Protokoll:
14132

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 14

  • date_rangeSitzungsnummer: 132

  • date_rangeDatum: 15. November 2000

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:46 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzli- chen Rentenversicherung und zur För- derung eines kapitalgedeckten Alters- vorsorgevermögens . . . . . . . . . . . . . . . . 12705 A Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12705 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 12705 D Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12705 D Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . 12706 A Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12706 A Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12706 B Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12706 C Ina Lenke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12707 A Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12707 B Dr. Heidi Knake-Werner PDS . . . . . . . . . . . . 12707 B Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12707 C Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . 12707 C Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12707 D Heinz Schemken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 12708 A Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12708 A Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12708 C Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12708 C Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . . 12708 C Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12708 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 12709 A Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12709 A Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12709 B Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12709 C Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 12709 D Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12710 A Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . . . 12710 B Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12710 C Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12710 C Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12710 D Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . 12711 A Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 12711 A Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . . . . 12711 B Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 12711 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12711 D Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . 12711 D Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 12712 A Achim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBW 12712 A Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksachen 14/4567, 14/4592) . . . . . . . 12712 B DringlAnfr Eckart von Klaeden CDU/CSU Antw StMin Hans Martin Bury BK . . . . . . . . 12712 C Antw PStSekr Dr. Eckart Pick BMJ . . . . . . . . 12714 A ZusFr Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . 12712 C ZusFr Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . 12713 A ZusFr Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12713 C ZusFr Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU 12713 D Plenarprotokoll 14/132 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 132. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 15. November 2000 I n h a l t : ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 12714 B ZusFr Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . 12714 C Stellungnahme des Bundeskanzlers zum bean- tragten Strafbefehl gegen Bundesverkehrsmi- nister Reinhard Klimmt wegen Beihilfe zur Untreue MdlAnfr 38 Eckart von Klaeden CDU/CSU Antw StMin Hans Martin Bury BK . . . . . . . . 12715 A ZusFr Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . 12715 A ZusFr Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU 12715 B ZusFr Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . . . . . 12715 C ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 12715 C Politisches Schicksal von Bundesminister R. Klimmt bei einem Strafbefehl bzw. einer Anklageerhebung MdlAnfr 39, 40 Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/CSU Antw StMin Hans Martin Bury BK 12715 D, 12716 D ZusFr Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12716 A ZusFr Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 12716 A ZusFr Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . 12716 B, D ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . 12716 C, 12717 A ZusFr Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU 12717 A Folgen der globalen Erwärmung für den vorausschauenden Küstenschutz MdlAnfr 2 Konrad Kunick SPD Antw PStSekr’in Simone Probst BMU . . . . . 12717 B ZusFr Konrad Kunick SPD . . . . . . . . . . . . . . 12717 D ZusFr Walter Hirche F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 12718 B Gesetze zum Schutze nationaler und ethnischer Minderheiten in der Tschechischen Republik; Berücksichtigung von Gewahrsamszeiten deut- scher Volkszugehöriger in tschechoslowakischen Internierungs- und Arbeitslagern in der tschechi- schen Rentenversicherung MdlAnfr 3, 4 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA 12718 C, 12719 B ZusFr Hartmut Koschyk CDU/CSU 12718 D, 12719 B Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Sexualstraftätern; Opfer von flüchtigen Sexualstraftätern seit 1990 MdlAnfr 5, 6 Wolfgang Dehnel CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Eckart Pick BMJ 12719 D,12720 C ZusFr Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . 12720 B, C ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 12721 A Schutz der Allgemeinheit vor Straftätern, ins- besondere Sexualstraftätern MdlAnfr 7 Dr. Hans-Peter Uhl CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Eckart Pick BMJ . . . . . . . . 12721 B ZusFr Dr. Hans-Peter Uhl CDU/CSU . . . . . . 12721 C ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 12722 B ZusFr Martin Hohmann CDU/CSU . . . . . . . . 12722 C Hintergründe des Anschlags auf die Düssel- dorfer Synagoge in der Nacht zum 3. Oktober 2000 MdlAnfr 8 Dr. Hans-Peter Uhl CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Eckhart Pick BMJ . . . . . . . 12722 D ZusFr Dr. Hans-Peter Uhl CDU/CSU . . . . . . 12722 D ZusFr Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . . . 12723 A ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 12723 B Auswirkungen des Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention auf die Autonomie des Menschen am Lebensende und die in Deutschland geltende Rechtslage MdlAnfr 9 Detlef Parr F.D.P. Antw PStSekr Dr. Eckhart Pick BMJ . . . . . . . 12723 C ZusFr Deflef Parr F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 12724 A ZusFr Walter Hirche F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 12724 C Einsparungen des Bundes durch den teilweisen Rückzug aus der Finanzierung des Unterhalts- vorschusses sowie der Abschaffung der ori- ginären Arbeitslosenhilfe 2000; Auswirkung auf Hessen MdlAnfr 14 Helmut Heiderich CDU/CSU Antw PStSekr’in Ulrike Mascher BMA . . . . . 12724 D ZusFr Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . 12725 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. November 2000II Zahl der zum 2. Januar 2001 ihren Dienst bei der Bundeswehr nicht antretenden Frauen MdlAnfr 23 Werner Siemann CDU/CSU Antw PStSekr Walter Kolbow BMVg . . . . . . 12725 D Versetzung von Soldaten in den vorzeitigen Ruhestand zur Einsparung von Personalkosten sowie zur Auflösung des Beförderungs- und Verwendungsstaus MdlAnfr 24 Werner Siemann CDU/CSU Antw PStSekr Walter Kolbow BMVg . . . . . . 12726 A ZusFr Werner Siemann CDU/CSU . . . . . . . . 12726 A ZusFr Günther Friedrich Nolting CDU/CSU 12726 C Aufhebung der Entlassung des im Kosovo schwer verletzten Zeitsoldaten Stabsunteroffi- zier J. R. MdlAnfr 25, 26 Günther Friedrich Nolting F.D.P. Antw PStSekr Walter Kolbow BMVg 12726 C,12727 A ZusFr Günther Friedrich Nolting F.D.P. 12726 D,12727 B Auswirkungen des geplanten Rückzugs des Bundes aus der Finanzierung des pauschali- sierten Wohngelds auf Hessen MdlAnfr 27 Helmut Heiderich CDU/CSU Antw PStSekr Achim Großmann BMVBW 12727 D ZusFr Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . 12727 D Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bun- desregierung zur Rücknahme von deut- schem Atommüll aus der Wiederauf- arbeitungsanlage La Hague nach dem deutsch-französischen Gipfel in Vittel 12728 C Birgit Homburger F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 12728 C Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12729 C Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 12730 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 12731 B Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 12732 D Arne Fuhrmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12733 D Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 12734 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 12735 D Walter Hirche F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12737 A Hans-Peter Kemper SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 12738 A Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 12739 A Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12740 A Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 12741 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12742 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 12743 A Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung – des Berichts: Für eine sozial, finanziell und ökologisch nachhaltige Bundesverkehrs- planung – des Antrags: Realisierung einer direkten Fernbahnverbindung zwischen den Bahn- höfen Berlin-Ostbahnhof und Berlin-Lich- tenberg beim Ausbau des Verkehrsknotens Berlin – des Berichts: Überzählige Diesellokomoti- ven der DB AG nicht verschrotten, sondern weiterverwenden – des Berichts: Beibehaltung der Reisezug- Verbindungen zwischen Polen und Berlin (130. Sitzung – Tagesordnungspunkt 22 a bis d) 12743 C Peter Letzgus CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 12743 D Anlage 3 Änderung der Bundesärzteordnung im Hin- blick auf die Feststellung des Ausbildungsstan- des von Migranten aus den östlichen Nachbar- staaten durch eine Individualprüfung MdlAnfr 1 Gerald Weiß (Groß-Gerau) CDU/CSU Antw PStSekr’in Christa Nickels BMG . . . . . 12744 D Anlage 4 Abstimmung der für die Kohlesubventionie- rung vorgesehenen Haushaltsmittel mit der EU-Kommission, insbesondere für die Zeit nach 2005; Stilllegung oder Zusammenlegun- gen von Steinkohlezechen ohne betriebsbe- dingte Kündigungen MdlAnfr 10, 11 Dr. Norbert Lammert CDU/CSU Antw PStSekr Siegmar Mosdorf BMWi . . . . 12745 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. November 2000 III Anlage 5 Abschaffung der Sozialversicherungspflicht für ehrenamtlich tätige Feuerwehrleute und Neure- gelung für Ehrenamtsinhaber MdlAnfr 15, 16 Ernst Hinsken CDU/CSU Antw PStSekr’in Ulrike Mascher BMA . . . . . 12745 B Anlage 6 Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber, gedul- dete Ausländer und Ausländer mit Aufenthalts- befugnis; Auswirkungen auf arbeitswillige Langzeitarbeitslose MdlAnfr 17, 18 Johannes Singhammer CDU/CSU Antw PStSekr’in Ulrike Mascher BMA . . . . . 12745 C Anlage 7 Verteilungsmodus für die vom BMVg erwarte- ten Mehreinnahmen hinsichtlich der einzelnen Kapitel im Verteidigungshaushalt, insbeson- dere Beschaffung MdlAnfr 19, 20 Kurt J. Rossmanith CDU/CSU Antw PStSekr Walter Kolbow BMVg . . . . . . 12746 B Anlage 8 Höhe der aus dem vergangenen Haushaltsjahr erwirtschafteten und in das laufende Jahr über- tragenen Haushaltsmittel der Bundeswehruni- versitäten; Verteilung der Überschüsse MdlAnfr 21, 22 Werner Lensing CDU/CSU Antw PStSekr Walter Kolbow BMVg . . . . . . 12746 D Anlage 9 Errichtung des UN-Campus in Bonn MdlAnfr 28, 29 Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU Antw PStSekr Achim Großmann BMVBW 12746 D Anlage 10 Untersuchungsergebnisse zum Ausbau der Do- nau zwischen Straubing und Vilshofen MdlAnfr 30, 31 Hans-Michael Goldmann F.D.P. Antw PStSekr Siegfried Scheffler BMVBW 12747 B Anlage 11 Abstimmung über den Bau der Ortsumgehun- gen von Bundesstraßen im Rahmen des Zu- kunftsinvestitionsprogramms in Bayern MdlAnfr 32, 33 Eduard Lintner CDU/CSU Antw PStSekr Siegfried Scheffler BMVBW 12747 C Anlage 12 Finanzierung der Umfahrung von Rottenburg- Ergenzingen und des Freudenstädter Tunnels MdlAnfr 34 Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU Antw PStSekr Siegfried Scheffler BMVBW 12747 D Anlage 13 Zusammenlegung der Verwaltung der Bundes- fernstraßen mit der DB Netz AG zu einer ge- meinsamen Behörde; Auswirkungen MdlAnfr 35, 36 Georg Girisch CDU/CSU Antw PStSekr Siegfried Scheffler BMVBW 12748 B Anlage 14 Budgetierung des Fünfjahresprogrammes „Me- dia-Plus“ der EU MdlAnfr 41, 42 Bernd Neumann (Bremen) CDU/CSU Antw StMin Dr. Michael Naumann BK . . . . . 12748 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. November 2000IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. November 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. November 2000 Dr. Christian Ruck 12742 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. November 2000 12743 (C) (D) (A) (B) Adam, Ulrich CDU/CSU 15.11.2000* Albowitz, Ina F.D.P. 15.11.2000 Balt, Monika PDS 15.11.2000 Bläss, Petra PDS 15.11.2000 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 15.11.2000* Burchardt, Ursula SPD 15.11.2000 Ehlert, Heidemarie PDS 15.11.2000 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 15.11.2000 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 15.11.2000 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 15.11.2000 Gröhe, Hermann CDU/CSU 15.11.2000 Hempelmann, Rolf SPD 15.11.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 15.11.2000 DIE GRÜNEN Dr. Hornhues, CDU/CSU 15.11.2000 Karl-Heinz Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 15.11.2000* Kramme, Anette SPD 15.11.2000 Kühn-Mengel, Helga SPD 15.11.2000 Niebel, Dirk F.D.P. 15.11.2000 Robbe, Reinhold SPD 15.11.2000 Rönsch (Wiesbaden), CDU/CSU 15.11.2000 Hannelore Dr. Rössel, Uwe-Jens PDS 15.11.2000 Schily, Otto SPD 15.11.2000 Schmidt (Fürth), CDU/CSU 15.11.2000 Christian Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 15.11.2000* Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 15.11.2000 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 15.11.2000 Schultz (Everswinkel), SPD 15.11.2000 Reinhard Siebert, Bernd CDU/CSU 15.11.2000* Sterzing, Christian BÜNDNIS 90/ 15.11.2000 DIE GRÜNEN Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 15.11.2000 Dr. Tiemann, Susanne CDU/CSU 15.11.2000 Welt, Jochen SPD 15.11.2000 Wülfing, Elke CDU/CSU 15.11.2000 Zierer, Benno CDU/CSU 15.11.2000 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung – des Berichts: Für eine sozial, finanziell und ökologisch nachhaltige Bundesverkehrswe- geplanung – des Antrags: Realisierung einer direkten Fernbahnverbindung zwischen den Bahn- höfen Berlin-Ostbahnhof und Berlin-Lich- tenberg beim Ausbau des Verkehrsknotens Berlin – des Berichts: Überzählige Diesellokomotiven der DB AG nicht verschrotten, sondern wei- terverwenden – des Berichts: Beibehaltung der Reisezug- Verbindungen zwischen Polen und Berlin (130. Sitzung, Tagesordnungspunkt 22a bis d) Peter Letzgus (CDU/CSU): Von den zu diesem Ta- gesordnungspunkt vorliegenden vier PDS-Anträgen sind drei bereits im zuständigen Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen beraten worden. Der Antrag „Realisierung einer direkten Fernbahnver- bindung zwischen den Bahnhöfen Berlin-Ostbahnhof und Berlin-Lichtenberg beim Ausbau des Eisenbahnknotens Berlin“ auf Drucksache 14/3783 vom 5. Juli 2000 ist neu. Er beinhaltet die Aufforderung an den Deutschen Bun- destag, dieser wiederum solle die Bundesregierung auf- fordern, dafür Sorge zu tragen, die direkte Ferngleisver- bindung Berlin-Lichtenberg bis Berlin-Ostbahnhof in die Bundesverkehrswegeplanung zu integrieren. Ich bitte da- rum, diesen Antrag an den zuständigen Ausschuss zur Erstberatung zu überweisen. Der Antrag „Für eine sozial, finanziell und ökologisch nachhaltige Bundesverkehrswegeplanung“ auf Drucksa- che 14/2262 vom 1. Dezember 1999 wurde im Ausschuss entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht am27. Januar 2000 beraten und abgelehnt. Beschlussemp- fehlung und Bericht liegen in der Drucksache 14/3904 vom 20. Juli 2000 vor. Im PDS-Antrag wird festgestellt, dass ein neuer Bun- desverkehrswegeplan überfällig sei. Ferner wird behaup- tet, dass der BVWP 92 nicht dem Infrastrukturerhalt, dem Erkenntnisstand und dem Verkehrswegeerhalt genüge und dass auch das Verkehrswege-Investitionsprogramm 1999 bis 2002 nicht den Anforderungen genüge, die an ei- nen neuen BVWP zu stellen sind. Weiter wird die Bun- desregierung aufgefordert, einen neuen BVWP aufzustel- len, der bestimmte, im Antrag aufgeführte Kriterien und Maßgaben berücksichtigt. Der Forderung, noch in dieser Legislaturperiode einen neuen BVWP aufzustellen, kann ich mich anschließen. Die notwendige Planungssicherheit für Bauvorhaben im Infrastrukturbereich muss schnellstens hergestellt werden und darf nicht bis nach der nächsten Bundestagswahl ver- schoben werden. Bisher hat sich die Bundesregierung nicht zu dem Termin der Vorlage des neuen BVWP geäußert, sondern nur zu Kriterien und Methoden seiner Erstellung. Die im PDS-Antrag enthaltene Unterstellung, die Vor- gängerregierung habe nicht genug für die Planung und den Ausbau der Bundesverkehrswege getan, weise ich entschieden zurück. Speziell in die neuen Bundesländer sind bis 1998 Milliarden geflossen, die zum Auf- und Ausbau einer Infrastruktur genutzt wurden, die sich durchaus sehen lassen kann. Vorzeigeobjekte sind hier die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit, die in einem abseh- baren Zeitraum alle vollendet sein werden. Auch zu der im Antrag enthaltenen Forderung, den nicht motorisierten Verkehr zu fördern, ist zu sagen, dass hier die frühere Bundesregierung vorbildlich gearbeitet hat (Stichwort Fahrradverkehr). Die Aussage zur Binnenschifffahrt im Antrag, die Schiffe den Flüssen anzupassen und nicht umgekehrt, ist zumindest unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten für die Schiffseigner problematisch. Die Forderung im Antrag, der „Schiene den Vorrang zu geben“, ein „ausgewogenes Miteinander von Straße und Schiene“ zu schaffen und innerdeutsche Zugverbindun- gen dort, wo es möglich ist, durch schnelle Schienenver- bindungen zu ersetzen, sind im Ausschuss nicht strittig. Der kritische Hinweis darauf, dass zehn Jahre nach Wie- derherstellung der deutschen Einheit noch nicht alle un- terbrochenen innerdeutschen Verkehrswege wieder her- gestellt sind, sollte nicht ausgerechnet von der PDS kommen. Neben dem federführenden Ausschuss lehnten übri- gens auch alle mitberatenden Ausschüsse (Haushalt, Um- welt, Tourismus, Wirtschaft, Familie, Neue Länder und Angelegenheiten der Europäischen Union) den vorliegen- den Antrag ab. Der Antrag „Überzählige Diesellokomotiven der DB AG nicht verschrotten, sondern weiterverwenden“ auf Drucksache 14/1930 vom 28. Oktober 1999 wurde im Ausschuss am 16. Februar 2000 beraten und abgelehnt. Die Beschlussempfehlung und der Bericht liegen in der Drucksache 14/2788 vom 23. Februar 2000 vor. Mit dem vorliegenden Antrag soll die Bundesregierung aufgefor- dert werden, sich dafür einzusetzen, dass von der Deut- schen Bahn AG nicht mehr genutzte, freie Fahrzeuge – speziell handelt es sich hierbei um Lokomotiven der Baureihen 202 und 232 – kostengünstig den regionalen Schienenverkehrsunternehmen zur Verfügung zu stellen. Dabei sollen verschiedene Vorgaben berücksichtigt wer- den. Zustimmen kann ich der Idee, dass Lokomotiven, die bei der DB AG nicht mehr gebraucht werden, wieder auf- zuarbeiten sind, um sie auf dem Markt zu veräußern. Das geschieht jedoch bereits, so zum Beispiel im Werk Sten- dal der DB AG. Unter anderem durch die Vermarktung dieser Lokomotiven soll das Stendaler Werk schwarze Zahlen schreiben können. Im Moment sieht es aber leider nicht so aus. Über 100 Loks stehen in den Schuppen von Jüterbog und warten auf den Verkauf. Es ist zu wünschen, dass diese und die in Stendal aufgearbeiteten Lokomoti- ven schnell einen Käufer finden, damit die beabsichtigte Schließung des Werkes in Stendal doch noch verhindert werden kann. Der privatisierten DB AG jedoch vorschreiben zu wol- len, welches Material zu welchem Preis an wen zu ver- kaufen sei, lehnen wir als unzulässigen staatlichen Ein- griff ab. Der vorliegende Antrag „Beibehaltung der Reisezug- Verbindungen zwischen Polen und Berlin“ unter Druck- sache 14/3191 vom 12. April 2000, der zum Ziel hat, die Reisezug-Verbindungen zwischen Polen und Berlin beizubehalten, wurde am 14. April 2000 im Ausschuss be- raten und abgelehnt, was in der Beschlussempfehlung und im Bericht unter Drucksache 14/4121 vom 21. September 2000 festgehalten wurde. Die Bundesregierung wird im Antrag aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die genannten internationalen Eisenbahn-Fernverbindungen zwischen Berlin, Stettin, Köslin, Gdingen, Danzig, Marienburg, Elbing und ande- ren erhalten bleiben, Einschränkungen im Eisenbahnver- kehr zwischen Polen und Deutschland vermieden und die bestehenden Schienenwege zwischen beiden Staaten zü- gig und leistungsfähig entwickelt werden. Auch das stellt meiner Meinung nach einen unzulässi- gen staatlichen Eingriff in die privatisierte DB AG dar. Die Ausgestaltung des Fahrplanes liegt allein in der un- ternehmerischen Verantwortung der DB AG. Daher lehnt die CDU/CSU-Fraktion diesen und die zuvor genannten Anträge der PDS-Fraktion ab und bestätigt die mit Mehr- heit gefassten Voten im zuständigen Ausschuss für Ver- kehr, Bau- und Wohnungswesen. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Frage des Abgeordneten Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/ CSU) (Drucksache 14/4567, Frage 1): Beabsichtigt die Bundesregierung, die Bundesärzteordnungdahin gehend zu ändern, dass zur Feststellung der Gleichwertig-keit des Ausbildungsstandes bei Migranten aus den östlichenNachbarstaaten eine Individualprüfung im Sinne des Fachge-spräches ermöglicht wird? Die Bundesregierung prüft derzeit eine Änderung der Bundesärzteordnung, die den Ländern die Möglichkeit Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. November 200012744 (C) (D) (A) (B) eröffnet, ein rechtsstaatlichen Anforderungen genügendes Verfahren zur Beurteilung der Gleichwertigkeit ausländi- scher Qualifikationen anzuwenden. Diskutiert wird eine Rahmenregelung durch den Bund, wonach zunächst die Gleichwertigkeit der ausländischen Qualifikation geprüft wird. Ergeben sich danach Zweifel an der Gleichwertig- keit, sollen die Länder gesetzlich die Möglichkeit erhal- ten, die Gleichwertigkeit durch Prüfung der Kenntnisse festzustellen. Die Länder wollen von der Rahmenrege- lung möglichst einheitlich, objektiv und unbürokratisch Gebrauch machen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegmar Mosdorf auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Norbert Lammert (CDU/CSU) (Drucksache 14/4567, Fragen 10 und 11): Welche Vereinbarungen zur geltenden Kohlevereinbarung inDeutschland sind mit der EU-Kommission zur Genehmigung dervorgesehenen Haushaltsmittel getroffen worden und welche Zu-sagen oder Verpflichtungen ist die Bundesregierung in diesem Zu-sammenhang für die Zeit nach 2005 eingegangen? Sind zusätzliche Stilllegungen oder Zusammenlegungen vonSteinkohlezechen ohne betriebsbedingte Kündigungen möglich? Zu Frage 10: Die Bundesregierung hat nach Abstimmung mit RAG AG, der IG BCE und NRW der EU-Kommission vorge- schlagen, 1,2 Milliarden DM der bisher den Absatzhilfen nach Artikel 3 der Entscheidung Nr. 3632/93/EGKS zu- geordneten Mittel dem Artikel 4 (Absatzhilfen für stillzu- legende Bergwerke) zuzuordnen. Durch diese geänderte Zuordnung der Absatzhilfen ist der 1997 vereinbarte und bis 2005 geltende Kohlekompromiss nicht tangiert. Die durch die Neuverteilung der Mittel notwendige Stillle- gung wird erst ab dem Jahre 2006 erfolgen. Auf dieser Grundlage erwartet die Bundesregierung von der Kom- mission eine Genehmigung der deutschen Beihilfen für den Steinkohlebergbau für die Jahre 2000 bis 2002. Zu Frage 11: Zusätzliche Stilllegungen oder Zusammenlegungen von Steinkohlezechen während der Laufzeit des Kohle- kompromisses sind nicht vorgesehen. Auch nach 2005 wird gemeinsam mit allen Beteiligten dafür Sorge zu tra- gen sein, dass der Anpassungsprozess wie bisher sozial- verträglich gestaltet werden kann. Anlage 5 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher auf die Fragen des Abgeordneten Ernst Hinsken (CDU/CSU) (Drucksa- che 14/4567, Frage 15 und 16): Wann beabsichtigt die Bundesregierung, die Sozialversiche-rungspflicht für ehrenamtlich tätige Feuerwehrleute – wie von Bun-deskanzler Gerhard Schröder am 24. Juni 2000 beim 27. Feuer-wehrtag in Augsburg angekündigt – abzuschaffen? Wann ist die Bundesregierung bereit, die Sozialversicherungs- pflicht für Ehrenamtsinhaber neu zu regeln? Zu Frage 15: Bundeskanzler Gerhard Schröder hat auf dem Feuer- wehrtag in Augsburg angekündigt, die Sozialversiche- rungspflicht für Aufwandsentschädigungen ehrenamtlich Tätiger grundsätzlich und ohne Sonderlösung für einzelne Bereiche zu regeln; dabei steht eine solide, tragfähige Lö- sung im Vordergrund. Ausgehend von diesen Vorgaben wird es keine nur auf ehrenamtlich tätige Feuerwehrleute bezogene Regelung geben. Zu Frage 16: Die Bundesregierung prüft derzeit in Zusammenarbeit mit der Enquete-Kommission zur Zukunft des bürger- schaftlichen Engagements, welche Regelung zielführend ist. Anlage 6 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher auf die Fragen des Abgeordneten Johannes Singhammer (CDU/CSU) (Drucksache 14/4567, Fragen 17 und 18): Wieviele Asylbewerber, geduldete Ausländer und Ausländermit Aufenthaltsbefugnis erhalten nach der von der Bundesregie-rung geplanten Veränderung der Arbeitsgenehmigungsverord-nung nunmehr den Arbeitsmarktzugang, und wie beurteilt dieBundesregierung den Verdrängungseffekt zulasten von arbeits-willigen Langzeitarbeitslosen? Wie beurteilt die Bundesregierung den in der geplanten Ver-ordnung vorgesehenen Verzicht auf die Arbeitsmarktprüfung vorder erneuten Erteilung von Arbeitserlaubnissen zur Fortsetzungvon seit mindestens einem Jahr bestehenden erlaubten Beschäfti-gungen im Hinblick auf die jederzeit mögliche Vollziehung derAusreiseverpflichtung des Personenkreises und die Verfestigungdes Verdrängungseffektes, insbesondere in den Grenzgebietendurch Grenzgänger? Zu Frage 17: Nach einer zuletzt zum 31. August 2000 erfolgten Aus- wertung des Ausländerzentralregisters hätte die geplante Änderung der Arbeitsgenehmigungsverordnung im Falle ihres In-Kraft-Tretens am 1. September 2000 zu einem Einmaleffekt von rechnerisch rund 82 500 in den Mona- ten Mai 1997 bis Ende August 1999 eingereister Asylbe- werber, geduldeter Ausländer und Ausländer mit Aufent- haltsbefugnis und danach von rund 2 900 dieser Personen monatlich geführt, die, jeweils nach Ablauf der vorgese- henen Wartezeit für den Zugang zum Arbeitsmarkt von ei- nem Jahr, einen Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaub- nis stellen können. Wie bereits in der schriftlichen Antwort auf Ihre Frage Nr. 32 für die Fragestunde im November 1999 ausgeführt, ist jedoch eine genaue Voraussage über die Zahl der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse, die durch die Änderung zu erwarten sind, allein aufgrund der Anzahl der genannten Gruppen nur schwer möglich, weil Fakto- ren wie Alter, Geschlecht, berufliche Qualifikation, regio- nale Verteilung im Bundesgebiet sowie der regional und branchenbezogen unterschiedliche Bedarf, der Einstel- lungswille der Arbeitgeber und die Bereitschaft der ge- nannten Gruppen, auch tatsächlich eine Beschäftigung aufzunehmen, berücksichtigt werden müssten. Verdrängungseffekte zulasten von arbeitsuchenden Langzeitarbeitslosen werden durch die beabsichtigten Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. November 2000 12745 (C) (D) (A) (B) Änderungen nicht erwartet. Der sich aus § 285 Absatz 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch ergebende Ver- mittlungs- und Beschäftigungsvorrang deutscher Arbeit- suchender und ihnen gleichgestellter Ausländer, wie zum Beispiel EU/EWR-Staatsangehörige, drittstaatsangehö- rige Ausländer mit Daueraufenthaltsrecht, vor der Ertei- lung einer Arbeitserlaubnis an die Asylbewerber, gedulde- ten Ausländer und Ausländer mit Aufenthaltsbefugnis bleibt von den Änderungen unberührt. Dabei stellt die Vor- schrift des § 285 Absatz 1 Satz 2 Drittes Buch Sozialge- setzbuch zugunsten der arbeitsuchenden Langzeitarbeits- losen klar, dass in den Vermittlungsvorrang insbesondere auch die deutschen Arbeitsuchenden und gleichgestellten Ausländer einbezogen sind, die für die Vermittlung förde- rungsrechtlicher Hilfen des Arbeitsamtes bedürfen. Zu Frage 18: Zwischen dem vorgesehenen Verzicht auf die Arbeits- marktprüfung vor der erneuten Erteilung von Arbeitser- laubnissen zur Fortsetzung von seit mindestens einem Jahr bestehenden erlaubten Beschäftigungen und der Voll- ziehung einer im Einzelfall bestehenden Ausreiseverpflich- tung besteht nach Auffassung der Bundesregierung kein rechtlicher Widerspruch. Nach § 8 Absatz 1 der Arbeitsge- nehmigungsverordnung erlischt – dem Nachrang des Ar- beitsgenehmigungs- gegenüber dem Aufenthaltsrecht fol- gend – mit der Beendigung des Aufenthaltes auch eine zuvor erteilte Arbeitsgenehmigung. Eine vorherige Ertei- lung der Arbeitserlaubnis steht daher der Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Auch sieht die Bundesregierung durch den Verzicht auf die Arbeitsmarktprüfung in den Fällen der Fortsetzung ei- ner bereits bestehenden Beschäftigung keine Verfestigung von Verdrängungseffekten. Zum einen bleibt für die Ar- beitsämter die Möglichkeit erhalten, Verdrängungseffekte im Rahmen der Arbeitsmarktprüfung vor der Erteilung der Arbeitserlaubnis für die Aufnahme der Beschäftigung bei dem Arbeitgeber auszuschließen, bei dem die Beschäfti- gung fortgesetzt werden soll. Zum anderen bleibt von den Arbeitsämtern bei der Erteilung der Arbeitserlaubnisse für die Fortsetzung der Beschäftigungen zu prüfen, dass die ausländischen Arbeitnehmer nicht zu ungünstigeren Ar- beitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt werden. Hierdurch kann Verdrängungseffekten, wie sie bei nachträglicher Verschlechterung der Arbeitsbe- dingungen auftreten könnten, weiterhin ausreichend entge- gengewirkt werden. Dies gilt auch bei der Entscheidung über die Arbeitserlaubnisse für die Fortsetzung der mit Grenzgängern bestehenden Beschäftigungsverhältnisse. Die beabsichtige Regelung wird im Übrigen von Arbeitge- bern und Gewerkschaften gleichermaßen begrüßt. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Walter Kolbow auf die Fragen des Abgeordneten Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU) (Drucksache 14/4567, Fragen 19 und 20): Nach welchem Verteilungsmodus sollen die vom Bundesmi- nister der Verteidigung erwarteten Erlöse aus Effizienzgewinnen sowie Mehreinnahmen aus Vermietung, Veräußerung und sonsti- gen Dienstleistungen in Höhe von bis zu 1 Milliarde DM im Ver- teidigungshaushalt 2001 den einzelnen Kapiteln, vor allem im Be- reich der Beschaffungskapitel, zufließen? Welche Planungen bestehen für den Fall, dass die erwartetenMehreinnahmen von 1 Milliarde DM im Jahr 2001 auch teilweisenicht erwirtschaftet werden, und nach welcher Prioritätenliste solldann von den geplanten Projekten Abstand genommen werden? Zu Frage 19: In der 57. Sitzung des Verteidigungsausschusses am 25. Oktober 2000 hat Bundesminister Scharping zugesagt, den Verteidigungsausschuss vierteljährlich – erstmals zum 15. Januar 2001 – über den Stand und die Erwartungen der Mehreinnahmen und Minderausgaben aus Effizienzsteige- rungen sowie aus Veräußerungserlösen sowie deren Ver- wendung zu informieren. Mehreinnahmen sollen zur Stär- kung der investiven Ausgabenbereiche des Einzelpla- nes 14 dienen, Minderausgaben sollen (mit Ausnahme der Titel der Gruppe 529) ohne kapitel-/titelbezogene Ein- schränkung dem Verteidigungshaushalt verbleiben. Vertei- lungskriterien werden zurzeit im Ministerium erarbeitet. Zu Frage 20: Ich verweise auf meine Ausführungen zu Ihrer vorheri- gen Frage. Die derzeit in Erarbeitung befindlichen Vertei- lungskriterien haben zu berücksichtigen, dass es sich bei den genannten Beträgen von bis zu 1 Milliarde DM für den Verteidigungshaushalt 2001 um Höchstgrenzen handelt. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatsekretärs Walter Kolbow auf die Fragen des Abgeordneten Werner Lensing (CDU/CSU) (Drucksa- che 14/4567, Fragen 21 und 22): In welcher Höhe haben die Universitäten der Bundeswehr – imRahmen der flexiblen Budgetierung – Haushaltsmittel aus demvergangenen Haushaltsjahr in das laufende Jahr übertragen? Haben die Universitäten der Bundeswehr Überschüsse in derHöhe erwirtschaftet, die in der Sitzung des Verteidigungsaus-schusses des Deutschen Bundestages vom 25. Oktober 2000 ge-nannt wurden, und wie verteilt sich dieser Betrag auf die beidenUniversitäten? Zu Frage 21: Die Universitäten der Bundeswehr haben Haushaltsmittel (Ausgabereste) in Höhe von 8 079 000 DM in das nächste Haushaltsjahr übertragen. Zu Frage 22: Die erwirtschafteten Ausgabereste bewegen sich in der Höhe, die in der Sitzung des Verteidigungsausschusses vom 25. Oktober genannt wurden. Von der Gesamtsumme der Ausgabenreste entfallen auf die Universität der Bun- deswehr München 5 286 798,65 DM und auf die Univer- sität der Bundeswehr Hamburg 2 792 201,35 DM. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Achim Großmann auf die Fragen des Abgeordneten Norbert Hauser (Bonn) (CDU/CSU) (Drucksache 14/4567, Fragen 28 und 29): Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. November 200012746 (C) (D) (A) (B) Wie erklärt die Bundesregierung, dass sie in der Antwort auf meine schriftlichen Fragen am 27. Oktober 2000 durch ihren Par- lamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Achim Großmann, erklären ließ, dass in Kürze über die Errichtung des UN-Campus in Bonn eine Ent- scheidung getroffen werde, aber dann am 6. November 2000 die interministeriellen Verhandlungen über dieses Thema abgebro- chen wurden, und ist die Bundesregierung der Auffassung, dass sich solche Widersprüche nachteilig auf weitere Bewerbungen für internationale Einrichtungen auswirken können? Hält die Bundesregierung weiterhin an der Errichtung des UN- Campus in Bonn fest und ist sie bereit, in den zukünftigen Ver- handlungen über den UN-Campus mit dem Land Nordrhein-West- falen und der Bundesstadt Bonn auf das Junktim zu verzichten, dass die Bundesstadt Bonn Unterhalt und mögliches Defizit für das „Kongresszentrum-Bundeshaus Bonn“ übernehmen soll? Zu Frage 28: Wie ich bereits inmeinerAntwort vom27.Oktober die- ses Jahres auf Ihre parlamentarischeAnfrage erklärt habe, hält die Bundesregierung langfristig eine Konzentration der UN-Einrichtungen an einem Standort im ehemaligen Parlamentsbereich in Bonn für wünschenswert. Dies ent- spricht auch den Vorstellungen der Vereinten Nationen. Zusätzlich halten die Vereinten Nationen eine räumliche Anbindung an ein geeignetes Konferenzzentrum für zweckmäßig. Die Bundesregierung hat daher die Unter- bringung von UN-Organisationen im ehemaligen Regie- rungs- und Parlamentsviertel in Bonn in einem Sachzu- sammenhang mit dem internationalen Kongress- und Veranstaltungszentrum gesehen. Sie geht davon aus, dass die damit in Zusammenhang stehenden Fragen zwischen dem Bund, dem Land Nordrhein-Westfalen und der Bun- desstadtBonn imLaufe des erstenHalbjahres 2001 geklärt werden.WegenbesondererDringlichkeitenkann jetzt dem UN-Sekretariat der Klimarahmenkonvention eine Unter- bringung imAlten Hochhaus zugesichert werden. Zu Frage 29: Die noch offenen Fragen zur Einrichtung eines inter- nationalen Kongress- und Veranstaltungszentrums im Be- reich des früheren Plenarsaals in Bonn sollen im Frühjahr 2001 zwischen dem Bund, dem Land Nordrhein-West- falen und der Bundesstadt Bonn geklärt werden. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegfried Scheffler auf die Fragen des Abgeordneten Hans-Michael Goldmann (F.D.P.) (Drucksache 14/4567, Fragen 30 und 31): Wann werden die Ergebnisse der zwischen dem Bundesminis- terium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) und dem Freistaat Bayern vereinbarten vertieften Untersuchungen zum Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen vorlie- gen, um den „Flaschenhals“ der Donauverbindung zwischen Deutschland und Jugoslawien zu beseitigen? Gibt es bereits im BMVBW einen zeitlichen Fahrplan, wannnach Vorlage der Untersuchungen eine Entscheidung über denAusbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen entschiedenwird, und wenn ja, wie sieht der zeitliche Fahrplan aus? Zu Frage 30: Das BMVBWgeht davon aus, dass die Untersuchungs- ergebnisse noch im Dezember 2000 vorliegen werden. Im Einzelnen wurden von den Beteiligten folgende Ter- mine genannt: Die Gutachten der Bundesanstalt für Was- serbau über die verkehrswasserbaulichen Untersuchungen sollen Ende November/Anfang Dezember fertig gestellt werden; die ökologischen Studie wird erst im Januar 2001 vorliegen, da sie auf den Ergebnissen der verkehrswasser- baulichen Untersuchungen aufbaut; erste Wertungsergeb- nisse sind für Ende Dezember 2000 zugesagt; die ökono- mische Bewertung des Donauausbaus soll im Dezember vorgelegt werden. Zu Frage 31: Das BMVBW wartet die Ergebnisse aller Untersu- chungen ab. Die Daten und Fakten werden anschließend aufgearbeitet, zusammengestellt und bewertet. Die mit Bayern – wegen den Main-Donau-Verträgen – einver- nehmlich zu präzisierende Richtungsentscheidung kann voraussichtlich im 1. Quartal 2001 angegangen werden. Ein detaillierter Zeitplan liegt noch nicht vor. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegfried Scheffler auf die Fra- gen des Abgeordneten Eduard Lintner (CDU/CSU) (Drucksache 14/4567, Fragen 32 und 33): Wie und wann hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen die Ortsumgehungen von Bundesstraßen, die im Rahmen des „Zukunftsinvestitionsprogramms“ in Bayern gebaut werden sollen, mit der bayerischen Staatsregierung oder bayerischen Fachbehörden abgestimmt? Welche Ortsumgehungen im Regierungsbezirk Unterfranken befinden sich darunter und mit welcher Begründung wurden als vordringlich eingestufte und baureife Ortsumgehungen gegebe- nenfalls abgelehnt? Zu Frage 32: Die Projektauswahl des Zukunftsinvestitionspro- gramms (ZIP) 2001 bis 2003 erfolgte anhand der Baureife bzw. des Planungsstandes unter Abwägung der verkehrli- chen Dringlichkeiten und im Einklang mit dem vorgege- benen Finanzrahmen. Im Rahmen der üblichen Baube- sprechungen erfolgt die Detailabstimmung mit der bayerischen Auftragsverwaltung. Von den zusätzlichen im Zukunftsinvestitionsprogramm (2001 bis 2003) zur Verfügung stehenden Bundesfernstraßenmitteln können im Freistaat Bayern 363 Millionen DM für 17 Ortsumge- hungen im Programmzeitraum eingeplant werden. Zu Frage 33: Projekte aus Unterfranken konnten bei den Vorschlä- gen nicht berücksichtigt werden. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegfried Scheffler auf die Frage des Abgeordneten Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU) (Drucksache 14/4567, Frage 34): Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. November 2000 12747 (C) (D) (A) (B) Wieso war es im Rahmen des zügigen Ausbaus der überregio- nalen Straßenverbindung der Bundesfernstraße B 28 neu von Reutlingen über den Schwarzwald in das Rheintal nicht möglich, weder aus Mitteln der aufgelösten globalen Minderausgabe noch aus dem Investitionsprogramm UMTS-Zinserlösen Maßnahmen voranzubringen, wie zum Beispiel die planfestgestellte und bau- reife Umfahrung von Rottenburg-Ergenzingen und wieso wurde in diesem Zusammenhang über die bereits am 16. Dezember 1999 vom Land Baden-Württemberg dem Bund zugeleitete und beson- ders bedeutende Entwurfsplanung für den Freudenstädter Tunnel noch nicht entschieden? Die dem Land Baden-Württemberg aufgrund der Auf- lösung der globalen Minderausgabe zusätzlich zur Verfü- gung gestellten Mittel in Höhe von 125,2 Millionen DM dienen in erster Linie der zügigen Fertigstellung im Bau befindlicher Maßnahmen des Investitionsprogramms 1999 bis 2002 (hochprioritäre Maßnahmen) und dem Baubeginn von Maßnahmen, die im Investitionspro- gramm als prioritäre Maßnahmen enthalten sind. Im In- vestitionsprogramm 1999 bis 2002 ist die Ortsumgehung von Ergenzingen nicht enthalten. In Baden-Württemberg wurden im Zukunftsinvesti- tionsprogramm 14 Ortsumfahrungen aufgenommen. Auf- grund der Vielzahl von rechtskräftig planfestgestellten Projekten in Baden-Württemberg war eine Berücksichti- gung der Ortsumfahrung von Ergenzingen im Zuge der B 28 im Zukunftsinvestitionsprogramm (ZIP) 2001 bis 2003 nicht möglich. Zur Beurteilung des vom Land Baden-Württemberg vorgelegten Entwurfes für die Verlegung in Freudenstadt im Zuge der B 28 sind bei der Auftragsverwaltung Baden- Württemberg noch ergänzende Unterlagen angefordert worden; diese liegen dem Bundesministerium für Ver- kehr, Bau- und Wohnungswesen noch nicht vor. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegfried Scheffler auf die Fra- gen des Abgeordneten Georg Girisch (CDU/CSU) (Drucksache 14/4567, Fragen 35 und 36): Wie ist die Haltung der Bundesregierung zu aktuellen Forde- rungen, die Verwaltung von Bundesfernstraßen mit der DB Netz AG in einer gemeinsamen Behörde zusammenzufassen, da es un- ter der neuen Bundesregierung noch nicht gelungen ist, die von der alten Bundesregierung beabsichtigte unternehmerische Ent- zerrung von Netzbetreibern und Schienennutzern faktisch durch- zusetzen, und welche Synergien könnte man unter der Voraus- setzung, dass die Fahrdienstleistungen weiterhin durch die bestehenden Aktiengesellschaften der Deutschen Bahn AG so- wie Drittanbietern (auch aus dem Ausland gemäß EU-Recht) zu erbringen sind, erreichen? Wie würde sich eine Zusammenlegung der Verwaltung der Bundesfernstraßen mit der DB Netz AG zu einer gemeinsamen Behörde auf die Möglichkeiten des Parlaments und der Bundes- regierung, das nach Artikel 87 e Absatz 4 Grundgesetz geforderte Wohl der Allgemeinheit beim Ausbau und Erhalt des Schienen- netzes durchzusetzen, auswirken? Zu Frage 35: Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, die Verwaltung von Bundesfernstraßen mit der DB Netz AG in einer ge- meinsamen Behörde zusammenzufassen. Eine solche Maßnahme ist mit Artikel 87 e Absatz 3 GG nicht verein- bar und war auch von der früheren Bundesregierung nicht beabsichtigt. Die Bundesregierung kann auch keine beson- deren Synergieeffekte einer solchen Regelung erkennen. Zu Frage 36: Die Verpflichtung gemäß Artikel 87 e GG besteht un- abhängig von der Organisationsform der Schieneninfra- struktur. Anlage 14 Antwort des Staatsministers Dr. Michael Naumann auf die Fragen des Abgeordneten Bernd Neumann (Bremen) (CDU/ CSU) (Drucksache 14/4567, Fragen 41 und 42): Trifft es zu, dass die Bundesregierung bei den Verhandlungenüber das Budget des Fünfjahres-Programmes „Media-Plus“ derEU dafür eintrat, im Gegensatz zum Europäischen Parlament, derEU-Kommission und den meisten anderen Ländern nur eine Ge-samthöhe von 350 Millionen Euro vorzusehen, mit der noch nichteinmal die Inflation ausgeglichen würde, also folglich eine Redu-zierung erfolgte? Wird die Bundesregierung das Ergebnis vom „Bündnis für denFilm“ am 3. November 2000 berücksichtigen, wonach für „Me-dia-Plus“ ein Budget von mindestens 400 Millionen Euro für un-verzichtbar gehalten wurde? Zu Frage 41: Die Bundesregierung hat sich bisher in den entspre- chenden Gremien des EU-Rates, vor allem aber im Minis- terrat für eine Erhöhung der Finanzausstattung des Me- dia-Plus-Programms von mehr als 12 Prozent gegenüber Media II eingesetzt. Dabei hat sich die Bundesregierung bemüht, zwischen der französischen Maximal- und der niederländischen Minimalposition zu vermitteln. Die letzte Ministerratsrunde in Brüssel am 26. September 2000 führte zu keiner Entscheidung. Die Bundesregie- rung hat sich nach eingehenden Diskussionen mit der EU- Präsidentschaft entschieden, einer Finanzausstattung des Media-Plus-Programms von 400 Millionen Euro, wie von der EU-Komission vorgeschlagen, zuzustimmen. Zu Frage 42: Anlässlich der Veranstaltung „Bündnis für den Film“ wurde von Vertretern der Branche eine Mittelausstattung von 400 Millionen Euro für wünschenswert gehalten. Die Bundesregierung hat diese Wünsche zur Kenntnis ge- nommen. Die endgültige Entscheidung über den Etat liegt beim Ministerrat und, in Teilen, beim europäischen Parla- ment. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 132. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. November 200012748 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
Gesamtes Protokol
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413200000
Guten
Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist
eröffnet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes zur
Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur
Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgever-
mögens.

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung,
Walter Riester.

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Der Präsident hat es schon gesagt: Das Kabinett hat heute
die Reform der Alterssicherung und damit das größte Ver-
mögensbildungsprogramm für den Aufbau von Alterssi-
cherung beschlossen, das jemals in Angriff genommen
worden ist.

Ich darf Ihnen einführend die vier wichtigsten Punkte
darstellen, die wir in die Diskussion eingebracht haben
und die sich konsequenterweise im Gesetz wiederfinden:

Erstens. Wir zielen darauf ab, dass die Altersvorsorge
unserer Bürgerinnen und Bürger insgesamt langfristig ge-
sichert wird.

Zweitens. Wir stellen sicher, dass die Beiträge weiter
sinken, danach stabilisiert werden und auch langfristig be-
zahlbar sind.

Drittens. Wir stellen sicher, dass sich die Unterbre-
chungen im Arbeitsleben, die insbesondere mit der Be-
treuung und Erziehung von Kindern zusammenhängen
und zu geringeren Entgelten führen, sich im Rentenrecht
besser darstellen als bisher. Damit gehen wir einen weite-
ren Schritt auf dem Weg zu einer eigenständigen Renten-
sicherung von Frauen.

Viertens. Wir stellen sicher, dass zukünftig niemand
mehr aus Scham, seine Bedürftigkeit zeigen zu müssen,
aus Unwissenheit oder aus Angst, dass der Rückgriff auf
die Kinder erfolgt, zur Altersarmut gezwungen wird.

Das sind die vier großen Ziele, die wir mit dem Gesetz
sicherstellen wollen.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Sie haben noch drei Minuten Redezeit!)


– Ich kann diese drei Minuten ganz einfach füllen, weil
dieser Gesetzentwurf sehr viele spannende Elemente ent-
hält. Aber ich wollte Ihnen die Möglichkeit geben, Ihre
Fragen zu stellen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413200100
Als Erster
hat sich der Kollege Laumann gemeldet.


Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1413200200
Herr Minister,
Sie haben, wenn wir das richtig verstanden haben, bei der
Rentenreform vor, erstens den Einstieg in die private För-
derung auf das Jahr 2002 festzulegen und zweitens die
Förderung in Zwei-Jahres-Schritten zu jeweils 1 Prozent
erfolgen zu lassen. Sie wollen aber bei Ihrer modifizierten
Rentenanpassung mit einem Abschlag von 0,5 Prozent
bleiben.

Wie beurteilt die Bundesregierung die Logik, auf der
einen Seite bei der privaten Förderung 1-Prozent-Schritte
zu tun und auf der anderen Seite die modifizierte Anpas-
sung nach dem alten Konzept mit Abschlägen von
0,5 Prozent vorzunehmen?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Herr Abgeordneter Laumann, es ist zunächst
völlig richtig: Die Bundesregierung fasst die Förderung in
vier Schritten von jeweils 1 Prozent im zweijährigen Ab-
stand zusammen. Die Förderung beginnt im Jahr 2002
und endet im Jahr 2008. Das Volumen bleibt gleich. Die
Berücksichtigung dieser privaten Förderung bei den Ren-
tenanpassungen wird im gleichen Volumen von 4 Prozent
erfolgen. Aber wir wollen sicherstellen, dass es bei der
Rentenanpassung kein Auf und Ab gibt, sondern dass man

12705


(C)



(D)



(A)



(B)


132. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 15. November 2000

Beginn: 13.00 Uhr

sich auf sie einstellen kann. Deswegen nehmen wir, weil
die Rentenanpassung jährlich erfolgt, jeweils Schritte von
0,5 Prozent vor.

Das hat einen zweiten wichtigen Vorteil, nämlich dass
wir bereits mit 1 Prozent Förderung einsteigen und damit
die Eigenvorsorge von Anfang an deutlich attraktiver ma-
chen. Die Tatsache, dass wir dies bei der ersten Renten-
anpassung nur mit 0,5 Prozent berücksichtigen, ist ein
weiteres Entgegenkommen gegenüber dem Argument,
dass die Anpassung der Renten erst nach Vollzug einer
Förderung erfolgen sollte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413200300
Herr Kol-
lege Singhammer.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1413200400
Herr Minister,
trifft es zu, dass die Koalition bei einem der Herzstücke
dieser Rentenreform – nämlich bei dem so genannten
Ausgleichsfaktor – schon jetzt, zum Zeitpunkt der Vorlage
Ihres Gesetzentwurfs, Veränderungs- und Nachbesse-
rungsbedarf sieht? Das hat dann natürlich erhebliche Aus-
wirkungen auf die Statik der gesamten Konstruktion Ihrer
Rentenreform. Können Sie mir sagen, wo dieser Nach-
besserungsbedarf schon jetzt gesehen wird?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Ich kann Ihnen zuerst einmal sagen: Es gibt
keinen Nachbesserungsbedarf. Als Zweites kann ich Ih-
nen sagen: Die Eckpunkte – unser Ziel ist die Beitrags-
stabilisierung; Sie kennen die Aussagen, die wir dazu ge-
macht haben: Wir werden den Beitrag möglichst über das
Jahr 2020 hinaus unter 20 Prozent halten – werden nicht
verändert. Der Beitrag bleibt absolut stabil. Den Aus-
gleichsfaktor, den wir eingeführt haben und mit dem wir
gerade diese Justierung vornehmen, haben wir in der be-
kannten Form eingebracht.

Wir führen gern weitere Diskussionen. Leider sind uns
bisher jedoch keine positiven, besseren Vorschläge ge-
macht worden. Wir warten ja noch immer auf Vorschläge
der Opposition.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413200500
Herr Kol-
lege Dreßen von der SPD-Fraktion.


Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1413200600
Herr Minister, können Sie ein-
mal die Voraussetzungen schildern, die gegeben waren,
als Sie mit dieser Rentenreform begannen? War es nicht
so, dass sich der Arbeitsmarkt immer mehr aufgespalten
hat? Welche gesetzlichen Maßnahmen hat die Regierung
ergriffen, um zu erreichen, dass es mehr Beitragszahler
für die Rentenversicherung gibt?

Das Zweite: Ist es – im Gegensatz zur alten Reform –
nicht so, dass diese Regierung nun alles unternimmt, um
wieder ein Niveau von 70 Prozent zu erreichen,


(Zuruf von der CDU/CSU: 69 Prozent!)


während es die alte Regierung bei 64 Prozent belassen
und sich überhaupt nicht darum bemüht hätte, wie man
wieder 70 Prozent erreichen könnte?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Das kann ich Ihnen gerne beantworten. Es
war nicht schön, was wir vorfanden: eine Rentenversi-
cherung, die gezwungen war, die Beiträge jährlich zu stei-
gern. Wir haben einen Beitragssatz von 20,3 Prozent vor-
gefunden, der – natürlich in gleichem Maße – die
Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie den Arbeitsmarkt
belastet hat. Wir haben eine Rentenversicherung vorge-
funden, die im Jahr 1998 gerade noch Rücklagen von
21 Tagen bilden konnte. Wir haben einen Arbeitsmarkt
vorgefunden – Sie haben darauf hingewiesen –, bei dem
5,5 Millionen geringfügig Beschäftigte keinerlei Zahlun-
gen in die Sozialversicherungssysteme leisteten. Es hatte
sich in zunehmendem Maße eine Grauzone zwischen
Selbstständigen und abhängig Beschäftigten entwickelt,
die rechtlich nicht geklärt war.

Wir haben diese Situation, die natürlich in hohem
Maße unbefriedigend war und auch zur Verunsicherung
beigetragen hat, in ersten Schritten bereinigt. Wir haben
dafür gesorgt, dass auch für geringfügig Beschäftigte
Zahlungen in die Rentenversicherung erfolgen. Das sind
ganz erhebliche Zahlungen; denn insgesamt sind 4 Milli-
onen geringfügig Beschäftigte in der Rentenversicherung
erfasst. Dieses stabilisiert die Beitragseinnahmen der
Rentenversicherung.

Wir haben als Zweites dafür gesorgt, dass die von dem
Gesetzgeber vorgesehene Mindestschwankungsreserve
von einem Monat aufgefüllt wird. Das heißt, wir haben
den Rentenversicherungen Rücklagen von 8,4 Milliar-
den DM gegeben. Die gesetzliche Rücklage ist damit wie-
der vorhanden.

Wir haben als Drittes dafür gesorgt, dass wir nicht
mehr von versicherungsfremden oder nicht beitragsge-
deckten Leistungen sprechen müssen; denn der Bundes-
zuschuss, der nun an die Rentenversicherung geht, deckt
diese Leistungen jetzt ab, und nicht nur diese.


(Peter Dreßen [SPD]: Und was ist mit den 64 Prozent im Vergleich zu den 70 Prozent?)


– Entschuldigung, das habe ich vergessen. Die Situation
ist folgende: Der so genannte Eckrentner, dessen Rente
nach 45 Jahren durchschnittlicher Einzahlung eine statis-
tische Größe ist, erhält gegenwärtig eine Rente, die in
etwa bei 70 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkom-
mens der Beschäftigten liegt. Von der alten Regierung war
vorgesehen, das Rentenniveau durch geringere Rentenan-
passungen abzusenken.

Je nach demographischer Entwicklung wäre ein Ren-
tenniveau in Höhe von 64 Prozent, das vom Gesetz als
niedrigster Wert vorgesehen war, erst im Jahre 2015, 2018
erreicht worden. Es hätten dann nur noch zwei Mög-
lichkeiten bestanden: entweder die Beiträge weiter zu
steigern oder das Rentenniveau unter 64 Prozent zu sen-
ken.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das ist schon ziemlich dreist, was Sie hier sagen!)





Bundesminister Walter Riester
12706


(C)



(D)



(A)



(B)


Wir haben uns bei der Rentenreform darauf festgelegt,
für alle heutigen Rentner und für alle jene, die bis zum
Jahre 2010 in Rente gehen, das Rentenniveau stabil zu
halten und erst ab dem Jahr 2011 – nach Aufbau und Sta-
bilisierung der kapitalgedeckten ergänzenden Altersvor-
sorge – leichte, aber notwendige Senkungen im Renten-
niveau vorzunehmen. Diese werden aber durch das, was
aufgrund der kapitalgedeckten Vorsorge aufgebaut wird,
überkompensiert. Insgesamt kann ich feststellen: Jeder,
der sich am Aufbau einer kapitalgedeckten Vorsorge be-
teiligt, wird sich hinsichtlich des Volumens seiner Ren-
tenleistungen besser stellen als jetzt.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Ein Beweis dafür, dass Kapitaldeckung mehr bringt als Umlagefinanzierung!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413200700
Das Wort
hat die Kollegin Ina Lenke von der F.D.P.-Fraktion.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1413200800
Herr Minister, Sie haben gerade
davon gesprochen, dass Sie bei den geringfügig Beschäf-
tigten Änderungen in der Weise vorgenommen haben,
dass nunmehr auch aus diesen Beschäftigungsverhältnis-
sen Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden. Sie ha-
ben aber vergessen zu erwähnen, dass in der Regel von der
normalen Pauschalabgabe keine einzige Mark an die Ren-
tenversicherung der Betroffenen abgeführt wird. Etwas
anderes gilt nur, wenn von den geringfügig Beschäftigten
zusätzliche Beiträge entrichtet werden. Was verstehen Sie
nun unter dem Begriff „bereinigt“, wenn die Maßnahme
für den geringfügig Beschäftigten nichts bringt?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Ihre Annahme ist schlicht falsch, da die Pau-
schalabgabe in Höhe von 12 Prozent für den einzelnen ge-
ringfügig Beschäftigten einerseits Rentenansprüche und
andererseits Rentenanwartschaftszeiten zur Folge hat.
Die von Ihnen offensichtlich angesprochene Aufzahlung
auf die 19,3 Prozent – wir raten sehr dazu; es wird leider
dennoch häufig nicht gemacht – würde dem Versicherten
zusätzliche Ansprüche aus der Rentenversicherung, zum
Beispiel auf Reha-Leistungen, geben. Ich darf Sie daher
beruhigen: Die Pauschalabgabe in Höhe von 12 Prozent
kommt voll und ganz den Versicherten in der Rentenver-
sicherung zugute.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413200900
Das Wort
hat die Kollegin Knake-Werner von der PDS-Fraktion.


Dr. Heidi Knake-Werner (PDS):
Rede ID: ID1413201000
Herr Minister, ich
beziehe mich in meiner Frage auf Ihre Antwort auf die
Frage des Kollegen Laumann. Sie haben gesagt, die För-
derung bei der privaten Altersvorsorge solle in vier Etap-
pen, beginnend mit dem Jahre 2002, umgesetzt werden.
Wenn ich alle Meldungen richtig verstanden habe, soll
aber ab dem Jahr 2002 auch der Abschlagsfaktor wirken.
Sie haben jetzt gesagt, dieser solle in 0,5-Prozent-Schrit-
ten eingeführt werden, da das den Vorteil habe, dass es erst
nach dem ersten Förderschritt einsetzt. Nach meiner

Rechnung wäre das das Jahr 2003. Können Sie Ihre
Aussagen noch etwas präzisieren?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und Sozial-
ordnung: Ich kann das gerne tun. Die erste Förderung wird
für diejenigen, die eine ergänzende Altersvorsorge betrei-
ben, am 1. Januar 2002 gewährt. Die Rentenanpassung des
Jahres 2002 wird zum 1. Juli des Jahres 2002 vorgenom-
men. Wie die Rentenanpassung zum 1. Juli 2002 aussehen
wird, ob sie vom Gesetzentwurf abweicht oder nicht, ent-
scheiden Sie als Parlament.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413201100
Das Wort
hat der Kollege Wolfgang Meckelburg von der
CDU/CSU-Fraktion.


Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1413201200
Herr Minister,
wir haben am Sonntag vor zehn Tagen auf dem ÖTV-Ge-
werkschaftstag das „Basta!“ von Bundeskanzler Schröder
gehört. Wir haben damit den Eindruck bekommen, das sei
das letzte Wort in dieser Sache. Wenn ich Sie richtig ver-
standen habe, sind einige Punkte – zumindest im Ent-
wurf – wohl geändert worden.

Gehen Sie nach dem, was Sie in den letzten zehn Ta-
gen persönlich erlebt haben, davon aus, dass der Entwurf,
so wie Sie ihn mit den entsprechenden Vorschlägen, die
Sie jetzt auf den Tisch legen, einbringen, vom Parlament
wirklich verabschiedet werden wird?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Herr Meckelburg, Sie sind der Parlamenta-
rier. Sie entscheiden über diesen Entwurf mit. Deswegen
erspare ich es mir, Ihre Frage zu beantworten. Abgeord-
nete, Sie sind der Souverän, Sie können natürlich Vor-
schläge einbringen, abändern und dann mit Mehrheit ent-
scheiden. Sie entscheiden, meine Damen und Herren.

Das Wort des Kanzlers, das ich in dem Sinne überset-
zen würde, dass nun einmal ein vorläufiges Ende der Dis-
kussion sein muss, dass nun entschieden werden muss, ist
absolut richtig.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Hat er Sie damit gemeint?)


Dahinter stehe ich. Ich kann nur sagen: Sie haben jetzt die
Möglichkeit der Entscheidung. Es liegen Beschlüsse der
Koalitionsfraktionen vor, es liegt ein Kabinettsbeschluss
vor. Morgen werden wir die erste Lesung haben. Sie ha-
ben dann die Möglichkeit, sorgfältig zu beraten und dann
zu entscheiden.


(Gerd Andres [SPD]: Gute Lehrstunde! Setzen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413201300
Mir lie-
gen jetzt noch 13 weitere Wortmeldungen vor. Ich bitte,
davon Abstand zu nehmen, sich weiterhin zu Wort zu mel-
den, denn dafür reicht die Zeit nicht aus.

Als Nächster hat der Kollege Heinz Schemken von der
CDU/CSU-Fraktion das Wort.




Bundesminister Walter Riester

12707


(C)



(D)



(A)



(B)



Heinz Schemken (CDU):
Rede ID: ID1413201400
Herr Minister, da ich
ja, nach dem, was Sie soeben sagten, als Abgeordneter
auch gehalten bin, den Menschen draußen Auskünfte zu
geben, möchte ich von Ihnen doch vorab schon eine Hilfe
haben.

Wie erklären Sie Ihren ersten Satz, demzufolge Leis-
tungen angehoben und langfristig gesichert werden, an-
gesichts der Formel, die von 2011 bis 2030 Abschläge
bringt, die besonders die jungen Menschen trifft, die jetzt
die hohen Beiträge zahlen


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Niedrige Beiträge!)


– ganz stark dann 2030 – und die dann noch einmal mit
4 Prozent, die sich aus der Verrechnung zwischen Brutto-
und Nettolohn ergeben, getroffen werden, sodass die
Rente letztlich auf 61 Prozent sinkt? Wie kann ich dem
Wähler erklären, dass dann 61 Prozent mehr sind als jetzt
70 Prozent?


(Gerd Andres [SPD]: Die Rente sinkt nicht, sie steigt! Das weißt du auch, Heinz!)


Wie kann ich erklären, dass gerade die Generation, die
jetzt die Beiträge zahlt, davon ausgehen muss, dass sie nur
noch 61 Prozent erreicht?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Herr Schemken, so erklären Sie es sicherlich
nicht. So, wie Sie es sagen, trägt dies eher zur Verwirrung
bei. Aber ich will Ihnen gerne helfen, dies zu erklären.

Zunächst einmal gibt es keinen Abschlag, sondern ei-
nen Ausgleichsfaktor, der Folgendes ausgleicht: Die jün-
gere Generation, insbesondere diejenigen, die in den Jah-
ren 2020 bis 2030 in Rente gehen, hat voraussichtlich eine
Lebenserwartung von durchschnittlich mindestens zwei
Jahren mehr. Hieraus ergibt sich eine um mindestens zwei
Jahre längere Rentenbezugsdauer. Dies wiederum heißt,
dass das Volumen der Rentenzahlungen, die diese Men-
schen erhalten, um 10 Prozent bis 15 Prozent höher ist als
das der jetzigen Generation. Dem müssen wir Rechnung
tragen. Das tun wir wie folgt: Ab 2011 setzen wir einen
Faktor von 0,3 Prozent für jeden Rentenzugangsjahrgang
ein. Rechnerisch sind dies im Höchstfall – für den Ren-
tenzugangsjahrgang des Jahres 2030 – 6 Prozent. 6 Pro-
zent für 12 Prozent bis 15 Prozent mehr Volumen.

Dies zeigt auch Ihnen, dass es kein Abschlag, sondern
ein Ausgleich ist.

Gleichzeitig bauen wir, kapitalgedeckt und breit unter-
stützt, eine Eigenvorsorge auf, sodass, wenn sich die
Menschen beteiligen – wir schaffen hierfür die Vorausset-
zungen –, ihre Gesamtversorgung deutlich höher ist als
heute.


(Heinz Schemken [CDU/CSU]: Ich habe immer noch Probleme mit den 61 und den 70 Prozent!)


Nun bitte ich Sie, in diesem Sinne auch bei Ihren Zuhö-
rern zu werben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413201500
Das Wort
hat jetzt der Kollege Jürgen Koppelin von der F.D.P.-
Fraktion.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1413201600
Herr Minister, wie kom-
mentieren Sie Pressemeldungen der letzten Zeit, in denen
führende Sozialdemokraten so zitiert werden, dass Ihre
Reform der Rentenversicherung nur von etwa 10 bis 15
Mitgliedern der SPD-Fraktion begriffen würde?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Herr Koppelin, ich habe mir schon lange ab-
gewöhnt, Pressemeldungen zu kommentieren.


(Susanne Kastner [SPD], an die F.D.P. gewandt: Es wäre gut, wenn auch Sie das täten!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413201700
Das Wort
hat der Kollege Weiß von der CDU/CSU-Fraktion.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1413201800
Herr Bun-
desminister, die Mehrkosten für die im Rahmen des Ren-
tenreformkonzeptes geplanten Änderungen im Bundesso-
zialhilfegesetz werden laut Ihrer Gesetzesvorlage auf
600 Millionen DM geschätzt. Die kommunalen Spitzen-
verbände bezweifeln das und halten die Summe für we-
sentlich höher. Hat es mittlerweile Gespräche mit den
kommunalen Spitzenverbänden gegeben, in denen man
sich hinsichtlich der tatsächlichen Höhe der Mehrkosten,
die durch die Neuregelungen entstehen, angenähert hat?

Des Weiteren ist geplant, dass auf das Einkommen und
das Vermögen unterhaltspflichtiger Kinder zurückgegrif-
fen werden soll, wenn die Eltern ihre Bedürftigkeit durch
grob fahrlässiges Verhalten in den letzten zehn Jahren
selbst herbeigeführt haben. Welchen Sinn macht diese
Regelung? Müsste es nicht logischerweise umgekehrt
sein, nämlich dass die Kinder bei grob fahrlässigem Ver-
halten der Eltern nicht zum Unterhalt herangezogen wer-
den?


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Das ist aber eine Logik, die Sie haben! Die versteht keiner!)


Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Zu Ihrer ersten Frage: Seit der Vorlage des
Gesetzentwurfes – Sie müssen mir das nachsehen – haben
wir noch keine Gespräche mit den kommunalen Spitzen-
verbänden geführt; denn der Gesetzentwurf wird erst
morgen eingebracht werden. Aber wir werden dann mit
den kommunalen Spitzenverbänden darüber intensive
Gespräche führen. Die Gespräche werden möglicher-
weise noch intensiver werden, wenn der Gesetzentwurf,
der zustimmungspflichtig ist, dann in den Bundesrat ein-
gebracht wird.

Bei der Regelung hinsichtlich des grob fahrlässigen
Verhaltens in den letzten zehn Jahren geht es um Folgen-
des: Wir wollen sicherstellen, dass nicht durch Schenkun-
gen und Übertragungen eine Situation herbeigeführt wird,
in der dann die Berechtigung entsteht, ohne Rückgriffs-






(C)



(D)



(A)



(B)


möglichkeit, Sozialhilfe zu beanspruchen. Diese Miss-
brauchsmöglichkeit wollen wir ausschließen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413201900
Als Nächs-
tem steht dem Kollegen Karl-Josef Laumann das Frage-
recht zu.


(Gerd Andres [SPD]: Vom ersten Schock hat er sich erholt! Ihm ist wieder eine Frage eingefallen!)



Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1413202000
Lieber Herr
Staatssekretär Andres, wir schwächeln nicht; wir sind im-
mer am Ball.

Herr Minister, ich habe gehört, dass die SPD-Fraktion
gestern beschlossen hat, prüfen zu lassen, ob nicht noch
weitere Teile der erwerbstätigen Bevölkerung in die ge-
setzliche Rentenversicherung aufgenommen werden kön-
nen.


(Gerd Andres [SPD]: Davon habt ihr immer geträumt!)


Können Sie sich vorstellen, welche Gruppen der Erwerbs-
tätigen gemeint sind, und können Sie uns das auch mittei-
len?


(Gerd Andres [SPD]: Laumann!)


Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Ich glaube, dass breite Bevölkerungsschich-
ten daran interessiert wären, beispielsweise Sie in die
Rentenversicherung aufzunehmen, und nicht nur Sie.

Ich kann mir das vorstellen. Ich greife auf die Praxis
zurück: Ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass im letz-
ten Jahr beispielsweise zwei Gruppen – das war ganz er-
heblich – in die Rentenversicherung aufgenommen worden
sind, nämlich die geringfügig Beschäftigten – das ist erle-
digt – und die – treffend oder untreffend so bezeichneten –
Scheinselbstständigen. Sie werden mir vielleicht zustim-
men, dass bei diesen beiden Gruppen Sozialversicherungs-
pflichtigkeit sinnvoll ist.

Wir haben darüber hinaus dafür gesorgt, dass ein wei-
terer Kreis von Selbstständigen der Rentenversicherungs-
pflicht unterworfen wurde. Aber noch immer unterliegt
ein ganz erheblicher Teil der erwerbstätigen Bevölke-
rung – das ist bei uns leider anders als in fast allen ande-
ren europäischen Ländern – nicht der Rentenversiche-
rungspflicht. Wir werden den Prozess, immer mehr
Menschen in die Rentenversicherung aufzunehmen, vo-
rantreiben, allerdings wohl nicht in dieser Legislaturperi-
ode.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413202100
Der
nächste Fragesteller ist der Kollege Dr. Ilja Seifert von der
PDS-Fraktion.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1413202200
Herr Minister, wir sind uns wahr-
scheinlich darüber einig, dass Ihr heute vorgestellter Ge-
setzentwurf im Zusammenhang mit verschiedenen anderen

Initiativen gesehen werden muss, die Sie auf den Weg ge-
bracht haben bzw. die Sie im Bundestag schon eingebracht
haben. Sie sprachen in der vergangenen Woche unter ande-
rem davon, dass der Rentenversicherungsbeitrag um
0,2 Prozentpunkte gesenkt werden soll. Der eine Punkt, den
Sie mit Ihrer Strategie verfolgen, ist ja, die Beiträge zu sen-
ken. Kann es sein, dass diese 0,2 Prozentpunkte durch Än-
derung der Bestimmungen über Regel- und Ausnahmefälle
in der Erwerbsminderungsrente eingespart werden sollen,
also dadurch, dass zukünftig die Erwerbsminderungsrente
in der Regel als befristete Rente gezahlt werden soll und
demzufolge die Zahlungen erst sechs Monate später begin-
nen werden? Ich würde es nicht gut finden, wenn Sie bei
den Renten für berufsunfähig oder erwerbsunfähig gewor-
dene Menschen sparen wollten, um so die Senkung der
Rentenbeiträge um 0,2 Prozentpunkte zu finanzieren.

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Nein, das würde ich auch nicht gut finden,
Herr Abgeordneter Seifert. Das wäre sicherlich nicht im
Sinne dieser Regierung. Aber ich möchte Ihnen Ihre Sor-
gen auch rechnerisch und faktisch nehmen.

Zuerst zum Faktischen: Die Neuregelung der Erwerbs-
unfähigkeitsrente sieht vor, dass in einem höheren Maße
befristete Erwerbsunfähigkeitsrenten genehmigt werden.
Wir wollen nicht, dass Menschen ein Leben lang auf Er-
werbsunfähigkeitsrente angewiesen sind. Wir wollen,
dass bei Erwerbsunfähigen oder befristet Beschäftigten
ein angemessener Schutz vorhanden ist. Es gibt die Rege-
lung, dass bei befristeten Renten sechs Monate länger
Krankengeldleistungen erfolgen. Diese sind in aller Regel
höher als die Leistungen aus der Erwerbsunfähigkeits-
rente. Es geht um den Menschen. Er ist materiell besser
gestellt.

Nun zum Rechnerischen: Wir veranschlagen aus dieser
Regelung Mehrkosten für die Krankenversicherung im
nächsten Jahr in Höhe von 250 Millionen DM. Die Ent-
lastung der Rentenversicherung ist etwas höher, weil nicht
jeder Erwerbsunfähige aus dem Krankengeldbezug
kommt. Ich denke hier an bestimmte Phasen von Arbeits-
losigkeit. Ein um 0,2 Prozentpunkte verminderter Ren-
tenversicherungsbeitrag führt zu einem Einnahmeausfall
von etwa 3,4 Milliarden DM. Wenn Sie die 250 Milli-
onen DM und die 3,4 Milliarden DM vergleichen, so se-
hen Sie, dass schon daher überhaupt kein Zusammenhang
besteht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413202300
Als
nächste Fragestellerin hat die Kollegin Maria Eichhorn
von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.


Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1413202400
Herr Minister, abgese-
hen davon, dass das neue Konzept der privaten Altersvor-
sorge hinsichtlich der Kinderförderung nach wie vor un-
zureichend ist, ist festzustellen, dass die Verschiebung der
privaten Altersvorsorge um ein Jahr erhebliche Auswir-
kungen auf die Rentenanpassung hat. Bei der alten Rege-
lung wäre im Wahljahr 2002 eine Anpassung von
1,23 Prozent zu verzeichnen gewesen. Durch die Ver-
schiebung um ein Jahr wird nach unseren Berechnungen




Bundesminister Walter Riester

12709


(C)



(D)



(A)



(B)


die Anpassung im Wahljahr 2002 deutlich höher sein,
nämlich bei 1,85 Prozent liegen. Das Erwachen kommt
dann im nächsten Jahr doppelt: Dann wird nämlich die
Anpassung umso niedriger ausfallen. Herr Minister, das
ist aus meiner Sicht Wählerbetrug. Wie steht die Bun-
desregierung dazu?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Ich darf Sie beruhigen. In Ihrer Frage sind
einige falsche Annahmen enthalten.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Das kommt schon einmal vor!)


Erstens. Wie die Anhebung im Jahr 2002 erfolgt – hier
wiederhole ich mich –, entscheiden Sie mit Mehrheit. In
dieser Frage haben Sie als Opposition sicher mitzureden.
Daran bin ich sehr interessiert.

Zweitens. Die Annahme ist falsch, dass wir heute
schon sagen können, wie die Rentenanpassung der Jahre
2002 und 2003 aussieht. Im Moment haben wir bestimmte
Annahmen in Bezug auf die Lohnentwicklung. Genau
wissen wir das aber noch nicht. Wir haben lediglich An-
nahmen für unsere Rechnungen zugrunde zu legen.

Drittens. Falsch ist, dass die Rentenanhebung des Jah-
res 2002 Auswirkungen auf die Rentenanhebung des Jah-
res 2003 hat. Unterstellt man eine Rentenanhebung des
Jahres 2002 – ich sage noch einmal: Auch Sie entscheiden
darüber – ohne Berücksichtigung des Kapitalvorsorgebei-
trags, dann werden im Jahre 2003 nur 0,5 Prozent ihren
Niederschlag finden. Über all das – hier darf ich Sie und
alle Beschäftigen beruhigen – wird im Frühjahr nächsten
Jahres Klarheit sein, und zwar längst bevor Wahlen anste-
hen.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Sie trauen dem, was Sie vorlegen, selber nicht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413202500
Die Zeit
für diesen Teil der Regierungsbefragung ist abgelaufen.
Ich lasse aber noch drei Fragen zu. Dann gibt es noch zwei
weitere Fragen zu anderen Bereichen. Ich bitte, dies zu
akzeptieren.

Die nächste Fragestellerin ist die Kollegin Ulla
Schmidt.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Stützfragen hat er doch nicht nötig!)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1413202600
Herr Minister, die
Frau Kollegin Eichhorn hat gerade darauf hingewiesen,
dass nach Meinung der CDU/CSU die Kinderförderung
völlig unzureichend ist. Können Sie einmal an einem Bei-
spiel erklären, wie die Bundesregierung mit dem vorlie-
genden Gesetzentwurf zum Beispiel eine Familie mit
50 000 DM Einkommen und drei Kindern, wenn sie in der
Endstufe 4 Prozent ansparen soll, fördert? Wie wird sie es
Familien mit geringem Einkommen ermöglichen, eine
zweite Säule aufzubauen, damit sie im Alter über ein Ein-
kommen verfügen, das mehr ist als das heutige?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Das will ich gern machen, Frau Abgeordnete
Schmidt. Ich nehme das von Ihnen skizzierte Beispiel:
eine Familie mit drei Kindern, ein Jahresverdienst in
Höhe von 50 000 DM. Das würde bedeuten, dass insge-
samt ein Sparvolumen von 2 000 DM pro Jahr aufge-
bracht werden muss. Wie setzt sich das Sparvolumen zu-
sammen? Die Familie bekommt zuerst einmal zwei
Zulagen von 300 DM – das sind 600 DM –, dann für je-
des Kind 360 DM. Damit sind wir bei einem Unterstüt-
zungsvolumen von insgesamt 1 680 DM für diese Fami-
lie. Die Familie selbst muss also letztlich noch 320 DM
einbringen. Insofern kann ich die von Ihnen zum Aus-
druck gebrachte Sorge völlig ausräumen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413202700
Die
nächste Frage stellt die Kollegin Erika Lotz von der SPD-
Fraktion.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Noch ein abgesprochenes Beispiel?)



Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1413202800
Herr Minister Riester, es gab ja die
breite Forderung nach einer Verbesserung der Situation
der Kinder Erziehenden. Nun hat Frau Schmidt schon die
Frage nach der Förderung gestellt. Aber die Forderung
nach einer Besserstellung der Kinder Erziehenden läuft
nicht nur auf eine bessere Förderung hinaus, sondern be-
trifft beispielsweise auch die Kindererziehungszeiten.
Können Sie einmal darstellen, ob es in Ihrem Gesetzent-
wurf auch dort zu einer Verbesserung kommt, und gibt es
beispielsweise auch Sonderregelungen für Erziehende mit
behinderten Kindern?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Das mache ich gerne. Der Gesetzentwurf
sieht vor – ich hoffe sehr, dass Sie das Gesetz so be-
schließen –, dass zukünftig in den ersten zehn Jahren der
Kindererziehung derjenige, der die Kinder erzieht und
dadurch im Regelfall geringere Verdienstmöglichkeiten
hat, rentenrechtlich höher bewertet wird, und zwar bis
zum Durchschnittsverdienst, der im fraglichen Jahr erzielt
wird. Das bedeutet eine deutlich höhere Rentenbewer-
tung.

Nun gibt es natürlich auch Familien, in denen zwei
oder drei Kinder gleichzeitig erzogen werden. Wenn die-
jenige, die die Kindererziehung übernimmt, überhaupt
nicht erwerbstätig ist, bekommt sie gleichwohl, weil sie
eine große Erziehungsleistung erbringt, ein drittel Ent-
geltpunkt zugerechnet.

Der dritte Punkt, den Sie angesprochen haben: Wenn
behinderte Kinder erzogen werden, wird die Zeit der ren-
tenrechtlichen Höherbewertung von zehn auf 18 Jahre
ausgeweitet. Damit entsprechen wir der berechtigten For-
derung, dass Unterbrechungen des Erwerbslebens bzw.
niedrigere Verdienste, die auf Kindererziehung zurückge-
hen, besser ausgeglichen werden.




Maria Eichhorn
12710


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413202900
Die letzte
Frage zu diesem Themenbereich stellt der Kollege
Johannes Singhammer.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1413203000
Herr Minister,
es ist ja schon die berühmte Basta-Rede des Bundeskanz-
lers angesprochen worden. Während der Bundeskanzler
auf dem Gewerkschaftskongress festgestellt hat, von Re-
gierungsseite sei nun endgültig alles festgezurrt, haben
nach Presseberichten der Finanzminister und der Arbeits-
minister darüber beraten, wie denn die private Vorsorge in
die Jahre 2002 ff. verschoben werden kann. Deshalb
meine Frage, Herr Minister: Welches Basta gilt denn nun,
das des Bundeskanzlers oder das des Arbeitsministers,
und ab wann gilt dieses Basta?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Herr Abgeordneter Singhammer, als Erstes
kann ich Ihnen sagen, dass die Überlegung der Vereinfa-
chung der ergänzenden Förderung aus dem Parlament he-
raus von den Finanzpolitikern entwickelt worden ist. Ich
bin aber sehr dankbar, dass wir die Schritte von acht auf
vier – doppelt so hohe – Schritte reduzieren. Darüber kön-
nen sicherlich alle froh sein, da es sich auch um eine Ver-
waltungsvereinfachung handelt. Dies haben wir im Rah-
men der Diskussion des Referentenentwurfes entwickelt.
Dahinter steht der Bundeskanzler voll und ganz; da kann
ich Sie absolut beruhigen. Dies werden wir morgen im
Rahmen der ersten Lesung in den Bundestag einbringen.

Ich bin überzeugt, dass wir in dieser Frage auch Ihre Zu-
stimmung bekommen werden; denn seitens der Union ist
gegenüber der jetzigen Regierung immer die massive For-
derung nach einer breiten, kapitalgedeckten ergänzenden
Vorsorge gestellt worden. Sie selbst haben dieses Vorha-
ben nicht realisiert; wir machen es, mit einer Unterstüt-
zung einer solchen ergänzenden Vorsorge von 20 Milliar-
den DM bis zum Jahre 2008. Das ist vom Volumen her
mehr, als Sie überhaupt gefordert haben. Sie können sich
sehr darüber freuen, dass unsere Maßnahmen diesen Um-
fang haben und dass wir so unbürokratisch wie irgend
möglich vorgehen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413203100
Die Zeit
für die Behandlung dieses Themenbereichs der heutigen
Kabinettssitzung ist abgelaufen. Ich bitte die übrigen Fra-
gesteller, auf ihre Fragen zu verzichten.

Mir liegen jedoch noch drei weitere Fragen vor, die
diesen Themenbereich nicht betreffen, die ich noch auf-
rufen will.

Als Erster hat der Kollege Eckart von Klaeden von der
CDU/CSU-Fraktion das Wort.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1413203200
Herr Präsident!
Wir haben den Meldungen der Agenturen entnommen,
dass der Fall Klimmt im Kabinett eine Rolle gespielt hat.
Ich frage die Bundesregierung, ob auch die heute bekannt
gewordenen neuen Vorwürfe gegenüber Herrn Klimmt
eine Rolle gespielt haben. Es heißt, dass Spendenquittun-
gen der SPD unter die Lupe genommen würden, da bei ei-

nem privaten Treffen im Hause von Herrn Doerfert 1998
unter den Gästen eine Wette über das Abschneiden des
Sängers Guildo Horn beim Schlager-Grand-Prix abge-
schlossen worden sei, in dessen Folge Herr Doerfert alle
Wetteinsätze bezahlt und Klimmt als Spende für die SPD
ausgehändigt habe. Ist es in der Kabinettssitzung um die-
sen Sachverhalt gegangen?

Sind auch die juristischen Konsequenzen eines solchen
Sachverhalts – seine Wahrheit unterstellt – besprochen
worden, nämlich erstens, dass es sich um eine Beihilfe zur
Steuerhinterziehung handelt, und zweitens, dass dort in
parteienrechtlicher Hinsicht eine Verschleierung der wah-
ren Spender stattgefunden hat, sodass der SPD-Rechen-
schaftsbericht für diesen Zeitraum ungültig ist?


(Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin: Nur wenn es über 20 000 DM waren! – Gegenruf des Abg. Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Keine Zwischenrufe von der Regierungsbank!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413203300
Wer will
diese Frage beantworten? – Bitte schön, Herr Staatsmi-
nister Bury.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413203400
Herr Kollege von Klaeden, weder hat die Bundesre-
gierung in der heutigen Kabinettssitzung den von Ihnen
zitierten Pressebericht diskutiert noch habe ich die Ab-
sicht, ihn hier zu kommentieren.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Haben Sie ein schlechtes Gewissen?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413203500
Die
nächste Frage stellt der Kollege Jürgen Koppelin von der
F.D.P.-Fraktion.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1413203600
Hat in der heutigen Kabi-
nettssitzung eine Pressemeldung im „Handelsblatt“ eine
Rolle gespielt, wonach – ich versuche meine Frage sehr
weit zu fassen, damit Sie entsprechend antworten kön-
nen – es beim Bundeswirtschaftsminister eventuell Pla-
nungen, Vorstellungen oder Wünsche gibt, einen weiteren
Parlamentarischen Staatssekretär zu bekommen, vorzugs-
weise aus den Reihen der Grünen?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413203700
Herr
Staatsminister Bury.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413203800
Herr Kollege Koppelin, auch diese Frage ist im Kabi-
nett heute nicht erörtert worden.


(Heiterkeit)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413203900
Die letzte
Frage in diesem Teil der Regierungsbefragung stellt der
Kollege Norbert Röttgen von der CDU/CSU-Fraktion.






(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1413204000
Ich frage die Bundes-
regierung, ob im Bundeskabinett heute – über irgendet-
was muss ja gesprochen worden sein – über die Errich-
tung eines UN-Campus in der Bundesstadt Bonn – eine
für die Region Bonn bedeutende Angelegenheit – ent-
schieden worden ist.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413204100
Herr
Staatssekretär Großmann, bitte schön.

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1413204200
Über
diese Frage ist im Kabinett gesprochen worden.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


– Es ist schon korrekt: Das war die Antwort auf die Frage.

(Walter Hirche [F.D.P.]: So kann man selbst mit kleinen Dingen der Opposition Freude machen!)


–Wenn Sie mir die Zeit geben, die Frage noch genauer zu
beantworten, dann kommt vielleicht noch mehr Freude
auf.

Folgender Beschluss ist gefasst worden: Die Entschei-
dung über eine Unterbringung von Organisationen der
Vereinten Nationen im ehemaligen Parlaments- und Re-
gierungsviertel wird wegen des Sachzusammenhangs mit
dem internationalen Kongress- und Veranstaltungszen-
trum im Bereich des alten Plenarsaals dann getroffen,
wenn die Voraussetzungen für die Errichtung dieses Zen-
trums seitens der Bundesregierung, des Landes Nord-
rhein-Westfalen und der Bundesstadt Bonn geschaffen
sind. Wir rechnen mit dieser Übereinkunft etwa im Früh-
jahr 2001.

Wegen der besonderen Dringlichkeit kann das Bun-
desministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit dem Sekretariat der Klimarahmenkonvention
UNFCCC und dem Wüstensekretariat UNCCD aber eine
Unterbringung in Bonn im Alten Hochhaus zusichern.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413204300
Ich be-
ende die Befragung der Bundesregierung. Ich bitte zu ent-
schuldigen, dass ich keine weiteren Fragen mehr zulasse,
aber die Zeit ist schon weit überschritten.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksachen 14/4567, 14/4592 –

Als Erstes rufe ich eine dringliche Frage des Abgeord-
neten Eckart von Klaeden auf:

Wird der Bundeskanzler dem Bundespräsidenten nunmehr die
Entlassung des Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungs-
wesen, Reinhard Klimmt, vorschlagen, nachdem das Amtsgericht
Trier gegen den Bundesminister Reinhard Klimmt am Montag die-
ser Woche Strafbefehl wegen Beihilfe zur Untreue in Höhe von

(Quelle: Agentur Reuters, 13. November 2000, 16.57 Uhr, ZDF „heute-journal“, 13. November 2000, 21.45 Uhr)

den Strafbefehl rechtskräftig werden lassen will (Quelle: „Süd-

deutsche Zeitung“, 14. November 2000), eine Strafe in Höhe von
27 000 DM zahlen muss und vorbestraft sein wird?

Zur Beantwortung steht der Staatsminister im Kanzler-
amt, Herr Bury, zur Verfügung.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413204400
Herr Kollege von Klaeden, der Bundesminister für
Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Reinhard Klimmt,
hat heute seine Anwälte angewiesen, gegen den Strafbe-
fehl des Amtsgerichts Trier Einspruch einzulegen.
Reinhard Klimmt geht davon aus, dass sich in der Haupt-
verhandlung herausstellen wird, dass er sich nichts hat zu-
schulden kommen lassen. Die Bundesregierung äußert
sich grundsätzlich nicht zu laufenden Verfahren. Aus-
drücklich möchte ich allerdings darauf hinweisen, dass
auch für Bundesminister die Unschuldsvermutung gilt. Es
gibt also keinen aktuellen Entscheidungsbedarf.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413204500
Zusatz-
frage, Herr von Klaeden?


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1413204600
Herr Staatsminis-
ter, ist der Bundesregierung bekannt, dass nach §§ 407 ff.
der Strafprozessordnung Voraussetzungen für die Rechts-
kraft eines Strafbefehls die Geklärtheit des Sachverhaltes


(Widerspruch der Abg. Margot von Renesse [SPD])


und das Schuldeingeständnis des Täters sind? Inwieweit
können Sie aus politischen Gründen die Unschuldsver-
mutung für Herrn Klimmt noch gelten lassen, wenn er be-
reits durch die Bereitschaft zur Annahme seine Tat ge-
standen hat?


(Peter Dreßen [SPD]: Seit wann das?)

Dies ist ja Voraussetzung für die Rechtskraft eines Straf-
befehls.


(Margot von Renesse [SPD]: Was?)

– Schauen Sie ins Gesetz.


(Zuruf von der CDU/CSU: Er hat doch völlig Recht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413204700
Zur Be-
antwortung steht der Staatsminister Bury zur Verfügung.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413204800
Herr Kollege von Klaeden, ich habe Sie eben darauf
hingewiesen, dass Reinhard Klimmt seine Anwälte ange-
wiesen hat, gegen den Strafbefehl Einspruch einzulegen,
weil er davon überzeugt ist, dass er sich nichts hat zu-
schulden kommen lassen und sich dieses in der Haupt-
verhandlung erweisen wird.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413204900
Zweite
Zusatzfrage, Herr von Klaeden.






(C)



(D)



(A)



(B)



Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1413205000
Ist der Bundesre-
gierung ein Präzedenzfall bekannt, in dem ein Bundesmi-
nister gezwungen war, die Einschränkung der Leistungs-
fähigkeit bei der Erledigung seiner Amtsgeschäfte
hinzunehmen, weil er sich in einem aktuellen Strafver-
fahren hat verteidigen müssen?


(Susanne Kastner [SPD]: Landesminister! Stammt aus Bayern! – Erika Lotz [SPD]: Die Hessen haben auch so etwas!)


H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413205100
Ich vermag nicht zu erkennen, wo Bundesminister
Reinhard Klimmt in seiner Leistungsfähigkeit einge-
schränkt wäre.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Ich habe nach einem Präzedenzfall gefragt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413205200
Eine wei-
tere Frage des Kollegen Koppelin.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1413205300
Herr Staatsminister, gelten
für die Bundesregierung und den Bundeskanzler noch die
gleichen moralischen Maßstäbe wie 1983, als die dama-
lige SPD-Bundestagsfraktion den Rücktritt des Bundes-
wirtschaftsministers, ohne dass der betroffene Bundesmi-
nister eine Anklageschrift in der Hand hatte, gefordert und
zu einer Debatte im Plenum aufgefordert hat? Ich will Ih-
nen im Detail gar nicht sagen, was die SPD damals alles
verlangt hat.


(Susanne Kastner [SPD]: Wie war denn das Ergebnis?)


Sind Sie bereit, das zur Kenntnis zu nehmen? Gilt die glei-
che Messlatte auch heute noch?

Da Sie eben das Verhalten von Bundesminister Klimmt
angesprochen haben, möchte ich Sie fragen, ob Sie uns er-
klären können, wie der Sinneswandel bei Bundesminister
Klimmt zustande gekommen ist. Er hat ja noch in einer
Sendung von n-tv am 13. November wörtlich Folgendes
auf die Frage: „Warum legen Sie gegen eine Ungerech-
tigkeit keinen Einspruch ein?“,


(Susanne Kastner [SPD]: Herr Präsident, das waren zwei Fragen!)


gesagt: Ich möchte jetzt meine Arbeit weitermachen kön-
nen und möchte mich nicht fragen lassen: Wann ist denn
nun der Prozess? Wann wird neu entschieden? Wer tritt als
Zeuge auf? Das ist etwas, dem ich mich nicht aussetzen
möchte. Aus dem Grunde sage ich: Wir machen jetzt den
Deckel zu. – Welche Gründe gibt es nun für einen Sin-
neswandel?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413205400
Zum ersten Teil Ihrer Frage, Herr Kollege Koppelin:
Es gilt die Unschuldsvermutung, das heißt früher wie
heute, dass es keine Vorverurteilung in Fällen gibt, in de-
nen sich der Betroffene selbst für nicht schuldig hält.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Hat es von der SPD immer gegeben!)


Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Reinhard Klimmt hatte
in der Tat am 13. November dieses Jahres erklärt, er sei
bereit, den vom Amtsgericht Trier erlassenen Strafbefehl
rechtskräftig werden zu lassen, obwohl er davon über-
zeugt sei, dass er sich nichts habe zuschulden kommen
lassen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Heuchelei sondergleichen!)


Damit entsprach Reinhard Klimmt einer Empfehlung sei-
ner Anwälte.

Weil diese Ankündigung jedoch öffentlich als Schuld-
eingeständnis interpretiert wurde, hat Minister Klimmt
heute seine Anwälte angewiesen, gegen den Strafbefehl
Einspruch einzulegen. Er ist überzeugt, dass sich in der
Hauptverhandlung herausstellen wird, dass er sich nichts
hat zuschulden kommen lassen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413205500
Weitere
Fragen des Kollegen Axel Fischer.

Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU): Herr
Staatsminister, ist dem Bundeskanzler bekannt, dass laut
einer „Spiegel“-Umfrage die Mehrheit der Deutschen für
einen „Abpfiff“ von Klimmt ist und dass auch 55 Prozent
der SPD-Anhänger diese Einschätzung teilen?


(Zuruf von der SPD: Die sind mehrheitlich auch für einen Rücktritt von Helmut Kohl aus dem Parlament!)


H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413205600
Ich kann, Herr Kollege, nicht ausschließen, dass der
Bundeskanzler den „Spiegel“ gelesen hat.


(Zuruf von der CDU/CSU: Außerordentlich dämliche Antwort!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413205700
Eine wei-
tere Frage des Kollegen Dirk Fischer.


Dirk Fischer (CDU):
Rede ID: ID1413205800
Herr Staatsmi-
nister Bury, ich möchte nachfragen: Wenn nach dem
Wortlaut des Gesetzes die Vorbedingung für den Antrag,
einen Strafbefehl zu erlassen, ist, dass der Sachverhalt
eindeutig geklärt


(Zurufe von der SPD: Ist ja nicht!)

und der Täter geständig ist


(Erika Lotz [SPD]: Eine bösartige Unterstellung!)


– dies war bis zu der Erklärung von Minister Klimmt die
Basis –, müssen das Parlament und die deutsche Öffent-
lichkeit dann davon ausgehen, dass Minister Klimmt da-
mit sein Geständnis zurückgenommen hat, was ja sein
gutes Recht ist, oder würden Sie bestreiten, dass er in die-
sem Verfahren bisher geständig war?






(C)



(D)



(A)



(B)


H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413205900
Da ich nicht Jurist bin, Herr Abgeordneter, würde ich
bitten, dass der Parlamentarische Staatssekretär im Bun-
desministerium der Justiz den rechtlichen Teil Ihrer Frage
beantwortet.


(Lachen und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413206000
Herr
Staatssekretär, bitte schön.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Die Wahrheit kommt jetzt pick, pick, pick, Körnchen für Körnchen!)


D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413206100
Herr Fischer, Sie wissen, dass Straf-
befehle unter ganz unterschiedlichen Voraussetzungen
zustande kommen können. Solange die Einspruchsfrist
besteht, kann er natürlich jederzeit angefochten werden.
Insofern ist die Rechtsfolge, dass es zu einer Hauptver-
handlung kommt.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Das ist unbestritten, aber die Frage lautete anders!)


– Ich kann Ihnen nicht sagen, welche Beweggründe da-
mals entscheidend waren, und ich glaube, Sie werden von
mir auch nicht erwarten, dass ich darüber sinniere, aus
welchen Gründen die Aussage von Herrn Klimmt erfolgt
ist. Ich nehme an, er hatte seinen guten Grund, und er hat
auch einen entsprechend guten Grund, nun zu sagen: Ich
fechte den Strafbefehl an.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413206200
Eine wei-
tere Frage der Kollegin Sylvia Bonitz.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1413206300
Herr Staatsminister, darf
ich in diesem Zusammenhang fragen, was Herrn Klimmt
bewogen hat, den Strafbefehl zunächst anzunehmen und
ihn jetzt, einige Tage danach – letztendlich auf anwaltli-
chen Beistand hin – doch anzufechten?


(Zurufe von der SPD: Das wurde gerade schon abgelesen! Sie sind in der falschen Spalte gelandet!)


H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413206400
Frau Kollegin, wenn Ihnen meine Antwort auf die
gleiche Frage vorher entgangen ist, bin ich gerne bereit,
sie zu wiederholen.

Reinhard Klimmt hatte am 13. November in der Tat er-
klärt, er sei bereit, den vom Amtsgericht Trier erlassenen
Strafbefehl rechtskräftig werden zu lassen, obwohl er da-
von überzeugt sei, dass er sich nichts habe zuschulden
kommen lassen. Damit hatte Reinhard Klimmt einer
Empfehlung seiner Anwälte entsprochen.

Diese Ankündigung – darauf hatte ich vorhin hinge-
wiesen – ist jedoch öffentlich als Schuldeingeständnis in-
terpretiert worden, und deshalb hat Reinhard Klimmt
heute seine Anwälte angewiesen, gegen den Strafbefehl

Einspruch einzulegen, weil er überzeugt ist, dass er sich
nichts hat zuschulden kommen lassen und dass dieses in
der Hauptverhandlung auch so festgestellt werden wird.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413206500
Eine wei-
tere Frage des Abgeordneten Koschyk.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1413206600
Herr Staatsminister,
der Kollege von Klaeden hat vorhin auf einen Fernsehbe-
richt im ARD-Magazin „Report“ verwiesen, in dem über
diesen Wettvorgang unter Beteiligung des Herrn Bundes-
ministers Klimmt berichtet wurde. Kann man davon aus-
gehen, Herr Staatsminister, dass dieser Vorgang von
Herrn Klimmt in der Öffentlichkeit entsprechend zurecht-
gerückt wird, falls diese Vorwürfe in diesem Magazin
nicht zutreffen?

Kann man ferner davon ausgehen, dass der Herr Bun-
deskanzler den Herrn Bundesminister darüber befragen
wird, ob diese ungeheuerlichen Vorwürfe im Zusammen-
hang mit einer von Herrn Bundesminister Klimmt im
Hause von Herrn Doerfert initiierten Wettrunde zutreffen:
Scheinbare Wetteinsätze sollen nicht beglichen worden
sein, sondern als Spende an die SPD geflossen sein, indem
der angeklagte Herr Doerfert Herrn Klimmt pauschal ei-
nen Scheck übergeben hat; die Beteiligten haben jetzt
Selbstanzeige erstattet, weil sie befürchten, in den Strudel
der Spendenaffäre Klimmt hineingezogen zu werden?

Kann man also davon ausgehen, dass diesen in einem
Fernsehmagazin erhobenen Vorwürfen von der Bundesre-
gierung, von Herrn Klimmt in irgendeiner Weise entge-
gengetreten wird?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413206700
Herr
Staatsminister.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413206800
Herr Kollege, ich habe weniger Zeit zum Fernsehen
als der Abgeordnete von Klaeden.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Zeitung lesen hilft auch, Herr Kollege!)


Ich kann daher den von Ihnen zitierten Fernsehbericht
nicht kommentieren.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413206900
Ich rufe
jetzt die Fragen auf, die mit der eben gestellten dringli-
chen Frage im Zusammenhang stehen. Zur Beantwortung
steht weiterhin der Staatsminister Hans Martin Bury zur
Verfügung.

Die Frage 37 des Abgeordneten Eckart von Klaeden ist
zurückgezogen worden.

Ich rufe die Frage 38 des Abgeordneten Eckart von
Klaeden auf:

Wie bewertet der Bundeskanzler, dass BundesministerReinhard Klimmt ihn bislang nicht von sich aus ersucht hat, demBundespräsidenten seine Entlassung vorzuschlagen, obwohl dieKonsequenz der Ermittlungen der beantragte Strafbefehl ist?
Bitte schön, Herr Staatsminister.






(C)



(D)



(A)



(B)


H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413207000
Herr Abgeordneter von Klaeden, Bundesminister
Klimmt ist davon überzeugt, dass er sich nichts hat zu-
schulden kommen lassen. Er setzt darauf, dass seine Un-
schuld in der Hauptverhandlung festgestellt wird. Es gilt
die Unschuldsvermutung.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413207100
Zusatz-
frage, Herr von Klaeden.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1413207200
Herr Staatsminis-
ter, ich möchte nach der Motivation von Herrn Klimmt
fragen, den Strafbefehl zunächst anzunehmen und hinter-
her doch Einspruch einzulegen. Hatte Minister Klimmt
Anlass, davon auszugehen, dass der Bundeskanzler ihn
im Falle der Annahme des Strafbefehls – wie es die Me-
dien berichtet haben – im Kabinett belassen würde, oder
hat es eine derartige Vereinbarung nicht gegeben?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413207300
Herr Kollege von Klaeden, ich habe Sie bereits zwei-
mal darauf hingewiesen, warum Reinhard Klimmt
zunächst erklärt hat, er werde den Strafbefehl akzeptieren,
dann aber – wegen der Missinterpretation als Schuldein-
geständnis – heute zu einer anderen Entscheidung ge-
kommen ist.

Der Bundeskanzler hat heute im Kabinett deutlich ge-
macht, dass es in dieser Frage aktuell nichts zu entschei-
den gibt. Er geht davon aus, dass sich in der Hauptver-
handlung die Unschuld von Reinhard Klimmt erweisen
wird.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413207400
Weitere
Zusatzfrage, Herr Kollege von Klaeden.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1413207500
Herr Staatsminis-
ter, da Sie meine Frage nicht beantwortet haben, muss ich
meine zweite Zusatzfrage dafür opfern, Sie noch einmal
zu fragen, ob Bundesminister Klimmt Anlass hatte, davon
ausgehen zu können, dass er im Kabinett verbleiben
würde, falls er den Strafbefehl annimmt.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413207600
Herr Kollege von Klaeden, ich antworte nicht auf hy-
pothetische Fragen.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist keine hypothetische Frage! – Gegenruf des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Woher wollen Sie denn das wissen?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413207700
Zusatz-
frage des Kollegen Dirk Fischer.


Dirk Fischer (CDU):
Rede ID: ID1413207800
Herr Staatsmi-
nister Bury, hat die Bundesregierung Erkenntnisse da-
rüber, ob das widersprüchliche Verhalten des Bundesmi-
nisters Klimmt aufgrund eigener freier Entscheidung oder

auf Drängen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck
zustande gekommen ist?


(Lachen der Abg. Susanne Kastner [SPD])


H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413207900
Selbstverständlich ist es die eigene Entscheidung von
Reinhard Klimmt, wie er sich in diesem Verfahren verhält.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413208000
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Norbert Geis.


Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1413208100
Herr Staatsminister, stim-
men Sie mit mir darin überein, dass nicht der von Ihnen
genannte Grund für den Einspruch gegen den Strafbefehl
zutrifft, sondern dass ein ganz anderer Grund wahrschein-
lich ist? Denn jeder, der bereit ist, einen Strafbefehl anzu-
nehmen, bekundet damit für die Öffentlichkeit klar, dass
er sich für schuldig hält; sonst würde er ja den Strafbefehl
nicht annehmen.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413208200
Nein, Herr Kollege, ich stimme darin ausdrücklich
nicht mit Ihnen überein.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413208300
Zusatz-
frage der Kollegin Bonitz.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1413208400
Herr Staatsminister, hat
es in dieser Angelegenheit eine Einflussnahme des Herrn
Bundeskanzlers auf den Bundesminister Klimmt vor dem
Hintergrund gegeben, dass – was wir zumindest in den
Medien nachlesen können – der Bundeskanzler beabsich-
tigt, ein Verbleiben des Bundesministers Klimmt im Amt
davon abhängig zu machen, wie das Medienecho bzw. der
Druck der Öffentlichkeit auf Herrn Klimmt ausfällt?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413208500
Nein, die Entscheidungen sind – offenkundig im Übri-
gen – nicht vom Medienecho abhängig gemacht worden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413208600
Wir kom-
men dann zur Frage 39 des Kollegen Erwin Marschewski:

Ist der Bundeskanzler der Ansicht, der Bundesminister für Ver-
kehr, Bau- und Wohnungswesen, Reinhard Klimmt, könne bei ei-
nem Strafbefehl im Amt bleiben, wie dies zum Beispiel vom Vor-
sitzenden der Fraktion der SPD vertreten wird, und ist damit zu
rechnen, dass Bundesminister Reinhard Klimmt bei einer Ankla-
geerhebung in jedem Fall entlassen würde?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413208700
Nein, Herr Kollege Marschewski, wie bereits in der
Antwort auf die Frage des Kollegen von Klaeden ausge-
führt, gilt auch für Bundesminister in laufenden Verfahren
die Unschuldsvermutung.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413208800
Zusatz-
frage? – Herr Marschewski, bitte.






(C)



(D)



(A)



(B)



Erwin Marschewski (CDU):
Rede ID: ID1413208900

Herr Staatsminister, teilt der Herr Bundeskanzler die Auf-
fassung zum Beispiel des Untersuchungsausschussvorsit-
zenden Neumann und großer Teile der Bevölkerung, dass
ein Rücktritt allein wegen dieses ungeheuren Schummel-
vorgangs, dieses unseligen Geschäftes zwischen Caritas
und FC Saarbrücken, nötig sei, oder teilt er die Auffas-
sung, Klimmt sei ein anständiger Mensch und müsse
schon allein deswegen im Kabinett verbleiben?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413209000
Herr Abgeordneter Marschewski, der Bundeskanzler
teilt die von Ihnen hier vorgetragene erste Auffassung nicht.
Mit Interesse habe ich im Übrigen einer ddp-Meldung von
heute Mittag entnommen, dass auch der designierte CDU-
Generalsekretär, Herr Laurenz Meyer, einen sofortigen
Rücktritt von Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt
nicht für notwendig erachtet.


(Zurufe von der SPD: Oh!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413209100
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Wilhelm Schmidt von der SPD-
Fraktion.


Wilhelm Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1413209200
Herr Staatsmi-
nister, teilen Sie meine Auffassung, dass die Art und
Weise von Kesseltreiben und Vorverurteilung gegenüber
Bundesminister Klimmt offensichtlich ein Licht auf große
Teile der CDU/CSU und ihre Art, die Leitkultur zu ver-
stehen, wirft?


(Walter Hirche [F.D.P.]: Wer im Glashaus sitzt, lieber Herr Schmidt!)


H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413209300
Herr Kollege Schmidt, es fiele mir schwer, Ihrer Ein-
schätzung an dieser Stelle zu widersprechen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413209400
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen von Klaeden.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1413209500
Herr Staatsminis-
ter, Bundesminister Klimmt hat sich in der Öffentlichkeit
zu seiner Verteidigung in der Form eingelassen, dass er
den hier in Rede stehenden Vertrag, bei dem es immerhin
um über 600 000 DM gegangen ist, ohne Vorsatz unter-
schrieben habe; er habe einfach das unterzeichnet, was
ihm die Juristen vorgelegt hätten. Ist zu befürchten, dass
er dieselbe Sorgfalt auch bei seinen Amtsgeschäften als
Bundesminister an den Tag legt?


(Lachen bei der SPD)


H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413209600
Was den ersten Teil Ihrer Frage angeht, Herr Abge-
ordneter von Klaeden, habe ich schon vorhin darauf hin-
gewiesen, dass ich mich zu dem laufenden Verfahren
grundsätzlich nicht äußere. Was den zweiten Teil betrifft:

Ich habe keinen Anlass, an der Sorgfalt der Amtsführung
des Kollegen Klimmt zu zweifeln.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413209700
Frau
Bonitz, bitte schön.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1413209800
Herr Staatsminister, wenn
Herr Klimmt sagt – so ist es seinen Ausführungen in den
Medien zu entnehmen –, dass er selbstverständlich davon
ausgegangen sei, dass alles seine Ordnung habe, bezieht
sich das dann auch darauf, dass es heutzutage anscheinend
eine Selbstverständlichkeit ist, wenn knappe Mittel der
Caritas dazu verwandt werden, einen Fußballklub vor der
Pleite zu bewahren?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413209900
Wir haben hier denselben Fall wie eben, Frau Abge-
ordnete: Ich darf auf meine vorhergehende Antwort ver-
weisen, dass ich mich zu einem laufenden Verfahren
grundsätzlich nicht äußere.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413210000
Wir
kommen nun zur Frage 40 des Abgeordneten Erwin
Marschewski:

Macht der Bundeskanzler Bundesminister Reinhard Klimmts
politisches Schicksal vom politischen Echo auf das Ergebnis der
staatsanwaltlichen Ermittlungen bzw. Vernehmung von Bundes-
minister Reinhard Klimmt abhängig und trifft insofern die Ein-
schätzung zu, dass der Bundeskanzler für den Verbleib in einem
herausragenden Amt wie dem eines Bundesministers weniger die
Schwere der Vorwürfe strafbarer Handlungen ins Kalkül zieht als
vielmehr vor allem die damit verbundene öffentliche Resonanz
ausschlaggebend sein lässt?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413210100
Die Antwort auf die Frage lautet: Nein.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413210200
Keine Zu-
satzfrage, Herr Marschewski? – Herr von Klaeden, Ihre
Zusatzfrage.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1413210300
Herr Staatsminis-
ter, glauben Sie eigentlich, dass nach diesen Vorfällen
Bundesminister Klimmt noch der in Sonntagsreden im-
mer wieder beschworenen Vorbildfunktion von amtieren-
den Ministern nachkommen kann?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413210400
Ich darf Sie noch einmal auf Folgendes hinweisen: Da
Sie Rechtsanwalt sind,


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das war eine politische Einschätzung!)


dachte ich eigentlich, dass Ihnen geläufig ist, dass in ei-
nem laufenden, nicht abgeschlossenen Verfahren auch für
Bundesminister die Unschuldsvermutung gilt.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das hat damit nichts zu tun!)







(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413210500
Eine wei-
tere Zusatzfrage der Kollegin Bonitz. Bitte schön.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1413210600
Herr Staatsminister, da
die Vorgänge, die dem Strafbefehl gegen Herrn Klimmt
zugrunde liegen, bislang unbestritten sind, frage ich, in
welcher Weise Bundesminister Klimmt, falls er während
dieses Verfahrens im Amt bleibt, seine politische Vorbild-
funktion beeinträchtigt sieht.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413210700
Frau Kollegin, noch einmal: Bundesminister
Reinhard Klimmt geht davon aus, dass er sich nichts hat
zuschulden kommen lassen und dass dies in einer ent-
sprechenden Hauptverhandlung bestätigt wird.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413210800
Eine wei-
tere Zusatzfrage des Kollegen Dirk Fischer.


Dirk Fischer (CDU):
Rede ID: ID1413210900
Herr Staatsmi-
nister Bury, hat es Überlegungen dahin gehend gegeben,
Klimmt solle besser gleich zurücktreten, als durch sein
Verbleiben im Amt die Landtagswahlen in Rheinland-
Pfalz und Baden-Württemberg zu belasten?

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1413211000
Nein.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413211100
Wir kom-
men dann zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Gesundheit.


(Groß-Gerau)


Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit. Zur Beantwortung steht Frau Staatssekretärin
Simone Probst zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 2 des Abgeordneten Konrad Kunick
auf:

Welche Folgen hat nach Auffassung der Bundesregierung die
globale Erwärmung für den vorausschauenden Küstenschutz?

Frau Staatssekretärin, bitte schön.

S
Simone Probst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1413211200

Herr Kollege, neben der Zunahme der Zahl an Stürmen,
Überschwemmungen und Naturkatastrophen, mit denen
wir in der vergangenen Zeit in diesem Zusammenhang
konfrontiert worden sind, wird auch ein weiterer Anstieg
des Meeresspiegels als unmittelbare Folge weltweiter
Klimaveränderungen prognostiziert.

Der Anstieg des Meeresspiegels wird sich zweifels-
ohne regional sehr unterschiedlich auswirken. Wenn wir
über vorsorgenden Küstenschutz sprechen, sind ganz be-
sonders sehr dicht besiedelte Gegenden, die unmittelbar
unterhalb des Meeresspiegels liegen, zu beachten. Dies

sind vor allem kleine Inselstaaten, die sich während der
Klimaverhandlungen zu einer Interessengruppe konstitu-
iert haben.

Der vorausschauende Küstenschutz als Reaktion auf
den Klimawandel ist für uns allerdings nur die zweitbeste
Lösung. Es ist hier vielmehr notwendig, eine wirklich
wirksame Verminderung der Emission der für den Treib-
hauseffekt verantwortlichen Spurengase zu erreichen.
Das Kioto-Protokoll bietet hierfür eine Grundlage, einen
ersten Schritt; es ist aber sicherlich nicht ausreichend.

Falls wir aber in die Situation geraten, dass sowohl
durch die aktuellen Verhandlungen als auch durch die Ver-
ringerung der Emission von Spurengasen nicht verhindert
werden kann, dass der Meeresspiegel ansteigt, sind
vorausschauende Küstenschutzmaßnahmen erforderlich.
Eine Erhöhung der Deiche sowie der Bau neuer Sperr-
werke und die Verstärkung von bestehenden Sperrwerken
können tiefer liegende Gebiete vor Überflutung schützen.
Aufgrund der unterschiedlichen Betroffenheit wird aller-
dings ein vorsorgender Küstenschutz vordringlich in den
Entwicklungsstaaten erforderlich werden. Als Beispiel
nenne ich Bangladesch. Von den westlichen Industrie-
staaten sind hier besonders die Niederlande zu nennen.

Auch wenn es diese besondere Betroffenheit gibt, sind
wir natürlich ebenso in unserer nationalen Politik gefragt.
Sie wissen, dass in Deutschland die Länder für den Küs-
tenschutz zuständig sind. Der Bund finanziert auf der
Grundlage der im Planungsausschuss der Gemeinschafts-
aufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küs-
tenschutzes“ festgelegten Fördergrundsätze bis zu
70 Prozent der Maßnahmen der Länder. Der Umfang der
Bundesmittel beträgt hier jährlich 150 bis 170 Millionen
DM.

In der Planung für den Küstenschutz ist schon seit lan-
gem ein Anstieg des Meeresspiegels um 25 bis 30 Zenti-
meter berücksichtigt. Falls der Meeresspiegel um 50 Zen-
timeter ansteigen sollte, wäre in den nächsten Jahren
hinreichende Sicherheit gegeben. Um allerdings auch bei
alten Deichen und entsprechenden Bauwerken auf diesen
Stand zu kommen, sind noch eine Reihe von Maßnahmen
notwendig. Wir rechnen mit einem Kostenaufwand für die
nächsten zehn Jahre in Höhe von circa 2 Milliarden DM.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413211300
Zusatz-
frage, Herr Kollege Kunick.


Konrad Kunick (SPD):
Rede ID: ID1413211400
Ist die Bundesregierung be-
reit, die wissenschaftlichen Erkenntnisse über einen nicht
mehr abzubremsenden Klimaschub bezüglich des Deich-
schutzes im deutschen Küstengebiet vertiefen zu lassen,
sodass wir rechtzeitig weitere Deicherhöhungen veranlas-
sen können?

Si
Simone Probst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1413211500
Selbstverständlich, Herr Kollege. Wissenschaftlich
sind die Möglichkeiten eines Meeresspiegelanstiegs
untersucht. Die Enquete-Kommission des Deutschen
Bundestages und das IPCC gehen davon aus, dass der






(C)



(D)



(A)



(B)


Klimawandel solche Folgen haben wird. Da wir seit lan-
gem vorausschauend sind, hat die Bundesregierung eine
Erhöhung des Meeresspiegels um 25 Zentimeter bis
30 Zentimeter einbezogen. Falls der Meeresspiegel um
50 Zentimeter ansteigen würde, wären wir noch auf der
sicheren Seite. Selbstverständlich aber müssen wir alle
wissenschaftlichen Erkenntnisse und Untersuchungen zu
Rate ziehen, um hier vorausschauend tätig werden zu kön-
nen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413211600
Eine wei-
tere Zusatzfrage, Herr Kunick.


Konrad Kunick (SPD):
Rede ID: ID1413211700
Ist die Bundesregierung be-
reit, gegebenenfalls ein Programm zur weiteren Erhöhung
der Deichsicherheit und zur Verkürzung von Deichlinien
mit den Küstenländern zu erörtern?

S
Simone Probst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1413211800

Sie wissen, dass wir mit den Ländern im Rahmen der Ge-
meinschaftsaufgabe immer im Gespräch sind. Die
Gesamtinvestitionen von Bund und Ländern für den Küs-
tenschutz innerhalb der Gemeinschaftsaufgabe „Küsten-
schutz“ betragen jährlich circa 200 Millionen DM. Seit
der Sturmflut 1962 sind 9 Milliarden DM investiert wor-
den. Diese Beratungen gehen natürlich auch aufgrund der
wissenschaftlichen Erkenntnisse weiter. Wir halten es für
richtig, dass wir uns mit 70 Prozent an diesen Maßnahmen
beteiligen, und werden mit den Ländern ausloten, wo zu-
sätzliche Maßnahmen nötig sind.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413211900
Eine wei-
tere Zusatzfrage des Kollegen Walter Hirche.


Walter Hirche (FDP):
Rede ID: ID1413212000
Frau Staatssekretärin, ist es
richtig, dass heute, rund 40 Jahre später, noch nicht alle
Küstenschutzmaßnahmen abgeschlossen sind, die nach
der Sturmflut von 1962 als notwendig erachtet wurden?
Welches Volumen haben die noch ausstehenden Maßnah-
men und welches Volumen haben die von Ihnen genann-
ten Maßnahmen, wenn man um 20 bis 30 Zentimeter er-
höhte Deiche berücksichtigt?

S
Simone Probst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1413212100

Ein Anstieg des Meeresspiegels um 20 bis 30 Zentimeter
ist in den Planungen bereits berücksichtigt worden. Es
wird jetzt im Nachgang zu den Sturmfluten noch notwen-
dig sein, die See- und Stromdeiche auf einer Länge von
280Kilometern auszubauen. Ich habe vorhin die Höhe der
notwendigen Investitionen genannt. Zwischen Bund und
Ländern wird die Finanzierung geklärt. Das ist eine Auf-
gabe, die wir nur gemeinsam bewältigen können.

Sie können aber versichert sein, dass uns der Ausbau
der 280 Kilometer Länge sehr am Herzen liegt und wir ihn
aufgrund der neuen Erkenntnisse und der Situation, mit
der wir konfrontiert sind, schnell vorantreiben werden.
Wir sind mit Überflutungen, Sturmfluten und Wettersi-

tuationen konfrontiert, die immer deutlicher werden las-
sen, dass ein Klimawandel voranschreitet. Deshalb müs-
sen diese Schutzmaßnahmen getroffen werden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413212200
Vielen
Dank, Frau Staatssekretärin Probst.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amts. Zur Beantwortung der Fragen steht Staatsminister
Dr. Christoph Zöpel zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 3 des Abgeordneten Hartmut
Koschyk auf:

Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung hin-
sichtlich der Gesetzgebung zum Schutze nationaler und ethni-
scher Minderheiten in der Tschechischen Republik und wie be-
wertet die Bundesregierung die hierzu bislang von der
Tschechischen Republik bekannt gewordenen Positionen?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1413212300
Herr Präsident! Herr Kollege, Sie fragen nach der
Gesetzgebung zum Schutz nationaler und ethnischer Min-
derheiten in der Tschechischen Republik. Dazu ist auf gel-
tendes Recht zu verweisen. Im tschechischen Verfas-
sungsrecht gibt es eine Charta der Grundrechte und
Grundfreiheiten, die in ihren Artikeln 3 sowie 24 und 25
entsprechende Regelungen vorsieht. Über Artikel 3 der
tschechischen Verfassung ist diese Charta ihr integraler
Bestandteil.

Die Frage kann sich aber auch auf laufende Gesetzge-
bungsverfahren beziehen. Im tschechischen Parlament
befindet sich ein Gesetzentwurf hinsichtlich eines spezi-
fischen Minderheitengesetzes, bei dessen Ausarbeitung
auch Vertreter nationaler und ethnischer Minderheiten so-
wie der Minderheitenbeauftragte der Regierung Gelegen-
heit hatten, Stellungnahmen abzugeben. Es wurde im Ok-
tober im Kabinett verabschiedet und befindet sich derzeit
im parlamentarischen Verfahren. Es orientiert sich an den
einschlägigen Rechtsnormen des Europarates, in Sonder-
heit an der Europäischen Charta der Regional- und Min-
derheitensprachen vom 5. November 1992, der die Tsche-
chische Republik am 9. November 2000 beigetreten ist.

Schließlich haben wir Informationen, dass es ergän-
zend zu diesem bereits im Parlament befindlichen Ge-
setzentwurf in der tschechischen Regierung Überlegun-
gen gibt, Gesetzesnovellen für Einzelbereiche des
Minderheitenschutzes zu erarbeiten, mit denen die Rechte
von Minderheiten namentlich im Bereich der Medien und
der Justiz gestärkt werden sollen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413212400
Zusatz-
frage, Herr Koschyk? – Bitte.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1413212500
Herr Staatsminister,
ist denn der Bundesregierung bekannt, dass es in der
Tschechischen Republik gegenüber dem aktuell im Parla-
ment zu beratenden Gesetzentwurf der Regierung doch
Vorbehalte sowohl seitens der nationalen und ethnischen
Minderheiten in der Tschechischen Republik als auch sei-
tens des vom Menschenrechtsbeauftragten Uhl gibt und
dass die Vorschläge des Menschenrechtsbeauftragten weit




Parl. Staatssekretärin Simone Probst
12718


(C)



(D)



(A)



(B)


über die Regelungen des Gesetzentwurfes hinausgegan-
gen sind, der jetzt dem tschechischen Parlament zur Dis-
kussion vorliegt?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1413212600
In der Art und Weise, wie wir miteinander in solchen
Angelegenheiten umgehen, bedanke ich mich für Ihren
Hinweis. Ich gehe ihm nach. Ich bin vorher nicht darauf
aufmerksam gemacht worden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413212700
Herr
Koschyk zu einer weiteren Zusatzfrage.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1413212800
Ich habe noch eine
Frage: Wie äußert sich die Kommission in ihrem aktuel-
len Fortschrittsbericht im Hinblick auf das Beitrittsver-
fahren der Tschechischen Republik zur Europäischen
Union zu dem Menschenrechts- und Minderheitenschutz-
standard in der Tschechischen Republik, der nach den Ko-
penhagener Beitrittskriterien ein sehr wichtiger Gesichts-
punkt ist?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1413212900
Soweit ich es der Zusammenfassung des Berichts
entnommen habe, enthält er diesbezüglich keine beitritts-
hinderlichen Hinweise.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413213000
Ich rufe
die Frage 4 des Abgeordneten Hartmut Koschyk auf:

Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung hin-sichtlich der Berücksichtigung von Gewahrsamszeiten in tsche-choslowakischen Internierungs- und Arbeitslagern nach demZweiten Weltkrieg in der tschechischen Rentenversicherung fürdie Angehörigen der deutschen Minderheit in der TschechischenRepublik, und sieht die Bundesregierung in den diesbezüglichenBestimmungen eine Diskriminierung gegenüber den Angehörigender tschechischen Mehrheitsbevölkerung, für deren Beseitigungsich die Bundesregierung gegenüber der tschechischen Seite ein-setzen will?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1413213100
Herr Präsident! Herr Kollege, die Bundesregierung
verfügt zurzeit für die Beantwortung Ihrer Frage hinsicht-
lich der Berücksichtigung von Gewahrsamszeiten in
tschechoslowakischen Internierungs- und Arbeitslagern
nach dem Zweiten Weltkrieg in der tschechischen Ren-
tenversicherung für die Angehörigen der deutschen Min-
derheit in der Tschechischen Republik nicht über ausrei-
chende Erkenntnisse. Die deutsche Botschaft in Prag
wurde von uns um Prüfung des tschechischen Rentenver-
sicherungsrechts in Bezug auf diese Frage gebeten. Das
geht nicht von einem Tag auf den anderen, wie Sie dan-
kenswerterweise akzeptieren wollen. Wir werden Ihnen
dazu ausführlich schriftlich berichten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413213200
Zusatz-
frage.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1413213300
Sollte sich ergeben,
Herr
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1413213400
Wird sich die Bundesregierung dann gegenüber
der tschechischen Seite für eine entsprechende Anrech-
nung dieser Gewahrsamszeiten in der Rentenversiche-
rung einsetzen?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1413213500
Ohne ausweichen zu wollen: Dass es sich hierbei
um einen Tatbestand handelt, der im Interesse der Betrof-
fenen mit aller Sorgfalt durch die Bundesregierung ge-
prüft werden muss, ist klar. Angesichts der Tatsache, dass
vermutlich weder Sie noch ich im Augenblick ganz genau
wissen, was in den entsprchenden Gesetzen steht bzw.
was in ihnen fehlt, möchte ich auch keine abstrakte Ant-
wort auf Ihre Frage geben. Wenn aber die Recherche er-
gibt, dass Ihre Befürchtungen richtig sind, werden wir
dies sorgfältig prüfen.

Ich möchte Ihnen persönlich zusagen, vor einer Ent-
scheidung darüber mit Ihnen in Kontakt zu treten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413213600
Vielen
Dank, Herr Staatsminister.

Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Justiz. Zur Beantwortung steht der Par-
lamentarische Staatssekretär Professor Dr. Eckhart Pick
zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 5 des Abgeordneten Wolfgang
Dehnel auf:

Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die Sicherheit der
Bevölkerung vor besonders gefährlichen Sexualstraftätern zu ver-
bessern?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413213700
Herr Kollege Dehnel, ich darf
zunächst darauf verweisen, dass vor kurzem das Gesetz
zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefähr-
lichen Straftaten vom 26. Januar 1998 den Schutz der Be-
völkerung vor gefährlichen Sexualstraftätern umfassend
verbessert hat. So ist gerade gegenüber dieser Gruppe von
Straftätern die Verhängung der Sicherungsverwahrung
deutlich erleichtert worden. Seitdem schreibt das Gesetz
ausdrücklich vor, dass die Gerichte bei der Entscheidung
über eine mögliche vorzeitige Entlassung aus der Straf-
haft prüfen müssen, ob – ich zitiere aus § 57 Abs. 1 Nr. 2
des Strafgesetzbuches – „dies unter Berücksichtigung
des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet
werden kann“.

Mit diesem Gesetz wurde zudem der umfassend beleg-
ten Erkenntnis Rechnung getragen, dass eine angemes-
sene therapeutische Behandlung von Sexualstraftätern
durchaus erfolgreich sein kann und dass gerade eine er-
folgreiche Therapie den Sicherheitsinteressen der Allge-
meinheit dient, da sie den Tätern die Gefährlichkeit
nimmt. Deswegen wurde § 9 des Strafvollzugsgesetzes,
der übrigens erst zum 1. Januar 2003 in Kraft treten wird,
neu gefasst. Damit wird eine Verlegung von behand-
lungsbedürftigen und behandlungsfähigen Sexualstraftä-
tern, die zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren
verurteilt wurden, in eine sozialtherapeutische Anstalt




Hartmut Koschyk

12719


(C)



(D)



(A)



(B)


zwingend vorgeschrieben, wenn diese Verlegung auf-
grund einer Untersuchung der Persönlichkeit und der Le-
bensverhältnisse des Gefangenen angezeigt ist. Das spä-
tere In-Kraft-Treten wurde im Übrigen beschlossen, um
den Ländern entsprechende Maßnahmen zu ermöglichen.

Weiterhin verpflichtet das Gesetz die Vollzugsbehör-
den schon jetzt, bereits in der zu Beginn des Vollzuges
durchzuführenden Behandlungsuntersuchung zu prüfen,
ob die Verlegung unter Behandlungsgesichtspunkten an-
gezeigt ist, und eine Entscheidung zu treffen. Für den Fall,
dass das Erfordernis der Verlegung verneint wird, ist die
Entscheidung unter Berücksichtigung der Entwicklung
des Gefangenen im Vollzug in regelmäßigen Abständen
zu wiederholen.

Nun ist, wie Sie wissen, der Vollzug dieser Gesetze Sa-
che der Länder. Ungeachtet dessen überprüft die Bundes-
regierung ständig die bestehenden Gesetze auf Ände-
rungsbedarf. Deshalb und zur Unterstützung der Länder
vergibt sie beispielsweise Forschungsaufträge, die sich
mit dieser Thematik befassen. So wird die Kriminologi-
sche Zentralstelle in Wiesbaden, eine Forschungs- und
Dokumentationseinrichtung der Justizministerien des
Bundes und der Länder, in Kürze ihr Forschungsvorhaben
zur Rückfälligkeit von Sexualstraftätern abschließen. Aus
diesem Vorhaben erhofft sich die Bundesregierung wei-
tere Erkenntnisse für die Bekämpfung und Prävention vor
allem von wiederholt begangenen Sexualstraftaten.

Ferner hat die Kriminologische Zentralstelle in den
letzten zwei Jahren zwei Fachtagungen zu dieser Thema-
tik durchgeführt und die Ergebnisse im Übrigen auch ver-
öffentlicht. Außerdem steht die Kriminologische Zentral-
stelle hinsichtlich der Anwendung der geänderten
Strafvorschriften in engem Kontakt mit den Landesjustiz-
verwaltungen und dokumentiert zum Beispiel auch die
Entwicklungen bei den sozialtherapeutischen Einrichtun-
gen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413213800
Zusatz-
frage des Kollegen Dehnel.


Wolfgang Dehnel (CDU):
Rede ID: ID1413213900
Ich bedanke mich
ausdrücklich für die ausführliche Antwort. Es bleibt noch
eine Frage offen. Sie haben die Therapie angesprochen.
Zur Therapie gehört unseres Wissens auch der Freigang
und gerade dabei kam es immer wieder zu Verbrechen.
Freigänger sind geflohen und mussten mit einem Millio-
nenaufwand wieder eingefangen werden. Sie haben zwar
darauf verwiesen, dass dies Ländersache sei. Aber mich
interessiert Folgendes: Vonseiten speziell der sächsischen
Landtagsfraktion kam der Vorschlag, Freigängern eine
elektronische Fußfessel anzulegen. Würden Sie diesen
Vorschlag unterstützen? Wird die Bundesregierung in die-
ser Richtung aktiv werden?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413214000
Man muss natürlich berücksichti-
gen, dass immer von Fall zu Fall entschieden wird, ob ein
Strafgefangener in den offenen Strafvollzug kommt und
damit Freigang erhält. Insofern müssen die entsprechen-

den Gesetze, die vorhanden sind, von den zuständigen
Behörden angewandt werden.

Die elektronische Fußfessel ist eine Möglichkeit, um
beim Freigang, der dem Strafgefangenen den Wechsel in
die Freiheit erleichtern soll, die entsprechende Sicherheit
zu gewährleisten. Insofern ist dies ein interessanter Vor-
schlag. Insbesondere in den nordischen Staaten Europas
wird es bereits praktiziert. Die Bundesregierung wird prü-
fen – sie macht sich die dortigen Erfahrungen zu Eigen –,
ob dies eine Möglichkeit ist, die Wiedereingliederung von
Strafgefangenen zu erleichtern.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413214100
Ich rufe
die Frage 6 des Abgeordneten Wolfgang Dehnel auf:

Wie viele Opfer gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in
den vergangenen zehn Jahren aufgrund von erneuten Straftaten
flüchtiger Sexualstraftäter?

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413214200
Hierzu liegen der Bundesregierung
keine Erkenntnisse vor. Entsprechende Angaben werden
in den Statistiken für die Strafrechtspflege nicht erhoben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413214300
Zusatz-
frage, Kollege Dehnel.


Wolfgang Dehnel (CDU):
Rede ID: ID1413214400
Herr Staatssekretär,
Sie haben bei der letzten Regierungsbefragung vor einer
Woche angekündigt, dass eine Verbrechenspräventions-
kommission der Bundesregierung eingesetzt wird, die
Vorschläge erarbeiten soll, wie die Verbrechensbekämp-
fung weiter vorangetrieben werden kann. Meine Frage ist:
Wie können Sie eine Analyse durchführen, wenn Sie
keine genauen Zahlen, keine Statistiken haben? Und
warum haben Sie keine Werte und Statistiken über diese
Verbrechen, die die Bevölkerung sehr verunsichern, ob-
wohl es ein Bundesministerium des Innern, ein Bundes-
ministerium der Justiz und ein Bundeskriminalamt gibt?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413214500
Ich darf es wiederholen: Es gibt
hierzu bisher keine Statistiken. Die Länder reagieren auch
ausgesprochen allergisch darauf, wenn sie vonseiten des
Bundes bedrängt werden, neue Statistiken vorzulegen. Ich
gehe aber davon aus, dass dies ein Thema in dem von Ih-
nen angesprochenen Präventionsrat sein wird, in dem
auch die Länder hochrangig vertreten sein werden. Inso-
fern besteht die Möglichkeit, dass wir genauere Erkennt-
nisse gewinnen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413214600
Weitere
Zusatzfrage, Kollege Dehnel.


Wolfgang Dehnel (CDU):
Rede ID: ID1413214700
Stimmen Sie mit mir
darin überein, dass man die Erstellung einer solchen Sta-
tistik nicht allein den wirklich gut arbeitenden Journalis-
ten der verschiedenen Medien überlassen darf?




Parl. Staatssekretär Dr. Eckhart Pick
12720


(C)



(D)



(A)



(B)


D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413214800
Ich habe erhebliche Zweifel, ob die
Statistiken, die von privater Seite angefertigt werden,
überhaupt den Tatsachen entsprechen; denn es gibt in den
Ländern keine Quelle, die dies in einer entsprechenden
Form vermitteln könnte. Insofern glaube ich, dass das
Ganze sehr viel mit Spekulation zu tun hat. Das schließt
aber nicht aus, dass im Einzelfall entsprechende Informa-
tionen an die Presse gegeben werden. Bundesweit aber
haben wir – darauf möchte ich mich beziehen – keine Sta-
tistik, die uns in die Lage versetzt, Ihre Frage so deutlich
zu beantworten, wie sie es wert wäre, beantwortet zu wer-
den.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413214900
Eine wei-
tere Zusatzfrage der Kollegin Sylvia Bonitz.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1413215000
Herr Staatssekretär, ich
bin – gelinde gesagt – entsetzt, dass wir zu diesem wich-
tigen und für unsere Sicherheit relevanten Thema keine
vernünftigen Zahlen vorliegen haben. Meinen Sie nicht,
dass es gerechtfertigt wäre, in diesem hochsensiblen Be-
reich von Sexualstraftaten Erhebungen vorzunehmen –
nicht nur aufgrund der jüngsten Vorfälle, sondern auch
aufgrund der immer wieder von den Medien dargebotenen
und uns alle entsetzenden Vorfälle, bei denen Straftätern
die Flucht und erneute Straftaten gelingen? Zu jedem an-
deren Pipifax erlegen wir es der Wirtschaft auf, statisti-
sche Erhebungen durchzuführen, aber in diesem für un-
sere Sicherheit so relevanten Bereich haben wir keine
fundierten Zahlen zur Verfügung.

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413215100
Frau Kollegin, ich glaube, dass es
nicht damit getan wäre, nur Zahlen zu registrieren. Um
überhaupt Konsequenzen ziehen zu können, muss bei je-
dem Einzelfall betrachtet werden, unter welchen Umstän-
den die Betroffenen die Möglichkeit hatten, zu Wiederho-
lungstätern zu werden. Insofern ist es nicht damit getan,
die Statistik zu pflegen. Es muss vielmehr ermittelt wer-
den, unter welchen Voraussetzungen die Taten begangen
worden sind. Erst daraus kann man die entsprechenden
Schlüsse ziehen und Verallgemeinerungen ableiten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413215200
Ich rufe
die Frage 7 des Kollegen Dr. Hans-Peter Uhl auf:

Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Allgemein-
heit vor Straftätern wie dem Sexualstraftäter und mutmaßlichen
Mörder Frank Schmökel zu schützen und einen erneuten Freigang

(vergleiche Aussage des brandenburgischen Gesundheitsministers Alwin Ziel, der einen erneuten Freigang Schmökels nicht ausschließt, siehe Berliner Morgenpost vom 9. November 2000)


D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413215300
Herr Kollege Dr. Uhl, mit dem Ge-
setz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen ge-
fährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 wurde der
Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Sexualstraftä-
tern umfassend verbessert.

Ich wiederhole, was ich bereits auf die vorige Frage ge-
antwortet habe: Unabhängig von diesen Verbesserungen
überprüft die Bundesregierung die bestehenden Gesetze
ständig daraufhin, ob sie zeitgerecht sind. In diesem Zu-
sammenhang sind auch entsprechende Forschungsauf-
träge ergangen.

Nach den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes
dürfen Vollzugslockerungen nur für solche Strafgefan-
gene angeordnet werden, die dazu geeignet sind. Das
heißt, es darf nicht zu befürchten sein, dass sich die Ge-
fangenen dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder
die Lockerungen des Strafvollzuges zur Begehung von
Straftaten missbrauchen. Die Frage, inwieweit Straf-
tätern, die in einem psychiatrischen Krankenhaus unter-
gebracht sind, Vollzugslockerungen gewährt werden kön-
nen, bestimmt sich nach Landesrecht.

Auch der Vollzug des Strafvollzugsgesetzes ist – eben-
so wie die Durchführung des Maßregelvollzuges – Ange-
legenheit der Länder. Diese unterstehen dabei nicht – Sie
wissen das – der Dienst- oder Fachaufsicht des Bundes.
Die Entscheidung über die Eignung einzelner Straftäter
für Vollzugslockerungen entzieht sich daher der Beurtei-
lung durch die Bundesregierung.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413215400
Herr Kol-
lege Uhl, Sie haben eine Zusatzfrage.


Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1413215500
Herr Staatssekretär,
ich glaube, die aktuellen Vorkommnisse haben uns allen
gezeigt, dass das Thema nicht geeignet ist, eine Zustän-
digkeitsdebatte zu führen und sich mit Blick auf die Län-
der auf eine mangelnde Zuständigkeit des Bundes zu be-
rufen.

Teilen Sie angesichts dieses Umstandes die etwas son-
derbare Aussage des brandenburgischen Gesundheitsmi-
nisters Alwin Ziel, der – bisher unwidersprochen – gesagt
hat, ein erneuter Freigang Schmökels sei im Rahmen sei-
ner Therapie auch in Zukunft möglich und dürfe nicht
ausgeschlossen werden?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413215600
Herr Kollege, ich glaube, Sie haben
Verständnis dafür, dass sich das Bundesministerium der
Justiz bzw. die Bundesregierung nicht zu einem laufenden
Verfahren äußert. Ich will der Frage aber nicht auswei-
chen: Es muss in der Tat hinterfragt werden, ob die Behör-
den damals richtig entschieden haben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413215700
Weitere
Zusatzfrage, Herr Uhl.


Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1413215800
Es muss in der Tat
gefragt werden, ob richtig entschieden wurde. Im konkre-
ten Fall war es so, dass Gutachten von Fachleuten die
Grundlage für die Entscheidung waren. Auch in Zukunft
wird in gleicher Weise verfahren werden. Ist die Bundes-
regierung bereit, in Zusammenarbeit mit den Ländern die






(C)



(D)



(A)



(B)


Rechtsfrage zu erörtern, ob ein gesetzlicher Haftungstat-
bestand für Gutachter eingeführt werden kann, mit der
Folge, dass Sachverständige wenigstens für einen Teil der
Schäden aufzukommen haben, die als Folge eines erwie-
senen Falschgutachtens entstanden sind?

Bei dem aktuellen Ereignis ist aufgrund einer falschen
Einschätzung des Täters nicht nur ein Mensch ums Leben
gekommen, sondern es ist auch dem Steuerzahler ein
Schaden in Millionenhöhe zugefügt worden. Auch dieser
Umstand darf nicht vergessen werden und sollte für die
Bundesregierung und die Landesregierungen Anlass sein,
über die Möglichkeit eines gesetzlichen Haftungstatbe-
standes nachzudenken.

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413215900
Herr Kollege Uhl, ich gehe davon
aus, dass jede Sachverständige bzw. jeder Sachverstän-
dige ein Gutachten nach bestem fachlichen Können er-
stellt. Die Frage, ob sich an ein falsches Gutachten Haf-
tungsfolgen knüpfen können, stellt sich uns in vielen
Bereichen. Teilweise kann dies bejaht werden. Ob dies al-
lerdings in dem genannten Bereich zielführend ist, müsste
in Zusammenarbeit mit den Bundesländern erörtert wer-
den. Ich könnte mir vorstellen, dass sich die nächste Jus-
tizministerkonferenz auch mit diesem Thema beschäfti-
gen wird.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413216000
Eine wei-
tere Zusatzfrage der Kollegin Sylvia Bonitz.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1413216100
Herr Staatssekretär, wel-
che weiteren Konsequenzen – außer der Erteilung neuer
Forschungsaufträge und der Erstellung neuer Gutachten –
ziehen Sie aus dem Fall Schmökel und ähnlichen Fällen?
Es ist doch so, dass frühere Opfer bei einem solchen Vor-
kommnis unter Polizeischutz gestellt werden müssen, ob-
wohl sie ihr ganzes Leben lang unter den Spätfolgen einer
Sexualstraftat leiden. Können wir nicht gemeinsam zu
sinnvollen Lösungen kommen, um durch konsequentes
gesetzgeberisches Handeln solche Fälle für die Zukunft
unmöglich oder zumindest unwahrscheinlicher zu ma-
chen, anstatt ständig neue Gutachten in Auftrag zu geben
und uns dahinter ein wenig zu verstecken?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413216200
Frau Kollegin, die gesetzlichen
Grundlagen sind vorhanden und verpflichten ja auch die
Behörden, im Einzelfall sehr sorgfältig zu überprüfen, ob
eine Vollzugslockerung angezeigt ist oder nicht. Wir kön-
nen natürlich nicht in jedem einzelnen Fall sagen, ob rich-
tig gehandelt worden ist oder nicht. Die Behörden werden
– das gebe ich Ihnen zu – durch diese schlimmen Fälle si-
cherlich dazu veranlasst werden, diese Fragen noch sorg-
fältiger als bisher zu prüfen. Ich glaube, es ist auch not-
wendig, dass man im Zweifel noch einmal überprüft, ob
tatsächlich ein Gutachten ausreicht oder ob man sich ei-
nes weiteren Gutachtens bedienen sollte. Alles in allem
denke ich, dass die Verantwortung, die hier bei den zu-
ständigen Behörden liegt, normalerweise sehr sorgfältig
wahrgenommen wird.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413216300
Eine wei-
tere Zusatzfrage des Kollegen Martin Hohmann.


Martin Hohmann (AfD):
Rede ID: ID1413216400
Ich darf eine Frage in
die gleiche Richtung stellen. Ich glaube, dass die Perso-
nenidentität zwischen dem Therapeuten und dem Gutach-
ter in der Regel dazu führt, dass die betreffende Person
ihre eigene therapeutische Arbeit bewerten muss. Sowohl
als Therapeut als auch als Gutachter wird sie ihr jeweili-
ges Arbeitsergebnis nicht herunterreden wollen. Allein
durch diesen – ich möchte einmal sagen – Systemfehler
ist eine Möglichkeit gegeben, dass es immer wieder zu
solch schlimmen Vorfällen kommt. Wären Sie gegebe-
nenfalls bereit, darauf hinzuwirken, dass insoweit eine
Trennung vorgenommen wird?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413216500
Herr Kollege, Sie haben sicherlich
Recht, dass die Nähe des Gutachters, der ja bisher schon
mit dem Strafgefangenen „gearbeitet“ hat, natürlich auch
die Gefahr in sich bergen kann, dass dieser zu subjektiv an
die Beurteilung des Sachverhalts herangeht. Insofern ist
es Ausdruck der Sorgfaltspflicht der Behörden, gerade
wenn es im Vorfeld um besonders schwere Taten gegan-
gen ist, zu prüfen, ob man nicht ein weiteres, „neutrale-
res“ Gutachten heranziehen sollte. Erforderlich ist mehr
Fingerspitzengefühl. In manchen Fällen kommt es dann
möglicherweise zu einer weiteren Absicherung der Ent-
scheidung.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413216600
Wir kom-
men zur Frage 8 des Kollegen Uhl:

Ist es zutreffend, dass es mittlerweile Erkenntnisse gibt, wo-
nach sich die bisherige Vermutung nicht bestätigt, dass deutsche
Rechtsextremisten hinter dem Anschlag auf die Düsseldorfer Sy-
nagoge in der Nacht zum 3. Oktober 2000 stehen?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413216700
Die Antwort lautet: Nein. Das Ver-
fahren wurde am 4. Oktober 2000 gemäß § 120 Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom Gene-
ralbundesanwalt übernommen. Das Polizeipräsidium
Düsseldorf ist mit den Ermittlungen beauftragt. Diese Er-
mittlungen dauern noch an.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413216800
Zusatz-
frage, Herr Kollege Uhl.


Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1413216900
Herr Staatssekretär,
hält es die Bundesregierung für denkbar, dass Gerüchte
zutreffen, wonach die ermittelnden Beamten der Polizei
in Düsseldorf angehalten werden, in einer bestimmten
Richtung nicht weiterzuermitteln, damit nicht ein
„falsches“ Ermittlungsergebnis herauskommt? Ich meine
damit: Halten Sie es für denkbar, dass man den Grund-
verdacht aufrecht erhalten will, dass Rechtsextreme aus
Deutschland tätig waren, obwohl es bereits Vermutungen,
Hinweise und Erkenntnisse gibt, dass es so nicht gewesen
ist, sondern dass es möglicherweise ein Anschlag der Rus-
sen-Mafia gewesen sein könnte?




Dr. Hans-Peter Uhl
12722


(C)



(D)



(A)



(B)


D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413217000
Herr Kollege, ich kann mich an die-
sen Spekulationen nicht beteiligen. Ich weiß nur, dass
zwei Jugendliche, die gefasst wurden und zunächst als Tä-
ter infrage kamen, aus der Haft entlassen werden mussten,
weil sie mit der Tat offenbar nichts zu tun hatten. Mehr ist
mir in diesem Zusammenhang nicht bekannt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413217100
Eine Zu-
satzfrage, bitte schön.


Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1413217200
Herr Staatssekretär,
halten Sie es nicht für merkwürdig, dass noch immer
keine Ermittlungszwischenergebnisse vorliegen, obwohl
nach diesem spektakulären und bundesweit Aufsehen er-
regenden Fall eine Sonderkommission in Düsseldorf
durch den Innenminister Behrens mit erheblichem Perso-
nalaufwand eingesetzt wurde?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413217300
Ich kann mir das nur so erklären,
dass die Ermittlungen ausgesprochen schwierig sind und
die zuständigen Behörden, wie sich das gehört, in alle
Richtungen ermitteln müssen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413217400
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Dehnel.


Wolfgang Dehnel (CDU):
Rede ID: ID1413217500
Vor diesem Hinter-
grund frage ich: Ist der Bundesregierung bekannt, dass ge-
rade in Frankreich Anschläge von muslimischen Extre-
misten auf Synagogen verübt worden sind und, wenn ja,
ist die Bundesregierung dann nicht der Meinung, dass
man sich angesichts der Medienberichterstattung über
diese Anschläge mit Äußerungen über die Anschläge in
Düsseldorf zurückhalten sollte?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413217600
Herr Kollege, das spricht dafür, dass
die Justizbehörden in alle denkbaren Richtungen ermit-
teln müssen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413217700
Eine Zu-
satzfrage der Kollegin Sylvia Bonitz.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1413217800
Herr Staatssekretär, vor
dem Hintergrund, dass der Anschlag auf die Synagoge auf
ein überdurchschnittliches Interesse gestoßen ist, was
dazu geführt hat, dass sich der Bundeskanzler höchst-
persönlich vor Ort ein Bild gemacht hat, möchte ich fra-
gen, ob sich der Herr Bundeskanzler laufend über die Er-
mittlungsergebnisse, auch wenn es möglicherweise nur
Zwischenergebnisse sind, unterrichten lässt und ob wir
davon ausgehen können, dass auch das Parlament über
Zwischenergebnisse der Ermittlungen informiert werden
wird.

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413217900
Frau Kollegin, da der Generalbun-

desanwalt das Verfahren an sich gezogen hat und er, wie
Sie wissen, dem Bundesjustizminister zugeordnet ist und
damit auch der Bundesregierung, ist die Bundesregierung
über den aktuellen Stand der Ermittlungen informiert.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413218000
Ich rufe
nun die Frage 9 des Kollegen Detlef Parr auf:

Welche Auswirkungen hat nach Auffassung der Bundesregie-rung der Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention,der das Selbstbestimmungsrecht, die Entscheidungs- und Willen-sautonomie des Individuums als zentrales Menschenrecht unter-streicht, auf die Autonomie des Menschen am Lebensende und diein Deutschland geltende Rechtslage?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413218100
Herr Kollege Parr, Artikel 8 Abs. 1
der Europäischen Menschenrechtskonvention, EMRK,
lautet:

Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat-
und Familienlebens, seiner Wohnung und seines
Briefverkehrs.

Artikel 8 Abs. 2 regelt die Befugnisse der öffentlichen
Behörden bei einem Eingriff in diese Rechte.

Die Achtung der Privatautonomie am Lebensende ist in
Deutschland gesichert. Nach nationalem Recht ist eine
ärztliche Behandlung nur mit Einwilligung des Betroffe-
nen zulässig. Kann die Einwilligung nicht erteilt werden,
weil der Betroffene zum Beispiel wegen Bewusstlosigkeit
nicht einwilligungsfähig ist, so ist der mutmaßliche Wille
des Betroffenen zu ermitteln und danach vorzugehen. Bei
der Ermittlung des mutmaßlichen Willens des Betroffe-
nen sind insbesondere auch Patienten- oder Betreuungs-
verfügungen zu berücksichtigen, die der Betroffene zu ei-
ner Zeit getroffen hat, als er noch entscheidungsfähig war.
Bei einwilligungsunfähigen Volljährigen kann nur ein Be-
treuer in eine Behandlung einwilligen.

Ein Betreuer darf nur bestellt werden, wenn ein Voll-
jähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder auf-
grund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Be-
hinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise
nicht besorgen kann. Der Betreuer hat den Wünschen des
Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl ent-
spricht und dem Betreuer zuzumuten ist. Damit trägt das
geltende Recht zum einen dem Selbstbestimmungsrecht
des Betroffenen Rechnung, das als Teil des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts den Schutz unserer Verfassung ge-
nießt und deshalb insbesondere auch vom Gesetzgeber zu
beachten ist.

Es stellt zum anderen sicher, dass auch diejenigen, die
ihr Selbstbestimmungsrecht aufgrund einer psychischen
Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinde-
rung nicht hinreichend auszuüben vermögen, behandelt
werden, wenn das Unterbleiben der Behandlung nicht
verantwortet werden kann.

Der in der Bestellung eines Betreuers liegende Eingriff
ist auch nach Artikel 8 Abs. 2 EMRK zulässig, weil er ge-
setzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die
zum Schutze des Betreuten selbst notwendig ist. Die
Rechtslage in Deutschland entspricht damit jener der Eu-
ropäischen Menschenrechtskonvention.






(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413218200
Zusatz-
frage, Herr Kollege Parr.


Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1413218300
Herr Staatssekretär, der Deutsche
Juristentag hat sich kürzlich mit dieser Frage beschäftigt. Er
hat eindeutig die Notwendigkeit gesetzgeberischer Maß-
nahmen gefordert, auch im Hinblick auf die Verhaltens-
weisen der Ärzteschaft. Wie erklären Sie, dass Sie in Ihrer
Antwort deutlich gemacht haben, dass es keine Notwen-
digkeit gibt, gesetzgeberische Maßnahmen anzugehen?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413218400
In der schriftlich beantworteten
Frage aus der letzten Woche habe ich Ihnen dargelegt,
dass die Bundesregierung der Meinung ist, dass die Frage,
wie man mit der Würde eines sterbenden Menschen um-
geht, durchaus zu regeln ist. Wir respektieren, dass sich
auch die Enquete-Kommission „Recht und Ethik der mo-
dernen Medizin“ mit dieser Thematik befasst und warten
auf die Ergebnisse ihrer Beratungen. Wir halten eine Dis-
kussion quer durch unsere Gesellschaft für notwendig.
Der Deutsche Juristentag hat hierzu sicher wertvolle Hin-
weise gegeben, insbesondere was Patiententestamente
und Ähnliches angeht. Hier wurde sehr kontrovers disku-
tiert. Dies muss mit einbezogen werden. Am Ende müs-
sen wir alle entscheiden, ob wir zu einer Form der Ster-
behilfe raten können oder nicht. Dies ist heute im
Wesentlichen durch das Standesrecht der Ärzte geregelt.
Insofern ist ein langer und sorgfältiger Diskussionspro-
zess notwendig.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413218500
Eine wei-
tere Zusatzfrage, Herr Kollege Parr.


Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1413218600
Herr Staatssekretär, wir werden
immer älter. Die Fragen, die wir gerade besprechen, wer-
den in den Familien immer mehr zum Gegenstand von
Überlegungen. Wenn Sie sagen, Sie möchten prüfen, er-
örtern und eine breite Beteiligung herbeiführen, so ist das
richtig. Es ist aber nur eine Seite. Auf der anderen Seite
brauchen wir dringend Antworten auf diese Fragen. Des-
wegen möchte ich gerne von Ihnen wissen, ob Sie Vor-
stellungen haben, wie Sie Ihre weiteren Überlegungen in-
haltlich und zeitlich strukturieren wollen.

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413218700
Der erste Teil meiner Antwort bezog
sich auf die eingesetzte Enquete-Kommission, deren Er-
gebnisse für uns ganz wichtig sind. Ich halte es nicht für
gut, auch aus Respekt vor dem Parlament, wenn die Bun-
desregierung mit einem Gesetzentwurf vorprellen würde.
Wir sind aufgerufen, diese Fragen in der Enquete-Kom-
mission des Bundestages zusammen mit allen Interessier-
ten zu erörtern. Am Ende sollten Vorschläge stehen, die
dann den Gesetzgeber betreffen können. Bis dahin sollten
wir die Diskussion abwarten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413218800
Eine
Frage des Kollegen Hirche.


Walter Hirche (FDP):
Rede ID: ID1413218900
Herr Staatssekretär, ist die
Auffassung der Bundesregierung über die Verbindlichkeit
von Patientenverfügungen rechtlich einwandfrei und ab-
schließend geregelt? Welche Bedeutung messen Sie der
Patientenverfügung zu?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1413219000
Ich denke, dass die Patientenverfü-
gung in dem Kontext, den ich genannt habe, wenn der Be-
treffende oder die Betreffende, der oder die das Testament
errichtet hat, nicht mehr in der Lage ist, diesen Willen zu
formulieren, Anhaltspunkt für den mutmaßlichen Willen
sein kann. Es kann im Einzelfall natürlich sein, dass sich
der Patient eines anderen besinnt. Wenn das der Fall ist,
muss man diesem geänderten Willen Rechnung tragen.
Insofern ist es sicher hilfreich, wenn wir alle vorsorglich
festlegen, wie wir nicht nur in diesem Fall, sondern auch
im Betreuungsfall die Dinge geregelt haben wollen. Es ist
dann der in erster Linie zum Ausdruck kommende mut-
maßliche Wille, von dem wir unterstellen, dass er noch
fortbesteht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413219100
Vielen
Dank, Herr Staatssekretär Pick. Die Fragen 10 und 11 sol-
len schriftlich beantwortet werden. Die Fragen 12 und 13
sind zurückgezogen.

Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Arbeit und Sozialordnung. Zur Be-
antwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staats-
sekretärin Ulrike Mascher zur Verfügung.

Wir kommen zur Frage 14 des Abgeordneten Helmut
Heiderich:

Welche Einsparungen für den Bundeshaushalt wird die Bun-desregierung 2001 durch den teilweisen Rückzug des Bundes ausder Finanzierung des Unterhaltsvorschusses sowie der Abschaf-fung der originären Arbeitslosenhilfe gegenüber der früherenRechtslage erzielen und wie wird sich dies als Belastung auf dieLandkreise und kreisfreien Städte im Bundesland Hessen 2001 ge-genüber der früheren Rechtslage auswirken? (siehe hierzu auchFrage 27)


U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1413219200
Herr Kollege
Heiderich, zunächst möchte ich zur Finanzierung des Un-
terhaltsvorschusses Stellung beziehen. Durch die Ände-
rung des § 8 des Unterhaltsvorschussgesetzes zum 1. Ja-
nuar 2000 werden die Geldleistungen nunmehr zu einem
Drittel vom Bund und im Übrigen von den Ländern ge-
tragen. Bisher galt eine hälftige Finanzierung.

Würden die Unterhaltsvorschussleistungen auch wei-
terhin zu 50 Prozent vom Bund getragen, so entfielen
vom Ausgabesoll in Höhe von 1,695 Milliarden DM
847,5 Millionen DM auf den Bund. Von den Einnahmen
erhielte er 190,5 Millionen DM, sodass sich eine Gesamt-
belastung des Bundeshaushalts in Höhe von 657 Milli-
onen DM ergäbe. Unter Zugrundelegung des Haushalts-
plans 2001 errechnet sich durch die Gesetzesänderung
folglich eine Gesamtentlastung des Bundeshaushalts in
Höhe von 219 Millionen DM.

Bezogen auf das Land Hessen – danach fragen Sie ja –
ergibt sich folgender Sachstand: Im noch nicht bestätigten






(C)



(D)



(A)



(B)


Haushaltsplan des Landes Hessen für das Haushaltsjahr
2001 wird von Gesamtausgaben nach dem Unterhaltsvor-
schussgesetz in Höhe von 111Millionen DM ausge-
gangen. Die Einnahmen werden mit 16,5 Millionen DM
angegeben. Bei einer weiterhin 50-prozentigen Finan-
zierung des Unterhaltsvorschusses durch den Bund belie-
fen sich die Bundesausgaben auf 55,5 Millionen DM, die
Einnahmen auf 8,25 Millionen DM und die Gesamtbelas-
tung somit auf 47,25 Millionen DM. Unter Zugrundele-
gung des Haushaltsplanes 2001 ergäbe sich somit für den
Bund, bezogen auf das Bundesland Hessen, eine Gesamt-
entlastung in Höhe von 15,75 Millionen DM. In selbiger
Höhe wird das Bundesland Hessen gemäß Haushaltsplan
2001 mehr belastet.

Nun zum Bereich der originären Arbeitslosenhilfe: In
dem Gesetzentwurf zur Sanierung des Bundeshaushalts
wurde die Haushaltsentlastung des Bundes durch den
Wegfall der originären Arbeitslosenhilfe für das Jahr 2001
auf 1,3 Milliarden DM geschätzt. Die Belastung der Ge-
meinden durch gegebenenfalls zu zahlende Leistungen
nach dem Bundessozialhilfegesetz an die betroffenen Per-
sonen wird in dem Gesetzentwurf auf circa 45 Prozent der
Entlastung des Bundes – das sind 585Millionen DM – ge-
schätzt. Eine konkrete Aufteilung der Belastung der
Kommunen auf die einzelnen 16 Bundesländer ist nicht
möglich, da nicht bekannt ist, in welchem Umfang ar-
beitslose Arbeitnehmer im Jahr 2001 Leistungen nach
dem Bundessozialhilfegesetz beziehen werden, die an-
sonsten Anspruch auf originäre Arbeitslosenhilfe gehabt
hätten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413219300
Eine Zu-
satzfrage, Herr Kollege Heiderich? – Bitte schön.


Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1413219400
Schönen Dank, Frau
Staatssekretärin, für die ausführliche Darstellung des
Zahlenmaterials. Ich möchte zum zweiten Teil meiner
Frage, der Arbeitslosenhilfe, nachfragen, ob die Bundes-
regierung Vorausberechnungen oder Hochrechnungen
dazu angestellt hat, in welcher Weise die einzelnen Bun-
desländer betroffen sein könnten und ob solche Berech-
nungen auch dem Bundesrat vorgelegt worden sind.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1413219500
Wir haben keine
Daten über die Verteilung der Bezieher von originärer Ar-
beitslosenhilfe auf einzelne Landkreise oder Bundeslän-
der. Deswegen kann ich Ihnen eine so detaillierte Ant-
wort, wie Sie sie gerne hätten, leider nicht geben. Solche
Zahlen liegen bei der Bundesanstalt für Arbeit nicht vor.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413219600
Eine wei-
tere Zwischenfrage? – Bitte schön.


Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1413219700
Frau Staatssekretä-
rin, ich möchte noch ganz allgemein fragen, was eigentlich
die Bundesregierung bewogen hat, die originäre Arbeits-
losenhilfe jetzt in die Verantwortung der Länder und Kom-

munen zu stellen, und inwieweit dabei die Berücksichti-
gung des Konnexitätsprinzips eine Rolle gespielt hat.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1413219800
Die Überlegungen
zur Abschaffung der originären Arbeitslosenhilfe basier-
ten darauf, dass es sich bei den Beziehern der originären
Arbeitslosenhilfe bekanntlich um Personen handelt, die
zuvor entweder überhaupt nicht oder nur kurze Zeit als
Arbeitnehmer tätig waren. Es erschien uns nicht mehr ver-
tretbar, Arbeitslosen, die vorher keinen oder nur einen
kurzzeitigen Bezug zur Arbeitslosenversicherung hatten,
also auch nur kurzzeitig oder überhaupt keine Beiträge
gezahlt hatten, Arbeitslosenhilfe und damit den vollen Zu-
gang zu den beitragsfinanzierten Leistungen der aktiven
Arbeitsförderung zu gewähren.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413219900
Die Fra-
gen 15 bis 18 sollen schriftlich beantwortet werden. – Vie-
len Dank, Frau Staatssekretärin.

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung der
Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Walter
Kolbow zur Verfügung.

Die Fragen 19 bis 22 sollen ebenfalls schriftlich beant-
wortet werden.

Ich rufe die Frage 23 des Abgeordneten Werner
Siemann auf:

Warum liegen dem Bundesministerium der Verteidigung keine
Erkenntnisse über die Anzahl der Frauen vor, die im Rahmen der
Öffnung aller Laufbahnen und Laufbahngruppen für Frauen in der
Bundeswehr eine vorläufige Einplanung erhalten haben, jedoch
aufgrund der unklaren rechtlichen Grundlage von einem Dienst-

(vgl. Plenarprotokoll 14/131, S. 12682 B)

bzw. durch eine Abfrage bei den fünf Zentren für Nachwuchsge-
winnung sowie bei der Offiziersprüfzentrale leicht zu ermitteln
sind?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1413220000
Herr Kollege Siemann, bis Ende
Oktober 2000 haben sich annähernd 1 500 junge Frauen
für einen freiwilligen Dienst in den Laufbahnen der Un-
teroffiziere und der Mannschaften beworben. Nach
erfolgreicher Eignungsfeststellung hatten bis zu diesem
Zeitpunkt etwa 200 Frauen – vorbehaltlich der zu schaf-
fenden gesetzlichen Regelungen – einen vorläufigen
Einplanungsbescheid, der zum Diensteintrittstermin 2. Ja-
nuar 2001 führen wird, erhalten.

Nach Beschlussfassung des Deutschen Bundestages zu
den einfachgesetzlichen Änderungen am 10. Novem-
ber 2000 wurden alle betroffenen Bewerberinnen ver-
bindlich zum Dienstantritt 2. Januar 2001 aufgefordert.
Abfragen bei den Zentren für Nachwuchsgewinnung und
bei der Offizierbewerberprüfzentrale – Sie sprechen dies
in Ihrer Frage an – haben bestätigt, dass bis zu diesem
Zeitpunkt keine der Bewerberinnen aufgrund der unkla-
ren rechtlichen Situation von ihrem Diensteintrittswunsch
Abstand genommen hat.




Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher

12725


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413220100
Eine Zu-
satzfrage? – Nein.

Wir kommen zur Frage 24 des Abgeordneten Siemann:
Plant die Bundesregierung im Rahmen der Vorbereitungen für

ein neues Personalanpassungsgesetz zur Einsparung von Perso-
nalkosten sowie zur Lösung des Beförderungs- und Verwen-
dungsstaus, Soldaten auch gegen ihren Willen in den vorzeitigen
Ruhestand zu versetzen, und wie wird mit solchen Soldaten ver-
fahren, die ihren Dienst auf Antrag entgegen dem Willen des
Dienstherren vorzeitig beenden möchten?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1413220200
Herr Kollege Siemann, Maßnah-
men gegen den Willen der Betroffenen sind nicht geplant.
Anträge von Soldaten, die ihren Dienst vorzeitig beenden
möchten, an deren vorzeitiger Zur-Ruhe-Setzung aber
kein dienstliches Interesse besteht, werden von der für
Personalfragen zuständigen Stelle abzulehnen sein.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413220300
Eine Zu-
satzfrage, bitte schön.


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1413220400
Herr Staatssekretär,
ab welchem Zeitpunkt sollen die personalreduzierenden
Maßnahmen erstmals greifen? Bis zu welchem Zeitpunkt
sollen diese Maßnahmen anhalten?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1413220500
Der Bundesminister der Ver-
teidigung hat jüngst in seiner Rede auf der Kommandeurs-
tagung darauf hingewiesen, dass es ein Personalan-
passungsgesetz geben wird, aber nicht nach den alten
Regeln goldener Handschläge. Wir werden diese Dinge im
Zusammenhang mit der Aufhebung des Staus bei Beför-
derungen und Verwendungen in den Jahren 2001 und 2002
zeitgerecht vorbereiten.

Ich möchte Folgendes ergänzen – möglicherweise er-
übrigt das eine Zusatzfrage –: Wir sind im Ministerium
dabei, entsprechende Zahlen für ein angemessenes Ver-
hältnis zwischen dem Abbau von Überhängen und dem
Aufbau neuer Besoldungs- und Laufbahnstrukturen zu
entwickeln. Die Ergebnisse werden wir in den entspre-
chenden Ausschüssen, gerade im Verteidigungsaus-
schuss, vortragen. Wir bleiben in dieser Sache am Ball.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413220600
Eine wei-
tere Zusatzfrage des Kollegen Siemann.


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1413220700
Herr Staatssekretär,
wollen Sie mit dieser Antwort sagen, dass durch das Per-
sonalanpassungsgesetz der Personalüberhang Ende 2002
beseitigt sein wird?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1413220800
Das streben wir an. Sie wissen,
dass darüber nicht nur mit dem Bundesminister der Fi-
nanzen, sondern natürlich auch mit dem Parlament zu
beraten ist; schließlich kostet dieses Vorhaben Geld. Die

Ergebnisse der Beratungen werden in die entsprechenden
Abläufe einzubringen sein.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413220900
Eine wei-
tere Frage des Kollegen Nolting.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1413221000
Herr Staats-
sekretär, in welchem Umfang soll pro Jahr Personal abge-
baut werden?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1413221100
Dies wird im Moment erarbeitet,
Herr Kollege. Die Gesamtzahl von etwa 8 500 steht dabei
im Zusammenhang mit den zeitlichen Abläufen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413221200
Wir kom-
men zur Frage 25 des Kollegen Nolting:

Verletzte die von der Wehrbereichsverwaltung III zum 31. De-
zember 2000 verfügte Entlassung des im Kosovo schwer verletz-

(zum Beispiel § 55 Soldatengesetz)

der Aufhebung dieser Verfügung durch den Bundesminister der
Verteidigung?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1413221300
Herr Kollege Nolting, eine Ent-
lassung des Stabsunteroffiziers Jens Ruths aus der Bun-
deswehr ist durch die Wehrbereichsverwaltung III nicht
verfügt worden. Eine solche Entscheidung liegt außerhalb
der Zuständigkeit der territorialen Wehrverwaltung.

Aufgrund des Minenunfalls am 22. September 1999
und der nachfolgenden Unterschenkelamputation erhält
der Betroffene über die Wehrbereichsverwaltung III Aus-
gleich für die Folgen einer Wehrdienstbeschädigung nach
dem Soldatenversorgungsgesetz. Durch die für Personal
zuständige Stelle bei der Luftlandebrigade 31 wurde im
Juli 2000 die Dienstzeit des Herrn Ruths auf acht Jahre
verlängert, wobei jedoch bedauerlicherweise – wir haben
an anderer Stelle auch darüber gesprochen – versäumt
wurde, der Wehrbereichsverwaltung III rechtzeitig eine
Änderungsmeldung zuzuleiten. Infolgedessen ging die
Wehrbereichsverwaltung III gemäß den ihr vorliegenden
Unterlagen noch von einem Ende der Dienstzeit am
31. Dezember 2000 aus und sandte Herrn Ruths im Sep-
tember aus Fürsorgegründen ein Informationsschreiben
zu, mit dem er über die erforderlichen Maßnahmen zur Si-
cherstellung der Versorgung nach dem Wehrdienstende in
Kenntnis gesetzt wurde.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413221400
Zusatz-
frage?


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1413221500
Herr Staatsse-
kretär, ich möchte schon wissen, welche rechtliche
Grundlage es für die Aufhebung der Verfügung durch den
Bundesminister der Verteidigung gibt.

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1413221600
Es wäre sinnvoll, gleich Ihre






(C)



(D)



(A)



(B)


zweite Frage – wenn Sie erlauben –, in der Sie auf eine
Äußerung des Herrn Bundesministers der Verteidigung
abstellen, in die Beantwortung der Zusatzfrage mit einzu-
beziehen.


(Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Wenn es der Klarheit dient!)


Möglicherweise ergibt das die von Ihnen gewünschte not-
wendige Klarheit.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413221700
Dann rufe
ich auch die Frage 26 des Abgeordneten Günther Nolting
auf:

Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage des Bundesmi-
nisters der Verteidigung, Rudolf Scharping, er habe „schon 1999
unter sehr weiter Auslegung der gesetzlichen Möglichkeiten dem
Zeitsoldaten J. R. die Zusage gemacht, bei der Bundeswehr blei-

(„Bild“-Zeitung vom 9. November 2000)

gesetzlichen Möglichkeiten in Zukunft durch die Herbeiführung
einer grundlegenden Änderung der betreffenden Gesetze im Sinne
der verwundeten Soldaten überflüssig zu machen?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1413221800
Der Bundesminister der Verteidi-
gung möchte in diesem Zusammenhang seine Aussage als
einen Akt selbstverständlicher Fürsorge des Dienstherren
für einen im Einsatz verwundeten Soldaten verstanden
wissen. Es besteht keine konkrete Absicht, die bestehen-
den Gesetze und Vorschriften zu ändern. Es wird jedoch
geprüft, ob die derzeitigen rechtlichen Grundlagen allen
denkbaren Fallkonstellationen gerecht werden. Das heißt,
dass ein normales Ende der Dienstzeit bevorstand, aber
durch den Unfall Ereignisse eintraten, die aus Fürsorge-
gründen eine Verlängerung der Dienstzeit erforderlich
machten. Die eigentliche Rechtsgrundlage „Ende der
Dienstzeit“ wurde also durch die Aktion des Herrn Bun-
desministers der Verteidigung überholt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413221900
Zusatz-
frage, Kollege Nolting.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1413222000
Herr Staatsse-
kretär, ich möchte trotzdem noch einmal einen Schritt
zurückgehen: Sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass
wir gerade im Bereich des Soldatengesetzes Vorsorge
treffen und eine rechtliche Grundlage schaffen müssen,
nach der verfahren wird und auf die auch der Minister
zurückgreifen kann und muss?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1413222100
Herr Abgeordneter Nolting,
ich bin ausdrücklich Ihrer Auffassung. Deswegen hat
auch der Bundesminister der Verteidigung eine interne
Arbeitsgruppe im Bundesministerium der Verteidigung
eingesetzt, die alle Gegebenheiten in die Untersuchungen
einbeziehen soll, insbesondere auch die Frage, wie dieje-
nigen Soldaten, die bei Einsätzen körperliche Schäden er-
leiden, statusrechtlich behandelt werden können.

Wir sind selbstverständlich nach Abschluss dieser Un-
tersuchungen nicht nur bereit, sondern sogar verpflichtet,

Ihnen darüber Auskunft zu geben. Sie können damit rech-
nen, dass wir das Ergebnis dieser Querschnittsunter-
suchungen aller Vorschriften, die bestehen, unverzüglich
vortragen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413222200
Eine wei-
tere Zusatzfrage, Herr Kollege Nolting.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1413222300
Herr Staats-
sekretär, wird durch diese Arbeitsgruppe auch geklärt, ob
es in Zukunft einen Ansprechpartner oder eine Ansprech-
partnerin im Ministerium geben sollte, an den bzw. an die
sich der Betroffene direkt wenden kann, sodass es nicht
zu solchen Überschneidungen und Missverständnissen
kommt, wie wir sie jetzt erlebt haben?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1413222400
Ich denke, dass auch das in die
Prüfung einbezogen wird. Im Übrigen stehen gerade bei
den Fällen, in denen Soldatinnen oder Soldaten im Aus-
land ein solches Schicksal erleiden, alle Mitglieder der
politischen Leitung, aber auch der militärischen Führung
jederzeit als Ansprechpartner zur Verfügung.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413222500
Vielen
Dank, Herr Staatssekretär Kolbow.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Zur Be-
antwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär
Achim Großmann zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 27 des Abgeordneten Helmut
Heiderich auf:

Welche Einsparungen hatte die Bundesregierung aus dem vonihr geplanten Rückzug aus der Finanzierung des pauschaliertenWohngelds im Rahmen des Haushaltssanierungsgesetzes errech-net und wie hätte sich dies 2001 auf die Landkreise und kreisfreienStädte Hessens ausgewirkt, wäre diese Absicht der Bundesregie-rung nicht durch den Bundesrat verhindert worden?

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1413222600
Sehr ge-
ehrter Herr Kollege Heiderich, bei Übernahme der vollen
Finanzierung des pauschalierten Wohngeldes durch die
Länder im Rahmen des Haushaltssanierungsgesetzes
wurden für das Jahr 2001 Einsparungen des Bundes in
Höhe von rund 2,37Milliarden DM errechnet. Davon ent-
fallen auf das Land Hessen schätzungsweise 226 Milli-
onen DM.

Im Rahmen des Sparpaketes zum Bundeshaushalt für
das Jahr 2000 und für die mittelfristige Finanzplanung
waren umfangreiche gesetzliche Änderungen vorgesehen,
die per saldo eine erhebliche Entlastung von Ländern und
Gemeinden bewirken sollten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413222700
Eine Zu-
satzfrage. Kollege Heiderich.


Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1413222800
Herr Staatssekretär,
darf ich nachfragen, was die Bundesregierung in diesem




Parl. StaatssekretärWalter Kolbow

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(B)


speziellen Fall bewogen hat, das pauschalierte Wohngeld
auf die Kommunen, also auf die Gemeinden, Städte und
Landkreise, abzuwälzen, obwohl doch sonst immer sehr
betont wird, dass die finanzielle Lage der Kommunen sehr
angespannt sei?

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1413222900
Wir ha-
ben damals im Gesetzgebungsverfahren, Herr Kollege
Heiderich, sehr intensiv mit vielen Beteiligten gespro-
chen, und uns ist immer wieder bestätigt worden, dass es
ordnungspolitisch Sinn macht, die Erstattung von Kosten
dorthin zu verlagern, wo sie entstehen. In diesem Zu-
sammenhang erinnere ich an ähnliche Überlegungen der
alten Bundesregierung. Das heißt, wenn innerhalb der So-
zialhilfe solche Aufwendungen geleistet werden, ist es
ordnungspolitisch durchaus sinnvoll, darüber nachzu-
denken, das vor Ort finanziell zu regeln. Da wir in dem
Maßnahmenpaket auf der anderen Seite gleichzeitig für
Entlastungen der Städte und Gemeinden gesorgt hätten,
wäre das unter dem Strich sicherlich eine durchaus denk-
bare Alternative gewesen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413223000
Weitere
Zusatzfrage, Herr Heiderich, bitte.


Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1413223100
Welche konkreten
Entlastungen hatten Sie nach den von Ihnen eben ge-
nannten Gesichtspunkten für die Länder und Gemeinden
eingeplant?

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1413223200
Es waren
eine ganze Reihe, vom Schließen von Steuerschlupflöchern
angefangen bis hin zu anderen Kompensationslösungen.
Wir haben das seinerzeit mehrfach aufgeschrieben. Ich bin
gerne bereit, Ihnen diesen Katalog zuzusenden.

Wir machen auf diesem Weg auch weiter, jetzt gerade
bei der Entlastung der stark gestiegenen Heizkosten. Wir
zahlen Heizkostenpauschalen an etwa 4,8 Millionen
Haushalte. Ganz viele der betroffenen Haushalte beziehen
Sozialhilfe. Auch dieser aktuelle Schritt, der – so hoffe
ich – morgen im Bundestag beschlossen wird, wird zu ei-
ner Entlastung der Kommunen in mindestens zweistelli-
ger Millionenhöhe führen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1413223300
Da alle
übrigen Fragen schriftlich beantwortet werden sollen,
sind wir vorzeitig am Ende der Fragestunde.

Ich unterbreche deshalb die Sitzung bis 15.30 Uhr. Um
15.30 Uhr wird die Aktuelle Stunde aufgerufen werden.


(Unterbrechung von 15.02 bis 15.31 Uhr)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413223400
Liebe Kol-
leginnen und Kollegen, die unterbrochene Sitzung ist wie-
der eröffnet.

Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der F.D.P.
Haltung der Bundesregierung zur Rücknahme
von deutschem Atommüll aus derWiederaufar-
beitungsanlage La Hague nach dem deutsch-
französchen Gipfel in Vittel

Ich eröffne die Aussprache und gebe zunächst das Wort
der Kollegin Birgit Homburger für die F.D.P. als antrag-
stellende Fraktion.


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1413223500
Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diese Aktuelle
Stunde aus Anlass des deutsch-französischen Gipfels am
letzten Freitag beantragt. Dort wurde über die Zurück-
nahme des deutschen Atommülls gesprochen, der zur
Wiederaufarbeitung nach Frankreich gebracht wurde.

Die Transporte von deutschem Atommüll zur Wieder-
aufarbeitung nach Frankreich sind gestoppt. Bevor der
deutsche Atommüll aus der Wiederaufarbeitungsanlage
La Hague nicht nach Deutschland zurückgeführt wird,
nimmt Frankreich keinen deutschen Atommüll mehr zur
Wiederaufarbeitung an. Unsere französischen Nachbarn
warten bereits seit drei Jahren darauf, dass der in der Wie-
deraufarbeitungsanlage gelagerte deutsche Atommüll
zurücktransportiert wird.

Man könnte auf den Gedanken kommen, die alte Bun-
desregierung trage Schuld an dieser Situation. Ich will
aber gleich vorweg sagen, dass dies nicht der Fall ist. Da-
mals wurden die Transporte aus gutem Grund gestoppt. Es
wurden nämlich überhöhte Strahlungswerte bei den
Transportbehältern festgestellt. Allerdings könnten spä-
testens seit September dieses Jahres, als das Bundesamt
für Strahlenschutz die Genehmigung für Transporte erteilt
hat, Transporte wieder durchgeführt werden.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)

Trotz bestehender Verträge zwischen Cogema und den

Kernkraftwerksbetreibern, abgedeckt durch einen Noten-
wechsel zwischen den Ländern, ist nichts passiert.
Deutschland betreibt weiterhin faktisch Zwischenlage-
rung von Atommüll im Ausland.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Mich wundert, dass der Bundesumweltminister in die-

ser Debatte sprechen wird, obwohl die Verhandlungen
zwischen den Ländern mittlerweile zur Chefsache erklärt
worden sind.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ja!)

Es wäre daher besser gewesen, wenn ein Vertreter des
Kanzleramts heute Rede und Antwort gestanden hätte.
Herr Steinmeier ist schließlich derjenige, der mit diesen
Verhandlungen beauftragt ist. Das zeigt allerdings, dass
Sie, Herr Minister Trittin, infolge des Streits um Atom-
ausstieg und Castortransporte international nicht mehr als
vertrauenswürdig angesehen werden.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)





Helmut Heiderich
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(B)


Bemerkenswert ist weiter, dass laut Presseberichten
der französische Premierminister Jospin bei einem per-
sönlichen Treffen mit Bundeskanzler Schröder auf einer
schriftlichen Garantie zur Rückführung des Atommülls
nach Deutschland in den ersten Monaten des nächsten
Jahres bestanden hat, obwohl Herr Schröder ihm dies
mündlich zugesichert hat. Frankreich will also Atom-
mülltransporte nach La Hague nur genehmigen, wenn die
Rücknahme durch Deutschland eindeutig geregelt ist und
wenn dies schriftlich zugesagt wird. Das heißt, das Wort
eines deutschen Regierungschefs ist bei unseren französi-
schen Partnern nichts wert. Das ist ein verheerender Zu-
stand für die Bundesrepublik Deutschland.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Obwohl die Sache eilt, konnte – das musste nun auch

der Bundeskanzler zugeben – beim deutsch-französischen
Gipfel in Vittel am letzten Freitag noch immer keine Ei-
nigung über die Rückführung des Atommülls erzielt wer-
den. Stattdessen wurde – das finde ich bemerkenswert –
eine bilaterale Arbeitsgruppe eingerichtet, frei nach dem
Motto: Fällt der Regierung nichts mehr ein, setzt sie eine
Arbeitsgruppe ein.

Diese Arbeitsgruppe soll jetzt zu einem Ergebnis kom-
men, nach Möglichkeit bis Weihnachten. Ziemlich hart
finde ich allerdings, dass der Bundeskanzler gleich sagt,
wenn sie das bis Weihnachten nicht schaffe, wäre es nicht
schlimm; wenn sich die Arbeit bis Anfang Januar hinzie-
hen würde, wäre das noch akzeptabel. Das muss man vor
dem Hintergrund sehen, dass die vom BfS für Transporte
erteilten Genehmigungen nur für das Jahr 2000 gelten.

Das kann, wie ich finde, nicht sein. Die Bundesregie-
rung hat Vereinbarungen getroffen, auch mit den Kern-
kraftwerksbetreibern in Deutschland. Nach Angaben der
Kernkraftwerksbetreiber ist die Situation so, dass, wenn
bis Frühjahr nächsten Jahres keine Transporte nach La
Hague gehen, für das Kraftwerk Biblis Betriebsein-
schränkungen unausweichlich wären und für Philipps-
burg die Gefahr bestünde, dass Reaktoren abgeschaltet
werden müssen.

Das heißt, man betreibt hier eine Verzögerungspolitik
und übersieht vollkommen, dass sich die Bundesregie-
rung im so genannten Atomkonsens verpflichtet hat, einen
ungestörten Betrieb der Kernkraftwerke zu gewährleis-
ten. Diese Verpflichtung muss sie auch einhalten. Es kann
nicht sein, dass deutsche Atomkraftwerke durch die Ver-
zögerung der Castortransporte von La Hague nach
Deutschland faktisch stillgelegt werden.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das ist aber die Absicht von Herrn Trittin!)


Deswegen fordert die F.D.P. die Bundesregierung auf,
endlich nationale und internationale Verträge einzuhalten
und zu einer berechenbaren Umweltpolitik und vor allen
Dingen zu internationaler Verlässlichkeit zurückzukeh-
ren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413223600
Für die
SPD-Fraktion spricht nun die Kollegin Monika Griefahn.


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1413223700
Herr Präsident! Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Die deutsch-französische
Arbeitsgruppe ist eingerichtet. Ich habe gestern Abend
noch einmal mit dem französischen Botschafter gespro-
chen. Der Kanzleramtschef, Herr Steinmeier, wird sich
mit dem Industriestaatsminister, Herrn Pierret, treffen,
und zwar noch vor Weihnachten.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Vielleicht werden sie Weihnachtsgeschenke austauschen, damit das ein bisschen netter wird!)


Es soll eine Lösung gefunden werden. Auch die Geneh-
migungen für die Transporte liegen seit dem 10. Novem-
ber vor, das heißt, insofern sind die Rücktransporte sicher.

Der Punkt ist nur – das ist doch ganz klar –: Zum Teil
sorgen die Kernkraftwerksbetreiber selber für Engpässe;


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das ist ja eine Verhöhnung der Betreiber! Das ist ja abenteuerlich!)


denn sie können natürlich eine Zwischenlagerung am
Kraftwerksstandort vornehmen. Der Druck, unter dem sie
stehen, soll besonders auf die jetzige Bundesregierung
und die sie tragenden Koalitionsfraktionen wirken, da
diese den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen ha-
ben und grundsätzlich auch das Ende der Wiederaufarbei-
tung wollen. Denn durch die Wiederaufarbeitung fällt ers-
tens zusätzlicher Atommüll an und zweitens tragen die
Wiederaufarbeitungsanlagen in Sellafield und in La Ha-
gue nicht gerade dazu bei, dass die radioaktive Verseu-
chung der Nordsee, des Atlantiks und der Irischen See
vermindert wird. Im Gegenteil: 80 Prozent der Verseu-
chung der Irischen See stammen aus den beiden Wieder-
aufarbeitungsanlagen in La Hague und Sellafield.

Insofern haben wir ein Interesse daran, dass die fran-
zösische Regierung – ich arbeite seit 1973 regelmäßig mit
Frankreich zusammen und die einzigen Konflikte, die wir
je hatten, betrafen immer Atomfragen – dieses Thema
problematisiert und Sicherheitsmaßnahmen verstärkt an-
geht, was sie mit ihrer grünen Umweltministerin seit eini-
gen Jahren auch macht.

Die Wiederaufarbeitung ist grundsätzlich ein proble-
matisches Unterfangen. Die Aufarbeitungsanlagen sind
gebaut worden, weil die Länder Frankreich und Großbri-
tannien damit auch andere Interessen befriedigt haben.
Sie erhalten auf diese Weise zum Beispiel Plutonium, das
sie für den Bau der Atombombe nutzen können. Heute
besteht durch die Zusammenarbeit auf internationaler
Ebene, durch eine gemeinsame Außen- und Sicherheits-
politik, die wir gerade mit Frankreich und Großbritannien
haben, die wir auch aufseiten der Regierungsfraktionen
voranzutreiben versuchen, ein ganz anderes Interesse.

Insofern sind die Atomtransporte ein Bereich, der sich
noch aus der Vergangenheit ergibt und in dem wir Lösun-
gen finden müssen, den wir aber nur nicht gerne angehen.
Natürlich haben wir die Verpflichtung, die 4 000 Tonnen
deutschen Atommüll, die sich in Frankreich bislang ange-
sammelt haben, zurückzunehmen. Wir haben aber kein




Birgit Homburger

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Interesse daran, dass das alles in Plutonium umgewandelt
wird. Insofern ist es dringend erforderlich, entsprechende
Regelungen zu finden, die ohne Wiederaufarbeitung aus-
kommen.

Der Bau der für den Transport notwendigen Brücke im
Bereich Lüchow-Dannenberg wird Anfang nächsten Jah-
res abgeschlossen sein. Die Atomtransporte können in ei-
nem Fenster von 14 Tagen ab Ende März erfolgen. Eine
diesbezügliche Genehmigung liegt vor.

Aber ganz klar ist zu sagen – hier spreche ich als Nie-
dersächsin –: Beim letzten Mal hatten wir in Niedersach-
sen keine Unterstützung vonseiten der anderen Länder.
Da mussten zusätzlich 100 Millionen DM für den Poli-
zeischutz eingesetzt werden. Besonders die Länder, die
ein Interesse an der Atomkraft haben, sprich: Baden-
Württemberg und Bayern, waren nicht besonders hilf-
reich. Sie sagten: Macht ihr das einmal! Lagert ihr bei
euch den Atommüll; wir machen weiter mit der Atom-
kraft. – Das kann nicht Sinn der Sache sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Insofern rufe ich Sie auf, Ihre Positionen nicht los-
gelöst zu vertreten, sondern dafür zu sorgen, dass das
Konzept des Ausstiegs aus der Atomenergie schnell um-
gesetzt wird und dass es nicht mehr zu unnötigen Trans-
porten kommt. Denn jeder Transport ist mit einem Risiko
verbunden. Auf der einen Seite müssen wir also unseren
Verpflichtungen nachkommen, und auf der anderen Seite
müssen wir dafür sorgen, dass nicht weiterhin Transporte
von Atommüll aus deutschen Kraftwerken in Wiederauf-
arbeitungsanlagen notwendig werden, dass vor Ort Zwi-
schenlager eingerichtet werden und dass der Ausstieg aus
der Atomenergie so umgesetzt wird, dass wir sehr schnell
die Möglichkeit haben, unsere Energiepolitik durch alter-
native Energien und durch Energieeinsparung vorbildlich
zu gestalten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413223800
Ich gebe das
Wort für die CDU/CSU-Fraktion dem Kollegen Kurt-
Dieter Grill.


Kurt-Dieter Grill (CDU):
Rede ID: ID1413223900
Herr Präsident! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Frau Griefahn, Sie ha-
ben zu vielen Dingen gesprochen, nur nicht zu dem
Thema, das Gegenstand dieser Aktuellen Stunde ist. Das
Stichwort „Atombombe“ und Ähnliches durften natürlich
im Zusammenhang mit Plutonium und Wiederaufarbei-
tung nicht fehlen. Nur, das ist nicht Gegenstand der heu-
tigen Erörterung.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hat genau zum Thema gesprochen!)


Ich will am Anfang meiner Rede erstens darauf hinwei-
sen, dass wir hier über Konsequenzen aus den Verträgen
sprechen, die noch zu Zeiten der Regierung Schmidt, zu
Zeiten der sozial-liberalen Koalition, Ende der 70er-/An-

fang der 80er-Jahre abgeschlossen worden sind und dass
es beileibe nicht um ein Problem geht, das ein Erbe der
letzten Regierung ist.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Zweitens. Der Termin, den die Bundesregierung vor-

geschlagen hat, nämlich 14 Tage ab Ende März, ist sehr
fatal, weil der niedersächsische Innenminister Ihnen mit-
teilen wird, dass er zu Zeiten der CeBIT keinen Transport
wird organisieren können. So seriös sind Ihre Angebote!

Drittens. Sie sprechen von Transportkosten in Höhe
von 100Millionen DM. Wenn Sie den Polizeibeamten die
Gehälter zahlen, die in die Berechnung dieser 100 Milli-
onen DM eingeflossen sind, werden die Polizisten „Krö-
susse“. Werden sie aber nicht: Dass in diesen Berechnun-
gen ein Gehalt von 120 DM pro Stunde angesetzt wird, ist
schlicht und einfach eine Täuschung der Öffentlichkeit im
Hinblick auf die Kosten der Transporte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Horst Kubatschka [SPD]: Auch das hat mit dem Thema nichts zu tun!)


Beim ersten Transport haben wir über Kosten in Höhe von
40 Millionen DM gesprochen. Im niedersächsischen
Haushalt waren ganze 7 Millionen DM eingestellt. Wenn
Sie dies auf 100 Millionen DM hochrechnen, dann kom-
men wir vielleicht auf 14 oder 15 Millionen DM, und nur
dann, wenn die Hamburger Polizei einen Wasserwerfer
kaputtfährt, muss der Schaden durch den nieder-
sächsischen Haushalt ersetzt werden. – Kein Polizist be-
kommt also das Gehalt, das in diese Berechnungen einge-
flossen ist.

Aber das ist gar nicht der Gegenstand dieses Themas.

(Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ach so!)

– Ich habe nur das abgearbeitet, was Frau Griefahn meinte,
in diesem Zusammenhang sagen zu müssen. Wir führen ja
eine Debatte und spulen nicht vorgefertigte Texte ab.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

In Wahrheit geht es doch darum, dass Sie sich selber in

eine Entsorgungsfalle manövriert haben. Sie haben doch
unterschrieben, dass bis 2005 wiederaufgearbeitet werden
kann. Was nützen also die Grundsatzerklärungen, die Sie
hier geben? Sie haben nicht erst letzte Woche, sondern be-
reits im November 1998 der französischen Regierung im
Rahmen der ersten deutsch-französischen Konsultationen
nach dem Regierungswechsel, die in Potsdam stattgefun-
den haben, Zusagen gemacht. Mir liegt auch der entspre-
chende Schriftwechsel des Außenministers vor.

Es ist doch nicht so, dass Sie erst jetzt anfangen, mit der
französischen Regierung zu diskutieren. Dies geschieht
doch seit zwei Jahren. Sie haben immer den Eindruck er-
weckt, als gingen die Transporte demnächst los. Sie haben
Genehmigungen, Atommülltransporte nach Frankreich
durchzuführen, ausgestellt, wohl wissend, dass die fran-
zösische Regierung das nicht akzeptieren wird, wenn
nicht der in Frankreich aufgearbeitete deutsche Abfall aus
Frankreich abtransportiert wird.




Monika Griefahn
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Dann kommen Sie bis hin zu Herrn Sailer mit geradezu
abenteuerlichen Lösungen. Frau Griefahn, Sie waren es
doch, die Gorleben als Leichtbauhalle hingestellt hat. Ihre
Koalition sagt jetzt: Man kann Castorbehälter auf die
grüne Wiese ohne Halle stellen. Ist das Ihre Sicherheit?
Schämen Sie sich!


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist die Zwischenlösung, die Sie vorlegen. Das ist Ihre
Sicherheit.

Sie haben den Ausbau der Infrastruktur verschlafen.
Die Brücke in Dannenberg wird doch nicht repariert, weil
Sie das Geld in die Hand nehmen, sondern Sie lassen es
sich bezahlen. Sie haben lange zugewartet, dabei hätten
Sie es regeln können.

Das, was hier stattfindet – ich habe in diesem Jahr Ge-
spräche in Paris geführt –, ist Folgendes: Die Präsidentin
von Cogema steht unter dem Druck eines Untersuchungs-
richters, weil – gegen französisches Recht – die Bundes-
regierung dafür sorgt, dass deutscher Abfall in Frankreich
zwischengelagert wird. Das heißt, Sie verlangen von der
Cogema einen Rechtsbruch. Damit haben Sie ja Erfah-
rung. Herr Schröder, Herr Trittin, Frau Griefahn und Herr
Fischer haben im Zusammenhang mit der Kernenergie
große Erfahrungen mit Rechtsbrüchen. Sie erwarten, dass
die französische Regierung einen Rechtsbruch begeht,
weil Sie unfähig sind, Ihren Aufgaben bei der nuklearen
Sicherheit nachzukommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Monika Griefahn [SPD]: Nehmen Sie das zurück!)


– Frau Griefahn, das können wir hier gern austragen. Ich
kann es Ihnen nachweisen: Sie haben genügend Gerichts-
prozesse wegen Rechtsbruches verloren.


(Monika Griefahn [SPD]: Keine Rechtsbrüche!)


– Sie haben einen Vertrag mit der GNS zur Vermeidung
einer Amtspflichtverletzung geschlossen. Das können wir
gern ausdiskutieren.

Das eigentliche Problem besteht darin, dass Sie be-
hauptet haben, das Entsorgungskonzept sei nicht trag-
fähig. Sie haben aber in zwei Jahren keinen Weg aufge-
zeigt, der Ihre Alternative in der Entsorgung darstellen
würde. Sie haben sich selber in diese Falle getrieben, Sie
haben konzeptionell versagt. Sie versagen bei der Entsor-
gung und bei der nuklearen Sicherheit und gefährden das
internationale Vertrauen in die Bundesrepublik Deutsch-
land. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413224000
Ich gebe
nunmehr dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin, das Wort.

Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit: Herr Präsident! Meine Da-
men und Herren! Als ich den geehrten Kollegen Grill re-

den hörte, fiel mir F. K. Waechter ein: Die größten Kriti-
ker der Elche waren früher selber welche.


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Die Qualität Ihrer Kommentare nimmt nicht zu, Herr Trittin!)


Wer hat es jahrelang zugelassen, dass deutscher Atom-
müll ins Ausland verschoben wurde?


(Walter Hirche [F.D.P.]: Wie bitte? – Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Verschoben? Das ist unglaublich! Sie reden über einen Vertrag!)


Die bloße Ablieferung bei den Wiederaufarbeitungsanla-
gen in La Hague und Sellafield galt bei Ihnen als Entsor-
gungsnachweis.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/ CSU)


– Dass Sie unruhig werden, verstehe ich. – Das galt als
Verwertungsnachweis, obwohl die Wiederaufarbeitung
überhaupt keine Entsorgung ist. Die Wiederaufarbeitung
führt nämlich zu zusätzlichem Abfall an Plutonium. Der
Abfall wird mehr und er wird giftiger, dennoch hat Ihre
Koalition 4 500 Tonnen hoch radioaktiven Müll nach La
Hague und Sellafield verschoben.


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Die Sozialdemokraten, Herr Trittin!)


– Sie in Ihrer Amtszeit, reden Sie sich da nicht raus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Kurt-Dieter Grill [CDU/ CSU]: Die Sozialdemokraten!)


Heute warten 2 500 Tonnen des von Ihnen verschobe-
nen Atommülls in Frankreich auf den Rücktransport. Die
Verantwortung für diese Atommüllverschiebungen, ver-
ehrter Herr Hirche, tragen die Energiewirtschaft, tragen
CDU/CSU und F.D.P.


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Bleiben Sie bei der Wahrheit, Herr Trittin!)


Die Verantwortlichen heißen Merkel und Kohl, Kinkel
und Töpfer. Das sind die Verantwortlichen für die Atom-
müllverschiebereien.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie erzählen hier etwas von Rechtsbruch. Das, was Sie
gemacht haben, war der größte Rechtsbruch überhaupt.
Es war nämlich der Bruch des geltenden deutschen
Atomsrechts, weil Sie auf einen Verwertungsnachweis
verzichtet haben, Punkt. Wir haben uns jetzt mit Ihren Alt-
lasten herumzuschlagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Kurt-Dieter Grill [CDU/ CSU]: Sie sind ein Verleumder!)


Deswegen sage ich Ihnen: Die französische Regierung
drängt zu Recht auf einen schnellen Rücktransport. Sie
will so lange keinen Müll von uns mehr hereinlassen, bis
wir den Rücktransport – hier haben Sie uns ein Problem




Kurt-Dieter Grill

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hinterlassen – sichergestellt haben. Dazu und natürlich
zur Klärung der Fragen, die dann noch hinsichtlich des
Hintransports gelöst werden müssen, gibt es die erwähnte
Arbeitsgruppe.

Aber ich will Ihnen in aller Ruhe und Sachlichkeit auch
sagen: Die französische Regierung wahrt das legitime In-
teresse ihrer Bevölkerung. Sie haben zu Recht darauf ver-
wiesen, dass das, was Sie praktiziert haben – Herr Grill
hat das auch noch zugegeben; so schlau war er dann ja
nicht, darauf zu verzichten –, nach französischem Recht
nicht legal ist.


(Widerspruch des Abg. Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU])


Deswegen erklären wir hier mit allem Nachdruck: Die
sechs Castorbehälter, die übrigens schon unter Frau
Merkel zum Abtransport bereitgestellt wurden, müssen
zurückgeführt werden. Wir haben Verständnis dafür, dass
die französische Regierung hierauf drängt. Wir betonen
an dieser Stelle mit allem Nachdruck: Wir haben nicht nur
die völkerrechtliche Pflicht, diesen Rücktransport so bald
wie möglich zu organisieren, wir haben auch die politi-
sche und die moralische Pflicht, die von Ihnen betriebene
Verschiebung von Atommüll ins Ausland zu beenden. Das
ist so.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dafür haben wir die Voraussetzungen geschaffen. Wir
haben am 10. November die Genehmigung für die Rück-
transporte zu den Zeitpunkten, die der Bundeskanzler
Herrn Jospin brieflich zugesagt hat, also für die 13. und
14. Kalenderwoche 2001, erteilt. Das bezieht sich auf
exakt diese sechs Behälter mit verglastem Atommüll.

Wir haben allerdings, liebe Frau Kollegin, den ersten
Antrag der NCS, den Transport über Arendsee durchzu-
führen, ablehnen müssen. Wir haben ihn ablehnen müs-
sen, weil die Vorstellung bestand, nach dem Transport der
Behälter auf der Schiene bis Arendsee diese weiter über
Straßen anzuliefern. Dazu haben uns dann die Innen-
behörden von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt gesagt:
Das können wir nicht sicherstellen. – Wenn dieses poli-
zeilich nicht sicherzustellen ist, dann können wir diesen
Transport nicht genehmigen.

Sie sollten sich hier nicht hinstellen und so tun, als
wenn die Bundesregierung da nun auf eine besonders per-
fide Machenschaft gekommen wäre, wenn sie den Rat-
schlägen und den klaren Hinweisen der Polizeibehörden,
die das umzusetzen haben, Folge leistet. Glauben Sie
denn, sie tun das aus Daffke? Oder glauben Sie nicht wie
ich, dass die Verantwortlichen bei den Innenministerien in
Niedersachsen und Sachsen-Anhalt dieses aus Sorge um
die Sicherheit auf den Straßen und aus Sorge auch und ge-
rade um die Kolleginnen und Kollegen von der Polizei,
die diese Einsätze zu bewältigen haben, tun? Glauben Sie
ernsthaft, dass sie leichtfertig solche Stellungnahmen he-
rausgeben?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren, wir haben diese Genehmi-
gung erteilt, wir haben den Weg an dieser Stelle frei ge-
macht, und wir werden das umsetzen. Daran kann nie-
mand zweifeln.

Ich füge nur eines hinzu: Solange die französische Re-
gierung ihre Haltung beibehält, nützt es auch gar nichts,
bei dieser Bundesregierung über die bestehenden Trans-
portgenehmigungen Richtung Frankreich hinaus weitere
Genehmigungen einzuklagen. Denn was sollen die Be-
treiber mit diesen Genehmigungen anfangen, wenn sie sie
nicht nutzen können?

Deswegen werden wir auch sicherzustellen haben, lie-
ber Herr Hirche, dass es zu keinen Stillständen an den
Kraftwerken kommt, wenn die französische Regierung
bei ihrer Haltung bleibt. Aber auch das sage ich in aller
Deutlichkeit: Die Sicherheit und die Fortdauer des Be-
triebes hängen nicht allein von den Transporten nach La
Hague ab,


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


sondern sie hängen auch davon ab, dass beispielsweise in
Philippsburg das gelingt, was in Neckarwestheim und
Biblis ohne Probleme möglich war, nämlich einen Deckel
auf den Castor zu tun, um eine Transportbereitstellung zu
erreichen.

Meine Damen und Herren, Atomtransporte sind immer
ein Risiko. Die Bundesregierung hat durch den Konsens
mit der Energiewirtschaft die Voraussetzungen dafür ge-
schaffen, diese Transporte auf ein Drittel zu minimieren.
Aber wir stehen auch zu unserer Verantwortung: Die Alt-
lasten, die Sie, die Vorgängerregierung, uns in Tausenden
von Tonnen hochgiftigen Atommülls hinterlassen haben,
werden wir zurückholen müssen. Wir müssen die Lage-
rung von deutschem giftigem Atommüll im Ausland be-
enden. Wir werden deshalb die radioaktiven Glaskokillen
bei uns, im Verursacherland, geordnet zwischenlagern,
bis sie mit dem anderen Atommüll in einem Endlager hier
endgelagert werden können.

Das heißt verantwortungsvolle Energiepolitik, und das
heißt, verantwortlich mit den Problemen umzugehen, die
Sie uns leider hinterlassen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413224100
Kollegin
Eva Bulling-Schröter spricht nunmehr für die Fraktion
der P.D.S.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1413224200
Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich mir das Thema der
Aktuellen Stunde und die Beiträge dazu vor Augen führe,
dann kann ich nur sagen: Die AKW-Lobby hat es wieder
einmal geschafft, im Parlament ihren Einfluss geltend zu
machen. So wird es wohl tatsächlich sein. Sie mahnen den
störungsfreien Betrieb an, der in den Konsensgesprächen
sanktioniert wurde. Ich denke, ich kann Sie beruhigen:
Auch diese Bundesregierung wird für die nächste Zeit den
störungsfreien Betrieb garantieren; denn der Atomaus-




Bundesminister Jürgen Trittin
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stieg ist nicht unmittelbar beschlossen worden. Es gibt
eine Ausstiegsfrist von 10 oder 20 Jahren.


(Horst Kubatschka [SPD]: Sie haben etwas gelernt!)


So lange werden die AKWs weiterlaufen. Mit den entspre-
chenden Problemen wird diese Regierung leben müssen.

Frau Homburger hat zu Recht angesprochen, dass Frau
Merkel vor einigen Jahren die Castortransporte – es wa-
ren zwei – aus guten Gründen gestoppt hat. Damals wurde
der Zehn-Punkte-Katalog beschlossen. Meine Frage dazu
ist: Ist er wirklich schon umgesetzt?


(Birgit Homburger [F.D.P.]: Es ist noch viel mehr umgesetzt worden!)


Ich möchte aus einem Greenpeace-Brief vom 26. Ok-
tober dieses Jahres zitieren. Darin steht:

Über zwei Jahre nach dem so genannten Castor-
Skandal hat das Bundesamt für Strahlenschutz im
September 2000 acht Transporte in die Wiederaufar-
beitung genehmigt.

In der Presseerklärung zur Genehmigungserteilung
vom 22. Oktober 2000 sagte der BfS-Präsident Wolfram
König:

Durch Auflagen habe ich sichergestellt, dass künftig
die international festgelegten Grenzwerte für radio-
aktive Verunreinigungen auch bei den französischen
Stachelbehältern eingehalten werden.

Aber ein von Greenpeace am Montag veröffentlichter
Bericht des Eisenbahn-Bundesamtes zeigt: Bereits beim
ersten Probelauf einer Stachelbehälterbeladung im Atom-
kraftwerk Philippsburg ist es zu schwerwiegenden Pan-
nen und zu einer Kontamination gekommen. Das heißt,
die Probleme sind nach wie vor nicht gelöst. Ich meine,
sie müssten jetzt endlich gelöst werden. Dazu gehört auch
die Umsetzung des Zehn-Punkte-Programms.

Wie denken Sie die Akzeptanz der Bevölkerung für
diese Transporte zu bekommen? In diesem Fall ist es egal,
ob sie von Schwarz-Gelb oder Rot-Grün durchgeführt
werden. Es gibt eine ganze Menge Menschen, die wissen,
dass diese Castortransporte gefährlich sind, egal, welche
Fraktionen die Regierung stellen. Die Menschen werden
erst dann Castortransporte akzeptieren, wenn tatsächlich
ein Ausstieg erfolgt. Er erfolgt aber nicht, sondern durch
die Konsensgespräche – das habe ich schon vorher ge-
sagt – wird es noch sehr lange Laufzeiten geben, insge-
samt 32 Jahre. Das ist aber meiner Meinung nach viel zu
lange. Eine vernünftige Antwort kann nur der sofortige
Ausstieg aus der Atomenergie sein.

Zum Schluss will ich noch vier grundsätzliche Argu-
mente gegen die Technologie der Wiederaufbereitung in
Erinnerung rufen. Ich will in diesem Zusammenhang auch
in Erinnerung rufen, dass einmal von Herrn Trittin das
Ende der Wiederaufarbeitung zum 1. Januar 2000 ver-
sprochen wurde. Das war wohl nichts! Eine reine Luft-
blase! Ich fürchte: Wenn wir von der PDS die Argumente
nicht noch einmal nennen, dann wird sie in diesem Hause
keiner mehr erwähnen. Jedes Argument für sich kann ein
sofortiges entschädigungsfreies Verbot der Wiederaufar-
beitung hinreichend begründen.

Erstens. Anlagen, wie sie in Frankreich und Großbri-
tannien betrieben werden, müssten in Deutschland binnen
24 Stunden aufgrund der radioaktiven Emissionen dicht-
gemacht werden.

Zweitens. Das gewonnene Plutonium birgt auf kurze
und lange Sicht die Gefahr, in Atombomben verarbeitet zu
werden; sei es als Folge eines Diebstahls oder aufgrund
politischer Fehlentwicklungen.

Drittens. Die Menge der Abfälle wird durch Wieder-
aufarbeitung nicht geringer, sondern quantitativ größer
und qualitativ vielschichtiger. Das kann die Chance, in
Deutschland ein geeignetes Endlager zu finden, wesent-
lich mindern. Das ist klar.

Viertens. Über 90 Prozent der gesamten radioaktiven
Belastung des nördlichen Atlantiks stammen aus den ato-
maren Wiederaufarbeitungsanlagen in La Hague, Sella-
field und Dounreay. Die Nuklide lassen sich auch in der
Ostsee und in der Barentssee zwischen Sibirien und der
Arktis nachweisen. 1995 entdeckten Meeresforscher strah-
lendes Jod 129 aus Sellafield sogar in Küstengewässern
Nordkanadas.

Was soll man dazu noch viel sagen? Die Gefährlichkeit
ist vorhanden. Sie müsste in diesem Hause eigentlich be-
kannt sein. Nach wie vor wird von vielen Seiten die Wie-
deraufarbeitung gefordert. Ich fordere Herrn Minister
Trittin auf, die Glaskokillen abzuholen und endlich die
Wiederaufarbeitung zu stoppen, so, wie er es damals ver-
sprochen hat.

Danke.

(Beifall bei der PDS)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413224300
Ich gebe
dem Kollegen Arne Fuhrmann für die SPD-Fraktion das
Wort.


Arne Fuhrmann (SPD):
Rede ID: ID1413224400
Herr Präsident! Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen! Zu Beginn möchte ich in aller
Schärfe auch im Namen meiner Fraktion zurückweisen,
was Kollege Grill vorhin im Zusammenhang mit Rechts-
bruchbeschuldigungen von sich gegeben hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich finde es unerhört und unglaublich, dass solche Vor-
würfe immer wieder von diesem Mann in diesem Parla-
ment zu hören sind. Ich wünsche mir, dass irgendwann
einmal Konsequenzen gezogen werden.

Aber jetzt zum Thema. Es fällt mir unglaublich schwer,
heute hier zu stehen und begründen zu müssen, warum
diese Bundesregierung, die meine Bundesregierung ist,
Glaskokillen aus La Hague zurück nach Gorleben, in mei-
nen Wahlkreis, bringen wird. Ich bin zutiefst davon über-
zeugt, dass jegliche Art von Nukleartourismus in
Deutschland und in der ganzen Welt zu den schlimmsten,
menschenverachtendsten und damit auch zu den verant-
wortungslosesten Dingen gehört, zu denen wir Politiker
immer wieder – gezwungen oder auch weniger gezwun-
gen – Ja sagen müssen oder glauben Ja sagen zu müssen.




Eva Bulling-Schröter

12733


(C)



(D)



(A)



(B)


Diese Bundesregierung befindet sich in der misslichen
Lage – das hat Minister Trittin vorhin ganz exzellent for-
muliert –, die Suppe auslöffeln zu müssen, die andere
– weder die Grünen noch die Sozialdemokraten – zu ver-
antworten haben.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Wer war denn 1978 Bundeskanzler?)


– Hören Sie doch endlich mit Ihrer 78er-Philosophie auf!
Wer hat denn 16 Jahre lang regiert, den Schotter irgend-
wohin gebracht und den Menschen dabei versprochen, ihn
auch wieder hierher zu holen, obwohl es keine Endlager-
möglichkeiten gab?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist schlimm genug, dass wir Atommüll aus den be-
stehenden AKWs in Deutschland haben.


(Birgit Homburger [F.D.P.]: Wer hat denn Gorleben gestoppt?)


Gott sei Dank hat sich ja in der Zwischenzeit die Philoso-
phie durchgesetzt, dass die AKWs in der Lage sind, Atom-
müll zumindest für eine bestimmte Dauer zwischenzula-
gern. Aber wir suchen im Moment dringlicher denn vor
drei Jahren in dieser Republik eine Endlagermöglichkeit.
Politisch spitzt sich im Prinzip immer noch alles auf
Gorleben zu – egal, wie auch immer es formuliert wird.
Ich kann es weder durch die Tatsache ändern, dass ich ein
Gegner dieser Transporte bin, noch durch die Tatsache,
dass ich einer Fraktion angehöre, die diese Transporte
auch nicht will. Ich befinde mich vielmehr genau wie alle
anderen in der misslichen Lage, völkerrechtsverbindliche
Verträge auf dem Tisch liegen zu haben und meinem
Minister nicht sagen zu können: Lass die Finger davon.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In der Kürze der Zeit will ich aber über einen anderen
Teilbereich reden, und zwar über die Befindlichkeit der
Menschen in der Region Lüchow-Dannenberg. Vor knapp
vier Jahren wurde beim letzten Transport in dieser Region
von weiß der Kuckuck was gesprochen. Führend waren
Argumente des damaligen amtierenden deutschen Bun-
desinnenministers, Herrn Kanther. Ich mag das alles gar
nicht wiederholen; Sie können es alle im Protokoll nach-
lesen.

Ich habe mehrfach versucht, in den Diskussionen da-
rauf hinzuweisen, dass friedlicher Widerstand – –


(Gunnar Uldall [CDU/CSU]: Na, na!)

– Herr Uldall, lassen Sie mich ausreden. Das, was Sie jetzt
machen, kenne ich aus den letzten Debatten bestens. Ihre
Äußerungen waren immer gespickt mit einer verbalen Zu-
schusterung von Gewalt. Verbale Unterstellung von Ge-
walt zieht automatisch eine Gewaltkette nach sich.


(Gunnar Uldall [CDU/CSU]: Das ist eine Lachnummer!)


Es war die Fähigkeit Ihres damaligen Innenministers,
durch seine verbalen Gewaltaktionen die Gewalt in der

Region auf die Spitze zu treiben, und zwar auf beiden Sei-
ten:


(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

bei denen, die in der Absicht demonstriert haben, friedlich
zu bleiben, und bei der Polizei. Durch die Äußerung von
verantwortungslosen Politikern wurden diese in eine Es-
kalationsposition geschoben, aus der sie kaum wieder he-
rauskamen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Ich hoffe nicht nur, Herr Trittin, sondern ich erwarte
von meiner Regierung, dass sie mit den Gefühlen der
Menschen sensibler umgeht, dass sie akzeptiert, dass
Ängste und Sorgen Bestandteil von menschlichem Mitei-
nander und von Verantwortung sind. Es muss uns gelin-
gen, an das Verständnis der Politiker zu appellieren: Men-
schen, die aus ihren Sorgen heraus demonstrieren gehen,
dürfen von uns nicht verdammt werden. Vielmehr müssen
wir sie verstehen und ernst nehmen. Es ist ihr Recht, in
diesem Lande zu demonstrieren.

Das Gewaltmonopol ist Sache des Staates und steht
sonst niemandem zu. Ich verurteile jede Form von Ge-
walt, auch Gewalt gegen Sachen. Ich verurteile auch die-
jenigen, die versuchen, einen vom Staat angeordneten
Transport – auch einen Castortransport – zu stoppen.
Mein Verständnis und meine Fürsorge gilt denen, die ihre
Ängste um ihrer Familie und ihres Landes willen äußern.
Das müssen sie auch dürfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der PDS)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413224500
Für die
Fraktion der CDU/CSU spricht der Kollege Dr. Peter
Paziorek.


Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1413224600
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Es ist schon ein Stück aus dem
Tollhaus: Der alte Rechtsgrundsatz „Verträge müssen ein-
gehalten werden“ ist nach der Einlassung von Bundesum-
weltminister Trittin zu einem Problem dieser rot-grünen
Bundesregierung geworden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dass er ein schlechtes Gefühl dabei hat, weil er weiß,
dass solche Rechtsgrundsätze beachtet werden müssen,
kann man daran erkennen, wie polemisch er in seiner
Rede aufgetreten ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Er hat mehrfach davon gesprochen, es sei etwas „ver-

schoben” worden. Ein Bundesumweltminister, der in sei-
nem Ressort verantwortungsbewusst arbeitet, weiß, dass
aufgrund von Vertragsvereinbarungen, die bereits 1978
unter einer sozialdemokratischen Regierung getroffen
wurden, völkerrechtlich sauber ausgehandelt und ver-




Arne Fuhrmann
12734


(C)



(D)



(A)



(B)


bindlich und gestützt von der Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts ein Verfahren in Gang gesetzt
worden ist, das unter keinem Gesichtspunkt verdient, von
einem Bundesumweltminister, der mit Polemik zurück-
haltend sein müsste, mit Verdächtigungen hinsichtlich ei-
ner Zuweisung von Verschulden in Verbindung gebracht
zu werden. Was Sie gerade gemacht haben, war unverant-
wortlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-

richts und, so glaube ich, auch wenn ich das eben nicht
mehr verifizieren konnte, des Bundesverfassungsgerichts
sind diese Transporte auch deshalb rechtlich zulässig,
weil in Gorleben die Erkundung des Endlagers läuft. Was
haben Sie mit Ihren Hilfstruppen gemacht? Sie haben ver-
sucht, die Erkundung von Gorleben zu verhindern, weil
Sie genau wussten, dass es eigentlich ein rechtlich saube-
rer Weg ist. Ihnen war klar, durch eine Behinderung von
Gorleben die Entsorgungswege verstopfen zu können.
Aus diesem Grunde haben Sie versucht, die Erkundung
von Gorleben zu verhindern. Jetzt gehen Sie hin und stel-
len eine solche Rechtsprechung auf den Kopf. Ich kann
dazu nur sagen: Herr Bundesumweltminister, auch Ihre
Polemik wird Ihnen nicht helfen. Wir werden der Öffent-
lichkeit deutlich sagen, an welchen Stellen Sie unsauber
und unredlich argumentiert haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Die französische Regierung besteht auf den vertraglich

vereinbarten Rücktransporten. Der Rücktransport von
Abfällen aus La Hague ist die Voraussetzung dafür, dass
Frankreich wieder Atommüll aus Deutschland aufnimmt.
Die rot-grüne Regierungskoalition ist damit in eine selbst
konstruierte Entsorgungsfalle geraten und weiß nun nicht
mehr, wie sie aus ihr herauskommen soll. Es zeigt sich,
wie wenig durchdacht die bisherige Atomausstiegspolitik
der Bundesregierung ist.

Der Bundeskanzler sah sich auf der deutsch-französi-
schen Regierungskonferenz nicht imstande, einen kon-
kreten Transporttermin zu benennen. Er hat sich auf den
alten sozialistischen Grundsatz zurückgezogen „Wenn du
nicht weiter weißt, richte einen Arbeitskreis ein, dieser
wird wahrscheinlich schon helfen“. Man muss sich die
Sache einmal auf der Zunge zergehen lassen – deshalb hat
Bundesumweltminister Trittin das auch so laut gespro-
chen –: Dieser Arbeitskreis soll nun prüfen, was durch
bestehende Verträge längst geklärt ist, nämlich den Trans-
port deutschen Atommülls von Frankreich nach Deutsch-
land.


(Birgit Homburger [F.D.P.]: Richtig!)

Herr Bundeskanzler, was hat es zu bedeuten, dass Sie

trotz einer klaren Rechtslage die Frage einem Arbeitskreis
stellen, der diese in einem bestimmten Sinne beantworten
soll. Das ist absolut nicht tolerierbar. Das einzig Gute, was
für Sie, Herr Bundesumweltminister, spricht, ist, dass die
Zuständigkeit auf diese Weise auf das Kanzleramt über-
tragen wurde, unter dem Gesichtspunkt, dass der Bundes-
umweltminister diese schwierige Problematik nicht wird
bewältigen können. Der Fraktionsvorsitzende der SPD,
Herr Struck, hat an anderer Stelle einmal gesagt: Das ist

ein richtiger Fall für Gerhard Schröder. Man muss hier sa-
gen: Das ist wirklich ein echter Schröder. Die Rechtslage
ist klar, dennoch wird geeiert und das halten wir für un-
verantwortlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Ich will nur in Erinnerung rufen, was die rot-grüne

Bundesregierung mit den Energieversorgungsunterneh-
men verabredet hat. In der Vereinbarung heißt es:

Andererseits soll unter Beibehaltung der atomrecht-
lichen Anforderungen für die verbleibende Nut-
zungsdauer der ungestörte Betrieb der Kernkraft-
werke wie auch deren Entsorgung gewährleistet
werden.

An anderer Stelle der Vereinbarung heißt es:
Die Energieversorgungsunternehmen können abge-
brannte Brennelemente bei Vorliegen der gesetzli-
chen Voraussetzung bis zur Inbetriebnahme der je-
weiligen standortnahen Zwischenlager in regionale
Zwischenlager bzw. bis zur Beendigung der Wieder-
aufarbeitung ins Ausland transportieren.

Sie werfen uns vor, wir hätten etwas verschoben und
unter Ihrer Verantwortung – ich glaube, Herr Trittin, Sie
haben das sogar unterschrieben – vereinbaren Sie, dass bis
zur Beendigung der Wiederaufarbeitung Transporte ins
Ausland gehen können. Woher nehmen Sie eigentlich die
Frechheit, bei einem Verfahren, das wir sauber verant-
wortet haben, von „Verschieben“ zu sprechen, wenn Sie
selbst ein Verfahren unterschreiben, bei dem Transporte
zur Wiederaufarbeitung aus Deutschland nach Frankreich
gehen können und damit das Gleiche machen, was andere
Regierungen in Deutschland zuvor getan haben?


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben den Unterschied noch nicht gemerkt!)


Das ist zweierlei Maß, das ist unredlich und zeigt, dass
Sie nur mit Polemik über die eigene Klippe der Schwie-
rigkeiten Ihrer Atomausstiegspolitik hinwegkommen
wollten. Das werden wir Ihnen natürlich nicht durchgehen
lassen.

Ich kann deshalb zusammenfassend für uns sagen: Die
Bundesregierung hat kein Entsorgungskonzept. Ihre Ent-
sorgungspolitik ist Tagesopportunismus, ihre Politik ist
beliebig und unredlich. Diese Regierung versagt in einer
wichtigen energiepolitischen Frage.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413224700
Für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun die Kollegin
Michaele Hustedt.


Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1413224800

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich kann
die französische grüne Umweltministerin gut verstehen,
wenn sie sagt, Frankreich sei nicht dazu bestimmt, die
Atommüllkippe Europas zu werden. Es gibt – Herr Grill




Dr. Peter Paziorek

12735


(C)



(D)



(A)



(B)


hat ja Recht – seit 1991 ein Gesetz in Frankreich, das be-
sagt, dass aus dem Ausland stammender radioaktiver Müll
nicht über die für die Wiederaufbereitung notwendigen
Fristen – in der Regel fünf bis acht Jahre – in Frankreich
verbleiben darf. Es ist verständlich, dass die Franzosen so
handeln. Denn es handelt sich hierbei nicht um Coladosen
oder um Plastiktüten, sondern um Müll, der Zehntausende
von Jahren strahlen wird. Generation um Generation wird
noch damit zu tun haben, dass wir unsere Stromversor-
gung mit Atomenergie sicherstellen.

Deswegen – Herr Trittin hat das sehr gut gesagt – ist es
in der Tat eine Sache der Ehre und unsere Verpflichtung,
dass Deutschland den Atommüll zurücknimmt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Jetzt frage ich Sie: Wie kommen wir eigentlich in die
sehr unschöne Situation, dass wir diese Verpflichtung
nicht einlösen können? Ungefähr 4 500 Tonnen Atommüll
sind nach La Hague gegangen. Seit wir regieren, war es
keine einzige Tonne. Die knapp 4 000 Tonnen, die in
Frankreich verblieben sind, wurden seit 1976 dorthin
transportiert, also in Ihrer Regierungszeit.


(Zuruf von der CDU/CSU: 1976?)

– Seit 1976.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Vorsicht! Nein, nein! Wer war da Bundeskanzler?)


– Das war zum Großteil Ihre Regierungszeit.

(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Reichen Sie das einmal an Ihren Koalitionspartner durch! – Zuruf der Abg. Birgit Homburger [F.D.P.])


– Der F.D.P. allemal. – Seit dieser Zeit sammelt sich das
an. Seit Rot-Grün regiert, ist keine einzige Tonne nach La
Hague gegangen.

Jetzt werfe ich einmal die Frage auf: Warum sind Sie in
Ihrer Regierungszeit nicht der Verpflichtung nachgekom-
men, diesen Atommüll nach Deutschland zurückzutrans-
portieren? Könnte es vielleicht sein, dass Sie sich ge-
meinsam mit der Atomindustrie nicht getraut haben, den
Atommüll durch Deutschland nach Gorleben zu bringen?


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das war doch bekannt! Das ist doch rechtlich geprüft worden! – Birgit Homburger [F.D.P.]: Wer hat denn gegen die Transporte demonstriert? Doch nicht wir! Daran waren doch Sie beteiligt!)


– Frau Homburger, Sie können ja gleich noch reden. –
Liegt die wahre Ursache für dieses Dilemma, in dem wir
stecken, vielleicht darin, dass Sie über Jahrzehnte hinweg
Energiepolitik gegen die Mehrheitsmeinung der Bevölke-
rung betrieben haben? Das ist die wahre Ursache, meine
Damen und Herren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Deswegen kann ich nur sagen: Diese Aktuelle Stunde fällt
auf Sie persönlich zurück.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Warum das jetzt in Frankreich hochkommt, hat auch ei-
nen Grund. Es gibt nämlich in der Tat eine Klage der Be-
troffenen vor Ort, die sich auf dieses Gesetz berufen. Des-
wegen wird das zurzeit besonders energisch thematisiert.
Aber die Ursache liegt, wie gesagt, darin, dass Sie sich
nicht trauen, für Ihre Energiepolitik einzustehen, und dass
Sie deswegen – Jürgen Trittin hat das gesagt –, sozusagen
entgegen dem Atomgesetz,


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Na! Vorsicht!)


als Entsorgungsnachweis anerkannt haben, dass in Frank-
reich eine illegale Zwischenlagerung stattfindet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Jetzt komme ich auf den sachlichen Kern der Diskus-
sion zurück. Herr Paziorek, Sie irren sich leider. Es gibt
eine Genehmigung.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ja, klar!)

Der Arbeitskreis, der auf Betreiben des Bundeskanzlers
mit den Franzosen eingerichtet wurde, tagt tatsächlich.
Das ist richtig. Es ist auch richtig, dass es eine Genehmi-
gung für die ersten Rücktransporte gibt.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Bis zum Jahresende! – Horst Kubatschka [SPD]: Nein, bis März 2001!)


Aber der Arbeitskreis hat damit überhaupt nichts zu tun.
Sie haben also vollständig am Thema vorbeigeredet.

Jetzt komme ich auf den Vorwurf von Herrn Grill
zu sprechen, die Rücktransporte würden in die Zeit der
CeBIT fallen. Auch das ist falsch. Herr Grill irrt sich. Er
sollte sich einmal über die Termine informieren. Die Ge-
nehmigung tritt am 26. März in Kraft. Die CeBIT findet
vom 22. März bis 28. März statt. Die Genehmigung gilt
zwei Wochen, das heißt, es gibt zwar eine Überschnei-
dung von zwei Tagen, aber der Großteil der Zeit, in der die
Genehmigung gilt, hat überhaupt nichts mit der CeBIT zu
tun. Das Einzige, was Sie tun, ist, mit falschen Vorwürfen
und irreführenden Behauptungen von dem tatsächlichen
Problem abzulenken.

Ich hoffe, dass in der nächsten Aktuellen Stunde, die
wir wahrscheinlich noch in dieser Woche zum Thema
Morsleben beantragen werden, deutlich werden wird, wo
die wahren Ursachen für unsere heutigen Probleme lie-
gen, nämlich in der Tatsache, dass Sie im Prinzip eine
Atompolitik auf dem Rücken zukünftiger Generationen
betrieben haben, dafür nicht einstehen und jetzt ver-
suchen, den Atomausstieg in Ihrem Sinne zu thematisie-
ren. Ich glaube, Sie werden damit in der Bevölkerung
nicht durchkommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413224900
Für die
F.D.P.-Fraktion spricht nun der Kollege Walter Hirche.




Michaele Hustedt
12736


(C)



(D)



(A)



(B)



Walter Hirche (FDP):
Rede ID: ID1413225000
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Man kann es drehen, wie man will:


(Horst Kubatschka [SPD]: Die F.D.P. war immer dabei!)


In den Augen der französischen Regierung ist die deut-
sche Bundesregierung dabei, Vertragsbruch zu begehen
und internationale Verpflichtungen nicht einzuhalten. Das
ist der Kern des Themas, über das wir reden.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Wenn die Bundesregierung jetzt, nach dem Gipfel in

Vittel, eine Arbeitsgruppe einsetzt und dies als Erfolg der
deutsch-französischen Bemühungen feiert, dann möchte
ich darauf hinweisen – ich tue das, weil die Öffentlichkeit
das offenbar vergessen hat –: Wir haben im Januar 1999,
also vor rund zwei Jahren, im Bundestag in Bonn über die
gleiche Frage wie heute diskutiert. Damals hat Herr Trittin
nach Aussage des Stenographischen Berichts gesagt:

Wir haben einvernehmlich
– also Deutschland und Frankreich –

die Einsetzung von bilateralen Arbeitsgruppen be-
schlossen.

Ich stelle fest, dass die vor zwei Jahren angeblich oder
tatsächlich eingesetzten Arbeitsgruppen bis heute kein Er-
gebnis vorgelegt haben. Deshalb wird die Öffentlichkeit
getäuscht, wenn heute gesagt wird: „Wir setzen jetzt eine
Arbeitsgruppe ein“, und dies als neues Ergebnis der bila-
teralen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und
Frankreich präsentiert wird. Tatsächlich ist zwei Jahre
lang nichts passiert.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Warum ist nichts passiert? Es ist nichts passiert, weil

die Vertreter der Bundesregierung gar nicht wollen. So
sieht deren Mentalität aus.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)

Ich kann das anhand der Ausführungen, die Herr Trittin in
dieser Debatte gemacht hat, belegen. Herr Trittin hat in
Richtung der Betreiber gesagt: Es hat doch gar keinen
Zweck, Anträge zu stellen, wenn die französische Regie-
rung bei ihrer bisherigen Haltung bleibt.


(Horst Kubatschka [SPD]: Das stimmt!)

Aber die eigentliche Frage ist: Warum bleibt die fran-
zösische Regierung bei ihrer Haltung? Sie bleibt bei ihrer
Haltung, weil sich die deutsche Regierung weigert, ihre
Vertragsverpflichtungen zu erfüllen.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Deswegen ist die deutsche Regierung der Verursacher der
internationalen Probleme.

Warum hat die deutsche Bundesregierung die von mir
beschriebene Mentalität? Die Schwierigkeiten – das ist ja
nicht erst seit Beginn dieser Legislaturperiode so – haben
doch damit zu tun, dass alle Versuche, die Lösung des Ent-
sorgungsproblems in diesem Land voranzubringen, über
mehr als zehn Jahre hinweg blockiert worden sind, und
zwar unter anderem von Herrn Trittin und Frau Griefahn.

Demonstranten sind ermuntert worden, notfalls „nur ein
bisschen gewaltfrei“ zu protestieren.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Sehr gut! – Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind Unterstellungen!)


Herr Trittin weiß ganz genau, wovon ich rede. Wir haben
uns schon im Niedersächsischen Landtag damit im Ein-
zelnen auseinander gesetzt.

Dann hat Herr Trittin vorhin scheinheilig gesagt: Wir
stehen zu unserer Verantwortung. Das hat er auch schon
vor zwei Jahren erklärt. Solche Worte sind Schall und
Rauch.

Die Vokabeln, die Herr Trittin sonst gebraucht hat – es
sei nämlich „Atommüll verschoben“ worden –, beweisen,
dass er sich in eine Sprache flüchtet, von der die Juristen
sagen würden, dass sie in ganz anderen Milieus gespro-
chen wird.


(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU – Horst Kubatschka [SPD]: Und die beherrschen Sie, Herr Kollege? Pfui!)


Herr Trittin, Sie greifen heute nicht zum ersten Mal zu sol-
chen Sprachmustern. Ich kenne das bereits aus dem Nie-
dersächsischen Landtag. Es ist der Versuch, andere zu pro-
vozieren. Meine Damen und Herren, in diesem Hause
könnten sich Regierung und Opposition über Sinn und Un-
sinn der Kernenergie, Sinn und Unsinn von Wiederaufar-
beitung streiten. Das können wir auch tun. Hier geht es
aber um internationale Verträge. Herr Fuhrmann hat in
diese Debatte inhaltliche Aspekte eingebracht. Wir könn-
ten sicher bestimmte Dinge gemeinsam regeln. Wenn die
französische Regierung das aber anders sieht, dann hat die
Bundesregierung ihre gesetzliche und völkerrechtliche
Pflicht zu erfüllen und im Lande dafür Sorge zu tragen
– nicht durch Verbalerklärungen des Ministers, sondern
durch konkretes Handeln –, dass die Dinge vorangetrieben
werden. Da verschleppen, verzögern und vertagen Sie.
Das muss man sagen.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Im Übrigen brauchen wir uns gar nicht so viel über die

Vergangenheit zu unterhalten. Es liegt ganz klar auf der
Hand. Unter Helmut Schmidt ist eine Vereinbarung mit
den Ministerpräsidenten der Länder getroffen worden.
Diese hat die Regierung Kohl/Genscher fortgesetzt. Es
gab immer einen Konsens mit den Ländern.

Demokratie bedeutet – das will ich ganz deutlich sa-
gen –, dass man zu anderen Meinungen, zu anderen
Mehrheiten kommen kann. Trotzdem muss man Verträge
achten. Hier geht es um das Erfüllen der Verträge. Des-
wegen ist es für mich die einzige Ermutigung in diesem
Zusammenhang, dass Herr Steinmeier und das Kanzler-
amt dafür zuständig sind, weil deutlich ist, dass der Bun-
deskanzler wie die Opposition dem Umweltminister zu-
tiefst misstraut, dass er die internationalen Verhandlungen
nicht boykottiert und damit dem Verhältnis zwischen
Deutschland und Frankreich schadet. Meine Damen und
Herren, wir können nicht hinnehmen, dass das, was über
40 Jahre an deutsch-französischem Vertrauen aufgebaut






(C)



(D)



(A)



(B)


worden ist, mit einer solchen unverantwortlichen Politik
kaputt gemacht wird.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Horst Kubatschka [SPD]: Sie machen sich doch lächerlich, Herr Kollege! – Beißen Sie nicht in den Teppich! Das ist ja lächerlich!)


– Das ist nicht so lächerlich, wie Sie meinen!)


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413225100
Der Kollege
Hans-Peter Kemper spricht nun für die SPD.


Hans-Peter Kemper (SPD):
Rede ID: ID1413225200
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Ich will der Versuchung widerstehen,
die Rede des Herrn Grill in allen Punkten abzuarbeiten.
Zu einem Punkt muss man aber noch etwas sagen. Ich
kenne Herrn Grill seit langem. In Fragen der Atomenergie
haben wir uns in den vergangenen Legislaturperioden
oftmals gestritten. Wir waren unterschiedlicher Meinung.
Das, was er sich heute an Unterstellungen und Unwahr-
heiten geleistet hat, hat dem Ganzen die Krone aufgesetzt.
Ich gehöre eher zu den Stillen im Lande, zu denen, die
sich nicht so leicht aufregen. Das, was er sich hier ge-
leistet hat, hat mir den Blutdruck hoch getrieben. Ich bin
dem Kollegen Arne Fuhrmann, aber auch dem Umwelt-
minister dankbar, dass sie diese infamen Unterstellungen
in gebührender Form zurückgewiesen haben. So etwas
kann hier nicht stehen bleiben, denn es ist falsch und er-
logen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Weil Frau Griefahn und Herr Fuhrmann im Wesentli-
chen unsere Standpunkte dargelegt haben, will ich die
ganze Situation auch aus der Sicht derjenigen betrachten,
die ein Lager vor Ort haben. Bei mir ist es das Lager in
Ahaus. Die Energieversorgung, vor allen Dingen die Ent-
sorgung, hat sich in der Vergangenheit immer stärker zu
einem Wirtschaftsfaktor, zu einer Umweltschutzfrage und
zu einer Frage der inneren Sicherheit entwickelt. Wenn
ich die Umweltschutzfrage sehe, so sehe ich Herrn
Paziorek hier sitzen. Vorhin hat er ganz einträchtig neben
Herrn Grill gesessen und mir fielen ihre grasgrünen Kra-
watten auf. Sie sind sehr schön, aber es veranlasst mich zu
der Bemerkung: Zwei grasgrüne Krawatten machen noch
keinen Umweltpolitiker.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Paziorek [CDU/ CSU]: Es reicht eine! – Horst Kubatschka [SPD]: Aber nicht die Haare grün färben lassen!)


In Ahaus gibt es ein großes Zwischenlager. Ich weiß,
dass Ahaus von dem Transport aus La Hague nicht be-
troffen ist. In Ahaus haben wir keine Genehmigung für
hoch radioaktive Stoffe, keine Genehmigung für Glasko-
killen. Die Stadt Ahaus hat zusätzlich die vertragliche
Vereinbarung mit dem Betreiber getroffen, dass kein An-
trag auf Zwischenlagerung hoch radioaktiver Stoffe in
Ahaus gestellt wird.

Aber die Glaskokillen sind eine Folge der Wiederauf-
arbeitung. Sie ist eine Dinosauriertechnik, denn sie pro-

duziert mehr und giftigeren Restmüll. Das haben wir be-
reits zu Oppositionszeiten gesagt und das sagen wir auch
zu Regierungszeiten; daran hat sich nichts geändert. Wir
haben verbindliche und langfristige Verträge. Sie haben in
der Vergangenheit massenhaft Müll nach Frankreich ge-
liefert, der dort nicht bleiben kann. Wir müssen ihn
zurückholen, denn die Verträge haben Bestand.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ja!)

Aber wenn ich Herrn Grill hier eben gehört habe, dann

habe ich den Eindruck, als seien wir diejenigen, die diese
ganze Angelegenheit zu verantworten haben. Dazu fällt
mir aber einiges von dem ein, was Ihre damalige Um-
weltministerin, Frau Merkel, vom Stapel gelassen hat. Ich
kann mich gut daran erinnern, wie sie auf dem Westfalen-
tag der Jungen Union am 9. Mai 1998 in Ahaus eine flam-
mende Rede für die Atomenergie gehalten hat. Sie hat sich
dort als Atomlobbyistin feiern lassen und die Junge Union
dazu ermutigt, den „Ahauser Appell“ zu verabschieden, in
dem die Atomenergie ausdrücklich als verantwortbar hin-
gestellt wurde. Nur ganz kurze Zeit später aber musste sie
wegen erwiesener Kontamination und Unsicherheit die
Atomtransporte aussetzen, ob nun Transporte aus La Ha-
gue nach Gorleben oder von Neckarwestheim beispiels-
weise nach Ahaus.

Diese Transporte werden auch in Zukunft tiefe Be-
sorgnis bei allen verantwortungsbewussten Menschen
auslösen. Aber sie finden erstmals vor einem anderen Hin-
tergrund statt: Der Ausstieg aus der Atomenergie ist be-
schlossen, der Ausstieg aus der Wiederaufarbeitung auch.
Dabei hat die Erkenntnis Pate gestanden, dass die Atom-
energie nicht beherrschbar und die Entsorgung nicht gesi-
chert ist. Die Menschen wissen erstmals, dass ein Ende
abzusehen ist.

Dann haben Sie die Themen innere Sicherheit und Po-
lizei angesprochen, die mir sehr am Herzen liegen. Ich
habe sehr oft mit Polizeibeamten gesprochen und bin bei
vielen Castortransporten dabei gewesen. Diese Trans-
porte haben immer schlimme Belastungen für die Polizei
bedeutet. Bei den vergangenen Transporten, ob nach
Ahaus oder nach Gorleben, hatten die Polizeibeamten oft-
mals den Eindruck, dass sie für die Versäumnisse der Po-
litik den Kopf hinhalten müssten und dass die ungeklärte
Entsorgungssituation und die ungeklärte Situation in der
Atompolitik insgesamt auf dem Rücken der Polizei aus-
getragen würden.

Dies ist jetzt erstmals nicht mehr der Fall.

(Beifall bei der SPD)


Die Polizei weiß, dass diese Transporte vor dem Hinter-
grund des Ausstiegs aus der Atomenergie, der Stilllegung
von Atomkraftwerken stattfinden werden.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Aber die Transporte sind dadurch nicht andere als vorher!)


Sie weiß die Politik hinter sich und fühlt sich nicht mehr
allein gelassen. Die Transporte werden auch in Zukunft
keine Freude auslösen; das ist ganz klar. Aber ich bin si-
cher, dass die Transporte jetzt, da die Menschen wissen,
dass ein Ende abzusehen ist, erträglicher werden. Sie wer-
den zwar nicht akzeptiert, in Zukunft aber verstanden




Walter Hirche
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(D)



(A)



(B)


werden. Das ist ein großer Fortschritt und die Zukunft
wird zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413225300
Ich erteile
dem Kollegen Gunnar Uldall für die Fraktion der
CDU/CSU das Wort.


Gunnar Uldall (CDU):
Rede ID: ID1413225400
Herr Präsident! Meine
Damen! Meine Herren! Herr Trittin, für Sie wird es jetzt
schwierig. Sie kommen in eine schwierige Lage, in der ich
an Ihrer Stelle nicht stecken wollte.


(Horst Kubatschka [SPD]: Dagegen wären wir auch! – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Werden Sie auch nie stecken, keine Sorge!)


Sie können erklären, was Sie wollen: Ihnen als früherem
Mitorganisator und Anführer der Demos in Gorleben, die
alles andere als friedliche Demonstrationen waren – an-
derenfalls hätten sie ja nicht 100 Millionen DM gekos-
tet –,


(Arne Fuhrmann [SPD]: Ich habe Sie dort nie gesehen, Herr Uldall! Daher steht Ihnen auch kein Urteil zu!)


wird es sehr schwer fallen, den Menschen, die sich dort
versammeln, zu erklären, warum jetzt Transporte durch-
geführt werden sollen. Dies wird Ihre Glaubwürdigkeit
nicht erhöhen, Herr Trittin.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es! – Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielen Dank für Ihre Sorge!)


Deswegen haben Sie auch alles versucht, um diese
Transporte in irgendeiner Form immer wieder hinauszu-
schieben.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Genau darum geht es!)


Darum haben wir in den letzten Monaten eine völlig gro-
teske Situation gehabt. Zuerst hieß es, die Behälter seien
nicht sicher.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie waren auch nicht sicher!)


Als dieses Bedenken ausgeräumt war, war es die EXPO,
die zunächst abgewartet werden musste. Als dann die
EXPO vorbei war, musste erst einmal eine Brücke repa-
riert werden. Jetzt hören wir zu unserer Überraschung,
dass erst einmal eine Arbeitsgruppe tagen muss. Wenn die
Arbeitsgruppe getagt hat, dann müssen zunächst einmal
die Wahlen in Baden-Württemberg und in Rheinland-
Pfalz abgewartet werden, weil die Transporte erst einen
Tag nach den Wahlen in diesen beiden Bundesländern be-
ginnen. Also, Herr Minister, Sie werden von der Wirk-
lichkeit irgendwann einmal eingeholt werden.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ist er jetzt schon!)


Dann wollen wir einmal sehen, wie Sie sich bei den De-
monstrationen verhalten werden.

Diese Demonstrationen in Gorleben wären dann die
ersten, auf denen Sie, Herr Trittin, auf der anderen Seite
der Barrikaden ständen. Es wären die ersten Demonstra-
tionen, auf denen Frau Griefahn, die hier eben gesprochen
hat, die Demonstranten nicht einpeitschen, sondern ab-
wiegeln wird.


(Widerspruch bei der SPD – Horst Kubatschka [SPD]: Werden Sie das dann machen, Herr Kollege? Darauf freue ich mich schon!)


Frau Hustedt wird dort keine Brandrede halten, sondern
beruhigend auf die Menschen einreden.

Die Sicht der Grünen ist offensichtlich ganz einfach:
Wenn die Transporte unter einer CDU/CSU-F.D.P.-Re-
gierung durchgeführt werden, dann ist das ganz schlimm
und das alles ist gar nicht mehr zu verantworten. Wenn
diese Transporte unter einer SPD-Grünen-Regierung
durchgeführt werden, dann ist das alles ganz harmlos und
lässt sich ohne Probleme über die Bühne bringen. Das
zeigt: Es ging Ihnen gar nicht um eine angebliche Ge-
fährdung durch Castortransporte;


(Zuruf von der SPD: Angeblich?)

vielmehr sollten die massiven unfriedlichen Demonstra-
tionen die Bevölkerung verunsichern. Das war schlicht-
weg nichts anderes als ein Teil Ihrer Wahlkampfstrategie.

Jetzt befinden Sie sich in einer Situation, dass Sie ge-
nau das Gegenteil von dem erklären müssen, was Sie bis-
her erzählt haben. Dabei wünsche ich Ihnen viel Spaß. Es
wird die Gegner der Transporte in keiner Weise überzeu-
gen. Wie ich schon sagte, Herr Trittin, Sie kommen des-
wegen in eine sehr schwierige Lage. Sie stecken in der
Falle.


(Hans-Peter Kemper [SPD]: Kein falsches Mitleid!)


Es gilt der Ausspruch, Herr Minister: Die Geister, die ich
rief, werde ich nun nicht wieder los.

Ich möchte Ihnen noch einen anderen Punkt vorhalten.
In einer dpa-Meldung habe ich gelesen:

Verfahren gegen Besetzer eingestellt. Bundesum-
weltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat das Bundes-
amt für Strahlenschutz angewiesen, die Klage gegen
14 Demonstranten zurückzunehmen. ... Sie waren
auf 100 000 DM Schadenersatz verklagt worden.

Schützt man so, indem man das Bundesamt für Strahlen-
schutz anweist, eine Klage zurückzuziehen, mit der Scha-
denersatz von den Verursachern gefordert werden soll,
seine politischen Freunde?

Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, dass hier
offenbar überhaupt kein Vertrauen in die deutschen Ge-
richte besteht. Offensichtlich versuchen Sie auf diese Art
und Weise, irgendwelche Mitdemonstranten von damals
von irgendwelchen Schadensersatzleistungen zu entlas-
ten, für die dann natürlich irgendjemand anders zu bezah-
len hat: der Steuerzahler, der Gebührenzahler oder wer
auch immer, auf jeden Fall nicht die Verursacher. Herr




Hans-Peter Kemper

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(B)


Minister, was Sie sich in diesem Fall erlaubt haben, ist
schlichtweg ein Skandal.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413225500
Für die
SPD-Fraktion spricht der Kollege Horst Kubatschka.


Horst Kubatschka (SPD):
Rede ID: ID1413225600
Werter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist für mich eigent-
lich schon erstaunlich, wie bei diesem kleinen Problem
die Emotionen hochkommen.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das ist kein kleines Problem!)


Wie wird das Haus eigentlich erst kochen, wenn wir über
die Ausstiegsgesetze beraten? Ich muss sagen: Für mich
war das ganz erstaunlich.

Einiges muss man richtig stellen: Herr Kollege Uldall,
Sie bezeichnen die Kollegin Griefahn als Einpeitscherin.
Ich weise das zurück. Sie war verantwortliche Ministerin
des Landes Niedersachsen und hat die Probleme und
Ängste der Menschen ernst genommen. Sie war eben
keine Einpeitscherin.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Walter Hirche [F.D.P.]: Herr Schröder musste ihr untersagen, an den Demonstrationen weiter teilzunehmen! Das ist die Wahrheit!)


Noch etwas, Herr Kollege: Sie sagen, wir hätten kein
Entsorgungskonzept. Für micht steht ein Entsorgungs-
konzept erst, wenn das notwendige Endlager vorhanden
ist. Darauf werden wir alle noch eine gewisse Zeit lang
warten. Erst dann haben wir das Konzept entwickelt. Wie
war das bisherige Entsorgungskonzept? Der Entsorgungs-
nachweis war: Atommüll ab in die Wiederaufbereitungs-
anlage! Dieses Konzept werden wir durchbrechen; statt-
dessen werden wir ein neues vorlegen.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Darauf sind wir mal gespannt!)


Die Grundzüge dafür haben wir skizziert. Wir werden im
Konsens mit den EVUs vorgehen.

Ich bin der F.D.P. eigentlich dankbar für diese Aktuelle
Stunde. Denn in ihr zeigt sich wieder einmal, wie richtig
die Absicht der rot-grünen Koalition ist, im Konsens aus
der Kernenergie auszusteigen.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das sieht Herr Jospin aber etwas anders!)


Dieser Konsens löst natürlich nicht das Problem des
Atommülls. Denn was wir verharmlosend Atommüll nen-
nen, muss Hunderttausende Jahre sicher eingeschlossen
werden. Die belebte Umwelt muss auch nach 100 000 Jah-
ren noch vor dem Atommüll geschützt werden. Der Kon-
sens löst zwar nicht das Problem, aber er begrenzt das
Problem. Das ist sehr wichtig, denn weltweit gibt es keine
Lösung für die Endlagerung. Niemand hat eine Lösung:
kein Staat, kein Elektrizitätsversorger. Niemand wird
außerdem ein Endlager haben wollen.

Schon der Transport von abgebrannten Brennelemen-
ten war ein Problem. Auch der Transport von radioakti-
vem Material aus der Wiederaufbereitungsanlage in Glas-
kokillen war ein Problem. Dieses Transportproblem
wurde nicht von der neuen Bundesregierung geschaffen.
Geschaffen haben es die Stromversorger, die jahrelang
verstrahlte Transportbehälter verwendet haben und damit
die Öffentlichkeit getäuscht haben. Das ist die Ursache
gewesen: ein unglaublicher Vorgang. Die Bundesregie-
rung ist hinters Licht geführt worden – und zwar die alte
Bundesregierung, die so sehr auf Kernenergie gesetzt
hatte. Die Bundesregierung wurde also von ihren eigenen
Freunden und Verbündeten ausgetrickst.


(Zuruf von der SPD: Genau!)

Daraufhin blieb der damaligen Bundesumweltministerin
Merkel nichts anderes übrig, als die Transporte zu verbie-
ten. Die Entsorgungsfalle hat also nicht die neue Bundes-
regierung verschuldet, sondern sie geht auf ein Problem
zurück, das Sie nicht lösen konnten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie, Herr Hirche, stellen es theatralisch so dar, als sei
die deutsch-französische Freundschaft gefährdet. Dazu
muss ich sagen: Der Vertragsbruch geschah eigentlich
schon viel früher. Seit 1991 gibt es ein französisches Ge-
setz, nach dem das Material nicht zwischengelagert wer-
den darf. Trotzdem wurde es immer wieder zwischenge-
lagert, denn es wurde nicht laufend abtransportiert. Sie
haben die entsprechenden Transportstopps ausgespro-
chen, dadurch dieses Problem geschaffen und es uns
schließlich überlassen.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Klar war und ist, die Transporte werden wieder rollen.

Das hat der Herr Umweltminister jetzt gesagt. Wir können
es noch so oft sagen: Sie, die Kollegen von der
CDU/CSU, werden es nicht glauben. Die Transporte wer-
den aber nur genehmigt werden, wenn die Grenzwerte
eingehalten werden. Es müssen Bedingungen geschaffen
werden, dass es zu keiner Gefährdung der Bevölkerung
kommt, dass die Anwohner an den befahrenen Strecken
nicht gefährdet sind, dass das Transportpersonal nicht ge-
fährdet ist und dass die begleitenden Polizistinnen und
Polizisten nicht gefährdet sind. Das sind wir den betroffe-
nen Menschen schuldig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nachdem diese Bedingungen nach Überzeugung des zu-
ständigen Bundesamtes für Strahlenschutz jetzt eingehal-
ten sind, sind auch wieder Transportgenehmigungen aus-
gesprochen worden.

Sie haben anscheinend Pressemitteilungen nicht mit-
bekommen: Am 10. November, also am vergangenen
Freitag, hat das Bundesamt für Strahlenschutz die Rück-
führung von sechs Castorbehältern mit verglastem Atom-
müll, so genannten Glaskokillen, aus La Hague geneh-




Gunnar Uldall
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(B)


migt. Bitte nehmen Sie das doch zur Kenntnis! Sie haben
vorher also an der Wahrheit vorbei argumentiert.


(Beifall bei der SPD – Birgit Homburger [F.D.P.]: Warum schreibt das Umweltministerium am Montag noch etwas anderes, bitte?)


Der Transport kann frühestens in der letzten Märzwoche
2001 stattfinden.

Wir von der SPD haben uns mit dem Problem ausführ-
lich auseinander gesetzt. Auch der Umweltausschuss hat
Anhörungen zu diesem Thema durchgeführt. Es war auch
klar: Es besteht ein Rechtsanspruch auf Genehmigung der
Transporte, auch wenn Sie es leugnen.

Obwohl meine Redezeit abläuft, möchte ich noch et-
was sagen: Wir haben hier ein ganz kleines Problem, aber
wir hinterlassen unseren Kindern das Megaproblem der
Endlagerung. Vor den Vorwürfen, die mir meine Enkel-
kinder deswegen machen werden, habe ich Angst. Hier
muss eine Lösung des Problems ansetzen. Wir verschie-
ben etwas in die Zukunft und unsere Enkel müssen das
Problem lösen. Wir leben damit auf Kosten unserer Enkel.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413225700
Bevor ich
das Wort dem letzten Redner gebe, rüge ich einen Zwi-
schenruf des Kollegen Grill in dieser Debatte als unparla-
mentarisch.


(Birgit Homburger [F.D.P.]: Jetzt wollen wir auch wissen, was für einen! – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat er etwa „Arschloch“ gesagt?)


Nun gebe ich das Wort dem Kollegen Dr. Christian
Ruck für die CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1413225800
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Auch ich bin der F.D.P. für
diese Aktuelle Stunde dankbar, der nicht das Bedürfnis
nach Theatralik, Herr Kubatschka, zugrunde liegt, son-
dern in der es um ein hohes Gut geht. Ich meine deutsch-
französische Freundschaft.

Wahr ist doch wirklich, dass das Gipfeltreffen in Vittel
zwischen Bundeskanzler Schröder und Präsident Chirac
vorüber ist, ohne dass dieser schwelende Konflikt um die
Atommülltransporte auch nur annähernd gelöst werden
konnte. Der Rechtsbruch bleibt bestehen, und die Be-
schädigungen sind eingetreten, Beschädigungen auch für
die deutsche Außenpolitik und für unser Ansehen. Ich
glaube auch, dass unsere französischen Partner durch die
Entscheidungsunfähigkeit der rot-grünen Regierung mit
Recht verärgert sind und politischer Flurschaden entstan-
den ist.

Das ist nicht das erste Mal. In der EU gelten Sie, Herr
Trittin, seit Ihren Nukleareskapaden gegen Frankreich oh-
nehin als äußerst unsicherer und unzuverlässiger Kanto-
nist. Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, warum
Ihnen das Problem inzwischen entzogen und zur Chefsa-
che gemacht wurde.

Ich möchte noch einmal auf die Verschiebung zurück-
kommen, die auch, glaube ich, wirklich von einem
schlechten außenpolitischen Stil zeugt. Es ist ein außen-
politisches Armutszeugnis,


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

wenn Sie das Nichteinhalten internationaler Vereinbarun-
gen und international gültiger Verträge mit Frankreich
– und es ist ja nicht nur Frankreich beteiligt, sondern auch
andere Länder in Europa – als Verschieben bezeichnen.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fällt Ihnen nichts Neues ein?)


Man kann es nicht oft genug wiederholen.

(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)


Ich glaube, dass die derzeitige Weigerung Frankreichs,
aus Deutschland weiterhin Brennelemente anzunehmen,
sehr verständlich ist. Man muss sich einmal vorstellen:
Der letzte Rücktransport aus La Hague liegt bereits drei
Jahre zurück, und das, obwohl Deutschland sich mit der
Unterzeichnung der Wiederaufbereitungsverträge zu ei-
ner unbehinderten Rücknahme des produzierten Atom-
mülls verpflichtet hat.


(Horst Kubatschka [SPD]: Und die Frau Merkel hat das verboten!)


Deswegen sagt zum Beispiel die zitierte französische
Umweltministerin, Dominique Voynet, dass sie wirklich
genug davon hat, dass Frankreich zum Endlager nicht für
europäischen, sondern vor allem für deutschen Atommüll
wird. Ich halte es schon für ein starkes Stück, wenn hier
so getan wird, als seien das alles Peanuts und als sei das
deutsch-französische Verhältnis auch etwas, was man
ganz schnell ruinieren könnte.

Die eigentliche Ursache des Problems ist jedoch, dass
Rot-Grün sich daran festgebissen hat, ein eigenes neues
nationales Entsorgungskonzept aufzustellen, und zwar
auch hier mit den falschen Schwerpunkten. Wir brauchen
keinen neuen Entsorgungsplan.


(Horst Kubatschka [SPD]: Der alte klappt nämlich nicht! Der alte ist bloße Wiederaufarbeitung! Sie haben das Problem nicht gelöst! – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Nein, ihr blockiert das nur!)


– Das bisherige Entsorgungskonzept, Herr Kubatschka
– Sie haben es angesprochen –, mit den Zwischenlagern
in Ahaus und Gorleben – –


(Weitere Zurufe des Abg. Horst Kubatschka [SPD])


– Schreien Sie nicht so, Ihre fünf Minuten sind vorbei. So-
lange Sie schreien, können Sie nicht zuhören. Das tut Ih-
nen nicht gut, Herr Kubatschka.

Mit den Endlagerprojekten Konrad und Gorleben steht
das Entsorgungskonzept, und die grundlegenden Pro-
bleme sind, auch nach Ansicht renommierter Fachleute,
längst gelöst. Es bedürfte also nur einer konsequenten
Umsetzung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Genauso ist es!)





Horst Kubatschka

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(C)



(D)



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(B)


Was Sie diesem über lange Jahre bewährten und da-
mals auch mit der SPD vereinbarten, von ihr mit gestalte-
ten und mit initiierten Konzept bisher entgegensetzen, ist
unausgereift, in der Sache ungeeignet und nur aus Sicht
von Atomgegnern verstehbar.

Das Endlager Konrad wurde kurz vor der Planfeststel-
lung nochmals bewusst verzögert, und die weitere Erkun-
dung des Salzstockes in Gorleben ist seit 1. Oktober 2000
gestoppt. Trotz der bislang nicht infrage gestellten Eig-
nung von Gorleben wird in der ganzen Republik wild
nach Standorten gesucht. Dass Sie dabei natürlich auch
Bayern ins Auge fassen, ist ein ganz durchsichtiges poli-
tisches Manöver und sonst nichts.

Die bestehenden Zwischenlager in Ahaus und Gorle-
ben sind aufnahmefähig. Sie sind fast leer. Sie zwingen
trotzdem den Kernkraftbetreibern 13 zusätzliche dezen-
trale Zwischenlager auf und nehmen dabei auch noch in
Kauf,


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dann wären es ja noch mehr Transporte!)


dass vor Fertigstellung der Zwischenlager diese Dinge
acht Jahre lang in Garagen herumgammeln,


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist das für eine Sprache? Was unterstellen Sie der Atomwirtschaft? – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist Eure Sprache!)


anstatt einen 24-Stunden-Transport zu vorhandenen de-
zentralen Zwischenlagern durchzuführen. – Ja, in Gara-
gen vergammeln, das ist genau der Punkt, den man hier
ansprechen muss.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf des Abg. Horst Kubatschka [SPD])


– Sie haben doch von Physik keine Ahnung, Herr
Kubatschka.


(Horst Kubatschka [SPD]: Das habe ich teilweise studiert!)


Auch national beweisen Sie durch die Blockade von
Transporten aus Frankreich ein weiteres Mal Ihre Unzu-
verlässigkeit. Sollte Frankreich – im Übrigen: völlig zu
Recht – keine weiteren Brennelemente aus Deutschland
mehr annehmen, Herr Schmidt, dann droht spätestens im
Frühjahr die Abschaltung von mindestens drei Atom-
kraftwerken in Deutschland, und zwar aufgrund dieses
von der Bundesregierung zu verantwortenden Vertrags-
bruchs.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was heißt in diesem Zusammenhang „droht“? Wollen Sie mir damit drohen?)


– Herr Schmidt, Sie haben doch angeblich eine Vereinba-
rung zwischen den EVUs und der Bundesregierung, auf
die Sie so stolz sind. Meines Erachtens haben Sie aber an-
gesichts des auf dem Gipfel erzielten Ergebnisses gegen-
über den EVUs einen Rechtsbruch begangen oder zumin-
dest im Sinn.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ja!)

Wer wie Sie internationale Verträge bricht und sich

nicht an nationale Vereinbarungen hält, gefährdet auch
das Vertrauen in unseren Rechtsstaat.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


Sie stellen Ideologie über getroffene Absprachen. Sie un-
tergraben damit die Glaubwürdigkeit deutscher Politik
und verschleudern das große Kapital, das Sie von der vor-
herigen Regierung geerbt haben.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Schulden haben wir geerbt! Von Kapital kann überhaupt keine Rede sein! 1,5 Billionen DM Schulden haben Sie uns hinterlassen!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413225900
Herr Kol-
lege Ruck, Sie müssen zum Schluss kommen.


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1413226000
Das wird die Spiel-
räume deutscher Politik nachhaltig einengen, was Sie zu
verantworten haben. Diese verfehlte Energiepolitik
– siehe Klimagipfel – betreiben Sie auf dem Rücken der
zukünftigen Generationen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413226100
Ich denke,
Herr Kollege Ruck, das war ein guter Schlusssatz. Ich
muss Sie bitten, Ihre Rede zu beenden.


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1413226200
Ich bedanke mich
für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1413226300
Die Aktuelle
Stunde ist beendet. Damit sind wir am Schluss unserer
heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages ein auf morgen, Donnerstag, den 16. November
2000, 9 Uhr.

Die Sitzung ist geschlossen.