Protokoll:
15070

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 70

  • date_rangeDatum: 24. Oktober 2003

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:20 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/70 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002 und 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003 des Si- cherheitsrats der Vereinten Nationen (Drucksachen 15/1700, 15/1806, 15/1822) Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Raidel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderung des Sechsten Buches So- zialgesetzbuch und anderer Gesetze (Drucksache 15/1830) . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Dritten Gesetzes zur Än- derung des Sechsten Buches Sozial- gesetzbuch und anderer Gesetze (Drucksache 15/1831) . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von den Abgeord- neten Dr. Heinrich L. Kolb, Dirk Niebel, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beendi- gung der Frühverrentung (Drucksache 15/1810) . . . . . . . . . . . . . 5988 D 5989 A 5991 A 5993 B 5994 B 5996 A 5998 A 6007 B 6007 B 6007 C Deutscher B Stenografisch 70. Sitz Berlin, Freitag, den 2 I n h a l Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Zur Geschäftsordnung: Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . Dr. Uwe Küster SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung und Erweiterung der Beteiligung bewaffne- ter deutscher Streitkräfte an dem Ein- satz einer Internationalen Sicherheits- unterstützungstruppe in Afghanistan auf Grundlage der Resolutionen 1386 D D H B B N E Z 5987 A 5987 D 5988 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . Dr. Peter Gauweiler CDU/CSU . . . . . . . . 5999 A 5999 D undestag er Bericht ung 4. Oktober 2003 t : r. Ralf Brauksiepe CDU/CSU . . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . eidemarie Wieczorek-Zeul, undesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . ernd Schmidbauer CDU/CSU . . . . . . . . . . amentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . rgebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 5: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur 6001 B 6002 D 6003 D 6005 D 6007 A 6009 D d) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 Eckpunkte für die Weiterentwick- lung der Rentenreform des Jahres 2001 und zur Stabilisierung des Bei- tragssatzes in der gesetzlichen Ren- tenversicherung (Drucksache 15/1832) . . . . . . . . . . . . . Gudrun Schaich-Walch SPD . . . . . . . . . . . . . Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs CDU/CSU . . . . . . . . . Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . . . . Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . Gerald Weiß (Groß-Gerau) CDU/CSU . . . . . Birgitt Bender BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Europäische Ausländer-, Asyl- und Zuwanderungs- politik transparent machen (Drucksachen 15/655, 15/1776) . . . . . . . . Dr. Lale Akgün SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D U H T T T Z N 6007 C 6008 A 6012 B 6014 B 6016 A 6016 C 6017 B 6018 C 6021 A 6021 D 6023 C 6025 B 6026 B 6027 A 6029 B 6030 C 6031 A 6031 C 6033 D 6034 A 6036 A 6037 D 6038 B 6039 D r. Ole Schröder CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . te Vogt, Parl. Staatssekretärin BMI . . . . . . . artmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Entschädigungsgeset- zes und anderer Vorschriften (Ent- schädigungsrechtsänderungsgesetz – EntschRÄndG) (Drucksachen 15/1180, 15/1808, 15/1809) agesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen und zur Änderung anderer Vorschriften (Drucksache 15/1783) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: a) Antrag der Abgeordneten Erich G. Fritz, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Neustrukturierung der Außenwirtschaftsförderung als Bei- trag zur Schaffung von Wachstum und Beschäftigung (Drucksache 15/746) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Erich G. Fritz, Dagmar Wöhrl, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Doha-Verhandlungen nach dem Scheitern von Cancun kon- struktiv und zügig voranbringen (Drucksache 15/1567) . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Dirk Niebel, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Re- form der Arbeitsstättenverordnung muss zu einem echten Bürokratieabbau für Unternehmen in Deutschland führen (Drucksache 15/1699) . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6041 B 6042 B 6043 C 6046 A 6048 A 6048 B 6048 C 6048 D 6049 A 6049 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 III Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gerd Müller, Max Straubinger, Barbara Lanzinger, Doris Meyer (Tapfheim), Marion Seib, Albert Deß, Gerlinde Kaupa, Marlene Mortler, Klaus Hofbauer, Dr. Georg Nüßlein, Herbert Frankenhauser, Wolfgang Zöller, Josef Göppel, Franz Obermeier, Johannes Singhammer, Rudolf Kraus, Alexander Dobrindt, Matthias Sehling, Beatrix Philipp, Renate Blank, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Wilhelm Josef Sebastian, Andreas Scheuer, Hans Michelbach, Julia Klöckner, Peter Bleser, Franz Romer, Walter Link (Diepholz), Michaela Noll, Stephan Mayer (Altötting), Dr. Peter Jahr, Erika Steinbach und Henry Nitzsche (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem An- trag der Bundesregierung: Fortsetzung und Erweiterung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz ei- ner Internationalen Sicherheitsunterstüt- zungstruppe in Afghanistan auf Grund- lage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. No- vember 2002 und 1510 (2003) vom 13. September 2003 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesordnungs- punkt 12) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung und Er- weiterung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz ei- ner Internationalen Sicherheitsunterstüt- zungstruppe in Afghanistan auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. De- zember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002 und 1510 (2003) vom 13. September 2003 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 12) . . . . . . . . . . . . . . . . Ilse Aigner CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Barthle CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . K S H J J S F K A Z B E d o P A Z d ä S M D K D R D B A Z d d b a p K H M D D 6051 A 6051 B 6051 D 6052 A 6052 B 6052 C laus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . . . . . . . iegfried Helias CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . ubert Hüppe CDU/CSU; ens Spahn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . ürgen Koppelin FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Leutheusser-Schnarrenberger DP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . urt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung der eschlussempfehlung und des Berichts: uropäische Ausländer-, Asyl- und Zuwan- erungspolitik transparent machen (Tages- rdnungspunkt 13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Entschädigungsrechts- nderungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 14) tephan Hilsberg SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . anfred Kolbe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . r. Peter Jahr CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . erstin Andreae BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin MF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung er Ausbildung und Beschäftigung schwer- ehinderter Menschen und zur Änderung nderer Vorschriften (Tagesordnungs- unkt 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arl Hermann Haack (Extertal) SPD . . . . . . ubert Hüppe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . arkus Kurth BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aniel Bahr (Münster) FDP . . . . . . . . . . . . . 6053 A 6053 B 6053 C 6054 A 6054 D 6055 A 6055 C 6055 C 6056 A 6056 B 6057 A 6058 B 6059 A 6059 C 6060 A 6062 B 6062 B 6064 A 6065 C 6066 D IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Neustrukturierung der Außenwirt- schaftsförderung als Beitrag zur Schaf- fung von Wachstum und Beschäftigung – Doha-Verhandlungen nach dem Schei- tern von Cancun konstruktiv und zügig voranbringen (Tagesordnungspunkt 17 a und b) . . . . . . . . . Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Reform der Arbeitsstättenver- ordnung muss zu einem echten Bürokratie- abbau für Unternehmen in Deutschland führen (Zusatztagesordnungspunkt 4) . . . . . . Wolfgang Grotthaus SPD . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Dobrindt CDU/CSU . . . . . . . . . . Fritz Kuhn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6067 C 6067 D 6070 A 6073 A 6075 A 6076 A 6076 A 6076 D 6078 A 6078 D 6079 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 5987 (A) ) (B) ) 70. Sitz Berlin, Freitag, den 2 Beginn: 9.0
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    1) Anlage 7 2) Anlage 8 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6051 (A) ) (B) ) nungspunkt 12) (2002) vom 27. November 2002 und 1510 cherheitsrats der Vereinten Nationen (Tagesord- ber 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gerd Müller, Max Straubinger, Barbara Lanzinger, Doris Meyer (Tapfheim), Marion Seib, Albert Deß, Gerlinde Kaupa, Marlene Mortler, Klaus Hofbauer, Dr. Georg Nüßlein, Herbert Frankenhauser, Wolfgang Zöller, Josef Göppel, Franz Obermeier, Johannes Singhammer, Rudolf Kraus, Alexander Dobrindt, Matthias Sehling, Beatrix Philipp, Renate Blank, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Wilhelm Josef Sebastian, Andreas Scheuer, Hans Michelbach, Julia Klöckner, Peter Bleser, Franz Romer, Walter Link (Diepholz), Michaela Noll, Stephan Mayer (Altötting), Dr. Peter Jahr, Erika Steinbach und Henry Nitzsche (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung und Erweiterung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Inter- nationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Af- ghanistan auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002 und 1510 (2003) vom 13. September 2003 des Si- d E z m d e d g r m w c e d v i s d n n b s t z ö l r n A Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Bülow, Marco SPD 24.10.2003 Hagedorn, Bettina SPD 24.10.2003 Hartnagel, Anke SPD 24.10.2003 Lange (Backnang), Christian SPD 24.10.2003 Neumann (Bremen), Bernd CDU/CSU 24.10.2003 Sauer, Thomas SPD 24.10.2003 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 24.10.2003 Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 24.10.2003 Dr. von Weizsäcker, Ernst Ulrich SPD 24.10.2003 Willsch, Klaus-Peter CDU/CSU 24.10.2003 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht Wir stimmen der Fortführung des ISAF-Einsatzes eutscher Streitkräfte in Kabul zu. Der Erweiterung des insatzes um bis zu 450 weitere Soldaten in Kunduz und ur Absicherung von Wahlen in ganz Afghanistan stim- en wir nicht zu. Da die Bundesregierung mit dem Beschluss der UN en Einsatz in Kabul und die Ausweitung auf Kunduz in inem Antrag zusammengefasst hat, werden wir, obwohl ie Bedenken gegen die Ausweitung auf Kunduz und anz Afghanistan von der Bundesregierung nicht ausge- äumt wurden, dem Antrag der Bundesregierung zustim- en. Unseres Erachtens wurde das Einsatzziel der Bundes- ehr in Kunduz durch die Bundesregierung unzurei- hend begründet. Die von der Opposition im Rahmen iner Protokollnotiz durchgesetzte Erklärung der Bun- esregierung ist zu begrüßen, lässt aber eine Vielzahl on Fragen und Bedenken gegen diesen Einsatz weiter m Unklaren: Die Bundeswehr soll dort zivile Aufbauarbeit unter- tützen, obwohl dies zivile Organisationen (NGOs), die en Aufbau tätigen, ablehnen. Die internationale Staatengemeinschaft beteiligt sich ur mit Beobachtern am Einsatz. Unter moralischen Gesichtspunkten ist es nicht hin- ehmbar, dass die eingesetzten Soldaten dem Drogenan- au und -handel tatenlos zusehen müssen. Aufgrund der Bedenken aus Bundeswehrkreisen be- tehen erhebliche Zweifel an der Qualität der Ausstat- ung der Bundeswehr. Die Stärkung der Zentralregierung und die Durchset- ung ihrer Politik kann die Bundeswehr nicht gegen die rtlichen Machthaber gewährleisten. Die Finanzierung des Einsatzes in Höhe von 77 Mil- ionen Euro ist nicht gewährleistet. Ein abgestimmtes Gesamtkonzept der Bundesregie- ung zur Stabilisierung und zum Wiederaufbau in Afgha- istan zusammen mit UN, NATO und EU fehlt. nlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung und Erweiterung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunter- stützungstruppe in Afghanistan auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezem- 6052 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) (2003) vom 13. September 2003 des Sicher- heitsrats der Vereinten Nationen (Tagesord- nungspunkt 12) Ilse Aigner (CDU/CSU): Ich stimme der Fortführung des ISAF-Einsatzes deutscher Streitkräfte in Kabul zu. Der Erweiterung des Einsatzes um bis zu 450 weiteren Soldaten in Kunduz und zur Absicherung von Wahlen in ganz Afghanistan stimme ich nicht zu. Da die Bundesregierung mit dem Beschluss der UN den Einsatz in Kabul und die Ausweitung auf Kunduz in einem Antrag zusammengefasst hat, werde ich mich der Stimme enthalten. Meines Erachtens wurde das Einsatzziel der Bundes- wehr in Kunduz durch die Bundesregierung unzurei- chend begründet. Die von der Opposition im Rahmen einer Protokollnotiz durchgesetzte Erklärung der Bun- desregierung ist zu begrüßen, lässt aber eine Vielzahl von Fragen und Bedenken gegen diesen Einsatz weiter im Unklaren: Die Bundeswehr soll dort zivile Aufbauarbeit unter- stützen, obwohl dies zivile Organisationen (NGOs), die den Aufbau tätigen, ablehnen. Die internationale Staatengemeinschaft beteiligt sich nur mit Beobachtern am Einsatz. Unter moralischen Gesichtspunkten ist es nicht hin- nehmbar, dass die eingesetzten Soldaten dem Drogenan- bau und -handel tatenlos zusehen müssen. Aufgrund der Bedenken aus Bundeswehrkreisen be- stehen erhebliche Zweifel an der Qualität der Ausstat- tung der Bundeswehr. Die Stärkung der Zentralregierung und die Durchset- zung von deren Politik kann die Bundeswehr nicht gegen die örtlichen Machthaber gewährleisten. Die Finanzierung des Einsatzes in Höhe von 77 Mil- lionen Euro ist nicht gewährleistet. Ein abgestimmtes Gesamtkonzept zur Stabilisierung und zum Wiederaufbau in Afghanistan innerhalb der Bundesregierung zusammen mit der UN, NATO und EU fehlt. Norbert Barthle (CDU/CSU): Ich stimme der Fort- führung des ISAF-Einsatzes deutscher Streitkräfte in Kabul/Afghanistan zu. Der Erweiterung des Einsatzes um bis zu 450 weitere Soldaten in Kunduz und zur Absi- cherung von Wahlen in ganz Afghanistan stimme ich nicht zu. Da die Bundesregierung die Fortführung des Einsat- zes in Kabul und die Ausweitung auf Kunduz in einem Antrag zusammengefasst hat, werde ich, trotz weiterhin schwerer Bedenken hinsichtlich der Ausweitung auf Kunduz, dem Antrag der Bundesregierung zustimmen. Mit dieser erneuten Ausweitung eines Auslandsein- satzes gerät unsere Bundeswehr nicht nur an die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit, sondern überschreitet sie. Die m t S i l s B t K S i s 4 w B h A f s v s b u S l t v e k l d v 1 z s n l g A u A u E t f c f d d d b (C (D it dem Einsatz verbundenen Mehrkosten gehen zulas- en dringend notwendiger Beschaffungsvorhaben; die icherheit unserer Soldaten bei den Auslandseinsätzen st aufgrund des veralteten Materials kaum noch gewähr- eistet. Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Ich timme gegen die Fortsetzung und Erweiterung der eteiligung bewaffneter deutscher Soldaten in Afghanis- an. Ich halte das von der Bundesregierung vorgelegte onzept für fragwürdig, falsch und zu gefährlich für die oldaten unseres Landes. In einer Region, die größer als Hessen und Bayern ist, n der eine Bevölkerung von mehr als 3 Millionen Men- chen lebt, eine Befriedung mit vorerst 250, später 50 Soldaten erreichen zu wollen, ist nicht nur unglaub- ürdig, sondern fahrlässig. Kunduz ist und bleibt eine Risikoregion. Kriminelle anden treiben hier ihr Unwesen. „Drogenbarone“ be- errschen die Szene und in vielen Dörfern gibt es nach ussage von Ortskundigen noch aktive Taliban-Kämp- er. Lokale Machthaber führen dort Kleinkriege. Abge- ehen davon warnen die Repräsentanten der Bundeswehr or Minen und anderen Altlasten der Kriegszeit. Unter diesen Aspekten erhält dieser hochbrisante Ein- atz deutscher Soldaten mehr eine Alibifunktion gegenü- er Erwartungen der amerikanischen Regierung. Es kann nd darf nicht angehen, dass mit dem Blut deutscher oldaten diplomatische Fehlleistungen von Bundeskanz- er Gerhard Schröder und seinem Außenminister geglät- et werden. Noch im Frühsommer 2003 hat der Bundes- erteidigungsminister eine Ausweitung des Afghanistan- insatzes wegen zu hohen Risikos abgelehnt. Der radi- ale Kurswechsel innerhalb von drei Monaten ist ein Be- eg dafür, dass Fehlentscheidungen der Vergangenheit urch militärisches Handeln ersetzt werden. Allein in Afghanistans Hauptstadt Kabul sind in den ergangenen zwei Jahren laut Pressemeldungen mehr als 00 Soldaten der Verbündeten getötet und viele mehr um Teil schwer verletzt worden. Auch Soldaten aus un- erem Land gehören zu den beklagenswerten Opfern. Dabei ist Kabul bisher als teilweise befriedet bezeich- et worden. Bei dieser Sachlage jetzt nicht nur eine Ver- ängerung des Einsatzes zu fordern, wie die Bundesre- ierung sie betreibt, sondern darüber hinaus eine usweitung auf die Krisenregion Kunduz vorzunehmen nd gleichzeitig eine Option für das gesamte Land im ntrag zu verstecken, nimmt keine Rücksicht auf Leib nd Leben deutscher Soldaten. Hinzu kommt, dass ein nde der Afghanistanmission nicht abzusehen ist. Ver- reter der Bundesregierung hielten es in einer Anhörung ür nicht ausgeschlossen, dass wegen der unübersichtli- hen, verworrenen Lage in diesem Land auch noch in ünf Jahren dort deutsche Soldaten stationiert sein wer- en. Unser Nachbar Frankreich hat eine Mitwirkung am eutschen Konzept abgelehnt. Das sollte uns allen zu enken geben, trotz der anderen Haltung anderer Nach- arn. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6053 (A) ) (B) ) Statt sich immer mehr unwiderruflich in diesem Kri- sengebiet zu engagieren, ist die Bundesregierung aufge- fordert, ein allmähliches Ausstiegskonzept vorzulegen. Klaus-Jürgen Hedrich (CDU/CSU): Erstens. Die Bundesregierung hat noch vor Monaten erklärt, dass eine Ausweitung des ISAF-Mandats außerhalb von Ka- bul weder sachgerecht noch beabsichtigt sei. Es ist nicht erkennbar, dass sich die Verhältnisse in und um Afgha- nistan seitdem entscheidend verändert haben. Ich stelle deshalb fest, dass Aussagen der Bundesregierung – wie in anderen Politikbereichen auch – nur eine zeitlich äu- ßerst begrenzte Gültigkeit haben. Zweitens. Die Verknüpfung der Verlängerung des ISAF-Mandats in Kabul mit der Ausweitung auf Kunduz nimmt die Möglichkeit einer differenzierten Bewertung. Ich stelle deshalb fest, dass der Bundesregierung an einer Zustimmung kritischer Abgeordneter nicht gelegen ist. Drittens. Deutschland wird indirekt Dulder des Dro- genanbaus in der Region Kunduz. Die Zusicherung der Bundesregierung, dass die Drogenbekämpfung nicht im Mandat des Bundeswehreinsatzes enthalten ist, ist irre- führend. Während in vielen anderen Fällen (zum Bei- spiel Kolumbien) die staatlichen Stellen sich aktiv in der Bekämpfung des Drogen- und Waffenschmuggels ein- bringen, ist in der Region Kunduz das Gegenteil der Fall. Diejenigen, deren Macht deutsche Soldaten absichern sollen, sind diejenigen, die ihre finanziellen Ressourcen aus der Förderung des Drogenanbau und dem Waffen- handel gewinnen. Jede Bekämpfung dieses Krebsge- schwürs würde die Interessen der regionalen Warlords gefährden. Der Glaube, durch alternativen Anbau den Drogenanbau beseitigen zu können, ist nicht gerechtfer- tigt. Es gibt kein nachhaltiges Beispiel, wo ein solcher Mechanismus funktioniert hätte. Die Erfahrung lehrt – lei- der –, dass nur die unterschiedlichsten Formen von Re- pression Drogenanbau verhindern bzw. zumindest abmil- dern können. Mit meinen Argumenten konnte ich die Mehrheit der Kollegen in der CDU/CSU-Fraktion nicht überzeugen. Aus Respekt vor der anderen, mehrheitlichen Auffas- sung meiner Freunde in der Fraktion habe ich mich des- halb entschlossen, mein Stimmverhalten danach auszu- richten. Siegfried Helias (CDU/CSU): Ich stimme zwar der Fortführung des ISAF-Einsatzes deutscher Streitkräfte in Kabul zu. Die Erweiterung des Einsatzes um bis zu 450 weitere Soldaten in Kunduz und zur Absicherung von Wahlen in ganz Afghanistan lehne ich allerdings ab. Meines Erachtens wurde das Einsatzziel der Bundes- wehr in Kunduz durch die Bundesregierung unzurei- chend begründet. Die von der Opposition im Rahmen einer Protokoll-Notiz durchgesetzte Erklärung der Bun- desregierung ist zu begrüßen, lässt aber eine Vielzahl von Fragen und Bedenken gegen diesen Einsatz weiter im Unklaren: Die Bundeswehr soll die Aufbauarbeit der zivilen Organisationen (NGOs) unterstützen, obwohl Teile der N b n b z s s m E g z D g U S o s C d E z s d e d g r m w c e d a F U s d n n b w D S w (C (D GOs, die den Aufbau tätigen, dies wegen Bedenken ezüglich Ihrer eigenen Sicherheit ablehnen. Unter moralischen Gesichtspunkten ist es nicht hin- ehmbar, dass die eingesetzten Soldaten dem Drogenan- au und -handel tatenlos zusehen müssen. Die Ausstattung der Bundeswehr, insbesondere die um Einsatz zur Verfügung stehenden 20 Transporthub- chrauber, die bei Materialaustausch größtenteils mit Er- atzteilen stillgelegter Maschinen ausgestattet werden üssen, entsprechen nicht den Anforderungen dieses insatzes. Um einen effektiven Beitrag zur Sicherheit in der Re- ion Kunduz zu leisteten, ist das Bundeswehrkontingent u gering. Die Stärkung der Zentralregierung und die urchsetzung ihrer Politik kann die Bundeswehr nicht egen die örtlichen Machthaber gewährleisten. Es fehlt weiterhin ein von der Bundesregierung mit N, NATO und EU abgestimmtes Gesamtkonzept zur tabilisierung und zum Wiederaufbau in Afghanistan. Der vom afghanischen Innenminister abgesetzte regi- nale Sicherheitschef ist immer noch vor Ort und stützt ich dabei auf eigene Truppen. Hubert Hüppe (CDU/CSU); Jens Spahn (CDU/ SU): Ich stimme der Fortführung des ISAF-Einsatzes eutscher Streitkräfte in Kabul zu. Der Erweiterung des insatzes um bis zu 450 weitere Soldaten in Kunduz und ur Absicherung von Wahlen in ganz Afghanistan timme ich nicht zu. Da die Bundesregierung mit dem Beschluss der UN en Einsatz in Kabul und die Ausweitung auf Kunduz inem Antrag zusammengefasst hat, werde ich, obwohl ie Bedenken gegen die Ausweitung auf Kunduz und anz Afghanistan von der Bundesregierung nicht ausge- äumt wurden, dem Antrag der Bundesregierung zustim- en. Meines Erachtens wurde das Einsatzziel der Bundes- ehr in Kunduz durch die Bundesregierung unzurei- hend begründet. Die von der Opposition im Rahmen iner Protokollnotiz durchgesetzte Erklärung der Bun- esregierung ist zu begrüßen, ist aber nur politisch, nicht ber rechtlich bindend und lässt zudem eine Vielzahl von ragen und Bedenken gegen diesen Einsatz weiter im nklaren: Die Bundeswehr soll dort zivile Aufbauarbeit unter- tützen, obwohl dies zivile Organisationen (NGOs), die en Aufbau tätigen, ablehnen. Die internationale Staatengemeinschaft beteiligt sich ur mit Beobachtern am Einsatz. Unter moralischen Gesichtspunkten ist es nicht hin- ehmbar, dass die eingesetzten Soldaten dem Drogenan- au und -handel tatenlos zusehen müssen. Gleichzeitig ären sie für einen wirkungsvollen Kampf gegen das rogenregime weder ausgerüstet noch in ausreichender tärke vor Ort. Aufgrund der Bedenken aus Bundes- ehrkreisen bestehen erhebliche Zweifel an der Qualität 6054 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) der Ausstattung der Bundeswehr; diese Zweifel verstär- ken sich insbesondere mit Blick auf den für den Einsatz unbedingt in ausreichender Zahl erforderlichen Hub- schrauber CH-53 GS. Die Belastung der Soldaten ist teilweise unverant- wortlich hoch, weil sie zum Teil zum Beispiel aufgrund ihrer Spezialisierung nicht die vorgeschriebenen Stand- zeiten in Deutschland absolvieren können. Die Stärkung der Zentralregierung und die Durchset- zung von deren Politik kann die Bundeswehr nicht gegen die örtlichen Machthaber gewährleisten. Die Finanzierung des Einsatzes in Höhe von 77 Mil- lionen Euro ist nicht gewährleistet. Ein abgestimmtes Gesamtkonzept zur Stabilisierung und zum Wiederaufbau in Afghanistan innerhalb der Bundesregierung zusammen mit der UN, NATO und EU fehlt. Jürgen Koppelin (FDP): In Afghanistan ist die Situation auch zwei Jahre nach dem Sturz des Taliban- Regimes weiter geprägt durch Instabilität und Gewalt. Die Terrorstrukturen der Taliban und der al-Qaida sind längst nicht endgültig zerschlagen. Es gibt im Gegenteil beunruhigende Anzeichen für eine Wiederbelebung. Der Aufbau der Infrastruktur und der Wirtschaft des Landes schreitet nur langsam voran. Der Anbau und Vertrieb von Drogen nimmt wieder zu, afghanisches Opium schwemmt weiter auf den europäischen Markt. Der Ein- fluss der Zentralregierung reicht kaum über die Haupt- stadt hinaus, die Provinzen stehen unter Kontrolle unter- schiedlicher, zum Teil verfeindeter Warlords. Die Umsetzung des Petersberg-Prozesses und die für die po- litische Zukunft Afghanistans zentral wichtige Durch- führung von Wahlen im kommenden Sommer sind längst nicht gesichert. Die Überlegungen der Bundesregierung zur Fortset- zung und besonders die Erweiterung des Mandates in Afghanistan sind der Versuch, mit gesteigertem Engage- ment in Afghanistan das Wohlwollen der USA zu errei- chen und gleichzeitig an dem vor Beginn des Irakkrieges eingeschlagenen „deutschen Weg“ festzuhalten. Der Nutzen einer Entsendung eines deutschen „Provincial Reconstruction Teams“ (PRT) nach Kunduz ist von vornherein bestenfalls begrenzt. Vor Ort tätige deutsche und internationale Hilfsorganisationen haben Zweifel über eine Vermischung von zivilen und militärischen Komponenten in Aufbauteams geäußert. Das von der Bundesregierung im Alleingang vor- gestellte Konzept, über PRTs „Friedensinseln“ mit Vor- bildfunktion für Gesamt-Afghanistan zu schaffen, wirkt angesichts der Zersplitterung des Landes nicht überzeu- gend. Soll im Rahmen eines Gesamtkonzepts tatsächlich am PRT-Ansatz festgehalten werden, müssten Dutzende von internationalen PRTs auch in gefährliche, wirklich instabile Regionen entsandt werden. Die Bundesregie- rung hat es bislang versäumt, die dazu erforderliche eu- ropäische und internationale Abstimmung vorzunehmen. Das jetzt verfolgte punktuelle PRT-Konzept, bei dem der d c s F s n R v l u g s n n n l S l p ß j t a n s r A k s B p s n D s S l u S l g K E t n f p i W i m d d a E (C (D eutsche Einsatz zudem auf eine ohnehin „ungefährli- he“ Region beschrankt bleibt, ist für Afghanistan insge- amt nicht zielführend, sondern bleibt aktionistisches lickwerk. Eine tiefe Diskussion über Bundeswehr-Auslandsein- ätze als Instrument der deutschen Außenpolitik steht och aus. Wenn die Europäische Union und in ihrem ahmen Deutschland als größtes und zur Wahrnehmung on Führungsverantwortung verpflichtetes Mitglieds- and weltpolitisch eine wichtigere Rolle spielen wollen nd müssen, sind auch Streitkräfte dafür durchaus ein eeignetes, wenn auch zurückhaltend zu nutzendes In- trument. Hier sind durchaus Situationen denkbar, in de- en deutsche Sicherheitsinteressen im engeren Sinne icht berührt sind, aber außenpolitische Erwägungen ei- en Einsatz mit vertretbarem Risiko sinnvoll erscheinen assen. Allerdings gebietet die Verantwortung für unsere oldaten und deren Familien, dass die Bundeswehr nicht eichtfertig in gefährliche Einsätze geschickt wird, um olitische Konzeptionslosigkeit zu überdecken und au- enpolitisch Schönwetter zu machen Außerdem sollte ede Einsatzentscheidung an das Vorliegen eines eindeu- igen politischen Gesamtkonzeptes und eines „Wieder- usstiegs-Plans“ geknüpft werden. Ich lehne deshalb für Afghanistan unter den gegebe- en Umständen die geplante Entsendung eines deut- chen PRT nach Kunduz ab. Ich fordere die Bundes- egierung auf, von unkoordinierten Sonderaktionen bstand zu nehmen, die deutsche Afghanistan-Politik ünftig mit den europäischen Partnern abzustimmen und ich international vor einer möglichen Ausweitung des undeswehreinsatzes in Afghanistan um ein schlüssiges olitisches Gesamtkonzept für eine Stabilisierung Ge- amt-Afghanistans zu bemühen. Bei der Umsetzung ei- es derartigen Gesamtkonzeptes konnte und müsste eutschland dann Mitverantwortung übernehmen. Ein olches Konzept ist gegenwärtig aber weltweit nicht in icht. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): Ich ehne den Antrag der Bundesregierung auf Fortsetzung nd Erweiterung der Beteiligung bewaffneter deutscher treitkräfte in Afghanistan ab, da die im Antrag darge- egten Umstände des Einsatzes hinsichtlich des Einsatz- ebietes so unbestimmt sind, dass nicht nur der Raum unduz, sondern auch andere Regionen Afghanistans insatzgebiet werden könnten. Eine Aufgabe des erwei- erten ISAF-Einsatzes soll die Absicherung der Wahlen ach dem Petersberg-Prozess sein. Diese Wahlen sind ür Juni 2004 geplant. Nach der Einschätzung von Ex- erten wird ein Einsatz der Bundeswehr in Kunduz erst n einigen Monaten möglich sein. Die Absicherung der ahlen, besonders deren Vorbereitung, muss aber noch n diesem Jahr unbedingt begonnen werden. In dem Antrag ist nicht überzeugend dargelegt, dass it dem Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Rahmen es erweiterten ISAF-Mandates in Kunduz tatsächlich ie Sicherheitslage deutlich verbessert wird und die be- bsichtigten Ziele erreicht werden können. Es fehlt die inbindung in eine EU-Strategie und es fehlt an einem Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6055 (A) ) (B) ) klaren Konzept für die langfristige Sicherung der Stabili- tät und der inneren Sicherheit in ganz Afghanistan. Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Selbstverständ- lich stehe ich dazu, dass die Bundesrepublik Deutsch- land Verantwortung im internationalen Bereich gegebe- nenfalls auch durch militärische Präsenz wahrnehmen muss, wenn entsprechende Beschlüsse und Anforderun- gen der Vereinten Nationen bzw. der NATO vorliegen. Auch kenne ich die hohe Leistungsbereitschaft und -fä- higkeit unserer Soldaten der Bundeswehr, die einen her- vorragenden Dienst und dadurch mit einen Beitrag für ein friedliches Miteinander der Völker leisten. Wenn ich die in dem Antrag der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 15/1700) vorgesehene Auswei- tung des Afghanistaneinsatzes über Kabul hinaus auf die Region Kunduz nicht mittragen kann, dann liegt das daran, dass ich aus Verantwortung für unsere Soldaten diese Einsatzausweitung als nicht vertretbar ansehe, was ich nachfolgend begründe. Erstens: Die weit über das vertretbare Maß hinausge- henden Kürzungen im Verteidigungshaushalt sollten durch Erklärung der Bundesregierung gestoppt und durch eine „Verstetigung“ des Haushaltsvolumens bis 2006 bei 24,4 Milliarden Euro festgeschrieben werden. Bereits im Haushaltsentwurf 2004 sind nur noch 24,25 Milliarden Euro vorgesehen, dazu noch eine Ver- ringerung bei den Einnahmen von 94 Millionen Euro, sodass ein echter Rückgang von 244 Millionen Euro ge- geben ist, was in etwa den jährlichen Gesamtkosten des bisherigen, auf Kabul beschränkten Afghanistan-Einsat- zes entspricht. Zudem hat die Bundesregierung für die für den Kunduzeinsatz zusätzlich erforderlichen 77 Millionen Euro keinen Finanzierungsvorschlag vor- gelegt und somit muss diese Ausgabe voraussichtlich wieder allein aus dem Einzelplan 14 erbracht werden. Auch ist zu erwarten, dass die für 2004 vorgesehene glo- bale Minderausgabe von 1 Milliarde Euro („Renten-Mil- liarde“) wesentlich vom Verteidigungshaushalt zu er- bringen sein wird (zwischen 150 und 250 Millionen Euro) sodass sich die Verteidigungsausgaben im Jahre 2004 auf knapp 24 Milliarden Euro belaufen dürften. Dies lässt befürchten, dass die erforderliche Ausrüstung für die zugesagten Auslandseinsätze nicht mehr in aus- reichender Zahl und Qualität gewährleistet werden kann. Zweitens. Namhafte Nichtregierungsorganisationen (zum Beispiel Gesellschaft für bedrohte Völker, Caritas International, Care Deutschland, Ärzte ohne Grenzen, Deutsches Rotes Kreuz) bezeichnen eine Präsenz deut- scher Soldaten in der Region Kunduz als unnötig und ra- ten dringend davon ab. Drittens. Für mich ist es höchst zweifelhaft, ob der Einsatz von bis zu 450 deutschen Soldaten in der Region Kunduz, einem Gebiet, das flächenmäßig größer ist als Bayern und Hessen zusammen, politisch und militärisch sinnvoll ist. Es besteht meines Erachtens sogar die Ge- fahr, dass es zu einer Stabilisierung des dortigen Rausch- giftanbaus und -handels kommt, da unsere Soldaten nicht zur Drogenbekämpfung eingesetzt werden können und dürfen. s l v m t e e z c d d S d s R A l r C i g e m m i D s t d S g W m e D d F h s m r i Z (C (D Viertens. Die Bundesregierung hat es bislang ver- äumt, ein schlüssiges politisches Konzept auf Grund- age des Petersberg-Prozesses zu entwickeln. Vor der orgesehenen Ausweitung des militärischen Engage- ents in Afghanistan wäre eine Folgekonferenz zu Pe- ersberg wünschenswert, auf der das weitere Vorgehen ntwickelt werden müsste. Es kommt auch darauf an, auf iner derartigen Folgekonferenz die politische Zielset- ung für Afghanistan insgesamt zu bewerten. Da ich grundsätzlich Auslandseinsätze bei entspre- hender klarer, politischer Begründung und bei Vorhan- ensein und Gewährleistung der bei dem Auftrag erfor- erlichen Ausbildung, Ausrüstung und Stärke unserer oldaten für notwendig ansehe (was ich im Falle Kun- uz verneine), nehme ich das in § 31 Abs. 2 der Ge- chäftsordnung des Deutschen Bundestages begründete echt wahr, an dieser Abstimmung nicht teilzunehmen. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Europäische Ausländer-, Asyl- und Zuwanderungspolitik transparent machen (Ta- gesordnungspunkt 13) Petra Pau (fraktionslos): Erstens. Es geht um Flücht- ingsschutz, es geht um „Menschen in Not“, es geht da- um, Leben zu retten. Ich sage das am Anfang, denn die DU/CSU muss man gelegentlich daran erinnern, wie hr Antrag und die Rede des Abgeordneten Grindel zei- en. Zweitens. Die PDS im Bundestag tritt seit Jahren für inen umfassenden Schutz für Menschen in Not ein. Da- it stimmen wir mit vielen gesellschaftlichen Gruppen, it Kirchen, Menschenrechtsorganisationen und Bürger- nitiativen überein. Drittens. Die aktuelle Debatte hat eine europäische imension. Deshalb verweise ich darauf, was europäi- che NGOs, zum Beispiel Amnesty International, Cari- as Europa, Pax Christi und andere, der rot-grünen Bun- esregierung attestieren. Deutschland stehe als letzter taat in der Europäischen Union einer vernünftigen Eini- ung auf Mindeststandards für den Flüchtlingsschutz im ege. Ein bürgerrechtliches Lob, werte Grüne, ist das itnichten – im Gegenteil. Viertens. Dabei geht es um ganz konkrete Fragen mit benso leibhaftigen Menschen. Die Bundesrepublik eutschland gehört noch immer zu den wenigen Län- ern, die Opfer nichtstaatlicher Verfolgung nicht als lüchtlinge anerkennen. Einen sachlichen Grund gibt es ierfür nicht. Die Betroffenen haben schlimmste Men- chenrechtsverletzungen erlebt. Und sie müssen Schlim- es befürchten, wenn sie in ihre Herkunftsstaaten zu- ückmüssen. Fünftens. Am 2. Juli gab es eine Expertenanhörung m Innenausschuss. Der Verwaltungsrichter Dr. Göbel- immermann hat das Problem auf den Punkt gebracht. 6056 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) Ich zitiere: „Es wäre zu begrüßen, wenn die Harmonisie- rung des Asyl- und Ausländerrechts als Initialzündung zur Entrümpelung des deutschen Rechts führen würde.“ Sechsens. Genau dafür hat die PDS im Bundestag während der langen Debatte um ein neues Einwande- rungsgesetz gekämpft. Rot-Grün hingegen hat um Zu- spruch bei der CDU/CSU gebuhlt, allen voran Innen- minister Schily. Siebtens. Übrigens: Es muss nicht a priori schlecht sein, wenn man als EU-Bremse bezeichnet wird. Sofern es um die Militär-Ambitionen der EU geht, hätte ich überhaupt nichts dagegen, wenn Deutschland auf der Bremse stände. Dort aber sind sie Motor. Geht es aber um Menschen in Not, dann sind sie Abweichler von in- ternationalen, ja selbst von Menschenrechtsnormen der UNO. Achtens. Nun noch mal zum CDU/CSU-Antrag. Ich staune immer wieder, wie sie auf Kirchentagen fromme Reden reden und zurück im Bundestag das Gegenteil be- antragen. Dieser Tage haben in Berlin namhafte Künstler eine Versteigerung durchgeführt. Sie fand in einer Kir- che statt und sie galt Menschen in Not. Beide, die Künst- ler und die Kreuzberger Kirchengemeinde, sind europäi- scher als ihre ganze Fraktion – humaner obendrein. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Entschädi- gungsrechtsänderungsgesetzes (Tagesordnungs- punkt 14) Stephan Hilsberg (SPD): Das heute von uns zu be- schließende Gesetz reicht tief in die Vermögensausei- nandersetzungen im Zusammenhang mit Enteignungen und Entschädigungen der beiden deutschen Diktaturen, der NS-Diktatur und der kommunistischen Herrschaft, auf dem Boden der jetzigen neuen Bundesländer inklu- sive Ostberlin, also Ostdeutschlands. Die Weichenstellung für diese Fragen erfolgte unmit- telbar mit der Deutschen Einheit. Nur weniges war so umstritten wie diese Vermögensregelung. Wir Sozialde- mokraten sagen mit Recht, die damalige Vorrangent- scheidung „Rückgabe vor Entschädigung“ hat neben der Verweigerung der Entschuldung der ostdeutschen Kom- munen und landwirtschaftlichen Betriebe maßgeblich zu der heutigen wirtschaftlichen Misere in Ostdeutschland beigetragen. Wenn man dort heute noch manche Schrott- immobilie antrifft, so hat dies nicht selten mit immer noch ungelösten Restitutions-, also Rückgabeansprüchen zu tun. Fakt aber ist, dass dieses Entschädigungs- und Rück- gaberecht vor allem zur Vermögensbildung ganzer Heer- scharen von Rechtsanwälten beigetragen hat. Und der Bevölkerung hat es millionenfachen Ärger und große, nicht selten existenzielle Sorgen bereitet. Heute, 13 Jahre nach diesen Grundsatzentscheidun- gen, kann festgestellt werden, dass vielen Sorgen der O k c i E F A w d s g B E n h g t d n e z d l j n e s s B d h w a b w n D G n n s k V e J n a 6 d s g S (C (D stdeutschen auch Rechnung getragen wurde. Vieles onnte zu ihren Gunsten gelöst werden. Die falsche Wei- henstellung von damals heute zu korrigieren ist jedoch n keiner Weise zu leisten. Was wir heute mit dem ntschädigungsrechtsänderungsgesetz machen, ist eine einjustierung. Viele der Verfahren sind abgearbeitet. Häufig ist ein barbeitungsstand von weit über 90 Prozent erreicht orden. Das gilt allerdings nicht für die Enteignungen er NS-Zeit. Hier haben wir nur einen Abarbeitungs- tand von etwas über 60 Prozent. Da muss noch drin- ende Abhilfe geschaffen werden. Dies ist auch der Hauptgrund für unser Gesetz. Der und wird in Zukunft die gesamten Verfahren der NS- nteignungen in seinem Bundesamt zur Regelung offe- er Vermögensfragen zentral abwickeln. Das Parlament at dafür gesorgt, dass es hier eine vernünftige Über- angszeit gibt. Die schleppende Bearbeitung der Verfahren ist uner- räglich und nur zum Teil durch die Materie selbst be- ingt. Die Landesämter sind personell unterbesetzt, was icht akzeptabel ist. Deshalb konnte der Bund hier nur ines tun, nämlich die NS-Verfahren an sich ziehen. Der Ausschuss hat sich sehr gründlich mit vielen Ein- elfragen dieses Gesetzes beschäftigt. Insbesondere für ie SPD-Fraktion kann ich hier sagen, dass wir alle An- iegen der Betroffenen sehr sorgfältig geprüft haben und ede unserer Entscheidungen hier gut rechtfertigen kön- en. Dies hat zu einer Reihe von Veränderungen geführt: Eine Übergangsfrist, wie bereits angesprochen, wurde ingeführt. Die Kommunen brauchen ihren Hauszins- teuerabgeltungsbetrag nicht zu entrichten; die ausländi- chen Vermögensansprüche an enteigneten ostdeutschen etrieben können in Zukunft in einer praktikablen Form en deutschen Vermögensansprüchen gleichgestellt be- andelt werden. Wir haben nicht jedem Anliegen entsprochen – nicht, eil wir zu hartherzig waren, sondern weil zum Teil uch manche Sorgen sich bei genauem Hinsehen als un- egründet erwiesen haben. So stellt das Gesetz beispiels- eise die Komplettierungskäufe im Sachenrechtsberei- igungsgesetz – Sie erinnern sich, der Hausbesitzer zu DR-Zeiten besaß häufig nicht den dazugehörigen rund und Boden –, notariell beurkundete, aber noch icht im Grundbuch eingetragene Besitzansprüche, nicht achträglich infrage. Hier wird kein Ostdeutscher zu- ätzlich zur Kasse gebeten. Diese und andere Sorgen onnten wir entkräften. Wir haben im Konsens des Ausschusses eine wichtige erzinsungsregelung verlängert. Wer heute noch nicht ntschädigt ist, wessen Verzinsungsansprüche ab dem ahr 2004 6 Prozent betragen und dessen Verfahren auch ach dem Jahr 2007 noch nicht beendet ist, der wird uch nach 2007 weiterhin mit einer Verzinsung von Prozent rechnen können. Das ist eine Aufforderung an ie Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen, jetzt chnell und zügig alle Verfahren zum Abschluss zu brin- en. Das entsprechende Bundesamt wird hier sicherlich chrittmacherdienste leisten. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6057 (A) ) (B) ) Nebenbei: Bei dieser Regelung hat meine Fraktion im Interesse des Konsenses, also einer parteiübergreifenden Zustimmung, Konzessionen gemacht, nicht nur zur Freude der Bundesregierung, die uns aber immer mit Rat und Tat und viel Sachverstand zur Seite gestanden hat, sondern auch im Interesse der Sache. Ich glaube, nun liegt das Gesetz in einer Form vor, in der ihm alle zustimmen können. Manfred Kolbe (CDU/CSU): Unser aller Erwartung aus dem Jahre 1994, dass die Durchführung des damals verabschiedeten Entschädigungs- und Ausgleichsleis- tungesetzes circa zehn Jahre in Anspruch nehmen dürfte, hat sich nicht erfüllt. Heute steht fest: Die vermögens- rechtlichen Hinterlassenschaften der beiden deutschen Dikaturen und der Besatzungszeit des vorigen Jahrhun- derts wird uns auch die nächsten Jahre noch beschäfti- gen. Bei näherem Hinsehen ist dies auch nicht erstaunlich. Allein in Sachsen wurde rund eine halbe Million An- träge auf Rückgabe von Vermögenswerten gestellt, die Mehrzahl bei den kommunalen Ämtern. Beim Landes- amt zur Regelung offener Vermögensfragen wurden rund 100 000 Fälle eingereicht, von denen rund 76 000 abgearbeitet sind. Allerdings waren dies die einfacheren Verfahren, die überwiegend mit Rückübertragung abge- schlossen werden konnten. Inzwischen machen die Ent- schädigungsfälle die meiste Arbeit, da hier hart gerungen wird, weil die Betroffenen die gesetzlichen Entschädi- gungen für viel zu gering halten. Besonders kompliziert sind Fälle, wo Grundbesitz oder Unternehmen sowohl von den Nationalsozialisten als auch von den Kommu- nisten enteignet oder auf sonstige Weise entzogen wur- den. Manche Fälle bieten einen vollständigen Streifzug durch die leidvolle deutsche Geschichte des 20. Jahrhun- derts. Eine weitere Komplikation hat der Gesetzgeber selbst eingebaut, nämlich die so genannte Würdigkeitsprüfung. Wer dem nationalsozialistischen oder kommunistischen System erheblich Vorschub geleistet hat oder gegen Grundsätze der Menschlichkeit verstoßen hat, verliert damit alle Ansprüche auf Entschädigung. Dies setzt oft umfangreiche Recherchen voraus, oftmals in unseren eu- ropäischen Nachbarländern. Der unbefriedigende Stand der Abarbeitung muss deshalb nur auf den ersten Blick erstaunen. Zum Ver- gleich sei darauf hingewiesen, dass der vergleichbare Lastenausgleich in Westdeutschland bis heute nicht voll- ständig abgearbeitet ist. Die Bundesregierung hat deshalb einen Gesetzent- wurf zur Änderung und Ergänzung des – Entschädi- gungsgesetzes und anderer Vorschriften – Entschädi- gungsrechtsänderungsgesetz – vorgelegt, der durch Änderungen in der Verwaltungsorganisation und in den Verwaltungsverfahren sowie durch Klarstellung der Ge- setzestexte die Durchführung des EALG bis spätestens zum Jahre 2010 abschließen möchte. Darüber hinaus sollen mit dem Gesetzentwurf ein verwaltungsrechtli- ches Verfahren für die Erfüllung bisher nicht festgesetz- t n b l V u a m w G s s w e D z e b g m w d z S a s d b s V z a g m e 2 E B g N A t b d w E f w 2 m t g d e l Z (C (D er oder ausgezahlter DDR-Entschädigungen – so ge- annte stecken gebliebene Entschädigungen –, die eschleunigte Abwicklung einiger Altforderungen im andwirtschaftlichen Bereich, die Beschleunigung der erfahren über die Auskehr von Veräußerungserlösen nd die Zusammenfassung der verbleibenden Bundes- ufgaben des Kriegsfolgenrechts und des Wiedergut- achungsrechts bei einer zentralen Behörde geregelt erden. Dieser sicherlich in die richtige Richtung zielende esetzesentwurf erwies sich jedoch nach näherer Durch- icht als stark verbesserungswürdig. Insbesondere perrte sich meine Fraktion gegen ein bloßes „Durch- inken“ dieses Entwurfs im Parlament und beantragte ine Expertenanhörung sowie eine gründliche Beratung. iese Anhörung fand am 8. Oktober statt und erbrachte ahlreiche Anregungen, die dann in Änderungsanträge inflossen. Für diese aktive Unterstützung des Gesetzge- ers möchte ich mich bei allen Beteiligten der Anhörung anz herzlich bedanken. Kritisch angemerkt werden uss lediglich, dass die ebenfalls geladene Bodenver- ertungs- und verwaltungs-GmbH – BVVG –, die von iesen Regelungen in hohem Ausmaß betroffen ist, nicht ur Anhörung erschien. Die daraufhin angesprochene taatssekretärin im Finanzministerium hat dies dann uch noch gerechtfertigt, was ich hiermit in Überein- timmung mit allen anderen Fraktionen im Hinblick auf ie Auskunfts- und Kontrollrechte des Parlaments miss- illigen möchte. Die wichtigsten Änderungen des Regierungsentwurfs eien kurz dargestellt: Der Zuständigkeitswechsel bei Verfahren von NS- erfolgten von den Landesämtern auf das Bundesamt ur Regelung offener Vermögensfragen wird dadurch bgemildert, dass auf Veranlassung der bislang zuständi- en Behörde das Bundesamt zur Regelung offener Ver- ögensfragen dies ersuchen kann, in seiner Vertretung in Verwaltungsverfahren auch nach dem 31. Dezember 003 abschließend zu bearbeiten, wenn die beabsichtigte ntscheidung bis zum 30. Juni 2004 den am Verfahren eteiligten mitgeteilt werden kann. Diese Übergangsre- elung ermöglicht es den Landesämtern, Verfahren von S-Verfolgten noch zu Ende zu führen, die kurz vor dem bschluss stehen. Die ansonsten notwendige Einarbei- ung eines neuen Sachbearbeiters kann dadurch unter- leiben. Besonders intensiv wurde die Frage der Verzinsung er Entschädigungsleistungen diskutiert. Der Gesetzent- urf sah vor, nach dem 31. Dezember 2003 festgesetzte ntschädigungsansprüche durch Geldleistungen zu er- üllen. Diese sollten nach dem Wortlaut des Gesetzent- urfs nach dem 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 007 mit jährlich 6 Prozent und ab dem 1. Januar 2008 it jährlich 4 Prozent verzinst werden. Hiergegen wehr- en sich die Betroffenen heftig, da ihnen die Zinsermäßi- ung auf 4 Prozent wie eine Belohnung des Staates für ie zögerliche Abarbeitung der Entschädigungsanträge rscheinen musste. Diesem Argument haben sich erfreu- icherweise alle Fraktionen nicht verschlossen und die insermäßigung auf 4 Prozent aus dem Gesetzentwurf 6058 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) gestrichen. Alle Entschädigungsansprüche werden jetzt ab 1. Januar 2004 mit jährlich 6 Prozent verzinst. Über die haushaltsmäßigen Auswirkungen lässt sich meines Erachtens heute noch keinerlei Aussage treffen, da nie- mand den Abarbeitungsstand im Jahre 2008 und später prophezeien kann. Der so genannte „Hauszinssteuerabgeltungsbetrag“ wird nicht mehr in die Bemessungsgrundlage für den Abführungsbetrag der Dienstkörperschaften und sonsti- gen Träger öffentlicher Verwaltung an den Entschädi- gungsfonds einbezogen. Dies führt zu einer deutlichen Verwaltungsvereinfachung, da die bereits festgesetzten Abführungsbeträge daraufhin nicht mehr überprüft wer- den müssen, sowie zu Einsparungen bei ostdeutschen Kommunen und Grundstückseigentümern. Ein weiterer Änderungsantrag hat ein Anliegen der ostdeutschen Wohnungswirtschaft berücksichtigt. Viel- fach werden heute aufgrund der Abwanderung und des Bevölkerungsrückgangs Wohnungen nicht mehr genutzt von denen man dies vor zehn Jahren noch annahm. Auch die Gesetzesbegründung stellt jetzt klar, dass die dama- lige Prognoseentscheidung nicht allein deshalb zu bean- standen ist, weil später aufgrund geänderter Umstände ein Abriss erfolgte. Schließlich begrüßen alle Fraktionen ganz besonders, dass mit dem so genannten DDR-Entschädigungserfül- lungsgesetz eine Regelung der „stecken gebliebenen Entschädigungen“ erfolgte. Dies sind die Fälle, wo be- reits aufgrund von DDR-Bestimmungen Entschädigun- gen zugesprochen wurden, diese dann aber nicht berech- net oder ausgezahlt wurden. Die Betroffenen warten hier bereits seit Jahren auf eine Regelung, die auch vom Peti- tionsausschuss des Deutschen Bundestages bereits ange- mahnt wurde. Aber auch hier mussten weitere Lücken geschlossen werden, wie etwa bei den freigestellten aus- ländischen Anteilen. Abschließend hoffe ich, dass wir Regelungen verab- schieden, die die Bearbeitung der noch ausstehenden Entschädigungsfälle tatsächlich beschleunigen, denn die Opfer verdienen eine raschere Abarbeitung. Offen sind noch zwei Probleme aus dem landwirtschaftlichen Be- reich, die mein Fraktionskollege Peter Jahr ansprechen wird. Ansonsten möchte ich hier noch meine beiden Fraktionskollegen Günter Nooke und Andrea Voßhoff erwähnen, die sich beim Entschädigungsänderungsge- setz besonders engagiert haben. Alle Fraktionen haben hier engagiert nach einer Lösung im Interesse der Be- troffenen gesucht und deshalb verabschieden wir das heutige Entschädigungsrechtsänderunggesetz einstim- mig. Dr. Peter Jahr (CDU/CSU): Insgesamt gesehen wa- ren die Ausschussberatungen, in denen auch die Ergeb- nisse der Anhörung verarbeitet wurden, durchaus erfolg- reich. Trotzdem sind quasi im Mainstream der positiven Veränderungen aus meiner Sicht zwei Teilprobleme ver- gessen worden. Dies ist umso ärgerlicher, als es hier einerseits um finanziell geringe Beträge geht; anderer- s U l t n s z n w l W d K n w t v a t h o a n d g m V t Z § S g l s s s s I s d t i g D m z s E s w t w z (C (D eits sind hier zumindest bei den landwirtschaftlichen raltschulden ausschließlich Bürger der neuen Bundes- änder betroffen. Aus diesem Grund muss ich die frak- ionsübergreifende Harmonie etwas stören. Worum geht es? Problem Nummer eins: Im Kommu- ismus gab es immer das Prinzip „Zuckerbrot und Peit- che“. Deshalb wurden die Klein- und Mittelbauern wangsweise in die landwirtschaftlichen Produktionsge- ossenschaften (LPG) gepresst. Auf der anderen Seite urden die Schulden bzw. Kredite dieser mittelbäuer- ichen Betriebe vom Staat übernommen. Aber merk dir: enn dir ein Kommunist was schenkt, dann schenkt er ir das nie richtig und vor allem steht dann immer im leingedruckten, wie er dir das Geschenkte wieder weg- ehmen kann. Das heißt: Die Entschuldungsmaßnahmen urden nur so lange aufrecht erhalten, wie der Eigen- ümer Mitglied der LPG blieb. Allerdings hat die Staats- erwaltung zu DDR-Zeiten diesen Sachverhalt zwar sehr ufmerksam registriert, aber seltenst die Kredite einge- rieben. So waren praktisch am Tag der deutschen Ein- eit 12 000 Zahlfälle in einem Wertumfang von 15 Milli- nen Euro von der sozialistischen Verwaltung sauber ufgeschrieben und registriert. Und es war schon ein we- ig makaber, dass nun die Bundesrepublik Deutschland as Geld nun eintrieb, das die Kommunisten quasi „ver- essen“ hatten einzutreiben. Für mich war es schon sehr erkwürdig, wie widerspruchslos die bundesdeutsche erwaltung kommunistische Rechtsphilosophie prak- isch umsetzte. Und das sehr erfolgreich! In kürzester eit wurden nahezu alle der 12 000 Zahlfälle realisiert. Der Bundestag war es aber auch, der 1991 mit dem 50 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes ein kleines toppzeichen setzte und festgelegt hat, dass für diejeni- en Kreditinhaber, die nach der Wende wieder einen andwirtschaftlichen Betrieb eingerichtet haben, der Ent- chuldungstatbestand erhalten bleibt. Gegenwärtig sind noch 113 Fälle mit einer Gesamt- umme von 197 000 Euro erfasst. Die Bundesregierung will nun den § 50 des Landwirt- chaftsanpassungsgesetzes streichen und diese Uralt- chulden in Höhe von 197 000 Euro wieder eintreiben. ch halte das einfach für instinktlos, unüberlegt und für chlicht und ergreifend unanständig. Ich wünsche mir, ass man Wiedereinrichtern landwirtschaftlicher Be- riebe diese Uraltschulden endlich streicht. Diesmal für mmer! Ein zweites Probleme: Auch in der DDR gab es, man laubt es kaum, ein so genanntes Entschädigungsgesetz. ie Entschädigungssummen waren extrem niedrig und anchmal kam es vor, dass die Summen nicht ausge- ahlt wurden. Dies galt insbesondere auch für ausländi- che Beteiligung an Unternehmen. Es ist richtig, dass sich der Gesetzgeber durch diesen ntwurf zu der nachträglichen Auszahlung dieser Ent- chädigung bekennt. Unverständlich bleibt mir jedoch, arum dieser Entschädigungsanspruch ab In-Kraft-Tre- en des Gesetzes mit nur 4 Prozent jährlich verzinst wird, ährend alle anderen Ansprüche im Gesetz mit 6 Pro- ent verzinst werden. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6059 (A) ) (B) ) Aus den genanten Gründen halte ich den Gesetzent- wurf noch für verbesserungswürdig und hoffe hier auf positive Veränderungen in der sich anschließenden Dis- kussion im Bundesrat. Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Von unserem Land ist Unrecht und Ungerechtigkeit aus- gegangen – Unrecht, das man nie wieder gutmachen kann, vor allem zwischen 1933 und 1945; Ungerechtig- keit aber auch in den Jahren nach 1945, in der Behand- lung NS-Geschädigter. Und hier kann man, in Grenzen, versuchen, wiedergutzumachen, zu helfen, hier und da Not zu lindern. Das ist unsere Verpflichtung und Auf- gabe. Der vorliegende Gesetzentwurf will vor allem eines: Anhängige Verfahren sollen beschleunigt werden. Das ist auch richtig so: Denn je länger wir mit der Ab- wicklung warten, desto mehr Anspruchsberechtigte ster- ben. Das ist wirklich beschämend. Im Bereich der Rück- gabe sind 95 bis 98 Prozent der Fälle erledigt. Bei den Entschädigungen sind es aber noch unter 50 Prozent, in absoluten Zahlen: Circa 40 000 Fälle sind noch offen. Können wir nun mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ein schnelleres Verfahren schaffen? Ja, wir können, mit Änderungen in der Verwaltungsorganisation und im Ver- waltungsverfahren. Die Zielsetzung ist klar: Wir wollen zügige Verfahrensabschlüsse erreichen, um den Betrof- fenen schnell Entschädigungsleistungen zukommen zu lassen. Im Laufe der letzten Monate ist nun aber eines moniert worden: Besteht nicht die Gefahr, dass es eben durch die Zusammenlegung der Verwaltungsorganisa- tion insgesamt zu längeren Verfahren kommt, zum Bei- spiel weil sich neue Sachbearbeiterinnen oder Sachbear- beiter in Verfahren einarbeiten müssen, die einen jahrelangen Vorlauf haben, und sie diesen Vorlauf erst neu für sich erfassen müssen? Diese Frage haben wir sehr ernst genommen. Im par- lamentarischen Verfahren ist dies lange diskutiert. Nun ist eine wesentliche Änderung in den Gesetzentwurf auf- genommen worden: Mit dem Entschädigungsrechtsän- derungsgesetz soll die Zuständigkeit für die Abwicklung von NS-Verfolgten von den bisher zuständigen Länder- behörden auf die Bundesebene übergehen. Dies kann tat- sächlich in Fällen, die noch nicht abgeschlossen, aber schon weit fortgeschritten sind, zu Verzögerungen füh- ren, also das Gegenteil dessen bewirken, was eigentlich angestrebt wird: Beschleunigung der Verfahren. Deshalb haben sich die Koalitionsfraktionen dazu ent- schlossen, für diese Fälle einen besonderen Weg bzw. eine Übergangsregelung zu öffnen: Diese Übergangs- regelung ermöglicht es den Ämtern und Landesämtern, zur Regelung offener Vermögensfragen solche Verfahren der NS-Verfolgten noch zu Ende zu führen, die kurz vor dem Abschluss stehen. Zur Höhe der Zinszahlungen: Ziel der Änderungen im Entschädigungsrecht ist aber nicht nur der zügigere Verfahrensabschluss, sondern auch die zinsmäßige Gleichstellung aller Anspruchsberechtigten. Der Bund übernimmt von den Ländern die Fälle der rassisch und politisch Verfolgten des NS-Regimes mit dem Ziel schnellerer Bearbeitung. Ansprüche, die zu DDR-Zeiten n b s v s R s m s t m s l d r V d g r A v g g z f h w s d s A w d s s E b k d K n r r s d b l ä h u r u g h d (C (D icht erfüllt bzw. verschleppt wurden, generieren auch ei dieser Gruppe nun Verzugszinsen. Der Finanzaus- chuss im Deutschen Bundestag hat für einen Zinssatz on generell 6 Prozent ab dem Jahr 2004 für alle An- prüche votiert. Damit ist einer dringenden Bitte aus der Anhörung echnung getragen worden. Eine gemeinsame Be- chlussfindung zwischen Koalition und Opposition war öglich. Dies begrüßen wir außerordentlich, da sich un- erer Ansicht nach dieses sensible Thema nicht für Par- eitaktik eignet. Aus dem Selbstverständnis des Parla- entes heraus ist hier eine einvernehmliche Lösung innvoll. Befürchtungen bezüglich einer hohen Mehrbe- astung des Bundeshaushaltes konnten ausgeräumt wer- en. Die Zielsetzung ist ja gerade ein schnellerer Verfah- ensabschluss. Wir gehen davon aus, dass die einzelnen erfahren nun zügig abgeschlossen werden können und amit keine Zinszahlungen bis weit über 2008 hinaus enerieren. Fazit. Unser Ziel bleibt weiterhin der zügige Verfah- ensabschluss sowie die zinsmäßige Gleichstellung der nspruchsberechtigten. Diesem Ziel sind wir mit dem orliegenden Gesetzentwurf einen großen Schritt näher ekommen. Die Frage nach Entschädigungen für began- enes Unrecht verdient seriöse und über die Parteigren- en hinweg einvernehmlich getragene Lösungen. Inso- ern bin ich dankbar, dass wir hier über die Parteigrenzen inweg zu einer Einigung kommen konnten. Rainer Funke (FDP): Der vorliegende Gesetzent- urf findet im Ergebnis unsere Zustimmung. Bei die- em Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Entschä- igungsgesetzes und anderer Vorschriften handelt es ich um ein so genanntes Omnibus-Gesetz oder auch rtikel-Gesetz, in dem verschiedene Gesetze geändert erden, um sie in der Praxis besser umzusetzen bzw. eren Umsetzung zu beschleunigen. Viele dieser Ge- etze wurden bald nach der Wiedervereinigung verab- chiedet. Wie es bei der komplizierten Regelung von ntschädigungsregeln nicht anders zu erwarten war, ha- en sich im Laufe der Zeit verfahrensmäßige Schwierig- eiten herausgestellt. Diese werden mit dem vorliegen- en Gesetzentwurf beseitigt. Hinzu kommen einige larstellungen der Gesetzestexte. Darüber hinaus kann unmehr damit gerechnet werden, dass die Durchfüh- ung des EALG bis zum Jahre 2010 abschließend ge- echnet werden kann. Solche kleineren Reparaturgesetze ind überhaupt nicht besorgniserregend und kein Anlass, ie bisherige Gesetzesarbeit zu kritisieren, wenn man edenkt, dass solche Entschädigungs und Ausgleichs- eistungen und die Durchführung der Abwicklung ußerst kompliziert sind, da unterschiedlichste Sachver- alte zu regeln sind. In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass nsere Lastenausgleichsregelungen in der alten Bundes- epublik Deutschland ebenfalls vielerlei Änderungen nd Ergänzungen erfahren haben. Allein das Lastenaus- leichsgesetz ist über 30-mal novelliert worden und auch eute noch habe ich die Ehre, beim Kontrollausschuss es Bundesausgleichsamtes als Mitglied zu wirken – 6060 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) immerhin 58 Jahre nach Beendigung des Zweiten Welt- krieges. Insoweit erscheinen mir die heute vorliegenden Änderungen geradezu marginal. Wir werden demgemäß diesem Gesetz zustimmen, zumal im Laufe der Beratungen für die Entschädigungs- berechtigten, insbesondere bei der Festlegung des Zins- fußes in Höhe von 6 Prozent, weitere Verbesserungen durchgesetzt werden konnten. Ich darf insoweit der Bun- desregierung für die Aufbesserung danken, weil auf- grund dieser Nachbesserung dieses Gesetz eine breite Mehrheit im Deutschen Bundestag findet. Abschließend lassen Sie mich die Hoffnung ausspre- chen, dass bis zum Jahre 2010 die anhängigen Entschä- digungsverfahren ihren Abschluss gefunden haben wer- den und wenigstens insoweit eine gewisse Befriedung innerhalb unserer Rechtsordnung gefunden werden kann. Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen: Die Regelung der offenen Vermögensfragen gehört nach wie vor zu den schwie- rigsten Aufgaben, die mit der deutschen Wiedervereini- gung verbunden sind. Ziel war und ist die Beseitigung von Unrecht aus der Vergangenheit und die Wiederher- stellung einer demokratischen und rechtstaatlichen Ei- gentumsordnung. Die rechtliche Grundlage hierfür ist vor allem das Vermögensgesetz, das die Voraussetzun- gen für die Rückgabe von Vermögenswerten festlegt und dabei einen gerechten Interessensausgleich zwischen al- len Betroffenen anstrebt. Dass bei der Aufarbeitung der Hinterlassenschaften der DDR nicht allen Hoffnungen und Wünschen Rech- nung getragen werden konnte, ist angesichts der ver- schiedenen Rechtsentwicklung in den beiden Teilen Deutschlands letztlich unvermeidlich, wenn nicht neues Unrecht geschaffen werden soll. Ohne das Vermögens- gesetz wären die Chancen auf eine Überwindung der Teilung Deutschlands jedoch gering gewesen. In den letzten Jahren sind große Fortschritte bei der Abarbeitung der noch offenen Verfahren erzielt worden. Die Entscheidungen über die Rückgabe von Vermögens- werten sind zu über 90 Prozent getroffen worden. Damit hat das Vermögensgesetz einen wesentlichen Beitrag zur rechtlichen und wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern geleistet. Es darf aber auch nicht verschwiegen werden, dass im Bereich der Entschädi- gungen der Bearbeitungsfortschritt weit hinter den Er- wartungen des Gesetzgebers aus dem Jahr 1994 zurück- geblieben ist. Das damals –1994 – nach intensiven und ausführlichen parlamentarischen Beratungen erlassene Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz, das ein Bündel von Einzelgesetzen für die verschiedenen Grup- pen der Geschädigten enthält, stellte einen wichtigen Schlussstein bei der Regelung der offenen Vermögens- fragen dar. Es enthält vor allem Entschädigungsregelun- gen zugunsten der Betroffenen, deren Vermögenswerte nicht zurückgegeben werden konnten. Der Gesetzgeber rechnete 1994 damit, dass bis zum Ende des Jahres 2003 die Entschädigungsansprüche im Wesentlichen erfüllt s n s b s S n A m r g i w d a E z l z d u S d R d e d I m b n g d d v g s v h d v g li S f g V n g tr m s b s s e (C (D ein würden. Heute ist offensichtlich, dass dieses Ziel icht erreicht werden wird. Die Gründe für die verzögerte Durchführung der Ent- chädigungsgesetze sind vielfältig. Vor allem muss erücksichtigt werden, dass die Aufarbeitung des ge- chehenen Unrechts mit zahlreichen praktischen chwierigkeiten verbunden ist, da von den in erster Li- ie zuständigen Landesbehörden häufig mit großem ufwand bereits lange zurückliegende Sachverhalte er- ittelt werden müssen. Dies war auch bei der Durchfüh- ung der anderen Gesetzeswerke im Bereich der Wieder- utmachung und der Bewältigung von Kriegsfolgen mmer wieder festzustellen. Der damit verbundene Auf- and ist unvermeidbar, da es zur historischen Aufgabe er Bundesrepublik gehört, sich mit ihrer Vergangenheit useinander zu setzen. Verfolgt man das Ziel einer Wiedergutmachung im inzelfall, ist es – wie auch in der öffentlichen Anhörung um Gesetzentwurf sehr deutlich wurde – unumgäng- ich, dass die rechtlichen Bestimmungen sehr differen- iert und komplex sein müssen, um den vielen Facetten er persönlichen Schicksale gerecht zu werden. Lücken nd Widersprüche im Regelungswerk werden bei aller orgfalt häufig erst in der Konfrontation mit der Praxis eutlich. Dies beruht nicht zuletzt auch darauf, dass die echtswirklichkeit von SBZ und DDR in vielen Fällen urchaus nicht den dort offiziell geltenden Vorschriften ntsprach, sondern viele Elemente der Willkür enthielt, ie erst nach und nach erkannt werden. Das stufenweise n-Kraft-Treten von Bestimmungen zu den offenen Ver- ögensfragen und die immer wieder notwendige Nach- esserung und Änderung einzelner Vorschriften haben icht zur Beschleunigung der Verfahren beigetragen. Ein Grund für die im Hinblick auf die Zielvorstellun- en des Gesetzgebers schleppende Bearbeitung ist aller- ings auch, dass die Länder, die für die Durchführung er Gesetze im Bereich der offenen Vermögensfragen erantwortlich sind, ihr Personal seit Jahren massiv ab- ebaut haben. Von den zu Beginn der 90er-Jahre einge- etzten etwa 5 000 Beschäftigten sind – nach Aussagen on Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung – eute nur noch rund 1 000 übrig. Bereits seit Jahren wird iese Entwicklung von der Bundesregierung mit Sorge erfolgt. An deutlichen Worten gegenüber den Landesre- ierungen hat es nicht gefehlt, ohne dass dies zu wesent- chen Verbesserungen geführt hat. Nach realistischen chätzungen der mit der Durchführung der Gesetze be- assten Behörden würde die Beibehaltung des derzeiti- en Bearbeitungstempos dazu führen, dass die offenen ermögensfragen selbst im Bereich der Verwaltung icht vor dem Jahr 2020 erledigt werden können. Ich laube, wir sind uns darin einig, dass dies weder den Be- offenen noch den beteiligten Verwaltungsträgern zuzu- uten ist. Bund und Länder haben sich daher heute darüber ver- tändigt, dass die noch offenen Fälle im Wesentlichen is zum Ende des Jahres 2010 abgearbeitet werden müs- en. Hierzu soll das Entschädigungsrechtsänderungsge- etz einen wesentlichen Beitrag leisten. Dabei setzt es in inem historisch und politisch besonders wichtigen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6061 (A) ) (B) ) Bereich an: Zu den offenen Vermögensfragen gehört als besondere Aufgabe auch die Feststellung und Erfüllung von Ansprüchen der NS-Verfolgten. Die Bundesrepublik Deutschland musste nach 1990 auch die von der DDR versäumte Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts nachholen. Opfer der nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen haben in aller Regel ihre im Beitrittsgebiet gelegenen Vermögenswerte nach 1945 nicht zurückerhalten können. Diese Möglichkeit hat ih- nen die Bundesrepublik Deutschland erst im Vermögens- gesetz eingeräumt (§ 1 Abs. 6 Vermögensgesetz). Auch bei diesen Verfahren, die Zwangsverkäufe und Enteig- nungen aus dem Zeitraum von 1933 bis 1945 zum Ge- genstand haben, liegt die Erledigungsquote leider weit hinter den Erwartungen des Gesetzgebers zurück. Dies fällt schon deshalb besonders schwer ins Gewicht, weil das geschehene Unrecht vielfach mehr als 60 Jahre zu- rückliegt und die Betroffenen seither auf eine Wieder- gutmachung warten müssen. Das Entschädigungsrechtsänderungsgesetz setzt da- her ganz gezielt in diesem Bereich an, um eine nachhal- tige Beschleunigung der Verfahren zu erreichen. Zu die- sem Zweck konzentriert das Gesetz alle die NS- Verfolgten betreffenden Verfahren auf das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen. Die Feststellung der Berechtigung und die Entscheidung über die Rück- gabe, die bisher in die Verantwortung der Bundesländer fiel, sowie die Entscheidung über die Höhe einer Ent- schädigung bei Ausschluss der Rückgabe, die bisher in den Händen der Oberfinanzdirektion Berlin lag, sollen dabei zu einem einheitlichen Verfahren beim Bundesamt zusammengefasst werden. Die zentrale Erledigung die- ser Verfahren durch den Bund wird zugleich durch eine erhebliche Aufstockung des Personals unterstützt, sodass mit der Erledigung dieser Aufgabe in Zukunft mehr Per- sonal befasst sein wird, als das bisher in den Bundeslän- dern der Fall war. Dabei kann auf schon vorhandenes Personal zurückgegriffen werden, das im Bereich der Bundesvermögensverwaltung zur Verfügung steht und seit Mitte des Jahres intensiv auf die neue Aufgabe vor- bereitet wird. Ein weiterer Effekt dieser Umgestaltung der Verwaltungsorganisation ist, dass die Bundesländer durch den Wegfall der bisherigen Aufgaben im Bereich der NS-Verfolgten frei gewordenes Personal in den an- deren Bereich der offenen Vermögensfragen zusätzlich einsetzen können. Dies wird also auch dort zu einer Be- schleunigung der Abarbeitung von Entschädigungsfällen führen. Neben dieser Kernregelung zur Förderung der Abar- beitung der offenen Vermögensfragen enthält das Gesetz weitere Vorschriften, die zur Entlastung der Verwaltung führten sollen. Hiervon ist vor allem die Beschränkung des Wiederaufgreifens von bestandskräftig abgeschlos- senen Verfahren, die einen Ausschluss der Rückgabe von Vermögenswerten zum Gegenstand haben, von Be- deutung. Die Ausschlussgründe hängen im Wesentlichen mit öffentlichen Interessen am Beibehalten der am Ende der DDR bestehenden Eigentumsverhältnisse zusam- men. Insbesondere betroffen hiervon ist neben der un- mittelbaren öffentlichen Nutzung der so genannte kom- plexe Wohnungsbau. Würde nun jede Änderung in der N s E z d g ä d s e s i d g S N s d W s n d 2 c v s G E r d g s g w s D 2 i E b s t f R n s d n a t s l P m g (C (D utzung ein mögliches Wiederaufgreifen bereits ent- chiedener Verfahren und damit eine mögliche weitere ntscheidung über die Eigentumsverhältnisse nach sich iehen, könnte auf die sozialen und wirtschaftlichen Än- erungen in den neuen Bundesländern nicht mehr unein- eschränkt reagiert werden. Das Entschädigungsrechts- nderungsgesetz schafft hier eine Rechtssicherheit, auf ie insbesondere die Kommunen und Wohnungsbauge- ellschaften angewiesen sind, die von der Bevölkerungs- ntwicklung in einzelnen Regionen massiv betroffen ind. Aufgrund der verzögerten Erledigung der Verfahren st auch Regelungsbedarf bei der Erfüllung von Entschä- igungsansprüchen entstanden. Festgestellte Entschädi- ungsansprüche wurden bisher durch die Ausgabe von chuldverschreibungen des Entschädigungsfonds erfüllt. ach den Vorstellungen des Gesetzgebers von 1994 ollte die Feststellung der Entschädigungsansprüche und amit auch die Zuteilung von Schuldverschreibungen im esentlichen bis zum Ende des Jahres 2003 abgeschlos- en sein. Dieses Ziel kann aus den genannten Gründen icht mehr erreicht werden. Die Erfüllung von Entschä- igungsansprüchen muss daher für den Zeitraum ab 004 neu geregelt werden. Zur Verwaltungsvereinfa- hung soll dabei das System der Ausgabe von Schuld- erschreibungen nicht fortgeführt werden. Stattdessen ollen die Entschädigungsleistungen auf unmittelbare eldzahlungen umgestellt werden. Auch die Bestimmungen über die Verzinsung von ntschädigungsleistungen müssen dem erweiterten Zeit- ahmen angepasst werden. Die Geldleistungen werden abei den Schuldverschreibungen, für die – je nach Til- ungszeitpunkt – eine Verzinsung bis Ende 2007 vorge- ehen ist, gleichgestellt. Sowohl für die Ansprüche nach dem Entschädigungs- esetz als auch für die Ansprüche der NS-Verfolgten ird es daher vom 1. Januar 2004 an bis zu ihrer Be- cheidung eine Verzinsung von 6 Prozent im Jahr geben. iese Höhe der Verzinsung wird auch über das Jahr 007 hinaus beibehalten werden. Ein weiteres wichtiges Anliegen des Gesetzentwurfs st die Regelung der so genannten steckengebliebenen ntschädigungen. Damit wird eine der letzten Lücken ei der Aufarbeitung der offenen Vermögensfragen ge- chlossen. Hintergrund für diese Regelung ist, dass es im Bei- rittsgebiet zwar teilweise Entschädigungsbestimmungen ür Enteignungsfälle gab, die Entschädigungen in der echtswirklichkeit von SBZ und DDR jedoch entweder icht festgestellt oder nicht ausgezahlt wurden. Ver- chärft wurde diese Situation durch die Rechtsprechung es Bundesverwaltungsgerichts, das den Tatbestand ei- er entschädigungslosen Enteignung immer schon dann usschließt, wenn in der SBZ oder der DDR eine theore- ische Entschädigungsmöglichkeit bestand. Die Vor- chriften des Vermögensgesetzes können in diesen Fäl- en folglich keine Anwendung finden. Auch der etitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat sich it derartigen Fällen bereits befasst und fordert seit lan- em eine Lösung dieses Problemkreises. 6062 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) Mit dem im Rahmen des Entschädigungsrechtsän- derungsgesetzes vorgelegten Entwurf eines DDR-Ent- schädigungserfüllungsgesetzes soll hier nun Abhilfe ge- schaffen werden. Angeknüpft wird dabei an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der Betroffe- nen in Einzelfällen einen zivilrechtlichen Entschädi- gungsanspruch gegen den heutigen Rechtsträger zuge- standen hat. Auf dieser Grundlage soll eine Regelung eingeführt werden, die dem Betroffenen innerhalb eines Verwaltungsverfahrens den Anspruch auf eine pauscha- lierte Entschädigung gewährt. Dieses Verfahren ist auch auf Zustimmung des Bundesrates gestoßen, der bislang eine Regelung der steckengebliebenen Entschädigungen nur dann befürwortete, wenn hierfür ausschließlich der Bund – Erblastentilgungsfonds – haften würde. Es ist insofern zu hoffen, dass auch dieser Bereich der offenen Vermögensfragen nun einen angemessen Abschluss findet. Weitere Regelungen des Entschädigungsrechtsände- rungsgesetzes dienen der Vereinfachung und Bereini- gung von Rechtsvorschriften sowohl im Bereich des Kriegsfolgenrechts als auch des noch bestehenden Son- derrechts im Beitrittsgebiet und tragen insofern auch zur Entlastung der Verwaltung von aufwendigen oder über- flüssigen gesetzlichen Bestimmungen bei. Insgesamt soll das Entschädigungsrechtsänderungs- gesetz der Lösung offener Vermögensfragen neue Im- pulse verleihen. Mit dem In-Kraft-Treten dieses Geset- zes wird die realistische Möglichkeit eröffnet, die offenen Vermögensfragen bis zum Ende des Jahres 2010 weitgehend abzuschließen und damit einen wesentlichen Beitrag zur Vollendung der inneren Einheit Deutsch- lands zu leisten. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen und zur Ände- rung anderer Vorschriften (Tagesordnungs- punkt 16) Karl Hermann Haack (Extertal) (SPD): Die Konti- nuität in der politischen Konzeptionierung und die Zu- sammenarbeit mit den behinderten Menschen und ihren Organisationen gehören zu den wichtigen Grundsätzen der Behindertenpolitik der Bundesregierung. Durch das Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosig- keit Schwerbehinderter vom Oktober 2000, durch das Sozialgesetzbuch IX, Rehabilitation und Teilhabe behin- derter Menschen, aus dem Juli 2001 sowie die Kampagne „50 000 Jobs für Schwerbehinderte“ konnte trotz schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen die Beschäf- tigungssituation von schwerbehinderten Menschen seit 1999 verbessert werden. In die Reihe sozialpolitischer und rechtlicher Innovation gehört auch das Gleichstel- lungsgesetz für behinderte Menschen vom Mai 2002. Nun, im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinde- r t d M E s L g i p s A a G b d m M d 1 B n 1 u s i d g b s r g l g B f w d 3 e s d s r w u d c m u g d s r ü (C (D ungen 2003 setzen die Bundesregierung und die Koali- ionsfraktionen mit dem Gesetzentwurf zur Förderung er Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter enschen ihre 1998 begonnene umfassende Politik zur ingliederung und selbstbestimmten Teilhabe von Men- chen mit Behinderungen in einem wichtigen Feld des ebensalltags der Betroffenen auf dem Fundament der enannten Grundsätze fort. Die Einbringung dieses Gesetzentwurfes steht somit n der Kontinuitätslinie einer erfolgreichen Behinderten- olitik. Es ist auch Bestandteil dieser Politik, dass sie ich einer immerwährenden Überprüfung der Praxis der nwendung und der Frage nach ihrer Passgenauigkeit ngesichts gesellschaftlicher Entwicklungen stellt. Diese esetzentwicklung ist somit als eine lernende Gesetzge- ung zu bezeichnen. Bevor ich darauf und auf einige wesentliche Inhalte es Entwurfes zu sprechen komme, möchte ich noch ein- al die Fakten der Beschäftigungssituation behinderten enschen in Erinnerung rufen: Im Oktober 1999 hatte ie Zahl der arbeitslosen Schwerbehinderten fast 90 000 erreicht. In gemeinsamer Anstrengung auf der asis der von der Bundesregierung eingeleiteten Maß- ahmen gelang es, diese Zahl bis Oktober 2002 auf etwa 44 000 zu senken. Die schwierige wirtschaftliche Lage nd – ich will dies hier nicht verschweigen – ein gewis- es Nachlassen der Bemühungen der Arbeitsverwaltung m Winterhalbjahr 2002/2003 führten zu einem Anstieg er Arbeitslosigkeit auch bei behinderten Menschen. Ge- enwärtig stehen wir bei 167 561 arbeitslosen Schwer- ehinderten. Im Trend und im Ergebnis ist dies ein bes- eres Resultat als auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Darauf bauen wir auf. Das heißt für die Bundesregie- ung – im Sinne der Kontinuität –, die Rahmenbedingun- en, die mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Arbeits- osigkeit Schwerbehinderter für die Arbeitgeber eschaffen wurden, nicht zu verändern. Konkret: Die eschäftigungspflichtquote von 5 Prozent und die Staf- elung der Ausgleichsabgabe werden beibehalten. Dies ird mit der Erwartung verbunden, dass die Arbeitgeber ie mit dem Anstieg der Beschäftigungsquote von ,7 Prozent im Jahre 2000 auf 3,8 Prozent im Jahre 2001 rkennbaren Bemühungen um die Beschäftigung chwerbehinderter Menschen steigern. Ziel ist es, dass ie Beschäftigungspflichtquote von 5 Prozent auch tat- ächlich erreicht und die zusätzliche Beschäftigung von und 200 000 schwerbehinderten Menschen gesichert ird. Jedoch sind zusätzliche Anstrengungen notwendig, m die Chancen von Menschen mit Behinderungen auf em Arbeitsmarkt weiter zu verbessern. Die erfolgrei- hen Instrumente, die schwerbehinderten Menschen ehr und bessere Chancen in Ausbildung, Vermittlung nd Beschäftigung geben, werden nun ausgebaut und er- änzt. Mit dem Gesetzentwurf streben wir unter anderem ie folgenden Ziele an: Die Verbesserung der Ausbildungssituation von chwerbehinderten Jugendlichen. Die Ausbildungsbe- eitschaft der Betriebe wird gefördert; betriebliche und berbetriebliche Ausbildung werden besser miteinander Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6063 (A) ) (B) ) verzahnt. Das Gesetz schafft hier Anreize für die Arbeit- geber; auf der anderen Seite erwarte ich, dass Industrie und Handwerk ihr Versprechen einlösen, verstärkt in die Ausbildung behinderter Jugendlicher zu investieren. Die Verbesserung der Vermittlung durch die Stärkung der Handlungsfähigkeit der Institutionen vor Ort. Die Aufgaben von Integrationsämtern und Integrationsfach- diensten werden so zugeschnitten, dass sie passgenaue Vermittlungs- und Unterstützungsleistungen sowohl für die schwerbehinderten Menschen wie auch für die Ar- beitgeber erbringen können. Ab dem Januar 2005 wird die Strukturverantwortung für die Integrationsfach- dienste von der Bundesanstalt für Arbeit auf die Integra- tionsämter übertragen. Bei den Integrationsfachdiensten sollen alle begleitenden Fachdienste, beispielsweise die psychosozialen Fachdienste, konzentriert werden. Die Dienstleistungskompetenz von Integrationsämtern und Servicestellen wird verknüpft und gestärkt. Sie muss nun aber auch in Anspruch genommen werden! Hierhin ge- hört auch, dass im Hinblick auf die besondere Problem- lage seelisch behinderter Menschen vorgesehen wird, dass die Inanspruchnahme, die Zusammenarbeit und die Vergütung der Tätigkeit der Integrationsfachdienste durch die Rehabilitationsträger in einer gemeinsamen Empfehlung geregelt wird. Hieran wird die Bundesar- beitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfür- sorgestellen beteiligt. Die Verbesserung und Sicherung der Beschäftigung durch Prävention im Betrieb. Das Instrument der betrieb- lichen Integrationsvereinbarung soll stärker mit Leben erfüllt werden und auch Maßnahmen zur Prävention durch ein betriebliches Eingliederungsmanagement um- fassen. Zur Überwindung von Beschäftigungshindernis- sen sind die notwendigen Maßnahmen durch alle Betei- ligten innerhalb und außerhalb des Betriebes zu koordinieren. Durchsetzung geltenden Rechts. Um bei der Teilhabe behinderter Menschen Erfolge erzielen zu können, muss das geltende Recht in der Praxis auch angewandt und umgesetzt werden. Dass hier – nicht nur in der beruf- lichen Eingliederung – Defizite bestehen, hat die eintä- gige Anhörung zum SGB IX gezeigt, die die Koalitions- arbeitsgruppe „Menschen mit Behinderungen“ vergangene Woche durchgeführt hat. So kommen die Rehabilitationsträger ihrer Verpflichtung, gemeinsame Empfehlungen zu vereinbaren, bisher nur unzureichend nach. Dies gilt auch für eine gemeinsame Empfehlung zur frühzeitigen Erkennung des Rehabilitationsbedarfs, in die Fragen zur Einbindung von Haus- und Fachärzten einschließlich der Betriebs- und Werksärzte sowie der Informationsaustausch mit behinderten Beschäftigten, Arbeitgebern und den Interessenvertretungen der Be- schäftigten in Betrieben gehören. Ich unterstütze nach- drücklich, dass das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung die Rehabilitationsträger förmlich aufgefordert hat, entsprechende Entwürfe bis Ende des Jahres 2003 vorzulegen, um gegebenenfalls die notwen- digen Regelungen in Rechtsverordnungen treffen zu können. r G w E d r d f m u z U d g s l e m n w u g t d T G s h d s z z E Ü n g s t z g F k l d z T a R A d b d d d t (C (D Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Be- ufsleben ist und bleibt eine Aufgabe, für die durch das esetz ein verbesserter Rahmen geschaffen werden ird, der aber auf die Mithilfe vieler angewiesen ist. Das rgebnis der Kampagne 50 000 Jobs für Schwerbehin- erte hat gezeigt, dass dies gelingen kann. Das Ministerium für Gesundheit und Soziale Siche- ung hat sich in der Vorbereitung des Gesetzentwurfes, er in einem beispielhaft offenen Prozess entstand, er- olgreich um Mitarbeit bei allen Interessengruppen be- üht. Es liegt nun bei den Beteiligten, den Arbeitgebern nd Gewerkschaften, den Integrationsämtern und nicht uletzt der Bundesanstalt für Arbeit, jetzt auch für die msetzung dieses Gesetzes ihren Beitrag zu leisten und ie Berufschancen von Menschen mit Behinderungen emeinsam fortzuentwickeln. Positive Entscheidungen für Ausbildung und Be- chäftigung schwerbehinderter Menschen sollen stabi- isiert, initiiert und ausgeweitet werden. Dies kann nur rfolgreich sein bei verstärktem koordinierten Zusam- enwirken von Bundesregierung, Ländern, Organisatio- en der Sozialpartner und der behinderten Menschen so- ie Behörden auf Bundes- und Landesebene – nterstützt auch durch Verbände von Rehabilitationsträ- ern, Zusammenschlüssen betrieblicher Interessenver- retungen und privaten Initiativen. Auch ich als Behin- ertenbeauftragter der Bundesregierung sehe mich als eil dieses Netzwerkes und werde zu dessen Wirken und elingen beitragen. Mit der Fortentwicklung der beschäftigungspoliti- chen Instrumente für Menschen mit Behinderungen andelt die Koalition auf drei Ebenen: Wir stehen mit ieser Politik in dem Gesamtzusammenhang der An- trengungen der Bundesregierung, Arbeitsmarkt und so- iale Sicherungssysteme zu reformieren und als effi- iente und erfolgreiche Dienstleistungen für den inzelnen zu gestalten. Zweitens handeln wir in der berzeugung, dass es bei der Teilhabe am Arbeitsleben icht nur um Einkommen, sondern auch um ein grundle- endes humanes und soziales Bedürfnis geht, das Men- chen mit und ohne Behinderungen ohne Unterschied eilen. Schließlich wird unsere Politik von der Über- eugung getragen, dass die Instrumente der Beschäfti- ungsförderung und Vermittlung von Arbeitsplätzen den okus auf die Entwicklung und Anwendung der Fähig- eiten und Kompetenzen der behinderten Menschen zu egen haben. Mein Anliegen und das Bestreben der Bun- esregierung ist es auch, mit den Beteiligten die Fortset- ung der bisherigen äußerst erfolgreichen Initiative zur eilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben uf der Grundlage der weiterentwickelten gesetzlichen ahmenbedingungen zu vereinbaren. Damit können die nstrengungen aller Beteiligten erneut gebündelt wer- en und die Ausbildungs- und Beschäftigungssituation ehinderter, insbesondere schwerbehinderter Menschen auerhaft verbessert werden. In den Ausschüssen werden wir über die eine oder an- ere Frage, den einen oder anderen Paragraphen noch zu iskutieren haben. Ich würde es als Behindertenbeauf- ragter der Bundesregierung sehr begrüßen, wenn wir 6064 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) dies – in der Tradition der Beratungen zum SGB IX und zum Gleichstellungsgesetz – mit dem Ziel und dem Er- gebnis einer breiten Zustimmung für diese Maßnahmen zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen tun könnten. Hubert Hüppe (CDU/CSU): Wer die Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Men- schen liest, kann den Eindruck gewinnen, dass es bei der beruflichen Integration Schwerbehinderter kaum noch Probleme gebe. Ähnlich kann es einem ergehen, wenn man den Bericht der Bundesregierung nach § 160 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch liest. Von großen Er- folgen wird berichtet, und diese Erfolge seien auf das „Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbe- hinderter“ zurückzuführen. Geradezu gebetsmühlenartig wird von der Bundesregierung vorgetragen, dass es durch dieses Gesetz gelungen sei, die Zahl arbeitsloser Schwerbehinderter in der Zeit von Oktober 1999 bis Ok- tober 2002 um rund 24 Prozent zu senken. Um die Pflichtquote für die Beschäftigung Schwerbehinderter in Betrieben dauerhaft von 6 auf 5 Prozent zu senken, hätte es laut Gesetz allerdings einer Reduzierung von 25 Pro- zent bedurft. Daher mussten wir ja auch im Januar hier im Bundestag beschließen, die Senkung der Pflichtquote um ein Jahr auszusetzen. In der damaligen Debatte habe ich bereits darauf hin- gewiesen, dass auch die Senkung der Arbeitslosigkeit um 24 Prozent im Wesentlichen nicht einer Erhöhung der Zahl von Arbeitsplätzen zu verdanken ist, sondern durch Abgänge aus der Arbeitslosenstatistik – vor allem durch Frühverrentung. Bei schwerbehinderten Jugendli- chen unter 25 Jahren mussten wir zwischen 1999 und 2002 sogar einen Anstieg der Arbeitslosigkeit beobach- ten – und dies trotz vieler Programme wie zum Beispiel des „JUMP“-Programms. Jedem in diesem Hause ist bewusst, wie außerordent- lich schwer es zurzeit ist, Arbeitsplätze für Schwerbehin- derte im ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Gerade weil dies so schwer ist, möchte ich an dieser Stelle allen denen danken, die sich dennoch für solche Arbeitsplätze eingesetzt haben: den Verbänden, Gewerkschaften und Unternehmen. Ich halte aber nichts davon, wenn hier die Bundesregierung immer ihre großartigen Erfolge rühmt, insbesondere wenn diese offensichtlich einer kritischen Betrachtung nicht standhalten können. Die Realität ist nämlich eine andere: Das Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter, das vor drei Jahren beschlossen wurde, hat mehr eine Bereinigung der Statistik geleistet als tatsächlich dauer- haft Arbeitsplätze für Schwerbehinderte geschaffen. Dieser Realität müssen wir uns stellen, wenn wir die Probleme lösen wollen. Wie sieht denn diese Realität heute aus? Während die allgemeine Arbeitslosigkeit in den letzten elf Monaten um circa sieben Prozent gestie- gen ist, ist gleichzeitig die Arbeitslosigkeit Schwerbe- hinderter um 16 Prozent angewachsen. Das heißt, die Arbeitslosigkeit bei Schwerbehinderten ist mehr als dop- pelt so stark gestiegen. 1 2 3 D r e n n a d d G b s f m „ s l a d w g A t W g m u b d w d Ü s b u d P z ß S A r d d n K e A d b n (C (D Konkret hatten wir im September 2003 67 561 schwerbehinderte Arbeitslose und damit 3 269 mehr als im Oktober 2002 und sogar noch 639 mehr als im Oktober 2001. Mit anderen Worten: as Ziel der Senkung der Arbeitslosigkeit in diesem Be- eich um 25 Prozent gegenüber Oktober 1999 – so steht s ja noch im Gesetz – ist mit heute 11,7 Prozent noch icht einmal zur Hälfte erreicht worden. Wenn Sie jetzt im Gesetzentwurf von SPD und Bünd- is 90/Die Grünen die Absenkung der Pflichtquote uf 5 Prozent endgültig festschreiben, dann können Sie as zwar mit der allgemeinen Wirtschaftslage begrün- en, nicht aber mit den Erfolgen auf dem Arbeitsmarkt. Die Regierungsparteien haben dem jetzt vorliegenden esetzentwurf den Titel „Gesetz zur Förderung der Aus- ildung und Beschäftigung schwerbehinderter Men- chen“ verliehen. Wenn die Autoren des Gesetzentwur- es aber nur ein wenig selbstkritisch wären, dann üssten sie allerdings einräumen, dass ein Titel wie Korrekturen zum Sozialgesetzbuch IX“ wesentlich pas- ender wäre. Das bedeutet nicht, dass wir die dort formu- ierten Änderungen im SGB IX nicht an der einen oder nderen Stelle für sinnvoll halten. Ich wehre mich aber agegen, wenn auch jetzt wieder der Eindruck erweckt erden soll, wir könnten mit diesen Änderungen eine rundsätzliche und wirklich stabile Verbesserung der usbildungs- und Beschäftigungslage schwerbehinder- er Menschen bewirken. Für die CDU/CSU-Fraktion betone ich heute erneut: enn es um tatsächliche Verbesserungen, um die Inte- ration und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen it Behinderungen geht, dann werden wir über Partei- nd Fraktionsgrenzen hinweg mit Ihnen zusammenar- eiten. Dies haben wir beim Zustandekommen es SGB IX und beim Gleichstellungsgesetz getan, dies erden wir auch in Zukunft tun, und das gilt auch für as vorliegende Gesetz. Wenn die Bundesregierung das Ziel verfolgt, den bergang schwerbehinderter Menschen aus den Werk- tätten für behinderte Menschen in den allgemeinen Ar- eitsmarkt zu fördern, dann werden wir dies natürlich nterstützen. Aber so richtig es an dieser Stelle ist, für en betroffenen Personenkreis die Anrechnung der flichtquote zu verbessern, so wenig bin ich leider über- eugt, dass es uns damit allein gelingen wird, einem grö- eren Personenkreis zusätzliche Chancen zu eröffnen. Dies gilt etwa für den neu eingefügten § 72 Abs. 2 atz 2 SGB IX. Danach sollen Arbeitgeber ab hundert rbeitsplätzen wenigstens 5 Prozent ihrer Stellen zur be- uflichen Ausbildung mit behinderten und schwerbehin- erten Menschen besetzen. Dies ist zwar ein in der Ten- enz vernünftiger Appell an die Arbeitgeber, aber eben ur eine „Soll-Vorschrift“, deren Nichterfüllung keine onsequenzen hat. Hier müsste außerdem das Verfahren indeutig geregelt sein: Wer stellt denn etwa fest, ob ein uszubildender im Sinne des Sozialgesetzbuches behin- ert ist? Ähnliches gilt für den Bereich der Integrationsverein- arungen, die weiter ausgebaut werden sollen: Wir mei- en, dass die Idee vom Ansatz her zwar zu begrüßen ist. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6065 (A) ) (B) ) Für eine sinnvolle Weiterentwicklung fehlen aber Erhe- bungen, wie viele Arbeitgeber diese Vereinbarungen eigentlich bisher genutzt haben. Nur dann können wir ja sagen, ob die bisherige Praxis sich bewährt hat oder erst noch weiter verbessert werden muss. Wesentlich größere Probleme haben wir aber mit der von der Bundesregierung geplanten Zustimmungsfiktion des Integrationsamtes. Hier könnte die Gefahr bestehen, dass sie gerade dort den besonderen Kündigungsschutz für Schwerbehinderte aufweichen, wo er besonders ge- braucht wird. Bei Kündigungen, die im Zusammenhang mit der Behinderung stehen wie Fehlzeiten oder Minder- leistung, kann die Bearbeitungsfrist von einem Monat oft nicht eingehalten werden. Wenn denn eine Fiktion für notwendig gehalten wird, ist eine Eingrenzung auf die Fälle des § 89 nötig, in den Fällen also, wo zum Beispiel der Arbeitgeber in Insolvenz geraten ist. Ein weiteres Problem tritt hinzu: Die Integrationsäm- ter müssen die Sachverhalte umfassend und abschlie- ßend prüfen. Dazu sind sie per Gesetz verpflichtet. Oft- mals bauen mehrere Schritte zur Aufklärung des Sachverhalts aufeinander auf. Durch die geplante Fiktion soll ein Zeitgewinn angestrebt werden. Dieses Ziel ist zunächst einmal richtig. Darin liegt aber auch die Ge- fahr, dass die Integrationsämter nur unzureichend prüfen und dann im Widerspruchsverfahren alles nachgeholt werden muss. Besonders gefreut hatte ich mich über die im Referen- tenentwurf vorgesehene Beteiligung der Schwerbehin- dertenvertretung als Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen des Arbeitgebers. Dies ist ein Anliegen, das wir mit unserer Kleinen Anfrage „Integration von Men- schen mit Behinderungen“ aufgegriffen hatten. Diese Regelung hätte zwar einer präzisen Konkretisierung be- durft, da kein Mensch wusste, welche Entscheidungen des Arbeitgebers eigentlich gemeint und betroffen sind. Im neuen Regierungsentwurf ist diese Beteiligung aber ersatzlos gestrichen worden. Ich würde wirklich gerne wissen, warum die Bundesregierung jetzt auf einmal nicht mehr möchte, dass die Anhörung der Schwerbehin- dertenvertretung weiter als Bedingung für nachfolgende Entscheidungen des Arbeitgebers notwendig ist! Über die Vielzahl von Einzelregelungen, zum Bei- spiel zur Verfahrensbeschleunigung im Zuständigkeits- erklärungsverfahren, zur beruflichen Ausbildung in den Betrieben bis hin zum Zusatzurlaub für Schwerbehin- derte, werden wir sicherlich noch im Ausschuss gründ- lich zu beraten haben. Dort werden wir auch darüber sprechen müssen, wie hoch die finanziellen Ausfälle für den Ausgleichsfonds wären, wenn wir dieses Gesetz so verabschieden. Allerdings muss uns allen bewusst sein, dass wir mit noch so vielen Gesetzen einen wirklichen langanhalten- den Erfolg bei der Beschäftigung von Schwerbehinder- ten nicht erzielen können, wenn es nicht gleichzeitig ge- lingt, die wirtschaftliche Situation in Deutschland zu verbessern. Nur wirtschaftliches Wachstum wird dazu führen, dass auch Menschen mit Behinderungen wieder mehr Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt be- kommen und dass dort, wo dies nicht möglich ist, ein v g t k B b g b w Z l u „ d d V z s d s Z d g d D b g s A m n k b p t g A s M Ü f m i r b a f f s (C (D ielfältiges System von Einrichtungen erhalten und aus- ebaut wird, das auch Menschen mit geringem Leis- ungsvermögen eine Berufsarbeit ermöglicht. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Erst ürzlich hat der Bericht der Bundesregierung über die eschäftigungssituation schwerbehinderter Menschen elegt, dass das in der 14. Legislaturperiode geschaffene esetzliche Instrumentarium zur Bekämpfung der Ar- eitslosigkeit schwerbehinderter Menschen erfolgreich ar. Wesentliche Instrumente zur Erreichung dieses iels waren das Gesetz zur Bekämpfung der Arbeits- osigkeit Schwerbehinderter vom 29. September 2000 nd die von der Bundesregierung initiierte Kampagne 50 000 Jobs für Schwerbehinderte“. Der Bericht belegt, ass unser Ansatz deshalb so erfolgreich war, weil alle, ie für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen erantwortung tragen, das gemeinsam entwickelte Kon- ept auch in gemeinsamer sozialer Verantwortung umge- etzt haben. Der Koalitionsvertrag vom Oktober 2002 sieht vor, iese Strategie der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit chwerbehinderter Menschen mit weiterentwickelten ielvorgaben fortzusetzen. Mit dem nun vorgelegten Gesetzentwurf kommen wir en Empfehlungen des Berichts nach und verbessern die esetzlichen Rahmenbedingungen in den Bereichen, in enen der Bericht besonderen Handlungsbedarf sieht. azu zählen vor allem: Erstens: Ausbildungsbereitschaft erhöhen. Die Aus- ildungsbereitschaft insbesondere kleiner Betriebe soll estärkt werden, um damit die Chancen behinderter und chwerbehinderter junger Menschen zur Teilhabe am rbeitsleben zu verbessern. Zweitens: Arbeitsvermittlung verbessern. Die Ver- ittlung schwerbehinderter Menschen in den allgemei- en Arbeitsmarkt sollte weiter verbessert werden. Das ann durch eine noch engere Zusammenarbeit aller Ar- eitsmarkt-Akteure geschehen. Drittens: Beschäftigung sichern. Es wird weiter ge- rüft, ob die Beschäftigung durch Ausbau der Präven- ion und der Rechte der Schwerbehindertenvertretung esichert werden kann. Auch könnten die Anreize zum bschluss betrieblicher Integrationsvereinbarungen ver- tärkt werden. Viertens: Übergang aus Werkstätten für behinderte enschen stärken. Die Bemühungen zur Förderung des bergangs behinderter Menschen aus den Werkstätten ür behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeits- arkt müssen weiter verstärkt werden. Zur Ausbildung. Möglichst viele Jugendliche, die sich n überbetrieblicher Ausbildung befinden, etwa in Be- ufsbildungswerken, sollen in Zukunft Teile ihrer Aus- ildung im Betrieb absolvieren. Gleichzeitig müssen uch die wohnortnahen berufsvorbereitenden Angebote ür behinderte junge Menschen ausgebaut werden. Derzeit bewerben sich etwa 25 000 besonders betrof- ene Jugendliche um einen Ausbildungsplatz. Mit die- em Gesetzentwurf wollen wir dazu beitragen, dass mit 6066 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) flankierenden gesetzlichen Maßnahmen erreicht wird, dass alle diese jungen Menschen einen Ausbildungsplatz erhalten. Arbeitgeber, die mehr als 100 Ausbildungs- plätze im Jahresdurchschnitt zur Verfügung stellen, sol- len mindestens 5 Prozent ihrer Stellen zur beruflichen Ausbildung mit behinderten Menschen besetzen. Dies fördern wir durch finanzielle Anreize aus der Aus- gleichsabgabe. Um die Ausbildungsbereitschaft der Be- triebe zu stärken und finanzielle Belastungen zu verrin- gern, können Arbeitgeber bei Ausbildung behinderter Jugendlicher Prämien und Zuschüsse zu den Kosten der Ausbildung erhalten. Betriebliche und überbetriebliche Ausbildung werden stärker miteinander verzahnt, um möglichst viele behinderte Jugendliche, die sich in einer überbetrieblichen Ausbildung befinden, so früh wie möglich in den Betrieb zu integrieren Es ist uns aber klar, dass gesetzliche Regelungen al- leine nicht ausreichen können, um allen schwerbehinder- ten Jugendlichen einen adäquaten Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen. Erforderlich ist vielmehr die Fort- führung des Zusammenwirkens aller, die Verantwortung für die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Ar- beitsleben tragen. Zur Informationskampagne. Grundlegend für den bis- herigen Erfolg rot-grüner Arbeitsmarktpolitik für Men- schen mit Behinderungen ist ein kooperativer Politikan- satz, der auf Überzeugung und Bewusstseinswandel setzt. Die Integrationsfachdienste haben im Zusammen- spiel mit den Arbeitsämtern bedeutende Beratungsarbeit in den Betrieben geleistet. Wir haben mit Erfolg bei den Arbeitgebern einen Be- wusstseinswandel initiiert: Menschen mit Behinderung werden immer seltener als leistungsgemindert gesehen. Bei immer mehr Arbeitgebern hat sich vielmehr die Ein- sicht durchgesetzt, dass Menschen mit Behinderungen einfach einen Arbeitsplatz benötigen, der ihren besonde- ren Bedürfnissen entspricht, um ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Die notwendigen Instrumente zur Gestaltung dieser Arbeitsplätze – wie Arbeitsassis- tenz oder etwa die Gewährung von Gebärdensprachdol- metschern – haben wir als Gesetzgeber den Unterneh- men an die Hand gegeben. Diesen Weg verfolgen wir nun weiter. Vorurteile überwinden wir nur durch Informationsangebote. Gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen gibt es nach wie vor Vorbehalte gegenüber der Einstellung von Schwer- behinderten. Gleichzeitig ist diesen Betrieben das umfas- sende Förderinstrumentarium, das der Bund zur Ver- fügung stellt, nicht bekannt. Auch haben Unternehmer häufig keinen Überblick über die zugegebenermaßen un- übersichtliche Trägerschaft. Aus diesem Grund bauen wir das Aufgabenspektrum der Inlegrationsämter weiter aus. Künftig stehen diese Ämter als Hauptansprechpart- ner für die Arbeitgeber zur Verfügung. Durch ihre de- zentrale Struktur beraten, unterstützen und informieren die Integrationsämter in direkter Nachbarschaft zum Ar- beitgeber. Zum Ausbau betrieblicher Prävention im Sinne von Rehabilitation statt Entlassung. Mindestens ein Drittel der Arbeitsunfähigkeiten ist durch Maßnahmen des be- t s v h g l P a p b E d l l v A A u b s e f b b W h Ü s d A d G g r s a M s s s d B s d w g F a z M d t r S s (C (D rieblichen Arbeitsschutzes und der betrieblichen Ge- undheitsförderung vermeidbar. Eine konsequente Prä- ention im Sinne von Rehabilitation statt Entlassung ilft nicht nur den Arbeitnehmern und vermeidet Kündi- ungen, nein sie spart auch den Sozialkassen enorme angfristige Kosten. Jeder Euro, der in den Ausbau der rävention investiert wird, zahlt sich mehrfach wieder us. Dies ist unser Verständnis einer nachhaltigen Sozial- olitik Bereits nach sechs Wochen oder wiederholter Ar- eitsunfähigkeit von Beschäftigten soll ein betriebliches ingliederungsmanagement praktiziert werden, das urch geeignete Prävention das Arbeitsverhältnis mög- ichst dauerhaft sichert. Unter Einbeziehung der betrieb- ichen Interessenvertretungen, den Schwerbehinderten- erträtern und der Werks- oder Betriebsärzte klären die rbeitgeber gemeinsam mit den Betroffenen, wie die rbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden kann nd welche Leistungen und Hilfen zur Unterstützung des ehinderten Arbeitnehmers erforderlich sind. Service- tellen und Integrationsämter werden in diesen Prozess ingebunden, wenn es um Fragen der begleitenden Hil- en im Arbeitsleben geht. Nach Einschätzung des Ver- andes der Betriebs- und Werksärzte können in Betrie- en, die ein solches Management praktizieren, auf diese eise bis zu 90 Prozent der chronisch kranken oder be- inderten Menschen wieder eingegliedert werden Zur Verbesserung der Instrumente zur Förderung des bergangs schwerbehinderter Menschen aus den Werk- tätten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Arbeitgeber, ie ehemaligen Werkstattbeschäftigten einen regulären rbeitsplatz anbieten, erhalten in Zukunft einen beson- eren Ausgleich für den erforderlichen Mehraufwand. leichzeitig werden ehemalige Werkstattbeschäftigte rundsätzlich mehrfach auf Pflichtarbeitsplätze ange- echnet. Im Falle einer endgültigen Übernahme werden ie bereits rückwirkend auch für die Zeit der Erprobung uf Pflichtarbeitsplätze des Arbeitgebers angerechnet. it diesen Maßnahmen setzen wir auch in einem chwierigen arbeitsmarktpolitischen Umfeld unsere An- trengungen zur Eingliederung schwerbehinderter Men- chen in den Arbeitsmarkt fort. Daniel Bahr (Münster) (FDP): Mit In-Kraft-Treten es Sozialgesetzbuches IX am 1. Juli 2001 wurde in der ehindertenpolitik ein richtiger und durchaus wegwei- ender Paradigmenwechsel vollzogen. Erstmals ist nun ie Förderung der Eigenkompetenz und Selbstverant- ortung der behinderten Menschen klares Ziel und Auf- abe des neuen Rechtes. Gerade die FDP will stets sowohl die größtmögliche reiheit als auch ein höchstmögliches Maß an Eigenver- ntwortung für jeden einzelnen Menschen. Diese Prin- ipien sind Richtschnur einer liberalen Politik für enschen mit Behinderungen. Für Liberale ist Behin- ertenpolitik keine Sparten-, sondern Bürgerrechtspoli- ik. Schon allein aus dieser liberalen Grundhaltung he- aus unterstützen wir nachdrücklich das Anliegen des GB IX. Gerade wir Liberalen wissen aber auch, wie chwierig es ist, eine neue richtungsweisende Gesinnung Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6067 (A) ) (B) ) in breiten Schichten nachhaltig zu verankern. Auch die Umsetzung des SGB IX ist der Versuch, dicke Bretter beharrlich zu durchbohren. Ich glaube daher, dass es bei dem vollzogenen Paradigmenwechsel in der Behinder- tenpolitik richtig und wichtig ist, das Gesetz nach einem gewissen Zeitraum in seinem Umsetzungsstand zu über- prüfen und politisch nicht gewollte Auslegungstatbe- stände dem politisch Gewollten anzupassen. Aber ich erkenne den guten Willen der Damen und Herren von der Koalition an, halte den Zeitpunkt der Überprüfung allerdings für verfrüht. Ein derartig grund- legender Paradigmenwechsel muss sich erst setzen und in den Köpfen der Menschen verankert werden. Das ge- schieht nicht von heute auf morgen. Die zweieinhalb Jahre, die das SGB IX nun in Kraft ist, sind angesichts des vollkommen neuen Ansatzes des Gesetzes eine ver- hältnismäßig kurze Zeit. Ich möchte daher aus der Stel- lungnahme des BIH, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen, zitieren: Nach den zahlreichen Änderungen des Schwerbe- hindertenrechts durch das Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter vom Okto- ber 2000, dem SGB IX vom Juli 2001 und dem Ge- setz zur Änderung von Fristen und Bezeichnungen im Neunten Buch Sozialgesetzbuch vom April 2003 wäre es wünschenswert gewesen, länger abzu- warten, wie die neuen gesetzlichen Instrumente wirken und sich in der Praxis entwickeln. Wir hal- ten die abgelaufene Zeit unverändert für zu kurz, um bereits jetzt erneut tiefgreifende gesetzliche Änderungen vorzunehmen. Für besonders proble- matisch halten wir in diesem Zusammenhang die immer neuen Eingriffe in das System von Beschäf- tigungspflicht und Ausgleichsabgabe. So weit das Zitat. Dies ist die Auffassung von einem von der Umset- zung betroffenen Dritten und spiegelt exakt die Schwie- rigkeit, die ich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf habe, wider. Ich muss gestehen: Teilweise war ich über die Art und Weise der Selbstbeweihräucherung schon verblüfft. Alle hier im Hause vertretenen Parteien waren sich Anfang dieses Jahres darüber einig, die Beschäftigungspflicht- quote schwerbehinderter Menschen bei 5 Prozent zu belassen und nicht auf 6 Prozent zu erhöhen, weil der Abbau der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter fast punktgenau die politische Zielvorgabe erreicht hatte. So weit, so gut und äußerst erfreulich. Nur, die Meldungen, die uns Mitte dieses Jahres auch durch einen Aufschrei der zuständigen Ministerin Ulla Schmidt erreichten, hör- ten sich ganz anders an. Plötzlich war von einem er- schreckenden Anstieg der Arbeitslosigkeit Schwerbehin- derter die Rede und seitens des Ministeriums gab es erhebliche Drohgebärden in Richtung der Arbeitgeber. Um nicht missverstanden zu werden: Ich halte die Festschreibung der Beschäftigungspflichtquote bei 5 Prozent für richtig und die vorgesehene erneute Über- prüfung im Juni 2007 für wichtig und einen gut gewähl- ten Zeitpunkt. Hiermit erhalten die Betroffenen endlich m m V S b n u b d n w B t c J A H A k C n d i S d d m w a n m u v v h s c z (C (D ehr Planungsperspektive. Lediglich – das betone ich it Nachdruck – hätte ich mir bei der Begründung dieses orhabens ein wenig mehr Realitätsbewusstsein erhofft. ich bei steigender Arbeitslosigkeit auch unter Schwer- ehinderten dauernd selbst zu loben ist – mit Verlaub – un wirklich vollkommen daneben. Ich möchte in diesem Zusammenhang die mehr als nglückliche Vorgehensweise der Bundesanstalt für Ar- eit in diesem Jahr bei der Rehabilitation Schwerbehin- erter zur Sprache bringen und nachdrücklich anmah- en, dass Vergleichbares sich im nächsten Jahr nicht iederholen darf. Die Einlassungen, die der Vertreter der undesanstalt für Arbeit bei der Anhörung der Koali- ionsarbeitsgruppe zum SGB IX in der vergangenen Wo- he dahin gehend machte, dass Derartiges im nächsten ahr nicht vollkommen auszuschließen ist, waren zum us-der-Haut-Fahren. Hier wäre wirklich zeitnaher andlungsbedarf geboten. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Neustrukturierung der Außenwirtschafts- förderung als Beitrag zur Schaffung von Wachstum und Beschäftigung – Doha-Verhandlungen nach dem Scheitern von Cancun konstruktiv und zügig voran- bringen (Tagesordnungspunkt 17 a und b) Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD): Die Minister- onferenz der Welthandelsorganisation scheiterte in ancun am 14. September mit einem Knall. Viele afrika- ische Delegierte klatschten, die Globalisierungsgegner raußen jubelten – und unter den großen Industrienat- onen herrschte betroffenes Schweigen. Dabei war der Unmut vieler Entwicklungs- und chwellenländer auf vielen Parlamentarierkonferenzen er IPU und der Weltbank lange vorher bekannt – nur er Tunnelblick vieler Handelsexperten und Außen- inisterien hatte geflissentlich seine starke und welt- eite Verbreitung ignoriert. Dabei waren die Gründe für das Scheitern lange zuvor bsehbar gewesen: Erstens. Die WTO-Konferenz in Doha 2001 hatte och unter dem Schock des 11. September die kom- ende Handelsrunde als Entwicklungsrunde proklamiert nd dabei vor allem bei den ärmsten Ländern, aber auch ielen Schwellenländern hohe Erwartungen geweckt. Die Erwartungen wie die Versprechungen aber waren on Anfang an unrealistisch, denn der Kuchen „Welt- andel“ ist nur wenig gewachsen, und diejenigen, die ich in Doha ein größeres Stück vom Kuchen verspro- hen hatten, sind mit drei Viertel der Menschheit einfach u groß. 6068 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) Zweitens. Die Lage der Weltwirtschaft ist labil: Seit einem halben Jahrzehnt ist die Weltwirtschaft nur wenig gewachsen; die UNCTAD konstatiert seit einem halben Jahrzehnt die schwächste Wachstumsrate seit 20 Jahren. Die wichtigsten Industrieregionen wie die USA, die Europäische Union und Japan befinden sich in einer Phase der Stagnation, der Deflation oder sehr geringen Wachstums. Nur Indien, China und der südostasiatische Raum können ein stolzes Wachstum aufweisen. Das ist keine Situation, in der Regierungen großzügige Handels- konzessionen machen, eher weniger von Freihandel, sondern vom „Fair Trade“ sprechen und davon, dass Handel Arbeitsplätze fürs eigene Land bringen müsse – so jüngst Präsident Bush. Die UNCTAD erinnert deswegen in ihrem letzten Be- richt zu Recht an eine ähnliche Situation Mitte der 20er- Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit exportorientier- ten Abwertungsrunden, Lohn- und Sozialdumping sowie der breiten Anwendung protektionistischer Maßnahmen und warnt vor der Wiederholung dieser schlechten Bei- spiele, die die Welt damals unter anderem in die große Depression gestürzt hatten. So weit sind wir sicher nicht, aber eine Erinnerung an das Debakel sollte nationale Egoisten und Merkantilisten ernüchtern. Drittens. Zum ersten Mal trat in Cancun mit den G22+ eine Staatenkoalition gegen die Triade, die großen Drei an – mit Brasilien, Indien, Südafrika und China an der Spitze. Niemand hatte wegen deren stark divergie- renden Interessenlagen an ihr Durchhaltevermögen ge- glaubt, aber in zwei Bereichen waren sie sich einig: in den Forderungen, die Industrieländer sollten die Export- subventionen für Agrar sofort und ganz abbauen und ihre Märkte weit öffnen – ohne Gegenleistung bei den so genannten Singapur-Themen, vornehmlich einem Inves- titionsschutzabkommen. Hier eskalierte dann der Streit, denn die Entwicklungsländer wie die G22+ wollten von den Singapur-Themen nichts hören, bevor es nicht um- fassende Zugeständnisse im Agrarbereich gegeben hatte. Viertens. Die EU hatte dafür mit dem Abbau von Agrarexportsubventionen von jährlich 20 Milliarden Euro auf 2 Milliarden Euro ebenso Entgegenkommen gezeigt wie mit dem Kurswechsel zu einer neuen multi- funktionalen und nachhaltigeren Landwirtschaft, aber das war den in Cancun Versammelten nicht genug. Auch die USA hatten Zugeständnisse gemacht, die über das bisherige Maß hinausgingen – aber der unselige Farm Act von Präsident Bush mit 180 Milliarden US-Dollar Subventionen für die US-Landwirtschaft machte ihre Position unglaubwürdig, erst recht, weil sie nicht bereit waren, bei Symbolprodukten wie Baumwolle den afrika- nischen Ländern entgegenzukommen oder wenigstens Kompensationen auf anderen Gebieten anzubieten. An- gesichts des Preisverfalls auf anderen Rohstoffmärkten wie zum Beispiel Kaffee oder Mais hat das berechtigten Zorn ausgelöst. Fünftens. Die Agenda von Cancun war zu umfassend und komplex. Von Agrarwirtschaft über die geographi- sche Kennzeichnung zum Beispiel von Wein, von Baum- wolle zu Investitionsschutz und Umwelt standen neun in ihren Auswirkungen für Entwicklungsländer bedeutende V e b m s e k l d t w k c H H K w s l W d W l b t g W d t e n r A t b V l v F s t E a t d G l (C (D ereinbarungen auf der Tagesordnung. Das war objektiv ine für die meisten Länder auf einer Konferenz nicht zu ewältigende Aufgabe, und sie wollten sich auch nicht ehr wie in früheren Runden über den Tisch ziehen las- en. Sechstens. Die HIV/AIDS-Zusage von Doha wurde rst nach mehr als einjährigem unwürdigen Gezerre napp vor Cancun unterschrieben. Siebtens. Den Schwellenländern wie den Entwick- ungsländern erschienen die Forderungen der USA und er EU nach generellem Zollabbau als völlig überzogen. Achtens. Mit einem weiteren Punkt müssen wir künf- ig als Konstante rechnen: Viele Schwellen- und Ent- icklungsländer haben mit neuem Selbstbewusstsein largemacht, dass sie Antworten auf ihre wirtschaftli- hen und sozialen Probleme erwarten und sich nicht auf andelsfragen reduzieren lassen. Aber: Nein zur WTO zu sagen und die bestehenden andelsungleichgewichte einfach hinzunehmen, wie den limawandel, das unbefriedigende Wachstum der Welt- irtschaft, immer häufigere Finanzkrisen, steigende Ver- chuldung und fortschreitende Armut der Entwicklungs- änder, ist ebenso verantwortungslos, wie die bestehende elthandelsordnung, die deregulierten Finanzmärkte, ie internationalen Finanzinstitutionen wie IMF und eltbank ohne grundlegende Reformen weiterwirken zu assen. Der südafrikanische Handelsminister und sein rasilianischer Kollege hatten Recht, wenn sie verlang- en, dass es weitergehen muss – aber konstruktiver und erechter als bisher. Sie sind damit völlig im Recht. Das unbefriedigende achstum der Weltwirtschaft, die Ungleichgewichte in en Handelsströmen und die immer häufigeren weltwei- en Finanzkrisen, das Bevölkerungswachstum und die ntsetzliche Armut ganzer Kontinente sind keine vonei- ander isolierten Ereignisse. Es ist klar, dass die Probleme der Finanz- und Wäh- ungskrisen mit einbezogen werden müssen. Brasilien, rgentinien und Südafrika waren bzw. sind in den letz- en Jahren massiv von Finanzkrisen bzw. Abwertungen etroffen. Diese äußerst schwierige Lage bei den WTO- erhandlungen zu ignorieren musste zynisch erscheinen. Die Stärkung der schwachen Weltwirtschaftsentwick- ung kann nur in einem gemeinsamen verantwortungs- olleren Vorgehen der politischen, ökonomischen und inanzeliten bestehen, das nicht nur die eigenen Interes- en, sondern auch die Lösung der Probleme der überwäl- igenden Mehrheit der Menschen und insbesondere der ntwicklungsländer im Auge hat. Dies hat der Deutsche Bundestag in seinem Beschluss uf Drucksache 15/1317 zur WTO-Konferenz auf An- rag der SPD-geführten Koalition im Juli 2003 eingefor- ert. Es wird sichtbar, wie solide Sozialdemokraten und rüne die in Cancun zu Tage getretenen Probleme ana- ysiert und pragmatische Antworten angeboten haben. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6069 (A) ) (B) ) Uns allen stellt sich natürlich die Frage: Wie geht es nach Cancun weiter? Erstens. Als Erstes ist eine gründliche Analyse der Gründe des Scheiterns gefragt, über die wir im Parla- ment und seinen Ausschüssen, aber auch öffentlich breit diskutieren müssen. Das heißt, Sorgfalt muss vor Schnelligkeit gehen und Öffentlichkeit und Transparenz vor Geheimdiplomatie. Angesichts der bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen und der Wahlen zum Euro- paparlament wird sich ohnehin nicht viel bewegen und damit stehen wir nicht unter Verhandlungsdruck. Zweitens. In der Zwischenzeit müssen wir darauf ach- ten, dass aus dem Scheitern von Cancun kein Scheitern der multilateralen Welthandelsordnung folgt und die Blöcke der Großen nun mit „Arm twisting“ und bilatera- len Verhandlungen die WTO faktisch so aushöhlen, dass das völlig richtige Grundprinzip des Multilateralismus „gleiche Regeln für alle Mitgliedsländer und gemein- same Verhandlungen“ zur Farce wird. Das setzt allerdings voraus, dass die Triade USA, EU und Japan, die WTO nicht wie bisher weitgehend domi- niert, sondern andere Koalitionen und Ländergruppen wirklich akzeptiert. Das erfordert strukturelle WTO-Re- formen, wie wir sie vorgeschlagen haben, und nicht nur Organisationsreformen. Aufeinander zugehen, nicht dro- hen, Vertrauen bilden wie zum Beispiel mit den Coto- nou-Abkommen oder der NEPAD-lnitiative ist dabei si- cher hilfreich. Aber auch die heimischen exportierenden Betriebe, vor allem die kleinen und mittelständischen Betriebe, die im globalen Wettbewerb bestehende Märkte sichern und neue erschließen müssen, stehen vor neuen Herausforde- rungen. Die Bundesregierung hat hier – im engen Dialog mit der exportierenden und importierenden Wirtschaft – die Außenwirtschaftsoffensive „Weltweit aktiv“ be- schlossen und setzt sie zügig um. In dem Programm von zehn Punkten werden die zentralen Bereiche der Außen- wirtschaftspolitik gebündelt, zum Beispiel durch eine noch mittelstandsfreundlichere Ausgestaltung der Au- ßenwirtschaftsförderung, zum Beispiel Auslandsmesse- beteiligungen, bei Hermes-Bürgschaften und Investi- tionsgarantien; die Stärkung des weltweiten Netzes der Auslandskammern und die intensivere Flankierung von Auslandsengagements deutscher Unternehmen, wobei die Bedürfnisse der mittelständischen Wirtschaft beson- ders berücksichtigt werden sollen; den Ausbau des Net- zes der Auslandskorrespondenten der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai), deren Informationsangebot zu erweitern ist, zum Beispiel durch gezielte Informationen über Programme, Ausschreibungen und Projekte multi- lateraler Institutionen, die Verbesserung des Außen- wirtschaftsportals „ix-Pos“ und anderes mehr; die Ver- stärkung der Werbung für den Wirtschafts- und Technologiestandort Deutschland; seit 1. Juli 2003 ist übrigens die Bundesgesellschaft – Invest in Germany GmbH – in die Verantwortung des Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit überführt. Der Bundeshaushalt 2004, der jetzt beraten wird, nimmt – trotz deutlicher Kürzungen an anderer Stelle – d T a ß m d e H W d l d z ß E b r m W a W E m u d f d P r d v n M h a l g n e d G f z k z e s b u s (C (D iesen Bereich ausdrücklich aus, ja, erhöht sogar zum eil die Ansätze. Sie sehen also, der Antrag der CDU/CSU, der viele uch von uns unterstützte Vorschläge enthält, ist zu gro- en Teilen überholt oder rennt offene Türen ein; zwar üssen viele Maßnahmen natürlich noch umgesetzt wer- en, aber das bedarf der laufenden Kooperation mit der xportierenden und importierenden Wirtschaft. Fazit: Das Scheitern von Cancun macht deutlich, dass andelsliberalisierung als die Antwort für alle globalen irtschaftsprobleme in Cancun von den Regierungen er Mehrheit der Weltbevölkerung entschieden abge- ehnt worden ist. Solange die Lage der Weltwirtschaft so fragil ist, wer- en die Spielräume für handelspolitische Zugeständnisse ugunsten der Entwicklungsländer eher kleiner als grö- er. Wer auf dem Gebiet der Handelspolitik mehr rfolge sehen will, muss sich der Ursachen für die Insta- ilität der Weltfinanzmärkte, der periodischen Wäh- ungs- und Finanzkrisen und der Überschuldung anneh- en. Europa muss dabei mehr Verantwortung für die eltwirtschaft übernehmen und darf sich nicht länger uf den Wachstumsmotor USA verlassen. Die Europäische Union muss die prekäre Lage der eltwirtschaft und hier insbesondere die Probleme der ntwicklungsländer sowie die Instabilität der Finanz- ärkte auf der Tagesordnung der nächsten G-8-Gipfel nd Tagungen des Internationalen Währungsfonds und er Weltbank in den Mittelpunkt stellen. Aus der Sicht der SPD geht es dabei nicht nur um Re- ormen bei den internationalen Finanzinstitutionen, son- ern auch um die Kohärenz und engere Verzahnung der olitik der großen UN-Organisationen. Eine multilate- ale Weltordnung braucht eine multilaterale Welthan- elsordnung, aber auch eine an den Interessen möglichst ieler Menschen orientierte Weltfinanzordnung und eine achhaltig wachsende Weltwirtschaft zum Vorteil aller enschen. In Cancun war von einer sozialen Dimension über- aupt nicht und von einer ökologischen Dimension nur m Rande die Rede. Bei einer tatsächlichen Entwick- ungsrunde müssen aber faire Strukturen und faire Re- eln bei der WTO entwickelt werden, bei denen Arbeit- ehmerrechte, Entwicklungsziele und Umweltschutz ndlich berücksichtigt werden. Nur verbindliche Min- estarbeitsnormen, also die Möglichkeit der Bildung von ewerkschaften und die Kollektivvertragsfreiheit, hel- en, die durch den Handel erzielten Gewinne gerechter u verteilen. Die schon bestehenden internationalen Ab- ommen und Konventionen im Bereich Arbeit und So- iales sowie Umwelt müssen durch das WTO-Regime ndlich respektiert werden. Nach Cancun ist es die Aufgabe der Weltgemein- chaft, für konkret nachhaltiges Wachstum, für die Ver- esserung des Weltklimas, geordnete Weltfinanzmärkte nd Entschuldung, für Armutsbekämpfung und Wohl- tand für möglichst breite Schichten zu sorgen. 6070 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) Wenn diese Ziele weltweit Konsens finden und die Welthandelsordnung dabei aktiv mitgestaltet, werden die Scherben von Cancun schlussendlich Positives bewir- ken. Erich G. Fritz (CDU/CSU): „Deutschland ist wieder Exportweltmeister“, so lauten Schlagzeilen dieser Wo- che. Alles in Ordnung also mit unserer Außenwirt- schaftspolitik und Wettbewerbsfähigkeit, könnte man meinen. Wir legen heute einen Antrag zur Verbesserung vor; denn das Bild, das wir gezeichnet bekommen, trügt. Deutschland profitiert wie kein anderes großes Indus- trieland von der weltwirtschaftlichen Verflechtung. Der Export von Gütern und Dienstleistungen macht mehr als ein Drittel des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus und ist zugleich wichtigster Wachstumsmotor unserer Volks- wirtschaft. Insgesamt hängen in Deutschland 9 Millio- nen, also knapp ein Viertel der Arbeitsplätze vom Au- ßenhandel ab. Zusätzlich sichern immer mehr deutsche Unternehmen ihre ausländischen Absatzmärkte durch verstärkte Direktinvestitionen. Wir sind herausgefordert, diese Stärke auch in der Zu- kunft zu sichern und auszubauen. Wie notwendig dies ist, zeigt das Herbstgutachten 2003 der Wirtschaftsfor- schungsinstitute. Demnach sind die Exporte im ersten Halbjahr 2003 kräftig gesunken. Diese Entwicklung reiht sich in Berechnungen der OECD ein, wonach die deutsche Exportwirtschaft seit Jahren an Wettbewerbs- fähigkeit verliert. Dies spiegelt sich in sinkenden Welt- marktanteilen wieder. Stammten 1987 noch 12,8 Prozent der weltweit ge- handelten Waren aus deutscher Produktion, so waren es im Jahr 2000 nur noch 8,9 Prozent – vergleiche „Wirt- schaftswoche“ vom 10. Juli 2003. Auch die Artikel der letzten Tage unter dem Titel „Deutschland wieder Export- weltmeister“ haben deutlich gemacht, dass die Erfolgs- meldungen auf einem rein statistischen Effekt beruhen, dem kein reales Wachstum zugrunde liegt. Die Welt- meisterposition verdanken wir allein dem starken Euro. Wenn man die absoluten Zahlen betrachtet, ist schon erstaunlich, was ein 80-Millionen-Volk im Vergleich zu Volkswirtschaften mit wesentlich größerem Binnen- markt im Export leistet. Darauf dürfen wir uns aber nicht ausruhen, wenn wir unsere Leistungsfälligkeit erhalten wollen. Es wachsen neue Wettbewerber mit großer Marktmacht heran. China ist Mitglied in der WTO und erweitert seine Fähigkeiten mit großer Geschwindigkeit. Russland steht vor der Tür der WTO und kann auf Dauer ein großes Potenzial entfalten. Schließlich gibt es genug Länder, die nicht wie wir vor allem Weltmeister in der innovativen Fortentwicklung alter Technologien sind, sondern im Dienstleistungsbereich und bei neuen Ent- wicklungen vornan sind. Anlass zur Euphorie gibt es also nicht. „Wenn der Weltmeistertitel als Beschreibung der Zukunft herhalten soll, so Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, wäre dies geradezu fehlleitend“ – vergleiche „Spiegel“ vom 20. Oktober 2003. f M d B r i s B r w b b d u a G s i d r n w r p K ü w k s s M f w d t A c d z ü 1 s K K v m d i c e f d m u (C (D Wenn Deutschland in diesem Umfeld wettbewerbs- ähig bleiben will, dann müssen die Hauptbremsen einer odernisierung des Standortes Deutschland gelöst wer- en. Die Reformdebatte befindet sich immer noch im ereich der Reparaturmöglichkeiten und nicht im Be- eich innovativer zukunftsfähiger Veränderungen. Noch st über eine vernünftige Elitenbildung nur vorsichtig ge- prochen, noch ist die stärkere Förderung der weniger egabten nicht gelöst, obwohl jeder weiß, dass in unse- er Volkswirtschaft im internationalen Wettbewerb für eniger Qualifizierte die Luft immer dünner wird. Wir rauchen eine größere Ausschöpfung unseres Bega- ungspotenzials, wir brauchen mehr ausländische Stu- enten, wir brauchen mehr internationale Erfahrung für nsere Facharbeiter und Studienabsolventen. Vor allem ber brauchen wir staatliche Strukturen, die eine größere eschwindigkeit von Entwicklungen zulassen, und die chnellere Umsetzung von Wissenschaft und Forschung n Produkte und Dienstleistungen. Zur Stärkung der globalen Wettbewerbsfähigkeit der eutschen Wirtschaft ist aber auch eine Neustrukturie- ung und Verbesserung der Außenwirtschaftsförderung otwendig. Die Außenwirtschaftsförderung ist eines der enigen Instrumente, die die Bundesregierung hat, ope- ativ für Arbeitsplätze tätig zu werden. Lahmt der Ex- ort, gibt es keine Chance auf einen Aufschwung bei onjunktur, Wachstum und Beschäftigung. Bisher gab es im Bundestag einen großen Konsens ber die Ausgestaltung des Handwerkskastens der Außen- irtschaftspolitik. Ich hoffe, dass das so bleibt. Unsere lassischen Instrumente der Außenwirtschaftsförderung ind die Auslandshandelskammern, die Ausfuhrbürg- chaften, die Bundesagentur für Außenwirtschaft und die esseförderung. Diese bewährten Instrumente der Außenwirtschafts- örderung müssen neu auf aktuelle Bedürfnisse justiert erden. Das ist eigentlich Aufgabe der Exekutive. Da er Bundestag aber ein eigenes Interesse daran hat, un- erstützt er die Bundesregierung gerne, steht doch die ußenwirtschaft nicht immer im Zentrum der öffentli- hen Wahrnehmung. Dass hier und da noch Handlungsbedarf besteht und ie Instrumente nicht immer effizient genutzt werden, eigt zum Beispiel die Beschwerde 50 deutscher Firmen ber den DIHK in China – vergleiche „FAZ“ vom 6. September 2003. Dem Artikel zufolge sehen deut- che Firmen in China ihren Informationsbedarf von der ammer vor Ort nur am Rande oder gar nicht abgedeckt. ritisiert wird, dass das Delegiertenbüro mit seinen Ser- iceleistungen in direkter Konkurrenz zu den Kammer- itgliedern arbeitet und die eigentliche Leistung schul- ig bleibt. An dieser Stelle möchte ich klar sagen: Es kann auch n Zeiten knapper Kassen nicht Ziel sein, wettbewerbli- he Verhältnisse zwischen Delegiertenbüros/AHKs und inzelnen Kammermitgliedern entstehen zu lassen. Wir ordern die Bundesregierung daher auf, sicherzustellen, ass die Kernaufgabe der Beratung deutscher Unterneh- en durch die AHKs auf den Auslandsmärkten gestärkt nd eine organisatorische Trennung der Aufgaben der Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6071 (A) ) (B) ) Betreuung der Kammermitglieder von den kommerziel- len Serviceleistungen eingeführt wird. In jedem Fall sind die Instrumente der Außenwirt- schaftsförderung trotz der Zwänge in Zeiten knapper Haushalte zu sichern und zu ergänzen, da der damit ein- hergehende Erfolg der Unternehmen die entstandenen Kosten mehr als wettmacht. Die Summen, die Deutschland für die Außenwirt- schaftsförderung ausgibt, nehmen sich im internationa- len Vergleich sehr bescheiden aus. Die von Bundeswirt- schaftsminister Clement im vergangenen Jahr ins Leben gerufene Außenwirtschaftsoffensive wirkt nicht sehr dy- namisch. Wir sind auch deshalb misstrauisch, weil wir von Herrn Clement in Nordrhein-Westfalen viele so genannte Offensiven erlebt haben, denen häufig außer PR-Aktio- nen nichts folgte. Wir möchten erreichen, dass die ganze Bundesregierung unseren Außenhandel bei ihrem Han- deln im Blick hat, und wünschen deshalb dem Wirt- schaftsminister viel Erfolg bei seiner Offensive. Der Start war nicht so hoffnungsvoll. Monatelange Gänge durch die Ministerien waren notwendig, um alle Interessen zu berücksichtigen. Sollten zunächst knapp 30 Millionen Euro für erneuerbare Energien zur Verfü- gung gestellt werden, die nur fünf großen deutschen Un- ternehmen zugute gekommen wären, erfuhr erst nach Drängen vonseiten des Parlaments auch die Wasserwirt- schaft Unterstützung bei der vorgesehenen weltweiten Vermarktung innovativer und umweltfreundlicher Tech- nologien. Offensichtlich sollten zunächst nur ganz be- stimmte Interessen bedient werden. Es zeigt sich, dass ein kleiner Schritt in die richtige Richtung nicht ausreicht. Die angebliche Offensive in der Außenwirtschaft ist nichts anderes als das Herumku- rieren an längst bekannten Missständen, und das noch halbherzig. Zur Stärkung der globalen Wettbewerbsfä- higkeit der deutschen Wirtschaft hat sie noch keinen Bei- trag geleistet. Dies zeigt auch ein Ranking der „Business Week“, wonach es die deutsche Wirtschaftselite nicht einmal unter die europäischen Top 20 schafft. Bestes deutsches Unternehmen ist der Münchener Autoherstel- ler BMW auf Platz 21 – vergleiche „Spiegel online“ vom 23. Juli 2003. Die CDU/CSU legt mit ihrem Antrag „Neustrukturie- rung der Außenwirtschaftsförderung als Beitrag zur Schaffung von Wachstum und Beschäftigung“ die Defi- zite der Regierungsinitiative offen. Zeiten knapper Kas- sen sollten kreativer machen! Zur politische Flankierung. Um den besonderen An- forderungen des Mittelstandes gerecht zu werden, sollte die Bundesregierung ihre Außenwirtschaftsförderung enger an den Bedürfnissen des Mittelstandes orientieren, etwa die Angebote der BfAI noch mittelstandsfreundli- cher, das heißt preiswerter zur Verfügung stellen, und die bestehende Abführungspflicht zurücknehmen. Zur Ver- stärkung der politischen Flankierung von Exportvor- haben sollte außerdem das Verhältnis zwischen der im BMWA im August 2001 neu eingerichteten Anlauf- und Koordinierungsstelle, bei der Unternehmen Auslands- p s b k m u r t ü a w e b I B o a u l W I g l A g s m e l M k H W z d W W J Z w f u s n M p s B n d v t (C (D rojekte benennen können, für die sie politische Unter- tützung benötigen, sowie dem im Auswärtigen Amt etriebenen Arbeitsstab Außenwirtschaftsförderung ge- lärt werden. Beide Stellen sollten in einem gemeinsa- en Büro arbeiten, um Reibungsverluste zu minimieren nd Ineffizienz und Doppelarbeit zu vermeiden. Zur Messeförderung. Wir fordern die Bundesregie- ung bei der Messeförderung auf, eine flexiblere Gestal- ung der Beteiligungskonditionen zu ermöglichen und zu berprüfen, ob Gemeinschaftsständen auch bei weniger ls zehn beteiligten Unternehmen eine Förderung ge- ährt werden kann. Zur Standortwerbung. Bei der Standortwerbung muss s eine bessere Verzahnung der vielen auf diesem Ge- iet tätigen Behörden – Invest in Germany GmbH, ndustrial Investment Council, Investmentbüros der undesländer – geben. Die größte Wirtschaftsnation hat ffenbar immer noch keinen einheitlichen Marketing- uftritt nötig. Wieviel mehr könnte es sein, wenn Bund nd Länder ihr Engagement bündelten? Um wettbewerbsfähig zu bleiben, braucht Deutsch- and eine Organisationseinheit, die für den gesamten irtschaftsstandort Deutschland eine aktive und starke nvestorenwerbung betreibt. Nur so kann der Rückstand egenüber großen Agenturen der europäischen Nachbar- änder, zum Beispiel Großbritanniens, aufgeholt und die nsiedlung ausländischer Unternehmen in Deutschland esichert werden. Eine günstige Zeit wäre unter dem Ge- ichtspunkt knapper Mittel für den Bundeswirtschafts- inister, jetzt Gespräche mit den Bundesländern über ine noch bessere Koordination der Außenwirtschaftspo- itik zu führen. Darin steckt noch manche sinnvolle öglichkeit. Der Vorteil dezentraler Anstrengungen önnte durch mehr Gemeinsames noch erhöht werden. Zwei Prozent Wirtschaftswachstum erwarten die andelskammern für 2004 in Deutschland. Auch die irtschaftsforschungsinstitute liegen mit ihrer Schät- ung von l,7 Prozent nur knapp darunter. Freude will ennoch nicht aufkommen, da die Statistik die wirkliche achstumsdynamik überzeichnet. Ein Viertel des achstums wird allein darauf zurückgeführt, dass es im ahr 2004 vier Arbeitstage mehr gibt als im Jahr 2003. udem könne das zweiprozentige Wachstum nur erreicht erden, wenn Deutschland den Einstieg in richtige Re- ormen schaffe, wenn die Lohnpolitik moderat ausfalle nd wenn der Dollar nicht absacke. Aus eigener Kraft chafft die deutsche Wirtschaft den Aufschwung also icht, sie hängt vielmehr am Tropf der Weltwirtschaft. Leider ist auch durch das Scheitern der 5. WTO- inisterkonferenz in Cancun/Mexiko die Chance ver- asst worden, die für Deutschland und die globale Wirt- chaft dringend benötigten Impulse für Wachstum und eschäftigung zu erzielen. Über die Gründe des Scheiterns ist in den vergange- en Wochen viel diskutiert worden. Ich glaube, es gab in ieser Situation einfach zu viele Mitgliedstaaten, die aus öllig unterschiedlichen Interessen kein Ergebnis woll- en. Sicher gab es auch erneut prozedurale Probleme, die 6072 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) nicht gelöst worden sind. Sicher gab es bei den Entwick- lungsländern trotz ihrer größeren Organisations- und Mitwirkungskraft das Gefühl, nicht gleichberechtigt mit- wirken zu können, und daraus entstehend ein großes Misstrauen gegenüber dem Agrarpapier der USA und der EU. Warum aber plötzlich nach aller vorangegange- nen Prioritätensetzung ausgerechnet die Singapur-The- men zum Abbruch herhalten mussten, ist eigentlich nicht einzusehen. Der Abbruch der Verhandlungen war für niemanden ein Sieg. Ich fand die Triumphgesänge einiger Nichtre- gierungsorganisationen peinlich. Es gab allerdings auch sehr differenzierte Aussagen aus diesen Gruppen in Can- cun und danach. Ich bin immer noch der Meinung: Wenn es die WTO nicht gäbe, müsste sie spätestens jetzt erfun- den werden. Gerade in der gemeinsamen Mitgliedschaft starker und schwacher Volkswirtschaften steckt die Chance zur Gestaltung einer sowohl fairen als auch ef- fektiven Weltwirtschaft, die nachhaltigen Entwicklungs- zielen dienen kann. Bei einem erfolgreichen Abschluss hätte gerade Deutschland als Exportnation besonders stark profitiert. Unsere auch im kommenden Jahr nicht recht in Gang kommende Konjunktur hätte es gut gebrauchen können. Die CDU/CSU hält bilaterale und regionale Handels- abkommen, über die nun vermehrt nachgedacht wird und auf die viele Staaten zurückgreifen wollen, für keine sinnvolle Alternative. Dies würde zu einer Schwächung des multilateralen Handelssystems führen und vor allem den Entwicklungsländern schaden, die weder Kapazi- täten noch die Infrastruktur haben, um Direktinvestitio- nen in ihr Land zu holen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert die Bun- desregierung daher im Interesse der Entwicklungs- und der Industrieländer auf: Treten Sie konsequent für die schnellstmögliche Wie- deraufnahme der WTO-Verhandlungen ein! Setzen Sie sich dafür ein, dass die Arbeitsgruppen in Genf schnellstmöglich wieder eingesetzt werden! Stellen Sie in Gesprächen mit EU-Handelskommissar Lamy klar, dass gerade jetzt das Gerede über eine Re- form der WTO keinen Sinn macht! Es ist immer so, dass Debatten über Organisatorisches begonnen werden, wenn man inhaltlich nicht vorankommt. Dennoch: Am Konsensprinzip kann nicht gerüttelt werden. Legen Sie die in Cancun aufgegebenen Singapur-The- men nicht erneut auf den Tisch der WTO! Cancun hat gezeigt, dass die Zeit für ein multilatera- les Investitions- und Wettbewerbsabkommen noch nicht reif war. Insofern gilt es nun darauf zu bauen, dass die Entwicklungsländer von sich aus die Vorteile multilate- raler Abkommen über Investitionen und Wettbewerb er- kennen. Die Industrieländer sollten nun zunächst einmal die Zusammenarbeit ihrer Wettbewerbsbehörden unter- einander verbessern. Das vorläufige Aus eines internationalen Investitions- schutzabkommens erweist sich für die deutsche Indus- trie, die im vergangenen Jahr rund 24,5 Milliarden US- D D t s e o U ü D g z s k i v g r c g i S f v z H u k Z 2 d B u r g u w f u d t L d l u g v u B t (C (D ollar im Ausland investierte, als besonders bitter. eutschland ist durch 126 bilaterale Verträge mit Inves- itionsstandorten weltweit verknüpft. Der nun ge- cheiterte Versuch, dieses Paragraphenwirrwarr durch in einziges Abkommen zu ersetzen, hätte die Informati- nskosten der Unternehmen drastisch gesenkt und den nternehmen mehr Rechtssicherheit gewährt. Es war erstaunlich, zu sehen, wie sich die Diskussion ber Investitionsschutz bereits seit Doha verändert hat. ie Position Indiens zum Beispiel ist wesentlich offener eworden. Einige afrikanische Delegierte haben offen um Ausdruck gebracht, dass besonders die afrikani- chen Länder solche Abkommen brauchen, damit Will- ür und Korruption im Zusammenhang mit Auslands- nvestitionen und die damit verbundenen Fehllenkungen on Ressourcen verhindert werden können. Treten Sie bei den Verhandlungen gegenüber Brüssel eschlossen auf! Verhindern Sie innerhalb der Bundes- egierung nicht abgestimmte Vorstöße wie den in Can- un im Zusammenhang mit Baumwollsubventionen! Sichern Sie die Beteiligungsrechte der kleinen Mit- liedstaaten! Binden Sie den Deutschen Bundestag kontinuierlich n den weiteren Verhandlungsprozess ein! Informieren ie die Parlamentarier wie auch die Öffentlichkeit um- assend über den Verhandlungsstand! Leider wurde in Cancun das „window of opportunity“ erpasst. Der Zeitplan der Doha-Verhandlungen ist nicht u halten, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der im erbst 2004 stattfindenden US-Präsidentschaftswahlen nd des Auslaufens der Mandate von EU-Handels- ommissar Lamy und US-Handelsbeauftragtem Robert oellick. Es ist aber wirklich nicht entscheidend, ob die Runde 005 oder 2006 abgeschlossen werden kann. Wichtig ist, ass in der nächsten Zeit verstärkte Anstrengungen der undesregierung und aller, die dazu beitragen können, nternommen werden, damit der Prozess der Erleichte- ung des Handels und des Marktzugangs, der Berücksichti- ung der Entwicklungsländer, des weiteren Zollabbaus nd der Beseitigung nichttarifärer Handelshemmnisse eitergeht. Weitere Liberalisierungserfolge können die Wohl- ahrtsgewinne aus dem Abbau von Handelshemmnissen m etwa 600 Milliarden US-Dollar erhöhen, so eine Stu- ie der Universität Michigan. Durch eine richtige Gestal- ung können dabei noch mehr Menschen in noch mehr ändern Vorteile haben. Vor diesem Hintergrund führt kein Weg an einer Wie- eraufnahme der Verhandlungen über einen substanziel- en Abbau von Zöllen, sonstigen Handelshemmnissen nd Agrarsubventionen vorbei. Nur so können die Inte- ration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft erbessert werden, neue Exportchancen für Industrie- nd Entwicklungsländer entstehen sowie Wachstum und eschäftigung weltweit erhöht werden. Wir erwarten, dass die Bundesregierung bei der Bera- ung im Wirtschaftsausschuss konkrete Vorhaben dazu Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6073 (A) ) (B) ) präsentiert, wie sie im Zusammenwirken mit den ande- ren europäischen Ländern und der Kommission den sto- ckenden WTO-Zug wieder in Bewegung bringen will. Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem Titel Triumph ohne Sieg überschrieb „Die Zeit“ ihren Bericht über das Scheitern der WTO-Ministerkon- ferenz in Cancun. Die Autorin wies daraufhin, dass viele Entwicklungsländer das Ende der alten Welthandelsord- nung bejubelten, die Chancen jedoch, faire Regeln zu vereinbaren, geringer denn je seien. Ob Letzteres zu- trifft, wird sich in naher Zukunft erweisen. Die Befürch- tung allerdings ist berechtigt. Ist in der laufenden Welthandelsrunde, die explizit Doha-Entwicklungsrunde heißt, eine Dynamik zu erzeu- gen, an deren Ende ein ökonomisch, ökologisch und so- zial gerechteres Welthandelssystem steht? Selten zuvor war diese Frage so offen wie jetzt. Das Scheitern der WTO-Verhandlungen in Cancun ist aus grüner Sicht eine schlechte Nachricht. Gewonnen hat niemand – weder die Industrieländer – dies gilt beson- ders für exportorientierte Länder wie Deutschland, die sich von Cancun einen Impuls für die Weltwirtschaft er- hofften – noch die Entwicklungsländer, die eine wirkli- che „Entwicklungsrunde“ brauchen. Grüne Zielperspektive bleibt es, ein faires und markt- orientiertes, ein globales Handelssystem zu schaffen, mit globalen Regeln, die Verzerrungen im Handel verrin- gern. Wir brauchen eine Welthandelsrunde, in der – wie in Doha beschlossen, aber bislang nicht umgesetzt –, die Anliegen und Bedürfnisse von Entwicklungsländern in allen Bereichen berücksichtigt werden und in der die le- gitimen Wirtschaftsinteressen der europäischen Staaten und Deutschlands gefördert werden. Unmittelbar nach dem Scheitern der Konferenz be- gann die Suche nach dem Schuldigen. Für Nichtregie- rungsorganisationen und einige Entwicklungsländer war die „Arroganz der Mächtigen“ ursächlich für das Schei- tern: fehlende Zugeständnisse vonseiten der USA beim symbolisch und politisch brisanten Thema der Baum- wollsubventionen, das unnachgiebige Beharren auf der Verhandlung neuer Themen durch die EU, obwohl rund achtzig Länder überaus deutlich gemacht haben, dass sie nicht bereit sind, hier nachzugeben. Dies wurde als Bei- spiel für die inflexible Haltung der Industrieländer ange- führt. Die Änderung des EU-Mandates in Cancun, der Ver- zicht auf die Themen Handel und Investitionen, Handel und Wettbewerb bei zukünftigen Verhandlungen, kam somit offensichtlich zu spät. Die Einschätzung des Bun- destages wurde bestätigt, dass substanzielle Fortschritte für Entwicklungsländer an anderer Stelle notwendig sind, bevor über die Aufnahme von Verhandlungen über die neuen Themen entschieden wird. Ganz abgesehen davon, dass grundsätzlich gute Argumente gegen eine Verhandlung der neuen Themen unter dem Dach der WTO sprechen. Die Industrieländer ihrerseits beklagten die Unfähig- keit der Schwellenländer zu Kompromissen, den Rück- f a P s d g w a b e w l l k u g d v b d z t P n d d i v i r d D i s H R d h s t r d k l f d á r T s m z (C (D all in eine rhetorische und überholte Nord-Süd-Ausein- ndersetzung der 80er-Jahre. Auch die mangelnde rofessionalität der Verhandlungsführer wurde moniert. Letztlich bleibt die Motivsuche unbefriedigend. Es tellt sich vielmehr die Frage, wie die Verhandlungsrun- en in Zukunft gestaltet werden müssen vor dem Hinter- rund veränderter Bedingungen. Als historischen Wendepunkt kann man die Tatsache erten, dass die „G 2“, also die EU und die USA, anders ls in der Vergangenheit die Agenda nicht in ihrem Sinne estimmen konnten. EU und USA sind in Cancun mit iner für sie neuen Verhandlungsrealität konfrontiert orden. Harter Interessenpolitik aufseiten der Industrie- änder stehen ebenso harte Interessen aus Entwicklungs- ändern gegenüber. Es gibt nichts zu verschenken – für eine Seite. Insbesondere die Schwellenländer haben strategisch nd selbstbewusst verhandelt, wenn auch bislang ohne reifbares Ergebnis. Diese neu formierte „Gruppe er 21“ in deren Ländern mehr als die Hälfte der Weltbe- ölkerung lebt, wird auch nach Cancun in Formation leiben. Momentan ist jedoch fraglich, ob die Gruppe in er Lage sein wird, auch für andere Entwicklungsländer u sprechen und zugleich Kompromisse mit den Indus- rieländern auszuloten. Kleinere Mitgliedstaaten haben es geschafft, auf ihre rioritäten hinzuweisen und diese auf die Tagesord- ung zu setzen. Das reicht von der Baumwollinitiative er westafrikanischen Staaten, deren Produzenten durch as Subventionsregime vor allem der Industrieländer in hrer Existenz gefährdet werden, bis zu einer Gruppe on Staaten, die differenzierte Vorschläge zum Schutz hrer Landwirtschaft und der Verbesserung der Ernäh- ungssituation unterbreitet haben. Gleichzeitig sind iese Länder zutiefst verärgert über Heuchelei und oppelstandards von Industrieländern, die es bislang mmer verstanden, die Regeln zu ihren Gunsten zu ge- talten. Der Interessenausgleich zwischen den Staaten in der andelspolitik wird schwieriger, aber diese komplexe ealität ist und bleibt kennzeichnend für die Welthan- elsrunde. Möglicherweise aus der Frustration des Scheiterns eraus haben wichtige Akteure diese Unsicherheit ver- tärkt. So sagte etwa der amerikanische Handelsbeauf- ragte Robert Zoelick, man werde die Handelsliberalisie- ung auf anderer Ebene fortsetzen und sich stärker auf en Abschluss bilateraler und multilateraler Verträge onzentrieren. Dies aber wird mit großer Wahrschein- ichkeit zu einer Schwächung des multilateralen Systems ühren. Aber es ist keinesfalls ausgemacht – auch das hat ie Post-Cancun-Phase bewiesen –, ob sich die USA vis- -vis den Entwicklungsländern durchsetzen wird. Wa- um sollten die Länder mit den USA eine Einigung über hemen erzielen, die auf multilateraler Ebene hoch um- tritten sind? Aus meiner Sicht wäre eine Dominanz des Bilateralis- us keine positive Entwicklung. Zum einen kann dies u größerer Abgrenzung und Blockbildung führen. Zum 6074 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) anderen werden schwächere Akteure bzw. kleinere Län- der kaum substanzielle Zugeständnisse erreichen kön- nen. Die Bundesregierung und die EU stehen vor der Situation, eine intensive Diskussion über die Zukunft der WTO führen zu müssen. Launige Bemerkungen des EU- Handelskommissars, Pascal Lamy, die WTO sei eine „mittelalterliche“ Institution, helfen da nur beschränkt weiter. Vielmehr brauchen wir eine breite Debatte über folgende Fragen: Erstens. Wie müssen die Struktur und die Aufgaben der WTO verändert werden, um zu Ergebnissen zu kom- men, die alle Mitgliedstaaten als akzeptablen Kompro- miss begreifen? Zweitens. Wie müssen die Entscheidungsmechanis- men verändert werden, um die Transparenz der Verhand- lungen zu erhöhen? Drittens. Wo liegen die Grenzen, was Ausmaß und Umfang multilateraler Runden betrifft? Wir mussten erkennen, dass die Vielfalt der Themen die Verhandlungen derart verkomplizieren, dass in Can- cun keine Kompromisse gefunden worden sind. Für die Zukunft bedeutet das: „Weniger ist mehr“. Wenn wir bei klassischen Themen – vom Marktzugang über die Frage von Zöllen und nicht tariffären Handels- hemmnissen bis hin zum Agrarabkommen – in absehba- rer Zeit zu nachhaltigen Ergebnissen kommen wollen, so ist bereits das eine große Herausforderung. Diese im Sinne größerer globaler Gerechtigkeit anzunehmen und zu meistern wäre ein Erfolg, der sich bislang leider nicht abzeichnet. Export spielt in Deutschland eine wichtige Rolle: Je- der dritte Arbeitsplatz in der Industrie hängt vom Export ab. Zunehmend wichtiger wird der Export von Dienst- leistungen. Deutschland ist nach wie vor eines der ex- portstärksten Länder. Auch in einem schwierigen welt- wirtschaftlichen Umfeld konnte der Export einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung leisten. Im nächsten Jahr rechnen die Insti- tute mit einer kräftigen Belebung der Weltwirtschaft, ausgehend von den USA. Die Bundesregierung unter- stützt die Unternehmen mit allen Möglichkeiten dabei, die sich bietenden Exportchancen zu nutzen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen bedürfen der besonderen Unterstützung bei der Nutzung der Chancen der globalen Märkte. Deshalb spielen sie eine zentrale Rolle in der am 4. Juni von der Bundesregierung be- schlossenen Außenwirtschaftsinitiative „weltweit aktiv“. Zentrale Punkte der Initiative sind die Stärkung der Auslandshandelskammern, die von der Bundesregierung gefördert werden. Hier geht es darum, dass das Dienst- leistungsangebot verbessert und mittelstandsgerecht ver- stärkt wird. Die AHK sollen verstärkt fallbezogene, kon- krete Hilfestellung für kleine und mittlere Unternehmen geben können. Die Erweiterung des weltweiten Korres- pondentennetzes der Bundesagentur für Außenwirt- schaft, die Förderung der Teilnahme von kleinen und mittleren Unternehmen an Auslandsmessen, die Erleich- t I l r H d g N g C H Ö o v B s w s s n E S n s d s H p d e m n d m p M l b V s s w k K k n E d d t d b d (C (D erung der Bereitstellung von Exportbürgschaften und nvestitionsgarantien für KMU geben wichtige Hilfestel- ung für KMU, damit sie erfolgreich an der Globalisie- ung teilnehmen können. Selbstverständlich werden ermes-Kredite nur für solche Projekte bewilligt wer- en, die soziale und ökologische Kriterien berücksichti- en. Viele Punkte hat die Union in ihren Antrag zu eustrukturierung der Außenwirtschaftsförderung auf- enommen. An einigen Stellen zeigt sich, dass die CDU/ SU-Fraktion mit ihren Informationen nicht auf der öhe der Zeit ist, wenn sie etwa die Kooperation mit sterreich fordert. Bereits 1994 hat die BFAI eine Ko- peration mit der österreichischen Wirtschaftskammer ereinbart. Die CDU/CSU fordert die Schließung des üros im Kosovo. Dabei ist dieses Büro längst geschlos- en. Einem so schlampig recherchierten Antrag werden ir nicht zustimmen. Ich möchte aber auch noch auf einen anderen, bislang tiefmütterlich behandelten Aspekt der Außenwirt- chaftsförderung hinweisen: die Exportoffensive für er- euerbare Energien. Engagement in diesem Bereich der xportförderung könnte wirklich einem Beitrag zur chaffung von Wachstum und Beschäftigung leisten. Die Exportquoten dieser Branche sind sehr niedrig, och immer konzentrieren sich diese Unternehmen zu ehr auf den nationalen Markt. Grund dafür ist unter an- erem die einseitige Ausrichtung unserer Außenwirt- chaftsförderung auf große Projekte und Unternehmen. ermes hätte zwar kein prinzipielles Problem, den Ex- ort einer Windkraftanlage abzusichern, aber das För- ervolumen ist finanziell nur „Peanuts“ im Vergleich zu inem Großkraftwerk. Darüber hinaus fehlt den kleinen ittelständischen und jungen Unternehmen der für er- euerbare Energien-Branche das nötige Know-how über en Zugang zu den verschiedenen Exportförderinstru- enten. Dass die meisten Firmen über eine geringe Ka- italdecke und damit auch nicht über ein internationales arketingnetz verfügen, ist eine weitere Hürde. Dabei ist die Ausgangssituation auf den internationa- en Märkten eigentlich gut: Höhere Sonneneinstrahlung, essere Windverhältnisse oder ideale geothermische oraussetzungen in anderen Ländern könnten den Ein- atz dieser Technologien schneller rentabel werden las- en als bei uns. Darüber hinaus können gerade in Ent- icklungsländern fehlende nationale Stromnetze für leine dezentrale Kraftwerkseinheiten einen großen onkurrenzvorteil bedeuten gegenüber Großkraftwer- en, die bedeutende Investitionen in den Ausbau natio- aler Netze nötig machen. Der Bedarf ist also da. Die internationale Nachfrage steigt auch an: Unser rfolgsrezept für eine nachhaltige Energieversorgung, as EEG, wurde bereits von einigen Ländern kopiert, an- ere wie Frankreich sind gerade dabei eines zu erarbei- en. Das EEG hat den technischen Fortschritt im Bereich er erneuerbaren Energien in den letzten vier Jahren eflügelt, sodass die deutschen Technologien dafür auf em Weltmarkt hervorragend positioniert sind. Die Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6075 (A) ) (B) ) deutsche Industrie hat in diesem Bereich einen enormen Innovationsvorsprung, den es zu nutzen gilt; wir bauen die besten Windräder, Biomasse- und Photovoltaikanla- gen der Welt. Wenn also der internationale Markt wie ein reifer Ap- fel am Baum hängt, sollten wir es sein, die die Ernte ein- fahren, und nicht warten, dass es andere tun. Die Vorrei- terrolle im Klimaschutz einzunehmen kann sich in bare Münze verwandeln. Damit zeigt sich: Pionier im Um- weltschutz zu sein lohnt sich. Deshalb gilt es, die Nachteile gegenüber ausländi- schen Konkurrenten abzubauen. Die Exportoffensive für erneuerbare Energien kann dafür die passende Initiative bilden: Von der Deutschen Energieagentur koordiniert sollen deutsche Hersteller, zum Beispiel mit Informa- tions- und Beratungsleistungen, Marketingaktivitäten auf Zielmärkten, Machbarkeitsstudien, Standortanaly- sen, Demonstrationsvorhaben, unterstützt werden, um auf dem internationalen Markt besser Fuß zu fassen. Wir wollen mit der Exportoffensive für erneuerbare Energien den Herstellern von erneuerbaren Energien ein zweites Standbein ermöglichen. Eine Exportquote von bis zu 70 Prozent, wie sie in Dänemark bereits der Fall ist, ist möglich und könnte die industriepolitische Dyna- mik in diesem national schon so erfolgreichen Sektor dauerhaft erhalten. Gudrun Kopp (FDP): Eine Entwicklungsrunde sollte die WTO-Handelskonferenz in Cancún werden und zudem die weltweit lahmende Konjunktur ankur- beln. Wir wissen heute, dass den hohen, letztendlich überhöhten Erwartungen der 2 000 NGOs und 5 000 De- legierten aus 148 Ländern die große Ernüchterung folgte: Die Welthandelskonferenz scheiterte. Dabei hätte eine weitere Handelsliberalisierung einen jährlichen Wohlstandsgewinn von weltweit etwa 160 Milliarden Euro gebracht. Die Hälfte davon wäre den Entwicklungsländern zugute gekommen. Und auch für Deutschland sind die Auswirkungen des Scheiterns der WTO-Verhandlungen durchaus gravierend, wenn man bedenkt, dass jeder fünfte Arbeitsplatz hierzulande vom Welthandel abhängt. Der Anteil der Exportwirt- schaft am deutschen Bruttoinlandsprodukt liegt bei ins- gesamt 50 Prozent. Alles Lamentieren über den Misserfolg muss jetzt aber ein Ende haben. Wichtiger ist, dass Konsequenzen aus dem WTO-Desaster gezogen werden. Ich nenne ei- nige, die nach Überzeugung der FDP konkret anstehen: Die Bundesregierung sollte sich vehement dafür ein- setzen, dass die in Genf begonnenen Gespräche in klei- neren Runden fortgesetzt werden. Ziel muss dabei sein, die nächste WTO-Konferenz in Hongkong im Laufe des Jahres 2005 mit einem vorzeigbaren Ergebnis abzu- schließen. Dazu bedarf es in der Zwischenzeit sorgfältiger Vor- bereitungen und echter Zwischenergebnisse in gleich mehreren Themenfeldern: n v s P ä s z s h t m v d n n d C v l d A d S s d b u w – d t a B g E s m d g E W t m b B (C (D Im Agrarbereich gilt es, umgehend mit den EU-Part- ern ein verbessertes Angebot den Entwicklungsländern orzulegen. Dazu gehören: der Ausstieg aus den Export- ubventionen, die Entkoppelung der Prämien von der roduktion und der Abbau von Zöllen zwischen EU und rmsten Ländern. Innerhalb der EU-Agarreform ist zudem eine voll- tändige Entkoppelung der Direktzahlungen umzuset- en, und handelsstörende Marktordnungen sind abzu- chaffen. Zu einem substanziellen Marktöffnungsangebot ge- ört auch die völlige Streichung der Baumwoll-Subven- ionen in Europa. Die USA sind beharrlich aufzufordern, ihrerseits arktstörende Exportkredite und produktgestützte Sub- entionen für Agrarprodukte abzubauen. Bezogen auf den Deutschen Bundestag fordere ich an ieser Stelle die CDU/CSU auf, deutlich Farbe zu beken- en zu ihrer Haltung zum Abbau von Agrarsubventio- en. Während nämlich Ihre Agrarpolitiker eine Position es „alles bleibt unverändert“ vertreten, sprechen sich DU-Chefin Merkel und der CDU-Landesvorsitzende on Schleswig-Holstein Carstensen für eine Entkoppe- ung der EU-Prämien von der landwirtschaftlichen Pro- uktion aus. Widersprüchliches hören wir auch zum EU- ußenschutz in der Agrarpolitik. Deshalb und gerade weil die CDU-CSU Anträge zu iesen Themen vorgelegt hat, fordere ich Sie auf: Stellen ie Ihre Position klar und beenden Sie Ihren agrarpoliti- chen Eiertanz Zum nötigen Impuls für den Welthandel gehören zu- em der Abbau von weit verbreiteten Handelsbarrieren. Außerdem gehören die vier Singapur-Themen Wett- ewerb, Investitionsschutz, öffentliche Auftragsvergabe nd Handelserleichterungen auf die Beratungs-Agenda, enn sich globaler Handel weiter entwickeln soll. Parallel dazu müssen die reichen Industriestaaten wie Deutschland – in den Sonderfonds „capacity buil- ing / technical assistance“ investieren, damit die Vertre- er der ärmsten Länder in die Lage versetzt werden, dar- us die nötige inhaltliche Unterstützung in Form von eratern, Gutachtern, WTO-Guides zu finanzieren. Bei allen anstehenden, sicher mühsamen Verhandlun- en muss die Bundesregierung ihren Einfluss auf die U-Verhandlungsvertreter deutlich verbessern. Die Tat- ache, dass zu den Cancún-Verhandlungen diesmal im- erhin vier deutsche Minister gereist waren und damit er Bedeutung der WTO-Konferenz endlich Rechnung etragen haben, hat ein Informations-Defizit zwischen U- und deutscher Delegation nicht verdecken können. ollte Delegationsleiter Wolfgang Clement (SPD) De- ails zum jeweils aktuellen Beratungsstand wissen, usste er sich über Dritte informieren. Dies beweist, wie lamabel gering der Stellenwert ist, den die deutsche undesregierung bei der EU-Kommission hat. 6076 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Reform der Arbeits- stättenverordnung muss zu einem echten Büro- kratieabbau für Unternehmen in Deutschland führen (Tagesordnungspunkt 4) Wolfgang Grotthaus (SPD): Der heute hier zu bera- tende Antrag der FDP führt bereits in der gewählten Überschrift das Ziel des Bürokratieabbaus an, das der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit mit der Vor- lage dieser Verordnung über die Arbeitsstätten erreichen will. Nur behauptet die FDP in ihrem Antrag, die vorge- legte Verordnung könne das Ziel nicht erreichen. Doch da irrt die FDP. Der pauschale Vorwurf der FDP, Bürokratieabbau werde nicht mit der Verordnung erreicht, entbehrt jedes fundierten Beleges. Es wird einfach so in den Raum ge- stellt, ohne es nachvollziehbar zu begründen. Einem sol- chen unpräzisen Argument etwas Vernünftiges zu erwi- dern fällt schwer. Ich will es dennoch versuchen. Durch die Verordnung wird größere Übersichtlichkeit und dadurch eine höhere Transparenz erreicht. Dies führt zur besseren Handhabbarkeit des Arbeitsstättenrechts, was bedeutet, mehr Effizienz insgesamt. In einem allge- meinen Teil werden die Rahmenbedingungen gesetzt. Mit der Novellierung der Arbeitsstättenverordnung wer- den die EU-Richtlinien vollständig umgesetzt und tech- nische Regelungen dazu erlassen. Im Anhang erfolgen diesbezüglich Konkretisierungen, die im Wesentlichen bisherige Regelungen übernehmen, allerdings darüber hinaus dafür Sorge tragen, dass die Schutzziele betriebs- nahe Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Im Übrigen werden Anforderungen an Arbeitsplätze konkreter ge- fasst als an andere Teile der Arbeitsstätte. Dass der Bundesminister mit der Vorlage seiner Ver- ordnung nicht „so falsch liegt“, zeigt auch schon die Be- handlung im Bundesrat. So hat der Unterausschuss Wirt- schaft und Arbeit des Bundesrates sich mit 13 zu 3 Stimmen für den Regierungsentwurf ausgesprochen. Eine weitere Befassung in mitberatenden Ausschüssen lässt ein ähnliches Abstimmungsergebnis erwarten. Als ein weiteres Argument gegen die Verordnung führt die FDP an, dass die Arbeitsstätte auf den Privatbe- reich ausgedehnt würde. In der Tat war dies im Ablauf der Beratungen ein Knackpunkt, der allerdings im Ver- fahren der Anhörungen, der Gespräche mit Wirtschafts- und Interessenverbänden schon lange ausgeräumt wurde. Der Anwendungsbereich wurde geändert und bezieht sich nun wieder auf das Betriebsgelände, mit Ausnahme der privaten Räumlichkeiten, wo Telearbeit abgeleistet wird. Hier hinkt der FDP Antrag der Realität also weit hin- terher. Und so ist das mit so ziemlich allem, was wir in diesem Antrag vorgelegt bekommen. Das betrifft näm- lich auch die Einlassungen zur Einsetzung eines „Aus- schusses für Arbeitsstätten“. d d E r b H K t h h „ D d z G b n a s g m s c U s v u n w B s d b d l t w A K z Z w s s d d w r (C (D Bisher war es so, dass die Arbeitsstättenrichtlinien urch Erlass des Ministers im Benehmen mit den Län- ern geändert oder neu eingeführt wurden. Durch die insetzung eines solchen Ausschusses wird das Verfah- en für die Praxis geöffnet. Ihm werden Vertreter aller etroffenen Fachkreise und die Sozialpartner angehören. ierdurch erhofft man sich eine größere Praxisnähe. Der onflikt, möglicherweise nicht mehr „die alleinige Kon- rolle“ über die Inhalte der Richtlinien zu haben, wurde ier zugunsten der Praxisnähe aufgewogen. Ebenso ver- ält es sich mit der Vermutung, das Verfahren über den Ausschuss Arbeitsstätten“ würde sich verlangsamen. ie erreichte Verbesserung im Bereich der Handhabung es Arbeitsstättenrechts und die damit verbundene Effi- ienzsteigerung stehen dieser bloßen Vermutung in der ewichtung gegenüber. Abschließend sei angemerkt, dass sich sowohl die Ar- eitgeberverbände als auch DGB sowie die Berufsge- ossenschaften für die Einrichtung dieses Ausschusses usgesprochen haben. Einzig die Architektenkammer prach sich dagegen aus. Wenn Sie von der FDP dies alles berücksichtigen, eht Ihr hier vorgelegter Antrag von falschen Grundprä- issen aus und gelangt so schlussendlich auch zu fal- chen Schlussfolgerungen. Bei einer besseren inhaltli- hen Begleitung des Verfahrens hätten Sie diesen mstand auch selbst registrieren können und hätten die- en Antrag hier nicht mehr zur Behandlung im Plenum orgelegt. Ich empfehle deshalb nicht nur meinen Kolleginnen nd Kollegen von den Regierungsfraktionen die Ableh- ung dieses Antrages, sondern dem ganzen Hause. Alexander Dobrindt (CDU/CSU): Auf eines können ir uns doch alle sehr schnell verständigen: Wir müssen ürokratie in Deutschland abbauen; wir müssen gemein- am daran arbeiten, die Belastungen, die vor allem für ie Wirtschaft, das heißt für Unternehmen und Betriebeestehen, zu verringern. Die Zahlen sind Ihnen alle bekannt. Über 40 Prozent er Unternehmen würden heute mehr Geld in Deutsch- and investieren, wenn sie von den Lasten der aufgehäuf- en Bürokratie befreit würden. Im gleichen Atemzug ürden diese Unternehmen natürlich auch wieder neue rbeitsplätze in Deutschland schaffen. Das ist auch sehr glaubhaft, da nach Schätzungen die osten für Bürokratie bei den KMUs bereits 1,5 bis 7 Pro- ent des Umsatzes ausmachen. Wenn sich zur gleichen eit eine Umsatzrendite von lediglich 1 bis 2 Prozent er- irtschaften lässt, dann wird deutlich, um welche Dimen- ionen von Belastungen es sich hier handelt. Ich nehme der Bundesregierung ab, dass sie gemein- am mit uns versucht, hier tätig zu werden. Aber daran, ass es immer gelingt, habe ich erhebliche Zweifel. Je- och darf man die Hoffnung nicht aufgeben; sie ist so- ieso das Einzige, was einem bei dieser Bundesregie- ung noch bleibt. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6077 (A) ) (B) ) Dennoch war es richtig, die Arbeitsstättenverordnung als eines der anschaulichsten Elemente für Überbürokra- tisierung einer grundlegenden Reform zu unterziehen und neu zu regeln. Wir alle kennen die Beispiele von vorgeschriebenen Raumtemperaturen für Bürotoiletten oder die exakt festgelegte Befestigungshöhe für Kleider- haken und Garderoben sowie vieles mehr. Dass mit die- sem bis zum blanken Unsinn ausgearteten Vorschriften- dschungel endlich Schluss sein muss, ist keine ganz neue Erkenntnis. Die Bundesregierung hat dennoch mit dem von ihr vorgelegten Text einer neuen Arbeitsstättenverordnung wieder nicht den großen Wurf gelandet. Zwar haben Sie den Verordnungstext erheblich zusammengeschrumpft; aber gleichzeitig haben Sie ein dickes Regelwerk hinten angehängt, was einen Großteil des Gestaltungswillens, den Sie hier erahnen lassen, doch wieder stark relativiert. Zu einer echten Entlastung von Unternehmen würde es kommen, wenn Sie den Ansatz der „flexiblen Grund- vorschrift“ konsequent durchgeführt hätten und eine echte Entrümpelung der Detailvorschrift durchgeführt hätten. Eine Vorschrift im Anhang zu den Anforderungen an Arbeitsstätten besagt, dass Glastüren in Augenhöhe ge- kennzeichnet sein müssen. Gehen Sie einmal mit offenen Augen durch die Gebäude des Bundes und prüfen Sie, ob dies erfüllt ist. Dabei ist es schon ein großer Fortschritt, dass die Kennzeichnung der Tür nicht im Detail geregelt ist, zum Beispiel mit einem rot-grünen Punkt. Man beantwortet nicht einmal die Frage, ob mit „Augenhöhe“ die Höhe der Augen eines durchschnittlichen, 30-jährigen, männ- lichen, blonden Mitteleuropäers ohne Wachstumsstörun- gen mit Schuhgröße 44 gemeint ist, ob wir zur Vermei- dung von Verletzungen vornehmlich an Kindern doch lieber die Standardhöhe der Kleiderständer im Kinder- garten für Drei- bis Sechsjährige als Maß nehmen oder ob rot-grüne Punkte mit geruchsneutralem Klebstoff und Anti-Rutsch-Beschichtung zu verwenden sind. Gewisse Fortschritte sind also erkennbar. Dennoch habe ich das Gefühl, dass die Bundesregie- rung in vielen Bereichen wieder in ihre alte Regelungs- wut zurückgefallen ist. Dies ist daran zu erkennen, dass sie in die neue Arbeitsstättenverordnung Vorschriften einbezogen hat, die deutlich über die europäische Ar- beitsstättenrichtlinie hinausgehen. Sie überregulieren bereits in den Begriffsbestimmun- gen. Nach dem Vorschlag der Bundesregierung „sind Ar- beitsstätten Orte in Gebäuden oder im Freien, die sich auf dem Gelände eines Betriebes, einer Baustelle oder im Privatbereich der Beschäftigten befinden“. Warum versuchen Sie hier, den Privatbereich zwingend einzube- ziehen? Sie wissen ganz genau, dass eine wie auch im- mer geartete Arbeitsstättenverordnung auf den Privatbe- reich – zum Beispiel bei Telearbeit oder auch bei klassischer Heimarbeit – überhaupt nicht sinnvoll an- wendbar sein kann. Oder wollen sie die geltenden Maß- stäbe für Stolperschwellen, Lichtverhältnisse und Raum- t A a c k G R g s b s lu d d a b e d v B V v n D s m n t b d U F s D D s (C (D emperaturen, die Lagerung von Gegenständen in rbeitsräumen, untergliedert nach arbeitsfremden und rbeitsbezogenen Gegenständen, auf die privaten Berei- he anwenden? Wenn Sie zu Hause ein Büro haben, den- en Sie einmal darüber nach, ob Sie allen Vorschriften enüge tun. Dies entspricht dem grundsätzlichen Misstrauen von ot-Grün gegenüber der Selbstverantwortung der Bür- er. Sie trauen den Menschen nichts zu. Offensichtlich ind Sie immer noch der Meinung, der Staat wisse alles esser und müsse die Bürger vor sich selbst beschützen. Wie sonst ist zu erklären, dass Sie in § 7 der Arbeits- tättenverordnung regeln: Bei der Unterweisung nach § 12 des Arbeitsschutz- gesetzes – offensichtlich gibt es hier also schon eine Rege- ng – hat der Arbeitgeber den Beschäftigten angemes- sene Informationen und Anweisungen zu geben, insbesondere über das Benutzen der Arbeitsstät- te … Jetzt kommt der entscheidende Punkt: Dies muss in für die Beschäftigten verständlicher Form und Sprache erfolgen. Gut, dass wir das geregelt haben. Aber ich sehe auch noch viel tiefer greifende Fehler in en Vorschlägen der Bundesregierung. Sie haben die Pflicht, nachzuweisen, dass entweder ie Arbeitsstättenverordnung eingehalten wird oder däquate Maßnahmen getroffen worden sind, beim Ar- eitgeber belassen – § 3 Abs 1. Wir plädieren hier für ine Beweislastumkehr. Die zuständige Behörde muss ie Beweislast für die Nichterfüllung der Arbeitsschutz- erordnung haben. Das würde so manchen unnötigen riefverkehr vermutlich sofort zum Stoppen bringen. or allem wären kleine und mittelständische Betriebe on einer riesigen Last befreit. Die KMUs haben Sie in Ihrem Entwurf übrigens gar icht erwähnt, obwohl 90 Prozent der Unternehmen in eutschland nicht mehr als 20 Mitarbeiter haben. Zwi- chen 3 500 und 4 500 Euro pro Mitarbeiter im Jahr üssen diese Unternehmen an Bürokratiekosten auf sich ehmen. Ich empfehle Ihnen dringend, diese besondere Situa- ion in Ihren Verordnungen zu berücksichtigen. Schrei- en Sie doch wenigstens hinein, dass bei der Beurteilung er Sachlage in Unternehmen die Belange der kleinen nternehmen besonders zu berücksichtigen sind. Wenn Sie richtig Mut hätten, dann erfüllten Sie unsere orderungen und stellten die kleinen und mittel- tändischen Unternehmen bis 20 Mitarbeiter von den etailregelungen der Arbeitsstättenverordnung frei. ann hätten Sie einmal wirklich etwas zur Entbürokrati- ierung beigetragen. 6078 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) ) (B) ) Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem vorliegenden Antrag versucht die FDP, sich wieder ein- mal als die oberste Deregulierungsfraktion zu profilie- ren. Und das anläßlich einer Verordnung der Bundesre- gierung, die endlich aufräumt mit einer ganzen Reihe von überflüssigen Vorschriften für Unternehmen bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen. Es ist schon ein trauriges Bild, wenn man 29 Jahre lang mitregiert, den Aufbau so vieler unsinniger Vorschriften mitgetragen hat, danach in der Opposition jahrelang nur laut nach Deregulierung schreit und dann, wenn die Regierung sinnvoll abgewo- gene Schritte in diese Richtung unternimmt, nichts ande- res zu bieten hat, als den Ruf nach einem unterschieds- losen Mehr. Man kann an diesem Beispiel sehr gut demonstrieren, wo bei den Themen Deregulierung und Bürokratieabbau die Unterschiede zwischen uns liegen. Für Sie geht es le- diglich um eine vollständige Entfesselung des Marktes, ums freie Hauen und Stechen und um eine Abschaffung möglichst vieler Regeln. Sie denken da eben bloß quan- titativ und dementsprechend fallen Ihnen ja auch bloß Verweise auf die hohe Zahl an Vorschriften für Unter- nehmen in Deutschland ein. Zugegeben, die ist zu hoch. Da sind wir uns ja einig. Deshalb arbeiten wir ja jetzt auch an einem Abbau von Bürokratie und überholter Re- gulierung. Doch für uns heißt das eben, eine sinnvolle Aufgabenkritik des Staates durchzuführen. Wir finden zum Beispiel nicht, dass der Staat die Lage von Licht- schaltern oder die Form von Abfalleimern im Kleinun- ternehmen zu regeln hat, und deshalb schaffen wir das jetzt auch ab. Das sollten Sie eigentlich begrüßen. Da sollten Sie mitziehen. Wir finden allerdings auch, dass der Arbeitsschutz und die Arbeitsplatzsicherheit ein hohes Gut sind, das man nicht einfach mit dem freidemokratisch-marktlibe- ralen Rasenmäher wegschneiden kann. Ich kann mir schon vorstellen, was Sie hier durchsetzen wollen, Sie hätten vermutlich gerne ein Niveau von Arbeitsschutz und Arbeitsplatzqualität, das etwa den osteuropäischen Billiglohnländern entspricht. Da unterscheiden wir uns eben. Aber Sie sitzen da einem, auch betriebswirtschaft- lich kontraproduktiven, Irrglauben auf: hohe Produktivi- tät in den deutschen Betrieben erreichen oder behalten zu können durch Wegfall von Arbeitsschutzstandards und hinkömmliche Arbeitsbedingungen. Manches ist überholt und gehört geändert, manches aber eben nicht, will man die Sicherheit der Beschäftigten am Arbeits- platz ausreichend gewährleisten und auch ihre Motiva- tion zu fleißiger Arbeit erhalten. Anstatt einfach alles vom Tisch zu wischen, haben wir deshalb auch einen Ausschuss gebildet, in dem Prak- tiker sitzen, Vertreter von Wirtschaft, Arbeitnehmer- schaft, Wissenschaft und Behörden, die im Einzelfall entscheiden werden, welche Vorschriften veraltet und unsinnig sind und welche nicht. Der Sinn dieser Aus- schüsse ist es gerade, solche Entscheidungen nicht wie bisher, alleine den Verwaltungsbeamten zu überlassen, sondern sie näher an die Praxis zu bringen. Ist dies etwa nicht in Ihrem Sinne? Auch das sollten Sie eigentlich be- grüßen, anstatt sich hier als Vorschriftenfresser zu insze- nieren. b s g im k A A g A r h d n is n w f 1 d v e s b in b v h k d g ü B E d n u B n g m T te H d g li r e E d R d t (C (D Sie behaupten in Ihrem Antrag, die Novelle zur Ar- eitsstättenverordnung weite den Begriff der Arbeits- tätte auf die Privatsphäre aus. Dazu muss ich Ihnen sa- en, dass bereits nach geltendem Recht die Arbeitsplätze häuslichen Bereich mit Normalarbeitsvertrag, also eine Heimarbeit und keine Haushaltshilfen, unter den nwendungsbereich des Arbeitsschutzgesetzes und der rbeitsstättenverordnung fallen. Sie gelten als ausgela- erte Arbeitsplätze des Unternehmens. Im Entwurf der rbeitsstättenverordnung wird somit also keine Erweite- ung, sondern lediglich eine Klarstellung dieses Sachver- altes vorgenommen. Sie kritisieren in Ihrem Antrag außerdem, dass der eutsche Arbeitsschutz noch über die EU-Richtlinie hi- ausgehe. Meine Damen und Herren, die EU Richtlinie t auch nicht dazu gedacht, das deutsche Arbeitsschutz- iveau auf Mindeststandard abzusenken. Ich weiß, so ürden Sie es gerne interpretieren, aber da liegen Sie alsch. Die deutsche Arbeitsstättenverordnung ist seit 975 in Kraft; die europäische Arbeitsstättenrichtlinie atiert von 1989 und enthält Mindestanforderungen, die on den Mitgliedstaaten übertroffen werden dürfen. Die uropäische Arbeitsschutzrahmenrichtlinie von 1989 ieht für die Mitgliedstaaten ein Schlechterstellungsver- ot vor: Die Umsetzung der europäischen Vorschriften nationales Recht darf nicht dazu genutzt werden, das estehende Schutzniveau zu senken. Die Zielsetzung der Novellierung der Arbeitsstätten- erordnung ist es, das Recht zu modernisieren, das heißt andhabbarer und transparenter zu machen. Eine Absen- ung der deutschen Standards auf die europäischen Min- eststandards ist auch gar nicht beabsichtigt. Im Übrigen eht der Entwurf der Arbeitsstättenverordnung nur dort ber die Mindeststandards der EU-Arbeitsstätten- und austellenrichtlinie hinaus, wo es wirklich geboten ist. inmal mehr: Für uns geht es um eine Aufgabenkritik es Staates, nicht um blinde Deregulierung. In der neuen Verordnung werden reihenweise unsin- ige Detailvorschriften gekippt. Wer hier wirklich mit nnötigen Vorschriften aufräumt, das ist nun einmal die undesregierung. Ich kann mir schon vorstellen, dass Ih- en das nicht gefällt, den selbst ernannten Kämpfern ge- en die Amtsschimmel. Doch Sie müssen das nun ein- al zur Kenntnis nehmen: Rot-Grün macht Schluss mit emperaturvorschriften in Pausenräumen, mit getrenn- n Toiletten in Kleinstbetrieben und mit der geregelten öhe von Umkleiden – nicht die gelben Liberalen, in iesem Falle vermutlich gelb vor Neid. Die Novelle zur Arbeitsstättenverordnung leistet eine anze Menge. Der Antrag der FDP Fraktion ist unsach- ch und überzogen. Wir werden ihn deshalb ablehnen. Birgit Homburger (FDP): Die von der Bundesregie- ung vorgelegte Reform der Arbeitsstättenverordnung ist in Fiasko. Die Novelle soll zu Bürokratieabbau und ntlastungen für die Wirtschaft führen. Fakt ist aber, ass auch weiterhin Details geregelt werden, die keiner egelung bedürfen. Und schlimmer noch: Fakt ist auch, ass sogar neue Regelungen hinzukommen, die zu wei- eren Belastungen der Wirtschaft führen und deshalb Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 6079 (A) ) (B) ) negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben werden. Es ist geradezu grotesk, wie die Bundesregie- rung ihre eigenen Absichtserklärungen durch ihr prakti- sches Handeln zunichte macht. Dabei sieht die neue Arbeitsstättenverordnung zu- nächst ganz gut aus. Von 58 Paragrafen sind nur noch zehn übrig geblieben. Tatsächlich hat es aber keine echteVerschlankung gegeben. Die Detailregelungen der alten Arbeitsstättenverordnung sind nämlich ganz überwie- gend lediglich in den Anhang verschoben worden. Und dieser Anhang gilt gemäß § 3 Abs. l als Bestandteil der neuen Verordnung. Das bedeutet im Klartext: Nach wie vor wird die Mindestgrundfläche von Büros gesetzlich vorgeschrieben. Nach wie vor wird die Beschaffenheit von Oberlichtern gesetzlich vorgeschrieben. Nach wie vor wird eine Mindestbewegungsfläche am Arbeitsplatz gesetzlich vorgeschrieben. Und nach wie vor wird ge- setzlich vorgeschrieben, dass in einem Waschraum flie- ßendes warmes und kaltes Wasser, Seife und ein Hand- tuch vorhanden sein müssen. Nach wie vor gehen damit die deutschen Vorschriften weit über die Mindestvor- schriften der EU hinaus. Aber das ist ja noch nicht alles. Der Anwendungsbe- reich der Arbeitsstättenverordnung wird in der Novelle sogar noch erweitert, weil der Begriff der Arbeitsstätte nun auch auf den Privatbereich ausgedehnt werden soll. Die Unternehmen werden damit verpflichtet, dafür zu sorgen, dass auch im häuslichen Bereich des Arbeitneh- mers alle Arbeitsplatzvorschriften eingehalten werden. Die Konsequenzen einer solchen Regelung wären für den Arbeitsmarkt verheerend, weil die Unternehmen mit immensen zusätzlichen Kosten konfrontiert würden. Sie müssten erstens notwendige Umbaumaßnahmen in den Privathaushalten ihrer Arbeitnehmer finanzieren und sie müssten zweitens die Einhaltung der Arbeitsplatzvor- schriften laufend überwachen. Glauben Sie im Ernst, ein Unternehmen schafft oder erhält unter solchen Bedingungen Telearbeitsplätze – Te- learbeitsplätze, die im Übrigen im Wesentlichen von Frauen besetzt sind? So torpedieren Sie ganz nebenbei auch noch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ganz zu schweigen vom Eingriff in die Privat- sphäre der Arbeitnehmer und ganz zu schweigen von der zusätzlichen Belastung der Aufsichtsbehörden. Doch damit nicht genug. Die vorgelegte Novelle zur Arbeitsstättenverordnung sieht einen neuen „Ausschuss für Arbeitsstätten“ vor. Seine Aufgabe soll es sein – ich zitiere –, „die Anwendung der Arbeitsstättenverordnung in der Praxis zu erleichtern.“ Durch die Schaffung dieses neuen Gremiums wird weder Bürokratie abgebaut noch werden Verfahren beschleunigt. Das Gegenteil steht zu befürchten. Die verfehlten Bemühungen der Bundesregierung zei- gen nur allzu deutlich, dass ein klares Konzept für die Deregulierung fehlt. Wenn wir wirtschaftlich wieder Fuß fassen wollen, wenn wir wieder Spielräume für unter- nehmerisches Handeln, für Investitionen und Innovatio- nen schaffen wollen, hilft uns diese halbherzige Flick- schusterei beim Bürokratieabbau nicht weiter. Die FDP- Bundestagsfraktion fordert die Bundesregierung des- h n g d D A t z G m – – – – – – – – – – (C (D alb auf, die geplante Novelle zur Arbeitsstättenverord- ung zurückzuziehen und einen neuen Entwurf vorzule- en. Wir brauchen endlich echten Bürokratieabbau und amit eine spürbare Entlastung der Unternehmen in eutschland. nlage 9 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 792. Sitzung am 17. Ok- ober 2003 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zu- ustimmen, einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 rundgesetz nicht zu stellen bzw. einen Einspruch ge- äß Artikel 77 Absatz 3 nicht einzulegen: Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Kran- kenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) Gesetz zu dem Übereinkommen vom 9. Septem- ber 1996 über die Sammlung, Abgabe und An- nahme von Abfällen in der Rhein- und Binnen- schifffahrt Ausführungsgesetz zu dem Übereinkommen vom 9. September 1996 über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt Gesetz zur Reform des Zulassungs- und Prü- fungsverfahrens des Wirtschaftsprüfungsexamens (Wirtschaftsprüfungsexamens-Reformgesetz – WPRefG) Gesetz zu dem Protokoll von Cartagena vom 29. Januar 2000 über die biologische Sicherheit zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt Gesetz zu dem Abkommen vom 30. Juli 2002 zwi- schen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französi- schen Republik über die deutsch-französischen Gymnasien und das deutsch-französische Abitur Gesetz zu dem Zusatzabkommen vom 5. Novem- ber 2002 zum Abkommen vom 11. April 1967 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppel- besteuerungen und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuer und der Grundsteuern Gesetz zu dem Vertrag vom 25. Februar 2002 über die Änderung des Grenzvertrages vom 8. April 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Nieder- lande Gesetz zu dem Vertrag vom 29. Juni 2000 über ein Europäisches Fahrzeug- und Führerscheininfor- mationssystem (EUCARIS) Gesetz zu dem Vertrag vom 24. Juni 2002 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen 6080 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 (A) (C) (B) ) – Gesetz zu dem Abkommen vom 17. August 2002 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Islamischen Republik Iran über die gegensei- tige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen – Gesetz zu dem Abkommen vom 30. März 1998 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Brunei Darussalam über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mit- geteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Drucksache 15/1613 Nr. 1.21 Drucksache 15/1613 Nr. 1.22 Drucksache 15/1613 Nr. 1.23 Drucksache 15/1613 Nr. 1.25 Drucksache 15/1613 Nr. 1.29 Drucksache 15/1613 Nr. 1.34 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 15/1280 Nr. 2.50 Drucksache 15/1280 Nr. 2.51 Drucksache 15/1547 Nr. 2.37 Drucksache 15/1547 Nr. 2.38 Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarats für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2002 – Drucksachen 15/1083, 15/1272 Nr. 1.3 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarats für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2002 – Drucksachen 15/1084, 15/1272 Nr. 1.4 – – Unterrichtung durch die Delegation der Interparlamentari- schen Gruppe der Bundesrepublik Deutschland über die 108. Interparlamentarische Konferenz vom 6. bis 12. April 2003 in Santiago, Chile – Drucksachen 15/1166, 15/1380 Nr. 1 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- tung abgesehen hat. Rechtsausschuss Drucksache 15/1280 Nr. 2.13 Drucksache 15/1280 Nr. 2.16 Drucksache 15/1280 Nr. 2.25 Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Drucksache 15/1547 Nr. 2.22 Drucksache 15/1547 Nr. 2.55 Drucksache 15/1547 Nr. 2.60 Drucksache 15/1547 Nr. 2.100 Drucksache 15/1547 Nr. 2.107 Drucksache 15/1547 Nr. 2.108 Drucksache 15/1547 Nr. 2.111 (D Drucksache 15/1547 Nr. 2.41 Drucksache 15/1547 Nr. 2.45 Drucksache 15/1547 Nr. 2.47 Drucksache 15/1547 Nr. 2.56 Drucksache 15/1547 Nr. 2.64 Drucksache 15/1547 Nr. 2.67 Drucksache 15/1547 Nr. 2.71 Drucksache 15/1547 Nr. 2.85 Drucksache 15/1547 Nr. 2.88 Drucksache 15/1547 Nr. 2.101 Drucksache 15/1547 Nr. 2.109 Drucksache 15/1547 Nr. 2.110 Drucksache 15/1547 Nr. 2.119 Drucksache 15/1547 Nr. 2.130 Drucksache 15/1547 Nr. 2.131 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 15/1280 Nr. 2.52 Drucksache 15/1547 Nr. 2.11 Drucksache 15/1547 Nr. 2.49 Drucksache 15/1547 Nr. 2.50 Drucksache 15/1547 Nr. 2.51 Drucksache 15/1547 Nr. 2.52 Drucksache 15/1547 Nr. 2.62 Drucksache 15/1547 Nr. 2.74 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 15/1280 Nr. 1.4 Drucksache 15/1280 Nr. 2.1 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 15/1547 Nr. 1.13 Berichtigung Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- heit hat anstelle der in der AMoV zur 46. Sitzung mitgeteilten Vorlage Drucksache 15/503 Nr. 1.3 die Vorlage Druck- sache 15/611 Nr. 2.29 zur Kenntnis genommen. 70. Sitzung Berlin, Freitag, den 24. Oktober 2003 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507000000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Interfraktionell ist vereinbart worden, die heutige Ta-

gesordnung um die in einer Zusatzpunktliste aufgeführ-
ten Punkte zu erweitern:
ZP 5 a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des

BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs ei-
nes Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches
Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze
– Drucksache 15/1830 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs ei-
nes Dritten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches
Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze
– Drucksache 15/1831 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)


A
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Redet
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Heinrich L.
Kolb, Dirk Niebel, Daniel Bahr (Münster), weiteren Abgeord-
neten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Beendigung der Frühverrentung
– Drucksache 15/1810 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung un
Landwirtschaft

(C (D ung 4. Oktober 2003 0 Uhr Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO d)

BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Eckpunkte für die Wei-
terentwicklung der Rentenreform des Jahres 2001 und zur
Stabilisierung des Beitragssatzes in der gesetzlichen Ren-
tenversicherung
– Drucksache 15/1832 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

Die Abgeordnete Lötzsch hat Widerspruch gegen die
ufsetzung der Rentengesetze angemeldet und verlangt
ine Geschäftsordnungsdebatte.
Das Wort zur Geschäftsordnung erteile ich der Kolle-

in Gesine Lötzsch.

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1507000100


ext
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen
von Petra Pau und mir, also namens der PDS im Bundes-
tag, beantrage ich die Absetzung des Zusatzpunktes
Rente von der Tagesordnung. Die Gesetzentwürfe sind
erst gestern Abend von den Regierungsfraktionen be-
schlossen und danach dem Parlament zugeleitet worden.
Um 23.30 Uhr wurden sie vom Etagenservice bei uns
verteilt.

Gestern Vormittag wurde uns ein noch nicht bestätig-
ter Entwurf zugestellt. Aber wir reden hier im Deutschen
Bundestag nicht über Dinge, die einfach so entworfen
wurden, sondern über Vorlagen, die dem Parlament ent-
sprechend den Regeln der Geschäftsordnung zugeleitet

tone das so ausdrücklich, weil mir bei
enheit – es ging um die Gesundheitsre-
lamentarische Geschäftsführer der SPD-
m Schmidt meinte vorwerfen zu müssen,
d

wurden. Ich be
ähnlicher Geleg
form – der Par
Fraktion Wilhel






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch

ich wolle durch Verfahrenstricks Reformen in Deutsch-
land verhindern. Diesen Vorwurf will ich für die heutige
Debatte vorsorglich zurückweisen. Wo kommen wir
denn hin, wenn diejenigen, die die Einhaltung einiger
weniger Grundregeln fordern, als Trickser bezeichnet
werden und diejenigen, die die Regeln verletzen, also
Gesetze erst um Mitternacht zuleiten, andere der Trick-
serei bezichtigen dürfen!


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Ich wundere mich, verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen von CDU/CSU und FDP, dass Sie dieses Spiel mit-
machen. Ohne Ihr Einverständnis könnten die Regie-
rungsfraktionen nicht so mit dem Parlament verfahren.
Aber wie ernst nehmen Sie sich noch als Parlamentarier?

Meine Damen und Herren von der Koalition, es geht
doch wohl vor allen Dingen um Druck auf die eigenen
Fraktionskollegen. Angebliche Alternativlosigkeit soll
mit Zeitdruck untermauert werden. Ich kann Ihnen das
an einem Beispiel erläutern. Heute Morgen hörte ich im
Radio einen Tipp der Verbraucherzentrale. Dabei ging es
um das Locken mit Rabatten. Küchen werden um
40 Prozent günstiger angeboten, aber nur heute. Ein Mit-
arbeiter der Verbraucherzentrale erklärte, dabei handele
es sich um psychischen Druck, dem viele erliegen wür-
den. Später werde der Kauf bereut.

Bei uns geht es aber nicht um den Kauf einer Küche
für die eigene Wohnung, sondern um Entscheidungen,
die das Leben von Millionen Menschen in diesem Land
betreffen. Dabei ist Seriosität und Gründlichkeit ange-
sagt.

Deshalb verlangen wir die Absetzung der Beratung
über die Schnellschussgesetze von der heutigen Tages-
ordnung.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507000200

Ich erteile das Wort dem Kollegen Uwe Küster, SPD-

Fraktion.


Dr. Uwe Küster (SPD):
Rede ID: ID1507000300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-

ren! Die fraktionslosen Abgeordneten widersprechen der
Aufsetzung zweier Gesetzentwürfe zur Änderung des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze.
Mit diesen Gesetzen sollen kurzfristige Maßnahmen im
Bereich der Rentenversicherung ergriffen werden. Es soll
sichergestellt werden, dass der Rentenversicherungsbei-
trag stabil bei 19,5 Prozent bleibt.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die beiden Ge-
setzentwürfe noch in diesem Jahr beschlossen werden.
Trotz unterschiedlicher Haltung in der Sache sind alle
Fraktionen einverstanden, dass wir heute in die erste Be-
ratung eintreten und unverzüglich mit den Ausschussbe-
ratungen beginnen.

Ich halte dies für sehr angemessen und es ist auch ver-
fahrensökonomisch gut, weil wir auf diese Art und

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(C (D eise eine Sondersitzung am kommenden Dienstag vereiden. Wenn wir heute in die erste Beratung eintreten nd dann mit den Ausschussberatungen beginnen, könen wir die nächste Woche für Anhörungen und andere inge nutzen. Die hier zu beratenden Gesetzentwürfe sind auch den raktionslosen Abgeordneten, wie sie auch bestätigt haen, gestern früh vorab zugeleitet worden. Sie hatten geügend Zeit, die Gesetzentwürfe zur Kenntnis zu nehen, sich mit ihnen auseinander zu setzen und ihre altung dazu zu erarbeiten. Der Geschäftsordnungsanrag der beiden fraktionslosen Abgeordneten ist demach abzulehnen. Ich bitte um Ihre Zustimmung. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507000400

Wir kommen zur Abstimmung über den interfraktio-

ellen Antrag auf Aufsetzung, wobei von der Frist für
en Beginn der Beratung abgewichen werden soll. Wer
timmt für den Aufsetzungsantrag? – Wer stimmt dage-
en? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag auf Aufset-
ung der Zusatzpunkte 5 a bis 5 d mit den Stimmen des
auses gegen die Stimmen der beiden fraktionslosen
bgeordneten beschlossen.
Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Fortsetzung und Erweiterung der Beteiligung
bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem
Einsatz einer Internationalen Sicherheitsun-
terstützungstruppe in Afghanistan auf Grund-
lage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. De-
zember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002,
1444 (2002) vom 27. November 2002 und 1510

(2003) vom 13. Oktober 2003 des Sicherheits-

rats der Vereinten Nationen
– Drucksachen 15/1700, 15/1806 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gert Weisskirchen (Wiesloch)

Dr. Friedbert Pflüger
Dr. Ludger Volmer
Dr. Werner Hoyer
Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung
– Drucksache 15/1822 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Antje Hermenau
Lothar Mark
Herbert Frankenhauser
Dietrich Austermann
Jürgen Koppelin

Über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der
undesregierung werden wir später namentlich abstim-
en.






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für

die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Bundes-
minister Peter Struck das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Peter Struck (SPD):
Rede ID: ID1507000500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die internationale Staatengemeinschaft steht an
einem Wendepunkt in ihrer Afghanistanpolitik. Sie geht
neue Wege, um Stabilität und Sicherheit im ganzen Land
voranzubringen. Wir, die Bundesrepublik Deutschland,
übernehmen heute zusätzliche Verantwortung auf der
Grundlage der neuen Resolution des Sicherheitsrates
vom 13. Oktober.

Deutschland hat eine besondere Verantwortung für
dieses Land – historisch bedingt, aber auch bedingt
durch die Petersberg-Konferenz, die wir in unserem
Land durchgeführt haben. Wir beteiligen uns an dem
ISAF-Mandat – wir haben die Leitfunktion für das Man-
dat übernommen –, wir sind federführend bei dem Auf-
bau der Polizei und wir leisten andere Unterstützungen
für dieses arme, geschundene Land.

Der Erfolg des ISAF-Prozesses in Afghanistan lässt
sich sehen. Ich bin jedem Kollegen und jeder Kollegin
aus diesem Hause dankbar, die unsere Soldatinnen und
Soldaten in Afghanistan besuchen, weil sie dort selbst
erleben können, welch wichtige Aufgabe die Bundes-
wehr in diesem Land wahrnimmt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Angehörigen der Bundeswehr in Afghanistan
sind keine Besatzungssoldaten, sondern sind Helfer in
Uniform.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU] und des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


Das wird einem täglich deutlich, wenn man, wie ich, öf-
ter in diesem Land ist und in die Augen der Menschen in
Afghanistan blickt.

Das Land ist allerdings noch nicht befriedet. Zeichen
der Stagnation sind unübersehbar und es besteht die Ge-
fahr von Rückschlägen. Es geht uns mit unserer Initia-
tive, die die Vereinten Nationen dankenswerterweise
aufgegriffen haben, darum, die Durchsetzungsfähigkeit
der Zentralregierung zu erhöhen. Außerdem wollen wir
den Verfassungsprozess und die Wahlen im nächsten
Jahr aktiv begleiten und unterstützen.

Zurzeit sind etwa 1 800 Soldaten im Rahmen des vom
Bundestag beschlossenen Mandates in Kabul stationiert.
Das Vertrauen gegenüber deutschen Soldaten ist dort
sehr viel höher als gegenüber denen einiger anderer Na-
tionen. Deshalb wollen wir diese besondere Verantwor-
tung auch übernehmen.

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(C (D Die Bundesregierung hat sich entschieden, dies alles nter dem Mandat der internationalen Schutzund Aufautruppe ISAF als eine so genannte ISAF-Insel in der rovinz Kunduz zu beginnen. Damit gehen wir einen euen Weg. Bei dem vom Bundestag beschlossenen andat für ein Jahr wird man sicherlich auch erleben önnen – das will ich gerne zugestehen –, dass wir noch iniges ändern müssen. Wir gehen bei unserem Einsatz n diesem Land auch nach der Methode „learning by dong“ vor. Unser Konzept für die so genannten Wiederaufbau eams unterscheidet sich von dem, was die Amerikaner isher hatten. Der Bevölkerung soll eine Friedensperpektive aufgezeigt werden, um damit radikalen Elemenen in diesem Land den Boden zu entziehen. Deshalb teht bei unserem Konzept der zivile Wiederaufbau im ordergrund. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist, auch in den Ausschüssen, oft die Frage gestellt
orden, warum wir ausgerechnet Kunduz gewählt ha-
en. Wie Sie wissen, haben wir von Erkundungsteams
ie Lage auch in anderen Regionen dieses Landes unter-
uchen lassen. Für Kunduz sprechen die Sicherheitslage
nd die Kooperationsbereitschaft der lokalen Autoritä-
en. Darüber hinaus gibt es in der Provinz Kunduz wie in
en drei benachbarten Provinzen – der Bundestag erteilt
as Mandat für die ganze Region Kunduz – gute Chan-
en für den Wiederaufbau.
Ich kann nicht verstehen, dass uns vorgeworfen wird,
ir hätten uns bewusst für eine relativ sichere Region
ntschieden. In Afghanistan ist alles relativ. Dass man
on Stabilität und Sicherheit in unserem Sinne im gan-
en Land nicht sprechen kann, weiß jeder, der die Nach-
ichten sieht. Ich als Bundesminister der Verteidigung
abe die Verantwortung für das Leben der Soldatinnen
nd Soldaten. Deswegen bin ich froh, dass wir nicht in
ine Region gehen, in der man jeden Tag mit Anschlä-
en auf die Bundeswehrangehörigen rechnen muss. Wir
issen dass es nicht ungefährlich ist. Ich denke, jedes
itglied dieses Hauses, das diesem Mandat zustimmen
ird, ist sich der Verantwortung bewusst.
Ich habe auch Verständnis für die Kolleginnen und
ollegen – das will ich hier ausdrücklich sagen –, die
ich aus bestimmten Gründen nicht entschließen können,
iesem Einsatz zuzustimmen. Ich finde, das muss jeder
it sich selbst abmachen. Trotzdem glaube ich, dass wir
it diesem Konzept dem Land helfen und verhindern
önnen, dass dieses Land Ausgangsbasis für terroristi-
che Aktivitäten in der Welt wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In Afghanistan ist der Einsatz insgesamt acht solcher
iederaufbauteams geplant. Einige sind sogar schon
orhanden. Die USA haben in Kunduz, Gardez, Jalala-
ad je ein Team; wir übernehmen von ihnen den Einsatz-
rt Kunduz. Von den USA sind weitere Teams in Herat,
andahar und Charikar geplant. Neuseeland übernimmt






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Peter Struck

ein Team in Bamian. Großbritannien hat ein solches
Team in Mazar-i-Scharif schon installiert.

Aufgaben unserer Soldatinnen und Soldaten in Kun-
duz sind, durch Patrouillenfahrten und -gänge einen Bei-
trag zur Herstellung eines sicheren Umfeldes für die zi-
vilen Wiederaufbauhelfer zu leisten, die afghanischen
Sicherheitskräfte bei der Erfüllung ihrer Aufgabe zu un-
terstützen und die zivilen Wiederaufbauhelfer zu schüt-
zen. Wir werden, wenn es sich im Laufe des nächsten
Jahres ergibt, auch so genannte zivil-militärische Aktivi-
täten in den Provinzen installieren.

Aufgabe der Angehörigen der Bundeswehr ist aus-
drücklich nicht die Drogenbekämpfung; das will ich
vor dem Plenum betonen. Dafür sind die Soldatinnen
und Soldaten nicht da. Die Drogenbekämpfung ist Auf-
gabe der afghanischen Kräfte, der afghanischen Polizei
und der afghanischen Armee, und Aufgabe der Füh-
rungsnation Großbritannien, die sich dazu verpflichtet
hat, Hilfe zu leisten.

Wir werden in ganz Afghanistan, also außerhalb von
Kunduz, nur in einem Ausnahmefall Soldatinnen und
Soldaten einsetzen. Das betone ich hier, weil das in den
Diskussionen in den Fraktionen eine Rolle gespielt hat.
Die Debatten, die von den Fraktionen dazu angeregt
worden sind, waren für die Erkenntnisbildung der Bun-
desregierung durchaus hilfreich.

Es wird voraussichtlich Mitte des nächsten Jahres
Wahlen in Afghanistan geben. Wir wollen im Rahmen
des Mandats mit militärischem Personal diese Wahlen
absichern und Unterstützung leisten.

Ich sage hier, dass jeder Soldat und jede Soldatin, die
in diesem Land außerhalb von Kabul oder Kunduz tätig
werden sollen, das nur dürfen, wenn ich die Genehmi-
gung dazu erteile. Dies wird also unter dem Genehmi-
gungsvorbehalt des Ministers stehen. Ich werde die
Fraktionen des Deutschen Bundestages vor der Erteilung
einer solchen Genehmigung über die gegebene Situation
informieren. Ich versichere auch, dass ich eine solche
Genehmigung nicht erteilen werde, wenn es aus dem
Kreise der Fraktionen erhebliche Bedenken geben sollte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU])


Wir streben auch die Beteiligung anderer Nationen an
unserem Wiederaufbauteam in Kunduz an. Ich habe mit
den Kolleginnen und Kollegen aus unseren europäischen
Nachbarstaaten viele Gespräche geführt. Wenn der Bun-
destag heute entsprechend beschließt, werden sofort
konkrete Gespräche mit den Nationen aufgenommen. In-
teresse an einer Beteiligung an unserem Team haben die
Niederlande, Belgien, Norwegen, Schweden, Finnland,
Italien und Tschechien angemeldet. Vielleicht kommt
auch noch das eine oder andere Land hinzu.

Es geht nicht darum, dass dadurch das Kontingent der
Bundeswehr von zunächst geplanten 230 Soldaten deut-
lich verringert werden könnte, sondern es geht darum,
dass wir den Afghanen in Kunduz über Verbindungsele-
mente und über die Beteiligung auch nur einiger weniger

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(C (D oldaten aus anderen Ländern deutlich machen, dass icht nur Deutschland, sondern auch viele andere Staan diesem Land aus seiner Misere und aus seinen chwierigkeiten heraushelfen wollen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In unserem letzten bilateralen Gespräch haben wir
it den Vereinigten Staaten vereinbart, dass es in Kun-
uz ein US-Verbindungselement geben wird und dass
m Notfall – wie auch in Kabul – Hilfe bei der Evakuie-
ung deutscher Staatsbürger, auch deutscher Soldaten,
eleistet wird. Russland und Frankreich haben sich be-
eit erklärt, durch ein Transitabkommen bzw. durch die
ereitstellung von Transportkapazitäten nach Kabul
nd Kunduz Unterstützung zu leisten. Im Rahmen des
SAF-Mandats sind in Kabul gegenwärtig insgesamt
2 Nationen – 18 davon sind NATO-Staaten – tätig. Die
ührungsverantwortung bleibt bei der NATO; Kunduz
ird integriert. Die Planungen in der NATO sind weit
ortgeschritten und werden in Kürze abgeschlossen
ein.
Meine Damen und Herren, ich betone auch, dass es

ine klare Abgrenzung zwischen den Operationen ISAF
nd Enduring Freedom gibt. Das Aufbauteam in Kun-
uz steht unter dem Mandat von ISAF – also Internatio-
ale Schutz- und Aufbautruppe – und damit unter der
ilitärischen Verantwortung der NATO. Wenn der Bun-
estag heute Mittag entsprechend beschließt, werden wir
nverzüglich ein Vorkommando von 27 Soldaten auf den
eg schicken, das die technischen Fähigkeiten abzuklä-

en hat. Sie werden also heute Mittag fliegen und abklä-
en, wo unsere Soldaten untergebracht werden können
nd wie der Aufwuchs vonstatten gehen kann.
Die Erweiterung dieses Bundeswehreinsatzes wird

icht ohne finanzielle Konsequenzen bleiben. Aufgrund
ntsprechender Fragen – diese wurden auch gestern im
aushaltsausschuss gestellt – will ich deutlich betonen,
ass wir alles tun werden, was für die Sicherheit unserer
oldatinnen und Soldaten erforderlich ist. Trotz der be-
annten finanziellen Zwänge ist dieses Mandat auch
inanziell abgesichert. Ich erkläre, dass alle Soldatinnen
nd Soldaten, die in Kunduz tätig sein werden, genauso
ie diejenigen, die in Kabul, auf dem Balkan oder am
orn von Afrika tätig sind, mit dem Material und den
ystemen ausgestattet werden, die sie benötigen, um ih-
en Auftrag zu erfüllen, und durch die ihre persönliche
icherheit bestmöglich garantiert werden kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In den nächsten Monaten werden wir sehen, ob das
on Deutschland begonnene Experiment, den zivilen
iederaufbau in den Vordergrund der Aktivitäten in Af-
hanistan zu stellen, gelingt oder nicht. Es wird umso
esser gelingen können, wenn der Deutsche Bundestag
en Soldatinnen und Soldaten ein möglichst breites Un-
erstützungsvotum mit auf den Weg gibt. Darum bitte ich
ie sehr herzlich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507000600

Ich erteile das Wort Kollegen Wolfgang Schäuble,

CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Wolfgang Schäuble (CDU):
Rede ID: ID1507000700

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stimmt dem Antrag
der Bundesregierung zu.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Entscheidung fällt allen Kolleginnen und Kollegen
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht leicht. Ich füge
hinzu: Die Bundesregierung hat uns die Entscheidung
auch nicht leicht gemacht.

Die Entscheidung fällt uns nicht leicht, weil es ein ge-
fährlicher Einsatz für die Soldatinnen und Soldaten der
Bundeswehr ist; der Verteidigungsminister hat dies be-
reits gesagt. Auch wenn die Lage in Kunduz relativ sta-
bil ist, bleibt es ein risikoreicher und übrigens auch ent-
behrungsreicher Einsatz.

Die Entscheidung ist uns aber auch deshalb nicht
leicht gefallen, weil die Bundesregierung – das muss ich
zu dieser Stunde sagen – in der Begründung ihrer An-
träge nicht sorgfältig gearbeitet hat, was künftige Zu-
stimmungen zu solchen Einsätzen angeht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Vor der Sommerpause gab es eine Unterrichtung der
Fraktionsvorsitzenden, bei der auch die Zustimmung für
eine Erkundungsmission nach Herat erbeten wurde.
Ein wirkliches Ergebnis der Erkundungsmission nach
Herat haben wir nie bekommen. Stattdessen haben wir
gehört, dass ein Einsatz in Kunduz geplant ist.

Ich respektiere all das, was der Verteidigungsminister
eben gesagt hat. Dennoch möchte ich darauf hinweisen,
dass nicht alle Menschen in unserem Lande verstanden
haben, warum nach Herat eine zivile Mission ohne mili-
tärischen Schutz durch die Bundeswehr entsandt wird,
während in das stabilere Kunduz eine zivile Mission mit
militärischen Schutz durch die Bundeswehr entsandt
wird. Wir bräuchten eine sorgfältiger erarbeitete Erklä-
rung dafür, um insbesondere die Nichtregierungsorgani-
sationen im Bereich der Entwicklungshilfe besser davon
überzeugen zu können, als dies bisher offensichtlich
– auch nach jüngsten Meldungen – gelungen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir haben auch nie eine wirklich überzeugende Er-

klärung dafür bekommen, was sich in dem Petersberg-
Prozess eigentlich verändert hat. Insbesondere Sie, Herr
Bundesaußenminister, haben noch im Dezember des ver-
gangenen Jahres amtlich erklärt, dass eine Ausweitung
des Bundeswehrengagements in Afghanistan über Kabul
hinaus im Rahmen des ISAF-Prozesses nicht infrage
komme. Das hat sich geändert. Daher muss darüber ge-
redet werden, welche Erwartungen, die mit den Afgha-
nistan-Konferenzen auf dem Petersberg verbunden
waren, sich nicht erfüllt haben und was wir nun machen

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(C (D üssen, damit der Westen und die freie Welt in Afghaistan nicht scheitern. Deswegen stimmen wir, obwohl ie es uns nicht leicht gemacht haben, Ihrem Antrag zu. Ich will eine Bemerkung hinzufügen: Es ist in Ord ung, dass der Verteidigungsminister jetzt eine Eingrenung der Ausweitung des Mandats über die Region Kunuz hinaus vorgenommen hat. Die Opposition hat aber rst durch den Antrag erfahren, dass eine solche Ausweing vorgesehen war. Es gab keine Unterrichtung seitens er Bundesregierung; noch nicht einmal der Ausschuss t darüber informiert worden. (Karin Kortmann [SPD]: Falsche Darstellung!)


Das war so, gnädige Frau Kollegin. Wenn wir das nicht
eklärt hätten, wäre es nicht geklärt worden. Dass dies
ber geklärt werden musste, hat der Verteidigungsminis-
er soeben gesagt. Arbeiten Sie bitte in der Zukunft sorg-
ältiger, meine Damen und Herren von der Bundesregie-
ung!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Herr Kollege Erler, wir schicken Soldaten der Bun-

eswehr in einen gefährlichen Einsatz.

(Gernot Erler [SPD]: Allerdings!)


ir machen es uns als Opposition nicht leicht; aber
timmen diesem Antrag zu. Es ist aber wirklich nicht zu
iel verlangt, wenn wir von der Bundesregierung die
otwendige Sorgfalt bei der Vorbereitung solcher Ent-
cheidungen einfordern. Das sollten Sie respektieren und
nterstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir stimmen dem Antrag zu, weil es falsch wäre, sich

us Afghanistan zurückzuziehen, und weil es richtig ist,
ass das ISAF-Mandat, begrenzt auf Kabul, im Prozess
er Stabilisierung Afghanistans über Kabul hinaus seine
egründung verliert. Wir stehen vor der Alternative, uns
ntweder aus Afghanistan zurückzuziehen oder über Ka-
ul hinaus für Stabilität zu sorgen. Daher ist die Erweite-
ung und Fortsetzung der Beteiligung richtig. Wir wer-
en dem Antrag zustimmen.
Ein Rückzug aus Afghanistan wäre eine dramatische
iederlage im Kampf gegen den internationalen Terro-
ismus. Herr Verteidigungsminister, diese Abstimmung
st keine einfache Frage, bei der Sie so einfach hinneh-
en können, dass Mitglieder dieses Hauses eine andere
einung haben. Wir alle stehen in der Verantwortung

ür diese Entscheidung, bei der es um die Sicherheit der
enschen auch in Deutschland geht. Wenn der internat-
nale Terrorismus obsiegen würde, wäre die Sicherheit
icht nur in Amerika und Afghanistan, sondern auch in
uropa bzw. in Deutschland gefährdet. Deswegen stim-
en wir dem Antrag zu. Diese Zusammenhänge muss
ich jeder klar machen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir werden – das ist seit den Petersberg-Konferenzen
eutlich geworden; das gilt für das Bemühen um eine
lobale Weltordnung insgesamt – respektieren und






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Schäuble

akzeptieren müssen, dass sich ein Land wie Afghanistan
nicht nach unseren Vorstellungen von staatlicher Organi-
sation in Europa entwickeln wird. Entwicklungsstand,
kulturelle Erfahrungen und Herkunft sind völlig unter-
schiedlich. Wer glaubt, man könne mit noch so viel Be-
mühen Afghanistan zu einem Land machen, das unseren
Vorstellungen von einem Land in Europa entspricht, der
wird scheitern; denn das wird in Afghanistan nicht gelin-
gen.

Wenn ich sage, dass wir das respektieren müssen,
dann müssen wir aber auch Folgendes zur Kenntnis neh-
men: Wir können und dürfen bei allen Unterschieden in
Kultur, Tradition, Herkunft, Erfahrung und Entwick-
lungsstand nicht akzeptieren, dass ein Land wie Afgha-
nistan zur Basis für die Ausbildung von Terroristen wird,
die die Sicherheit der Menschen überall in der Welt be-
drohen. Auch können wir als Weltgemeinschaft nicht ak-
zeptieren, dass Länder zur Versorgung der Menschheit
mit lebensgefährdenden Drogen beitragen.

Es ist richtig – diese Klarstellung haben Sie vorge-
nommen; darin stimmen wir überein –, dass die Solda-
ten der Bundeswehr den Drogenanbau nicht mit den
militärischen Mitteln der Bundeswehr bekämpfen kön-
nen. Das wäre unverantwortlich. Die Mittel dafür wä-
ren völlig unzureichend. Das ist nicht möglich. Richtig
ist aber auch – das ist das Problem mit Herat und Kun-
duz und den Veränderungen nach dem Petersberg-Pro-
zess; darüber muss ebenso gesprochen werden –, dass
wir bei aller Kooperation mit den lokalen Machtha-
bern, mit denen wir zusammenarbeiten müssen, um die
Soldaten nicht in unvertretbare Risiken zu schicken,
verlangen müssen, dass sie zum einen nicht mit Terro-
risten zusammenarbeiten und zum anderen nicht den
Drogenanbau fördern und davon profitieren. Sie müs-
sen ihn vielmehr bekämpfen. Es macht keinen Sinn, Po-
lizeikräfte auszubilden, wenn die Machthaber trotzdem
vom Drogenanbau profitieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bundesregierung muss ein Konzept entwickeln

und vorlegen. Das kann sie nicht allein machen. Sie
muss in internationaler Zusammenarbeit dafür sorgen,
dass durch Druck auf die lokalen Machthaber und die
Anrainerstaaten sichergestellt wird, dass Afghanistan
nicht in noch stärkerem Maße zum Drogenlieferanten
der Menschheit wird. Als ich als Bundesinnenminister
– das ist schon einige Jahre her – an einer Sondervollver-
sammlung der Vereinten Nationen in New York teilge-
nommen habe, war das Hauptthema Nummer eins die
Weltdrogenbekämpfung. Wir dürfen dies heute auch in
Afghanistan nicht als nachrangiges Problem betrachten.
Deswegen erwarten wir von der Bundesregierung bes-
sere und mehr konzeptionelle Überlegungen, wie es mit
dem Drogenanbau in Afghanistan weitergeht. Es darf
nicht sein, dass wir für mehr Stabilität sorgen, damit der
Drogenanbau in Afghanistan erleichtert wird. Das wäre
eine falsche Entwicklung. Dieses Problem darf man
nicht vernachlässigen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D Dafür brauchen wir in internationaler Zusammenareit ein Konzept. Wir stimmen dem Antrag zu, weil das arlament letzten Endes keine internationale Zusamenarbeit leisten kann. Dafür haben wir eine Regierung, ie dies gut oder schlecht machen kann. Mit unserer Zutimmung zu ihrem Antrag werden wir die Regierung icht von der Verpflichtung entbinden, dass nur sie für ine zielführende Konzeption verantwortlich ist, mit der ir den Soldaten der Bundeswehr genau erklären könen; was sie im Hinblick auf die Entwicklung in Afghaistan leisten. In welchem Zeitraum erwarten wir eine Entwicklung Afghanistan, die ermöglicht, dass man den Soldaten er Bundeswehr sagen kann: Ihr habt euren Auftrag erolgreich erfüllt? – Wir brauchen Ziel und Perspektive. on dieser Verantwortung kann die Bundesregierung uch nicht durch die Zustimmung des Bundestages entunden werden. Das muss klargestellt sein. Ihren Äußerungen zur Finanzierung des Einsatzes, err Bundesverteidigungsminister, stimmen wir zu, weil ir davon überzeugt sind, dass die Soldaten der Bundesehr, die wir in diesen und in andere Einsätze mit unseer Zustimmung entsenden, in der Tat so ausgestattet ind, dass sie ihren Einsatz erfüllen können und dass sie, oweit es überhaupt möglich ist, vor persönlichen Risien geschützt sind. Wären wir davon nicht überzeugt, ürden wir dem Antrag der Bundesregierung nicht zutimmen. Aber das Problem der Finanzierung der Bundeswehr st damit natürlich nicht erledigt. Es reicht eben nicht us, die Soldaten, die wir in Auslandseinsätze entsenden, o auszustatten, dass sie diese Einsätze erfüllen können, en Rest der Bundeswehr in Deutschland aber mehr oder eniger vor die Hunde gehen zu lassen. Das ist nämlich as Problem. Wenn Sie sagen, dass Sie im Zuge der paramentarischen Beratungen für eine Finanzierung der undeswehr sorgen – gleichwohl sagt der Antrag der undesregierung zur Finanzierung überhaupt nichts aus; eswegen können unsere Kollegen im Haushaltsauschuss dem ja auch nicht zustimmen –, gleichzeitig aber eim nächsten Tagesordnungspunkt, im Zusammenhang it der Rentendebatte, eine globale Minderausgabe bechließen, von der auch der Verteidigungshaushalt beroffen ist, (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Wesentlich!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ann ist das ein bisschen zu wenig.
Ich will den Zusammenhang darstellen. Letzten En-

es leisten die Soldaten der Bundeswehr den Dienst für
ie Sicherheit unseres Landes und für die Sicherheit un-
erer Menschen, also von uns allen. Sie leisten einen ge-
ährlichen Dienst; wir schulden ihnen dafür Dank und
ürsorge. Sie leisten diesen Dienst in Afghanistan und
uf dem Balkan – aber sie leisten ihn auch in Deutsch-
and. Auch dafür muss die Bundeswehr ausgestattet blei-
en. Wenn Sie beides nicht miteinander verbinden, dann
rfüllen wir zwar unsere Fürsorgepflicht für die Soldaten
n Afghanistan, aber nicht mehr für die Soldaten in






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Schäuble

Deutschland. Auch das geht nicht zusammen und muss
in Ordnung gebracht werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Vielleicht ist diese Debatte und diese Entscheidung

eine Chance für die Regierung und das Haus als Ganzes,
aus Erfahrungen zu lernen, die wir in dieser Debatte ge-
macht haben. Der Bundesverteidigungsminister hat eben
gesagt, die Bundesregierung habe durch diese Debatten
mehr Klarheit bekommen, als sie zuvor gehabt habe.
Wenn das dazu führt, dass wir gemeinsam den Dienst
unserer Soldaten für die Sicherheit unseres Landes und
unsere Verpflichtung gegenüber den Soldaten ernster
nehmen, und zwar nicht nur in Reden, sondern auch im
konkreten Handeln, dann wäre es eine Chance nicht nur
für die Bundeswehr, sondern auch für die Sicherheit un-
seres Landes.

Das letzte Wort, das ich sagen möchte, ist: Wir sollten
uns bei jeder dieser Entscheidungen nicht nur unserer
Verantwortung für die Soldaten bewusst sein, sondern
auch der Dankesschuld; denn die Soldaten leisten einen
gefährlichen Dienst dafür, dass wir in Frieden und Si-
cherheit leben können. Wir wünschen, dass sie ihn mit
möglichst wenig Opfern und unversehrt leisten können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507000800

Ich erteile das Wort Kollegen Winfried Nachtwei,

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507000900

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Der Bundestag entscheidet heute über die Verlän-
gerung und die begrenzte Erweiterung des Bundeswehr-
beitrages zur Sicherheitsunterstützungstruppe ISAF in
Afghanistan.

Die Verlängerung, die übrigens mit einer Reduzie-
rung der Obergrenze einhergeht, ist unstrittig. Unüber-
sehbar und von der afghanischen Bevölkerung hoch an-
gesehen ist, was die ISAF-Soldaten für die Menschen in
Kabul und für den Stabilitätsprozess unter hohen Strapa-
zen und unter hohem Risiko leisten. Dafür verdienen
diese Soldatinnen und Soldaten den ehrlichen und über-
zeugten Dank und die Anerkennung des gesamten Bun-
destages.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Eingeschlossen in diesen Dank und diese Anerkennung
sind die deutschen Polizeibeamten, Zivilexperten, Helfer
und die Vertreter von Nichtregierungsorganisationen,
ohne deren wichtige Arbeit der Einsatz der ISAF-Solda-
ten perspektivlos wäre.

Zur Ausweitung des Bundeswehrengagements auf
die Region Kunduz und zu einer begrenzten Wahlabsi-

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(C (D herung haben sich zu Recht mehr Fragen ergeben. Die orderung, den internationalen Stabilitätsbeitrag bzw. en ISAF-Einsatz auf das Land auszuweiten, gibt es chon länger. Sie wurde vom UN-Generalsekretär, vom N-Sonderbeauftragten für Afghanistan, Brahimi, und am 17. Juni dieses Jahres – von 85 internationalen ichtregierungsorganisationen erhoben. Diese Fordeung ist also sehr verbreitet. Dem gegenüber stand das träuben der internationalen Gemeinschaft, diesen Forerungen entgegenzukommen. In den letzten Monaten ist allerdings unübersehbar eworden, dass die internationale Afghanistanpolitik an inem Scheideweg steht. Angesichts der verschlechteren Sicherheitslage und der Tatsache, dass Mitte nächsen Jahres Wahlen stattfinden, ergibt sich eine schlichte, ber eindeutige Alternative: Entweder wird der Peterserg-Prozess fortgesetzt, indem er verstärkt und ausgeeitet wird, oder Afghanistan wird mittelfristig in seine riegerische Vergangenheit zurückrutschen. Das ist die lternative, um die es heute geht. Der neue und erweiterte deutsche Beitrag ist weder in nur militärischer noch ein deutscher Alleingang. Die undesregierung hat ausdrücklich ein ganzes Paket bechlossen. Dazu gehören erstens die zivile Präsenz in erat, zweitens die verstärkte Unterstützung des Polizeiufbaus in Afghanistan und drittens die Bildung von SAF-Inseln in Kunduz und gegebenenfalls die Wahlabicherung. Das alles gehört notwendigerweise zusamen. Dieser deutsche Beitrag ist zudem Teil eines landeseiten Netzes von regionalen Wiederaufbauteams und SAF-Inseln. Mit dem Aufbau dieses landesweiten Netes haben die USA angefangen. Dann sind Großbritanien und Neuseeland eingestiegen. Jetzt beteiligt sich uch die Bundesrepublik zusammen mit anderen Partern. Es geht dabei schlichtweg um internationale rbeitsteilung. Viele fragen sich, was die 230 Soldaten in Kunduz achen sollen. Ich glaube, es gibt in diesem Zusammenang einige Missverständnisse. Ein Missverständnis beteht darin, dass die relative Ruhe, die in der Tat in der egion herrscht, mit Stabilität verwechselt wird. Stabiliät gibt es dort aber noch keineswegs. Ein zweites Missverständnis ist, dass die ISAF-Insel ruppe für eine Art Protektoratstruppe gehalten wird, die ie Warlords und Drogenbarone sozusagen mit vorgealtenem Maschinengewehr dazu zwingen würde, von hrem bisherigen Kurs abzulassen. Ein solches Vorgehen st aber selbstverständlich illusorisch. Die Soldaten dieer ISAF-Insel haben einen ISAF-Auftrag auszuführen. ieser umfasst konkret die Sicherheitsunterstützung urch Präsenzpatrouillen in der Stadt und in der Region usammen mit afghanischen Polizisten und – das ist entcheidend, entzieht sich aber weitgehend der Öffentlicheit – durch Verbindungsarbeit mit lokalen Machthaern. Des Weiteren ist die Informationsarbeit vor allem ber das Radio – beim Militär wird das operative Inforation genannt – von entscheidender Bedeutung. Wer Winfried Nachtwei das einmal in Kabul mitbekommen hat, weiß, welche strategische Bedeutung dieser Aufgabe zukommt. Erforderlich sind auch schnell wirksame Wiederaufbauprojekte und die Unterstützung des Polizeiaufbaus. Die Erfahrungen in Kabul haben gezeigt, dass auf diese Weise auch mit relativ – um nicht zu sagen: erstaunlich – geringer Kraft ein hohes Maß an Stabilitätsförderung bewirkt werden kann. Wider die Befürchtungen einzelner Nichtregierungsorganisationen ist sichergestellt, dass die Unabhängigkeit dieser Organisationen selbstverständlich unberührt bleibt. Der Bundesregierung ist ausdrücklich dafür zu danken, dass sie den Anstoß der USA zu regionalen Wiederaufbauteams aufgenommen und in Richtung ISAF-Inseln weiterentwickelt hat. Dass die Bundesregierung dabei international eine treibende Kraft war, ist ihr in keiner Weise vorzuwerfen, sondern – im Gegenteil – hoch anzurechnen. Das ist nämlich ein Zeichen von Verlässlichkeit. Wir können wahrhaftig nicht das Verhalten mancher Partner als Vorbild nehmen, die sich inzwischen von Afghanistan in Richtung Irak verabschiedet haben. Zusammengefasst: Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen stimmt nach sorgfältiger Prüfung dem Antrag der Bundesregierung zu. Die Ausweitung des zivilen, des polizeilichen und des militärischen Engagements ist dringend notwendig. Sie ist von den Vereinten Nationen und von der afghanischen Regierung legitimiert und gewünscht und sie ist auch angesichts der unbestreitbaren Risiken verantwortbar. Das ist ein Signal, dass sich die Bundesrepublik Deutschland zu der seit der PetersbergKonferenz übernommenen Verantwortung bekennt und nicht auf halbem Weg stehen bleibt, das heißt nicht mittelfristig kehrtmacht. Ich danke Ihnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)





(A) )


(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507001000

Ich erteile das Wort Kollegen Dr. Werner Hoyer,

FDP-Fraktion.

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1507001100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

FDP-Bundestagsfraktion wird heute dem Antrag der
Bundesregierung nicht zustimmen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wir haben uns diese Entscheidung alles andere als leicht
gemacht. Ich bekenne, dass sie mir aus zwei Gründen
sehr schwer gefallen ist. Erstens weiß ich genau, dass
weder der Wiederaufbau Afghanistans noch die Be-
kämpfung des dortigen Terrorismus erledigt ist; das
muss fortgesetzt werden. Mir ist die Entscheidung
– zweitens – auch deshalb schwer gefallen, weil ich die
Soldaten der Bundeswehr in solch schwierige Missionen
sehr gerne mit dem vollen Rückenwind des Bundestages
schicken würde. Deswegen neigen wir von der FDP
dazu, solchen Anträgen der Bundesregierung zuzustim-
men, wenn es irgendwie möglich ist. Aber man muss uns

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(C (D avon überzeugen, dass die entsprechende Mission auch u verantworten ist. Das ist hier nicht der Fall. Ich versuche, das zu erläutern. Herr Kollege chäuble, wir sind nicht der Auffassung, dass die einzige lternative dazu, zu dem vorliegenden Antrag Ja zu saen, darin bestände, aus Afghanistan herauszugehen. Ich in dezidiert der Auffassung, dass der Auftrag in Kabul ortgesetzt werden muss. Ich sperre mich auch keinesegs dagegen, darüber nachzudenken, ob man nicht ber Kabul hinausgehen sollte, und zwar im Rahmen eies internationalen und vor allem europäisch abgetimmten Konzeptes, das tatsächlich zur Bildung eines lächendeckenden Netzes aus Stabilitätsinseln führt. Das ürde uns ermöglichen, unser Ziel zu erreichen, nämlich uf der einen Seite im Zusammenwirken von ISAF und nduring Freedom den Terrorismus erfolgreich zu beämpfen und auf der anderen Seite den Aufbau Afghaistans voranzubringen. Vom Bundesminister der Verteiigung haben wir eben die eindrucksvolle Liste von artnerländern vorgetragen bekommen, mit denen er im espräch ist und von denen wir vielleicht erwarten könen, dass sie einige Offiziere oder zivile Kräfte bereittellen werden, um in unserem Team mitzuwirken. Aber eben dem amerikanischen und dem neuseeländischen eam wird es außer dem britischen keine weiteren euroäischen Teams dort geben. Das halte ich für ein eklaantes Versagen der europäischen Außenpolitik. Ich edauere das sehr. Wir werden auf diese Weise eine Abdeckung Afgha istans erreichen, die weit unter 20 Prozent liegt. Das ird dem hohen Ziel – das wir teilen – nicht gerecht. Wir ollten in der Tat auf die zivilen Organisationen hören, ie zu einem erheblichen Teil zu bedenken gegeben haen, ob ihre Arbeit durch die räumliche, aber auch inaltliche Nähe zur militärischen Komponente nicht eher rschwert denn geschützt wird. Daher ist es nach meiner uffassung eine unehrliche Lösung, in Kunduz selber infach nur eine räumliche Trennung vorzunehmen. Geade wenn ein Schutz erforderlich sein sollte, wäre eine emeinsame Unterbringung der militärischen und der ziilen Kräfte durchaus sinnvoll. Das ist durch und durch idersprüchlich. Es ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Ich bin im Übrigen auch der Auffassung, dass wir uns ntensiver mit den Hilfsorganisationen auseinander seten sollten. Diese nämlich mahnen eine andere Prioritäensetzung bei unserem Afghanistanengagement an und achen deutlich, dass Afghanistan in erster Linie Schuen, Krankenhäuser und Infrastruktur benötigt und erst in weiter Linie Soldaten, es sei denn, sie sind unmittelbar m Kampf gegen den Terror beteiligt. Das Inselkonzept zielt auf die Stärkung der Kabu er Zentralregierung gegenüber den Provinzfürsten. as ist im Ansatz richtig und wichtig, wird sich in der eplanten Form aber nicht durchsetzen lassen. Die Buneswehrsoldaten werden in Kunduz so lange sicher ein, wie sie den regionalen Machthabern, insbesonere den Drogenbaronen, nicht in die Quere kommen. Dr. Werner Hoyer In dem Moment, in dem es zu Konflikten kommt, in dem es auch konkret darum geht, die Zentralregierung gegen-über regionalen Machthabern zu stärken und Positionen der Zentralregierung durchzusetzen, wird es brandgefährlich. Dann reichen Ausrüstung, Ausstattung, Luftunterstützung und sonstige Abdeckung unserer militärischen Kräfte nicht aus. Ich halte das für brandgefährlich. Besonders brisant wird das Dilemma, in das die Bun desregierung unsere Soldaten in Kunduz schicken will, mit Blick auf die Drogenproblematik. Aus Afghanistan kommen drei Viertel des weltweit vertriebenen Heroins. In der Region Kunduz liegen die wichtigsten Anbaugebiete. Gerade aus dem Drogenhandel finanzieren die Warlords ihre Privatarmeen. Das bislang in Kunduz tätige amerikanische Team schaut dem Drogenanbau und -handel ratund tatenlos zu. Alles andere wäre auch nicht durchzusetzen; denn die Warlords werden sich ihre Finanzierungsquellen nicht nehmen lassen. Das Wegsehen gibt dem schändlichen Treiben aber sozusagen internationalen Geleitschutz. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


Das wird die regionalen Warlords und die Drogenbarone
gegenüber der Zentralregierung in Kabul stärken und
nicht umgekehrt. Übrigens ist das auch Gegenstand der
Berichterstattung der ersten Fact Finding Mission, die
ausdrücklich eine Klärung dieser Frage verlangt hat. De-
ren Bedingungen sind in keiner Weise erfüllt worden.

Wir müssen uns darauf einstellen, dass uns auf deut-
schen Fernsehschirmen bald die ersten Bilder von Bun-
deswehrsoldaten präsentiert werden, die untätig vor
wunderschön blühenden Schlafmohnfeldern oder vor
Drogenumschlagplätzen stehen müssen,


(Zuruf von der SPD: So ein Schwachsinn!)

also genau dort, wo die Drogen produziert und gehandelt
werden, die eines Tages unseren Kindern in Frankfurt, in
Köln und in Hamburg verkauft werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schon in Kabul gibt es das! – Joseph Fischer, Bundesminister: Das gilt alles für Kabul!)


Verstehen Sie mich nicht falsch! Ich plädiere keines-
wegs für eine Rolle der Bundeswehrsoldaten als Drogen-
polizei. Das würde sie in der Tat völlig überfordern und
unverantwortlich gefährden. Aber umgekehrt kompro-
mittiert das Nichtstun die sonst so lautstark und ent-
schlossen vorgetragene Drogenpolitik der Bundesregie-
rung und des Bundestages.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist eben ein totales Dilemma, eine Mission Impos-
sible. In eine solche darf man die Soldaten der Bundes-
wehr nicht schicken.

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(C (D (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann darf man gar nicht nach Afghanistan schicken!)


n eine solche dürfen wir uns auch politisch nicht hinein-
anövrieren.


(Beifall bei der FDP)

Die Bundesregierung hat uns zum Schluss noch mit

iner erheblichen Ausweitung des Mandats überrascht.
ie beantragt die Ermächtigung, Bundeswehrsoldaten
us dem ISAF-Kontingent im Umfeld der geplanten
ahlen über Kabul und Kunduz hinaus in ganz Afgha-
istan einzusetzen, in Ausnahmefällen und – Minister
truck hat das erläutert – nach Befassung der Obleute
er zuständigen Ausschüsse.
Das ist, denke ich, gut gemeint. Ich frage mich aller-

ings, wie die gut 2 000 deutschen Soldaten in Kunduz
nd Kabul, die in den wenigen Monaten, die bis zu den
ahlen tatsächlich zur Verfügung stehen, weiß Gott ge-
ug zu tun haben werden, auch das noch hinbekommen
ollen und wie man das, wenn es Ärger geben sollte,
enn es konfliktreich werden sollte, konkret militärisch
bsichern kann. Die ganz offenkundigen Bauchschmer-
en des Bundesministers der Verteidigung teile ich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen, dass

uch viele in den Koalitionsfraktionen und in der Union
icht zuletzt wegen der Drogenproblematik Bedenken
atten. Nur das erklärt das Herumgeeiere der letzten
age, das in allen möglichen Erklärungen und Anträgen
einen Niederschlag gefunden hat.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer eiert denn hier herum?)


Da wird am Dienstagabend noch ein Antrag der Koa-
itionsfraktionen für die Ausschüsse vorgelegt, mit dem
iel, festzustellen, dass es keine Drogenbekämpfung ge-
en und eine Ausweitung des Einsatzes über Kunduz
nd Kabul hinaus nur unter bestimmten Bedingungen
öglich sein solle. Dann wird mit Schrecken reagiert,
ls man erkennt: Das geht doch gar nicht, weil das Bun-
esverfassungsgericht uns aufgegeben hat, dass wir hier
agen müssen: „Hic Rhodus, hic salta“, dass wir also zu
iesen Anträgen nur Ja oder Nein sagen und keine weite-
en Erklärungen abgeben können. Daraufhin hat die
undesregierung in Erkenntnis der Rechtslage gemeint:
ann machen wir eine Protokollerklärung. – Nachdem
iese Protokollerklärung vorgetragen worden war, kam
er große Schrecken: Darin wird die Ablehnung jegli-
hen Tätigwerdens in der Drogenfrage zu evident. In der
ritten Version ist dann noch an den Schluss folgende
alvatorische Klausel eingefügt worden: Es solle zwar
eine Beteiligung an der Drogenbekämpfung geben,
ber ein Umfeld geschaffen werden, innerhalb dessen
ie Ausbildung von afghanischen Drogenbekämpfern
öglich werde. – Meine Damen und Herren, das hat et-
as Winkeladvokatorisches.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die FDP-Bundestagsfraktion kann diesem Antrag lei-
er nicht zustimmen. Ich sage „leider“ und füge hinzu:






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer

Wir wissen, dass wir heute in dieser Abstimmung unter-
liegen werden.


(Karin Kortmann [SPD]: Auch mit der Argumentation!)


Wir werden als Demokraten das Ergebnis dieser Abstim-
mung respektieren und anschließend dort, wo wir parla-
mentarisch oder sonstwie Verantwortung oder Mitver-
antwortung tragen, alles dafür tun, dass dieser heute vom
Bundestag beschlossene Auftrag erfolgreich durchge-
führt werden kann und dass die Soldaten der Bundes-
wehr erfolgreich und unversehrt nach Hause zurückkeh-
ren können.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507001200

Ich erteile das Wort Kollegen Gernot Erler, SPD-

Fraktion.

Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1507001300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Beitrag des Kollegen Hoyer hat noch einmal gezeigt: Es
ist wichtig, dass geklärt wird, worüber wir heute be-
schließen. Darüber hat es eine öffentliche Diskussion ge-
geben; sie hat gezeigt, dass es Klärungsbedarf gibt. Der
richtige Ort für diese Klärung ist hier, das Plenum des
Deutschen Bundestages.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will anfangen, indem ich klarstelle, was diese
Kunduz-Mission nicht ist: Sie ist kein Spaziergang der
Bundeswehr in ein sicheres Gebiet, gewissermaßen
überflüssig und lediglich der Tätigkeitsnachweis für ei-
nen deutschen Beitrag im Antiterrorkampf und damit ein
Ersatz für andere Aktivitäten. Die Wahrheit ist: Kunduz
ist ein geographisches Kürzel für vier Nordprovinzen in
Afghanistan mit 85 200 Quadratkilometern, auf denen
3,2 Millionen Menschen leben. Es ist schon eine schwie-
rige Aufgabe, dort das hier schon mehrfach zitierte si-
chere Umfeld zu schaffen. Das kann man nur durch Prä-
senz der internationalen Gemeinschaft vor Ort. Wir
können dabei auf das besondere Vertrauensverhältnis zu
Deutschland zurückgreifen, das dort verbreitet ist. Damit
kommen wir dem dringenden Wunsch der afghanischen
Übergangsregierung nach, das exakt dort zu tun. Es kann
natürlich nicht darum gehen, dort Sicherheit zu erzwin-
gen. Mit 230 bis 450 Soldaten wäre das auch absolut lä-
cherlich.

Warum ist es überhaupt notwendig und sinnvoll, in die-
ser Region ein sicheres Umfeld zu schaffen? Gerade in
Kunduz, in diesen vier Nordprovinzen, stehen in den nächs-
ten Wochen und Monaten sehr wichtige, exemplarische
Prozesse bevor. Der eine davon verbindet sich mit drei
Stichworten, nämlich Demobilisierung, Demilitarisierung
und Reintegration, was dann die etwas eigenartige Ab-
kürzung „DDR“ ergibt. Diese Mission wird von der neu
gebildeten afghanischen Nationalarmee durchgeführt,
die dabei die besondere Unterstützung Japans erhält.

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(C (D unduz ist hierfür als Ort eines exemplarischen Pilotrojektes ausgesucht worden. Es versteht wohl jeder, ass man für diesen komplizierten Prozess ein sicheres mfeld braucht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Für den 10. Dezember erwarten wir die Bildung der
erfassungsgebenden Loya Jirga durch den afghanischen
bergangspräsidenten. Dann wird auch in dieser Region
ine sehr intensive, wahrscheinlich auch spannungsrei-
he Diskussion über die neue Verfassung geführt. Dabei
ird über die künftige Struktur Afghanistans sehr viel
ntschieden. Dafür braucht man ein sicheres Umfeld
urch eine sichtbare Repräsentanz der internationalen
emeinschaft.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Plan von Petersberg sieht vor, dass im Juni nächs-
en Jahres Wahlen stattfinden. In den nächsten Monaten
indet die Registrierung der Wähler statt. Dadurch wer-
en die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass alle Par-
eien – auch solche, die nicht ethnisch begründet oder von
en Warlords in ihren Regionen kreiert worden sind –
ine Chance haben. Dazu braucht man ein sicheres Um-
eld und die Repräsentanz der internationalen Gemein-
chaft.
Herr Hoyer, ich glaube, das ist insgesamt schon ein

berzeugendes Konzept. Ich bedauere sehr, dass Sie und
hre Fraktion die Bedeutung offensichtlich nicht verstan-
en haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch wenn es entsprechende Befürchtungen gegeben
at, ist die Mission in Kunduz außerdem kein Begleit-
chutz für zivile Helfer vor Ort. Denn dies würde die Ge-
ahr bergen, dass die beiden Missionen vermischt wer-
en und eine optische Identität von Militärischem und
ivilem entsteht. Die Bundeswehr wird vor Ort keine
olle spielen, für die sie nicht ausgebildet und auf die sie
icht vorbereitet ist. Herr Kollege Hoyer, sie wird in der
at nicht Drogenpolizei spielen.
Warum haben wir denn in Kabul nicht nur eine allge-
eine Polizei – das war die deutsche Aufgabe – und eine
renzpolizei, sondern auch eine Drogenpolizei einge-
ichtet? Herr Hoyer, diese ist dort einzusetzen. Ihre Be-
enken sind doch kein Argument gegen die Kunduzmis-
ion.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Hoyer, der militärische Einsatz wird überhaupt
rst verständlich, weil er mit einem zivilen Einsatz und
iner Verstärkung von internationalen Programmen ein-
ergeht. Ich hätte mir gewünscht, dass Ihre Fraktion zur
enntnis nimmt: Die Bundesregierung hat dafür gesorgt,
ass diese Programme zum Beispiel Einkommenshilfen
ür jene Bauern einschließen, die sich vom Opiumanbau
bwenden. Zu diesen Maßnahmen gehört eine vernünf-






(A) )



(B) )


Gernot Erler

tige Arbeitsplatzpolitik für die zurückgekehrten Flücht-
linge und diejenigen, die aus der Demobilisierung kom-
men. Das ist doch die einzige Chance im Kampf gegen
die Opiumherrschaft der dortigen Drogenbarone.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es gibt noch viele andere Aufgaben im Infrastruk-
turbereich: bei der Aufbereitung von Trinkwasser, im
Bereich der Elektrizität, beim Straßenbau. Der Aufbau
der Polizei in der Region – das ist die Verbindung von
Militärischem und Zivilem in Kunduz. Das, was in Ka-
bul geglückt ist, soll in der Provinz ebenfalls gelingen.

Das Konzept sieht vor, dass die afghanischen Politi-
ker vor Ort mehr Selbstverantwortung übernehmen. Das
ist auch im Kontext mit einer ganz anderen Diskussion
sehr wichtig. Man kann das im Zusammenhang mit der
Kunduzmission nicht einfach beiseite schieben, wie es
hier passiert ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Offenbar besteht auch Unklarheit darüber, was das
Konzept von ISAF-Inseln beinhaltet. Ich kann dabei
nur aufgreifen, was der Kollege Schäuble hier gesagt
hat. Es stimmt, das Konzept der ISAF-Inseln ist kein Re-
tortenprodukt von irgendwelchen Strategen am Schreib-
tisch; die ISAF-Inseln sind die Folge einer defizitären
politischen Entwicklung vor Ort.

Wir wissen, dass die Übergangsregierung Karzai
heute Autorität im Wesentlichen in Kabul und der Um-
gebung hat. Die Hoffnung darauf, dass sie sich von al-
leine ausweitet, war leider irrig. Die Idee, so viele Solda-
ten zur Verfügung zu stellen, dass man die Autorität
zwangsweise ausweiten kann, ist unrealistisch, weil kein
Land bereit ist, entsprechende Kräfte zur Verfügung zu
stellen.

Insofern ist das Konzept, ISAF-Inseln zu schaffen,
auch Ausdruck eines Lösungsansatzes. Herr Kollege
Hoyer, die Idee dahinter ist doch, dass man ein Vorbild
bzw. einen Anstoß gibt, von dem man erwarten kann,
dass auch die afghanische Bevölkerung ihn versteht. Ge-
rade die Kooperation von Zentralregierung und internat-
ionaler Gemeinschaft, die der Bevölkerung sichtbare
Vorteile bringt, soll als Pilotprojekt wirken, das sich von
ganz allein fortsetzt. Die Bereitschaft zur Zusammenar-
beit soll größer werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen ist die Kombination von Bundeswehr-
einsatz und internationaler Hilfe so wichtig. Es ist
wichtig, dass es nicht nur acht Inseln bleiben, sondern
dass sich darüber hinaus auch noch andere Länder enga-
gieren. Das wollen wir doch.

Deshalb ist auch entscheidend, dass das Ganze im neu
geschaffenen Rahmen von ISAF und nicht im Kontext
von Enduring Freedom und der Terrorbekämpfung statt-
findet; denn diese Mission hatte für die Bevölkerung vor
Ort sehr viele problematische Begleiterscheinungen. Ich

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(C (D inde, man muss sehr anerkennen, dass die Bundesregieung es geschafft hat, dass es zu der UN-Resolution 510 gekommen ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte behaupten: In der Geschichte der Afgha-
istanpolitik wird es als das Wichtigste angesehen wer-
en, dass das ISAF-Konzept jetzt im ganzen Land ange-
andt werden kann, auch wenn es leider zurzeit nur
nselförmig zur Anwendung kommt. Dieser Prozess, den
ir mit unserem heutigen Beschluss unterstützen kön-
en, steht wirklich für eine neue strategische Etappe.
as schließt sich nahtlos an unsere bisherigen Engage-
ents an, die immer Pioniercharakter hatten. Wir waren
ie Ersten, die umfangreiche humanitäre Hilfe in Afgha-
istan geleistet haben. Die Bundesregierung hat mit un-
erer Unterstützung den politischen Prozess der Peters-
erg-Konferenzen auf den Weg gebracht. Wir haben
ns mehr als andere Nationen bei der Absicherung die-
es politischen Prozesses beteiligt, indem wir eine mili-
ärisch sekundäre, aber politisch sehr wichtige Rolle ein-
enommen haben. Die nächste wichtige Etappe der
SAF-Mission ist es jetzt, Inseln zu schaffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was hier stattfindet,

ann man getrost als Regimechange bezeichnen. Wir be-
inden uns mitten in einem Nation-Building-Prozess.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


eder von uns weiß, dass dieser Prozess mühsam, lang-
ierig und auch unerhört kostspielig ist. Wir beachten
abei aber – ich zitiere das hier im Plenum immer wie-
er gerne – die große Mahnung, die von diesem Platz
us Kofi Annan uns gegeben hat, nämlich eine nachhal-
ige Friedensstrategie zu verfolgen. Kunduz steht für die
ortsetzung dieser nachhaltigen Friedensstrategie.
Abschließend möchte ich doch noch einmal ein Wort

u Ihren Ausführungen, Herr Hoyer, sagen: Ich habe ge-
ört, wie respektvoll sich der Bundesminister der Vertei-
igung mit Ihrem Nein auseinander gesetzt hat. Eine
ritik kann ich Ihnen nach Ihrem Beitrag aber nicht er-
paren: Sie haben wunderbar die Schwierigkeiten be-
chrieben. Der Analyse kann man nicht widersprechen.
ch fand es aber empörend, dass Sie hier das Bild ge-
eichnet haben, dass deutsche Soldaten einfach nur zu-
chauen würden, wie dort weiterhin Drogenanbau betrie-
en wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


an kann doch in der Politik nicht nur Fragen stellen,
ondern man muss auch Antworten geben. Sie haben
einerlei Alternative aufgezeigt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP)


achdem nun schon Ihre eigenen Leute Ihrer Partei vor-
alten, dass sie sich in der deutschen Politik abmeldete,
age ich Ihnen, dass die Gefahr besteht, dass Sie sich






(A) )



(B) )


Gernot Erler

auch noch in der internationalen Politik abmelden. Das
ist natürlich Ihr Problem.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Für meine Fraktion kann ich nur sagen: Wir unterstüt-
zen die Fortsetzung der Friedenspolitik durch die Mis-
sion in Kunduz. Wir werden die deutschen Soldaten,
aber auch die Arbeit des Entwicklungshilfeministeriums
und der internationalen Hilfsorganisationen in dieser Re-
gion solidarisch begleiten und immer auch kritisch auf
ihre Wirksamkeit überprüfen. In diesem Sinne werden
wir zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507001400

Ich erteile das Wort Kollegen Hans Raidel, CDU/

CSU-Fraktion.


Hans Raidel (CSU):
Rede ID: ID1507001500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir entscheiden heute, ob wir in Afghanistan
weiter Hoffnungen fördern wollen oder ob wir Hoffnun-
gen enttäuschen wollen. Wir haben das Petersberg-Ab-
kommen. Es wäre sicherlich hilfreich gewesen, wenn in
diesem Zusammenhang sozusagen im Rahmen eines Pe-
tersberg-III-Abkommens erläutert worden wäre, wo wir
stehen und wohin wir wollen. Auch für die heutige De-
batte wäre das wahrscheinlich aufschlussreich gewesen.

Unser Ziel muss es natürlich sein, weiterhin Hilfe zur
Selbsthilfe zu geben und die Afghanen möglichst
schnell in die Lage zu versetzen, ihr Land aufzubauen.
Ich frage mich da schon: Wo sind die Alternativvor-
schläge der Kritiker?


(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


Ich stelle hier fest: Wer Sicherheit in diesem Lande ha-
ben will, der wird über die Ausweitung von Stabilitäts-
zonen über Kunduz und Kabul hinaus nachdenken müs-
sen.

Angesichts der Tatsache, dass wir uns in diesem Ziel
einig sind, stellt sich die Frage, wie wir weiter vorgehen
sollen. Das Leuchtturmprojekt „Kunduz“ ist kein Son-
derprojekt Deutschlands. Die Amerikaner, die Engländer
und andere haben im Lande schon Ähnliches gestaltet.
Die Amerikaner gehen jetzt aus Kunduz heraus und wir
gehen nach Kunduz mit einem erweiterten Spektrum an
Aufgaben hinein. Alle wissen, wie gefährlich das ist und
dass die Hilfstruppe Bundeswehr die Helfer bei ihrer hu-
manitären Hilfe unterstützen muss, wenn diese ihre ori-
ginären Aufgaben dort erfüllen sollen. Deutschland darf
in der Kunduzfrage nicht abseits stehen und wir können
uns dieser Aufgabe nicht entziehen. Vorhin klang es so,
als würden wir uns in Komplizenschaft zu den Drogen-
baronen begeben. Genau dieses ist aber nicht der Fall
– das weiß jeder –, wenn wir uns weiterhin bei der Aus-

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(C (D ildung von afghanischer Polizei und afghanischem Miitär engagieren, die dann unsere Aufgaben übernehmen önnen. Wir sind doch auf einem gute Wege. Es gibt bereits ine Polizeischule dort; die Ausbildung hat schon begonen. Außerdem haben wir erste Militärkräfte in dieser egion. Bei aller Kritik muss man schon ein bisschen offnung bei diesem Einsatz haben. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Zuruf von der FDP: Wann denn?)


Natürlich wissen wir, dass der Einsatz gefährlich ist;
enn trotz verschärfter Sicherheitsmaßnahmen waren in
abul Opfer zu beklagen. Wir müssen aufpassen, dass
hnliches in Kunduz nicht passiert.
Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht.
erade die CDU/CSU hat in allen Arbeitsgruppen boh-
ende und quälende Fragen gestellt.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Und was für Antworten bekommen?)


ch bin jedem Kritiker auf unserer Seite dankbar, weil er
it seiner Kritik dazu beigetragen hat, die Diskussion
ber dieses Thema zu befördern, Aufklärung zu leisten
nd die Regierung in der Frage – ich will nicht sagen:
estzunageln – zu positionieren, was geht und was nicht
eht.
Wir haben die Frage nach Schutzkonzepten, nach
usrüstung und Ausbildung gestellt. Wir waren doch
iejenigen, die gefordert haben, dass es eine seriöse Fi-
anzierung geben muss.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Ist das geregelt?)


s ist ein Kritikpunkt von unserer Seite, dass die Bereit-
tellung der Mittel im Haushalt derzeit noch nicht abge-
ichert ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Frage ist: Wie gestalten wir dieses Thema weiter?
ir wissen doch, dass nicht nur für uns allein dieses
hema wichtig ist. Heute schaut ganz Afghanistan auf
ns, um zu sehen, ob wir beschließen, die Petersberg-
ilfe, die wir zugesagt haben, fortzusetzen. Wollen Sie
a aussteigen – ja oder nein? Die UNO, die USA, die
ATO und auch Europa sehen nach den vielen Irritatio-
en der letzten Monate die Afghanistanfrage als Testfall
ür die Bündnisfähigkeit und für die Zuverlässigkeit
eutschlands an. Wollen Sie sagen, dass diese Fragen,
ie die Partner stellen, nicht berechtigt sind?
Auch die Bundeswehr schaut auf uns, um zu sehen,

b das Parlament mit großer Mehrheit diese Einsätze
itträgt. Immer nur zu erklären, wie es sein sollte, dann
ber nicht bereit zu sein, Entscheidungen mitzutragen,
as ist in so wichtigen und entscheidenden Fragen zu
enig. Deswegen begrüße ich diesen klärenden Prozess
n unserer Fraktion. Wir haben uns in sehr vielen Stufen
ritisch diesem Thema genähert. Zum Schluss können
ir bei allem, was ansteht, sagen: Wir halten diesen Ein-






(A) )



(B) )


Hans Raidel

satz für verantwortbar. Vor allem halten wir ihn auch ge-
genüber unserer Bundeswehr für verantwortbar; denn
wir sind es, die im Rahmen der Fürsorgepflicht von die-
ser Regierung die Zusage einfordern, dass alles getan
wird, damit der Einsatz möglichst sicher sein wird.

Wenn wir zustimmen, stimmen wir natürlich nicht in
freudiger Erwartung zu. Jeder weiß doch, wie schwer
wir es uns machen und wie schwer jeder es sich auch
machen muss. Denn es ist keine Nebenbei-Entschei-
dung, wenn man solche Einsätze beschließt. Wenn wir
zustimmen, dann aus Verantwortung für Afghanistan
und aufgrund unserer Bündnisverpflichtungen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507001600

Ich erteile Bundesminister Joseph Fischer das Wort.


Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507001700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich

möchte mich ausdrücklich bei Ihnen, Herr Kollege, und
bei Ihrer Fraktion für Ihre Zustimmung zu dem Antrag
der Bundesregierung bedanken. Lassen Sie mich auf ei-
nige Punkte eingehen, die in der Debatte angesprochen
wurden.

Am heutigen Tag gibt es in den deutschen Medien
zwei interessante Stellungnahmen zu lesen – interessant
von der Sache her, aber auch interessant, was die Auto-
ren betrifft. Das Erste ist das, was der Verteidigungs-
minister der Vereinigten Staaten in einem Memoran-
dum über die Schwierigkeiten, die sich in Afghanistan,
vor allem aber im Irak ergeben, gesagt hat. Das Zweite
ist ein – in Übersetzung in der „taz“ erschienener – hoch-
interessanter Artikel von Frederick Kagan, in dem er das
Nation Building als zentrales Mittel für den Krieg ge-
gen den internationalen, insbesondere den islamistischen
Terrorismus dargestellt hat.

Ich denke, das sind zwei bemerkenswerte Stellung-
nahmen, weil Folgendes klar wird: Es geht nicht nur da-
rum, Terrorismus dort, wo er eine aktuelle Gefährdung
bedeutet, militärisch zu bekämpfen und seine Netzwerke
zu zerstören, sondern es geht vor allen Dingen darum,
dazu beizutragen, Staaten zu helfen, Völkern zu helfen,
langfristig wieder auf die Beine zu kommen, und Ver-
hältnisse herzustellen – das ist eine mühselige, langwie-
rige Aufgabe –, die dauerhaften Frieden ermöglichen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Genau das ist die Politik, die die Bundesregierung im-
mer vertreten hat und weiterhin vertritt.

Ich kann Ihnen, Herr Kollege Schäuble, nur zustim-
men bei dem, was Sie in Ihrem Beitrag heute gesagt ha-
ben. Was wir in Afghanistan tun, ist ein Beitrag zum
Kampf gegen den internationalen Terrorismus – im
Sinne unseres erweiterten Sicherheitsbegriffes –; das ist
keine Frage des Mandats, sondern der Substanz. Afgha-
nistan befindet sich gegenwärtig am Scheideweg. Sie ha-
ben die Frage gestellt: Was hat sich verändert? Ich habe

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(C (D s im Ausschuss neulich schon gesagt und möchte es ier wiederholen: Wir hatten die Sorge, dass es mit dem Beginn des rakkrieges zu einer Verschiebung der Aufmerksamkeit nd einem Abnehmen der Bereitschaft der internationaen Staatengemeinschaft, sich in Afghanistan zu engaieren, kommt. Wir hatten damals die Führungsverantortung in Kabul; alle haben das sehr geschätzt. Die roße Sorge war, dass der Wiederaufbau in Afghanistan u einem nationalen Problem der Bundesrepublik eutschland werden könnte. Das hätte uns schlicht überordert. Jetzt hat die NATO die Führung der ISAF-Mission in abul übernommen. Nun geht es darum, mit der Umsetung des Petersberg-Abkommens voranzukommen. ie der Kollege Nachtwei angesprochen hat, ist dabei ie Frage der Stabilisierung zentral dafür, vor allen Dinen den politischen Prozess weiter voranzubringen. Es ab Stimmen, das Petersberg-Abkommen sei gescheiert. Ich kann nur sagen: Ich sehe das völlig anders. Im egenteil: Es gibt kein anderes Konzept. Wir müssen es msetzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Trotz aller Schwierigkeiten, die hier genannt worden
ind, haben wir beachtliche Erfolge erzielt: Zweieinhalb
illionen Flüchtlinge sind zurückgekehrt. Ein Minimum
n Stabilität ist gegeben.
Die Taliban versuchen sich in den Ostprovinzen und

üdostprovinzen, an den Grenzen zu Pakistan, zu reor-
anisieren. Nicht nur wir, sondern alle unsere westlichen
artner, an erster Stelle die Vereinigten Staaten, führen
ntensive Gespräche, um Pakistan zu bewegen, Grenz-
bertritte energischer als bisher zu unterbinden.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507001800

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Gauweiler?


Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507001900

Aber bitte.


Dr. Peter Gauweiler (CSU):
Rede ID: ID1507002000

Herr Fischer, zu Ihrer Anmerkung hinsichtlich einer

tabilisierung des Landes: Ist Ihnen der Bericht des Lei-
ers der Erkundungskommission der Bundesregierung
ür Kunduz, des Generalleutnants Riechmann, bekannt,
er im Zusammenhang mit der Region, zu der Sie jetzt
usführungen gemacht haben, von der Gefahr des Auf-
aus eines Drogenstaates gesprochen hat?


Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507002100

Ja. Dies ist richtig. Umso wichtiger ist es, dass wir

icht zulassen, dass sich so etwas entwickelt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

Ich komme auf die Drogenproblematik gleich zu spre-
chen, Kollege Gauweiler. Denn ich nehme sie und die in
diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumente sehr
ernst.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Mit 200 Soldaten? – Weitere Zurufe von der FDP)


– Ich gehe gleich auf die FDP ein. – Herr Kollege
Gauweiler, ich werde versuchen, Ihre Frage aus meiner
Sicht etwas später zu beantworten. Ich bitte, das zu ak-
zeptieren.

Der entscheidende Punkt ist für mich in diesem Zu-
sammenhang, dass wir jetzt mit der Umsetzung des
Petersberg-Abkommens, vor allen Dingen was den
Wahlprozess betrifft, vorankommen. Hierin liegt der ent-
scheidende Unterschied zum Irak. Es ist den Vereinten
Nationen auf der Grundlage des Petersberg-Abkommens
gelungen – Lakhdar Brahimi hat auf dem Petersberg eine
großartige Arbeit geleistet –, einen innerafghanischen
Konsens, der zwar fragil ist, aber dennoch existiert und
sich mittlerweile über Monate hinweg als belastbar er-
wiesen hat, zu erzielen. Die Umsetzung dieses Konsen-
ses durch den Aufbau politischer Institutionen, durch
wirtschaftlichen Fortschritt und durch den Aufbau des
Landes, und zwar sowohl was die politischen als auch
die ökonomischen und sozialen Strukturen betrifft, ist
die zentrale Herausforderung.

Dazu sage ich Ihnen, Herr Hoyer – ich habe mir die
wesentlichen Punkte aufgeschrieben, die Sie genannt ha-
ben –: All das, was Sie hier aufgeführt haben, spräche
dafür, dass die FDP den sofortigen Abzug der Bundes-
wehr aus Kabul fordert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das will Ihnen einmal erläutern:
Erster Punkt: internationales Konzept. Die FDP war

einmal die Partei großer Außenminister. Es gab jetzt eine
Resolution der Vereinten Nationen. Das Vorgehen ist im
Rahmen des Sicherheitsrates mit den internationalen
Partnern abgestimmt. Es hat parallel zur Generalver-
sammlung der Vereinten Nationen in New York eine Af-
ghanistankonferenz stattgefunden, an der Sie nicht teil-
genommen haben. Exakt dort ist es darum gegangen, wie
wir mit der Implementierung weiterkommen. Da wir den
Militäraufbau nicht flächendeckend gestalten können
– wenn Sie das Militär, das in Kabul ist, proportional,
das heißt flächendeckend, auf das Land insgesamt hoch-
rechnen, so ist das nicht darstellbar – und da wir uns auf
Kabul nicht begrenzen können, ist nach den ersten Er-
fahrungen der PRTs, der Provincial Reconstruction
Teams bzw. der Wiederaufbauteams, die Konsequenz,
genau diesen Weg zu gehen. Das hat die Zustimmung
der internationalen Staatengemeinschaft in New York
gefunden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich frage mich, was Sie unter einem Konzept tatsächlich
verstehen.

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(C (D Zweiter Punkt: Drogen. Ich weiß nicht, wie oft Sie in abul waren und inwieweit Sie die Realität kennen. Ich ann Ihnen nur sagen: Wenn der Maßstab die Kooperaion mit denjenigen ist, die mit Drogen oder auch mit affen handeln oder Privatarmeen aufbauen, dann weren Sie den genauso in Kabul anlegen müssen. Verchließen Sie doch die Augen nicht vor der Realität! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


eines Erachtens ist es völlig blind, wenn Sie nicht se-
en, wie die Verhältnisse auch in Kabul sind. Die sind
icht wesentlich anders.
Das heißt, wenn wir diese Verhältnisse ändern wollen,

ann nützt es nichts, wenn wir darüber eine innenpoliti-
che Debatte führen und wenn wir diese Verhältnisse
war in Kabul akzeptieren, aber im Hinblick auf die Pro-
inzen, in denen wir im Zusammenhang mit dem Wahl-
rozess dringend Präsenz brauchen, plötzlich puristisch
erden. Das verstehe ich beim besten Willen nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


ch kann das, was der Kollege von der CDU/CSU vorhin
n diesem Zusammenhang gesagt hat, nur nachdrücklich
nterstreichen.
Dritter Punkt: Extraction. Sie haben die Frage ge-

tellt: Was passiert mit den Bundeswehrsoldaten, wenn
s tatsächlich zu einer krisenhaften Zuspitzung kommt?
azu kann ich nur sagen: Dasselbe gilt in Kabul. Eine
xtraction ist nur mit NATO-Unterstützung und hier mit
S-Unterstützung zu gewährleisten. Das gilt schon
eute; das gilt selbstverständlich auch morgen und über-
orgen. Das wissen auch Sie, weil wir darüber in den
eiden zuständigen Ausschüssen oft diskutiert haben.
Ich kann Ihnen nur sagen: Seien wir froh, dass ein bri-

isches PRT, ein britisches Rekonstruktionsteam, beste-
end aus einer kleinen Gruppe britischer Militärs, in
asar-i-Scharif war. Daran können Sie sehen: Dies war
in riskanter, aber notwendiger Einsatz, übrigens auf
em gleichen Niveau wie in Mazedonien, nämlich kon-
liktschlichtend. Den Briten war es in Masar-i-Scharif
usammen mit dem afghanischen Innenminister mög-
ich, die bewaffnete Auseinandersetzung zwischen zwei
egionalen Provinzfürsten zur Einstellung zu bringen.
as ist eine der Aufgaben, die dort zu leisten ist. Sie ist
iskant, aber im Interesse des Wiederaufbaus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Eine der großen Leistungen, die wir mit relativ gerin-
en Kräften erzielen, ist der Polizeiaufbau. Drogenbe-
ämpfung bedeutet erstens, dass wir strukturell den Wie-
eraufbau der afghanischen Volkswirtschaft jenseits der
rogenproduktion ermöglichen. Zweitens heißt es, die
fghanischen Sicherheitsbehörden aufzubauen. Hier leis-
et die Bundesrepublik Deutschland mit den wenigen ein-
esetzten Polizeibeamten von Bund und Ländern – ich
etone das ganz bewusst, weil diese Zusammenarbeit
ehr wichtig ist – eine so hervorragende Arbeit, dass ich
nternational immer wieder darauf angesprochen werde.






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

Man fordert uns auch auf, diese Arbeit auch außerhalb
Kabuls zu leisten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Drittens werden wir uns für die institutionelle Verbin-
dung von Provinzen einsetzen. Afghanistan war kein
Zentralstaat und soll auch keiner werden. Der Kollege
Schäuble hat bereits auf die Realitäten in Afghanistan
vor 1973 hingewiesen und erklärt, dass die dortigen Rea-
litäten nicht mit denen der Bundesrepublik vergleichbar
sind.

Ich denke, es bedarf langfristiger Anstrengungen und
Hilfe, um die Beschlüsse der Afghanistan-Konferenz
auf dem Petersberg umzusetzen und zu einer eigenstän-
digen afghanischen Perspektive zu kommen. Es ist uns
dabei klar, dass wir die Drogenproblematik nicht völlig
beseitigen können. Das wurde auch bei den deutsch-
russischen Konsultationen – bei dem Gespräch zwi-
schen dem Bundeskanzler und dem russischen Präsi-
denten in Jekaterinenburg – deutlich. Das haben auch
die praktischen Kooperationen mit dem Iran gezeigt, sie
gibt es schon länger im Kampf gegen den afghanischen
Drogenhandel.

Tatsache ist: Auf die Nachbarstaaten kommt mehr
und mehr ein Problem zu. Die Bereitschaft zur aktiven
Kooperation zur Unterbindung des Handels gründet sich
in diesen Staaten auf Eigeninteresse; denn die Drogen-
problematik betrifft die jungen Menschen in diesen Län-
dern immer stärker. Der internationale Fokus richtet sich
darauf, Großbritannien hat die Führungsfunktion im Be-
reich Drogenbekämpfung übernommen und wir sind uns
einig, dass wir intensiv zusammenarbeiten werden. Kon-
sequenz ist aber die Präsenz von ISAF.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Konsequenz heißt nicht wegschauen und den Kopf in
den Sand stecken. Nein, meine Damen und Herren von
der FDP, ich bedauere sehr, dass Sie mit Ihrer außenpoli-
tische Tradition jetzt auf diesem Kurs sind. Aber das
müssen Sie letztendlich selbst verantworten.

Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen
für die Unterstützung dieses Mandats bedanken und ich
wünsche unseren eingesetzten Soldaten, dass sie gesund
und wohlbehalten von diesem Einsatz zurückkehren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507002200

Ich erteile das Wort dem Kollegen Ralf Brauksiepe,

CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1507002300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Schon kurz nach dem 11. September 2001 haben wir in
diesem Hause gemeinsam die Entscheidung getroffen,
uns in Afghanistan auch mit bewaffneten deutschen Sol-

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(C (D aten zu engagieren. Uns allen war damals klar, dass wir s uns nicht erlauben können, dieses Land wieder zu eier Zone der Ordnungslosigkeit und zu einem Trainingsamp für den internationalen Terrorismus absinken zu assen. Das war und ist nicht nur außenund sicherheitspoli isch, sondern auch entwicklungspolitisch geboten. Uner militärisches Engagement bietet eine Chance, Afghaistan nach Jahrzehnten des Kriegs, der Unterdrückung nd der Zerstörung wieder auf einen hoffnungsvollen eg in die Zukunft zu bringen. Klar ist aber auch, dass wir unsere Augen nicht vor er Wirklichkeit verschließen dürfen. Zu dieser Wirkichkeit gehört, dass seit unserem letzten Beschluss über ie Verlängerung des ISAF-Mandates vor knapp einem ahr die Probleme in Afghanistan gewiss nicht kleiner eworden sind. Es kann nicht oft genug daran erinnert erden, dass vier deutsche Soldaten bei ihrem Einsatz hr Leben verloren und viele andere zum Teil schwerste erletzungen davongetragen haben. Umso notwendiger ist es, in ganz Afghanistan den eufelskreis aus Mangel an Sicherheit und Wiederaufau endlich zu durchbrechen. Deswegen nehmen wir es ehr ernst, wenn uns beispielsweise Vertreter der politichen Stiftungen sagen, dass wir uns mit unseren Antrengungen nicht auf Kabul und Umgebung beschränen dürfen, weil sonst nicht nur der Rest des Landes in lend und Chaos zu versinken droht, sondern auch die in abul bereits erreichten Erfolge wieder infrage gestellt erden. Deswegen ist die US-amerikanisch-britische Idee, der ir uns nun anschließen, mithilfe regionaler Wiederaufauteams die Entwicklung im Lande voranzutreiben, rundsätzlich richtig und auch die militärische Absicheung dieser Aktivitäten halten wir trotz aller vorgetrageer Bedenken von Nichtregierungsorganisationen für ichtig. Wir nehmen gleichwohl die Bedenken der NROs, die uch Wolfgang Schäuble angesprochen hat, sehr ernst. ir müssen bei unserer Entscheidung berücksichtigen, ass der geplante Einsatz deutscher Soldaten in Kunduz n der Tat gegen den Willen maßgeblicher deutscher ichtregierungsorganisationen erfolgt. Frau Ministein, auch wenn Sie den Kopf schütteln, muss man sagen: an sollte diese Bedenken nicht mit dem Hinweis da auf ignorieren, dass auch die NROs eine Ausweitung es ISAF-Mandates über Kabul hinaus befürworten. Es st eben ein Unterschied, ob ich grundsätzlich ein Enagement auch außerhalb Kabuls unterstützte oder ob ch ganz konkret diesen militärischen Einsatz mittrage. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deswegen stimmt es uns natürlich auch bedenklich,
enn – wie vor zwei Tagen in der „Berliner Zeitung“ zu






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe

lesen – die Gesellschaft für bedrohte Völker sagt: „Kun-
duz braucht diesen Einsatz nicht“, wenn das Deutsche
Rote Kreuz fürchtet, die Glaubwürdigkeit einer neutra-
len Organisation sei dahin, und wenn Caritas Internatio-
nal erklärt: „Die Sicherheit unserer Mitarbeiter wird
durch den Kunduz-Einsatz nicht unbedingt erhöht“.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich könnte diese Reihe noch lange fortsetzen. Ich wie-
derhole noch einmal: Man muss nicht all diese Bedenken
teilen, aber man muss sie aus entwicklungspolitischer
Sicht wenigstens ernst nehmen. Deswegen bedauern wir
es, dass das Entwicklungshilfeministerium nicht in der
Lage gewesen ist, die NROs von der Notwendigkeit die-
ses Einsatzes zu überzeugen


(Karin Kortmann [SPD]: Quatsch!)

und bei seinen Ansprechpartnern offensichtlich nicht das
wünschenswerte Vertrauen genießt. Das ist bedauerlich
und muss hier festgestellt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich muss in diesem Zusammenhang noch ein zentra-
les Bedenken aufgreifen, das schon angesprochen wor-
den ist: Wir sind uns hier über die Parteigrenzen hinweg
üblicherweise einig, dass Entwicklungspolitik Hilfe zur
Selbsthilfe bedeuten soll. Das heißt eben auch, dass Af-
ghanistan den nach seinen Kräften möglichen eigenen
Beitrag dazu leisten muss.

Genau diesen Beitrag vermissen wir allerdings bei der
Bekämpfung des Drogenanbaus. Dabei ist die Proto-
kollnotiz des Bundesaußenministers ja richtig und des-
wegen von uns auch eingefordert worden: Natürlich
wollen wir nicht, dass die Bundeswehr in die Drogenbe-
kämpfung militärisch hineingezogen wird. Aber umge-
kehrt wird niemand ernsthaft bestreiten können, dass der
Drogenanbau in Afghanistan nicht bei Nacht und Nebel
anonym durch völlig unbekannte Mächte erfolgt, son-
dern dass er gerade in der Region Kunduz von Personen
des öffentlichen Lebens betrieben wird, die auch der
Bundesregierung bekannt sind. Natürlich ist das ein
Dilemma für uns. Frustrierend ist für uns auch die Vor-
stellung, wie dieser Drogenanbau funktioniert. Es kann
aber nicht sein, dass wir den Drogenanbau in der Region
Kunduz dauerhaft mit unserer militärischen Präsenz er-
leichtern. Das kann auf Dauer keine Perspektive sein.

Herr Kollege Hoyer, in einem muss ich dem Außen-
minister beipflichten: Wir werden mit diesem Beschluss
keine Komplizen der Drogenbarone. Wir tun das uns
Mögliche, um genau das nicht zu werden. Wir kommen
aber aus diesem Dilemma, in dem wir unbestreitbar ste-
cken, auf keinem Weg heraus. Wir kommen da auch
nicht durch einen völligen Rückzug aus dem Land he-
raus. Wir sind von Deutschland aus nicht in der Lage,
aus diesem Dilemma herauszukommen. Das müssen die
Afghanen selbst leisten. Diesen Beitrag müssen wir auch
mit aller Dringlichkeit und Nachhaltigkeit von ihnen ein-
fordern.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Neben den angedeuteten und vielen anderen Gründen äbe es aus entwicklungspolitischer Sicht bei aller Anerennung der Notwendigkeit, regionale Inseln der Stabilit außerhalb Kabuls zu schaffen, sicherlich viele ründe, zu dieser konkreten Entscheidung für einen Einatz in der Region Kunduz Nein zu sagen. Aber natürlich ann man auch eine solche entwicklungspolitische Entcheidung nicht von außenund sicherheitspolitischen rwägungen abkoppeln. Für uns ist klar: Wir können nd dürfen nicht aus der internationalen Allianz im ampf gegen den Terrorismus ausscheren. Deswegen t es natürlich wichtig und nicht zu vernachlässigen, ass es für diesen Einsatz ein UN-Mandat und eine ATO-Entscheidung gibt, in die wir als Bundesrepublik eutschland zusammen mit vielen unserer Partner einebunden sind. Der Außenminister und der Bundesveridigungsminister haben zu Recht auf diese wichtige inrnationale Einbindung hingewiesen. Wir müssen uns schließlich auch vor Augen halten, orüber heute tatsächlich abgestimmt wird und worüber icht. Anders als bei einer früheren Entscheidung über inen internationalen Bundeswehreinsatz wird uns heute eine Abstimmung darüber abverlangt, ob wir Vertrauen um Bundeskanzler haben oder nicht. Diese Frage würen wir, so wie die übergroße Mehrheit der Menschen in nserem Lande, selbstverständlich und aus tiefstem Heren verneinen. Diese Frage stellt sich heute aber nicht. Ob es uns gefällt oder nicht, wir haben heute mit der ntscheidung für oder gegen einen Einsatz in Kunduz uch über die Fortsetzung unseres Engagements im Rahen des bisherigen ISAF-Mandates zu entscheiden. Sich ieser Fortsetzung und damit unserer militärischen Präenz in Afghanistan überhaupt zu verweigern wäre im nteresse der Menschen in Afghanistan wie auch in unseem eigenen wohlverstandenen nationalen Interesse icht zu rechtfertigen. Deswegen stimmen wir, wenn uch mit Bedenken, dem Antrag der Bundesregierung u. Unseren Soldatinnen und Soldaten wie auch allen ntwicklungshelferinnen und -helfern wünschen wir viel rfolg bei ihrer Arbeit in Afghanistan und allen eine ute Rückkehr. Vielen Dank. Ich erteile das Wort Kollegin Dr. Gesine Lötzsch. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Sehr geehrte Gäste! Bereits zu Beginn dieser Woche st in der Presse vermeldet worden, dass die PDS-Abgerdneten gegen die Erweiterung des Afghanistan-Manates für die Bundeswehr stimmen werden. Man hatte ns zuvor zwar nicht dazu befragt, aber ich halte es für in gutes Zeichen, dass die Ablehnung durch die PDS ls selbstverständlich gilt. Damit aber nicht der Eindruck ntsteht, wir würden nur aus Prinzip und ohne weitere Dr. Gesine Lötzsch Argumente ablehnen, will ich Ihnen unsere Ablehnungsgründe gerne erläutern. Übrigens: Wenn man sich nur einigermaßen auf Umfragen verlassen kann, vertreten heute all diejenigen Abgeordneten, die mit Nein stimmen werden, die große Mehrheit der Bevölkerung in der Bundesrepublik. Laut einer Emnid-Umfrage sprechen sich 69 Prozent der Menschen in unserem Land gegen die Ausweitung des Bundeswehreinsatzes aus. Die heute im Deutschen Bundestag zu erwartende Mehrheit repräsentiert also nicht einmal ein Drittel der Bevölkerung. Aber vielleicht beruft sich diese Mehrheit der Abgeordneten des Bundestages auf höhere Einsichten, die der Bevölkerung nicht zugänglich sind. Nicht umsonst tagen die Ausschüsse zu diesen Themen meistens in vertraulichen Sitzungen. Aber auch die Experten warnen. Humanitäre Hilfsorganisationen warnen vor der Vermischung von zivilem und militärischem Einsatz. Die Formulierung im Antrag der Bundesregierung von der – ich zitiere – „zivil-militärischen Zusammenarbeit“ ist aus meiner Sicht ein Widerspruch in sich. Die Geschäftsführerin von „Ärzte ohne Grenzen“ in Deutschland, Ulrike von Pilar, erklärte: Wir wollen weiterhin als Mediziner von der Bevölkerung angesehen werden und nicht als Teil einer politischen Agenda. Das Deutsche Rote Kreuz befürchtet – das ist hier von meinem Vorredner schon angesprochen worden –, dass anderenfalls die Glaubwürdigkeit einer neutralen Organisation dahin sei. Kritik kommt aber nicht nur von Zivilisten, sondern auch von Militärs. Sie befürchten, deutsche Soldaten könnten zwischen die Fronten von verschiedenen Kriegsherren und Drogenbaronen geraten. Nebenbei bemerkt: Kriegsherren sind häufig auch Drogenbarone. Nun hat die Bundesregierung erklärt, dass die Aufgabe deutscher Soldaten nicht in der Drogenbekämpfung besteht. Was heißt das aber praktisch? Nehmen wir den Fall an, eine Bundeswehrstreife greift Drogenhändler auf. Was macht sie in diesem Fall? Der Abgeordnete Willy Wimmer aus der CDU/CSU-Fraktion weist in einem Brief an den Bundesminister der Verteidigung darauf hin, dass Kunduz die Hochburg des Drogenanbaus und Drogenhandels ist. Ich zitiere den Schluss seines Briefes an Herrn Struck: Kunduz ist der hellste Stern am afghanischen Drogenhimmel. Und ausgerechnet dort sollen unsere Soldaten die Kastanien aus den Feuern der Machthaber holen, sich dabei die Hände schmutzig machen und zwischen alle Fronten geraten? Meine Damen und Herren, mit welcher Begründung sind deutsche Soldaten überhaupt nach Afghanistan geschickt worden? Viele haben das schon vergessen und befinden sich hier in einer Abstimmungsroutine. Nach dem 11. September 2001 war von der US-Regierung Afghanistan als verantwortlich für die Anschläge auf das World Trade Center erklärt worden. Bin Laden sollte gefasst werden. Die Bundesregierung erklärte damals die uneingeschränkte Solidarität mit den USA. m s B la J F V e n A D f k P Z w r d d D s D w l z e s t m g n s R M 1 l t (C (D Blickt man auf die vergangenen zwei Jahre zurück, so uss man feststellen, dass die Zusicherung der uneingechränkten Solidarität ein schwerer Fehler war; denn die undesrepublik wurde von der Bush-Regierung in einen ng andauernden Krieg gegen den Terror eingebunden. etzt weiß die Regierung nicht mehr, wie sie aus diesem eldzug wieder herauskommen soll. Es ist ein offenes Geheimnis: Die Erweiterung und erlängerung des Afghanistanmandats haben nicht nur twas mit Afghanistan zu tun – vielleicht sogar eher weiger –, sondern das ist vor allem ein Kuhhandel mit den merikanern. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507002400
Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1507002500




(A) )


(B) )


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


ie Deutschen sollen Bush in Afghanistan den Rücken
reihalten, damit Amerika im Irak schalten und walten
ann, wie es will. Einer solchen Strategie können wir als
DS niemals zustimmen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507002600

Ich erteile Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-

eul das Wort.

Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für
irtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute vor 58 Jah-

en trat die Charta der Vereinten Nationen in Kraft. Seit-
em wird der 24. Oktober in vielen Mitgliedstaaten als
er Tag der Vereinten Nationen in Erinnerung gerufen.
as sollte uns allen in diesem Hause gemeinsam Anlass
ein, den Vereinten Nationen zu danken und unsere
ankbarkeit für die Existenz der Vereinten Nationen so-
ie unsere Zustimmung zur Notwendigkeit einer multi-
ateralen Organisation und Weltordnung zum Ausdruck
u bringen.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Afghanistan ist – jedenfalls bisher – ein Beispiel für
in gemeinsames Vorgehen der internationalen Gemein-
chaft. Es beruht auf der Basis eines breiten UN-Manda-
es und der afghanischen Eigenverantwortung. Ich
öchte auch noch einmal an die Kolleginnen und Kolle-
en der FDP appellieren: Diese Anstrengungen werden
ur zum Erfolg führen, wenn die internationale Gemein-
chaft ihre Bemühungen fortsetzt und sie über die große
egion um Kabul hinaus ausweitet.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


it der Resolution 1510 des UN-Sicherheitsrats vom
3. Oktober 2003 gibt es jetzt nicht nur eine völkerrecht-
iche Grundlage für die Ausweitung des ISAF-Manda-
es, sondern sogar die Erwartung der internationalen






(A) )



(B) )


Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul

Staatengemeinschaft, dass die beteiligten Länder ihr En-
gagement fortsetzen und ausweiten.

Mancher redet hier wirklich wie der Blinde von der
Farbe.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christa Nickels [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich war zweimal in diesem Land und bin mit vielen sei-
ner Menschen in dauerndem Kontakt. Ich muss sagen: In
den anderthalb Jahren, seitdem der Wiederaufbau mög-
lich war und seitdem die Taliban gestürzt wurden, ist
sehr viel erreicht worden – das haben alle meine Gesprä-
che im Land, seien es die mit der Regierung, mit Nicht-
regierungsorganisationen oder mit einfachen Menschen
auf der Straße, deutlich gemacht –: Mädchen gehen wie-
der in die Schule,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Krankenhäuser wurden wieder aufgebaut und es werden
dort auch wieder Frauen behandelt, was vorher nicht
möglich war, Rückkehrerinnen und Rückkehrer haben die
Chance, ihre Arbeit wieder aufzunehmen, und die Was-
ser- und Stromversorgung wurde wieder instand gesetzt.

Meine Gesprächspartner haben mir aber auch ihre Be-
sorgnisse genannt. Sie haben die Sorge, dass die Stabili-
tät im Land nicht in allen Regionen ausreichend gesi-
chert ist. Alle afghanischen Regierungsangehörigen und
Partner haben sich für die Ausweitung des Einsatzes auf
Kunduz ausgesprochen. Berücksichtigen Sie doch auch,
was unsere Partner in Afghanistan sagen, und behaupten
Sie nicht, Sie wüssten das alles besser als sie.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das deutsche En-
gagement in Kunduz soll einen Beitrag zur Schaffung
eines Klimas der Sicherheit leisten und zum Wiederauf-
bau einer Region beitragen, in der mehr als 3 Millionen
Menschen leben. Wir haben unseren Beitrag sehr sorg-
fältig vorbereitet. An die Adresse des Kollegen
Brauksiepe gerichtet sage ich: Dabei haben wir den Be-
denken Rechnung getragen, die internationale Organisa-
tionen gegen das amerikanische Konzept des Provincial
Reconstruction Teams zu Recht hatten;


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


denn zum einen wurde dort der militärische und der ent-
wicklungspolitische Teil vermischt und zum anderen das
PRT-Konzept in die Struktur der Operation Enduring
Freedom eingebunden. Wir haben dazu beigetragen,
dass dieses Konzept nicht verfolgt wird, sondern dass
die Ausweitung des ISAF-Einsatzes in das Konzept des
Wiederaufbaus, wie es auf der Petersberger Konferenz
beschlossen wurde, eingebunden wird und damit in
einen politischen Kontext und nicht in einen Kontext mit
Terrorismusbekämpfung unter Enduring Freedom.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Um Missverständnisse auszuräumen: Unser entwick-
lungspolitisches Engagement ist ein klar definierter, ei-
genständiger Beitrag. Es ist kein Beitrag im Rahmen des
militärischen ISAF-Engagements. Es wird auch zu kei-

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(C (D er Vermischung dieser beiden Komponenten kommen. iel ist die Schaffung eines Klimas der Sicherheit, von em alle profitieren, die sich für den Wiederaufbau einetzen. Militärische und entwicklungspolitische Maßahmen sind zwei eigenständige Säulen eines Konzepts nd sie bleiben getrennt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wie in Kabul werden auch in Kunduz die Vertreterin-
en und Vertreter der staatlichen Durchführungsorgani-
ationen gemeinsam in einem Haus arbeiten, und zwar in
em Gebäude, in dem bereits jetzt eine Organisation zu-
ückgekehrten afghanischen Flüchtlingen mit unserer
nterstützung Hilfe leistet, die AGEF.
Das von uns erarbeitete Konzept der Eigenständigkeit

er Komponenten entspricht im Übrigen genau dem,
as 80 internationale Nichtregierungsorganisationen im
uni 2003 in einem offenen Brief an die internationale
emeinschaft gefordert haben, nämlich das ISAF-Man-
at über Kabul hinaus auszuweiten und so Sicherheit für
ie Arbeit staatlicher und nicht staatlicher Organisatio-
en zu gewährleisten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch in diesem Zusammenhang sage ich an die
dresse des Kollegen Brauksiepe gerichtet: Mein Minis-
erium und ich selbst haben am 9. Oktober – das ist also
och nicht sehr lange her – mit Vertreterinnen und Ver-
retern des Verbands der deutschen Nichtregierungsorga-
isationen, VENRO, zu der Frage des Einsatzes in Kun-
uz ein Gespräch geführt. Darin wurde durch die
ertreterinnen und Vertreter der Nichtregierungsorgani-
ationen bestätigt, dass das neue Konzept der Bundesre-
ierung im Hinblick auf die Provinzen Afghanistans und
uf Kunduz ihren ursprünglichen Bedenken Rechnung
rägt. Natürlich wird nicht jede einzelne Nichtregie-
ungsorganisation alle unsere Positionen teilen. In die-
em Gespräch ist jedoch deutlich geworden, dass diese
osition unterstützt wird. Das sollten Sie zur Kenntnis
ehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Im Übrigen: Wir nehmen für dieses Konzept keine
ichtregierungsorganisation in Anspruch. In diesem Ge-
präch aber haben viele Vertreterinnen und Vertreter von
ichtregierungsorganisationen gesagt, dass sie zur Zu-
ammenarbeit bereit seien. Ich respektiere es, wenn
ichtregierungsorganisationen eigenständig sind. Was
ch aber nicht akzeptieren kann, ist Heuchelei.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

n Kabul leistet die ISAF einen Beitrag zum Klima der
icherheit für all diejenigen, die sich für den Wiederauf-
au engagieren. Was in Kabul richtig ist, kann doch für
ie Region Kunduz nicht falsch sein. Das sollte in dieser
iskussion sehr deutlich gesagt werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul

Nach sorgfältiger Prüfung haben wir gemeinsam mit

unseren afghanischen Partnern entschieden, uns in Kun-
duz auf drei entwicklungspolitische Schwerpunkte zu
konzentrieren: erstens auf die Wiederherstellung der wirt-
schaftlichen und auch der sozialen Infrastruktur – Stra-
ßenbau, Wasserversorgung, wirtschaftliche und gesell-
schaftliche Entwicklung –, zweitens auf die Schaffung
von Arbeitsplätzen, die Förderung privater Investitionen,
damit die Menschen langfristig eine Perspektive haben,
und drittens auf den Aufbau demokratischer Institutio-
nen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Bezug
nehmen auf die Diskussion zur Bekämpfung des Dro-
genanbaus. Auch hier wende ich mich wieder an die
Kolleginnen und Kollegen der FDP. Der Drogenanbau
existiert bereits jetzt in Afghanistan – unter Ihren Augen.
Ich sage ausdrücklich: Wenn die internationale Gemein-
schaft einen Beitrag dazu leistet, dass es in Afghanistan
wirtschaftlich, sozial, politisch und demokratisch wieder
Perspektiven gibt, dann wird es dort eine gesunde wirt-
schaftliche Entwicklung geben. Damit wird den Drogen-
baronen der Boden entzogen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wer nun einen Rückzug aus Afghanistan befürwortet,
muss sich fragen lassen, wie diese Botschaft von den
Drogenbaronen aufgenommen wird. Ich meine, alle soll-
ten ihre Verantwortung wahrnehmen und für dieses
Mandat stimmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn die internationale Gemeinschaft ihr Engage-

ment zusammen mit den afghanischen Partnern – auch
in der Regierung gibt es sehr unterschiedliche Ansprech-
partner –, die für den demokratischen und wirtschaftli-
chen Wiederaufbau Afghanistans stehen, entschlossen
fortsetzt, wird dem Drogenanbau auf Dauer die Grund-
lage entzogen. Afghanistan würde damit die Chance für
eine gesunde wirtschaftliche Zukunft gegeben.

Federführend beim Kampf gegen den Drogenanbau
sind die afghanischen Sicherheitskräfte. Ich appelliere
an die amerikanische Regierung, die die Lead Nation in
Afghanistan ist, ihr Engagement beim Aufbau der neuen
afghanischen Armee auszuweiten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dafür ist das afghanische Innenministerium in Zu-
sammenarbeit insbesondere mit Großbritannien im inter-
nationalen Verbund zuständig. Ich stehe in engem Kon-
takt mit meinem britischen Kollegen Hilary Benn, der in
diesem Bereich besondere Verantwortung trägt. Sie kön-
nen daher sicher sein, dass wir beim zivilen Wiederauf-
bau wichtige Beiträge leisten, um die Drogenbekämp-
fung zu unterstützen. Dieses Ziel wird vor allem durch
den Aufbau und die Ausbildung der Polizei, die Förde-
rung des Anbaus alternativer Produkte und die Eröff-
nung neuer nicht landwirtschaftlicher Einkommen im
Rahmen der Privatwirtschaft verfolgt.

Zum Schluss: So oder so – Afghanistan wird auf je-
den Fall Modellcharakter haben. Deshalb müssen wir al-

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(C (D es dafür tun, dass unser Engagement zusammen mit uneren Partnern ein Erfolg wird. Es geht heute um den insatz der Soldaten. Wir alle hoffen, dass sie ihre Areit gesund und wohlbehalten leisten können. Ich öchte den Soldaten für ihr Engagement danken. Ich will an dieser Stelle aber auch sagen: Die Enticklungshelfer und Entwicklungshelferinnen, die mit nserer Zustimmung in Afghanistan und insbesondere uch in Kunduz tätig sein werden, haben es verdient, ass wir ihnen für ihr Engagement, das sie häufig unter insatz von Leben und Gesundheit leisten, danken. Ich enke, ich kann im Namen des ganzen Hauses erklären, ass wir ihnen für ihre Arbeit viel Erfolg wünschen. Wir offen, dass sie ihre Arbeit wohlbehalten und gesund tun önnen. Unsere Unterstützung dafür haben sie. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Ich danke Ihnen sehr.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507002700

Ich erteile das Wort dem Kollegen Bernd

chmidbauer, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Bernd Schmidbauer (CDU):
Rede ID: ID1507002800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Wenn man sich ein Ziel gesetzt hat, dann muss
an auch bereit sein, die für einen Erfolg nötigen Mittel
onsequent einzusetzen. Das gilt auch für den Einsatz in
fghanistan.
Unser Ziel und das der Vereinten Nationen ist klar

ormuliert.
Erstens. Wir wollen in Afghanistan, einem Land, das

on Krieg, Unruhen und Terror geprägt ist, daran mit-
irken, gemeinsam mit der afghanischen Bevölkerung
ine stabile politische und gesellschaftliche Ordnung
erzustellen und damit dem afghanischen Volk neue
hancen für eine bessere Zukunft zu eröffnen.
Zweitens – das scheint mir auch in der Auseinander-

etzung der unterschiedlichen Auffassungen einer der
ichtigsten Punkte zu sein –: Wir wollen in Afghanistan
n einer Allianz gegen den Terror den Kampf gegen den
nternationalen Terrorismus fortsetzen und wir wollen
uf diese Weise klar zum Ausdruck bringen, dass es uns
ehr ernst mit dem Kampf gegen den internationalen
errorismus ist. Wir wollen demonstrieren, dass
eutschland zur Solidarität und internationalen Koope-
ation bereit ist. Wenn wir diese Ziele erreichen wollen,
ann müssen wir auch dazu bereit sein, die dafür not-
endigen Mittel einzusetzen. Im vorliegenden Fall heißt
as: Zustimmung zur Verlängerung und Erweiterung des
insatzes deutscher Soldaten in Afghanistan.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Bernd Schmidbauer

Gestatten Sie mir einen kurzen Rückblick. Sie alle er-

innern sich gewiss daran, dass in den 90er-Jahren die so
genannte Afghanistan-Connection der Ursprung vieler,
vermutlich der meisten internationalen Anschläge war.
Der weltweite Terror hatte in Afghanistan seinen Aus-
gangspunkt. Ein weltweites Terrornetz wurde aus Afgha-
nistan heraus aufgebaut. Der Höhepunkt dieses Terrors,
dieses menschenverachtenden Wahnsinns, war der An-
schlag vom 11. September vor zwei Jahren. Noch immer
haben wir die grausamen Bilder von damals vor Augen.

In diesem Zusammenhang muss gefragt werden, wo
sich die Terroristen aufgehalten haben, wo sie ausgebildet
wurden und woher die unermesslichen Finanzmittel ka-
men. In der Sicherheitskonferenz von Scharm el-Scheich
hieß es: Terrorismus hat einen Namen, eine Adresse und
ein Konto. Das waren die Ausgangspunkte für die Ausei-
nandersetzungen in Afghanistan. Wir alle wissen, wer die
wirklichen Täter, wer die Hintermänner und wer die Auf-
traggeber dieses Terrorismus waren bzw. sind.

Natürlich hat die Weltgemeinschaft einige Fort-
schritte im Kampf gegen den Terrorismus erzielt. In
Afghanistan konnte man al-Qaida-Mitgliedern und Tali-
banführern habhaft werden. Man konnte sie festnehmen.
Aber machen wir uns nichts vor: Weltweiter Terror ist
noch immer vorhanden, ebenso die Logistik des Terror-
netzes und anderes. Es ist deutlich zu beobachten, dass
sich die Sicherheitslage generell auch in Afghanistan
nicht verbessert hat. Ich will das sehr vorsichtig ausdrü-
cken. Sie wissen, dass es im Grenzgebiet zwischen Af-
ghanistan und Pakistan zu heftigen Kämpfen zwischen
den Taliban, die sich dort wieder gesammelt haben, und
den Regierungstruppen und den sie unterstützenden
Amerikanern gekommen ist.

Die Sicherheitslage ist also durchaus als kritisch an-
zusehen. Es hat sich auch in Kabul gezeigt, dass es keine
Insel des Friedens gibt, sondern dass alles instabil ge-
worden ist. Ich erinnere mich an den 7. Juni dieses Jah-
res, an dem sieben deutsche Soldaten ums Leben gekom-
men sind. Dieser Anschlag hat deutlich gemacht, dass es
keinen gefahrlosen Einsatz gibt. Trotz aller Bemühungen
von Erkundungsteams gibt es keine Insel der Glückselig-
keit, sondern wir müssen damit rechnen, dass es An-
schläge und Auseinandersetzungen auch bei vermeint-
lich harmlosen Einsätzen gibt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eines will ich auch meinem Freund Werner Hoyer sa-

gen: Natürlich verschließen sich die, die diesen Einsatz
unterstützen, nicht dem in Afghanistan herrschenden
Problem des riesigen Drogenmarkts, des Drogenhan-
dels und Drogenanbaus. Es ist auch richtig, dass afgha-
nische Regionalfürsten und Repräsentanten darin sehr
stark involviert sind. Ich will Zahlen nennen: Schätzun-
gen gehen davon aus, dass die Ausweitung der Opium-
produktion enorm zugenommen hat und dass sich der
Anbau von Opium im Vergleich zu 1998 um bis zu
40 Prozent erhöht hat. Wir sprechen von bis zu
4 000 Tonnen Rohopium jährlich.

Man kann die Augen vor dieser Problematik nicht
verschließen, die nicht nur in Kunduz, sondern in allen

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(C (D nbaugebieten Afghanistans herrscht. Nach Erhebungen er UN und anderer Organisationen, auch der EU, weren 70 Prozent der weltweit konsumierten Drogen in Afhanistan angebaut. Hinzu kommt – das wurde schon erähnt –, dass Millionen von Süchtigen in dieser Region nd den Nachbarländern zu beobachten sind, die die roblematik verstärken. Allerdings – das hat die Interimsregierung bewiesen – esteht derzeit keine Chance für die Drogenbekämpung. Wer meint, dass diese jetzt im Vordergrund stehen ann, irrt. Sie wissen, Werner Hoyer – Sie haben das uch schon selbst festgestellt –, dass alle Bemühungen in er Drogenbekämpfung in den letzten Jahren zu keinen rgebnissen geführt haben. Man kann diese Art und eise der Drogenbekämpfung zwar verbal preisen, aber ir alle wissen, was wir davon zu halten haben. Die Weltgemeinschaft muss sich zwar um dieses Pro lem kümmern, das kann aber nicht mit dem heute zu assenden Beschluss geschehen. Dieser Beschluss bildet ielmehr die Voraussetzung dafür, dass wir uns um die roblematik im Ganzen kümmern können. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Ulrich Heinrich [FDP])


Ich halte deshalb die Erklärung der Bundesregierung,
eren Präzisierung wir gefordert haben, für richtig. Sol-
aten sind – das ist keine neue Erkenntnis – keine Dro-
enfahnder. Sie können nicht für entsprechende Aufga-
en eingesetzt werden. Soldaten sind aber auch keine
ampelmänner, die absichtlich wegsehen, um keine
chwierigkeiten zu bekommen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

ie müssen sich mit dieser Problematik auseinander set-
en und dafür sorgen, dass afghanische Kräfte für die
usbildung und den Einsatz in der Bekämpfung dieser
iesigen Problematik in den Provinzen gewonnen wer-
en können.

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507002900

Kollege Schmidbauer, Sie müssen bitte zum Ende

ommen.

Bernd Schmidbauer (CDU):
Rede ID: ID1507003000

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin der
einung, dass wir mit unserem Beschluss zu einem gu-

en Start beitragen, dass wir dazu die bereits genannten
lankierenden Maßnahmen auf den Weg bringen müssen
nd dass wir in bestimmten Fällen Aufbauhilfe leisten
üssen. Mit dem Pilotprojekt in Kunduz wird ein guter
tart ermöglicht, der es verdient, von einer breiten Mehr-
eit im Parlament unterstützt zu werden.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507003100

Ich schließe die Aussprache.






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-

empfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf Druck-
sache 15/1806 zu dem Antrag der Bundesregierung über
die Fortsetzung und Erweiterung der Beteiligung be-
waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer In-
ternationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afgha-
nistan. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
Drucksache 15/1700 anzunehmen. Es ist eine namentli-
che Abstimmung verlangt. Dazu liegen Erklärungen zur
Abstimmung von über 30 Kollegen vor.1) Ich bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen
Plätze einzunehmen. – Ist das erfolgt? – Das ist der Fall.
Ich eröffne die Abstimmung.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507003200

Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine

Stimme noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der
Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung
wird Ihnen später bekannt gegeben.


(Unruhe)

– Wir wollen die Beratungen fortsetzen. Deshalb bitte
ich die Kolleginnen und Kollegen, besonders diejenigen
im Mittelgang, herzlich, ihre Plätze einzunehmen.

Ich rufe die Zusatzpunkte 5 a bis 5 d auf:
a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD

und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur
Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetz-
buch und anderer Gesetze
– Drucksache 15/1830 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur
Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetz-
buch und anderer Gesetze
– Drucksache 15/1831 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft

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1) Anlagen 2 und 3

(C (D Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO c)

Dr. Heinrich L. Kolb, Dirk Niebel, Daniel Bahr

(Münster), weiteren Abgeordneten und der Frak-

tion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Beendigung der Frühverrentung
– Drucksache 15/1810 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

d) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Eckpunkte für die Weiterentwicklung der
Rentenreform des Jahres 2001 und zur Stabili-
sierung des Beitragssatzes in der gesetzlichen
Rentenversicherung
– Drucksache 15/1832 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-

in Gudrun Schaich-Walch, SPD-Fraktion.


Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1507003300

Guten Morgen, Frau Präsidentin!


(Zuruf von der FDP: Das Mikrofon ist noch nicht eingeschaltet!)


Sie sind doch froh, wenn Sie sich nichts anhören müs-
en.


(Unruhe)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507003400

Frau Kollegin, einen Moment bitte. Ich bitte, die Dis-

ussionen wenigstens im Sitzen fortzuführen.

(Zuruf von der SPD: Im Liegen! – Zuruf von der FDP: Nein, gar nicht fortzuführen! – Zuruf von der CDU/CSU: Die sollen zuhören!)


Bitte schön, Frau Kollegin Schaich-Walch.






(A) )



(B) )



Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1507003500

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Mit der heutigen Einbringung des Zweiten
und des Dritten Gesetzes zur Änderung des SGB VI tref-
fen wir Entscheidungen, die uns nicht leicht gefallen
sind. Sie führen zu Belastungen bei Rentnerinnen und
Rentnern. Aber das, was wir für die Renten ausgeben,
müssen die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber erst er-
wirtschaften. Ein geringes Wachstum ist die Hauptursa-
che für die Finanzlücke in der gesetzlichen Renten-
versicherung. Egal welche Rentenformel wir hätten,
meine Damen und Herren von der CDU/CSU, die kon-
junkturelle Einnahmeschwäche machte davor nicht
Halt. Hätten wir heue Ihr Gesetz, dann läge der Bei-
tragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung in die-
sem Jahr bei 21,5 Prozent


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

und im nächsten Jahr bei 22,3 Prozent.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir hätten aber keine Ökosteuer!)


Was das für die konjunkturelle Entwicklung und den Ar-
beitsmarkt bedeuten würde, möchte ich erst gar nicht be-
schreiben.

Angesichts der finanziellen Entwicklung der gesetzli-
chen Rentenversicherung ist es notwendig – das ist si-
cherlich auch schwierig und unpopulär –, das durchzu-
führen, was wir heute in erster Lesung einbringen. Aber
die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen sind unbe-
dingt notwendig, wenn die Akzeptanz der Rentenversi-
cherung gewahrt bleiben soll.

In den ersten neun Monaten dieses Jahres sind die
Beitragseinnahmen nur um 0,5 Prozent gestiegen. Das
sind 2 Prozentpunkte weniger als erwartet. Daraus ergibt
sich ein Defizit von 8 Milliarden Euro. Wenn in Folge
der nicht vorherzusehenden Konjunkturschwäche die
Beitragseinnahmen der Rentenversicherung wegbre-
chen, gibt es leider nur zwei Möglichkeiten: eine Erhö-
hung des Beitragssatzes von 19,5 auf 20,5 Prozentpunkte
mit allen negativen Wirkungen für die Beschäftigten so-
wie letztlich auch für die Rentnerinnen und Rentner oder
unseren Vorschlag, die konjunkturell bedingte Belastung
innerhalb der Rentenversicherung aufzufangen und auch
die Rentnerinnen und Rentner an der Lösung des Pro-
blems zu beteiligen.

Ich will hier überhaupt nicht verhehlen, dass es durch
den Verzicht auf die Rentenanpassung im nächsten Jahr
und dadurch, dass die Beiträge zur Pflegeversicherung
voll getragen werden müssen, zu Belastungen bei Rent-
nerinnen und Rentnern kommt. Wir haben uns nach lan-
ger, schwieriger und eingehender Diskussion aber dafür
entschieden, dass in der gegenwärtigen konjunkturellen
Situation stabile Beiträge die Priorität haben. Gewerk-
schaften und Arbeitgeber – auch wenn es die einen oder
anderen da kritisch sehen – teilen in dieser Frage unsere
Auffassung, nämlich dass jetzt sämtliche Politikbereiche
ihren Beitrag zu leisten haben, um Wachstum und Be-
schäftigung zu fördern.

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(C (D Ich bin fest davon überzeugt, dass langfristig auch die entnerinnen und Rentner hiervon profitieren und dass der Zukunft wieder Rentenanpassungen möglich sein erden. Ich glaube, dass es gerecht ist, die Beitragszahr nicht stärker zu belasten, da diese bereits durch den estiegenen Beitragssatz in diesem Jahr und durch die nhebung der Beitragsbemessungsgrenze ihren Beitrag ur Stabilisierung der Rentenversicherung geleistet haen. nter dem Gesichtspunkt der Lastenverteilung zwichen den Generationen ist es richtig, dass die Älteren ren Beitrag leisten – wir werden mit ihnen darüber innsiv zu diskutieren haben –; ich weiß glücklicherweise us Debatten, dass die meisten Rentnerinnen und Renter dazu auch bereit sind. Jetzt zu dem Punkt, der immer wieder als Rentenkür ung bezeichnet wird. Es geht um die künftige volle Fianzierung des Pflegeversicherungsbeitrags durch die entnerinnen und Rentner. Wir behandeln in dieser rage Rentnerinnen und Rentner künftig nicht anders, ls wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer behaneln. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Eine Rentenkürzung ist es trotzdem!)


(Zuruf von der SPD: Sehr wahr!)


ch glaube, dass das ein ausgesprochen gerechter Ansatz
t; denn mit der Einführung der Pflegeversicherung ist
en Rentnerinnen und Rentnern ohne Vorfinanzierung
ine notwendige und richtige Leistung zur Verfügung
estellt worden. Mit den geplanten Regelungen zur Pfle-
eversicherung wird sie künftig auch noch verbessert
erden können.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist keine

rage: Die Situation der Rentenversicherung ist schwie-
ig. Hierbei geht es nicht so sehr um die aktuelle, son-
ern mehr um die langfristige Finanzierbarkeit der ge-
etzlichen Rentenversicherung.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die kurzfristigen Probleme sind schon schwierig genug!)


iese ist auch für die Zukunft gegeben, wenn die Wei-
hen richtig gestellt werden, und wir werden die Wei-
hen richtig stellen. Es geht um die Akzeptanz des Sys-
ems. Wie ich heute früh lesen konnte, sind zwei Drittel
er Menschen in diesem Land davon überzeugt, dass
ieses System richtig angelegt ist. Das heißt, dass wir
emeinsam Verantwortung dafür haben, Horrorszenarien
orzubeugen und Polemik in dieser Frage erst gar nicht
uzulassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es war gute politische Tradition in der Bundesrepu-
lik, dass langfristige rentenpolitische Entscheidungen
Konsens der gesellschaftlichen Kräfte getroffen wur-

en. Wir sollten diese Tradition fortsetzen. Grundlage
afür ist Ehrlichkeit in der Debatte, das heißt Akzeptanz
er Fakten.






(A) (C)



(B) )


Gudrun Schaich-Walch

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie haben sich bisher doch immer davor gedrückt, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen!)


Auch mit dem demographischen Faktor wären die
Ausgaben der Rentenversicherung heute nicht geringer.
Ohne die Einnahmen aus der Ökosteuer und ohne die

Der demographische Wandel ist dabei kein Schick-
sal, dem wir uns ergeben müssten. Vielmehr müssen wir
in der Politik heute tatkräftig den Rahmen gestalten; wir
müssen klug handeln. Zum Beispiel verliert der zukünf-
tig eintretende Rückgang der Zahl der Personen im er-
werbsfähigen Alter erkennbar seinen Schrecken, wenn
Rentenversicherungspflicht für geringfügig Beschäf-
tigte läge der Beitragssatz, wie ich vorhin schon ausge-
führt habe, heute um gut einen Prozentpunkt höher.


(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Die Union als große Volkspartei hat jetzt die Verant-

wortung, auf populistische Profilierung zu verzichten
und die Akzeptanz der Sozialversicherung als einer
Säule der sozialen Marktwirtschaft nicht zu gefährden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie fahren es gegen die Wand, nicht wir!)


Ich kann Ihnen nicht dazu raten, eine sozialpolitische
Sonthofen-Strategie zu verfolgen und im Bundesrat Ihre
Zustimmung zu dem zustimmungsbedürftigen Teil, mit
dem die Erstauszahlung der Rente auf das Monatsende
verschoben wird, zu verweigern. Die dann notwendige
Beitragssatzsteigerung hätten allein Sie zu verantworten
und kein Mensch in diesem Land würde das verstehen,
besonders nicht nach der gemeinsamen Anstrengung, mit
uns den Beitragssatz zur Krankenversicherung zu senken.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wo wird der denn gesenkt?)


Heute diskutieren wir über Maßnahmen, die gewähr-
leisten, dass der Beitragssatz im nächsten Jahr stabil
bleibt und ein klares Signal für Wachstum und Beschäf-
tigung gegeben wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir müssen aber gewährleisten, dass die Finanzierung
der Rentenversicherung auch in Zukunft akzeptable Be-
dingungen für die Beitragszahlerinnen und Beitragszah-
ler ermöglicht. Mit der gemeinsam von Union und SPD
getragenen Rentenreform von 1989 haben wir bereits
einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass ange-
sichts der demographischen Entwicklung ein Beitrags-
satzanstieg auf deutlich über 30 Prozent bis zum
Jahre 2030 verhindert wird. Heute wissen wir aber, dass
diese Maßnahmen angesichts der neuen Daten nicht aus-
reichend sind. So wird die Lebenserwartung bis zum
Jahr 2030 – glücklicherweise – um weitere drei Jahre an-
steigen und sich entsprechend die Rentenbezugsdauer
gegenüber heute um 20 Prozent verlängern.

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(D eitnehmer zu erhöhen und die Erwerbsquote der Frauen eutlich zu verbessern. Aus Sicht der SPD sind die diesezüglichen Annahmen der Rürup-Kommission ein tück zu kurz gegriffen. Die Erfahrung der skandinavichen Staaten macht deutlich, dass man damit hervorraende Erfolge erzielen kann. Trotz dieser Maßnahmen werden wir nicht darum her mkommen, auch die langfristigen Ausgaben zu berenzen. Hierzu haben wir am letzten Sonntag ebenfalls ckpunkte beschlossen. Wer sich diese vorurteilsfrei anchaut und sie zum Beispiel auch mit Vorschlägen aus er Herzog-Kommission vergleicht, wird feststellen, ass es an einigen Punkten ähnliche Ansätze gibt, dass s aber andererseits Vorstellungen in der Herzog-Komission gibt – ich nenne hier besonders die Frage der itwen –, die mit unseren Auffassungen nicht vereinbar ind. Ich möchte aber trotz allem die Union ausdrücklich uffordern, sich daran zu beteiligen, eine einvernehmlihe Lösung für die Zukunft der gesetzlichen Rentenvericherung zu finden. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das hätten Sie schon 1996 haben können!)


as erwarten nicht nur die Rentnerinnen und Rentner
ur Lösung der jetzt anstehenden Probleme; das erwar-
en auch die Jüngeren, die Planbarkeit und Kalkulierbar-
eit benötigen und Sicherheit für ihre Lebensplanung so-
ie für ihr Leben im Alter brauchen.
Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507003600

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe,

omme ich zu Tagesordnungspunkt 12 zurück und gebe
as von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermit-
elte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über die
eschlussempfehlung zu dem Antrag der Bundesregie-
ung zur Fortsetzung und Erweiterung der Beteiligung
ewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer
nternationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Af-
hanistan bekannt. Abgegebene Stimmen 593. Mit Ja
aben gestimmt 531, mit Nein haben gestimmt 57, Ent-
altungen 5. Die Beschlussempfehlung und damit der
ntrag der Bundesregierung sind angenommen.
e
s uns gelingt, die Erwerbsbeteiligung der älteren Ar-






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Endgültiges Ergebnis

Abgegebenen Stimmen: 593;
davon

ja: 531
nein: 57
enthalten: 5

Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr (Neuruppin)

Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Marga Elser
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner

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enate Gradistanac
ngelika Graf (Rosenheim)

ieter Grasedieck
onika Griefahn
erstin Griese
abriele Groneberg
chim Großmann
olfgang Grotthaus
arl-Hermann Haack

(Extertal)

ans-Joachim Hacker
ettina Hagedorn
laus Hagemann
lfred Hartenbach
ichael Hartmann

(Wackernheim)

ina Hauer
ubertus Heil
einhold Hemker
olf Hempelmann
r. Barbara Hendricks
ustav Herzog
etra Heß
onika Heubaum
abriele Hiller-Ohm
tephan Hilsberg
erd Höfer
elena Hoffmann (Chemnitz)

alter Hoffmann

(Darmstadt)

is Hoffmann (Wismar)

rank Hofmann (Volkach)

ike Hovermann
laas Hübner
hristel Humme
othar Ibrügger
runhilde Irber
enate Jäger
ann-Peter Janssen
laus-Werner Jonas
ohannes Kahrs
lrich Kasparick
r. h.c. Susanne Kastner
lrich Kelber
ans-Peter Kemper
laus Kirschner
ans-Ulrich Klose
strid Klug
r. Heinz Köhler (Coburg)

alter Kolbow
ritz Rudolf Körper
arin Kortmann
olf Kramer
nette Kramme
rnst Kranz
icolette Kressl
olker Kröning
ngelika Krüger-Leißner
r. Hans-Ulrich Krüger
orst Kubatschka
rnst Küchler
elga Kühn-Mengel
te Kumpf
r. Uwe Küster
hristine Lambrecht
hristian Lange (Backnang)

hristine Lehder
altraud Lehn

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r. Elke Leonhard
ckhart Lewering
ötz-Peter Lohmann
abriele Lösekrug-Möller
rika Lotz
r. Christine Lucyga
irk Manzewski
obias Marhold
othar Mark
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hristoph Matschie
ilde Mattheis
arkus Meckel
lrike Mehl
etra-Evelyne Merkel
lrike Merten
ngelika Mertens
rsula Mogg
ichael Müller (Düsseldorf)

hristian Müller (Zittau)

esine Multhaupt
ranz Müntefering
r. Rolf Mützenich
olker Neumann (Bramsche)

ietmar Nietan
r. Erika Ober
olger Ortel
einz Paula
ohannes Pflug
oachim Poß
r. Wilhelm Priesmeier
lorian Pronold
r. Sascha Raabe
arin Rehbock-Zureich
erold Reichenbach
r. Carola Reimann
hristel Riemann-
Hanewinckel
alter Riester
einhold Robbe
ené Röspel
r. Ernst Dieter Rossmann
arin Roth (Esslingen)

ichael Roth (Heringen)

erhard Rübenkönig
rtwin Runde
arlene Rupprecht

(Tuchenbach)

nton Schaaf
xel Schäfer (Bochum)

udrun Schaich-Walch
udolf Scharping
ernd Scheelen
r. Hermann Scheer
iegfried Scheffler
orst Schild
tto Schily
orst Schmidbauer

(Nürnberg)

lla Schmidt (Aachen)

ilvia Schmidt (Eisleben)

agmar Schmidt (Meschede)

ilhelm Schmidt (Salzgitter)

einz Schmitt (Landau)

arsten Schneider
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(Everswinkel)


(Wiesloch)


(Wolmirstedt)





(A) )


(B) )


(Reutlingen)


(Schönebeck)


(Nordstrand)


Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Tanja Gönner
Josef Göppel

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r. Peter Jahr
artholomäus Kalb
teffen Kampeter
mgard Karwatzki
ernhard Kaster

(Bad Dürrheim)

olker Kauder
erlinde Kaupa
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ürgen Klimke
ulia Klöckner
ristina Köhler (Wiesbaden)

anfred Kolbe
orbert Königshofen
artmut Koschyk
homas Kossendey
udolf Kraus
ichael Kretschmer
ünther Krichbaum
ünter Krings
r. Martina Krogmann
r. Hermann Kues
erner Kuhn (Zingst)

r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

r. Norbert Lammert
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arl-Josef Laumann
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erner Lensing
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rsula Lietz
alter Link (Diepholz)

duard Lintner
r. Klaus W. Lippold

(Offenbach)

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r. Michael Luther
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(Recklinghausen)

tephan Mayer (Altötting)

onny Mayer (Baiersbronn)

r. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)

olfgang Meckelburg
r. Michael Meister
r. Angela Merkel
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aurenz Meyer (Hamm)

oris Meyer (Tapfheim)

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tefan Müller (Erlangen)

ernward Müller (Gera)

r. Gerd Müller
ildegard Müller
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r. Georg Nüßlein
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duard Oswald
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r. Peter Paziorek
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r. Friedbert Pflüger
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r. Peter Ramsauer
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hrista Reichard (Dresden)

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ans-Peter Repnik
laus Riegert
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annelore Roedel
ranz-Xaver Romer
einrich-Wilhelm Ronsöhr
r. Klaus Rose
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
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lbert Rupprecht (Weiden)

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nita Schäfer (Saalstadt)

r. Wolfgang Schäuble
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ndreas Schmidt (Mülheim)

r. Andreas Schockenhoff
r. Ole Schröder
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(A) )


(B) )

Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1507003700
Traum vorstellen kön-

teljahr im Bundestag die
achkriegsgeschichte be-

sowie bei Abgeord-
pf [SPD]: Unzutref-
rt!)
sten Jahr zusätzlich zur
äge voll belastet werden,

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Noch vor einigen Jahren ha
en. Ich zitiere:

Das trifft doch insbeson
Frauen, die ihre Männer i
die ihre Kinder im Krieg
die vor allen Dingen die
Westen getragen haben. D
hen ist nicht nur sozial un
dig.

(Beifall bei Abgeordnete Dr. Heinrich L. Kolb [FD Bundeskanzler? Wo ist er as hat Gerhard Schröder, wen undeskanzler der Bundesrepu orden ist, gesagt. (Gudrun Schaich-Walch [ sagt: „Die Renten s Die Rentenversicherungsträge er Fahnenstange noch nicht erre er Rentenkürzung für das nächs nd im Jahr 2006 Rentenerhöhu ass sie sogar gegen null tendiere ige Rentenformel um einen Nac ben Sie das anders gese dere jene meist älteren m Krieg verloren haben, durchgebracht haben und Lasten des Aufbaus im enen an die Rente zu gegerecht, es ist unanstän n der CDU/CSU – P]: Wo ist denn der jetzt?)

ige Wochen bevor er zum
blik Deutschland gewählt

SPD]: Blüm hat ge-
ind sicher“!)
r sagen uns, dass das Ende
icht worden ist, dass nach
te Jahr auch im Jahr 2005
ngen kaum möglich sind,
n werden, wenn die bishe-
hhaltigkeitsfaktor erwei-
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth (Augsburg)

Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Ingolstadt)

Werner Schulz (Leipzig)

Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Hubert Ulrich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf (Frankfurt)

FDP
Ulrich Heinrich

Nein
CDU/CSU
Dr. Wolf Bauer
Renate Blank
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Manfred Carstens (Emstek)

Leo Dautzenberg
Herbert Frankenhauser
Dr. Peter Gauweiler
Kurt-Dieter Grill
Norbert Schindler
Willy Wimmer (Neuss)

FDP
Daniel Bahr (Münster)

Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt

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Nächster Redner in der Debatte zu Zusatzpunkt 5 ist
der Kollege Andreas Storm, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D ans-Michael Goldmann oachim Günther r. Karlheinz Guttmacher r. Christel Happach-Kasan hristoph Hartmann laus Haupt irgit Homburger r. Werner Hoyer ichael Kauch r. Heinrich L. Kolb udrun Kopp ürgen Koppelin ibylle Laurischk arald Leibrecht na Lenke abine LeutheusserSchnarrenberger arkus Löning irk Niebel ünther Friedrich Nolting ans-Joachim Otto berhard Otto etlef Parr ornelia Pieper isela Piltz rof. Dr. Andreas Pinkwart Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Dr. Max Stadler Dr. Rainer Stinner Carl-Ludwig Thiele Dr. Dieter Thomae Jürgen Türk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Fraktionslose Abgeordnete Dr. Gesine Lötzsch Petra Pau Enthalten CDU/CSU Ilse Aigner Siegfried Helias Susanne Jaffke BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Winfried Hermann Hans-Christian Ströbele ann werden die Zahlbeträge der Renten um ,85 Prozent sinken. Das bedeutet: Jeder Rentner verliert m Schnitt 10 Euro im Monat. Noch nie in der Gechichte der Bundesrepublik wurden die Rentner so stark Andreas Storm tert wird. Das bedeutet: Dank Rot-Grün bekommen die Rentner in den nächsten drei Jahren nicht einmal einen Inflationsausgleich; im nächsten Jahr werden sie sogar nominal weniger in die Tasche bekommen. Nicht nur die erste Rentenkürzung in der Geschichte der Bundesrepublik ist ohne Beispiel, sondern auch der Plan von Rot-Grün, die Finanzreserve der Rentenkassen vollständig zu plündern. (Peter Dreßen [SPD]: „Plündern“? Also, Herr Storm, was ist das für ein Vokabular?)


(Homburg)


(Frankfurt)





(A) )


(B) )


Technisch ausgedrückt heißt das: Die Schwankungsreserve
soll auf 0,2 Monatsausgaben gesenkt werden. Was ver-
birgt sich hinter dieser technischen Umschreibung?
Diese Maßnahme bedeutet nichts anderes als den An-
fang vom Ende der finanziellen Eigenständigkeit der
gesetzlichen Rentenversicherung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Rentenversicherungsträger haben auf ihrer Jahres-

tagung in dieser Woche bestätigt: Wenn die Schwan-
kungsreserve auf nur noch 0,2 Monatsausgaben gesenkt
wird, dann sind die frei verfügbaren Mittel in den bei-
tragsschwachen Monaten im Sommer 2004 komplett
aufgebraucht. Das bedeutet: Ab Mitte des kommenden
Jahres ist die Rentenversicherung auf vorgezogene Zu-
schüsse des Bundes angewiesen und dann, wenn diese
Zahlungen nicht ausreichen, hängt die Rente vollends am
Gängelband des Bundesfinanzministers, dann kommt es
zum ersten Mal zur Rente auf Pump.


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist doch überhaupt nicht wahr! Was Sie erzählen, stimmt einfach nicht!)


Das ist vollkommen inakzeptabel.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)

Das sind keineswegs Horrorszenarien, die verunsi-

chern sollen, sondern ein realistischer Ausblick auf das,
was uns im nächsten Jahr erwartet. Wenn der Finanzmi-
nister in die Mithaftung für die Finanzlage der Renten-
versicherung genommen wird, dann will er, ja, dann
muss er mit darüber entscheiden, ob es in Zukunft Ren-
tenerhöhungen gibt und, wenn ja, wie hoch sie ausfallen.
Das bedeutet mit anderen Worten: Wenn Sie dahin kom-
men, dass die Rentenversicherung dauerhaft vom Fi-
nanzminister abhängig ist,


(Peter Dreßen [SPD]: Das machen wir doch nicht! Das ist doch nicht wahr, was Sie erzählen!)


dann brauchen wir uns im kommenden Jahr über eine
neue Rentenformel nicht mehr zu unterhalten, dann
brauchen wir nur noch mit dem Finanzminister zu disku-
tieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Vor diesem Hintergrund war auch die Forderung der
Grünen, die Schwankungsreserve vollständig aufzulö-
sen, völlig unverantwortlich. Diese Rücklage darf nicht

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(C (D ufgelöst, sondern muss mittelfristig wieder erhöht weren. (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig! – Peter Dreßen [SPD]: Das will doch die Ministerin!)


as hat Ihnen die Rürup-Kommission ins Stammbuch
eschrieben und das fordert die Herzog-Kommission.
ür die Union ist dies ein Essential einer langfristig an-
elegten Rentenreform.


(Peter Dreßen [SPD]: Sie haben sie doch auf 0,6 heruntergebracht!)


Neben den Rentnern hat es am vergangenen Sonntag
inen weiteren Verlierer gegeben: den Bundesfinanzmi-
ister. Was sich da abgespielt hat, ist doch schon ein par-
mentarischer Treppenwitz. Vor einer Woche hat dieses
aus mit rot-grüner Mehrheit ein Haushaltsbegleitgesetz
erabschiedet, durch das der Bundeszuschuss für die
entenkasse im nächsten Jahr um 2 Milliarden Euro ab-
esenkt werden sollte. Heute, sieben Tage später, brin-
en Sie einen Gesetzentwurf ein, der das Ganze wieder
ückgängig macht. Das ist wirklich kabarettreif, meine
amen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Lassen Sie mich zu den Maßnahmen zusammenfas-

end sagen: Die vorgesehenen Rentenkürzungen und das
usplündern der Rentenkasse stellen einen verhängnis-
ollen Irrweg dar, für den alleine die Abgeordneten der
oalitionsfraktionen die Verantwortung tragen.


(Zurufe des Abg. Peter Dreßen [SPD])

enn dass die gesetzliche Rentenversicherung in der
rößten Finanzkrise seit ihrem Bestehen steckt und mit
inem Finanzloch von 8 Milliarden Euro – wenn man
ie 2 Milliarden Euro, die Herr Eichel wollte, dazurech-
et, sogar 10 Milliarden Euro – das größte Loch in der
entenkasse in der Nachkriegsgeschichte entstanden ist,
t ausschließlich auf eine Kette von Fehlern zurückzu-
ühren, die die Bundesregierung selbst verschuldet hat.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)

Fehler Nummer eins war die Rücknahme des demo-

raphischen Faktors von Norbert Blüm.

(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)


eine Damen und Herren, der Bundeskanzler hat das ja
ingestanden. Es ist erst wenige Wochen her, dass er ge-
agt hat: Dieses war ein Fehler; wir brauchen wieder ei-
en demographischen Faktor.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber das war nicht der einzige Fehler!)


ätten Sie den 1998 nicht aus der Rentenformel gestri-
hen, hätten wir uns viele Debatten in diesem Hause er-
paren können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

An der Stelle will ich Ihnen auch noch einmal den

rundlegenden Unterschied zwischen einem demogra-
hischen Faktor bzw. einem Nachhaltigkeitsfaktor, der
on Ihnen ins Spiel gebracht wurde, die gleiche Grund-
hilosophie wie der demographische Faktor hat und sich






(A) )



(B) )


Andreas Storm

nur im Detail von diesem unterscheidet, und Ihrer Ren-
tenkürzung deutlich machen. Beim demographischen
Faktor ging es darum, wie wir die Lasten zwischen
Rentnern und Beitragszahlern fair und gerecht auftei-
len. Weder die Rentner alleine sollten über anhaltende
Nullrunden oder Kürzungen die Lasten schultern, noch
sollten die Beitragszahler alleine über immer weiter
steigende Beiträge belastet werden. Deshalb war ein fai-
rer Ausgleich nötig, der dazu beiträgt, dass die Beiträge
nur sehr wenig steigen und die Renten ein wenig ange-
hoben werden können, aber langsamer als ohne diesen
Korrekturfaktor steigen. Sie aber belasten mit der von
Ihnen vorgesehenen Kürzung zum ersten Mal in der
Nachkriegsgeschichte einseitig die Rentner. Das stellt
eine Abkehr von den bisherigen Grundprinzipien
der deutschen Rentenpolitik dar.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507003800

Herr Kollege Storm, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Dreßen?

Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1507003900

Gerne.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Herr Dreßen, Sie haben sich doch auf die Zwischenfrage vorbereitet!)



Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1507004000

Nein, ich habe mich vielmehr über einen Satz geär-

gert, den ich jetzt Herrn Storm noch einmal vorhalten
möchte.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Frage stellen!)

Sie haben gerade erwähnt, dass wir uns diese Debatten
erspart hätten, wenn wir den Blüm-Faktor beibehalten
hätten.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nein, das hat er so nicht gesagt!)


Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass wir, wenn wir Ihren
Forderungen gefolgt wären, wenn also beispielsweise
die Einnahmen aus der Ökosteuer nicht in die Renten-
kasse fließen würden, heute trotz Blüm-Faktor bei einem
Beitragssatz von 21,3 Prozent wären?


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1507004100

Herr Kollege Dreßen, ich bin Ihnen dankbar für diese

Frage. Ihre Kollegin Frau Schaich-Walch hat das vorhin
auch schon behauptet. Das ist aber falsch, denn Sie kön-
nen nicht Systeme mit unterschiedlichen Bundeszu-
schüssen vergleichen. Sie müssen dabei immer einen
gleich hohen Bundeszuschuss zugrunde legen. Unter
dieser Voraussetzung ist es zweifelsfrei so, dass wir mit
einem demographischen Faktor eine Verringerung der
Finanzprobleme in der Rentenversicherung allein in die-
sem Jahr um 3 Milliarden Euro hätten; die Probleme wä-
ren also mit demographischem Faktor wesentlicher ge-
ringer als ohne ihn.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Deshalb hat sich der Bundeskanzler ja auch entschuldigt!)


Meine Damen und Herren, Fehler Nummer zwei der rot-
rünen Rentenpolitik sind Berechnungen, die in einer sol-
hen Weise angestellt wurden, dass man damit in der Pisa-
tudie mit Pauken und Trompeten durchgefallen wäre. Alle
ahre wieder das gleiche Schauspiel: Es werden im Oktober
ei der Berechnung des Beitragssatzes für das kommende
ahr gesamtwirtschaftliche Annahmen zugrunde gelegt,
ie gnadenlos schöngerechnet sind. Deshalb haben wir
um dritten Mal in Folge die Situation, dass wir feststel-
en müssen, dass der Beitrag hinten und vorne nicht aus-
eicht. Vor zwei Jahren haben Sie mit dem damaligen
inister Walter Riester eine Reform im Deutschen Bun-
estag durchgesetzt und dabei verkündet, die Probleme
eien gelöst. Alleine in den letzten drei Jahren ist eine Fi-
anzlücke in Höhe von 21 Milliarden Euro entstanden:
m Jahr 2001, dem Jahr der Verabschiedung der Riester-
eform, 3 Milliarden Euro; im vergangenen Jahr
Milliarden Euro und in diesem Jahr – die Einsparung,
ie Herr Eichel wollte, eingerechnet – 10 Milliarden Euro.
Das Verheerende an dieser Krise ist, dass sie mit der

emographischen Entwicklung nichts, aber auch gar
ichts zu tun hat. Sie ist auf die Fehler und Versäumnisse
ieser Bundesregierung zurückzuführen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ie ist vor allen Dingen auf ein vollständiges Versagen
n der Arbeitsmarktpolitik zurückzuführen.


(Peter Dreßen [SPD]: Völliger Quatsch, was Sie da erzählen!)


iese Fehler setzen sich fort.
Gestern bei der Vorlage durch den Bundeswirtschafts-
inister haben Sie über die Annahmen für das kom-
ende Jahr gesagt: Wir gehen davon aus, dass es wieder
in Wachstum geben wird und die Arbeitslosigkeit
eicht sinkt. – Die Wirtschaftsforschungsinstitute haben
hnen am Dienstag ins Stammbuch geschrieben: Wenn
s zu einer Aufwärtsentwicklung kommt, dann wird
iese nicht dafür ausreichen, dass es einen Beschäfti-
ungsaufbau gibt. – Das heißt: Im Kern wird bereits jetzt
ie Misere angelegt, die sich im nächsten Jahr zeigen
ird.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist leider wahr!)


Vor einem Jahr, zum Zeitpunkt der Festlegung des
eitragssatzes für dieses Jahr, haben die Rentenversiche-
ungsträger gewarnt und gesagt: Er reicht nicht aus. – Es
ar also schon vor einem Jahr absehbar, dass es eine
rise geben wird. Deshalb hat der Direktor des Verban-
es Deutscher Rentenversicherungsträger, Professor Ru-
and, am 9. Oktober in der „Welt“ gesagt:

Die Regierung wird nun dafür bestraft, dass sie da-
mals zu kurz gesprungen ist.

(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)







(A) )



(B) )


Andreas Storm

Das macht deutlich: Diese Krise ist das Ergebnis ei-

ner verfehlten Politik. So haben wir nicht den Hauch ei-
ner Chance. Die Misere in der Sozialversicherung – das
betrifft nicht nur die Rentenversicherung, sondern ge-
nauso die Kranken- und die Pflegeversicherung – kön-
nen wir nur dann überwinden, wenn es gelingt, die Be-
schäftigungskrise zu bewältigen.

Was Sie jetzt vorgelegt haben, ist – ähnlich wie in den
beiden Vorjahren – ein reines Notmaßnahmenpaket, das
vielleicht ausreicht, einen Teil der Finanzlöcher im kom-
menden Jahr notdürftig zu stopfen. Aber mit dieser
Flickschusterei werden Sie es nicht schaffen, bis zum
Ende der Wahlperiode eine klare Linie in die Rentenpo-
litik zu bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nun fragen Sie vielleicht: Was ist die Alternative der

Union?

(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN]: Da bin ich gespannt!)

Wir diskutieren gleich im Ausschuss über Ihre Gesetze.
Es gibt einen Antrag der Union, der bereits vom 20. Mai
datiert. Wir haben Ihnen damals gesagt, dass es höchste
Zeit ist, zu handeln. Im Frühsommer haben wir Sie auf-
gefordert: Legen Sie ein Paket von Maßnahmen für eine
große Rentenreform vor, die bereits im nächsten Jahr
greift! Machen Sie einen Vorschlag für eine nachhaltige
Rentenformel!

Sie haben uns im Deutschen Bundestag – sowohl im
Plenum als auch im Fachausschuss – immer gesagt:
Nein, wir warten ab bis zum Oktober oder bis zum No-
vember. Erst dann kennen wir die genauen Zahlen. –
Wer den Karren vorsätzlich gegen die Wand fährt, der
braucht sich nicht zu wundern, wenn er niemanden fin-
det, der bereit ist, die Abschleppkosten zu übernehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Opposition verabschiedet sich aus der Politik!)


Wenn es angesichts Ihrer Vorschläge einen positiven
Aspekt gibt, dann ist es der: Sie haben erkannt, dass die
langfristigen Maßnahmen von den kurzfristig angelegten
notdürftigen Reparaturmaßnahmen abgekoppelt werden
müssen.

Bei den langfristigen Maßnahmen liegen Licht und
Schatten eng beieinander. Zunächst einmal muss man sa-
gen: Es ist richtig, wenn Sie zu einer nachgelagerten
Besteuerung der Renten übergehen wollen. Darüber
müssen wir reden; das ist seit langem eine Forderung der
Union.


(Peter Dreßen [SPD]: Das hätten Sie schon längst machen müssen!)


Da gibt es aber immer noch Punkte, über die wir sehr ge-
nau reden müssen. Das ist zum Beispiel die Frage der
Übergangszeiträume. Aber im Grundsatz sind wir uns
einig.

Im Übrigen haben wir drei Jahre lang gesagt, dass die
Riester-Rente deswegen ein Flop ist, weil sie viel zu
kompliziert ist und weil die elf Kriterien derart einen-

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(C (D end wirken, dass kein Mensch vernünftigerweise bereit ein wird, die Riester-Rente als optimale Form der Alersvorsorge zu sehen. Wir haben eine Entschlackung uf drei Kriterien gefordert. Nachdem Sie jahrelang geagt haben, das sei falsch, wollen Sie den Kriterienkataog nun reduzieren und so die ergänzende Vorsorge atraktiver machen. Das ist richtig. Man kann sagen, dieser orschlag liest sich so, als hätten Sie ihn aus unserem ahlprogramm abgeschrieben. Aber es ist besser, Sie ommen spät zu dieser Erkenntnis als nie. Auch an dieer Stelle können wir miteinander reden; denn wir dürfen eine Zeit verlieren. Es muss gerade den Jüngeren chnell ermöglicht werden, eine attraktive ergänzende ltersvorsorge zu wählen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Auch über einen Nachhaltigkeitsfaktor können wir
iteinander reden. Dieser Faktor entspricht zwar nicht
m Detail, aber in der Zielsetzung genau unserem demo-
raphischen Faktor.
Aber ein Punkt ist für die Union völlig inakzeptabel,

ämlich die vorgesehene Abschaffung der Anrech-
ungszeiten für die Schulausbildung und für das Stu-
ium bei der Rentenberechnung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

iese Änderung führt für alle unter 60-jährigen Versi-
herten, die bisher eine dreijährige Anrechnungszeit ha-
en, zu einer monatlichen Rentenkürzung um über
8 Euro. Das entspricht im Durchschnitt etwa einer Ren-
enkürzung um 5 Prozent.
Sie haben Recht: In der Vergangenheit gab es noch

ängere Anrechnungszeiten. In den 90er-Jahren sind wir
u dem Ergebnis gekommen, dass drei Jahre ein ange-
essener Zeitraum sind; er bedeutet keine zu lange An-
rkennung von Ausbildungszeiten. Aber darauf zu ver-
ichten wäre völlig unangemessen. Auch in unseren
achbarländern werden sie in der Regel anerkannt. Zu
inem Zeitpunkt, zu dem wir über die Stärkung des Bil-
ungsstandortes Deutschland miteinander diskutieren,
äre es geradezu absurd, das Signal zu senden, dass der-
enige bei der Alterssicherung bestraft wird, der in Bil-
ung investiert.
Deshalb noch ein Wort an die Kolleginnen und Kolle-

en in der SPD-Fraktion, die als „Abweichler“ große
eachtung gefunden haben. Liebe Frau Skarpelis-Sperk,
ieber Kollege Schreiner,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Die sind bei den Debatten schon gar nicht mehr dabei!)


enn Ihre Zustimmung schon zu dem Dumpingpreis zu
aben ist, dass statt einer dreijährigen Übergangszeit,
ie von der Ministerin angedacht, eine vierjährige Über-
angszeit geschaffen werden soll, dann ist das eine
achnummer. Denn das würde bedeuten, dass nicht die
eute unter 60-Jährigen, sondern „nur“ die unter 59-Jäh-
igen betroffen wären. Eine solche Bonsailösung kann
och nicht allen Ernstes der Preis für diejenigen sein, die
u Recht ihre Zustimmung nicht geben wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Andreas Storm

Um es zum Schluss noch einmal ganz deutlich zu sa-

gen: Dieses kurzfristige Notsparpaket ist völlig unange-
messen. Die großen Verlierer sind die Rentner. Das müs-
sen Sie alleine schultern. Wir sind bereit, im kommenden
Jahr über eine gemeinsame Rentenreform zu reden. Aber
wenn die vorgesehene Abschaffung der Anrechnung der
Ausbildungszeiten bei der Rente ein Eckpfeiler des im
nächsten Jahr von Ihnen geplanten, langfristig angeleg-
ten Rentenpakets sein sollte, dann würde dies eine klare
Absage an eine parteiübergreifende Rentenreform be-
deuten. Deshalb gehen Sie in sich


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haha! Ihr erst mal!)


und legen Sie einen besseren Vorschlag vor!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507004200

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Thea Dückert,

Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507004300

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Herr Storm, lassen Sie mich vorab eines sagen:
Ich habe bis zur letzten Sekunde darauf gewartet, dass
Sie uns in aller Freundlichkeit endlich einmal Ihre Vor-
schläge zur Überwindung der aktuell schwierigen Situa-
tion, in der wir uns befinden, unterbreiten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie haben sich wieder einen schlanken Fuß gemacht,
Herr Storm. Aber zur Opposition werde ich noch kom-
men.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Zuhören! Es ist wirklich schade um die Zeit, wenn Sie nicht zuhören können! – Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)


Lassen Sie mich eines feststellen: Der Beschluss der
Koalition vom letzten Sonntag, für das nächste Jahr in
der Rente keine Beitragserhöhung, sondern eine Stabili-
sierung des Beitragssatzes bei 19,5 Prozent festzuschrei-
ben, ist ein notwendiger und konsequenter Schritt, um
die Investitionen in Arbeit im nächsten Jahr zu stärken.
Sie, Herr Storm, haben genau das Gegenteil vorgeschla-
gen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Was?)

Wir stehen heute an der Schwelle einer wirtschaftli-

chen Belebung – noch längst nicht an der Schwelle eines
Aufschwungs.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Sie stehen an der Schwelle zu einer Lüge!)


In dieser Situation ist es absolut notwendig, klare Priori-
täten für mehr Arbeit zu setzen. Dazu gehört, die Ren-
tenbeiträge für das nächste Jahr zu stabilisieren. Dazu
gehören ebenso das Vorziehen der Steuerreform, die
Hartz-Reformen, durch die wir übrigens die Beschäfti-

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(C (D ungsschwelle schon auf 1,8 Prozent gesenkt haben, soie die schwierigen Schritte in der Gesundheitsreform. Eines ist völlig klar: Es wäre Gift für die Konjunktur, enn wir die Beiträge in dieser Situation erhöht hätten. eswegen haben wir uns so entschieden. Ich weiß, dass as für viele sehr schwierig ist; denn Beitragszahlen sind bstrakte Zahlen und eine Nichterhöhung der Renten rifft Menschen ganz konkret. Aber wir müssen uns imer wieder klar machen: Eine Erhöhung der Beiträge m 1 Prozent bedeutet 100 000 Arbeitslose mehr und as können wir uns nicht leisten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507004400

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Dr. Fuchs?


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507004500

Ja.


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1507004600

Frau Kollegin, Sie sprachen gerade davon, dass wir

n der Schwelle eines Aufschwungs stehen würden.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507004700

Einer Belebung, habe ich gesagt.


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1507004800

Können Sie mir dafür irgendwelche Indikatoren nen-

en? Zurzeit haben wir die größte Pleitewelle; gestern
tand es in den Zeitungen. 42 000 Unternehmen werden
n diesem Jahr Pleite gehen. Das hat mit Aufschwung
icht allzu viel zu tun. Wir haben ein Minuswachstum.
ch kann mir nicht vorstellen, wie man minus wachsen
ann. Das ist für mich eine Schrumpfung. Das ist die
olge Ihrer Politik. Erklären Sie mir bitte, wo Sie die
offnung hernehmen, dass wir jetzt an der Schwelle ei-
es Aufschwungs stehen! Diesen kündigen Sie seit drei
ahren an; aber ich kann nicht feststellen, wo er ist.


(Beifall des Abg. Horst Seehofer [CDU/CSU])



Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507004900

Herr Kollege, ich fände es schön, wenn Sie zuhören
ürden, wenn man hier eine Rede hält. Ich habe davon
esprochen, dass wir an der Schwelle einer wirtschaftli-
hen Belebung und noch längst nicht an der Schwelle ei-
es Aufschwungs stehen.


(Lachen bei der CDU/CSU – Manfred Grund [CDU/CSU]: Das habe ich nicht gehört!)


ass Sie diesen Unterschied nicht erkennen, zeigt Ihre
irtschaftspolitische Kompetenz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert

Es gibt Indikatoren dafür. Lesen Sie einmal wirt-

schaftspolitische Zeitungen – und nicht nur die „Bild“-
Zeitung, wenn sich Frau Böhmer darin ausbreitet –,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das hat Sie geärgert! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Und wenn sich der Kanzler dort ausbreitet?)


die deutlich schreiben, dass wir in Deutschland, gerade
was die Exportentwicklung anbelangt, wieder auf dem
Vormarsch sind, allerdings – auch das sage ich; das ist
ein Wermutstropfen – noch nicht so stark in den neuen
Ländern. Deswegen ist es absolut notwendig, mit der
Stabilisierung der Rentenbeiträge alles dafür zu tun, der
konjunkturellen Entwicklung keine Steine in den Weg zu
legen.

Dies sind unbequeme Wahrheiten; ich weiß das. Es ist
eine unbequeme Wahrheit, wenn man sagen muss: Es
gibt im nächsten Jahr keine Rentenerhöhung, weil wir
ansonsten den Zuwachs an Arbeitsplätzen gefährden
würden. Das ist richtig. Es ist auch richtig, dass wir hier
die Solidarität der Rentnerinnen und Rentner mit den Ar-
beitslosen einfordern. Aber ich habe mich gefreut, fest-
stellen zu können – auch darauf will ich hinweisen –,
dass nach Umfragen 54 Prozent der Rentnerinnen und
Rentner dazu bereit sind.

Herr Storm, Sie haben in dieser Debatte mehrere Be-
hauptungen eingebracht – sie sind schlichtweg falsch –,
um in einer schwierigen politischen Situation zu zün-
deln. Sie sagen, wir hätten in Deutschland noch nie eine
Nullrunde gehabt.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Eine Kürzung! – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Hat er gar nicht gesagt! Er hat „Kürzung“ gesagt! Kürzung ist etwas anderes als eine Nullrunde!)


Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir 1983 unter der
Regierung Kohl eine Nullrunde hatten; die Renten wur-
den damals nicht erhöht.

Sie haben gesagt, wir hätten noch nie eine Renten-
kürzung gehabt. Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir
im Jahre 1995, als die Pflegeversicherung eingeführt
worden ist, einen Beitrag der Rentnerinnen und Rentner
zur Pflegeversicherung von 0,5 Prozent festgelegt ha-
ben. Genau das tun wir auch heute. Sie hetzen heute da-
gegen. Das Gleiche haben Sie damals gemacht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Haben Sie eben „hetzen“ gesagt?)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507005000

Frau Kollegin, gestatten Sie eine weitere Zwischen-

frage des Kollegen Storm?

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507005100

Bitte schön.

Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1507005200

Frau Kollegin Dückert, Sie haben eben behauptet, es

habe bei der Einführung der Pflegeversicherung eine

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(C (D entenkürzung gegeben. Können Sie mir bestätigen, ass die Renten im Jahre 1994 in den alten Bundeslänern um 3,39 und in den neuen Bundesländern um ,45 Prozent und im Jahre 1995 in den alten Ländern um ,5 und in den neuen Ländern um 2,48 Prozent angehoen worden sind und dass angesichts der Einführung eies Beitrags der Rentner zur Pflegeversicherung von eiem halben Prozentpunkt von einer Rentenkürzung eine Rede sein kann? (Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das sind die Zahlen!)



Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507005300

Herr Kollege Storm, ich kann Ihnen genau das bestä-

igen, was ich eben gesagt habe,

(Lachen bei der CDU/CSU)


ämlich dass die Rentnerinnen und Rentner im Jahre
995 zusätzlich mit einem Pflegeversicherungsbeitrag
on 0,5 Prozent belastet worden sind. Das ist genau das,
as wir jetzt machen.


(Zurufe von der CDU/CSU: Sie haben von Kürzungen gesprochen! – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Und Sie haben von „hetzen“ gesprochen!)


Herr Storm, Sie haben noch etwas anderes behauptet:
ass wir mit dem demographischen Faktor von Blüm
nd der blümschen Rentenreform insgesamt nicht in
iese Situation gekommen wären.


(Peter Dreßen [SPD]: Das war ein Witz! – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie machen beim Zuhören Fehler! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Sie können es im Protokoll nachlesen! Auch das hat er nicht gesagt!)


Auch das, Herr Storm, ist nachweislich falsch. Mit
er Riester-Treppe, die wir eingeführt haben, haben wir
ine stärkere Wirkung auf die Rentenentwicklung er-
ielt, als dies mit dem blümschen demographischen Fak-
or der Fall gewesesn wäre.
Mit der Einführung der Ökosteuer haben wir zusätzli-

he Mittel für die Finanzierung der Renten erschlossen.
hne diese Maßnahmen läge der Beitragssatz bei
1 Prozent. Das ist die Wahrheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Mit Ihrer Politik gäbe es keine dritte Säule, die private
orsorge, in der Rentenversicherung und wir hätten last,
ut not least nicht die bedarfsorientierte Grundsicherung
ür Rentnerinnen und Rentner. Diese Maßnahmen tragen
azu bei, Altersarmut zu verhindern.
Was tragen Sie uns vor? Sie haben konkret nichts vor-

etragen.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! – Andreas Storm [CDU/CSU]: Zuhören!)







(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert

– An kurzfristigen Lösungen haben Sie uns nichts vorge-
tragen. Sie haben gesagt, das sei nicht Ihre, sondern un-
sere Sache.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das tut ja weh!)


Sie haben das Herzog-Konzept in die Debatte ge-
bracht. In diesem Konzept – jetzt sind wir wieder bei der
Frage der Lohnnebenkosten – schlagen Sie vor, die Bei-
träge zur Pflegeversicherung von 1,7 Prozent auf 3,4 Pro-
zent anzuheben, also zu verdoppeln. Das bedeutet ers-
tens, wie in unseren Vorschlägen, eine zusätzliche
Belastung der Rentner. Sie aber polemisieren dagegen,
obwohl die Anhebung in Ihrem eigenen Konzept steht.

Zweitens bedeutet es, dass die Arbeitnehmer doppelt
so stark wie heute belastet werden, und gleichzeitig spre-
chen Sie davon, dass Familien entlastet werden sollen.
An dieser Stelle kann man doch nur lachen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Lachen Sie doch mal!)


Drittens werden die Rentenkassen zusätzlich belastet.
Das würde zu Beitragserhöhungen führen.

Die Diskussion, die Sie hier führen, gibt keine Ant-
worten und verschleiert die Wahrheit. Ich denke aber,
wir sollten über die Wahrheiten reden.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wir sprechen heute über euer Notprogramm!)


Ich komme nun zu einem weiteren Punkt, den Sie an-
gesprochen haben: die Akademikerinnen und Akade-
miker. Es ist richtig, dass wir zu einer nachhaltigen Fi-
nanzierung der Rentenversicherung kommen müssen.
Dazu leisten die Akademikerinnen und Akademiker ei-
nen Beitrag. Diejenigen, die in der Schule eine Berufs-
ausbildung erhalten, müssen diesen Beitrag übrigens
nicht leisten. Mir ist sehr wichtig, dass das hier noch ein-
mal zur Sprache gebracht wird.

Es ist nicht richtig, Herr Storm, dass Ihre Kollegin,
Frau Böhmer, über die „Bild“-Zeitung die Rentnerinnen
und Rentner gegen dieses Projekt aufhetzen will. Es ist
zwar richtig, dass wir jetzt drei Jahre zusätzlicher Ren-
tenaufstockung streichen wollen, aber Frau Böhmer ver-
schweigt, dass Sie in den 90er-Jahren dafür verantwort-
lich waren, dass zehn Jahre gestrichen wurden.


(Peter Dreßen [SPD]: So ist es! – Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Damals fanden Sie es falsch! Was finden Sie heute daran richtig?)


Ich frage Sie und Frau Böhmer: Wo waren Sie damals
mit Ihrer Gerechtigkeitsdebatte?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es ist und bleibt eine verlogene Diskussion.
Ich komme zum Schluss.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Gott sei Dank! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wird auch Zeit!)


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(C (D ir befinden uns in einer sehr schwierigen Situation. ir müssen die Lohnnebenkosten senken. Auf dem Areitsmarkt sind harte Reformen nötig. Eins gilt für uns lle: Wir können den Sozialstaat und den Arbeitsmarkt ur zukunftsfest machen, wenn wir den Mut zu diesen eformen haben. Ich gebe Ihnen von der Union für die Verhandlungen Bundesrat einen guten Rat. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Geben Sie der Bundesregierung gute Ratschläge! – Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Behalten Sie ihn für sich! Sie müssen es besser machen!)


eigen Sie Ihrem Blockade-Koch an dieser Stelle die
chwarze Karte. Das ist für die Rentenentwicklung in
eutschland notwendig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507005400

Nächster Redner in dieser Debatte ist der Kollege
r. Heinrich Kolb, FDP-Fraktion.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1507005500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

iebe Frau Dückert, Sie haben gerade eine große Chance
ertan.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


nstatt hier Ihre Ahnungslosigkeit in wirtschaftlichen
nd sozialversicherungsrechtlichen Zusammenhängen
u demonstrieren, hätten Sie wie Ihr Bundeskanzler sa-
en sollen: Ja, es ist richtig, wir haben einen Fehler ge-
acht, wir stehen vor einem Scherbenhaufen; lasst uns
emeinsam an die Aufarbeitung herangehen. Das wäre
hre Chance gewesen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Man muss es ganz nüchtern sehen, Frau Kollegin
ückert: Mit den heute zu debattierenden Vorschaltge-
etzen dokumentieren Sie einen Tiefpunkt in der deut-
chen Rentenpolitik seit der Einführung der umlagefi-
anzierten Rente im Jahr 1957.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Franz Müntefering [SPD]: Herr Schlau! Ich merke es schon!)


Rot-grüne Rentenpolitik, Herr Kollege Müntefering,
acht alle Beteiligten zu Verlierern:


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie jungen Menschen, die zusammengerechnet mit der
kosteuer, dem Rentenbeitrag an der Zapfsäule, die
öchsten Abgaben für die gesetzliche Rentenversiche-
ung zu erbringen haben, im Gegenzug aber nur noch die
eringsten Leistungen erwarten dürfen,


(Peter Dreßen [SPD]: Warten Sie es doch ab!)







(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

die Menschen, die mehr oder weniger kurz vor dem Eintritt
in die Rente stehen und die Sie im Wochenrhythmus mit
immer neuen Hiobsbotschaften konfrontieren – zuletzt be-
treffend die Anrechnung von Ausbildungszeiten –,


(Peter Dreßen [SPD]: Nicht Ausbildung! Das ist falsch!)


und die Rentner, die im kommenden Jahr zum ersten
Mal in der Geschichte der umlagefinanzierten Renten-
versicherung faktisch eine Rentenkürzung hinnehmen
müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Herr Dreßen, nicht lautes Aufbegehren, sondern in sich
zu gehen und Reue zu zeigen wäre für Sie das Gebot der
Stunde.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Etwas Reue hilft! Dann gibt es auch Vergebung!)


Eines muss Sie doch nachdenklich stimmen: Das Ver-
trauen der Menschen in Deutschland in die Rentenversi-
cherung ist als Folge rot-grüner Politik mittlerweile auf
nahezu null gesunken.


(Peter Dreßen [SPD]: Durch Ihre Horrorszenarien! – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch aufgrund Ihrer Politik!)


Gerade noch 7 Prozent der Bürger unseres Landes halten
die Rente für sicher. Besonders groß sind die Zweifel bei
den unter 40-Jährigen. Bescheidene 4 Prozent von ihnen
glauben, dass die Renten sicher sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün – Herr
Dreßen, Frau Schaich-Walch und wie Sie alle heißen –, es
ist Ihre traurige Verantwortung, wenn in einer solch es-
senziellen Frage fast 95 Prozent der Bürger kein Ver-
trauen mehr zu ihrer Regierung haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dieses Vertrauen haben Sie durch Ihre leichtfertige

und sprunghafte Rentenpolitik der letzten Jahre ver-
spielt. Eine Tüte Milch aus dem Supermarkt hat mittler-
weile eine längere Haltbarkeit als ein rentenpolitischer
Beschluss von Rot-Grün.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Am letzten Freitag haben Sie die Kürzung des Bun-

deszuschusses zur Rentenversicherung um 2 Milliarden
Euro beschlossen. Schon heute debattieren wir im Rah-
men der Diskussion über den Entwurf eines zweiten
SGB -VI-Änderungsgesetzes über die Rücknahme der
Kürzung dieses Bundeszuschusses. Herr Müntefering,
das ist wirklich neuer deutscher Rekord, zugleich aber
ein einmaliger Vorgang. Es unterstreicht auch die Kurz-
atmigkeit Ihrer Politik und erklärt, warum diese Bundes-
regierung das Vertrauen der Menschen in unserem Land
in absehbarer Zeit nicht mehr wird zurückgewinnen kön-
nen. Dafür sind Sie verantwortlich.


(Peter Dreßen [SPD]: Wir müssen Ihre Fehler reparieren! – Lachen bei der FDP und der CDU/CSU)



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(C (D Das ist jetzt der Gipfel. Der Kollege Dreßen sagt, Sie üssten unsere Fehler reparieren. Jetzt hören Sie einmal ut zu, Herr Kollege Dreßen: Wir haben 1997 die Einührung des demographischen Faktors beschlossen. ie haben ihn nach dem Regierungswechsel 1998 wieder bgeschafft, hne eine Antwort auf die Frage zu geben, was denn an eine Stelle treten soll. Hätten Sie den demographischen aktor beibehalten, hätten wir heute 3 Milliarden Euro ehr in der Rentenkasse. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Wir haben den Bundeszuschuss erhöht, nicht ihr!)


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: So ist es!)


as gibt Ihr Bundeskanzler mittlerweile auch zu und Sie
ollten das auch tun.
Wir, Herr Dreßen, haben 1997 eine Reform der Lohn-

nd Einkommensteuer mit deutlichen Nettoentlastungen
eschlossen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln
nd die Beschäftigungsquote zu erhöhen. Sie haben
iese Reform damals im Bundesrat blockiert.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eswegen, Herr Dreßen, liebe Kolleginnen und Kolle-
en von Rot-Grün: Die Schuld dafür, dass Sie heute am
bgrund eines Rentenloches stehen, liegt ausschließlich
ei Ihnen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Im Übrigen gilt: Wer nicht beizeiten handelt und sich
ptionen eröffnet, hat kurzfristig keine Alternative.


(Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Die Alternative liegt auf dem Tisch!)


as ist jetzt Ihr Problem. Das gilt gerade für die Renten-
olitik, wo wir mit langen Übergangszeiträumen arbei-
n müssen. Eines müssen Sie uns zugestehen: An Auf-
orderungen an Sie – mehr kann die Opposition jetzt
icht tun –, zu handeln, hat es wahrlich nicht gefehlt.


(Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Sie müssen eigene Konzepte vorlegen!)


m Ausschuss, im Plenum und in Pressemitteilungen in
ichter Folge haben wir Sie dazu aufgefordert.
Ich habe Ihnen, Herr Müntefering, schon im März

ieses Jahres gesagt, dass der Rentenbeitragssatz im
ahre 2004 nicht bei 19,5 Prozent gehalten werden kann.
m Mai habe ich Ihnen vorausgesagt, dass der Renten-
eitragssatz im nächsten Jahr ohne weitere Maßnahmen
ber die 20-Prozent-Grenze steigen wird. Sie haben
eine Warnungen ebenso wie die des Kollegen Storm
nd aller Sachverständigen ignoriert und überhaupt
eine Vorkehrungen getroffen, sondern stur an Ihren
ittlerweile überholten Prognosen festgehalten. Und das
erfen wir Ihnen vor.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Franz Müntefering [SPD]: Herr Schlau!)







(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

Die Menschen in Deutschland wären bereit, Verzicht

zu leisten. 52 Prozent sagen: Ja, wir akzeptieren, dass die
Renten langsamer steigen als die Löhne. Auch die Rent-
ner selbst wären dazu bereit. Sie erwarten im Gegenzug
aber ein langfristig tragfähiges Konzept und keine Poli-
tik mit dem Notfallkoffer, wie sie von Ihnen gemacht
wird.


(Beifall bei der FDP)

Zu dem, was Sie heute vorlegen, fällt mir nur noch

ein Satz von Walter Benjamin ein: Dass es so weitergeht,
ist die Katastrophe.


(Franz Müntefering [SPD]: Bei Ihnen fällt mir auch etwas ein!)


Die Maßnahmen der Vorschaltgesetze reichen nach mei-
ner Auffassung nicht aus, um das Defizit von
8 Milliarden Euro in der gesetzlichen Rentenversiche-
rung zu kompensieren und damit den Beitragssatz im
kommenden Jahr bei 19,5 Prozent zu halten. Erneut ge-
hen Sie mit einem Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent
vom best case, also von der besten denkbaren Entwick-
lung aus. Das ist, auch nach den Erfahrungen der letzten
Jahre, nicht nur sehr ehrgeizig, sondern muss als wenig
realistisch bezeichnet werden.

Ich will hier nicht die Rolle der Rentenkassandra
übernehmen, werde aber wohl noch auf die Risiken hin-
weisen dürfen. Sie wollen durch die Absenkung der
Schwankungsreserve von 0,5 auf 0,2 Monatsausgabe
4,8 Milliarden Euro realisieren. Die Schwankungs-
reserve beträgt aktuell aber nur 0,39. Sie hoffen, gestützt
durch die Annahmen des Schätzerkreises, dass Sie bis
zum Jahresende wieder auf 0,42 steigen wird. Erreicht
sie diesen Wert aber nicht, entstehen neue Finanzie-
rungsprobleme.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Es gibt viele Faktoren, die dazu beitragen, dass es soweit
kommen könnte, Herr Dreßen. Als Stichworte nenne ich
nur die Entgeltumwandlung, den Verdi-Tarifabschluss
und die Kürzung bzw. Streichung des Weihnachtsgeldes
in vielen Branchen. Eine Finanzierungslücke von 1 bis
1,5 Milliarden Euro, die allein darauf zurückzuführen
ist, ist aus meiner Sicht nicht unwahrscheinlich.

Die von Ihnen aufgrund der Beitragssatzsenkung er-
wartete Einsparung von 500 Millionen Euro in der Kran-
kenversicherung der Rentner ist ein sehr optimistischer
Ansatz. Der Parlamentarische Staatssekretär Thönnes
hat in dieser Woche auf meine Anfrage erklärt, man habe
eine durchschnittliche Senkung der Krankenkassenbei-
träge um 0,7 Prozent unterstellt. Das ist doch utopisch!
Die Krankenversicherungsträger haben schon mehrfach
darauf hingewiesen, dass es keine Garantie für eine Bei-
tragssatzsenkung im nächsten Jahr geben könne, weil die
Krankenkassen deutlich höher verschuldet sind, als sie
bisher zugegeben haben.

Sie müssen umkehren. Wir sind zur Mitarbeit bereit,

(Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Wie lange?)


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(C (D enn Sie an der katastrophalen Finanzsituation wirklich twas ändern wollen. Aber Sie müssen jetzt den Mut ufbringen, zu handeln. Aus unserer Sicht hat Priorität, die im Arbeitsförde ungsrecht immer noch bestehenden Frühverrentungsaneize zu beseitigen. Die Frühverrentung stellt eine Subention zulasten der Beitragszahler und Rentenkassen ar und ist nicht mehr vertretbar. Wir haben Ihnen heute inen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem wir die Anreize ur Frühverrentung nehmen. (Beifall bei der FDP – Peter Dreßen [SPD]: Und das mit sofortiger Wirkung!)


Mit Wirkung vom 1. Januar 2004. Wir haben einen
ertrauensschutz zugunsten derjenigen vorgesehen, die
ie Anspruchsvoraussetzungen bis dahin erfüllt haben.
ann muss damit aber auch Schluss sein; das sage ich
lipp und klar. Die Lebenserwartung und die Rentenbe-
ugsdauer sind deutlich gestiegen. Die Erwerbstätigen-
uote der 55- bis 64-Jährigen liegt in Deutschland mit
1,5 Prozent weit unter der anderer wirtschaftlich erfolg-
eicher Länder. Die Schweiz hat beispielsweise eine Er-
erbstätigenquote von 68 Prozent, Schweden von
0 Prozent.
Wir müssen also die Anreize zur Frühverrentung ver-

ingern, müssen gleichzeitig aber auch dafür sorgen,
ass ältere Menschen wieder bessere Chancen am Ar-
eitsmarkt haben und dass ihnen Angebote auf Beschäf-
igung gemacht werden. Das kann nach meiner Auffas-
ung nur über veränderte gesetzliche und tarifliche
ahmenbedingungen gelingen. Dazu haben wir Ihnen
ereits in der letzten Legislaturperiode einen entspre-
henden Antrag vorgelegt. Jetzt müssen die Vorschriften
eu justiert werden; denn man muss sehen: Je älter Ar-
eitnehmer sind, desto teurer und besser geschützt sind
ie. Das vermindert aus Sicht der Unternehmen ihre
hancen auf Einstellung und Reintegration.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507005600

Herr Kollege Kolb, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1507005700

Mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin, noch ein

chlusssatz.
Die Vorschaltgesetze werden ihr Ziel nicht erreichen.

ie basieren allein auf dem Prinzip Hoffnung. Die ren-
enpolitischen Weichen müssen neu gestellt werden, um
erlorenes Vertrauen wiederzugewinnen. Wir dürfen
eine Zeit verlieren. Für Gespräche, die das Ziel haben,
ie Rente wieder sicherer zu machen, stehen wir zur Ver-
ügung, für kurzfristige Flickschusterei nicht.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507005800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Erika Lotz, SPD-

raktion.

(Ute Kumpf [SPD]: Erika, zeig es Ihnen!)







(A) )



(B) )



Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1507005900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Ich denke, Herr Kolb, es wird spannend werden, ob
Sie tatsächlich zur Verfügung stehen werden oder nicht.
Ich frage mich, wie lange Sie zur Verfügung stehen wer-
den. Werden Sie so lange dabei sein wie bei den Ver-
handlungen über das Gesundheitsmodernisierungsge-
setz?

Zum demographischen Faktor. FDP und CDU/CSU
beklagen, dass wir den demographischen Faktor aus-
gesetzt haben. Das hätte für die Rentenkasse eine Ver-
besserung von 3 Milliarden Euro bedeutet. Sagen Sie
aber bitte dazu, bei wem Sie das eingespart hätten. Auf
der einen Seite beklagen Sie die Maßnahmen, die wir er-
greifen, auf der anderen Seite sagen Sie, dass der demo-
graphische Faktor es gebracht hätte. Dies hätte aber doch
auch Auswirkungen auf die Rentnerinnen und Rentner
gehabt. Sagen Sie das doch auch dazu!


(Beifall bei der SPD)

Mein lieber Herr Storm, ich komme zum „Flickwerk“

und denke an das Jahr 1996. Damals haben Sie das
Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz verab-
schiedet, den Kündigungsschutz vermindert, die Rege-
lungen zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verändert,
die Altersgrenze für langjährig Versicherte angehoben,
die Bedingungen für Frauen nach der Arbeitslosigkeit
verändert und die Altersteilzeit eingeführt. Herr Kolb
will die Altersteilzeit bereits zum Januar wieder abschaf-
fen. Die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen müssen
das doch wissen. Wir müssen laut verkünden, dass die
FDP bereits im Januar die Altersteilzeit ohne irgendwel-
che Übergangsfristen abschaffen will. Das geht so nicht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein, mit Vertrauensschutz!)


– Sie sagen: mit Vertrauensschutz. Die Betriebe und Ar-
beitnehmer müssen sich darauf doch einstellen können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Bei Ihnen können sie sich auf nichts einstellen!)


Nun komme ich zu dem, was vor uns liegt. Am ver-
gangenen Freitag haben wir die beiden Hartz-Gesetze
verabschiedet. Ziel ist die Konzentration auf die Vermitt-
lung. Das bedeutet, dass wir mehr Menschen in Arbeit
bringen wollen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist nun
einmal schwierig. Die Arbeitnehmer wissen und spüren
das. Viele mussten bereits Abstriche beim Urlaubsgeld
und beim Weihnachtsgeld hinnehmen. Dies bedeutet
letztendlich weniger Einkommen. Bei der Rentenversi-
cherung macht es sich ebenfalls bemerkbar; auch das
wissen sie.

Nach Vorlage des Ergebnisses, zu dem der Schätzer-
kreis in der vergangenen Woche gekommen ist, standen
wir vor der Frage, ob wir die Beiträge heraufsetzen oder
eine andere Lösung bevorzugen sollten. Wir haben uns
für die andere Lösung entschieden, weil eine Heraufset-
zung des Beitragssatzes nicht gut für den Arbeitsmarkt
und die Stimmung wäre; auch dann nicht, wenn die Stei-
gerung nur gering ausfallen würde. Wir haben dem Ar-

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(C (D eitsmarkt also einen absoluten Vorrang eingeräumt. ieser ist nun einmal die Finanzgrundlage für die geetzliche Rentenversicherung. Damit wir den Beitragssatz nicht erhöhen müssen, reffen wir eine Reihe von Maßnahmen. Eine davon berifft die Schwankungsreserve, die wir auf 20 Prozent iner Monatsausgabe senken wollen. Herr Storm hat ein orrorszenario an die Wand gemalt. m hier gleich Missverständnissen vorzubeugen, will ch eines ganz klar sagen: Rentnerinnen und Rentner rauchen um ihre monatliche Rente nicht zu bangen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Andreas Storm [CDU/CSU]: Das behauptet auch niemand!)


(Beifall bei der SPD)


(Peter Dreßen [SPD]: Dafür ist er bekannt!)


Mit dem, was Sie hier an die Wand gemalt haben, ver-
olgen Sie doch das Ziel, die Rentner und Rentnerinnen
u verunsichern. Das ist nicht in Ordnung.


(Peter Dreßen [SPD]: So ist es! Das ist unanständig! – Andreas Storm [CDU/CSU]: Hat kein Mensch gemacht! Sie machen Rente nach Kassenlage!)


Mit der Schwankungsreserve sollen Liquiditäts-
chwankungen, die innerhalb eines Jahres auftreten, aus-
eglichen werden. Diese treten immer auf; sie sind auch
u Ihren Zeiten aufgetreten. Die Einnahmen der Renten-
ersicherung sind beispielsweise wegen quartalsmäßiger
ündigungen oder aufgrund der Zahlung von Urlaubs-
eld nicht gleich bleibend, während die Ausgaben ziem-
ich konstant sind. Deshalb ist es wichtig, eine Schwan-
ungsreserve zu haben.
Natürlich ist eine höhere Schwankungsreserve wün-

chenswert. Durch das Vorziehen des Bundeszuschusses
ann eine Einnahmedifferenz – das Vorliegen einer sol-
hen ist von Ihnen an die Wand gemalt worden – ausge-
lichen werden.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist genau das, was Herr Storm gesagt hat!)


ußerdem steht der Bund für die Rente ein. Das ist wohl
ei keinem anderen Versicherungswerk so.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507006000

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Kolb?

Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1507006100

Ja, bitte, Herr Kolb.

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1507006200

Frau Kollegin Lotz, hierbei befinden Sie sich ja nicht
ehr im Stadium der Jungfräulichkeit.






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

Im Jahre 2001 betrug die Schwankungsreserve 1,0.

Sie hatte also die Höhe einer vollen Monatsausgabe. Wir
haben uns damals hier versammelt und sie wurde auf 0,8
abgesenkt. Staatssekretärin Mascher erklärte damals,
dass es zwar bitter, aber gerade noch vertretbar sei. Im
Dezember 2002 haben wir uns wieder hier getroffen. Die
Schwankungsreserve lag weiterhin bei 0,8. Damals leg-
ten Sie ein Gesetz vor, durch das ein Korridor eingeführt
wurde, sodass sie auf 0,5 bis 0,7 Monatsausgaben abge-
senkt werden konnte. Es hieß erneut, dass das zwar sehr
hart, aber gerade noch das Unterste des Vertretbaren sei.

Jetzt beträgt die Schwankungsreserve 0,39 Monats-
ausgaben und Sie wollen sie faktisch abschaffen. Man
muss dabei nämlich im Hinterkopf haben, dass es bei der
Schwankungsreserve auch noch hohe immobile Anteile
gibt; ich nenne die GAGFAH.


(Peter Dreßen [SPD]: 1992 hatten wir noch 2,65!)


Sie können uns hier doch nicht ernsthaft erzählen,
dass Sie eine verantwortliche Politik betreiben. Sie be-
treiben wirklich eine Politik nach Kassenlage.


(Zustimmung bei der FDP und der CDU/CSU)

Sind Sie bereit, dies zur Kenntnis zu nehmen?


Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1507006300

Nein, ich bin noch nicht einmal bereit, das zur Kennt-

nis zu nehmen.
Herr Kolb, reden wir doch einmal über die Alterna-

tive! Die Alternative wäre, den Beitragssatz anzuheben.
Das halte ich aber nicht für verantwortlich


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


und im Grunde geht es Ihnen doch auch so. Wir bewegen
uns in einem Spannungsverhältnis zwischen der Verbes-
serung der Arbeitsmarktsituation und der Sicherung der
Rentenzahlungen. Es besteht ja auch die Absicht, die
Schwankungsreserve wieder anzuheben.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Nach dem, was Herr Kolb gerade geschildert hat, glaubt das doch kein Mensch!)


Dafür aber müssen zunächst die Voraussetzungen ge-
schaffen werden. Dazu gehört auch die Schaffung von
Arbeitsplätzen. Daran arbeiten wir und dabei sollten Sie
uns unterstützen. Das wäre besser als das, was Sie hier
machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Eine weitere Maßnahme ist das Aussetzen der Ren-
tenanpassung zum 1. Juli 2004; das ist schon gesagt
worden. Ich weiß, dass die Rentnerinnen und Rentner
dadurch belastet werden. Trotzdem werbe ich um Ver-
ständnis. Es geht um die Verbesserung der Arbeitsmarkt-
situation, es geht um die Verbesserung der Chancen ihrer
Enkel.

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(C (D Das Gleiche trifft für die Maßnahme im Bereich der flegeversicherung zu. Diese jüngste Säule der Sozialersicherung wird faktisch allein von den Arbeitnehern finanziert; denn als Kompensation für den Arbeiteberbeitrag wurde ein Feiertag, der Bußund Bettag, estrichen. Nur das Land Sachsen ist diesen Schritt nicht egangen. Dort zahlen die Arbeitnehmer und Arbeitneherinnen – Frau Michalk, Sie wissen das – den Beitrag atsächlich alleine. Im Fall der Rentner hat die Rentenversicherung den rbeitgeberbeitrag zur Pflegeversicherung finanziert. In ukunft sollen dies die Rentner und Rentnerinnen selbst ezahlen. Da kommt kein Jubel auf; das weiß auch ich. ir ergreifen diese Maßnahme auch nicht frohen Herens. Hätten wir dies nicht gemacht, wäre der Beitragsatz in der Rentenversicherung von 19,5 Prozent nicht zu alten gewesen, und zwar mit allen Folgewirkungen. uch an dieser Stelle möchte ich um Verständnis werben nd alle bitten, mit dazu beizutragen, dass es zu einer Erolung am Arbeitsplatzmarkt kommt. Was die Finanzlage angeht, so hatten wir im letzten ahr eine ähnliche Situation. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Alle Jahre wie der!)

amals haben wir die Beitragssätze um 0,2 Prozent und
uch die Beitragsbemessungsgrenze erhöht. Damit ha-
en die Aktiven einen Beitrag geleistet. Diesmal müssen
ir dies den Rentnern und Rentnerinnen zumuten. Eine
ntlastung stellt jedoch die Senkung der Krankenkassen-
eiträge dar. Wir werden dafür sorgen, dass dies so
chnell wie möglich bei den Rentnern und Rentnerinnen
nkommt. Jeder Einzelne kann einmal einen Blick auf
einen Krankenkassenbeitrag werfen.
Für Rentenneuzugänge wird der Auszahlungster-
in der Rente auf das Monatsende verlegt. Dem muss
er Bundesrat zustimmen. Wenn wir den Auszahlungs-
ermin nicht verlegen können – Sie haben schon gesagt,
as Ganze sei knapp gerechnet –, ist der Beitragssatz
on 19,5 Prozent nicht zu halten. An dieser Stelle appel-
iere ich auch an Sie, auf Ihre Ministerpräsidenten einzu-
irken, sich nicht bockig anzustellen und dieser Rege-
ung zuzustimmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Maßnahmen, die ich genannt habe, müssen kurz-
ristig greifen. Wegen der demographischen Entwick-
ung dürfen wir auf diesem Weg aber nicht stehen blei-
en. Wir werden daher im weiteren Verfahren
usätzliche Maßnahmen vorsehen.
Die Unternehmen können nicht die Heraufsetzung

es Rentenalters fordern, aber gleichzeitig zulassen,
ass in 60 Prozent der Unternehmen niemand beschäf-
igt wird, der 50 Jahre und älter ist. Hier müssen sich die
nternehmen bewegen. Es wäre gut gewesen, wenn Sie,
err Kolb, einen entsprechenden Appell an die Unter-
ehmer gerichtet hätten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Erika Lotz

Es gibt schließlich genügend Angebote seitens der Poli-
tik, Unternehmen, die ältere Arbeitnehmer einstellen,
zu unterstützen.

Lassen Sie mich noch etwas zu dem sagen, was in der
Öffentlichkeit breit diskutiert wird, zu der Regelung,
dass die schulische Ausbildungszeit nicht mehr als be-
wertete Anrechnungszeit gelten soll. Die Union hat ge-
sagt – ich spreche hier Frau Dr. Böhmer an –, alle sollten
sich beim Bundesverfassungsgericht beschweren. Ich
frage mich schon: Wo waren Sie 1992 oder auch 1996?
Denn ursprünglich lag die Anrechnungszeit bei 13 Jah-
ren. Ich muss schon sagen: Ich halte es für ziemlich
scheinheilig, jetzt zum Widerstand aufzurufen und 1996
ähnliche Einschränkungen mitgetragen zu haben.

Ein anderer Punkt ist die Anrechnung von Studien-
zeiten. Die Forderung nach Einführung einer Studienge-
bühr kommt doch immer aus Ihren Reihen. Wer hat denn
beim BAföG dafür gesorgt, dass auch junge Menschen
aus ärmeren Familien die Chance haben zu studieren?
Das waren wir. Sie hingegen haben die jungen Leute im
Stich gelassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist doch mal was, oder?)


Das, was Sie an dieser Stelle machen, ist Populismus
pur.

Worum geht es? Wer zum Beispiel eine Hochschule
oder eine Fachhochschule besucht, bekommt zurzeit ab
dem 17. Lebensjahr für drei Jahre Schule oder Studium
Entgeltpunkte für die Rente gutgeschrieben, ohne dafür
Beiträge zu zahlen. Eine Änderung dieser Regelung wer-
den wir gründlich beraten. Ich denke, das Prinzip der
Lohn- und Beitragsbezogenheit muss gestärkt werden.
Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist, dass wir auch an die denken
müssen, deren Ausbildung an beruflichen Schulen statt-
findet, zum Beispiel Altenpflege- oder Krankenpflege-
schulen. Wir müssen prüfen, ob diejenigen, die ganz un-
ten im System eine Ausbildung anfangen, tatsächlich
hinterher oben ankommen und ein gutes Einkommen be-
ziehen. Auf jeden Fall muss das Prinzip der Lohn- und
Beitragsbezogenheit weiterhin Gültigkeit haben. Trotz
aller Finanznot werden wir genau prüfen, wie wir hier
vorgehen.

Sie sind eingeladen, hieran mitzuwirken, damit wir
angesichts der gesellschaftlichen Änderungen zu tragba-
ren Lösungen kommen, und zwar für alle.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507006400

Nächster Redner ist der Kollege Gerald Weiß, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Gerald Weiß Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten amen und Herren! Frau Lotz, der Einladung zur Giftischerei werden wir nicht Folge leisten. (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da spricht ein Giftmischer!)


ch glaube, dass Ihr Beitrag für Sie selbst eine verwi-
kelte Sache war, weil Sie sachkundig und eine sehr red-
iche Kollegin sind.
Sie wissen genauso wie wir: Diese Rentenbeschlüsse

ind ein Vertrauensbruch gegenüber den Rentnerinnen
nd Rentnern.


(Beifall bei der CDU/CSU)

rau Lotz, Sie wissen genauso wie wir, dass das, was uns
ier als ernsthafte Gesetzentwürfe angeboten wird, eine
chlampige Notoperation ist. Diese Maßnahmen werden
er Rentenversicherung nicht helfen, sondern zu einer
ngerechten Behandlung der Rentner führen. Dieses Re-
ümee können wir schon jetzt ziehen. Sie wissen ge-
auso wie wir, dass diese abschüssige Bahn der rot-grü-
en Rentenwillkür, die Sie jetzt betreten haben, zu einer
taatskassenabhängigen Willkürrente führen wird. Der
taatseingriff in die Rentenmechanik wird bei Ihnen Me-
hode. Das lassen wir Ihnen natürlich nicht durchgehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Reden Sie jetzt zum Antrag zur Beitragssicherung?)


Frau Dückert, Ihre ganze Schönfärberei hilft nicht
eiter. Sie haben darauf verwiesen, dass es Kürzungen
ei der Rente schon früher gegeben hat. Nein, das, was
ir jetzt erleben, ist eine traurige Weltpremiere. Zum
rsten Mal wird der Rentenzahlbetrag – die Kollegen
torm und Kolb haben dies schon gesagt – gekürzt.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird durch Wiederholungen nicht wahrer!)


Bei Ihren Berechnungen ist die Inflationsrate noch
ar nicht berücksichtigt. Dies wird zu einem massiven
aufkraftverlust bei den Rentnerinnen und Rentnern
ühren. Das hat mit Generationen- und Rentengerechtig-
eit nicht das Geringste zu tun.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

berhaupt muss man bei Ihnen Anspruch und Wirklich-
eit miteinander vergleichen. Alle Ihre Prognosen, die
ie hier im Hause abgegeben haben und die in den Pro-
okollen nachzulesen sind, sind falsch. Die riestersche
eform, hier von diesem Pult verkündet – Sie haben et-
as mit Wilhelm II. gemeinsam; es muss immer monu-
ental und groß sein –, haben Sie Jahrhundertreform ge-
annt. Diese Jahrhundertreform sah nach zwei Jahren
ürchterlich alt aus. Es war alles falsch, was Sie verhei-
en haben. Das ist eine Erschütterung des Vertrauens.


(Zuruf der Abg. Ute Kumpf [SPD])

it dem Vertrauensbruch, den Sie jetzt sehenden Auges
egehen, werden Sie das Zutrauen der älteren Menschen,






(A) )



(B) )


Gerald Weiß (Groß-Gerau)


aber auch der jüngeren in dieses Alterssicherungssystem
weiter unterhöhlen.


(Zuruf der Abg. Erika Lotz [SPD]: Lesen Sie mal „Finanztest“ zur Riester-Rente!)


Sie setzen diesen unheilvollen Weg weiter fort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)

„Unanständig“ nannte der Bundeskanzler den blüm-

schen demographischen Faktor, durch den die Renten et-
was langsamer als die Löhne, dafür aber generationenge-
recht und belastungsgerecht wachsen sollten.


(Zuruf von der FDP: Die Kürzungen von RotGrün sind besonders unanständig!)


Es war die Rede davon, Verlässlichkeit zu schaffen.
Was Sie hier machen, ist genau das Gegenteil davon.
Wenn der demographische Faktor unanständig war,
durch den es zu langfristig berechenbaren, realen Ren-
tensteigerungen gekommen wäre, wie soll man dann das
nennen, was Sie jetzt veranstalten, Frau Lotz?


(Peter Dreßen [SPD]: Bei Ihnen wäre das Niveau doch auf 60 Prozent gesunken – ohne Ersatz!)


Das kann man eigentlich nur mit einem im Parlament
nicht zugelassenen Ausdruck belegen.

Sie bemühen immer wieder den Begriff der Nachhal-
tigkeit. In der virtuellen Welt des Herrn Rürup wird die
Schwankungsreserve, die Vermögensrücklage, erhöht.
In der realen Welt der Ulla Schmidt und des Gerhard
Schröder wird die Schwankungsreserve bis zur Unkennt-
lichkeit gekürzt. Das ist ein besonders schwerwiegender
Prozess. Das wissen auch Sie, Frau Lotz. Die Schwan-
kungsreserve ist auch so etwas wie ein Sperrriegel gegen
die Abhängigkeit von der Staatskasse. Wenn Sie die
Schwankungsreserve, die letzte Rücklage, bis zur Un-
kenntlichkeit kürzen und verfrühstücken mit dem Ergeb-
nis, dass mittlerweile die Rentenversicherungsträger ihre
Wohnungsbestände verramschen müssen, dann wird
künftig der Finanzminister sehr viel stärker über die
Rentenzahlungen bestimmen als die Rentenformel. Das
kann doch nicht unser Wollen sein.


(Beifall bei der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Wollen Sie jetzt den Beitrag erhöhen?)


Ich komme jetzt dazu, dass die Ausbildungszeiten
bei der Rente nicht mehr angerechnet werden sollen. Das
bedeutet für die durchschnittliche Angestelltenrente eine
Kürzung von 6,73 Prozent. Das sind 55 Euro pro Monat.
Das ist keine zu vernachlässigende Größe. Hier wird die
Quadratur des Irrsinns geprobt, Herr Kollege Dreßen.
„Bildungsförderung“ durch Nichtanrechnung der Aus-
bildungszeiten bei der Rente. Das ist Bal paradox in der
Sozialpolitik. Das ist kontraproduktiv und völlig inak-
zeptabel,


(Zuruf von der SPD: Sie reden Unsinn und ohne Sachkenntnis!)


auch wenn Sie eine etwas längere Übergangsfrist einräu-
men wollen.

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(C (D (Zuruf von der SPD: Sagen Sie mal was zu den Studiengebühren!)


ch muss Ihnen jetzt einmal etwas sagen. Sie fahren mit
er Dampfwalze in eigentumsgleichen Rentenansprü-
hen herum.


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist falsch!)

enschen sind unter bestimmten Bedingungen in das
rwerbsleben eingetreten oder sind gerade dabei, dies zu
n.


(Erika Lotz [SPD]: Was war denn 1996? Was haben Sie 1996 gemacht?)


ie können diese Anwartschaften nicht wie etwas Belie-
iges behandeln. Sie sind verfassungsrechtlich eigen-
msgleich zu sichern. Was Sie jetzt vorsehen, grenzt an
erfassungsbruch.


(Widerspruch bei der SPD)

ullrunde, Verschiebung des Auszahlungstermins der
enten, höherer Pflegebeitrag, Senkung der Schwan-
ungsreserve –


(Zuruf von der SPD: Sie messen mit zweierlei Maß!)


ll das ist – ich bleibe dabei – eine schlampige Notopera-
on, die die Union nicht mitmachen wird.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Und was sind die Konzepte der Union?)

Zu diesem Schrei aus dem Abgrund nach den Alterna-
iven: Was unsere mittel- und langfristige Konzeption
ngeht – darüber werden wir noch diskutieren –, so ist
u sagen: Schlag nach bei Herzog.


(Lachen bei der SPD – Erika Lotz [SPD]: Der hat doch bei Rürup abgeschrieben!)


Was die kurzfristigen Maßnahmen anbelangt, stelle
ch fest: Wenn jemand, der ein Auto in den Graben ge-
teuert hat – ich glaube, Sie haben das Bild auch schon
erwendet, Herr Kolb –, nach einer Alternative fragt,
ann lautet die Antwort: Man hätte – es geht immerhin
m das Gesamtkonzept der Politik und um die Wirt-
chafts-, Finanz-, Sozial- und Rentenpolitik im engeren
inne, das heißt um den deutschen Sozialstaat – alles tun
üssen, damit das Auto auf der Fahrbahn bleibt. Sie
ber haben es in den Graben gesteuert. Wir werfen Ihnen
or, dass die Frage nach der Alternative zu der geplanten
otoperation in Form dieses miesen Kurzfristgesetzes
ur eine Verschleierung Ihrer eigenen Verantwortung
arstellt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP] – Widerspruch bei der SPD – Erika Lotz [SPD]: Das ist unchristlich, was Sie machen!)


Im Jahre 6 der Regierung Schröder

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Schröder/ Fischer!)







(A) )



(B) )


Gerald Weiß (Groß-Gerau)


– ja, Schröder/Fischer – verfügen 43 Prozent der Haus-
halte über ein frei verfügbares Einkommen von weni-
ger als 100 Euro im Monat.


(Peter Dreßen [SPD]: Haben Sie nicht eine Null vergessen?)


Das ist leider eine dynamisch wachsende Größe. Vor zwei
Jahren waren es 37 Prozent, vor vier Jahren 29 Prozent.
Rot-Grün macht die Republik und die Menschen arm.

Jetzt fordern Sie die Menschen, die privat vorsorgen
sollen, auf: Nehmt 4 Prozent vom Einkommen und
spart! Dank Ihrer Politik können die Leute aber keine
Vorsorge treffen und sparen. Deshalb werden die
Riester-Produkte auch nur von 16 Prozent der Bevölke-
rung angenommen. Jetzt wollen Sie Korrekturen vorneh-
men und sich dafür feiern lassen. Zuerst haben Sie ein
monströses Gebilde der Bürokratie aufgebaut, das Sie
jetzt feierlich schlachten wollen, und dafür wollen Sie
sich auch noch loben lassen. Das ist doch keine Politik,
die Sie allen Ernstes stolz vorführen können!


(Erika Lotz [SPD]: Vorziehen der Steuerreform! – Peter Dreßen [SPD]: Wenn ihr uns lobt, dann haben wir etwas falsch gemacht!)


Wir haben letzte Woche ein gutes Gespräch mit dem
DGB-Vorsitzenden, Michael Sommer, geführt und stim-
men ihm zu, wenn er sagt, diese willkürhafte Rentenpo-
litik sei ein Sündenfall. Michael Sommer hat Recht. Eine
solche Rentenpolitik kann nicht akzeptiert werden. Ren-
tenwillkür ist mit der Union nicht möglich.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507006500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Birgitt Bender,

Bündnis 90/Die Grünen.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507006600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Kollege Weiß, liebe Kollegen von der Opposition, ich
glaube, dass Sie sich damit, wie Sie die Diskussion füh-
ren – von wegen Rentenwillkür! –, kein gutes Zeugnis
ausstellen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ihnen!)

Dem gesamten Diskurs nach dem Motto „Wir haben

es schon immer gewusst“ muss ich entgegenhalten: Ers-
tens ist das nicht der Fall.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es ist doch genau so gekommen, wie wir es vorausgesagt haben, Frau Bender!)


Zweitens. Wenn es so wäre, würde Sie das nicht der
Aufgabe entheben, angesichts eines Milliardenlochs in
der Rentenkasse dafür zu sorgen, dass die Beiträge nicht
steigen und die Renten auch längerfristig finanzierbar
bleiben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat das Loch denn verursacht?)


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(C (D afür haben Sie kein Konzept. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie beschränken sich darauf, zu allen Vorhaben Nein

u sagen.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Wir sagen Ja zu einer besseren Wirtschaftspolitik!)

Sie sagen Nein zur Absenkung der Schwankungsre-

erve und zur Verschiebung der Pflegeversicherungsbei-
räge auf die Rentner. Sie sagen auch Nein zu einer Null-
unde bei den Renten. Zu einer Verschiebung der
uszahlung der Rentenbeträge für Neurentner haben Sie
eine Meinung. Das ist der einzige Punkt, der zustim-
ungspflichtig ist. Stattdessen treten Sie mit Ihren Sprü-
hen die Flucht in die populistische Neinsagerei an, wie
ch es nenne. Anders gesagt: Die Opposition übt Politik-
erzicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Grünen möchten gerne Opposition und Regierung zugleich sein! Das ist noch schlimmer!)


Herr Kollege Weiß, Sie haben ausgeführt, die Men-
chen seien zu arm, um Altersvorsorge zu betreiben.
ichtig ist vielmehr: Wir würden sie arm machen, wenn
ir die Rentenbeiträge erhöhen würden. Das wäre näm-
ich die Konsequenz Ihrer Neinsagerei. Aber genau das
n wir eben nicht, weil wir den Leuten kein Geld aus
er Tasche ziehen


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

nd insbesondere den Faktor Arbeit nicht weiter belasten
ollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zur Schwankungsreserve – von wegen Rentenwill-
ür! –: Man kann unterschiedlicher Meinung sein, ob die
chwankungsreserve eine gute Einrichtung ist oder ob es
esser wäre, die Liquidität anders zu sichern. Aber die
ehauptung, dass die Höhe der Schwankungsreserve
zw. ihre Existenz etwas mit der Finanzierbarkeit der
enten zu tun habe, ist falsch.


(Zurufe von der CDU/CSU: Was?)

enauso gut könnten Sie behaupten, die Finanzierbar-
eit hänge vom Wetterbericht ab. Das ist eben nicht der
all.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

uch ohne Schwankungsreserve wäre die Auszahlung
er Renten über den Bundeshaushalt abgesichert.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Da schütteln selbst die eigenen Leute den Kopf!)


ie Finanzierung der Renten wird dagegen über den
eitragssatz gesichert. Übrigens, zum Thema „böser
taat“: In die Rentenversicherung fließt immerhin ein
teuerfinanzierter Bundeszuschuss in Höhe von fast






(A) )



(B) )


Birgitt Bender

78 Milliarden Euro. Deswegen darf man dem Bund
durchaus vertrauen, Herr Weiß.

Sie haben des Weiteren von einem Vertrauensbruch
gesprochen, weil die Rentner belastet werden. Keine
Frage, es handelt sich um eine Belastung, wenn es eine
Nullrunde bei den Renten gibt, wenn also die Rentner
und Rentnerinnen die Stabilisierung des Beitragssatzes
in der Rentenversicherung alleine tragen. Aber ich frage
Sie: Glauben Sie wirklich, dass es richtig ist, sich zu Be-
sitzstandswahrern für die Rentner zu machen?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir wollen uns zu Fürsprechern der Rentner machen!)


Die Rentner und Rentnerinnen selber wissen es besser.
Meine Kollegin hat schon darauf hingewiesen, dass sie
mehrheitlich eine Nullrunde im Interesse der Beitrags-
satzstabilität unterstützen. Wollen Sie in der jetzigen Si-
tuation entweder einen höheren Bundeszuschuss – das
würde eine höhere Verschuldung bedeuten – oder höhere
Rentenbeiträge als Alternativen in Kauf nehmen?


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Eine bessere Wirtschaftspolitik ist die Alternative!)


Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie das auch sagen
und dafür in der Öffentlichkeit einstehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Genau davor versuchen Sie sich zu drücken. Das werden
wir Ihnen nicht durchgehen lassen.


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir haben ein Paket geschnürt, das insgesamt vertret-

bar ist. Wir haben die Priorität gesetzt, den Beitragssatz
nicht zu erhöhen. Genau das ist das richtige Signal für
die wirtschaftliche Erholung, die wir brauchen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Der schwarze Zauberstab fehlte noch! Das wäre es gewesen! Rot-grüner Hokuspokus den ganzen Morgen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507006700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Pau.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1507006800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die PDS im Bundestag lehnt die vorliegenden Gesetz-
entwürfe ab; denn das, was Rot-Grün als Reform ver-
kauft, ist schlicht Rentenklau; das ist schlimm. Das wis-
sen auch Sie.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Obendrein garnieren Sie das Ganze mit dümmlichen Lü-
gen, und zwar permanent. Ich möchte hier wenigstens
drei dieser Lügen anreißen.

Sie behaupten, zur Sicherung der Renten müssten
alle, auch die Rentnerinnen und Rentner, einen Beitrag
leisten. Es sei ungerecht, behaupten Sie weiter, das Pro-

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(C (D lem auf die Jüngeren abzuwälzen. Sie verschweigen abei aber, dass die Rentenkürzungen nicht nur die aktullen, sondern auch die künftigen Rentnerinnen und entner treffen; denn in Wahrheit kürzen Sie die Rentennsprüche sowohl der Älteren als auch der Jüngeren. So eit zur ersten Lüge. Sie behaupten weiter, Sie müssten die Rentenansprü he kürzen, damit die monatlichen Rentenbeiträge die 0-Prozent-Marke nicht überschritten. Das ist die zweite üge; denn die monatlichen Beiträge liegen längst jeneits der 20-Prozent-Marke, allerdings nur für die Areitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ich weiß, dass Sie icht mehr gern über die Riester-Rente sprechen. Aber ie haben schon damals die Renten deutlich gesenkt. Sie aben gesagt: Wer dennoch Renten wie vordem bezieen will, dem empfehlen wir eine Zusatzversicherung, ie so genannte Riester-Rente. Wer aber für die Riesterente einzahlt, der kommt schon jetzt – wenn man alles ddiert – auf einen Rentenbeitrag von über 20 Prozent. Übrigens, das Prinzip der Riester-Rente – das habe ch Ihnen schon in der vergangenen Legislaturperiode rklärt – lässt sich auf eine ganz einfache Formel brinen. Stellen Sie sich vor, dass Ihnen ein Taschendieb die andtasche entreißt und Ihnen anschließend eine private iebstahlversicherung anbietet. Das ist das Prinzip der iester-Rente. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Nun zur dritten Lüge: Sie bedauern, dass Sie die
ente kürzen müssen. Aber schließlich müssten ja alle
pfer bringen. Ich weiß nicht, was Sie unter „alle“ ver-
tehen. Würden Sie mit „alle“ wirklich alle meinen, dann
ätten Sie alle Chancen auf eine wirkliche Reform. Aber
ie meinen mit „alle“ immer nur die Bedürftigen und die
ezieher von Leistungen; denn im selben Zuge, da Sie
ie Renten kürzen und die Beiträge erhöhen, senken Sie
ie Sozialbeiträge der Unternehmen.
Vor einem Jahr gab es eine Initiative von Euromil-

ionären. Sie boten von sich aus an, einen höheren Bei-
rag für den Sozialstaat und für die Solidarsysteme zu
eisten. Bislang gibt es allerdings keine Initiative von
ot-Grün, geschweige denn von Schwarz-Gelb, dieses
ngebot aufzugreifen. Übrigens wurde dieses Angebot
m Wohnort des Bundeskanzlers, in Hannover, gestartet.
Dabei würde es sich lohnen, sich dieses Angebot ein-
al anzusehen. Es gibt in Deutschland nicht nur mehr
ls 4 Millionen Arbeitslose; es gibt inzwischen auch
70 000 Euromillionäre, die insgesamt über ein Vermö-
en von 4 Billionen Euro verfügen. Das ist im Vergleich
u den irdischen 2 Milliarden Euro, über die wir akut
treiten, ein Universum. Würden Sie diese Euromillio-
äre nur 1 Prozent ihres Vermögens als Notcent leisten
assen, dann wären das 40 Milliarden Euro, Tendenz
teigend – und das jährlich.
Diese Rechnung blendet Rot-Grün komplett aus.

tattdessen durfte ein namhafter Oppositionspolitiker
ei Christiansen am letzten Wochenende unwiderspro-
hen sagen: Deutschland ist in den letzten Jahren ärmer
eworden. – Armes Deutschland, das so belogen wird!






(A) )



(B) )


Petra Pau

Natürlich muss es eine Reform im Rentensystem ge-

ben – das fordert auch die PDS seit Jahren –, aber eben
eine Reform und nicht eine Deform. Eine Reform be-
ginnt damit, dass Besserverdienende in die allgemeine
Rentenkasse einbezogen werden. Das erfordert, den
Arbeitgeberanteil vom Lohn abzukoppeln und an den
Gewinn anzudocken. Das Ganze muss gerecht und soli-
darisch sein. Es gibt also Alternativen. Sie sind durchge-
rechnet und sie sind machbar.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Was heute hier beraten wird, hat aber weder etwas mit
Reformen noch mit Gerechtigkeit zu tun. Es ist schlicht
rot-grünes Raubrittertum. Auch deshalb hoffe ich sehr,
dass möglichst viele der derzeit Betroffenen und der zu-
künftig Betroffenen am 1. November dieses Jahres an
der Demonstration in Berlin – dazu wurde bundesweit
aufgerufen – gegen diesen Unfug teilnehmen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507006900

Das Wort hat die Ministerin für Gesundheit und So-

ziale Sicherung, Ulla Schmidt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Ein schwerer Gang!)


Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und
Soziale Sicherung:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Kollege Kolb, da Sie in Ihrer Rede die Umfragen
zitiert haben, hätten Sie auch die heutige Umfrage zitie-
ren müssen. Da gibt es nämlich zwei bemerkenswerte
Ergebnisse:

Erstens. Auf die Frage „Wer ist denn schuld an der
aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise?“ antwortet die
Mehrheit der Deutschen: die frühere Bundesregierung
aus CDU/CSU und FDP.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: 28 Prozent!)


– Die Mehrheit. Mehrheit ist Mehrheit, Herr Kollege.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Die bezahlen einen hohen Preis für ihre Meinung!)

Das zweite und wesentlich wichtigere Ergebnis für

die heutige Debatte ist: 66 Prozent der Menschen ver-
trauen auf das umlagefinanzierte System.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie tun es zu Recht.
Es trifft zu, dass die Menschen verunsichert sind.

Aber das gilt nicht nur für die Rentner und Rentnerin-
nen. Seit drei Jahren haben wir ein Nullwachstum;


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das hat doch Ursachen!)


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(C (D s gibt international Probleme. Wir stehen mit diesen roblemen nicht allein in Europa. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber wir sind das Schlusslicht!)


lle unsere Nachbarländer stehen vor den gleichen Pro-
lemen und in den gleichen Diskussionen. Es geht um
ie Frage: Wie schaffen wir es, unter veränderten ökono-
ischen Bedingungen in einer Zeit, in der Arbeit und
issen weltweit vorhanden sind, dafür zu sorgen, dass
achstum in Europa und auch bei uns in Deutschland

tattfindet, damit es Beschäftigung gibt? Denn eines wis-
en wir: Nur ein Mehr an Beschäftigten, nur Wachstum
önnen auf Dauer unsere sozialen Sicherungssysteme
arantieren.
Deswegen finden in allen unseren Nachbarländern

nd auch bei uns heftige Debatten statt. Wir alle wissen:
ir müssen strukturelle Reformen auf den Weg brin-
en, damit wir soziale Sicherheit für unsere Kinder und
uch noch für unsere Enkelkinder bewahren können.
as ist der Grund dafür, dass wir Politik machen und
ass wir über die Zukunftssicherung der Rentenversiche-
ung reden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Menschen vertrauen in dieses System. Trotz der
robleme, die wir in der gesetzlichen Rentenversiche-
ung haben, erleben sie nämlich, dass alle kapitalgedeck-
en Systeme sehr viel größere Probleme haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

n den letzten drei Jahren haben die deutschen Lebens-
ersicherungen allein durch die Entwicklung der Aktien-
urse 100 Milliarden Euro verloren.
In der Schweiz, die uns immer als Beispiel vorgeführt
ird, musste die Regierung 20 Milliarden Euro an die
ensionsfonds geben, weil die Kapitaldeckung nicht
usreicht. Im Jahre 2002 beliefen sich die Verluste der
ensionsfonds weltweit auf 1 400 Milliarden Dollar. Vor
iner Woche haben wir hier im Deutschen Bundestag
ilfen im Steuerrecht beschlossen, damit diejenigen, die
ebensversicherungen abgeschlossen haben, Sicherheit
ekommen.
Es wird ja oft behauptet, dass die Kapitaldeckung

nd die Privatisierung das Beste seien. Herr Kollege
olb, ich glaube, wir tun gut daran, in Deutschland die
robleme, die wir in unseren Sicherungssystemen haben,
emeinsam anzugehen und zu lösen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ir müssen dafür sorgen, durch effizientere Strukturen
nd eine effektivere Bereitstellung von Leistungen das
aß an Sicherheit zu bekommen, das alle brauchen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Auf das Wie kommt es an!)


Alle Kommissionen, die Enquete-Kommission, die
erzog-Kommission, die Rürup-Kommission – ich kann






(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt

sie jetzt nicht alle aufzählen –, sagen: Wir stehen vor
großen demographischen Herausforderungen.


(Helga Daub [FDP]: Das hätten wir auch ohne Kommissionen gewusst!)


– Das wussten Sie auch ohne Kommissionen; aber Sie
haben das ja in den 90er-Jahren nicht angepackt, liebe
Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der FDP und der CDU/CSU – Ina Lenke [FDP]: Warum haben Sie denn dann dem demographischen Faktor nicht zugestimmt?)


– Sie sprechen den demographischen Faktor an. Die
Beamten, die jetzt in meinem Haus tätig sind, sind die-
selben, die damals für den Kollegen Blüm die Berech-
nungen aufgestellt haben. Diese Beamten haben auch
den Verlauf berechnet, der sich bei Anwendung des de-
mographischen Faktors ergibt. Sie wissen ja: Minister
kommen und gehen; die Beamten bleiben bestehen. –
Ihre Berechnungen besagen: Der demographische Faktor
allein reicht nicht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Allein nicht! Das ist klar!)


– Die Ökosteuer wirkt doch auf Sie wie das Weihwasser
auf den Teufel.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Weil sie weder öko noch logisch ist!)


Tun Sie doch nicht so, als hätten Sie das gemacht!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Sie hätten vielleicht die Mehrwertsteuer erhöht.

Mit dem demographischen Faktor wären wir heute
bei einem Beitragssatz von über 21 Prozent. Hätten Sie
all das gemacht, was wir gemacht haben, hätten Sie die
Ökosteuer eingeführt, Maßnahmen zur Umfinanzierung
ergriffen usw., dann hätten wir kein Defizit von
8 Milliarden Euro, sondern eines von 7 Milliarden Euro.
Es will doch niemand von Ihnen behaupten, dass wir mit
einem Defizit von 7 Milliarden weniger Probleme hät-
ten. Der Beitragssatz läge lediglich um 0,1 Prozent-
punkte niedriger.

Die Herzog-Kommission arbeitet mit einer Modifi-
zierung des demographischen Faktors; wir haben den
Nachhaltigkeitsfaktor. Beides geht in die gleiche Rich-
tung. In Bezug auf zukünftige Rentenanpassungen müs-
sen wir berücksichtigen, wie sich das Verhältnis der Zahl
der Beitragszahler zu der der Rentenbezieher verändert.
Deswegen werden wir mit einem solchen Faktor – wir
nennen ihn Nachhaltigkeitsfaktor; Sie nennen ihn demo-
graphischen Faktor; die Zielrichtung ist die gleiche – da-
für sorgen müssen, dass bei abnehmendem Beschäfti-
gungsvolumen auch die Anpassungen geringer ausfallen.
Wenn es uns aber gelingt, Beschäftigung und Wohlstand
in diesem Lande zu schaffen, können die Anpassungen
für die Rentnerinnen und Rentner höher ausfallen. Das ist
der einzige Weg, den wir gehen können. Wir können nicht
mehr verteilen als das, was vorher erwirtschaftet wurde.

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(C (D Wir haben alle zusammen möglicherweise den Fehler emacht, große Teile der Sozialpolitik und der Arbeitsarktpolitik in die Rente hinein verlagert zu haben. tattdessen müssten Arbeitsmarktfragen in der Arbeitsarktpolitik angegangen werden, Familienfragen in der amilienpolitik und Bildungsfragen in der Bildungspolik. Herr Storm, wir sind es gewesen, die Kindererzie ungszeiten zu anrechenbaren Beitragszeiten gemacht aben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Storm [CDU/CSU]: Die Leistung war schon vorher da!)


ir haben dafür gesorgt, dass Einnahmen aus der Öko-
teuer in die Rentenversicherung fließen. Die Zeiten der
indererziehung einer Frau – in der Regel ist es die
rau; selten ist es der Mann – werden bei der Berech-
ung der Rente dergestalt berücksichtigt, als hätte die
rau durchgängig ein Durchschnittseinkommen erzielt.
afür haben wir mit der Rentenreform 2001 gesorgt. Mit
ieser Reform haben wir auch die Anrechnungszeiten er-
öht. Außerdem haben wir eine Höherbewertung der
eilzeitarbeit durchgeführt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Storm, Sie haben heute über die Bil-
ungspolitik gesprochen. Sie sagen: Wenn die Koalition
abei bleibt, dass sie Privilegien von Akademikern und
kademikerinnen – sie verdienen oft besonders gut –
bschafft, dann kann es mit uns keinen Konsens geben.
as kann doch wohl nicht wahr sein! Ich weiß, dass Sie
kademiker sind. Wenn wir von allen Menschen Akzep-
anz dafür erwarten, dass sich das Anwachsen des Wohl-
tands in Zukunft verlangsamt – der Nachhaltigkeitsfak-
or trägt dem Rechnung –, dann kann es doch nicht
aßstab unserer Politik sein, bei denjenigen Halt zu ma-
hen, deren Einkommen im Alter im Durchschnitt dop-
elt so hoch liegt wie das derjenigen, die eine handwerk-
iche Ausbildung haben. Sie wissen ganz genau, dass nur
iejenigen 58 Euro weniger erhalten, die ihr ganzes Ar-
eitsleben mindestens ein Durchschnittseinkommen er-
ielt haben.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Richtig!)

Vielleicht sollten Sie manchmal an Ihre eigene Ge-

chichte denken; das wäre gar nicht so schlecht. Ich erin-
ere an eine Debatte im Deutschen Bundestag aus dem
ahre 1997. Damals ging es um das Wachstums- und
eschäftigungsförderungsgesetz. Sie wollten für
achstum und Beschäftigung sorgen und haben daher
ine ganze Menge Streichungen vorgenommen. Wir ha-
en das damals bekämpft.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Und ihr habt es abgelehnt!)


an sieht: Die Geschichte wiederholt sich. Im Hinblick
uf künftige Verhandlungen sollte man daran denken: Je-
er kommt einmal in die Situation des anderen. Der Kol-
ege Blüm hat damals zu Recht gesagt: Wir reduzieren
ie beitragsfreien Ausbildungszeiten, die bisher mit ma-






(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt

ximal sieben Jahren angerechnet werden, auf drei Jahre.
Diese Reduzierung war massiv – übrigens mit einer
Übergangsfrist von vier Jahren. Ich habe mich an Ihre
Vorgaben gehalten. Wie Sie sehen, sind es immer diesel-
ben Beamten, die Vorschläge machen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was Norbert Blüm uns damals gefragt hat, frage ich
jetzt Sie, Herr Kollege Storm: Wollen Sie, dass ein Mau-
rer, der mit 15 Jahren angefangen hat, auf dem Bau zu
arbeiten, für die Ausbildungszeiten eines Bauingenieurs,
der mit 30 Jahren ins Berufsleben eingetreten ist, in die
Rentenkasse zahlt? Halten Sie das für gerecht, Herr Kol-
lege Storm?

Sie werden wahrscheinlich sagen, dass die Reduzie-
rung von sieben Jahren auf drei Jahre richtig war. Dazu
sage ich Ihnen eines: Um die Beitragssätze in der gesetz-
lichen Rentenversicherung im nächsten Jahr stabil zu
halten – auch aus psychologischen Gründen möchten
wir das entstehende Wachstum nicht von vornherein
durch eine Beitragssatzanhebung gefährden; es handelt
sich nicht nur um eine finanzielle Frage –, sind wir
gezwungen – die Rentnerinnen und Rentner zu belasten.
Wir machen das nicht gerne. Vor diesem Hintergrund
muss man auch in diesem Land die Frage stellen, ob die
Privilegien von Menschen aufrechterhalten werden kön-
nen, die aufgrund ihrer guten Ausbildung bessere Chan-
cen im Berufsleben haben und in der Regel mehr verdie-
nen, als jemand, der eine einfache Berufsausbildung hat.
Ich sage Ihnen ganz klar: Als ich zu studieren begann,
dachte ich nicht daran, anschließend zwei Entgeltpunkte
in der Rentenversicherung zu bekommen; ich war viel-
mehr froh, dass mir, einem Arbeiterkind, der Staat über
das Honnefer Modell die Finanzierung meines Studiums
ermöglichte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507007000

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Storm?

Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und
Soziale Sicherung:

Ja.


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1507007100

Frau Ministerin, Sie haben mehrfach darauf hinge-

wiesen, dass viele Beamte Ihres Ministeriums schon seit
vielen Jahren dort arbeiten. Das heißt, sie haben auch an
der von Ihnen erwähnten Debatte Mitte der 90er-Jahre
mitgewirkt. Können Sie bestätigen, dass damals sehr in-
tensiv darüber diskutiert worden ist, die Anrechnung von
Ausbildungszeiten ganz abzuschaffen? Können Sie be-
stätigen, dass man sich für die Anrechnung von drei Jah-
ren bewusst entschieden hat, weil dieser Zeitraum der
Dauer beruflicher Ausbildungen entspricht? Können Sie
bestätigen, dass das, was Sie vorhaben, also eine ex-

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(C (D reme Benachteiligung derjenigen ist, die keine beruflihe Ausbildung haben? Können Sie zum Zweiten bestätigen, dass diejenigen, eren Schulausbildung über das 17. Lebensjahr hinaus ortdauert, nicht zwingend später extrem hohe Rentenanprüche erwerben und von daher die Rentenkürzung um 8 Euro pro Monat für einen beträchtlichen Teil dieser enschen eine enorme Härte darstellen wird? Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und oziale Sicherung: Herr Kollege Storm, diejenigen mit längerer Schul usbildung, die während ihrer Erwerbszeit keine hohen inkommen erzielen, bekommen auch schon heute die 8 Euro nicht; denn die Höherbewertung ihres eigenen inkommens (Andreas Storm [CDU/CSU]: Nein, nein, Durchschnittseinkommen!)


richtig, ihres Durchschnittseinkommens – führt ledig-
ich dazu, dass sie maximal 75 Prozent des allgemeinen
urchschnittssatzes bekommen. Das heißt, sie müssen
chon insgesamt das durchschnittliche Einkommen oder
ehr erzielt haben, damit sie überhaupt Anspruch auf
iese 58 Euro haben. Es gibt viele – vor allen Dingen
kademikerinnen, die wir jetzt mit der Anrechnung von
indererziehungszeiten besser stellen, aber auch viele,
ie unterbrochene Erwerbsbiografien haben –, die
on dieser Höherbewertung nur mit 10 oder 5 Euro pro
onat profitieren. Es gibt aber auch einige, die gar
ichts bekommen. Sie haben richtigerweise festgestellt,
ass die Höherbewertung für berufliche Ausbildung und
chulische Ausbildung, die einer beruflichen Ausbildung
leichzusetzen ist, bestehen bleibt.
Ich will nicht vom Tisch wischen, dass es die entspre-

henden Debatten schon gegeben hat, als man die An-
echnung von Ausbildungszeiten von 13 Jahren auf sie-
en Jahre und als man sie von sieben Jahren auf drei
ahre verkürzt hat. Man ist dabei immer von der Frage
usgegangen: Was können wir uns denn noch leisten?
er Kollege Blüm hat die Anrechnungszeiten von sieben
uf drei Jahre verkürzt, weil sich die ökonomischen Rah-
enbedingungen und die Beschäftigung in den 90er-
ahren verändert haben. Er hat sich gefragt, wo er in die-
em System sozial verantwortbar Einsparungen vorneh-
en kann, und hat sich dann dafür entschieden. Jetzt ha-
en wir eine ähnliche Situation. Ich hoffe, dass wir
eshalb die Rentenreform im nächsten Jahr gemeinsam
achen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Privile-
ien für Akademiker der einzige Punkt sind, warum die
nion nicht zu einer gemeinsamen Rentenreform bereit
ein sollte. Das glaube ich nicht; denn wir haben ganz
ndere Probleme zu bereden. Angesichts der derzeitigen
irtschaftslage müssen wir prüfen, was man dem Ein-
elnen zumuten kann und wie wir erreichen können,
ass – wie es ein Journalist in dieser Woche gesagt hat –
a, wo Rente draufsteht, auch Rente drin ist, das heißt
ur beitragsfinanzierte Rentenanteile in die Berechnung
er Gesamtrente einfließen.
Herr Kollege Storm, Sie können mir glauben, dass ich

ie Maßnahmen, über die wir heute reden, nicht gerne






(A) )


)

Bundesministerin Ulla Schmidt

ergreife. Das würde kein Sozialminister und keine So-
zialministerin gerne machen. Auch meine Vorgänger ha-
ben so etwas nicht gerne gemacht. Aber angesichts der
aktuellen Situation, die Einsparungen von insgesamt
10 Milliarden erfordert – zum einen ein Defizit von
8 Milliarden; hinzu kommt eine Kürzung des Bundes-
zuschusses von 2 Milliarden –, musste ich mich ent-
scheiden, ob ich den aktuellen Beitragssatz von
19,5 Prozent auf 20,5 Prozent anhebe oder ob ich sie an-
ders gegenfinanzieren kann.

Sicherlich geht es hier nicht alleine um eine wirt-
schaftliche Frage. Aber in der jetzigen Situation, in der
langsam Anzeichen für ein Wirtschaftswachstum in
Sicht kommen, das leider nicht sofort Auswirkungen auf
die Beschäftigungssituation haben wird, den Beitrags-
satz zu erhöhen wäre falsch, falsch gerade auch vor dem
Hintergrund, dass wir im Gesundheitsbereich Operatio-
nen vorgenommen und ein Vorziehen der Steuerreform
beschlossen haben, um ein weiteres Ansteigen der Lohn-
nebenkosten zu verhindern und um diese Impulse weiter
zu verstärken. Ein Anheben der Beitragssätze wäre zwar
politisch die einfachste Lösung, aber unter wirtschaftli-
chen Gesichtspunkten nicht die beste. Deswegen wollen
wir die 10 Milliarden anders gegenfinanzieren.

2,2 Milliarden tragen die jetzigen Rentner und Rent-
nerinnen durch den Verzicht auf eine Rentenanpassung
im kommenden Jahr und die Übernahme des 50-prozen-
tigen Beitragsanteils für die Pflegeversicherung, den bis-
her die Rentenkassen getragen haben. Ich weiß, dass die
Rentnerinnen und Rentner im kommenden Jahr weniger
haben werden. Ich kann doch rechnen.

Ich will aber noch auf einen anderen Punkt hinweisen,
Herr Kollege Storm. Die Renten fielen auch geringer
aus, als unter dem Kollegen Blüm 1995 die Pflegeversi-
cherung eingeführt wurde. Die Rentnerinnen und Rent-
ner mussten sich zunächst mit 0,5 Prozent beteiligen. Im
Juli dieses Jahres – das ist keine Frage – gab es eine An-
passung.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Immer im Vergleich zum Vorjahr! Was Sie sagen, macht doch keinen Sinn!)


Wie gesagt, die Rentnerinnen und Rentner tragen eine
Belastung in Höhe von 2,2 Milliarden Euro; die Steuer-
zahler tragen eine Belastung in Höhe von 2 Milliarden
Euro, die in anderen Bereichen eingespart werden. Ich
bin froh, dass meine Kolleginnen und Kollegen im Kabi-
nett bereit waren – darüber musste diskutiert werden –,
diese Aufgabe gemeinsam zu schultern und die Einspa-
rung nicht zulasten der Rentenversicherung durchzufüh-
ren. Die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler werden
mit 5 Milliarden Euro belastet; denn die Schwankungs-
reserve, die wir jetzt absenken, muss über die Beiträge
aufgefüllt werden. Eine Belastung in Höhe von
700 Millionen Euro tragen diejenigen, die jetzt noch in
Arbeit sind und später ihre Rente erst am Ende des Mo-
nats ausgezahlt bekommen. Das ist verantwortbar, weil
sie ihr Gehalt auch erst am Ende des Monats erhalten,
und bringt langfristige Zinsvorteile für die Rentenversi-
cherung. Ich hoffe auf die Zustimmung des Bundesrates
in diesem Punkt.

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(C (D Es ist eine schwierige Entscheidung. Aber ich habe eute keinen einzigen Vorschlag gehört, wie man die inanzierung dieser 10 Milliarden Euro besser regeln önnte. Vielleicht macht der Herr Kollege Zöller, der ach mir spricht, einen Vorschlag. Wenn Sie bessere orschläge haben, sind wir gerne bereit, uns überzeugen u lassen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507007200

Frau Ministerin, jetzt spricht nicht der Kollege Zöller.

ch gebe zunächst das Wort zu einer Kurzintervention
em Kollegen Kolb.


(Zurufe von der SPD: Oh! – Peter Dreßen [SPD]: Mein Gott!)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1507007300

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um Ver-

tändnis. Was die Frau Ministerin gesagt hat, kann nicht
m Raum stehen bleiben.
Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag muss

ich wirklich nicht vorwerfen lassen, nicht beizeiten auf
ie anstehenden Probleme hingewiesen zu haben. 1993
at der damalige Bundeswirtschaftsminister Günther
exrodt dieses Thema in aller Öffentlichkeit unmissver-
tändlich angesprochen. Ich erinnere mich an die öf-
entliche Diskussion und an den Sturm der Entrüstung,
er damals über uns hereingebrochen ist. Auch das
uss man der Ehrlichkeit halber hier sagen.
Es gab eine Kampagne „Die Rente ist sicher“. Aber

ie Rente war schon damals langfristig gesehen nicht si-
her, weil die Babyboomer schon geboren waren und
eil es den Pillenknick gab, der für die geburtenschwa-
hen Jahrgänge sorgte, die uns ab 2010 Probleme berei-
en werden.
Frau Ministerin Schmidt, man muss auch Folgendes

ehen. Wir hatten während unserer Regierungszeit die
icht einfache Aufgabe,


(Ute Kumpf [SPD]: Regieren ist nie einfach, Herr Kolb!)


ie Rentner aus den neuen Bundesländern, also aus der
rüheren DDR, in unser Rentensystem zu integrieren,
as wir im Anspruchs- und Anwartschaftsüberfüh-
ungsgesetz mit Bravour, wie ich finde, geschafft haben.
s ist eine große Leistung unseres Rentensystems, dass
ir diese Aufgabe schultern konnten.
Ich will aber auch sagen: Die FDP-Fraktion hat in der

etzten Legislaturperiode, als es hier noch eine breite
ehrheit für eine Fortschreibung der Altersteilzeit gab,
ls einzige Fraktion gegen die Verlängerung dieses Sub-
entionstatbestandes gestimmt. All das ist Geschichte,
uss aber zur Erläuterung an dieser Stelle gesagt wer-
en.
Frau Ministerin Schmidt, Sie können nicht so einfach

ier sagen: Wenn der demographische Faktor anstelle

(B)







(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

der Ökosteuer eingeführt worden wäre, würden wir
heute an dieser oder jener Stelle stehen. Die Entwick-
lung der Rentenfinanzen, die Sie dargestellt haben und
die Sie auch beklagen, ist die Quittung für Ihre verfehlte
Wirtschaftspolitik. Sie haben fünf wertvolle Jahre verlo-
ren, weil die Steuerreform nicht zum Tragen kam


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

und weil Sie im Zuge der Arbeitsmarktreformen das
Gegenteil dessen getan haben, was eigentlich erforder-
lich gewesen wäre.


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist doch die alte Platte! Lassen Sie sich mal was Neues einfallen!)


Deswegen kann man es nicht einfach prolongieren. Wir
hätten heute eine vollkommen andere Situation, wenn es
einen Impuls für die Wirtschaft über die Steuerreform
und wenn es mehr Beschäftigung am Arbeitsmarkt durch
ein Aufbrechen der verkrusteten Strukturen gegeben
hätte. Dazu ist es nicht gekommen, weil Sie nicht gehan-
delt haben. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der FDP – Peter Dreßen [SPD]: Wenn Sie so gut sind: Warum haben wir 4,9 Millionen Arbeitslose übernommen?)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507007400

Frau Ministerin, bitte.
Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und

Soziale Sicherung:
Herr Kollege Kolb, die deutsche Rentenversicherung

leistet auch heute noch vieles für eine Angleichung der
Renten in Ost und West.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es handelt sich um einen Betrag in Höhe von 10 Milliar-
den Euro, den die Beitragszahlerinnen und Beitragszah-
ler – er wird nicht steuerfinanziert; das ist auch gut so –
jedes Jahr aufbringen.

Das Zweite: Auch Sie können nicht so tun, als gäbe es
heute keine wirtschaftlichen Probleme. Wenn das Pro-
blem nur Deutschland beträfe, könnte man anders damit
umgehen. Aber es besteht in Europa und weltweit.

Um Ihnen zu zeigen, wie unterschiedlich mit Proble-
men umgegangen werden kann und dass Verantwor-
tungsbewusstsein eine große Rolle spielt, erinnere ich
Sie an Folgendes: Am 30. Oktober 1997 musste der da-
malige Arbeits- und Sozialminister Norbert Blüm erklä-
ren, dass die Beitragssätze zur Rentenversicherung wohl
um 0,7 Prozent steigen müssten. Er hat deutlich ge-
macht, dass das keine gute Nachricht und nicht wün-
schenswert sei, denn das sei negativ für die Arbeitsplätze
und das Wachstum in Deutschland. Deshalb – so hat er
der SPD gesagt – sei keine Zeit für Parteitaktik, sondern
Opposition und Regierung müssten zusammenhalten,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das Angebot haben auch wir ja gemacht!)


um einen Anstieg der Beitragssätze auf 21 Prozent zu
verhindern. – Wir haben uns damals darauf eingelassen

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(C (D nd gemeinsam beschlossen, stattdessen die Mehrwertteuer um 1 Prozentpunkt anzuheben. In der heutigen Situation, Herr Kollege Kolb, wäre in solcher Beschluss nicht richtig. Es gab Zeiten, zu deen die Steuern erhöht werden konnten, und Zeiten, zu enen die Beiträge angehoben werden konnten. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jetzt sind alle Kassen leer!)


an muss jeweils entscheiden, was der richtige Schritt
st.
Eines ist anscheinend nicht wegzudiskutieren: das be-

ondere Phänomen, dass die Freie Demokratische Partei
n diesem Land zwar 23 Jahre mitregiert hat, aber für
ichts verantwortlich ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Deutlich mehr als 23 Jahre!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507007500

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
olfgang Zöller, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1507007600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

rau Ministerin, Sie haben die Frage gestellt: Wo bleiben
ie Alternativen? – Ich kann Ihnen einen Hinweis geben:
chauen Sie einmal in den Papierkörben von Rot-Grün
ach. Alle Gesetze, die wir vor sechs Jahren beschlossen
aben, haben Sie wieder zurückgenommen. Bei allen
euen Vorschlägen, die wir gemacht haben, haben Sie
ns mit Ihrer Mehrheit überstimmt. Heute jedoch stellen
ie sich hier hin und fragen, wo unsere Alternativen blei-
en. Die sind in Ihren Papierkörben gelandet!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Erika Lotz [SPD]: Sollen wir die Lohnfortzahlung wieder kürzen?)


Die Steuerreform und die Rentenreform könnten seit
ber sechs Jahren wirken. Während Ihrer heutigen Rede-
eiträge habe ich den Eindruck gewonnen, Sie regierten
rst seit 14 Tagen. Aber Sie sind seit fünf Jahren an der
egierung.


(Erika Lotz [SPD]: Das ist gut so!)

as scheinen Sie zu vergessen.
Etwas, was schnell und gut wirken würde, Frau Minis-

erin – das wäre eine wirkliche Alternative –, wären Neu-
ahlen. Dann würde ein Ruck durch Deutschland gehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ute Kumpf [SPD]: Oh Gott! – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja Volksverdummung, was Sie da machen! – Peter Dreßen [SPD]: Dann müsst ihr euch schon einig werden, wer Kanzlerkandidat oder Kanzlerkandidatin wird!)







(A) )



(B) )


Wolfgang Zöller

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie

mich etwas zu unserem derzeitigen Umgang mit der par-
lamentarischen Arbeit sagen: Mit gewissenhafter Ar-
beitsweise hat das nichts mehr zu tun.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als ob dann das Loch verschwinden würde! – Zuruf von der SPD: Das sind nur Verständnisfragen!)


– Statt so viel dazwischenzurufen, wäre es gar nicht ver-
kehrt, wenn Sie einmal zuhören würden; denn es geht
auch um Ihr Selbstverständnis als Parlamentarier.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Im Haushaltsbegleitgesetz war vorgesehen, den

Bundeszuschuss zur Rentenversicherung um 2 Milliar-
den Euro zu kürzen. Am vorletzten Mittwoch wurde un-
ser Antrag im Gesundheitsausschuss, das nicht durchzu-
führen, von Rot-Grün abgelehnt. Heute erklären Sie hier,
dass die Kürzung verkehrt gewesen wäre, weil dann der
Beitrag hätte angehoben werden müssen. Genau das war
unsere Begründung, die Sie im Gesundheitsausschuss
abgelehnt haben. Das heißt, Sie haben innerhalb einer
Woche eine Wende um 180 Grad gemacht.

Es kommt aber noch viel schöner. Wie mussten Sie
als Sozialpolitiker rumeiern, um das zu begründen! Bei
der namentlichen Abstimmung am letzten Freitag in die-
sem Haus haben zehn Abgeordnete von der SPD eine
persönliche Erklärung abgegeben, dass sie die Kürzung
um 2 Milliarden Euro für falsch halten,


(Peter Dreßen [SPD]: Richtig!)

dass sie aber aus grundsätzlichen Erwägungen trotzdem
zustimmen würden.


(Peter Dreßen [SPD]: Dem Haushaltsbegleitgesetz!)


In der Kabinettsklausur, gleich am Wochenende danach,
wurde genau das beschlossen, was wir als Antrag einge-
bracht hatten und Sie in der namentlichen Abstimmung
abgelehnt haben. Heute schlagen Sie in erster Lesung
wieder das Gegenteil dessen vor, was Sie am letzten
Freitag beschlossen haben. Können Sie sich ein größeres
Durcheinander vorstellen? Ich mir nicht!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das geht langsam an das Selbstwertgefühl aller Abge-
ordneten.

Leider schlägt das auch auf andere Bereiche durch.
Ich will dies an einem Beispiel klar machen – deshalb
habe ich die entsprechenden Unterlagen mitgebracht –:
Ich wollte im Plenarprotokoll 15/67 nachlesen, wer in
der namentlichen Abstimmung für die Zweimilliarden-
kürzung gestimmt hat. Dort heißt es:

Abgegebene Stimmen 602. Mit Ja haben gestimmt
305, mit Nein haben gestimmt 297.

Ich schaue in der Namensaufzählung nach. Dort sind al-
lerdings keine 305, sondern nur 46 Ja-Stimmen aufge-
führt. Ich gebe zu, das könnte eine Verwechslung sein,

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(C (D ndem ein verkehrtes Abstimmungsergebnis abgeruckt worden ist. Jetzt kommt es aber noch dicker. Als ich gestern bend in mein Büro kam, lag dort das Plenarprotokoll it der gleichen Nummer in neuer Fassung. Ich schlage ie gleiche Seite auf; auch dort heißt es wieder: Abgegebene Stimmen 602. Mit Ja haben gestimmt 305, mit Nein haben gestimmt 297. ch schaue wiederum auf die Liste mit den einzelnen Naen; sie wird jetzt wohl richtig sein. Aber siehe da: In er Aufzählung der Namen hat die SPD plötzlich eine timme mehr – sie hat jetzt 306 – und wir eine weniger, ämlich 296. Schlampiger geht es nicht! (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür können wir doch nichts!)


ies und das Durcheinander während der Auszählung
ängen mit Ihrer chaotischen Zeitplanung zusammen.
an nimmt sich nicht mehr ausreichend Zeit, ordentlich
u debattieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich sage Ihnen eines – damit hier kein verkehrter Zun-

enschlag hineinkommt –: Ich habe höchsten Respekt
avor, was die Leute im Stenografischen Dienst leisten.
ie haben mit dieser Situation wirklich nichts zu tun.
Heute beraten wir zwei Gesetzentwürfe, die im An-

chluss an die Kabinettsklausur am letzten Sonntag als
otoperation vorgelegt wurden. Sie müssen zugeben,
ass das für die 20 Millionen Rentner bestimmt keine
reudigen Nachrichten sind. Die Rentenanpassung soll
usgesetzt, die Schwankungsreserve soll erneut auf
,2 Monatsbeiträge gesenkt und die Rentner sollen bei
en Beiträgen zur Pflegeversicherung voll belastet wer-
en.
Frau Ministerin, auch in diesem Punkt muss ich Ihnen
idersprechen: Sie können hier nicht sagen, künftig
üsse in der Rente sein, was Rente ist, und in der Pflege,
as Pflege ist. Jetzt bringen Sie wieder einen Gesetzent-
urf ein, in dem im Rahmen eines Notopfers zur Rente
as geregelt werden soll, was eigentlich im Rahmen der
flegeversicherung getan werden müsste. Hier machen
ie genau das Gegenteil von dem, was Sie gerade gesagt
aben.


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist jetzt aber mit dem linken Arm an das rechte Ohr gegriffen!)


Auch das Verschieben der Rentenauszahlungen auf
as Monatsende für alle neuen Ruheständler ist letztend-
ch eine Rentenkürzung um einen Monatsbeitrag. Das
ollte man ehrlich darstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Rot-Grün macht einen Fehler.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Einen? Wieso nur einen?)







(A) )



(B) )


Wolfgang Zöller

Sie gehen, wenn irgendwo im Finanzsystem Löcher ent-
stehen, den einfachsten Weg und sagen: Wir nehmen
Kürzungen bzw. Streichungen vor. Es wäre sinnvoller,
wenn Sie sich unserer Philosophie anschließen würden.


(Peter Dreßen [SPD]: Sollen wir Geld drucken – oder was?)


Wir haben einen wesentlich nachhaltigeren Ansatz: Wir
müssen an die Ursachen für die Löcher, die in den Syste-
men entstehen, herangehen. Priorität Nummer eins ist
natürlich unser Arbeitsmarkt. Schauen Sie sich an, wel-
che Vorschläge wir zur Belebung des Arbeitsmarktes
gemacht haben! Diese haben Sie abgelehnt. Wir sagen
auch: Wir müssen der Familienpolitik noch mehr Ge-
wicht geben, weil die Entwicklung der Kinderzahlen mit
einer der wesentlichsten Gründe dafür ist, dass die Fi-
nanzierung unserer sozialen Sicherungssysteme nicht
nachhaltig gesichert ist.

Wir müssen auch endlich dafür sorgen, dass der Griff
in die Sozialkassen von Staatsseite endlich aufhört; da
schließe ich keine Regierung aus. Seien wir ehrlich zu
uns selber: In den letzten Jahrzehnten wurden von Staats
wegen aus manchen Sozialkassen bis zu 30 Milliarden
Euro entnommen. Die gleichen Leute haben sich dann
beschwert, dass wir in diesen Systemen Finanzierungs-
probleme haben.


(Zurufe von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Gehen wir also gemeinsam die Ursachen an! Dann errei-
chen wir wesentlich mehr, als wenn wir nur kurzfristig
wirkende Maßnahmen vorschlagen.

Ich bitte, eines zu beachten: Im Zusammenhang mit
den Belastungen für die Rentner tun wir so, als hätten
wir in Deutschland ein durchschnittliches Rentenniveau
von über 2 000 Euro. Die Renten liegen bei den Män-
nern im Westen durchschnittlich bei 1 157 Euro und bei
den Frauen bei 593 Euro. Wir dürfen doch nicht verges-
sen, dass wir die Rentner schon in anderen Bereichen,
zum Beispiel im Gesundheitswesen, belastet haben. Sie
müssen den vollen Krankenkassenbeitrag auf Betriebs-
renten und Versorgungsbezüge erbringen, erhöhte Zu-
zahlungen leisten und die Kosten für Fahrten und nicht
verschreibungspflichtige Medikamente übernehmen. All
diese Belastungen haben die Rentner zusätzlich zu tra-
gen.

Und noch eines kann ich Ihnen nicht ersparen: Als
wir entsprechende Gesetzentwürfe vorgelegt hatten
– rechtzeitig! –, sind wir von Ihnen mit „sozialer Kahl-
schlag“ beschimpft worden. Sie machen jetzt zum Teil
noch viel größere Einschnitte und wenn wir diese kriti-
sieren, heißt es, man stehe vor der Alternative: höhere
Beiträge oder Leistungen kürzen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es nämlich!)


Nein, die Alternative hätte gelautet: rechtzeitig diese
Maßnahmen einführen! Wir hätten seit sechs Jahren we-
sentlich bessere Rahmenbedingungen haben können.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


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(C (D as hätte dazu geführt, dass mehr Menschen in Arbeit ekommen wären. (Peter Dreßen [SPD]: Warum haben Sie uns so schlechte Rahmenbedingungen hinterlassen?)


Sie wären froh, wenn die Rahmenbedingungen noch so
ut wären wie zu dem Zeitpunkt, als Sie die Regierung
bernommen haben. Heute sind die Bedingungen
chlechter als 1998.

(Beifall bei der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: 4,9 Millionen Arbeitslose im Januar 1997!)

Das Paket, das Sie uns heute zur Beratung vorgelegt

aben, ist wirklich nicht geeignet, die Probleme auch nur
nnähernd zu lösen. Mit der heute von Ihnen angekün-
igten Reform ist es wie mit der Rücktrittsdrohung des
anzlers: Ankündigungen, die nicht problemlösend um-
esetzt werden, können nicht zum Ziel führen.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507007700

Herr Kollege Zöller, Sie haben in Ihrer Rede den be-

auerlichen Fehler am letzten Freitag angesprochen, der
ei der Auszählung passiert ist. Damit sich kein falscher
indruck bei unseren Besucherinnen und Besuchern auf
er Tribüne verfestigt, muss ich feststellen, dass an die-
er Auszählung nicht nur Schriftführerinnen und Schrift-
ührer aus den Koalitionsfraktionen, sondern auch
chriftführerinnen und Schriftführer aus der CDU/CSU-
raktion beteiligt waren. Ich stelle das hier klar, weil
onst der Eindruck entstehen könnte, dass dieser bedau-
rliche Fehler, der natürlich immer einmal passieren
ann, wenn Menschen arbeiten, auf die Koalitionsfrak-
ionen zurückzuführen ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird die
berweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 15/1830,
5/1831, 15/1810 und 15/1832 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
ind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang
Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas Strobl

(Heilbronn), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der CDU/CSU
Europäische Ausländer-, Asyl- und Zuwande-
rungspolitik transparent machen
– Drucksachen 15/655, 15/1776 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Lale Akgün
Dr. Michael Bürsch






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Reinhard Grindel
Josef Philip Winkler
Dr. Max Stadler

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Dr. Lale Akgün, SPD-Fraktion.


Dr. Lale Akgün (SPD):
Rede ID: ID1507007800

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Unionsparteien, da-
mit meine ich insbesondere die Kollegen Grindel und
Schröder! Die Richtlinienentwürfe zur europäischen Mi-
grationspolitik sind in den letzten Monaten von den In-
nenpolitikern wahrlich intensiv diskutiert worden.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


In vielen Sitzungswochen gab es Treffen der Berichter-
statter. Im Juli hat eine öffentliche Anhörung zu den ein-
zelnen Richtlinien stattgefunden und der Innenausschuss
hat mehrfach einzelne Richtlinien diskutiert und wird
auch jede weitere diskutieren, die eingebracht wird.

Was die Information durch das Bundesinnenministe-
rium angeht, so habe ich als Parlamentarierin nichts zu
beanstanden. Anfang dieser Woche haben wir den Vor-
bericht mit der vorläufigen Tagesordnung zum Rat der
Innen- und Justizminister am 8. November erhalten. Da-
durch haben wir reichlich Vorlaufzeit, um uns zu den an-
stehenden Themen zu positionieren. Ich weiß, dass Sie
bedauern, in den Vorberichten seitens des BMI nicht
schon die Verhandlungsergebnisse mitgeteilt zu bekom-
men, aber das liegt in der Natur der Sache.

Ich möchte gar nicht viel zum Verfahren sagen. Ich
möchte auch nicht intensiv auf die Diskussion einzelner
Richtlinien eingehen, weil der Verfahrensstand heute
vielfach ein ganz anderer ist als bei der Formulierung Ih-
res Antrags. Mir geht es vielmehr darum, einen Gesamt-
zusammenhang darzustellen und Ihre Forderung zu be-
werten, deutsches Recht auf europäischer Ebene eins zu
eins abzubilden.

Ich habe bereits einmal erwähnt, dass unser Bundes-
innenminister beim Einbringen deutscher Positionen
sehr erfolgreich ist.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Na!)

Er tut das übrigens nicht, weil Sie, Herr Grindel, ihn vor
sich hertreiben,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Doch, doch!)

sondern weil er ein guter und überzeugender Verhandler
ist. Das werden Sie in den Debatten im Vermittlungsaus-
schuss zum Zuwanderungsgesetz noch merken.


(Beifall bei der SPD)

Das ist aber gar nicht der entscheidende Aspekt. Was

mir Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass es Ihnen offen-
sichtlich an Verständnis für die Zusammenhänge der

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(C (D igrationspolitik fehlt. Auch mangelt es Ihnen an euopäischem Bewusstsein. (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das können Sie aber so nicht sagen!)


ie beklagen in Ihrem Antrag den – ich zitiere – „weitge-
enden Verlust der nationalen Gestaltungsfähigkeit in
syl-, Ausländer- bzw. Zuwanderungsfragen“. Sie erwar-
en, dass die Bundesregierung in den Verhandlungen über
ie Richtlinien anstrebt, das deutsche Ausländerrecht eins
u eins abzubilden, und Sie gehen so weit, zu fordern,
ass die Bundesregierung gar ein Veto einlegen muss,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Selbstverständlich!)


enn dies nicht vollständig gelingt. Das heißt in der
onsequenz: ein Veto gegen eine gemeinsame europäi-
che Flüchtlings- und Migrationspolitik.


(Beifall der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Aber gleich in einem der nächsten Kapitel Ihres An-
rages formulieren Sie folgenden Satz:

Ziel einer europäischen Ausländer-, Zuwande-
rungs- und Asylpolitik muss es sein, im gesamten
Raum der EU gleiche Regelungen für Aufnahme,
Aufenthalt und Aufenthaltsbeendigung von Flücht-
lingen und Bürgerkriegsflüchtlingen zu schaffen …

Den letzten Satz kann ich nur begrüßen. Die Europäi-
che Union befindet sich zurzeit in genau diesem Pro-
ess, nämlich in dem schwierigen Prozess, die in den
itgliedstaaten häufig unterschiedlichen Probleme von
uwanderung und Integration zu koordinieren; Pro-
leme übrigens, die häufig die gleichen Ursachen haben.
Wie wichtig das ist, möchte ich nur anhand von zwei

reignissen aus jüngster Zeit andeuten. Von dem einen
reignis komme ich gerade selbst zurück, nämlich von
er Parlamentarierinnenkonferenz der EU- und Mit-
elmeeranrainerstaaten in Amman. Dort ging es um in-
erkulturellen Dialog, um Friedenspolitik, aber eben
uch um Migrationsfragen. Die Mittelmeeranrainer sind
äufig Herkunftsländer, viel mehr aber noch Transitlän-
er für die Flüchtlingsströme aus den Krisengebieten
chwarzafrikas und Asiens; Flüchtlingsströme übri-
ens, von denen hier in Europa und insbesondere in
eutschland nur ein Bruchteil ankommt.
Wer solchen Konferenzen beiwohnt, der merkt

chnell, wie wichtig es ist, eine europäische Koordinie-
ung in den Beziehungen zu den Nachbarstaaten herzu-
tellen. Ich hätte mir gewünscht, dass auch eine Vertrete-
in der Opposition das Angebot zur Teilnahme an der
onferenz wahrgenommen hätte. Man lernt dort näm-
ich, über den Tellerrand der innenpolitischen Rechtsver-
rdnungen zu schauen.


(Dr. Max Stadler [FDP]: Das tun wir immer!)

Das zweite Ereignis hat in der Presse dieser Woche ei-

en breiten Raum eingenommen, nämlich das Flücht-
ingsdrama vor Lampedusa, bei dem bis zu 80 Afrika-
er auf einem Flüchtlingsschiff auf grausamste Weise






(A) )



(B) )


Dr. Lale Akgün

starben. Für sie, wie für viele andere, war der erhoffte
Weg in die Freiheit ein Weg in den Tod. Wir alle wissen,
dass dies kein Einzelfall ist, und wir wissen, dass dieses
Flüchtlingsdrama eine lange Vorgeschichte hat, bei der
skrupellose und menschenverachtende Schleusung über
das Mittelmeer nur die letzte Station ist.

Die Menschen, die dieses Schicksal erleiden, tun al-
les, sie riskieren sogar ihr Leben, um Massakern, Krie-
gen, Bürgerkriegen, Hungersnöten oder wirtschaftlicher
Perspektivlosigkeit zu entfliehen.

Dabei lassen sie sich von nichts abschrecken, nicht
von den inhumanen Methoden der Schleuser – das
Schleusen von Menschen ist mangels anderer Perspek-
tive zur wirtschaftlichen Grundlage für manches Sahel-
land geworden, wie zum Beispiel für den Niger –, nicht
von den unmenschlichen Bedingungen und dem Rassis-
mus in den Flüchtlingslagern der arabischen Länder,
nicht von den Berichten von Verwandten und Landsleu-
ten, die es geschafft haben und merken, dass Europa
nicht das erhoffte Paradies ist, ja, nicht einmal durch den
Verlust von Freunden und Angehörigen, die bei Dramen
wie dem in dieser Woche ihr Leben im Mittelmeer gelas-
sen haben.

Glauben Sie wirklich, Kolleginnen und Kollegen von
der Union, diese Menschen ließen sich davon abschre-
cken bzw. ihre Situation würde sich dadurch verbessern,
dass ein Halbsatz aus der deutschen Rechtsprechung in
die europäische Richtlinie XY aufgenommen wird?
Glauben Sie wirklich, dass darin die Lösung bei der Ge-
staltung europäischer Zuwanderungspolitik liegt? Ich
glaube, so naiv können nicht einmal Sie sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie müssten es doch besser wissen. Sie müssten wis-
sen, dass Zuwanderung nach Europa über ganz andere
Faktoren gesteuert wird. Was wir deswegen tun müssen,
ist:

Erstens. Wir müssen unter Berücksichtigung von De-
mographie, Arbeitsmarkt, humanitären und anderen rele-
vanten Gesichtspunkten gemeinsam überlegen, wie viel
und welche Zuwanderung Europa in den kommenden
Jahrzehnten braucht und will.

Zweitens. Es bedarf einer gemeinsamen Strategie
zur zielgerichteten Integration der Zugewanderten, die in
Europa bereits leben bzw. noch zu uns kommen werden.
Wohlgemerkt: Wir brauchen keine Gleichschaltung von
Integration, sondern eine gemeinsame Strategie.

Drittens. Es müssen gemeinsame Aktivitäten zur Be-
kämpfung von Schleuserkriminalität aufgebaut werden,
die koordiniert werden. Es muss eine gemeinsame Koor-
dinierung der Grenzkontrollen stattfinden.

Viertens. Wir brauchen eine gemeinsame Strategie
zur Kooperation mit Transit- und Herkunftsländern zur
Fluchtursachenbekämpfung. Letzteres hat auch mit Fra-
gen des Welthandels und der Entwicklungshilfe zu tun.

Nebenbei gesagt: Auch bei der Entwicklungshilfe hat
die rot-grüne Koalition einen sinnvollen Wandel hin zu
multilateralen Kooperationsprojekten herbeigeführt. Sie

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(C (D agegen wollen wieder zurück zu den wenig effektiven ilateralen Kleinprojekten. Alle diese Ziele, die ich erwähnt habe, lassen sich ber nur im Rahmen einer gesamteuropäischen Kooperaion und Koordination sinnvoll angehen. Dazu wird auf uropäischer Ebene gerade dieser notwendige gemeiname Rechtsrahmen erarbeitet. Noch einmal: Ein geeinsamer europäischer Rechtsrahmen bedeutet eben icht die Gleichschaltung der nationalen Gesetzgebung, ondern das Schaffen von gemeinsamen Mindestnoren und Arbeitsgrundlagen. Ich bezweifle, dass das eutsche Recht dabei das Maß aller Dinge sein kann. Ich will als Beispiel nur die Integration von Neuzuanderern nennen. Wir alle sind uns darüber einig, dass ie Notwendigkeit besteht, dass Neuzuwanderer in eutschland Sprachkurse besuchen. Darüber gibt es im uwanderungsgesetz keinen Dissens. Aber uns allen uss auch klar sein, dass dieses für Deutschland sinnolle Instrument unter anderen Umständen völlig unsinig ist, beispielsweise beim Zuzug westafrikanischer Zuanderer nach Frankreich, die in ihrem Herkunftsland it Französisch als Muttersprache aufwachsen. Es acht daher keinen Sinn, so etwas als europäischen tandard festzuschreiben. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Deswegen machen nationale Kompetenzen Sinn! Sie argumentieren gerade gegen Ihre eigene Haltung!)


Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Union,
ass Sie das deutsche Ausländerrecht für das Beste unter
llen europäischen halten, bleibt Ihnen unbenommen.
as an Ihrem Antrag aber unverzeihlich ist, ist die Kern-

orderung, nämlich die Aufforderung an die Bundesre-
ierung, per Veto zu einzelnen Richtlinien einen gemein-
amen europäischen Rahmen für die Migrations-,
ntegrations- und Flüchtlingspolitik zu blockieren, falls
as deutsche Recht nicht eins zu eins in europäisches
echt umgesetzt wird. Dies ist im Kern eine Absage an
ie europäische Integration. Damit liegen Sie nicht nur
efährlich falsch, sondern befinden sich auch im Wider-
pruch zur Politik Ihrer Partei seit den Zeiten Konrad
denauers.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Der arme Adenauer! So sollte man nicht mit dem Mann umgehen! Der kann sich doch nicht dagegen wehren!)


Daher mein Appell an Sie: Hören Sie mit Ihrer klein-
arierten Sichtweise auf und gestalten Sie Europa mit!
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507007900

Das Wort hat jetzt der Kollege Reinhard Grindel von

er CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1507008000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

beschäftigen uns heute mit einem Thema, bei dem es
schon auf den inneren Zusammenhalt in unserem Land
ankommt. Weil Frau Akgün die Flüchtlingsströme ange-
sprochen hat, möchte ich schon auf unsere gemeinsamen
asylpolitischen Erfahrungen aufmerksam machen. Wir
dürfen nicht vergessen, dass der massive Zustrom von
Asylbewerbern und illegalen Ausländern in den Jahren
1992 und 1993 zu erheblichen Verwerfungen in unserem
Land geführt hat.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt hier „illegalen“?)


Es waren die beiden großen Volksparteien und die FDP,
die sich damals für eine grundlegende Änderung des
Ausländer- und Asylrechts in Deutschland eingesetzt ha-
ben. Der Asylkompromiss von damals war richtig und
erfolgreich. Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland
hat sich seitdem deutlich reduziert. Das ging nicht zulas-
ten der tatsächlich politisch Verfolgten, die immer noch
einen sehr kleinen Anteil – weniger als 2 Prozent aller
Zuwanderer werden als solche anerkannt – an den Zu-
wanderern ausmachen.

Frau Akgün, der entscheidende Punkt ist, dass wir
spätestens seit der Anhörung zu den geplanten EU-Asyl-
richtlinien im Juli wissen: Wenn die Richtlinienentwürfe
der EU-Kommission tatsächlich beschlossen werden
sollten, dann würde unser gemeinsames und bewährtes
Asylrecht ausgehebelt und es müsste erneut mit einem
drastischen Zuwanderungsdruck nach Deutschland
gerechnet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Angesichts der sozialen Lage in unserem Land können
wir das alle gemeinsam nicht wollen; das kann kein ver-
nünftiger Mensch wollen.

Unser Antrag enthält deshalb im Grunde eine zen-
trale Aufforderung an die Bundesregierung und insbe-
sondere an den Bundesinnenminister: Sorgen Sie durch
Ihren Einsatz in Brüssel dafür, dass die Grundsäulen
des Asylkompromisses – ich sage noch einmal: unseres
gemeinsamen Asylkompromisses! – nicht eingerissen
werden und dass wir hier in Deutschland eine Auslän-
derpolitik machen können, die mehr tut für Integration
und die nicht wegen einer ungesteuerten Zuwanderung
zum Scheitern verurteilt ist! Um diese Aufforderung
geht es.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es war Bundeskanzler Gerhard Schröder, der wegen

dieser Überlegungen beim EU-Gipfel in Nizza dafür ge-
sorgt hat, dass über die Ausländer- und Asylpolitik in-
nerhalb der EU einstimmig entschieden werden muss –


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat er Ihnen das beim Frühstück gesagt?)


nicht weil wir wollen, dass am deutschen Wesen die
Welt genesen soll, wie Frau Akgün gesagt hat,

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(C (D (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Den Bundeskanzler können Sie aber schon ein bisschen loben, Herr Grindel!)


ondern weil wir wissen, dass es kein anderes Land in-
erhalb der EU gibt, das einen Individualanspruch auf
syl kennt, dass es kein anderes Land gibt, das solche
uzugszahlen hat, und dass es kein anderes Land gibt, in
em es so lange Verfahren gibt. Auch am deutschen So-
ialwesen – das werden wir sicher alle gemeinsam
agen – kann die Welt nämlich nicht genesen. Auch da-
it wären wir überfordert. Es war der Bundeskanzler,
er diese Einstimmigkeit aus gutem Grund gewollt hat.
nsofern hat das nichts mit irgendeinem Alleingang oder
inem falschen Verständnis von Europa zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei dieser Gelegenheit möchte ich – Frau Staatssekre-

ärin, Sie haben mich im Ausschuss dazu aufgefordert;
em komme ich gerne nach – den Einsatz des Bundesin-
enministers für eine Beibehaltung der Drittstaaten-
egelung innerhalb der EU ausdrücklich unterstützen.
m Kampf gegen den Missbrauch des Asylrechts haben
ir damit gute Erfahrungen gemacht. Gerade angesichts
es noch unterentwickelten Grenzschutzes in den Bei-
rittsländern wäre es völlig falsch, wenn man etwa Polen
der Ungarn die Möglichkeit einer Drittstaatenregelung
erweigern würde. Wir brauchen sie auch an den neuen
U-Außengrenzen.
Da das in der Tat traurige Schicksal der Menschen im
ittelmeer angesprochen worden ist, will ich festhalten:
ir dürfen den Schleppern und Schleusern ihr men-
chenverachtendes Geschäft doch nicht dadurch erleich-
ern, dass sie in den Herkunftsländern Hoffnungen we-
ken können – nach dem Motto: Jetzt, nach der
rweiterung der EU und mit den neuen Asylrichtlinien,
st es wieder einfacher, nach Deutschland zu kommen
nd hier zu bleiben.
Warum ist denn zum Beispiel der Zustrom von Rumä-

en, von Bulgaren nach dem Asylkompromiss von 1993
urückgegangen? Herr Wiefelspütz weiß es doch am
esten:

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Herr Wiefelspütz, wissen Sie es nun, oder nicht?)

eil die Zuwanderer in ihren Heimatländern erzählt ha-
en, dass sie schon nach zwei bis drei Tagen wieder zu-
ück gewesen sind – weil sie aufgrund der neuen Rechts-
egel sofort abgeschoben wurden – und dass es sich nicht
ohnt, den Schleppern das Geld zu geben, weil man
eine Chance auf ein dauerhaftes Leben in Deutschland
at.
Deswegen sage ich Ihnen: Wir brauchen Hilfe in den
erkunftsländern. Dann wird man solche Schicksale
ekämpfen können. Es ist aber der falsche Ansatz, hier
gendwelche falschen Anreize zu geben, damit sich die
enschen auf den Weg nach Deutschland machen. Frau
kgün, so legt man den Schleppern mit Sicherheit nicht
as Handwerk.
Dazu gehört auch, dass diejenigen, die kein Recht

aben, in Deutschland zu bleiben, auch tatsächlich aus-






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel

reisen oder abgeschoben werden. Ich begrüße es aus-
drücklich, dass sich Herr Schily beim letzten EU-Innen-
ministerrat klar dafür ausgesprochen hat, gegenüber
Drittstaaten, die ihre Staatsangehörigen nicht zurückneh-
men, auch repressive Maßnahmen anzuwenden. Ich
frage mich nur: Warum warten wir dabei auf die EU-
Kommission?


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ja! Sehr richtig!)


Warum fangen wir damit in Deutschland nicht schon
einmal an?


(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Staatssekretärin, die Herkunftsländer sind nach
dem Völkerrecht verpflichtet, ihre Staatsangehörigen zu-
rückzunehmen. Wir dürfen uns da weder finanziell noch
durch andere Gegenleistungen von diesen Staaten er-
pressen lassen. Ich bin der Auffassung: Wenn wir bei der
Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer konsequen-
ter und im Ergebnis erfolgreicher sind, ist es integrati-
onspolitisch auch einfacher, über eine umfassende Här-
tefallregelung nachzudenken.

Das ist doch unser Ziel: Wir wollen uns auf die Inte-
gration der ausländischen Mitbürger konzentrieren. Wir
wollen, dass dies gelingt. Bei ungesteuerter Zuwande-
rung ist dies nicht der Fall.

Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Frau
Beck, hat mir nach unserer letzten Debatte einen Vortrag
von Professor Heckmann aus Bamberg über Bedingun-
gen erfolgreicher Integration zugeschickt. Darin wird
Sprachkompetenz der Zuwanderer verlangt und vor ei-
ner ungesteuerten Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt
gewarnt.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Wer will denn ungesteuerte Zuwanderung? – Gegenruf des Abg. Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Sie, Frau Sonntag-Wolgast, gerade Sie!)


Dann heißt es wörtlich:
Die Bevölkerung darf nicht überfordert werden in
dem Sinne, dass Zuwanderung und Zuwanderungs-
politik von gesellschaftlicher Akzeptanz getragen
werden sollten. Auch im Bereich sozialer Integra-
tion gilt, dass gesteuerte Zuwanderung eine Er-
folgsbedingung von Integration ist.

Die Übersendung dieses Vortrags kann ich nur als ein
Angebot zur Verständigung auffassen, liebe Frau Beck.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Her mit dem Zuwanderungsgesetz! – Hans-Peter Kemper [SPD]: Stimmen Sie dem Zuwanderungsgesetz zu!)


Wer in diesen Tagen die Presse verfolgt, der stellt fest,
dass sich auch bei den Grünen erstaunliche Erkenntnisse
durchsetzen. Gestern erschien im „Handelsblatt“ der Ar-
tikel „Kurswechsel bei den Grünen – Integration statt
Zuwanderung“. Das ist ja unser Motto. Frau Beck, Sie

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(C (D aben offensichtlich letzten Dienstag ein Hintergrundgepräch geführt. Hier ist ein Zitat von Ihnen: Ich stelle fest, dass die Zeiten für zusätzliche Zuwanderung schlechter geworden sind. n der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ heißt es: Es sei „zu prüfen, ob die ursprünglichen Motive überhaupt noch Bestand haben“, ob „wir uns tatsächlich noch eine Debatte um Zuwanderungsgestaltung leisten“ … Ich sage nur: Willkommen im Klub! Das haben wir mmer gesagt. arum haben wir eigentlich so heftig gestritten? Ist es icht Zeit, dass Sie die bösen Angriffe auch gegen unere Fraktion, hier würde Ausländerfeindlichkeit gechürt, endlich einmal zurücknehmen? Ich frage Sie dies or dem Hintergrund, dass Sie selbst mit solchen Thesen ommen. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gemeinsam das Zuwanderungsgesetz!)


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507008100

Erlauben Sie eine Frage der Kollegin Beck?

Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1507008200

Ja, gerne.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507008300

Frau Beck, bitte schön.
Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Herr Kollege Grindel, sind Sie mit mir der Meinung,

ass wir beide froh sein sollten über die vielfältige Pres-
elandschaft, die wir im freien Deutschland haben? Ich
ürde Sie dann aber bitten, auch die dpa-Meldung zu zi-
ieren, in der ich gesagt habe, dass das zentrale Motiv
ieses Zuwanderungsgesetzes die Gestaltung von Ar-
eitsmigration war und dass wir nicht einen Teil aus die-
em Gesetz herausbrechen lassen werden, weil ansons-
en das ursprüngliche Motiv dieses Gesetzes entfallen
ürde. Sind Sie bereit, mir zuzustimmen, dass es auch
iese Pressemeldung gegeben hat?

Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1507008400

Liebe Frau Beck, wir müssen uns schon einmal darü-

er unterhalten, ob wir von Marieluise Beck oder von
olker Beck sprechen; denn ich habe in den letzten Ta-
en festgestellt, dass das ein gewaltiger Unterschied ist.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätte ich Ihnen vorher sagen können!)


Von Ihnen, Frau Beck, von Marieluise, habe ich in der
at gelesen – das steht sowohl im Artikel des „Handels-
latt“ als auch in der „Frankfurter Allgemeinen






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel

Zeitung“ –, dass Sie gesagt haben, es sei angesichts der
Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt mit den vielen, auch
ausländischen Arbeitslosen nicht die Stunde, über zu-
sätzliche Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt zu reden.
Das wird jedenfalls in dem Artikel in der „FAZ“ von
Herrn Leithäuser deutlich gemacht, der offensichtlich
bei dem Hintergrundgespräch anwesend war. Es heißt, es
sei jetzt eher Ihr Ziel, sich auf Integrationsmaßnahmen
zu verständigen. – Ich will zugeben, dass auch ich dieser
Auffassung bin.

Ich habe aber heute zur Kenntnis genommen, dass
Herr Volker Beck gesagt hat, eine Zuwanderung auf den
Arbeitsmarkt sei weiter notwendig. Er fragt uns, die
CDU/CSU-Fraktion, mit Blick auf die morgigen Gesprä-
che, wie verhandlungsfähig wir seien. Diese Frage soll-
ten sich die Grünen zunächst einmal selber beantworten;
denn ich stelle fest, liebe Frau Marieluise Beck, dass bei
Ihnen erheblicher Klärungsbedarf besteht. Es gilt das
Motto: Nicht überall, wo „Beck“ draufsteht, ist auch
„Beck“ drin. Das ist ein erhebliches Problem. Insofern
könnte man vielleicht sagen: Volker, höre die Signale!
Es geht in Richtung Integration und nicht in Richtung
Ausweitung der Zuwanderung.

Darum geht es auch in unserem Antrag. Wir wollen
nicht über den Umweg Brüssel in der Zuwanderungsde-
batte vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Wir wol-
len von der EU-Kommission auch nicht an einer erfolg-
reichen Integrationspolitik gehindert werden. Das hat
nichts mit Europaskepsis zu tun, Frau Akgün, sondern
mit der selbstverständlichen Wahrnehmung nationaler
Interessen für eine Integrationspolitik. Darum bitten wir,
dazu fordern wir die Bundesregierung auf.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507008500

Das Wort hat jetzt der Kollege Josef Winkler von

Bündnis 90/Die Grünen.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine werten Kollegin-

nen und Kollegen! Die innen- und europapolitischen
Diskussionen überlappen sich in den letzten Jahren zu-
nehmend. Dies gilt insbesondere auch für das Asyl- und
Flüchtlingsrecht, das durch den Amsterdamer Vertrag im
Wesentlichen in die so genannte erste Säule des EG-Ver-
trages transformiert worden ist.

In diesem Prozess spielt Deutschland eine wichtige
Rolle. Das ist für die Grünen als Teil der rot-grünen Re-
gierung von großer Bedeutung. Dies wird derzeit bei
dem Richtlinienentwurf zu Asylverfahren besonders
deutlich. Zu diesem Richtlinienentwurf, der Ende 2003
verabschiedet werden soll, möchte ich für die grüne
Fraktion drei Anmerkungen machen.

Zu den Regelungen zu sicheren Drittstaaten: Was
hier an Verwirrungen entstanden ist oder herbeigeführt
wurde, insbesondere durch die Opposition, muss jeden
aufbringen, der die Diskussionen um den deutschen

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(C (D sylkompromiss 1993 miterlebt bzw. miterlitten hat. ie CDU/CSU hat angedeutet, dass aus ihrer Sicht in der ichtlinie festgelegt werden soll, dass die deutsche rittstaatenregelung für alle Mitgliedstaaten möglich ist. ie hat jedoch in der Öffentlichkeit nicht deutlich geacht, was dies bedeutet. Wer grundsätzlich von einer Prüfung des individuel en Vorbringens des Asylbewerbers in den Fällen abseen will, in denen die Einreise aus einem so genannten icheren Drittstaat erfolgt ist – also analog zum deutchen Konzept –, der muss sicher sein, dass der Dritttaat ähnlich hohe rechtliche Standards wie er selbst geährt. Das gilt gerade dann, wenn – wie im deutschen echt – auch die Grenzbehörden, die in Asylfragen unundig sind, ohne Prüfung in den sicheren Drittstaat abchieben dürfen. Der deutsche Asylkompromiss von 1993 – nicht ge ade das rot-grüne Lieblingsprojekt – hat in der Verfasung festgelegt, dass wir nur von einer vergleichbaren icherheit ausgehen dürfen, wenn die Anwendung der enfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen enschenrechtskonvention sichergestellt ist. Herr Kol ege Grindel, wenn Sie es im Grundgesetz nicht finden: rt. 16 a Abs. 2 Satz 1. Das ist eine klare und eindeutige estlegung. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Du warst auch schon einmal besser, Josef!)


(Dr. Max Stadler [FDP]: Sehr gut!)


Wenn die CDU/CSU nun signalisiert, unsere tsche-
hischen und insbesondere unsere polnischen Nachbarn
ollten gegenüber ihren Nachbarstaaten so vorgehen
önnen wie der verfassungsändernde Gesetzgeber 1993
n Deutschland, dann überschätzt sie die bisherigen
echtsstaatlichen und bürgerrechtlichen Entwicklungen
twa in Staaten wie Weißrussland und der Ukraine.


(Dr. Max Stadler [FDP]: Und Moldawien!)

Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, die Dritt-

taatenregelung in dem Richtlinienentwurf zu Asyl-
erfahren so auszugestalten, dass eine individuelle Ein-
elfallprüfung zur tatsächlichen Sicherheit des
etreffenden in dem sicheren Drittstaat in jedem Fall
rfolgen muss. Bei einer solchen Konzeption sind for-
ale Kriterien, die bestimmen, was einen sicheren
rittstaat ausmachen soll, nicht von so außerordentli-
her Bedeutung wie im deutschen Konzept. Im Kon-
ept der EU-Kommission fände in jedem Fall eine Ein-
elfallprüfung statt, in der sich der Schutzsuchende zur
icherheit im Drittstaat äußern könnte. Das ist der deut-
iche Unterschied zum deutschen Konzept.
Die Übernahme allein dieses Konzeptes der Kommis-

ion in der Richtlinie hätte zur Folge gehabt, dass
rt. 16 a Abs. 2 des Grundgesetzes keine Anwendung
ehr hätte finden können. Deshalb hat die Bundesregie-
ung in Brüssel einen Änderungsantrag eingebracht, der
m Wesentlichen die Möglichkeit eröffnen soll, dass Mit-
liedstaaten auch – ich betone: auch – das deutsche Kon-
ept zur Regelung zu sicheren Drittstaaten anwenden
ürfen. In den Diskussionen in Brüssel wird die deutsche
eite noch klarer als bisher machen müssen, dass das






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler

deutsche Konzept ein Konzept mit hohen menschen-
rechtlichen Anforderungen und ein im eigentlichen
Sinne europäisches Konzept ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das heißt, Drittstaaten, die die Anwendung der Gen-
fer Flüchtlingskonvention und der Europäischen
Menschenrechtskonvention nicht sicherstellen, können
aus deutscher Sicht niemals sichere Drittstaaten sein.
Hiermit wären insbesondere Länder gemeint, die die
Konventionen nur ratifiziert haben, ihre Anwendung
aber in der Praxis nicht tatsächlich sicherstellen. Ich
denke hier etwa an die Europaratsmitglieder Russland,
die Ukraine, aber auch an die Türkei. Auch Staaten, die
eine der beiden Konventionen nicht ratifiziert haben, wie
zum Beispiel Weißrussland die Europäische Menschen-
rechtskonvention, können im deutschen Konzept nie si-
chere Drittstaaten sein.

Es wird und darf in Brüssel mit deutscher Zustim-
mung keine Regelung zu sicheren Drittstaaten geben, die
die menschenrechtlichen Voraussetzungen der deutschen
Drittstaatenregelung übergeht oder die Elemente der bei-
den vorliegenden Konzepte so kombiniert, dass politi-
scher oder gar europarechtlicher Druck auf den Asyl-
kompromiss von 1993 entstehen kann.

Insbesondere die Vorschläge der Briten im Bereich
der Regelung zu sicheren Drittstaaten, die das Konzept
auch dann anwenden wollen, wenn ein Gebietskontakt
zu einem bestimmten Drittstaat nicht stattgefunden hat
oder eine Rückführung nicht gesichert ist, sind aus
flüchtlingspolitischer Sicht problematisch. Sie würden
voraussehbar zu Situationen führen, in denen Staaten um
die Aufnahme streiten und den Flüchtlingen ihre Rechte
vorenthalten werden. Man spricht von so genannten
Flüchtlingen „in orbit“. Das werden wir wie auch die
Bundesregierung weiterhin ablehnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Das will auch keiner!)


Meine zweite Anmerkung betrifft die Haftmöglich-
keiten während des Asylverfahrens. In der Richtlinie der
EU zu Asylverfahren muss deutlich werden, dass die In-
haftierung von Asylbewerbern eine wirkliche Ausnahme
bleibt. Eine Inhaftierung erschwert es in aller Regel, den
Asylantrag letztendlich erfolgreich bis zur Anerkennung
zu betreiben. Die Regelung im deutschen Asylverfah-
rensgesetz ist eine solche Ausnahmeregelung. Sie funk-
tioniert aus meiner Sicht teilweise ungenügend. Aber sie
geht nicht so weit wie viele der in Brüssel verhandelten
Vorschläge anderer Mitgliedstaaten oder gar der EU-
Kommission zu Art. 17 des Richtlinienentwurfs.

Wir werden nicht zulassen, dass über einen künftigen
europäischen Mindeststandard, sei er nun verpflichtend
oder nur als Kannregelung ausgestaltet, politischer
Druck insbesondere auf die Beitrittsländer erzeugt wer-
den kann. Wir halten es vielmehr für erforderlich, sicher-
zustellen, dass etwa Eltern durch Haft nicht von ihren
Kindern getrennt werden dürfen. Eine Harmonisierung
nach „unten“ wird es nicht geben. Wir verhandeln in

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(C (D rüssel in Richtung hoher Menschenrechtsstandards, ob hnen das passt oder nicht. Dritte und letzte Anmerkung: Rechtsschutz gegen ab ehnende behördliche Entscheidungen. Das bezieht sich uf Art. 39 Abs. 5 des Richtlinienentwurfs. Effektiver echtsschutz ist ein Kernelement nicht nur des deutschen echtsstaats. Der allzu lange Katalog von Möglichkeiten m Richtlinienentwurf, bereits die Beantragung der aufchiebenden Wirkung eines Rechtsmittels auszuschlieen, sollte erheblich gekürzt werden. Wir sind hier auf inem guten Weg. Das deutsche Recht kennt einen solhen Ausschluss der Möglichkeit, effektiven Rechtschutz erhalten zu können, eben aus guten Gründen nur ei der Regelung zu sicheren Drittstaaten und nicht auch ei offensichtlich unbegründeten Anträgen oder bei Foleasylanträgen. Auch im Bereich des Rechtsschutzes wäre es blauäu ig, wenn man – bei aller Kompromissbereitschaft, die elbstverständlich auch nötig ist – zuließe, dass Formuierungen Eingang in den Richtlinienentwurf fänden, die n zu vielen Fallkonstellationen Ausnahmen von dieser echtsstaatlichen Grundregel erlaubten. Es reicht auch ier nicht aus, sich von deutscher Seite darauf zurückzuiehen, es würde sich in Art. 39 Abs. 5 des Richtliienentwurfs nur um Kannregeln handeln, die Deutschand nicht unmittelbar verpflichten, das innerstaatliche echt in allen angeführten Fällen zu ändern bzw. zu verchärfen. Uns muss es um die Schaffung eines guten europäi chen Standards gehen. Dieses Ziel haben wir auch im oalitionsvertrag gemeinsam mit der SPD vereinbart. ie Ausführungen im vorliegenden Unionsantrag sind in ieser Hinsicht vollkommen untauglich, ein Schritt in ie falsche Richtung und werden deshalb von uns mit alem Nachdruck abgelehnt. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Was?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507008600

Das Wort hat jetzt Herr Kollege Dr. Max Stadler von

er FDP-Fraktion.


Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1507008700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Wir haben es heute mit dem seltenen Fall zu tun,
ass gleich ein Antrag abgelehnt werden wird, nämlich
er Antrag der CDU/CSU,


(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Warum das denn?)


ieser Antrag aber dennoch einen politischen Erfolg be-
irkt hat, den die Antragsteller beabsichtigt haben.
Wir von der FDP werden diesen Antrag ablehnen, denn

r hat zum Inhalt, dass das geltende deutsche Asyl- und
usländerrecht als verbindliche Verhandlungsposition






(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler

für Verhandlungen der Bundesregierung auf EU-Ebene
festgeschrieben werden soll.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf Max Stadler ist Verlass!)


Ohne auf den Inhalt einzugehen, muss ich doch daran er-
innern, dass es immer die gemeinsame Haltung aller
Fraktionen des Hohen Hauses gewesen ist, vernünftiger-
weise einer Bundesregierung bei Verhandlungen mit etli-
chen anderen Mitgliedstaaten auf EU-Ebene einen ge-
wissen Verhandlungsspielraum zu gewähren.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es versteht sich doch von selbst, dass wir für ein
europäisches Asylrecht sind. Dieses kann aber nur dann
zustande kommen, wenn Kompromisse geschlossen
werden. Von daher haben wir die Idee, die früher bei den
Grünen eine Rolle gespielt hat, nämlich die Bundesre-
gierung mit einem imperativen Mandat nach niederlän-
dischem Beispiel völlig zu binden, immer abgelehnt.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So schlecht ist das doch nicht!)


Daher werden wir auch Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der FDP)


Gleichwohl, meine Kollegen von der CDU/CSU, ha-
ben Sie bei der Bundesregierung offenbar Wirkung er-
zielt. Denn wir stellen fest, dass die Bundesregierung
bzw. Minister Schily in den Verhandlungen über die bei-
den entscheidenden Richtlinien, um die es jetzt geht
– dabei handelt es sich um die Richtlinie zur Definition
des Flüchtlingsstatus, die so genannte Qualifizierungs-
richtlinie, und um die Asylverfahrensrichtlinie –, in
Brüssel sehr, sehr vorsichtig agiert.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist sehr vorsichtig! – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Kraftvoll!)


Ich stelle aus Sicht der FDP fest, dass zum Beispiel
die Qualifizierungsrichtlinie verabschiedungsfähig wäre.
Alle Mitgliedstaaten sind sich einig, aber der Vorbehalt
der Bundesregierung verhindert die Verabschiedung die-
ser wichtigen Richtlinie.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich stimme Ihnen darin ausdrücklich zu!)


Es war immer die Position von Edzard Schmidt-
Jortzig, dem ehemaligen Justizminister, und der FDP-
Fraktion, dass nichtstaatliche und geschlechtsspezifische
Verfolgung für den Flüchtlingsbegriff mit maßgebend
sein muss.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nichts anderes steht in dieser Richtlinie. Deswegen wür-
den wir die Bundesregierung ermutigen, an dieser Stelle
einen Schritt voranzugehen. Dies geschieht aber nicht
– in diesem Zusammenhang bin ich anderer Meinung als
Frau Akgün –, weil die Bundesregierung die Verhand-
lungen über das Zuwanderungsgesetz, die morgen begin-

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(C (D en, im Hinterkopf hat. Minister Schily will dieses Geetz durchsetzen (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir auch!)


nd braucht dafür die CDU/CSU.

(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Stimmt das, Herr Koschyk? Brauchen Sie uns? – Gegenruf des Abg. Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Darüber reden wir morgen!)


us diesem Grund – das war Ihr politisches Anliegen –
cheuen Sie sich, die auf EU-Ebene bereits vollendeten
atsachen auch auf Bundesebene umzusetzen. Dadurch
aben Sie eine Wirkung erzielt, die ich allerdings nicht
ür besonders glücklich halte.


(Beifall bei der FDP)

Denn es geht auch um die Asylverfahrensrichtlinie. In

iesem Zusammenhang erwecken Sie immer wieder den
indruck, Herr Grindel, diese Richtlinie würde dazu füh-
en, dass der Asylkompromiss der Bundesrepublik
eutschland von 1993 ausgehebelt würde.


(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Selbstverständlich! Das hat doch der Gutachter gesagt! – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: In der Anhörung ist das klar gesagt worden!)


Hören Sie einmal zu, Herr Grindel! – Die Anhörung hat
ereits vor mehreren Wochen stattgefunden. Mittlerweile
at sich der Verhandlungsstand verändert. Es geht um das
onzept der sicheren Drittstaaten. Dies bedeutet, dass ein
sylsuchender, der aus einem sicheren Drittland kommt,
n dem die Standards der Menschenrechtskonvention, der
uropäischen Flüchtlingskonvention und eines rechts-
taatlichen Asylverfahrens eingehalten werden, keinen
nspruch auf Asyl in Deutschland oder Frankreich hat,
ondern darauf verwiesen werden kann, sein Asylbegeh-
en in dem Land vorzubringen, aus dem er kommt.


(Zuruf von der FDP: So ist es!)

Meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,

s ist sozusagen die dialektische Umkehrung Ihres An-
iegens eingetreten. Auf EU-Ebene wird jetzt in einer
eise diskutiert, durch die dieses rechtsstaatliche Merk-
al nicht mehr gesichert ist. Denn nach der neuesten
ntwicklung der Diskussion soll auch die Zurückwei-
ung von Asylsuchenden in solche Länder möglich wer-
en, die nicht die Genfer Flüchtlingskonvention unter-
eichnet haben.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Sehr richtig! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Man muss beinahe Ihrem Antrag zustimmen, wenn
ie verlangen, Schily möge auf EU-Ebene das deutsche
echt durchsetzen; denn dieses ist rechtsstaatlicher als
as, was in der EU neuerdings diskutiert wird.


(Beifall bei der FDP – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Was haben Sie denn beantragt, Herr Grindel? – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das verstehe ich aber von der CDU/CSU nicht!)







(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler

Ich würde es begrüßen, wenn Sie von der CDU/CSU
sich ebenfalls so vehement dafür einsetzen würden, un-
sere rechtsstaatlichen Grundsätze auf EU-Ebene umzu-
setzen.

Ich möchte zum Schluss noch eines feststellen: Die
gesamte Debatte ist nur der Prolog zu den Verhandlun-
gen über das Zuwanderungsgesetz. Dazu will ich nur
eine Bemerkung machen, Herr Grindel. Zum wiederhol-
ten Male versuchen Sie, im Deutschen Bundestag den
Eindruck zu erwecken, als wäre mit einem Zuwande-
rungsgesetz eine automatische Zunahme der Zuwande-
rung nach Deutschland verbunden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist doch richtig!)


Das lassen wir Ihnen nicht mehr durchgehen. Sie wissen
ganz genau, dass mit dem Gesetzentwurf, den auch die
FDP unterstützt – das kommt in unserem Kompromiss-
vorschlag deutlich zum Ausdruck –, ein Instrumenta-
rium geschaffen werden soll, das eine gesteuerte Zuwan-
derung auf den deutschen Arbeitsmarkt ermöglicht,
wenn es erforderlich ist, das es aber auch so beschaffen
ist, dass die Zuwanderung auf null zurückgefahren wer-
den kann. Darüber entscheiden der Bundestag und der
Bundesrat. Das, was Sie vorgaukeln, entspricht also in
keiner Weise der Wirklichkeit.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte wie Frau Akgün die Gelegenheit nutzen,
an Rot-Grün und die CDU/CSU zu appellieren: Lassen
Sie uns in der morgigen Sitzung der Arbeitsgruppe des
Vermittlungsausschusses den ernsthaften Versuch ma-
chen, für die Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt ein
vernünftiges Instrumentarium zur Verfügung zu stellen,
die humanitären Regelungen der Genfer Flüchtlingskon-
vention in Deutschland beizubehalten und – das ist unser
gemeinsames Ziel – für mehr Integration in Deutschland
zu sorgen.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507008800

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Ole Schröder von

der CDU/CSU-Fraktion.

(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Herr Dr. Schröder, mäßigen Sie sich! – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ole, erkläre es Ihnen jetzt einmal!)



Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1507008900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Asylbewerberzahlen sind seit ihrem Re-
kordniveau von 438 000 – das war, bevor der Asyl-
rechtskompromiss von 1993 gegriffen hat – auf 70 000
im Jahr 2002 zurückgegangen. Im ersten Halbjahr dieses
Jahres sind nur noch 26 000 Personen zu uns gekommen.
Die Tendenz ist also weiterhin rückläufig. Wir alle spü-

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(C (D en, dass die Ausländerfeindlichkeit in unserem Land eitdem zurückgegangen ist. Niemand denkt gerne an ie damaligen Übergriffe auf Asylbewerberheime zuück. Seit zehn Jahren besteht nun der Asylrechtskomproiss. Worauf basiert denn der Erfolg der Asylrechtsneuegelung des Art. 16 a des Grundgesetzes? Das sind drei äulen: die Drittstaatenregelung, die Flughafenregelung nd das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten. Diese rfolgreichen Regelungen sind in Gefahr. Wenn die in rüssel verhandelten Richtlinien in Kraft treten, werden iese drei Säulen eingerissen. ie momentan in Brüssel zur Entscheidung anstehenden ichtlinien, die den deutschen Gesetzgeber künftig in einer Asylund Außenpolitik binden werden, werden azu führen, dass der Asylmissbrauch in Europa und dait auch in Deutschland zunehmen wird. Erstens: die Drittstaatenregelung. Nach heutigem tand der Verhandlungen im Europäischen Rat ist es em Bundesinnenminister nicht gelungen, an dem rundsatz der sicheren Drittstaaten festzuhalten. Dieses ewährte Instrumentarium zur Grenzabweisung ohne orherige bürokratische Einzelfallprüfung – genau daauf kommt es an; das Prinzip der normativen Vergewiserung fällt nach dem neuesten Entwurf weg – droht nun eschichte zu werden. ie Grenzbehörden werden künftig nicht mehr befugt ein, Asylsuchende bei der Einreise aus einem sicheren rittstaat an der Grenze zurückzuweisen. Zweitens: die Flughafenregelung. Das Flughafen erfahren steht ebenfalls vor dem Aus. Das Erfordernis iner richterlichen Freiheitsentziehung stellt die Durchührbarkeit dieses Verfahrens im Grundsatz infrage. Drittens: die Herkunftsstaatenregelung. Wir haben leiches in Bezug auf die Herkunftsstaatenregelung zu efürchten. Zwar ist man hier inzwischen auf einem esseren Weg. Im Gegensatz zur Drittstaatenregelung nd zum Flughafenverfahren hat der Bundesinnenmiister hier tatsächlich einen kleinen Erfolg vorzuweien. Es liegt seit der letzten Tagung des JI-Rates Anang des Monats nun endlich ein vernünftiger ompromissvorschlag vor. Es ist aber nicht gesichert, ass dieser vernünftige Kompromiss auch tatsächlich estand hat. Wenn in den kommenden Verhandlungen nicht er eicht wird, dass alle drei Verfahren in der EU akzepert werden, dann werden die vorliegenden Rechtssetungsvorschläge der EU-Kommission zu mehr uwanderung nach Europa und damit auch nach eutschland führen. Aber damit nicht genug, liebe Kolleginnen und Kolle en. Der Asylkompromiss soll in weiteren Bereichen ufgeweicht werden. Es ist geplant, nichtstaatliche Dr. Ole Schröder Verfolgung und selbst geschlechtsspezifische Verfolgung als Fluchtgrund anzuerkennen. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das passt Ihnen wohl nicht! – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist europäischer Maßstab, Herr Kollege!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)





(A) )


(B) )


Die Erstreckung der Flüchtlingseigenschaft auf solche,
die geschlechtsspezifische Verfolgung anführen, lässt
jegliche Diskriminierung wegen des Geschlechts zum
Asylgrund werden.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Es gibt sogar Urteile darüber! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht in der Genfer Flüchtlingskonvention! – Gegenruf des Abg. Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sie meinen, dass das darin steht! Das steht aber nicht darin!)


Das betrifft zum Beispiel die Pflicht zur Beachtung reli-
giöser Kleidungsvorschriften und – in Kombination mit
der nichtstaatlichen Verfolgung – den in der neuesten
Stellungnahme des UNHCR auch erwähnten prügelnden
Ehemann. Aufgrund der Richtlinie zur Familienzusam-
menführung ist sogar zu befürchten, dass ein solcher
prügelnder Ehemann dann nach Deutschland nachreisen
kann.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507009000

Herr Kollege Schröder, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Wiefelspütz?

Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1507009100

Bitte.

Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Rede ID: ID1507009200

Herr Kollege Dr. Schröder, ich danke Ihnen dafür,

dass ich Ihre Tiraden unterbrechen darf.
Wollen Sie ernstlich bezweifeln – wir beide sind

Mitglieder des Innenausschusses –, dass Bundesinnen-
minister Otto Schily in Brüssel andere Interessen ver-
tritt als unsere nationalen deutschen Interessen? Wollen
Sie hier ernsthaft den Eindruck erwecken, als würden
unsere Interessen dort nicht angemessen und mit Nach-
druck vertreten? Wo ist eigentlich Ihr Problem, Herr
Schröder?


Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1507009300

Ich möchte gern, dass wir diese für unser nationales

Recht maßgebenden Richtlinien hier diskutieren. Ich
möchte gern, dass der Bundesinnenminister hier klar
Stellung nimmt, seinen Standpunkt darlegt und sagt, wie
weit er bei Verhandlungen gehen würde. Ich möchte er-
reichen – das ist, denke ich, unser aller Ziel –, dass uns
der Asylrechtskompromiss, der eine Erfolgsgeschichte
ist, der Art. 16 a des Grundgesetzes, weiterhin erhalten
bleibt, damit wir in unserem Land nicht die Zustände
wie vor dem Asylrechtskompromiss haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Wie ist die Kommission eigentlich dazu gekommen, inen solchen Richtlinienvorschlag vorzulegen? Der Aneil von Nicht-EU-Ausländern ist in der EU sehr unterchiedlich. In Deutschland haben wir einen Anteil von icht-EU-Ausländern von 9,3 Prozent. In anderen EUändern beträgt er 4,8 Prozent. In Portugal, dem Land, as den verantwortlichen EU-Kommissar Vitorino stellt, st der Anteil der Nicht-EU-Ausländer 0,1 Prozent. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ollen Kamellen! – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist wohl auf der Festplatte verankert! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollen nicht Reden recyceln, sondern eine neue Rede halten!)


ann es sein, dass die Brisanz dieses Themas in Portugal
twas anders gesehen wird als in Deutschland?


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist eine tibetanische Gebetsmühle!)


s liegt eben in der Verantwortung jedes einzelnen Lan-
es, auch unseres Landes, seine Interessen geltend zu
achen, zumal es um einen Bereich geht, in dem das
rinzip der Einstimmigkeit gilt.
Die organisierte Schleuserkriminalität ist ein zen-

ales Problem in unserem Land.

(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das wir gemeinsam bekämpfen, hoffe ich, Herr Schröder! – Gegenruf des Abg. Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Dazu braucht man Instrumente, Herr Wiefelspütz! Die muss man haben!)


ie können wir die organisierte illegale Einwanderung,
ie das Asylrecht so missbraucht, bekämpfen? Wie kön-
en wir den Schleuserbanden das Handwerk legen?
Organisierte illegale Einwanderung lässt sich dauer-

aft nur bekämpfen, indem wir ihre Attraktivität und da-
it die Nachfrage nach Schlepperleistungen drastisch
eduzieren. Eine nachhaltige Verminderung der Attrakti-
ität der illegalen Einwanderung nach Europa lässt sich
ur dann erreichen, wenn es nach einer illegalen Einreise
lsbaldig zu einer Aufenthaltsbeendigung kommt. Die
uf europäischer Ebene zur Entscheidung anstehenden
egelungen haben genau das Gegenteil zur Folge.


(Zuruf von der SPD: Manchmal wäre es besser, die Rede zu Protokoll zu geben!)


Über diese Problematik müssen wir im Deutschen
undestag reden. Deshalb haben wir bewusst diesen An-
ag gestellt. Wir wollen diese Politik transparent ma-
hen.
Die Bevölkerung darf verlangen, dass die Bundes-

egierung ihre Verantwortung in diesem Bereich wahr-
immt. Wie unzureichend dies geschieht, ist vorgestern
im Innenausschuss wieder einmal deutlich gewor-
en. Im Vorbericht zum Rat für Justiz und Inneres am
. November 2003 stehen gerade einmal sechs nichtssa-
ende Zeilen zu dieser entscheidenden Verfahrensricht-
nie.






(A) )



(B) )


Dr. Ole Schröder


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So wird mit dem Parlament umgegangen! – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Konzentration auf das Wichtige!)


Will die Regierung damit sagen, dass sie nicht weiß, was
auf der Tagesordnung steht? – Machen wir uns bewusst:
Es geht hier um die Außerkraftsetzung eines Teils unse-
rer Verfassung, nämlich um die Abschaffung des Asyl-
rechtskompromisses. Art. 16 a des Grundgesetzes legt
das Konzept des deutschen Asylrechts fest; hier sind die
genannten drei Säulen festgelegt. Daher verhält sich die
Bundesregierung verfassungswidrig, wenn sie diese In-
strumente in ihrem Bestand gefährdet.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja unerhört! – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Unglaublich! Das weisen wir zurück, Herr Präsident!)


Die Bundesregierung versteckt sich immer hinter der
Behauptung, sie wolle ihre Verhandlungsstrategie nicht
frühzeitig preisgeben.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Herr Koschyk, wen haben Sie denn da an das Mikro gelassen? Das ist ja schlimmer als Grindel! Was ja nicht so einfach ist!)


Tatsächlich hat sie nicht den Mut, der Öffentlichkeit zu
erklären, dass sie sich einem erweiterten Zuzug Asylsu-
chender in die EU nicht ausreichend widersetzt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507009400

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Aber sofort zum Schluss, bitte! – Gegenruf des Abg. Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Locker bleiben, Herr Wiefelspütz!)



Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1507009500

Wir fordern hier im Deutschen Bundestag den Bun-

desinnenminister daher auf, in Europa seine Stimme gel-
tend zu machen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU], zur SPDFraktion gewandt: Ihr müsst euch nicht immer so aufregen, wenn euch einmal der Spiegel vorgehalten wird!)


Der erfolgreiche Asylrechtskompromiss von 1993 darf
nicht aufgeweicht werden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Der Grad der Aufregung bei der Koalition zeigt, dass Herr Schröder gut geredet hat!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507009600

Das Wort hat jetzt die Parlamentarische Staatssekretä-

rin Ute Vogt.

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(C (D U Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! enn es nicht so unverschämt wäre, was Sie uns gebo en haben und bieten, (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sie kommen ja ins Präsidium, keine Angst!)

Ute Vogt (SPD):
Rede ID: ID1507009700
ann – das muss ich Ihnen sagen – wäre es fast schon
ührend, wie Sie sich bemühen, den Bundesinnenminis-
er als jemanden darzustellen, der nicht gut und optimal
erhandelt. Es glaubt Ihnen doch kein Mensch in
eutschland und übrigens auch nicht in Europa, dass
usgerechnet der deutsche Bundesinnenminister es nicht
chaffen würde, die wichtigen politischen Vorhaben, die
r sich vorgenommen hat, auch umzusetzen.


(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie hier Scheinwelten aufbauen und Szenarien

ntwerfen, die von einer Realitätsferne sind, wie man sie
aum beschreiben kann, dann muss ich Ihnen entgegen-
alten: Sie erzeugen hier Panik vor Richtlinien, wohl
issend, dass sie keine einzige relevante Richtlinie be-
ennen können, die unverändert beschlossen worden
äre, im Gegenteil: Über eine Reihe von Richtlinien, die
lle relevant sind, ist oft über Jahre verhandelt worden,
erade weil Deutschland hart geblieben ist, seine Linie
onsequent verfolgt hat und einen maximalen Erfolg er-
ielen konnte. Sie erzeugen den Eindruck, als sei der Ur-
prungsentwurf einer Richtlinie deckungsgleich mit
em, was dann hinterher verabschiedet wurde. Das zeigt,
ass Sie ganz schön weit weg von jeglicher Art von Re-
ierungsfähigkeit sind.


(Beifall bei der SPD – Dr. Ole Schröder [CDU/ CSU]: Nehmen Sie doch einmal zu den einzelnen Inhalten Stellung!)


Sie fordern Berichte. Sie fordern in Ihrem Antrag,
ir sollen vor und nach den einschlägigen Treffen be-
ichten. Das tun wir gern und regelmäßig. Aber dann
ürde ich Sie, Herr Schröder, bitten, diesen Berichten,
enn sie im Innenausschuss des Bundestages erstattet
erden, auch Gehör zu schenken.


(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Bitte? – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Er hat doch zugehört!)


Wenn Sie in der letzten Innenausschusssitzung, der
orletzten und in den vielen Sitzungen zuvor zugehört
ätten, dann wäre Ihnen bewusst, dass das, was Sie heute
ber unsere Position zur Drittstaatenregelung erzählt ha-
en, großer Unsinn ist. Vielmehr ist es gerade der deut-
che Innenminister gewesen, der gesagt hat: Wir müssen
eiter verhandeln, gerade weil wir eine Regelung wol-
en – Herr Grindel hat das erfreulicherweise im Aus-
chuss immerhin begrüßt –, die dem entspricht, was wir
n Deutschland haben. Deshalb kann das auch noch eine
eile dauern. Wir können Ihnen die Verhandlungsergeb-
isse nicht schon vor dem Ende der Verhandlung vorle-
en. Statt nun Berichte zu fordern, setzen Sie sich bitte
it den Ihnen vorliegenden Berichten auseinander!






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Ute Vogt

Behaupten Sie nichts Gegenteiliges; denn Sie müssten es
eigentlich besser wissen!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben ein neues Verfahren gefordert. Ich sage Ih-

nen: Das brauchen wir nicht. Schauen Sie ins Grundge-
setz! Art. 23 legt in Bezug auf die Information des Bun-
destages durch die Bundesregierung ganz eindeutig fest,
dass wir den Bundestag in Angelegenheiten der EU nach
einem festgelegten Verfahren regelmäßig unterrichten.

Dieses Verfahren hat damals übrigens eine unionsge-
führte Regierung ins Leben gerufen und offensichtlich
für ausreichend gehalten. Sie kennen die Berichtsbögen
dazu. Die Handhabung entspricht dem, was im Grundge-
setz steht. Dort steht aber auch:

Die Bundesregierung berücksichtigt die Stellung-
nahmen bei den Verhandlungen.

Dort steht nicht, dass ausgerechnet das rechtlich bindend
ist, was sich die Opposition wünscht.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das wäre ja noch schöner! – Gegenruf von der CDU/CSU: Das wäre schöner! – Gegenruf des Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das wäre ein Auswanderungsgrund!)


Das zeigt wieder, dass Sie offenbar kein Gespür dafür
haben, was man tun muss, wenn man regiert. Wer Ver-
handlungsspielraum braucht, der legt sich doch selbst
Handfesseln an, wenn er mit der strikten Vorgabe in eine
Verhandlung geht, einen Beschluss eins zu eins umzuset-
zen. Wenn ich höre, was Sie in Bezug auf Verhandlun-
gen und auf Regierungsfähigkeit sagen, dann frage ich
mich: In welcher Welt leben Sie eigentlich?

Es tut Ihnen sehr weh, dass der Bundesinnenminister
Otto Schily viel mehr Erfolge als zum Beispiel seine
Vorgänger aus der Zeit, als Sie regierten, vorweisen
kann.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Frau Vogt, er ist noch im Amt! Sie brauchen keine Erinnerungsrede zu halten!)


– Herr Kollege Koschyk, ich glaube, es wäre gut, wenn
Sie sich ab und zu an die Realität erinnerten. Wir
scheuen den Vergleich mit dem, was Sie in der Innenpo-
litik geboten haben, jedenfalls nicht. Wir wissen, was Sie
in diesem Bereich schmerzt.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Deshalb sind Sie zurzeit so gut in den Umfragen! Ist klar, ich habe schon verstanden!)


Sie wünschen, dass wir Ihnen noch umfassender,
noch detaillierter, noch häufiger berichten. Ich frage Sie
wirklich: Was ist Ihrer Meinung nach eigentlich sinnvol-
les Regierungshandeln?


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das fragt sich das ganze Land!)


Sollen wir für Sie über jedes Verhandlungsdatum, über
jede Vorschrift, über jede abweichende Meinung und
über jedes Telefonat, das innerhalb einer Verhandlung

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(C (D eführt wird, einen Bericht erstellen? Haben Sie so viel eit? Es ist schön für Sie, wenn Sie zu wenig zu tun haen. Die Bundesregierung zieht es jedenfalls vor, die ersonellen Kapazitäten dort einzusetzen, wo es unseem Land etwas bringt: bei Verhandlungsführungen in rüssel. Das ist unser Schwerpunkt und das liegt im Ineresse unseres Landes. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich bitte Sie – vor allen Dingen diejenigen, deren Be-
ufsbezeichnung Jurist oder Anwalt ist oder die in die-
em Bereich tätig sind –, in Bezug auf die in Ihrem An-
rag enthaltene Idee, ein Mandatsgesetz auf den Weg zu
ringen, wirklich auf Ihre juristischen Kenntnisse zu-
ückzugreifen. Schauen Sie, ob sich ein Gesetz, das den
erlauf von Verhandlungen festlegt, mit der Verfassung
ereinbaren lässt!
Sie haben das schlüssige Gesamtkonzept noch nicht

erstanden. Daher möchte ich es ein weiteres Mal erläu-
ern und ein paar Grundlinien nennen. Die Grundlinien
piegeln sich selbstverständlich auch in dem wider, was
ir auf nationaler Ebene, auch im Zuwanderungsgesetz,
eschlossen haben. Ich darf Sie von der Opposition als
ute Demokraten daran erinnern, dass das Zuwande-
ungsgesetz vom Deutschen Bundestag beschlossen
urde. Es ist falsch, immer wieder zu behaupten, das
uwanderungsgesetz habe keinerlei Grundlage und
echtfertigung.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Gesetz ist es ja noch nicht!)


Uns liegt ein Beschluss vor, der den Willen der Mehr-
eit im Deutschen Bundestag eindeutig festlegt.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aber das ist die Minderheit in der Bevölkerung! – Gegenruf von der SPD: Was ist das denn für ein Argument, Herr Koschyk? – Gegenruf des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht nicht im Grundgesetz, Herr Koschyk!)


Nun bringe ich Ihnen noch ein paar Einzelbeispiele
us dem Gesamtkonzept. Zunächst möchte ich Ihnen in
rinnerung rufen, dass wir sehr wohl eine klare Diffe-
enzierung zwischen Asyl- und Flüchtlingspolitik vor-
ehmen und auch im Zuwanderungsgesetz vorgenom-
en haben. Auf der einen Seite wollen wir, dass es
öglichst umfassenden Schutz, wie es Art. 16 des
rundgesetzes gebietet, für diejenigen gibt, die tatsäch-
ich schutzberechtigt sind. Auf der anderen Seite muss es
ine ausreichende Differenzierung zu denjenigen geben,
ie nicht schutzbedürftig oder -würdig sind. Hier brau-
hen auch die nationalen Staaten insgesamt Handlungs-
pielraum.
Jetzt komme ich zu dem, was schon mehrfach einige
ednerinnen und Redner gesagt haben: Bekehren Sie die
iderspenstigen in Ihren eigenen Reihen und stimmen
ie dem Zuwanderungsgesetz zu!


(Widerspruch bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Ute Vogt

Dort ist nämlich ausdrücklich eine Differenzierung vor-
gesehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Sie zweifeln doch selbst an der Richtigkeit dieses Gesetzes!)


Wenn Sie die Einwanderungspolitik insgesamt betrach-
ten würden, dann wüssten Sie genau, dass wir mithilfe
eines Zuwanderungsgesetzes die Möglichkeit hätten,
den Zuzug zu begrenzen und zu steuern und ihn darauf
abzustellen, was im Interesse von Deutschland liegt.

Wir haben bei unseren Verhandlungen – daran möchte
ich Sie auch noch einmal erinnern – einige große Erfolge
verbucht. So wurde zum Beispiel im Juni dieses Jahres
Einvernehmen über den Richtlinienvorschlag zum Dau-
eraufenthaltsrecht von Drittstaatsangehörigen erzielt.
Ich will drei Regelungen herausgreifen, bei denen wir
uns durchgesetzt haben:

So kann der Erwerb eines Daueraufenthaltstitels da-
von abhängig gemacht werden, dass Integrationsbereit-
schaft besteht und auch das Erfüllen dieser Bedingungen
nachgewiesen wird.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das steht im Zuwanderungsgesetz aber noch nicht einmal drin!)


– Das steht übrigens auch im Zuwanderungsgesetz drin.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Oh nein!)


Das könnten und sollten Sie ohne Probleme unterstüt-
zen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das fordern wir ja!)


Auf deutsche Initiative hin wurde in dieser Richtlinie
festgelegt, dass daueraufenthaltsberechtigte Drittstaats-
angehörige auch hinsichtlich der Sozialleistungen nicht
mit Inländern gleichgestellt werden. Auch hier sind wir
der Forderung nach Differenzierung nachgekommen.

Schließlich orientiert sich der Ausweisungsschutz
– keine unwesentliche Forderung – nicht am erhöhten
Ausweisungsschutz, der für EU-Bürger gilt.

Diese Punkte, liebe Kolleginnen und Kollegen, wer-
den von Ihnen bewusst nicht genannt, weil Sie sonst
keine Chance hätten, fundierte Kritik anzubringen.
Wenn Sie sich nämlich den Realitäten stellen würden,
müssten Sie das, was in Verhandlungen erreicht worden
ist, benennen und als Tatsachen anerkennen. In den
Kernpunkten der Richtlinie – das habe ich Ihnen an we-
nigen Beispielen deutlich gemacht – haben wir jeden-
falls unsere Forderungen durchgesetzt.

Nachdem wir über die Richtlinie zur Familienzu-
sammenführung, über die wir ja schon häufiger inhalt-
lich gestritten haben, drei Jahre verhandelt haben, durf-
ten wir jetzt erleben, dass sie im Oktober 2003 in Kraft
getreten ist. Auch hier haben wir die Chance ergriffen
und dafür gesorgt, dass darin das, was wir für Deutsch-
land für richtig halten, festgelegt wurde. Wir können mit

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(C (D en Ergebnissen zufrieden sein. Wenn man mit Ihnen auerhalb des Plenums spricht, machen Sie ja auch deutich, dass Sie keine Einwände bezüglich der Verhandungsziele des Bundesinnenministers haben (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So haben wir das noch nicht gesagt!)


nd der Auffassung sind, dass er die Interessen unseres
andes in Brüssel sehr gut vertritt.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Machen Sie mich nicht unmöglich in meinen eigenen Reihen!)


Kein Geschrei und kein noch so lautes Getöse von Ih-
er Seite und auch nicht die von Ihnen an die Wand ge-
alten Horrorszenarien können widerlegen,


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: HorrorGrindel!)


ass die innenpolitischen Interessen Deutschlands in der
uropäischen Union optimal vertreten werden und wir
n den Verhandlungen Ergebnisse erreicht haben, die Sie
icht einmal für durchsetzbar gehalten haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, scheint mir der
igentliche Hintergrund für Ihre Kritik zu sein. Ein we-
ig perfide finde ich dieses Vorgehen schon. Ich glaube,
s gibt genug Themen, über die wir trefflich streiten
önnten. Die Art, wie Sie hier Fakten entstellen, und
hre Versuche, Dinge, die nur scheinbar da sind, als Tat-
achen darzustellen, um sie dann widerlegen zu können,
ögen vielleicht nette rhetorische Tricks sein,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ich habe den Innenminister zweimal gelobt! Einmal mehr als notwendig!)


aben jedenfalls mit der Realität in Deutschland und den
nforderungen an deutsche Innenpolitik nichts zu tun.
Ich würde mir wünschen, dass Sie jenseits solcher

chauanträge zu einer konstruktiven Zusammenarbeit
urückfinden. Wir sollten nicht auf das Niveau abrut-
chen, lieber Herr Kollege, das Sie in Ihren Reihen an-
cheinend pflegen. In der Sozialdemokratie ist es nicht
blich, dass die Abgeordneten Frauen diffamieren. Das
ollte überall der Vergangenheit angehören.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU]: Welchen Schuh ziehen Sie sich denn an? Ich rede doch nicht über jemanden wie Sie!)


Dann seien Sie ein bisschen leiser! Dann stört es nie-
anden. – Mir wäre es Recht, wenn wir uns in Zukunft
ber die Sache unterhalten könnten, wenn Sie die
unkte, in denen wir einer Meinung sind, ehrlicherweise
ennen würden und wenn Sie nicht versuchen würden,
iskussionen zu beginnen, die jeglicher Grundlage ent-
ehren.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Ute Vogt

Die Innenpolitik hat früher auch aufgrund der guten

Zusammenarbeit mit der Opposition einen guten Ruf ge-
habt. Man war sich über die Grundlagen einig.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So freundlich sind Sie mit Kanther nicht umgegangen!)


Heute ist eine realitätsnahe Innenpolitik leider allein Sa-
che der Regierung. Aber etwas mehr konstruktive Oppo-
sition wäre wirklich hilfreich. Wir sollten ein bisschen
mehr auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Ich hoffe,
Herr Koschyk, dass Sie dazu die Kurve kriegen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507009800

Das Wort hat jetzt der Kollege Hartmut Koschyk von

der CDU/CSU-Fraktion.

(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Warum denn das? – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Alter Chauvi! Jetzt wollen wir mal hören!)



Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1507009900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Un-

ser Antrag, der mehr Transparenz in der europäischen
Asyl- und Einwanderungspolitik und auch mehr Mitwir-
kungsrechte des Parlaments zum Inhalt hat, hat im In-
nenausschuss leider keine Mehrheit gefunden. Ich muss
feststellen, meine werten Kolleginnen und Kollegen von
der Koalition, dass Sie nach sechs Jahren mehr oder we-
niger schlecht wahrgenommener Regierungsverantwor-
tung nicht über mehr Mitwirkungsrechte des Parla-
mentes reden wollen.

Ich denke beispielsweise an den Entwurf zur europäi-
schen Verfassung. Wir müssen darauf achten – das haben
wir in unserem Antrag angedeutet –,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber sehr nebulös!)


dass ein Parlament wie der Deutsche Bundestag auch
nach der Verabschiedung eines europäischen Verfas-
sungsentwurfs noch hinreichend Mitwirkungsrechte hat.
Dass dieses Thema für Sie als Parlamentarier überhaupt
nicht mehr interessant ist und dass Sie sich in diesem
Punkt nicht mehr herausgefordert fühlen, ist zu bedauern.
Es zeigt aber auch, dass Macht manchmal korrumpiert.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD – Sebastian Edathy [SPD]: Was? Das ist unglaublich! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie ja gute Erfahrungen in der Union!)


Ich möchte noch etwas anderes sagen. Es ist auch
deutlich geworden, dass die Inhalte, um die wir heute
streiten, ganz eng mit der Debatte um ein Zuwande-
rungsgesetz zusammenhängen. Lieber Herr Stadler, ich
darf sehr deutlich sagen: CDU/CSU und FDP sind in
vielen Punkten beieinander, aber in dieser Frage sind wir
auseinander.


(Dr. Max Stadler [FDP]: So ist es!)


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(C (D ch glaube, es schadet überhaupt nicht, wenn die deutche Öffentlichkeit durch eine solche Debatte erfährt, ass die einzige politische Kraft, der es wirklich um Berenzung und Steuerung der Zuwanderung nach eutschland geht, die Union ist. (Beifall bei der CDU/CSU – Sebastian Edathy [SPD]: Das ist völlig neben der Sache, Herr Kollege!)


ie Union ist, was diese Frage angeht, vielleicht im Par-
ament in der Minderheit. Aber ich glaube schon, dass
ir mit unserer Position zur Zuwanderung nach
eutschland und zu ihrer Begrenzung und Steuerung die
roße Mehrheit unserer Bevölkerung repräsentieren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bauen Sie doch die Mauer wieder auf!)


Liebe Frau Staatssekretärin, ich will konzedieren, dass
ie Verhandlungen über die Richtlinien als ein Prozess
u begreifen sind und dass am Schluss nicht der ur-
prüngliche Richtlinienentwurf verabschiedet wird. Aber
n der Anhörung des Innenausschusses im Juni – die
nion hatte darauf gedrängt – wurde deutlich, dass viele
edenken, die wir gegenüber den sich noch in den Ver-
andlungen befindlichen Richtlinien haben, von Fach-
euten geteilt wurden.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!)

Ein anerkannter Rechtslehrer, nämlich Herr Professor
uber von der Ludwig-Maximilian-Universität in Mün-
hen, hat bei dieser Anhörung gesagt, dass es auch eine
erfassungsrechtliche Frage ist, ob ein deutscher Innen-
inister in Brüssel Richtlinienentwürfen zustimmen
ann, die das deutsche Asylrecht bezüglich der mühsam
ustande gekommenen Reform von 1993 aushebeln.
iese Bedenken sollten Sie nicht einfach beiseite schie-
en.


(Sebastian Edathy [SPD]: Koschyk ist nicht europatauglich! Er fremdelt ja schon, wenn er nach Berlin muss!)


Ich will einmal darstellen, wie von Ihnen hier über die
ande gespielt wird. Der Kollege Grindel hat Sie, liebe
rau Beck, vorhin für die Überschrift des „Handels-
latt“-Artikels gelobt, auch wenn Sie für diese gar nicht
erantwortlich sind. In diesem Artikel und in anderen
intergrundberichten – es ist kein Zufall, dass sich das
n der Presse gerade vor unseren morgigen Verhandlun-
en breit macht – ist von einem „Drohmittel“ die Rede:

Sollte sich die Union diesen Wünschen von Rot-
Grün

in der nationalen Zuwanderungsdebatte –
verweigern, kann Berlin in Brüssel sein Veto bei
der neuen EU-Flüchtlingsrichtlinie zurückziehen –
und damit einem wesentlich liberaleren Flücht-
lingsrecht die Vorfahrt einräumen.

(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine verdrehte Pressemeldung! Das ist ja kein wörtliches Zitat!)







(A) )



(B) )


Hartmut Koschyk

Weiter heißt es:

Nach Angaben der Grünen ist diese Position der In-
tegrationsbeauftragten sowohl mit den entsprechen-
den Arbeitsgremien und vor allem mit dem Unter-
händler im Ausschuss, Volker Beck, abgesprochen.


(Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

Das werden wir nicht mitmachen: dass Sie das, was

Sie aufgrund unserer Bundesratsmehrheit vielleicht nicht
Gesetz werden lassen können, über die Bande spielen,
indem Sie es über Brüssel zu erreichen versuchen.


(Sebastian Edathy [SPD]: Dann können Sie ja dazu beitragen! – Zuruf von der CDU/CSU: Wie scheinheilig!)


Deswegen ist es so wichtig, dass wir diese Debatte
hier führen. Sie zeigt übrigens auch einen Zusammen-
hang, den ich für entscheidend halte, nämlich dass wir,
nachdem der EU-Verfassungsvertragsentwurf aufge-
schnürt wird, nun erneut über die die Asyl- und Einwan-
derungsfragen betreffenden Regelungen, die in diesem
Vertrag festgelegt werden sollen, sprechen können.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir meinen, dass asyl- und flüchtlingspolitische Vor-

gaben im Verfassungsvertrag auf Mindestnormen be-
schränkt bleiben sollten. Auch das Recht, den Zugang
von Asylbewerbern und Flüchtlingen zum Arbeitsmarkt
zu regeln, muss den Mitgliedstaaten vorbehalten bleiben.
Hinsichtlich der Asyl- und Flüchtlingspolitik muss es
beim geltenden Einstimmigkeitserfordernis bleiben.
Dieses Einstimmigkeitserfordernis muss auch in Zukunft
für alle anderen einwanderungspolitischen EU-Regelun-
gen gelten.

Ich will durchaus würdigen, dass der Bundeskanzler in
Thessaloniki in letzter Minute angekündigt hat: Hier wird
es den Wunsch Deutschlands geben, dass es beim Ein-
stimmigkeitserfordernis bleibt. – Nur, so wie das im ge-
genwärtigen Verfassungsvertragsentwurf angelegt ist, ist
uns das Schwert ein wenig zu stumpf, um es einmal so zu
formulieren. Deutschland und Frankreich haben anfangs
die Auffassung vertreten, den Verfassungsvertragsent-
wurf nicht aufzuschnüren. Wenn er aber jetzt aufge-
schnürt wird, muss man erneut darüber reden, dass klar
geregelt wird, dass es auch in Zukunft sowohl im Bereich
Asyl- und Flüchtlingspolitik als auch im Bereich Einwan-
derungspolitik, vor allem bezüglich des Zugangs zum Ar-
beitsmarkt, beim Einstimmigkeitserfordernis bleibt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Rufen wir uns einmal in Erinnerung, wie die Gemen-

gelage im Vorfeld des vor zehn Jahren gefundenen Asyl-
kompromisses war: Die Union wollte die von der Bun-
desregierung vorgeschlagenen Regelungen in Gänze
umsetzen; wir wären sogar noch weiter gegangen. Teile
der SPD wollten zustimmen, andere Teile nicht. Ich höre
noch heute, wie Renate Schmidt – die jetzige Bundesfa-
milienministerin – damals gesagt hat, das sei alles Un-
sinn, das sei nur hektischer gesetzgeberischer Aktionis-
mus; nach der Asylrechtsreform werde nicht ein einziger
Asylbewerber weniger nach Deutschland kommen. Die

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(C (D ahlen sind vorhin genannt worden: Es ist ein Rückgang on über 400 000 auf 70 000 zu verzeichnen. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da waren zeitgleich aber auch noch andere Sachen! Zum Beispiel der Bosnienkonflikt, der beigelegt wurde! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unseriös bis zum Gehtnichtmehr!)


Jetzt befinden wir uns in derselben Situation: Die
nion fordert, dass es bei einer zuzugsbegrenzenden und
uzugssteuernden Politik sowohl in unserem Land als
uch in Europa bleibt. Teile der SPD sind – das ist meine
este Überzeugung – in diesem Punkt, ebenso wie bei
er Asylrechtsreform 1993, an unserer Seite.


(Sebastian Edathy [SPD]: Sie bauen hier einen Popanz auf, Herr Kollege!)


ch glaube, dass auch der Bundesinnenminister in sei-
em Innern


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Interessante Erkenntnis!)


it dem rot-grünen Zuwanderungsgesetz, wie es verab-
chiedet worden ist, nicht leben kann und leben will und
etzt auf uns setzt.
Ich bin sicher: Wenn die SPD von der elektronischen

ußfessel der Grünen befreit ist,

(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Kompliment! Das nehme ich gerne an!)


ann könnte es in der Tat sowohl auf nationaler als auch
uf europäischer Ebene eine Zuwanderungspolitik ge-
en, die deutschen Interessen dient.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507010000

Die Rede der Kollegin Petra Pau nehmen wir zu Pro-

okoll.1)
Damit schließe ich die Aussprache.
Abstimmung über die Beschlussempfehlung des In-

enausschusses auf Drucksache 15/1776 zu dem Antrag
er Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Europäische
usländer-, Asyl- und Zuwanderungspolitik transparent
achen“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
rucksache 15/655 abzulehnen. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
en? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
er Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Ge-
enstimmen der CDU/CSU-Fraktion angenommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Reden zu den

olgenden Tagesordnungspunkten werden zu Protokoll
enommen. Ich bitte Sie aber, mir bei den Verfahrens-
nd Sachentscheidungen zu helfen, damit wir das or-
entlich abwickeln können. Das dauert nicht mehr lange.

Anlage 4






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des
Entschädigungsgesetzes und anderer Vorschrif-

(Entschädigungsrechtsänderungsgesetz – EntschRÄndG)

– Drucksache 15/1180 –

(Erste Beratung 53. Sitzung)

a) Beschlussempfehlung und Bericht des

Finanzausschusses (7. Ausschuss)

– Drucksache 15/1808 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Stephan Hilsberg
Manfred Kolbe


(8. Ausschuss)

– Drucksache 15/1809 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Antje Hermenau
Otto Fricke

Die Reden der Kollegen Stephan Hilsberg, SPD,
Manfred Kolbe und Dr. Peter Jahr, CDU/CSU, Kerstin
Andreae, Bündnis 90/Die Grünen, Rainer Funke, FDP,
und – für die Bundesregierung – der Parlamentarischen
Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks werden zu Proto-
koll gegeben.1)

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ände-
rung und Ergänzung des Entschädigungsgesetzes und
anderer Vorschriften, Drucksache 15/1180. Der Finanz-
ausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/1808, den Ge-
setzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen.
– Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit in zweiter Lesung einstimmig angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig ange-
nommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förde-
rung der Ausbildung und Beschäftigung
schwerbehinderter Menschen und zur Ände-
rung anderer Vorschriften
– Drucksache 15/1783 –

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1) Anlage 5 2)

(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Innenausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Haushaltsausschuss Auch hier sollen die Reden zu Protokoll genommen erden. Es handelt sich um die Beiträge der Kollegen arl Hermann Haack DU/CSU, Markus Kurth, Bündnis 90/Die Grünen, und aniel Bahr Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwur es auf Drucksache 15/1783 an die in der Tagesordnung ufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es andereitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die berweisung so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 a und 17 b auf: a)


Fritz, Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU
Neustrukturierung der Außenwirtschaftsför-
derung als Beitrag zur Schaffung von Wachs-
tum und Beschäftigung
– Drucksache 15/746 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Auswärtiger Ausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Erich G.
Fritz, Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU
Doha-Verhandlungen nach dem Scheitern von
Cancun konstruktiv und zügig voranbringen
– Drucksache 15/1567 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

Auch hier nehmen wir die Beiträge zu Protokoll. Es
andelt sich um die Reden der Kollegin Dr. Sigrid

Anlage 6






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Skarpelis-Sperk von der SPD, des Kollegen Erich Fritz
von der CDU/CSU sowie der Kolleginnen Michaele
Hustedt vom Bündnis 90/Die Grünen und Gudrun Kopp
von der FDP.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 15/746 und 15/1567 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Die Vorlage auf Drucksache 15/746 soll zusätzlich an
den Umweltausschuss überwiesen werden. Sind Sie da-
mit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die
Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe Zusatzpunkt 4 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit
Homburger, Dirk Niebel, Daniel Bahr (Münster),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Reform der Arbeitsstättenverordnung muss
zu einem echten Bürokratieabbau für Unter-
nehmen in Deutschland führen
– Drucksache 15/1699 –

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

Wir nehmen die Reden der Kollegen Wolfgang
Grotthaus, SPD, Alexander Dobrindt, CDU/CSU, Fritz
Kuhn, Bündnis 90/Die Grünen, und Birgit Homburger,
FDP, zu Protokoll.2)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
der Drucksache 15/1699 an die in der Tagesordnung auf-
geführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
einverstanden? – Dann ist die Überweisung so beschlos-
sen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 5. November 2003, 13 Uhr,
ein.

Die Sitzung ist geschlossen.