzüge und Nachteile von Warenkorb nd Statistikmodell jetzt in der schlimmen Situation ind, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer eiter auseinander geht und dass deswegen die alleinige rientierung am ärmsten Fünftel der Bevölkerung autoatisch dazu führt, dass es eine Spirale nach unten gibt nd dass die Verarmung vorangetrieben wird? Ich kann mich Ihrer Vorstellung nicht anschließen, en Kollegen Weiß in dieser Richtung zu beraten. Trotzdem bin ich über die Ergebnisse der Regelsatzemessung verwundert. Ich bin auf die morgigen Beraungen im Ausschuss gespannt. Da wohl kein weiterer Wunsch nach einer Zwischenrage besteht, versuche ich jetzt, mit meinem Redetext um Ende zu kommen. Im SGB XII werden Zuverdienst und Vermögen tärker angerechnet als beim ALG II. Beispielsweise leiben beim Zuverdienst nur 30 Prozent anrechnungsrei. Grund dafür ist nach Angabe der Bundesregierung, ass Menschen mit SGB-XII-Bezug grundsätzlich stärer und dauerhafter auf die Unterstützung der Gemeinchaft angewiesen sind als erwerbsfähige Bezieher von LG II. Allerdings übersieht eine solche Argumenta ion, dass unter das SGB XII auch Menschen fallen, die ur zeitweise völlig erwerbsgemindert sind. Zudem bersieht eine solche Bestimmung, dass Menschen im auerhaften SGB-XII-Bezug in bestimmten Werkstätten nter bestimmten Bedingungen Arbeiten verrichten könen und dafür etwas Geld erhalten. Diese Motivation ollte ihnen nicht genommen werden. Das SGB-XII-Änderungsgesetz sollte hier verbeserte Zuverdienstmöglichkeiten schaffen. Zudem sollte ür den Fall nur zeitweiser vollständiger Erwerbsmindeung darüber nachgedacht werden, die Vermögensanechnung den Regeln des SGB XII anzugleichen. Ich komme zum Schluss. Positiv wäre ebenfalls, die on den Bundesratsausschüssen vorgeschlagene Pauchalierung von einmaligen Leistungen auch für Bezieer stationärer Leistungen umzusetzen. Dafür könnte die emessungsgrundlage für den Barbetrag um 2 Prozentunkte angehoben werden. Dies wäre ein sinnvoller Beirag für die Entlastung von Verwaltungsaufwand und ürde zugleich den Betroffenen helfen, mit den finanzi llen Belastungen besser zurechtzukommen, die für sie urch die Gesetzesänderungen, etwa im Gesundheitsween, in den letzten Jahren entstanden sind. Vielen Dank. Nun hat das Wort der Kollege Max Straubinger für ie CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute den Entwurf zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze in erster Lesung. Das ist Ausdruck dessen, dass die große Koalition nach 16 Jahren – der Parlamentarische Staatssekretär hat bereits darauf hingewiesen – in diesem Bereich endlich eine Angleichung vornimmt und keinen Unterschied mehr zwischen Ost und West macht. Es ist auch richtig, dass wir zukünftig einen einheitlichen Sozialhilfesatz von 345 Euro haben. Wir werden damit unserer sozialpolitischen Verantwortung gerecht. Es ist ohne Zweifel richtig: Wir stehen bei den Menschen, die in Not geraten sind und sich nicht selbst helfen können, in der Pflicht, ihnen soziale Sicherheit und Unterstützung zu geben. Dem wird hier in richtiger Weise Rechnung getragen. Wir nehmen eine großzügige Anpassung vor. Vorher war bereits von der Einkommensund Verbrauchsstatistik die Rede. Wir passen die Regelungen den neuen Gegebenheiten an und bestimmen die Parameter neu. Wenn wir die alten zugrunde gelegt hätten, wäre es gegenüber den geltenden Sätzen zu einer Absenkung gekommen. Auch dies zeigt, dass CDU/CSU und SPD sowie die Bundesregierung ihre sozialpolitische Verantwortung wahrnehmen. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass es sich hier um eine staatliche Leistung handelt, die von den Steuerbürgern erwirtschaftet wird und auf die Menschen begrenzt werden muss, die tatsächlich in Not geraten sind und sich nicht selbst helfen können. Da es natürlich sehr viele Wünsche gibt, müssen wir abwägen. Ich halte nichts davon, dass wir den Menschen in Deutschland weit höhere Sätze versprechen, wie das im Antrag der Linken vorgesehen ist. Mit 420 Euro fast eine Rundumversorgung zu gewähren, ist meines Erachtens illusorisch; (Inge Höger-Neuling [DIE LINKE]: Machen Sie es doch mal vor, mit 420 Euro zu leben!)

Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605424000
Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605424100

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605424200

(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )

Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1605424300

(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


die Heizkosten und die Unterkunftskosten kommen ja
noch hinzu. Das ist auch unter haushalterischen Ge-
sichtspunkten nicht zu leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Klaus Brandner [SPD]: Aber wir machen auch keine niedrigeren Sätze!)


– Wir machen auch keine niedrigeren Sätze; das ist über-
haupt keine Frage. – Aber 420 Euro im Monat zu gewäh-
ren, ist eine utopische Vorstellung, die möglicherweise
nur in manchen Wahlkämpfen begründet ist.

Es ist sicherlich sachgerecht, bei der Anwendung der
Sätze die regionalen Gesichtspunkte zu berücksichtigen.
Bayern macht bisher als einziges Bundesland von dieser
Möglichkeit Gebrauch. Es ist eben ein Unterschied, ob
ich in München, Stuttgart oder Düsseldorf wohne

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(C (D (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gibt es denn in München mehr?)


der ob ich in Niederbayern oder an der polnischen
renze wohne; denn dort sind die Lebenshaltungskosten

twas anders. Deshalb ist es meines Erachtens richtig,
ass Anpassungsmöglichkeiten gegeben sind.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605424400

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Kurth?


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1605424500

Ja.


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605424600

Kollege Straubinger, Sie sprachen davon, dass die Le-

enshaltungskosten in München höher sind als an-
erswo. Das ist zweifellos richtig. Ist es denn auch so,
ass in München ein höherer Regelsatz als 345 Euro ge-
ahlt wird und von der Möglichkeit der regionalen An-
assung der Regelsätze nach oben Gebrauch gemacht
ird, oder ist es nicht vielmehr so, dass in der Regel nur

bgesenkt wird?


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1605424700

Es ist richtig, dass in Bayern der Regelsatz von

45 Euro in zehn Städten, in München, in Nürnberg und
eiteren Städten, eingehalten wird und dass in den
andkreisen, also in den ländlichen Regionen, ein um
0 Euro geringerer Sozialhilfesatz zugrunde gelegt wird.
as ist meines Erachtens durchaus sachgerecht und ver-

retbar. Ich kann nur feststellen, dass in Bayern die so-
iale Situation der Menschen, die dieser Hilfe bedürfen,
enauso gewährleistet ist wie in anderen Bundesländern.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der Linken: In Ewigkeit, amen!)


Verehrte Damen und Herren, mit diesem Gesetzent-
urf wird auch die EU-Richtlinie 2004/38/EG umge-

etzt und nun entsprechend der Regelung des SGB II
un auch im SGB XII ein Ausschluss von Leistungen für
usländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem
weck der Arbeitssuche ergibt, sowie für deren Famili-
nangehörige vorgesehen. Das ist sachgerecht, weil an-
esichts der begrenzten Finanzmittel auch darauf zu ach-
en ist, dass Sozialtourismus kein Vorschub geleistet
ird.

Ich würde mir wünschen, dass auch die Vorschläge
es Bundesrates noch in den Gesetzentwurf einfließen.
m Gesetzgebungsverfahren werden wir diese sicherlich
och diskutieren. Meines Erachtens wäre es gerechtfer-
igt, diese mitaufzunehmen.

Lassen Sie mich zum Schluss auf einen der Hauptdis-
ussionspunkte der letzten Zeit eingehen, nämlich auf
as auch im Gesetzentwurf enthaltene Vorhaben, vom
isher geltenden Bruttoprinzip auf das Nettoprinzip
mzustellen. Das Bruttoprinzip sorgt bisher dafür, dass
ie Sozialhilfeträger die Hilfe zunächst auch insoweit
ewähren, als dem Leistungsberechtigten das Aufbringen
er Mittel aus Einkommen und Vermögen zuzumuten ist.






(A) )



(B) )


Max Straubinger
Beim Nettoprinzip erfolgt, vereinfacht gesagt, vonseiten
des Sozialhilfeträgers nur noch die Zahlung des entspre-
chenden, von ihm nach Prüfung zu zahlenden Anteils.
Das hätte zur Folge, dass die Einrichtungsträger künftig
nicht mehr ausschließlich mit dem Sozialhilfeträger ab-
rechnen müssten, sondern beispielsweise auch direkt mit
dem Heimbewohner.

Was spricht für die Einführung eines so genannten
Nettoprinzips? Zunächst sicherlich, dass es dieses be-
reits im Bereich der Pflege gibt. Der Herr Staatssekretär
hat darauf hingewiesen. Auch ordnungspolitische Erwä-
gungen sind nicht von der Hand zu weisen: Jeder Betei-
ligte soll sich um die eigenen Zahlungsströme kümmern
und die mit einseitigen staatlichen Vorleistungen verbun-
denen Rückholrisiken werden vermieden. Das scheint
im Hinblick auf das im Sozialhilferecht verankerte
Nachrangprinzip gerechtfertigt. Des Weiteren wird von
den Befürwortern des Nettoprinzips vorgebracht, dass
mit einer größeren Transparenz der Zahlungsströme
auch eine Stärkung der Eigenverantwortung und Selbst-
bestimmung – unter Zugrundelegung des Gedankens des
persönlichen Budgets – des behinderten Menschen bzw.
seiner Betreuungsperson einhergehe.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Auch verwaltungstechnische Erleichterungen auf staatli-
cher Seite sind nicht von der Hand zu weisen.

Andererseits, werte Kolleginnen und Kollegen, führt
die Einführung des Nettoprinzips zu mehr Verwaltungs-
und Kostenaufwand aufseiten der Einrichtungsträger.


(Jörg Rohde [FDP]: So ist es!)


Diese Frage muss natürlich auch ins Kalkül gezogen
werden. Die doppelte Abrechnung mit Heimbewohnern
und Sozialhilfeträgern wird womöglich zu einer länge-
ren Bearbeitungsdauer führen, da ja vorgeschaltete Ein-
kommens- bzw. Vermögensprüfungen durchzuführen
sind. Ob dagegen auf staatlicher Seite entsprechende
Kostenersparnis und weniger Bürokratieaufwand ver-
zeichnet werden können, wird von den Kritikern bezwei-
felt. Diesen Punkt müssen wir noch sehr nachhaltig hin-
terfragen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Es sind ja möglicherweise sehr viele Sozialhilfefälle be-
troffen. Bei diesen müsste dann eine Doppelprüfung
stattfinden, zum einen durch den Heimträger und zum
anderen durch die staatlichen Stellen. Die Frage, ob da-
mit dann überhaupt etwas gewonnen wäre, muss in die
Überlegungen einbezogen werden.

Deshalb hat sich auch der Freistaat Bayern dieser Pro-
blematik angenommen und im Bundesrat einen entspre-
chenden Antrag zur Beibehaltung des Bruttoprinzips
eingebracht, der von vom Land Rheinland-Pfalz unter-
stützt wurde. Hier hatte man ebenfalls die Überlegung
angestellt, ob die geplante Umstellung praktikabel ist.

Ich glaube, dass wir aufgerufen sind, diese Frage in
den Beratungen sehr intensiv zu beleuchten und dann

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(C (D ntsprechend zu entscheiden. Ich bin davon überzeugt, ass wir in den kommenden Wochen die Gelegenheit utzen werden, nicht nur mit den Einrichtungen zu sprehen, sondern uns darüber hinaus sehr intensiv auch mit ieser Frage zu beschäftigen. Ich denke, in diesem Sinne önnen wir die Beratungen aufnehmen. Für mich ist das Entscheidende, dass die Menschen it Behinderung in Zukunft sicher sein können, die ent prechenden Leistungen zu bekommen, die es ihnen erauben, ein möglichst gutes Leben zu führen. Wichtig ist, ass ihnen hierzu von staatlicher Seite die entsprechende nterstützung gegeben wird. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605424800

Das Wort hat nun die Kollegin Katja Kipping von der

raktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Sie tritt jetzt wieder zur Sozialolympiade an: Schneller, höher, weiter!)



Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605424900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

traubinger, wenn Sie ernsthaft 420 Euro im Monat als
undumversorgung bezeichnen, kann ich nur sagen: Sie
aben wohl noch nicht von 420 Euro im Monat leben
nd damit auskommen müssen.


(Beifall bei der LINKEN – Rolf Stöckel [SPD]: Das ist doch nur der Regelsatz, Frau Kipping! Das ist nur die halbe Wahrheit! – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Erzählen Sie, was dazukommt!)


Die Höhe ist natürlich viel zu niedrig bemessen. Sie
issen genau, dass wir uns, wenn wir von 420 Euro re-
en, auf solide Berechnungen vom Paritätischen Wohl-
ahrtsverband stützen. Bei 420 Euro geht es noch nicht
m ein Leben in Wohlstand, da geht es lediglich darum,
ass das Existenzminimum abgesichert ist.


(Beifall bei der LINKEN – Rolf Stöckel [SPD]: Das hätten manche Arbeitnehmer gern!)


Das zweite Problem ist – das wissen Sie genauso gut
ie wir –, dass der Regelsatz in seiner weiteren Ent-
icklung an den Rentenwert gekoppelt ist. Der Renten-
ert aber ist an die Lohnentwicklung gekoppelt. Da

rage ich Sie, meine Damen und Herren von SPD und
DU/CSU, wer von Ihnen bereit wäre, 420 Euro darauf
u verwetten, dass der Rentenwert in den nächsten Jah-
en steigen wird. Findet sich hier jemand im Raum, der
azu bereit wäre? Nein, und ich glaube, Sie sind gut be-
aten, diese Wette nicht einzugehen.

Ein weiteres Problem ist, dass die Verbrauchs-
rmittlung auf Daten aus dem Jahr 2003 basiert. 2003
ab es aber noch keine Mehrwertsteuererhöhung; 2003






(A) )



(B) )


Katja Kipping
gab es noch keine hohen Zuzahlungen und die Praxisge-
bühr. Das heißt, der Regelsatz basiert auf alten Zahlen.
Der Regelsatz bleibt die ganze Zeit über gleich niedrig,
die Kosten aber, die die Leute zu decken haben, wandern
munter nach oben.

Im Volksmund gibt es eine Skepsis gegenüber Sta-
tistiken. Bei der EVS, der Einkommens- und Ver-
brauchsstichprobe, zumindest bei der alten, ist diese
Skepsis mehr als berechtigt. So hatte man bei der Be-
rechnung der Bedarfe einfach einmal mit dem Hinweis
darauf einen Abschlag vorgenommen, es könnten sich ja
unter den Verbrauchen des ärmsten Fünftels der Bevöl-
kerung Pelze und Segelboote befinden. In was für einer
Traumwelt muss man leben, wenn man ernsthaft an-
nimmt, dass das ärmste Fünftel der Gesellschaft Pelze
trägt und Segelyachten besitzt!


(Rolf Stöckel [SPD]: Das war doch einmal!)


– Dieser eklatante Fehler ist jetzt behoben worden, das
stimmt.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Aber Sie müssen das noch einmal erwähnen! Das passt so richtig!)


– Natürlich muss man Ihre Fehler erwähnen, weil nur
das Hinweisen auf Fehler überhaupt dazu führt, dass Sa-
chen nachgebessert werden. Wenn wir und die Wohl-
fahrtsverbände nicht immer darauf hingewiesen hätten,
wäre dieser Fehler von Ihnen bestimmt noch nicht beho-
ben worden.


(Beifall bei der LINKEN)


Ein weiteres Problem ist, dass beim Regelsatz immer
noch Abschläge angebracht werden und dann vor allem
in den Bereichen Bildungsmaterialien, Nachrichtenüber-
mittlung und Verkehr. Dabei müssen gerade Erwerbslose
heutzutage agil, mobil und bestens informiert sein, um
sich auf die schwere Suche nach einem Arbeitsplatz ma-
chen zu können. Mit Ihren Abschlägen beeinträchtigen
Sie das enorm.


(Rolf Stöckel [SPD]: Wir reden jetzt aber gar nicht darüber! Sie sind beim SGB II, nicht beim SGB XII!)


Lassen sie mich auf ein weiteres Problem hinweisen,
die Umstellung auf das Nettoprinzip bei Eingliede-
rungshilfen. Das klingt erst einmal ganz technokratisch
und harmlos. Aber viele Wohlfahrtsverbände weisen
darauf hin, dass das zu einem enormen Problem werden
wird und dieses Vorhaben das Ziel, Menschen mit Be-
hinderung bei der Suche nach Arbeit, bei der Eingliede-
rung, schnellstmöglich Hilfe zukommen zu lassen, kon-
terkariert.

Was sich hinter diesem technokratischen Begriff ver-
birgt, ist im Grunde nichts weiter, als dass Verwaltungs-
arbeit, die vorher von sachkundigen Sachbearbeitern ge-
leistet wurde, jetzt outgesourct wird, wodurch Menschen
mit Beeinträchtigungen, also Menschen, die eh schon in
ihren Kapazitäten eingeschränkt sind, besonders betrof-
fen werden.

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(C (D Weitere Verschlechterungen gibt es bei Ausländerinen und Ausländern. Die Einschränkung, die Sie hier ornehmen, zeigt einmal mehr, wie doppelbödig Ihre uropapolitik ist. Wenn es um die Liberalisierung der ärkte geht, dann kennt die Freizügigkeit keine Gren en. Aber wenn es um Menschen geht, dann wollen Sie on Freizügigkeit nichts mehr wissen. 345 Euro soll der Regelsatz nun betragen. Damit wird rmut nicht bekämpft; damit wird Armut zementiert. äre es nach so manchem CDUler oder so manchem achverständigen gegangen, würde der Regelsatz noch iedriger ausfallen. Dass er bei 345 Euro bleibt, dazu haen auch die immer wieder kritischen Nachfragen voneiten meiner Fraktion und der Druck von der Straße beietragen. Wir werden den hier vorliegenden Gesetzentwurf kriisch begleiten. Wir haben einen eigenen Antrag dazu ingebracht. Denn uns ist bekannt: 7,5 Millionen Menchen in diesem Land sind angewiesen auf die Leistunen im Rahmen des SGB XII und des SGB II. Frau Kollegin, denken Sie bitte an Ihre Redezeit. Ich komme zu meiner letzten Bemerkung. Herr Straubinger und Herr Weiß, bei allen Erörterunen über statistische Effekte dürfen wir eines nicht aus en Augen verlieren: Der Regelsatz, den wir hier festleen, wirkt sich ganz konkret auf die Lebenssituation von ,5 Millionen Menschen in diesem Lande aus. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Nun hat der Kollege Markus Kurth das Wort für die raktion des Bündnisses 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! it dem nun vorgelegten Gesetzentwurf schlägt die undesregierung eine Vielzahl von Änderungen im Soialhilferecht vor. Nicht alle Änderungen sind schlecht. ber ich werde die Bundesregierung erst loben, wenn ir über diesen Gesetzentwurf in zweiter und dritter Be atung zu einer hoffentlich christlicheren Zeit beraten. (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das merken wir uns!)


(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605425000
Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605425100

(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605425200

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605425300

ann werden auch mehr Menschen zuhören können.

Ich möchte mich jetzt auf zwei Kritikpunkte konzen-
rieren. In einem von uns eingebrachten Antrag haben
ir die Kritik am Regelsatz wiederholt. Dieser Regelsatz
ird nicht hier im Hause beschlossen, sondern per
echtsverordnung zwischen Bund und Ländern. Wir






(A) )



(B) )


Markus Kurth
stellen gleichwohl nach wie vor Schwächen bei der Sys-
tematik des Regelsatzes fest. Wir bestehen darauf, dass
darüber hier diskutiert wird und dass diese Schwächen
beseitigt werden. Man sollte allerdings nicht vollmundig
versprechen, dass am Ende ein Betrag in Höhe von
420 Euro herauskommt.

Man sollte aber auf die Schwächen hinweisen, die in
der Bemessung des Regelsatzes liegen. Denn es ist kei-
neswegs so, dass es sich hier um ein rein objektives Ver-
fahren handelt. Der Kollege Weiß versuchte vorhin in
seiner Zwischenfrage an Herrn Rohde zu suggerieren,
dass mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ein
objektiver wissenschaftlicher Maßstab gegeben sei. Man
muss sehen, dass danach im Wesentlichen politisch be-
gründete Abschläge bei den einzelnen Verbrauchsposi-
tionen vorgenommen werden. Einige hat Frau Kipping
genannt. Frau Kipping, man kann Ihren Antrag in vielen
Punkten kritisieren; aber an dieser Stelle haben Sie
Recht.

Ich möchte den Stromverbrauch als ein Beispiel nen-
nen. Auf die Bezugsgröße, für die die 20 Prozent mit
dem geringsten Einkommen die Grundlage bilden, wird
ein Abschlag von 15 Prozent vorgenommen. Man kann
nicht nachvollziehen, wieso jemand, der langzeitarbeits-
los ist – für diese Menschen ist der Regelsatz ebenfalls
relevant –, oder ein Sozialhilfeempfänger 15 Prozent
weniger Strom verbraucht. Weil sich diese Personen län-
ger zu Hause aufhalten, könnte man annehmen, dass sie
mehr Strom verbrauchen. Hier muss politisch nachge-
steuert werden. Wir müssen die Regelsatzberechnung,
die auch für steuerliche Freibeträge wichtig ist, auf eine
solide Grundlage stellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Meiner Auffassung nach brauchen wir dringend Öff-
nungsklauseln, wenn wir sehen, dass es in Härtefallbe-
reichen Defizite gibt. Diese Fälle tauchen weniger im
Bereich der Sozialhilfe auf als im Bereich des
Arbeitslosengeldes II, und dort insbesondere im Bereich
der Kinder und Jugendlichen. Da gibt es Schwächen bei
der Versorgung mit Lernmitteln. Das ist ein Versäumnis
der Länder, wobei die Sozialhilfeträger und die SGB-II-
Träger keine Möglichkeit haben, korrigierend einzugrei-
fen. Es soll zwar keine rechtlichen Verpflichtungen ge-
ben; aber zumindest die Möglichkeit sollte eröffnet wer-
den, Schülerinnen und Schüler zum Beispiel mit
Schulbüchern zu versorgen. Darauf sollten wir achten.

Eine Reihe von Wohlfahrtsverbänden haben im Hin-
blick auf die Teilnahme an Schulspeisungen vorge-
schlagen, den Betrag der häuslichen Ersparnis für die
Schulspeisung einzusetzen, es aber dem Sozialhilfeträ-
ger zumindest zu ermöglichen, den darüber hinaus ge-
henden Betrag zu erstatten, damit Kinder und Jugendli-
che in den Genuss des Essens in der Schule oder in der
Kindertagesstätte kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das Robert-Koch-Institut hat in einer viel beachteten
ersten großen Langzeitstudie zur Gesundheit von Kin-

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(C (D ern, die erst vor drei Tagen von der Staatssekretärin im undesgesundheitsministerium vorgestellt wurde, festestellt, dass bei 27 Prozent der Kinder aus sozial chwachen Familien Fehlernährung vorliegt. Hierauf uss mithilfe des Sozialhilferechtes reagiert werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Rolf Stöckel [SPD]: Dann muss der Staat aber direkt in die Betreuung investieren!)


Über das Bruttoprinzip werden wir sicherlich im
ahmen des Ausschusses noch einmal diskutieren. Auch
azu haben wir einen entsprechenden Antrag vorgelegt,
en ich nicht mehr in Gänze darstellen kann. Ich sage al-
erdings abschließend eines: Wir müssen sehr darauf
chten, dass wir nicht mithilfe des Sozialhilferechts
enau das, was wir im Sozialgesetzbuch IX, im Behin-
ertenrecht, wollten, nämlich Hilfe aus einer Hand, kon-
erkarieren. Hier muss man sehr aufpassen. Herr
traubinger hat auf ein paar Schwachpunkte hingewie-
en.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Guter Mann, der Straubinger!)


ch hoffe, dass wir hier zu guten Korrekturen kommen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605425400

Als letzte Rednerin in dieser Debatte hat nun das Wort

ie Kollegin Gabriele Hiller-Ohm für die Fraktion der
PD.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1605425500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ie Sozialhilfe nach dem SGB XII ist das unterste so-
iale Netz. Natürlich sind 345 Euro im Monat – das ist
anz klar, Frau Kollegin Kipping – nicht viel Geld, wenn
an damit haushalten muss. Das ist überhaupt keine
rage. Sie haben aber vergessen, in Ihrer Rede darauf
inzuweisen, dass die Menschen nicht allein von diesen
45 Euro im Monat leben müssen.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Richtig! So ist das!)


usätzlich werden natürlich von den Sozialhilfeträgern
ie Heizkosten, die Miete und zusätzliche Bedarfe über-
ommen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


s ist gut, dass wir die Sozialhilfe haben. Sie dient der
icherung der Existenz der Menschen in Deutschland.
ch bin froh, dass es sie in Deutschland gibt. Wir werden
lles dafür tun, sie zu erhalten.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und der parallel
aufenden Regelsatzanpassung passen wir den Regelsatz
er Sozialhilfe, also die Basisleistung zur Existenzsiche-
ung, an die Ergebnisse der letzten Einkommens- und
erbrauchsstichprobe an. Die EVS hat ergeben: Ost
nd West wachsen weiter zusammen. Das ist gut so.






(A) )



(B) )


Gabriele Hiller-Ohm
Deshalb wird der Sozialhilferegelsatz künftig bundes-
weit einheitlich 345 Euro betragen. Das Gesetz be-
schränkt sich – wir haben es schon vom Staatssekretär
gehört – nicht nur auf diese Regelsatzanpassung, son-
dern beinhaltet weitere wichtige Änderungen.

Ich greife eine heraus: die Anrechnung des befristeten
Zuschlags beim Arbeitslosengeld II. Sie wird neu gere-
gelt. Wenn also ein Partner Arbeitslosengeld II und der
andere Partner Leistungen nach dem SGB XII erhält,
wird der Zuschlag künftig nicht mehr gegengerechnet.
Für viele Sozialhilfe empfangende Menschen bedeutet
dies eine deutliche Besserstellung.

Die meisten Änderungen im Gesetz sind bei Betroffe-
nen und Verbänden relativ unumstritten. Wir haben es
aber schon erlebt: Anders sieht es bei der beabsichtigten
Umstellung vom Brutto- auf das Nettoprinzip bei der
Eingliederungshilfe aus. Hierzu liegt uns ein Antrag der
Grünen vor, die einen Verzicht auf diese Umstellung for-
dern. Auch ich sehe hier noch Diskussionsbedarf. Wir
haben das in unserer Fraktion noch nicht ausdiskutiert.
Dazu wird eine Anhörung stattfinden. In dieser Anhö-
rung wird es die Gelegenheit geben, zu prüfen, ob diese
Umstellung zumutbar ist oder ob sie möglicherweise ne-
gative Auswirkungen auf betroffene Menschen in den
Heimen haben wird.

Uns liegen auch zwei Anträge zu Einkommens- und
Verbrauchsstichproben von den Grünen und von der
Linksfraktion vor. Ich finde das schon spannend: Sie for-
dern eine deutliche Anhebung des Regelsatzes. Natür-
lich würde auch ich mich freuen, wenn wir das erreichen
würden. Die Antragsteller bleiben aber die Antwort
schuldig, wie das angesichts der finanziellen Lage der
Länder und Kommunen bezahlt werden soll und vor al-
len Dingen, wie wir hierfür eine Mehrheit im Bundesrat
erreichen können. So einfach kann Opposition sein.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Auch der Bundesrat hat sich in seiner Sitzung am
letzten Freitag mit dem Gesetzentwurf befasst. Ich finde
es ausgesprochen gut, dass die Angleichung der Sozial-
hilfe in Ost und West nicht mehr infrage gestellt wurde.
Das sah anfangs etwas anders aus: Einige Bundesländer
wollten offensichtlich hier im Vorwege das Rad zurück-
drehen. Das ist jetzt aus der Welt.

Das zweite wichtige Signal, das der Bundesrat gegeben
hat: Sozialhilfe empfangende Menschen in Heimen sollen
endlich eine Entschädigung für den Wegfall der Weih-
nachtsbeihilfe erhalten. Der Bundesrat schlägt dazu eine
Anhebung des Barbetrages für Sozialhilfe empfangende
Heimbewohner von 26 auf 28 Prozent des Eckregelsatzes
vor. Es wäre schön, wenn es dazu käme. Allerdings wer-
den von den Ländern Kompensationsforderungen ge-
stellt, die derart hoch sind, dass sie in keinem Verhältnis
zu der angebotenen Anhebung des Barbetrages um
2 Prozentpunkte stehen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605425600

Frau Kollegin, entschuldigen Sie, dass ich Sie unter-

breche. Sie sind zwar am Ende Ihrer Redezeit; aber Kol-

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(C (D egin Kipping möchte noch eine Zwischenfrage stellen. estatten Sie sie noch? Ich möchte jetzt gern zum Schluss kommen. Die angebotene Heraufsetzung des Barbetrages um Prozentpunkte würde die Länder etwa 30 Millionen uro kosten. Die als Gegenleistung verlangten Streihungsund Kürzungsforderungen würden den Ländern nd Kommunen hingegen eine Entlastung von rund 00 Millionen Euro bringen. Hier gibt es also eine deutiche Schieflage zulasten der Sozialhilfebezieher. Dies erden wir auf keinen Fall so mittragen. Die Länder be reiben hier ein falsches Spiel. Sie tun so, als wollten sie ie Lage der Sozialhilfebezieher in Heimen verbessern; n Wirklichkeit wollen sie bei ihnen sparen. Das werden ir nicht mitmachen. Dies ist heute die erste Lesung. Es wird eine Anhöung geben. Wir werden Zeit haben, uns auszutauschen. ch freue mich darauf. Als letzte Rednerin wünsche ich Ihnen einen schönen bend. Ganz so weit sind wir noch nicht. Die Kollegin ipping hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Ich möchte Ihnen hiermit nicht das Recht auf das etzte Wort streitig machen. Sie haben zu Recht eingeforert, dass gesagt wird, wie die Umsetzung entsprechener Vorschläge finanziert werden soll. Ich möchte nur arauf hinweisen, dass wir ein eigenes Steuerkonzept errbeitet haben, das darauf abzielt, die Finanzierung unseer Vorhaben, etwa die Anhebung des Regelsatzes auf 20 Euro, zu gewährleisten. Das Konzept sieht verschieene Einnahmen durch eine andere Einkommensteuer, ine andere Vermögensteuer und eine Börsenumsatzteuer vor, die für die Finanzierung so wichtiger Maßahmen wie der Erhöhung der Regelsätze notwendig ind. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Frau Kollegin, wollen Sie antworten? (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)


(Birgit Homburger [FDP]: Nein!)

Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1605425700

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605425800
Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605425900

(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605426000


Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1605426100

Ja.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605426200

Bitte sehr.






(A) (C)



(B) )



Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1605426300

Frau Kipping, wir werden über die Steuerpolitik spre-

chen. Die Unternehmensteuerreform liegt vor uns. In
diesem Zusammenhang werden wir über neue Formen
der Umverteilung sprechen. Hinsichtlich der Erbschaft-
und der Vermögensteuer sind wir im Moment nicht
handlungsfähig, da noch ein Urteil des Bundesverfas-
sungsgerichts aussteht. Wenn das Urteil gefallen ist,
werden wir darüber sprechen.

Frau Kipping, ich bin schon sehr erstaunt, für was al-
les Sie die Einnahmen aus einer Erbschaft- und Vermö-
gensteuer verbrauchen wollen.

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Diana
Golze, Dr. Barbara Höll, Karin Binder, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN

Kinderzuschlag sozial gerecht gestalten – Kin-
derarmut wirksam bekämpfen

(Zustimmung bei der CDU/CSU – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Dreifach und vierfach, Frau Kipping!)


Das ist wirklich enorm! So hoch können die Steuersätze
gar nicht sein, als dass das Geld für alles, wofür Sie es
einsetzen wollen, reichen könnte. Die Rechnung können
Sie uns an anderer Stelle einmal aufmachen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605426400

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 16/2711, 16/2751, 16/2750 und
16/2743 an die in der Tagesordnung aufgeführten Aus-
schüsse vorgeschlagen. Zu dem Gesetzentwurf der Bun-
desregierung auf Drucksache 16/2711 liegt inzwischen
die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellung-
nahme des Bundesrates auf Drucksache 16/2753 vor, die
an dieselben Ausschüsse wie der Gesetzentwurf über-
wiesen werden soll. Sind Sie damit einverstanden? – Ich
sehe, das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28 a und 28 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Thomas
Dörflinger, Thomas Bareiß, Antje Blumenthal,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU sowie der Abgeordneten Marlene
Rupprecht (Tuchenbach), Clemens Bollen,
Renate Gradistanac, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD

Öffentliche Verantwortung wahrnehmen –
Mit fairen Chancen Kinder stark machen

– Drucksache 16/2754 –

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(D – Drucksache 16/2077 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Finanzausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Die Kolleginnen und Kollegen Thomas Dörflinger, arlene Rupprecht, Diana Golze, Ina Lenke und Ekin eligöz haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.1)


raktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf Druck-
ache 16/2754 zu Tagesordnungspunkt 28 a zur feder-
ührenden Beratung an den Ausschuss für Familie, Se-
ioren, Frauen und Jugend und zur Mitberatung an den
echtsausschuss, den Ausschuss für Arbeit und Sozia-

es, den Ausschuss für Gesundheit, den Ausschuss für
erkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie an den Aus-
chuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
chätzung zu überweisen. Die Vorlage auf Druck-
ache 16/2077 zu Tagesordnungspunkt 28 b soll an die
n der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse überwie-
en werden. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist
icht der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-
chlossen.

Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, den 29. September 2006,
Uhr, ein.

Ich wünsche Ihnen allen einen wunderschönen
bend.

Die Sitzung ist geschlossen.