Protokoll:
14120

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 14

  • date_rangeSitzungsnummer: 120

  • date_rangeDatum: 27. September 2000

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:45 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1 Befragung der Bundesregierung (Entwurf eines Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge und zur Än- derung und Aufhebung arbeitsrechtli- cher Bestimmungen) . . . . . . . . . . . . . . . . 11485 A Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA . . . . . 11485 B Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 11486 B Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA . . . . . 11486 C Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . 11486 D Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA . . . . . 11486 D Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11487 A Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA . . . . . 11487 B Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11487 C Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA . . . . . 11487 C Brigitte Baumeister CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11488 A Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA . . . . . 11488 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11488 C Hans Martin Bury, Staatsminister BK . . . . . . . 11488 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11488 D Walter Kolbow, Parl. Staatssekretär BMVg . . 11489 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11489 A Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11489 B Tagesordnungspunkt 2 Fragestunde (Drucksache 14/4122) . . . . . . . . . . . . . . . . 11489 C Absicherung der verfassten Studentenschaft durch eine Weiterentwicklung des Hochschul- rahmengesetzes; Engagement gegen Fremden- feindlichkeit und Rechtsextremismus MdlAnfr 1, 2 Maritta Böttcher PDS Antw PstSekr Wolf-Michael Catenhusen BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11489 C, 11490 A ZusFr Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . 11489 D,11490 B Genehmigung für den Export einer Munitions- fabrik in die Türkei MdlAnfr 5, 6 Jürgen Koppelin F.D.P. Antw PstSekr Siegmar Mosdorf BMWi . . . . . 11490 D ZusFr Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 11491 A ZusFr Heinrich L. Kolb F.D.P. . . . . . . . . . . . . 11491 C ZusFr Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11491 D Erteilung von Arbeits- und Aufenthaltsgeneh- migungen für an Projekten in Deutschland be- teiligte ausländische Arbeitskräfte MdlAnfr 8 Dirk Niebel F.D.P. Antw PStSekr’in Ulrike Mascher BMA . . . . . 11492 B ZusFr Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11492 C Arbeitsgenehmigungen für Tschechen im Rah- men der Grenzgängerregelung in Ostbayern; Beibehaltung der Regelung nach dem EU-Bei- tritt Plenarprotokoll 14/120 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 120. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 27. September 2000 I n h a l t : MdlAnfr 9, 10 Klaus Hofbauer CDU/CSU Antw PStSekr’in UlrikeMascher BMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11493A, 11494B ZusFr Klaus Hofbauer CDU/CSU . . . .11493A, 11494B ZusFr Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11493 C ZusFr Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 11493 D ZusFr Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . 11494 C Abbruch der Erarbeitung eines Sozialgesetz- buches IX MdlAnfr 15, 16 Dr. Ilja Seifert PDS Antw PStSekr’in Ulrike Mascher BMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11494 D, 11495 A ZusFr Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 11495 A ZusFr Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. . . . . . . . . . 11496 A Verhinderung von Einsätzen von Kampfpan- zern der türkischen Armee gegen Kurden durch eine mit vertraglichen Auflagen verbunde Lie- ferung von Leopard-2-Panzer MdlAnfr 17, 18 Günther Friedrich Nolting F.D.P. AntwPstSekrWalterKolbowBMVg . .11496 D,11497 A ZusFr Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . 11497 B ZusFr Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . 11497 C ZusFr Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . 11498 A ZusFr Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11498 A ZusFr Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. . . . . . . . . . 11498 C ZusFr Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . 11498 C Beseitigung struktureller Überhänge und des damit verbundenen Verwendungs- und Beför- derungsstaus im militärischen Personalkörper MdlAnfr 19 Werner Siemann CDU/CSU Antw PstSekr Walter Kolbow BMVg . . . . . . . 11498 D ZusFr Werner Siemann CDU/CSU . . . . . . . . . 11499 A ZusFr Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . . . 11499 B Einsatz von Mifegyne bei Schwangerschafts- abbrüchen MdlAnfr 22, 23 Ina Lenke F.D.P. Antw PStSekr’in Dr. Edith Niehuis BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11499C, 11500 B ZusFr Ina Lenke F.D.P. . . . . . . . . . . . .11499 D, 11500 C Drogenrezepte auf der Homepage der Drogen- beauftragten der Bundesregierung und Parla- mentarischen Staatssekretärin beim BMG, Christa Nickels MdlAnfr 24, 25 Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. Antw PStSekr’in Christa Nickels BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11501 A, 11502 C ZusFr Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. . . .11501 B, 11502 C ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11502 A ZusFr Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11502 B Erarbeitung des Entwurfs eines Festbetrags- neuordnungsgesetzes; Verbot einer zwischen- zeitlichen Festsetzung der Arzneimittelfest- beträge (§ 35 SGB V) durch die GKV-Spitzen- verbände MdlAnfr 26, 27 Johannes Singhammer CDU/CSU Antw PStSekr’in Christa Nickels BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11503 A, D ZusFr Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11503 B, 11504 A ZusFr Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . .11503 C, 11504 B Lärmschutzmaßnahmen an bestehenden Bahn- trassen in den Jahren 2000 und 2001, insbe- sondere im Landkreis Neuwied MdlAnfr 28, 29 WernerWittlich CDU/CSU Antw PstSekr Siegfried Scheffler BMVBW . . 11504 C ZusFrWerner Wittlich CDU/CSU . . . . . . . . . . 11504 D Verdoppelung des Güntertransports per Bahn bis 2015, insbesondere im Allgäu und in Schwaben MdlAnfr 30, 31 Kurt J. Rossmanith CDU/CSU Antw PstSekr Siegfried Scheffler BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11505 C, 11506 D ZusFr Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 11505 D, 11507 A ZusFr HeinzWiese (Ehingen) CDU/CSU . . . . 11506 B ZusFr Klaus Holetschek CDU/CSU . . . . . . . . 11507 C ZusFr Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . 11507 D Verzögerung des Vertragsabschlusses zum Ausbau der Strecke München–Memmin- gen–Lindau zwischen der Bundesregierung, der Deutschen Bahn AG und Bayern; Mittel- bereitstellung nach § 8 Bundesschienenwege- ausbaugesetz Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2000II MdlAnfr 32, 33 Dr. Gerd Müller CDU/CSU Antw PstSekr Siegfried Scheffler BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11508 A, B ZusFr Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . .11508 A, D ZusFr Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . 11509 C Verhinderung des in der Tschechischen Repu- blik geplanten Kernkraftwerks Temelin MdlAnfr 40, 41 Dr. Klaus Rose CDU/CSU Antw PStSekr’in Gila Altmann BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11510 B, 11511 A ZusFr Klaus Rose CDU/CSU . . . . . . .11510 C, 11511 C ZusFr Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . .11511 A, D ZusFr Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . 11512 A Zusatztagesordnungspunkt 1 Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bun- desregierung zur wirtschaftlichen Lage des Transportgewerbes . . . . . . . . . . . . . . 11512 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 11512 B Angelika Mertens SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11513 C Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. . . . . . . . . . 11514 C Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11515 D Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11517 A Kurt Bodewig, Parl. Staatssekretär BMVBW 11518 C Eduard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11519 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11520 D Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . . 11522 A Angelika Graf (Rosenheim) SPD . . . . . . . . . . 11523 B ElkeWülfing CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11524 B Karin Rehbock-Zureich SPD . . . . . . . . . . . . . 11525 D Georg Brunnhuber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 11527 A Dr. Margrit Wetzel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 11528 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11529 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 11531 A Anlage 2 Kürzung der Bundeszuschüsse an die Stiftung Warentest ab 2001; Änderung von § 11 der Stiftungssatzung betr. Anzeigen MdlAnfr 3, 4 Gudrun Kopp F.D.P. Antw PstSekr Siegfried Mosdorf BMWi . . . . 11532 A Anlage 3 Parlamentarische Initiativen der Bundesregie- rung zum Thema „Dienstleistungsagenturen/ Dienstleistungszentren“ MdlAnfr 11, 12 Dr. Heide Knake-Werner PDS Antw PStSekr’in Ulrike Mascher BMA . . . . . 11532 B Anlage 4 Negative Folgen der Neuregelung geringfügi- ger Beschäftigungsverhältnisse für Anzeigen- blattverlage; Änderung des § 8 SGB IV be- züglich der Anwendung der 50-Tage-Regelung auch für Zusteller von Wochenblättern MdlAnfr 13, 14 Ernst Burgbacher F.D.P. Antw PStSekr’in Ulrike Mascher BMA . . . . . 11532 C Anlage 5 Förderung rechter Veranstaltungen, insbeson- dere „Arcana Europa“, durch die EU MdlAnfr 20, 21 Klaus Haupt CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Edith Niehuis BMFSFJ 11533 A Anlage 6 Bußgeldforderung der österreichischen Poli- zei gegenüber Inhabern von alten deutschen Führerscheinen MdlAnfr 34, 35 Christian Lange (Backnang) (SPD) Antw PstSekr Siegfried Scheffler BMVBW . . 11533 D Anlage 7 Vorlage der Rechtsverordnung zur Entlastung ostdeutscher Wohnungsunternehmen von Alt- schulden; Mitteleinstellung MdlAnfr 36, 37 Christine Ostrowski PDS Antw PstSekr Siegfried Scheffler BMVBW . . 11534 B Anlage 8 Handelswert des jährlich in Deutschland an- fallenden Altholzes und Industrie-Restholzes; Verwertung Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2000 III MdlAnfr 38, 39 Rainer Brinkmann (Detmold) SPD Antw PStSekr’in Gila Altmann BMU . . . . . . . 11534 C Anlage 9 Finanzielle Unterstützung (zum Beispiel Bürg- schaft) des Bundes zur Erhöhung der Sicher- heitsstandards beim Kernkraftwerk Temelin in der Tschechischen Republik MdlAnfr 42, 43 Max Straubinger CDU/CSU Antw PStSekr’in Gila Altmann BMU . . . . . . . 11535 A Anlage 10 Einhaltung westlicher Sicherheitsstandards durch das tschechische Kernkraftwerk Temelin MdlAnfr 44 Ernst Hinsken CDU/CSU Antw PStSekr’in Gila Altmann BMU . . . . . . . 11535 B Anlage 11 Veränderung der innerpolitischen Situation Österreichs aufgrund der Sanktionsbeschlüsse der EU-Mitgliedstaaten und des Votums der drei Weisen MdlAnfr 46 Norbert Barthle CDU/CSU Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA . . . . . . . 11535 D Anlage 12 Anerkennung deutscher Wehrdienstzeiten, Zeiten der Kriegsgefangenschaft und Zeiten in polnischen Internierungs- und Arbeitslagern nach 1945 als rentensteigernde Zeiten für die Angehörigen der deutschen Minderheit in Po- len MdlAnfr 47 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA . . . . . . . 11536 A Anlage 13 Übertragung der für Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes seit August 2000 gel- tenden zweiprozentigen Erhöhung auf Soldaten und Beamte; Angleichung an Westniveau MdlAnfr 48 Werner Siemann CDU/CSU Antw PstSekr Fritz Rudolph Körper BMI . . . 11536 B Anlage 14 Bevölkerungsrückgang in den neuen Bundes- ländern mit der Folge eines Mangels an Fach- arbeitern, Ingenieuren und Ärzten MdlAnfr 49 Ulrike Flach F.D.P. Antw PstSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . 11536 C Anlage 15 Finanzielle Missstände beim Einsatz des THW im Kosovo MdlAnfr 50, 51 Ina Albowitz F.D.P. Antw PstSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . 11537 A Anlage 16 Entscheidung über die Veröffentlichung von Stasi-Unterlagen über „Personen der Zeitge- schichte“ durch den BMI; Aufhebung der „secret“-Einstufung für die Stasi-Unterlagen aus den USA MdlAnfr 52, 53 Sylvia Bonitz CDU/CSU Antw PstSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . 11537 C Anlage 17 Nichtanrechnung der dem Land Brandenburg für die Zustimmung zum Steuersenkungsge- setz zugesagten Mittel auf zukünftige Leistun- gen, Herkunft der Gelder, Abrufungszeitraum MdlAnfr 54, 55 Michael Stübgen CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11538 A Anlage 18 Berechnungsgrundlage der im Finanzierungs- tableau des Steuersenkungsänderungsgesetzes aufgeführten Mindereinnahmen; Neufassung der Abschreibungstabellen des Unternehmens- steuersenkungsgesetzes mit einer Verlänge- rung der Nutzungsdauer MdlAnfr 56, 57 Hans Michelbach CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11538 B Anlage 19 Steuerfreistellungsbescheide für Beschäftigte mit 630-DM-Jobs Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2000IV MdlAnfr 58 Norbert Barthle CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11538 D Anlage 20 Unterschiedliche Behandlung von Versiche- rungsvertretern bei Ausgleichsansprüchen gem. § 34 Abs. 3 EstG MdlAnfr 59, 60 Thomas Strobl (Heilbronn) CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11538 D Anlage 21 Verwendung des durch die Herausgabe einer 1-DM-Goldmünze erzielten Erlöses für die neu zu errichtende „Stiftung stabiles Geld“ MdlAnfr 61, 62 Gerda Hasselfeldt CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11539 B Anlage 22 Unterstützung der Kulturarbeit der Stadt Bonn bis 2003; Verlängerung des Bonn-Vertrages MdlAnfr 63, 64 Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11539 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2000 V Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2000
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2000 Dr. Margrit Wetzel 11529 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2000 11531 (C) (D) (A) (B) Adam, Ulrich CDU/CSU 27.09.00* Andres, Gerd SPD 27.09.00 Behrendt, Wolfgang SPD 27.09.00* Bierwirth, Petra SPD 27.09.00 Bindig, Rudolf SPD 27.09.00* Bohl, Friedrich CDU/CSU 27.09.00 Brinkmann (Detmold) SPD 27.09.00 Rainer Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 27.09.00* Klaus Burgbacher, Ernst F.D.P. 27.09.00 Claus, Roland PDS 27.09.00 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 27.09.00 DIE GRÜNEN Elser, Marga SPD 27.09.00 Fischer (Homburg), BÜNDNIS 90/ 27.09.00 Lothar DIE GRÜNEN Dr. Gehb, Jürgen CDU/CSU 27.09.00 Haack (Extertal), SPD 27.09.00* Karl Hermann Heise, Manfred CDU/CSU 27.09.00 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 27.09.00 DIE GRÜNEN Hörster, Joachim CDU/CSU 27.09.00* Hoffmann (Chemnitz), SPD 27.09.00 Jelena Dr. Hornhues, CDU/CSU 27.09.00* Karl-Heinz Hornung, Siegfried CDU/CSU 27.09.00* Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 27.09.00 Jäger, Renate SPD 27.09.00* Kasparick, Ulrich SPD 27.09.00 Dr. Kenzler, Evelyn PDS 27.09.00 Kolbe, Manfred CDU/CSU 27.09.00 Dr. Küster, Uwe SPD 27.09.00 Lambrecht, Christine SPD 27.09.00 Lintner, Eduard CDU/CSU 27.09.00* Lörcher, Christa SPD 27.09.00* Dr. Lucyga, Christine SPD 27.09.00* Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 27.09.00* Erich Müller (Berlin), PDS 27.09.00 Manfred Neumann (Gotha), SPD 27.09.00 Gerhard Parr, Detlef F.D.P. 27.09.00 Philipp, Beatrix CDU/CSU 27.09.00 Probst, Simone BÜNDNIS 90/ 27.09.00 DIE GRÜNEN Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 27.09.00 Dr. Rössel, Uwe-Jens PDS 27.09.00 Rühe, Volker CDU/CSU 27.09.00 Rupprecht, Marlene SPD 27.09.00 Schily, Otto SPD 27.09.00 Schloten, Dieter SPD 27.09.00* Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 27.09.00* Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 27.09.00* Dr. Scholz, Rupert CDU/CSU 27.09.00 Simmert, Christian BÜNDNIS 90/ 27.09.00 DIE GRÜNEN Steiger, Wolfgang CDU/CSU 27.09.00 Voß, Sylvia BÜNDNIS 90/ 27.09.00 DIE GRÜNEN Welt, Jochen SPD 27.09.00 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 27.09.00 Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 27.09.00* Zierer, Benno CDU/CSU 27.09.00* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-lung des Europarates entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegmar Mosdorf auf die Fragen der Abgeordneten Gudrun Kopp (F.D.P.) (Drucksache 14/4122, Fragen 3 und 4): Bedeutet die von der Bundesregierung erstmalig beabsichtigteKürzung der jährlichen Zuschüsse an die Stiftung Warentest von13Millionen DM auf 8 Millionen DM, dass der Minister für Wirt-schaft und Technologie von seinem ursprünglichen Kürzungsan-satz auf zunächst 10Millionen DM für das Jahr 2001 abgerückt ist? Ist nach Kenntnis der Bundesregierung eine Änderung der Stif-tungssatzung – § 11 – in der Weise geplant, dass künftig Anzei-genschaltungen in Warentest-Magazinen ausdrücklich gestattetsein sollen? Zu Frage 3: Die Bundesregierung hat seit 1988 an die Stiftung Warentest jährlich Zuwendungen in Höhe von 13 Millio- nen DM geleistet. Im Regierungsentwurf für den Bundes- haushalt 2001 ist eine Reduzierung dieses Ansatzes auf 8 Millionen DM vorgesehen. Dieser Ansatz entspricht dem in der bisherigen Finanzplanung (1999 bis 2003) für das Jahr 2001 vorgesehenen Betrag. Eine Kürzung auf 10 Millionen DM war nicht vorgesehen. Zu Frage 4: Laut § 11 Abs. 1 der Satzung der Stiftung Warentest darf diese „Anzeigen gewerblicher Unternehmen oder von Ver- einigungen solcher Unternehmen weder entgeltlich noch unentgeltlich veröffentlichen“. Satzungsänderungen be- dürfen nach § 15 Abs. 1 der Satzung einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen der Verwaltungsratsmitglieder und außerdem der Zustimmung der Stifterin. Der Bundes- regierung ist nicht bekannt, dass die zuständigen Gremien der Stiftung Warentest beabsichtigen, diese Satzungsregel aufzuheben. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Heidi Knake-Werner (PDS) (Drucksache 14/4122, Fragen 11 und 12): Verfolgt die Bundesregierung – wie in Aussicht gestellt – wei-terhin die Absicht, das Dritte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB)umfänglich zu reformieren, und falls die Antwort „Ja“ lautet, zuwelchem Zeitpunkt ist mit der Vorlage der zu diesem Reformvor-haben angekündigten Eckpunkte und des Referentenentwurfes zurechnen? Zu Frage 11: Umfang, Ziele und Inhalt einer möglichen Überarbei- tung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente des Arbeits- förderungsrechts werden derzeit von der Bundesregierung in enger Abstimmung mit den Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen erörtert. Die Abstim- mungen sind noch nicht abgeschlossen. Aussagen zum weiteren Verfahren sind erst sinnvoll, wenn die grundle- genden Entscheidungen in der Sache getroffen sind. Verfolgt die Bundesregierung – wie im Koalitionsvertrag inAussicht gestellt – weiterhin die Absicht, eine oder mehrere par- lamentarische Initiativen zum Thema „Dienstleistungsagentu-ren/Dienstleistungszentren“ in den Deutschen Bundestag einzu-bringen, und falls die Antwort „Ja“ lautet, zu welchem Zeitpunktist mit der Vorlage der zu diesem Reformvorhaben gehörenden Ge-setzentwürfe zu rechnen? Zu Frage 12: In der Koalitionsvereinbarung zwischen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 20. Oktober 1998 wird ein Aktionsprogramm „Frau und Beruf“ angekündigt, zu dem unter anderem die Förderung von Dienstleistungsagentu- ren gehört. Eine Koalitionsarbeitsgruppe befasst sich da- her zurzeit mit der Frage, wie eine künftige Förderung von Dienstleistungen in privaten Haushalten erfolgen könnte. Allerdings muss jedes Fördermodell im Einklang mit dem deutschen Verfassungsrecht sowie den beihilferechtlichen Regelungen der Europäischen Gemeinschaft stehen. Aus diesem Grund konnten die Überlegungen noch nicht ab- geschlossen werden. Deshalb ist es derzeit auch nicht möglich, den Zeitpunkt für die Vorlage eines entsprechen- den Gesetzentwurfs zu nennen. Anlage 4 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher auf die Fragen des Abgeordneten Ernst Burgbacher (F.D.P.) (Drucksa- che 14/4122, Fragen 13 und 14): Ist die Bundesregierung der Meinung, dass die Neuregelunggeringfügiger Beschäftigungsverhältnisse für Anzeigenblattverla-ge ausnahmslos negative Folgen hat, zu großen finanziellen Pro-blemen und einem enormen Verwaltungsaufwand führt, wie diesvom Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter e. V. vorgetragenwird? Ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, dass § 8Abs. 1 Ziff. 2 SGB IV so geändert wird, dass die so genannte 50-Tage-Regelung auch für die Zusteller von Wochenblättern ange-wendet werden kann? Zu Frage 13: Die Bundesregierung ist nicht dieser Meinung. Die Neuregelung führt für Arbeitgeber, die bisher die Pau- schalsteuer übernommen haben, im praktischen Ergebnis nicht zu finanziellen Mehrbelastungen. Statt der bisher zu zahlenden 20 Prozent Pauschalsteuer (zuzüglich ggf. Kir- chensteuer und Solidaritätszuschlag) sind nunmehr 22 Prozent Beiträge zur Sozialversicherung für diesen Be- schäftigten zu entrichten. Kurzfristige Beschäftigungen sind weiterhin beitragsfrei. Soweit auf einen angeblich „enormen Verwaltungsaufwand“ hingewiesen wird, ist festzustellen, dass die Neuordnung der geringfügigen Be- schäftigung insoweit einen erhöhten Verwaltungsaufwand von den Arbeitgebern erfordert, als die geringfügigen Be- schäftigungsverhältnisse in das allgemeine Meldeverfah- ren einbezogen wurden. Dies war erforderlich, um die Kontrollmöglichkeiten zu verbessern und die Bekämp- fung illegaler Beschäftigungen zu erleichtern, aber auch um die Rentenanwartschaften der geringfügig Beschäftig- ten festzustellen. Den Arbeitgebern – auch den Anzeigen- verlagen – wird aber nicht mehr abverlangt als bei jedem anderen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. Im Übrigen bestand bereits vor der Neuregelung für die Arbeitgeber eine Meldepflicht im Rahmen eines besonde- ren Meldeverfahrens für geringfügig Beschäftigte. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 200011532 (C) (D) (A) (B) Zu Frage 14: Eine Änderung der angesprochenen Regelung ist nicht beabsichtigt und auch nicht erforderlich. Die Regelung zur kurzfristigen Beschäftigung findet Anwendung für alle Beschäftigten, die die Kriterien der Kurzfristigkeit erfül- len, also auch für kurzfristige Beschäftigungen der Zu- steller von Wochenblättern. Die Spitzenverbände der So- zialversicherungsträger haben sich darauf verständigt, dass eine kurzfristige Beschäftigung auch dann vorliegt, wenn ein Rahmenvertrag mit einer Laufzeit von nicht mehr als einem Jahr abgeschlossen wird, in dem Arbeits- einsätze von maximal 50 Arbeitstagen vereinbart werden. Voraussetzung ist, dass die Tätigkeit auf 50 Tage im Jahr von vornherein vertraglich begrenzt ist. Damit sind Ge- staltungsspielräume geschaffen, die auch den Bedürfnis- sen der Anzeigenverlage Rechnung tragen. Anlage 5 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis auf die Fra- gen des Abgeordneten Klaus Haupt (F.D.P.) (Drucksache 14/4122, Fragen 20 und 21): Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass das Festi- val „Arcana Europa“ im Juli 2000 in Segobriga bei Madrid und die gleichnamige Zeitschrift durch das „Youth for Europe“-Programm der Europäischen Union unterstützt worden sind, und wenn ja, teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass durch Festival und Zeitschrift die Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts geför- dert werden (vgl. „Der rechte Rand“, September/Oktober 2000)? Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, die Förderung rechter Veranstaltungen durch die EU zu unterbinden? Zu Frage 20: Die Mittel des EU-Aktionsprogramms „Jugend“ wer- den teilweise direkt über die Europäische Kommission vergeben, und zum größeren Teil über dezentral einge- richtete nationale Agenturen. Die Nachfrage bei der Euro- päischen Kommission hat ergeben, dass das Festival „Ar- cana Europa“ nicht von ihr gefördert wurde, wohl aber das gleichnamige Magazin. Die Anfrage bei den Verantwort- lichen der für die dezentrale Mittelvergabe in Spanien zu- ständigen spanischen Nationalagentur hat ergeben, dass das Festival „Arcana Europa“ von dort nicht gefördert worden ist. Die Behauptung in der Zeitschrift „Der rechte Rand“, dass das Festival aus Mitteln des EU-Programms „Jugend“ gefördert worden sei, ist daher nicht zutreffend. Was die von der deutschen Nationalagentur vergebenen Mittel anbelangt, so ist auszuschließen, dass das genann- te Festival, die Zeitschrift oder die Teilnahme von deut- schen Jugendlichen oder Organisationen gefördert worden sind. Der Bundesregierung sind Ablauf und Programm des Festivals und die gleichnamige Zeitschrift nicht be- kannt, sodass eine Einschätzung über eine Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts nicht abgegeben werden kann. Nach Angaben der Europäischen Kommission sind aus dem spanischen Antrag zur Förderung der Zeitschrift auch nach nochmaliger Durchsicht keine rechtsextremen Anhaltspunkte ersichtlich, wohl aber betont heidnisch- esoterische Bezüge zu den alten vorchristlichen Kulturen in Europa. Die Europäische Kommission hat dennoch die Auszahlung der restlichen 20 Prozent der Fördermittel zurückgestellt, bis das Ergebnis einer nochmaligen Prü- fung des spanischen Antrags zur Förderung der Zeitschrift vorliegt. In dem von Ihnen genannten Zeitschriftenartikel wer- den die so genannten „Dark Wave“-Gruppen erwähnt. Der Verfassungsschutzbericht 1999 befasst sich im Kapitel zu den rechtsextremistischen Bestrebungen mit der Szene um die „Dark Wave“-Musik, stellt jedoch fest, dass diese trotz der Einflussnahmeversuche rechtsextremistischer Kreise weiterhin primär unpolitisch bliebe. Allenfalls eine Min- derheit dieser Szene ließe sich von rechtsextremistischem Gedankengut ansprechen. Zu Frage 21: Die für die Mittelvergabe in den 30 Ländern des EU- Aktionsprogramms „Jugend“ eingerichteten National- agenturen achten mit besonderer Sorgfalt darauf, dass kei- ne Projekte und Aktivitäten gefördert werden, die den ausdrücklich benannten Zielen des Programms zuwider laufen. In den Gründen des Beschlusses zur Einführung des Programms, in den Beschreibungen der Programm- ziele und in den Durchführungsrichtlinien wird ausdrück- lich erwähnt, dass mit dem Programm ein Beitrag zur Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und Frem- denfeindlichkeit sowie zur Achtung der Menschenrechte in Europa geleistet werden soll. Kontrollmechanismen bei der Mittelvergabe verhindern, dass rechtsextreme Veran- staltungen gefördert werden. In Deutschland werden die Förderentscheidungen gemeinsam von der Nationalagen- tur und dem Bundesministerium für Familie, Frauen und Jugend getroffen. Dabei werden die Träger, die Partneror- ganisationen und der inhaltliche Schwerpunkt der Veran- staltung im Hinblick auf die Ziele des EU-Programms überprüft. Darüber hinaus werden die Anträge von regio- nalen (das heißt nicht bundeszentral organisierten) Trägern zuvor von den zuständigen Bundesländern begutachtet. Zur Durchführung des Programms wurde ein Informati- onsverbundsystem aller nationalen Agenturen eingerich- tet. Der Informationsverbund dient der gegenseitigen In- formation der Nationalagenturen bei bilateralen und multilateralen Veranstaltungen. Dabei wird auch über- prüft, ob es sich um anerkannte Träger der Jugendarbeit im jeweiligen Mitgliedstaat handelt und ob die Projekt- beschreibung den Zielen des Aktionsprogramms „Jugend“ entspricht. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegfried Scheffler auf die Fragen des Abgeordneten Christian Lange (Backnang) (SPD) (Drucksache 14/4122, Fragen 34 und 35): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Autofahrer in Österreich mit Bußgeldern wegen alter deutscher Führerscheine belegt werden dürfen, und beabsichtigt die Bundesregierung Maß- nahmen zu ergreifen, um die österreichische Bundesregierung zu einer Rückerstattung der bereits bezahlten Bußgelder betroffener Autofahrer zu bewegen? Mit welchen Maßnahmen begegnet die Bundesregierung dem Vorgehen der österreichischen Bundesregierung, insbesondere der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2000 11533 (C) (D) (A) (B) österreichischen Polizei, gegenüber deutschen Inhabern von alten Führerscheinen, die nicht im Besitz des neuen Euro-Führerscheins sind, nach dem ein Umschreiben des Führerscheins nach deut- schem und europäischem Recht nicht zwingend vorgeschrieben ist? Zu Frage 34: Nach der Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (91/439/EWG) müssen alle von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt werden, solange sie im Ausstellungsstaat gültig sind. Dies bedeutete, dass zum Beispiel das „alte“ graue deutsche Führerscheinmodell in allen EU-Staaten aner- kannt werden muss und keine Bußgelder verhängt werden dürfen, wenn der Fahrer im Besitz eines solchen „alten“ Führerscheines ist. Auf Bitten der Europäischen Kommis- sion, die über die Einhaltung des europäischen Rechts wacht, hat die Bundesregierung der Kommission alle ihr namentlich bekannt gewordenen Fälle mitgeteilt, in denen deutsche Fahrzeugführer angegeben haben, zu Unrecht mit einem Bußgeld belegt worden zu sein. Die Bundes- regierung hat die Kommission gebeten, die österreichische Regierung zur Prüfung zu veranlassen und etwaige, zu Un- recht verhängte Geldbußen den Betroffenen kurzfristig zu erstatten. Zu Frage 35: Nachdem es Presseberichte gegeben hat, wonach an- geblich Österreich die „alten“ deutschen Führerschein- modelle nicht anerkenne, hat die Bundesregierung die Eu- ropäische Kommission, die über die Einhaltung des europäischen Rechts wacht, gebeten, diesen Meldungen nachzugehen und die Mitgliedstaaten zur Einhaltung des europäischen Rechts anzuhalten. Auch die österreichische Regierung wurde unmittelbar ersucht, den Meldungen nachzugehen und ihre Polizei über die Rechtslage zu in- formieren. Außerdem wurden anlässlich einer Sitzung des Europäischen Ausschusses für den Führerschein in Brüs- sel alle Mitgliedstaaten noch einmal auf die Rechtslage hingewiesen. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegfried Scheffler auf die Fragen der Abgeordneten Christine Ostrowski (PDS) (Drucksa- che 14/4122, Fragen 36 und 37): Hat die Bundesregierung die Rechtsverordnung zur Entlastungostdeutscher Wohnungsunternehmen von Altschulden bei dauer-haftem Leerstand, zu der sie lt. § 6a des 2. Altschuldenhilfeände-rungsgesetzes ermächtigt ist, bereits erarbeitet, und welche Eck-werte beinhaltet sie? Hat die Bundesregierung die laut Information der „Woh-nungspolitischen Informationen“ vom 14. September 2000 vomBundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, ReinhardKlimmt, auf der Dessauer Länder-Bauministerkonferenz an-gekündigten 500 Millionen DM, die zur Entlastung ostdeutscherWohnungsunternehmen von Altschulden rückwirkend zur Verfü-gung gestellt werden sollen, in den Haushalt eingestellt bzw. auswelchen Titeln sollen sie bestritten werden? Zu Frage 36: Der Entwurf der Rechtsverordnung wird derzeit inner- halb der Bundesregierung abgestimmt. Zu Frage 37: Eine Beantwortung dieser Frage erübrigt sich, da die von Ihnen zitierte Information über eine Ankündigung von Altschuldenhilfe in der genannten Höhe nicht zutrifft. Anlage 8 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gila Altmann auf die Fragen des Abgeordneten Rainer Brinkmann (Detmold) (SPD) (Drucksache 14/4122, Fragen 38 und 39): Welchen Handelswert (in DM/t) besitzt das jährlich in derBundesrepublik Deutschland anfallende Altholz und Industrie-Restholz in den Kategorien A I bis A IV? Wie viele Tonnen der verschiedenen Kategorien werden ther-misch und wie viele stofflich verwertet? Zu Frage 38: Nach der Bundesregierung vorliegenden Erkenntnissen betrugen die Händlerpreise für belastetes Altholz im Juli 2000 circa 60–130 DM/t (Zuzahlung des Sortierers beziehungsweise Aufbereiters an den Verwerter), mark- tüblich sind Preise um 80 DM/t. Dieses Altholz umfasst die Altholzkategorien A III und A IV der in Vorbereitung befindlichen Altholzverordnung. Für behandeltes Altholz (Altholzkategorie A II der Altholzverordnung) waren in Abhängigkeit von der Aufbereitung für vorgebrochenes Altholz circa 0–30 DM/t und für nicht vorgebrochenes Alt- holz circa 10–45 DM/t vom Sortierer bzw. Aufbereiter zu- zuzahlen. Für unbehandeltes, sauberes Altholz (Altholz- kategorie A I der Altholzverordnung) konnten dagegen vom Sortierer beziehungsweise Aufbereiter Erlöse von circa 15–45 DM/t für geschreddertes und circa 0–30 DM/t für nicht geschreddertes Altholz erzielt werden. Die Er- lössituation bei Altholz hat sich auch im letzten Jahr leicht verbessert. So betrugen die Zuzahlungen für belastetes Altholz (AIII und AIV) noch im Juli 1999 100–250 DM/t, für behandeltes Altholz (AII) 5–55 DM/t, während für un- behandeltes Altholz (AI) 25 DM/t erlöst bis maximal 5 DM zugezahlt werden mussten. Damit geht der seit 1995 zu beobachtende Rückgang der Zuzahlungen weiter, wenn auch leicht abgeschwächt. Insbesondere im Segment der belasteten Hölzer mussten Anfang 1995 noch bis zu rund 400 DM/t zugezahlt werden. Es ist davon auszugehen, dass im Zuge eines vermehrten Einsatzes von Altholz nach EEG/BiomasseV (Biomasse Verordnung) die Zuzahlun- gen für die Altholzkategorien A III und A IVweiter sinken werden. Zu Frage 39: Nach der Bundesregierung vorliegenden unterschiedli- chen Angaben werden bei einem Anfall von circa 8 Milli- onen t Gebrauchtholz pro Jahr derzeit etwa 3 Millionen t in Deutschland verwertet, davon circa 50 Prozent energe- tisch und circa 50 Prozent stofflich. Hinzu kommt die stoffliche und energetische Verwertung von exportiertem Altholz in EU-Staaten, in einer Größenordnung von rund 2 Millionen t/Jahr, die ebenfalls jeweils zur Hälfte stoff- lich beziehungsweise energetisch verwertet werden. Zu- sätzlich zum Gebrauchtholz fallen in der Industrie pro Jahr Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 200011534 (C) (D) (A) (B) circa 10 Millionen t Industrierestholz an, die praktisch vollständig verwertet werden. Auch hier dürfte etwa die Hälfte stofflich die andere Hälfte energetisch verwertet werden. Genauere Angaben hierzu liegen der Bundesre- gierung nicht vor. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gila Altmann auf die Fragen des Abgeordneten Max Straubinger (CDU/CSU) (Drucksa- che 14/4122, Fragen 42 und 43): Hat die Bundesregierung Erkenntnisse, dass beim Bau desKernkraftwerkes Temelin in der Tschechischen Republik interna-tionale Sicherheitsstandards nicht beachtet wurden bzw. nicht zumEinsatz kamen? Wird die Bundesregierung zur Erhöhung der Sicherheitsstan-dards beim Kernkraftwerk Temelin in der Tschechischen Republiknötigenfalls eine finanzielle Unterstützung zum Beispiel eineBürgschaft gewähren? Zu Frage 42: Im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit mit der atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde ist der Bundesregierung zugesichert worden, dass im Geneh- migungsverfahren Sicherheitsanforderungen zugrunde gelegt worden sind, die mit internationalen Sicherheits- standards übereinstimmen. Deutsche Sachverständige ha- ben einige ausgewählte Sicherheitsfragen für Temelin im Auftrag des BMU bzw. der bayerischen Staatsregierung vertieft untersucht. Die Untersuchungen, die nur auf Ba- sis von übergebenen Unterlagen durchgeführt wurden, haben ergeben, dass aktuelle Anforderungen der deut- schen Sicherheitspraxis nicht erfüllt werden. Erst recht er- reicht die Anlage nicht den nach Stand von Wissenschaft und Technik zu fordernden Vorsorgemaßstab. Die Anlage wäre in Deutschland nicht genehmigungsfähig. Interna- tionale Sicherheitsanforderungen, das heißt hier im We- sentlichen Anforderungen der US-amerikanischen Ge- nehmigungsbehörde NRC, werden jedoch hinsichtlich der sieben untersuchten Fragestellungen formal erfüllt. In- wieweit die Anlage praktisch internationale Sicherheits- anforderungen erfüllt, kann nicht beantwortet werden, weil die durchgeführten Untersuchungen weder die ge- samt Anlage noch die Umsetzung der Anforderungen in der Praxis umfassten. Zu Frage 43: Nein. Anlage 10 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gila Altmann auf die Frage des Abgeordneten Ernst Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 14/4122, Frage 44): Was hat die Bundesregierung bisher dafür getan, dass dastschechische Kernkraftwerk Temelin bei Inbetriebnahme westli-chen Sicherheitsstandards entspricht, und was wird sie gegebe-nenfalls tun, um die Inbetriebnahme zu verhindern, sollte die An-lage diesen Standards nicht entsprechen? Die Bundesregierung hat seit mehr als einem Jahrzehnt national und international zahlreiche Maßnahmen ergrif- fen, damit die Atomkraftwerke in den Staaten Mittel- und Osteuropas auf international akzeptables Niveau nach- gerüstet oder stillgelegt werden. Das Atomkraftwerk Te- melin ist vom sowjetischen Bautyp WWER-1000. Eine derartige Anlage war auch in der ehemaligen DDR in Stendal in Bau. Im Auftrag der Bundesregierung sind für die Referenzanlage Stendal Untersuchungen zu Sicher- heitsdefiziten und Verbesserungsnotwendigkeiten durch- geführt worden. Dort wurde festgestellt, dass Anlagen dieses Typs grundsätzlich theoretisch auf westliche Si- cherheitsniveaus nachgerüstet werden könnten. In einem bei der IAEO erstellten Bericht wird ausgeführt, welche Schwachstellen hierzu mit welchen Dringlichkeiten be- seitigt werden müssen. Die Bundesregierung hat die zu- ständigen Stellen in der Tschechischen Republik sowohl in bilateralen Gesprächen wie auch anlässlich der ersten Überprüfungskonferenz zum Übereinkommen über nu- kleare Sicherheit im Jahre 1999 gebeten darzulegen, dass die aufgezeigten Defizite bei Temelin beseitigt werden. Die zuständigen tschechischen Stellen haben sich ge- genüber der Bundesregierung wie auch in internationalen Gremien mehrfach dazu verpflichtet, die international auf- gezeigten Sicherheitsdefizite zu beseitigen und bei der Fertigstellung der Anlage westliche Sicherheitsanforde- rungen zugrunde zu legen. Im Rahmen der Fertigstellung von Temelin wurden wesentliche sicherheitsrelevante Sys- teme von einer US-amerikanischen Firma neu projektiert und die dafür erforderlichen Ausrüstungen geliefert. Des- halb wurden auch die relevanten Sicherheitsnachweise gemäß US-amerikanischen Regelwerksanforderungen ak- tualisiert. Die tschechische Seite hat die Bundesregierung im Rahmen der deutsch-tschechischen Kommission für Fra- gen der nuklearen Sicherheitsanforderungen unterrichtet. Deutsche Sachverständige haben einige ausgewählte Si- cherheitsfragen für Temelin im Auftrag des BMU bzw. der bayerischen Staatsregierung vertieft untersucht. Die Un- tersuchungen, die nur auf Basis von übergebenen Unter- lagen durchgeführt wurden, haben ergeben, dass aktuelle Anforderungen der deutschen Sicherheitspraxis nicht er- füllt werden. Erst recht erreicht die Anlage nicht den nach Stand von Wissenschaft und Technik zu fordernden Vor- sorgemaßstab. Die Anlage wäre in Deutschland nicht ge- nehmigungsfähig. Internationale Sicherheitsanforderun- gen, das heißt hier im Wesentlichen Anforderungen der US-amerikanischen Genehmigungsbehörde NRC, werden jedoch hinsichtlich der sieben untersuchten Fragestellun- gen formal erfüllt. Inwieweit die Anlage praktisch inter- nationale Sicherheitsanforderungen erfüllt, kann nicht beantwortet werden, weil die durchgeführten Untersu- chungen weder die gesamte Anlage noch die Umsetzung der Anforderungen in der Praxis umfassten. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Dr. Christoph Zöpel auf die Frage des Abgeordneten Norbert Barthle (CDU/CSU) (Drucksa- che 14/4122, Frage 46): Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2000 11535 (C) (D) (A) (B) Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass sich die innen- politische Situation in der Republik Österreich zwischen der Ver- hängung der Sanktionen durch die übrigen 14 EU-Mitgliedstaaten und dem Votum der so genannten „drei Weisen“ geändert hat, und wenn ja, welcher Art sind diese Änderungen? Ja, die innenpolitische Situation in der Republik Öster- reich hat sich verändert. Der Bericht der „drei Weisen“ stellt fest, dass die Maßnahmen (nicht nur) in Österreich (...) das Bewusstsein für die gemeinsamen europäischen Werte gestärkt haben, die Anstrengungen der österreichi- schen Regierung verstärkt haben und die Zivilgesellschaft motiviert haben, diese Werte zu verteidigen. Im Übrigen ist Herr Haider nicht mehr Vorsitzender der FPÖ und zwei FPÖ-Kandidaten für Ministerämter wurden bei der Regierungsbildung nicht berücksichtigt. Anlage 12 Antwort des Staatministers Dr. Christoph Zöpel auf die Frage des Abgeordneten Hartmut Koschyk (CDU/CSU) (Drucksa- che 14/4122, Frage 47): Welche Ergebnisse erzielten die deutsch-polnischen Konsulta- tionen zum Abkommen über soziale Sicherheit vom 5. bis 9. Ju- li 2000 hinsichtlich der Anerkennung deutscher Wehrdienstzeiten, Zeiten der Kriegsgefangenschaft und Zeiten in polnischen Inter- nierungs- und Arbeitslagern nach 1945 als rentensteigernde Zeiten für die Angehörigen der deutschen Minderheit in Polen, und, so- fern Ergebnisse hinter den Erwartungen der Bundesregierung zurückgeblieben sein sollten, wie gedenkt die Bundesregierung die polnische Seite von der Notwendigkeit der diesbezüglichen Aner- kennung als rentensteigernde Zeiten zu überzeugen? Die Frage der Berücksichtigung von Zeiten der Kriegs- gefangenschaft deutscher Wehrmachtsangehöriger in der polnischen Rente ist bei den deutsch-polnischen Konsul- tationen vom 5. bis 9. Juli 2000 von deutscher Seite ange- sprochen worden. Die polnische Seite sah weiterhin keine Möglichkeit, diese Zeiten zu berücksichtigen, da es sich um keine Frage des deutsch-polnischen Abkommens von 1975, sondern um eine innerstaatliche polnische Angele- genheit handele. Für die Anrechnung solcher Zeiten in der polnischen Rente gebe es derzeit keine rechtliche Grund- lage. Auch wenn die Bundesregierung keinen unmittelba- ren Einfluss auf die innerstaatliche Rechtsentwicklung in Polen ausüben kann, wird das Bundesministerium für Ar- beit und Sozialordnung im Rahmen der bilateralen Kon- takte mit der polnischen Seite weiterhin die Problematik ansprechen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Fra- ge des Abgeordneten Werner Siemann (CDU/CSU) (Drucksache 14/4122, Frage 48): Beabsichtigt die Bundesregierung, die für Arbeiter und Ange- stellte des öffentlichen Dienstes seit dem 1. August 2000 ausge- zahlte lineare Erhöhung von 2 Prozent auch für den Bereich der Soldaten und Beamten zu übernehmen, und plant die Bundesre- gierung die ebenfalls seit dem 1.August 2000 im Arbeiter- und An- gestelltenbereich geltende Anhebung der Bezüge auf 87 Prozent des Westniveaus auch auf die Soldaten zu übertragen? Nach den am 27. September im Kabinett beschlossenen Eckpunkten sollen die Bezüge der Beamten und Soldaten auf der Grundlage des Tarifergebnisses für den Arbeit- nehmerbereich des öffentlichen Dienstes angehoben und dabei zugleich die Zielvorgaben des Zukunftsprogramms der Bundesregierung erfüllt werden. Die Bezüge der Be- amten und Soldaten sollen prozentual wie im Tarifbereich in zwei Schritten erhöht werden; die Erhöhungszeitpunk- te werden jedoch um fünf bzw. vier Monate auf das Fol- gejahr verschoben. Zusätzlich erhalten alle aktiven Be- amtinnen und Beamten der unteren Besoldungsgruppen (A 1 bis A 9) eine Einmalzahlung von 4 x 100 DM für die Monate September bis Dezember 2000. Für die Beamten und Soldaten in den neuen Ländern soll das Tarifergebnis inhalts- und zeitgleich übernommen werden. Ab 1. August 2000 erhöht sich der Bemessungs- satz auf 87 Prozent, ab 1. Januar 2001 auf 88,5 Prozent und ab 1. Januar 2002 auf 90 Prozent. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Fra- ge der Abgeordneten Ulrike Flach (F.D.P.) (Drucksache 14/4122, Frage 49): Wie beurteilt die Bundesregierung den Bevölkerungsrückgang in den neuen Bundesländern (1990 16,1 Millionen Menschen, 2000 15,2 Millionen Menschen) und welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um dem sich abzeichnenden Mangel an Facharbeitern, Ingenieuren und Ärzten zu begegnen, der zum Beispiel von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf als „Hauptproblem“ (vgl. Rheinischer Merkur 26/2000) bezeichnet wird? Aufgrund der Ergebnisse der Bevölkerungsfortschrei- bung ist die Bevölkerung in den neuen Ländern und Ber- lin-Ost von 16, 028 Millionen am 31. Dezember 1990 auf 15,217 Millionen am 31. Dezember 1999 zurückgegan- gen. Dies beruht zu einem großen Teil auf der Abwande- rung in die alten Bundesländer, was zum erwähnten Fach- arbeitermangel beiträgt. Für den für die Zukunft zu erwartenden Bevölkerungsrückgang, der zu einem weite- ren Facharbeitermangel führen könnte, ist die seit 1990 er- heblich verringerte Geburtenhäufigkeit von maßgebli- chem Einfluss. Die Verantwortung für eine ausreichende Zahl von Fachkräften trifft in erster Linie die Wirtschaft. Die Bundesregierung hat bereits seit langem die Unter- nehmen immer wieder aufgefordert, eine ausreichende Zahl von Ausbildungsplätzen zur Verfügung zu stellen. Die Bundesregierung hat zusammen mit den Ländern schon seit längerem Programme für eine außerbetriebliche Ausbildung aufgelegt. Diese Aktivitäten zur Ausweitung des betrieblichen Ausbildungsplatzangebotes werden wei- tergeführt. Als kurzfristige Maßnahme zur Behebung des sich abzeichnenden regionalen Fachkräftemangels in ei- nigen Berufsgruppen müssen die Arbeitsämter ihre Ver- mittlungstätigkeit verstärken, damit aus dem Kreis der Ar- beitslosen entsprechende Fachkräfte gewonnen werden können. So gibt es derzeit circa 75 000 arbeitslose Ingeni- eure, darunter circa 35 Prozent im Alter unter 45 Jahren, auf die die Unternehmen zurückgreifen können. Es fällt im Übrigen in den Zuständigkeitsbereich der Länder, die Aus- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 200011536 (C) (D) (A) (B) bildungskapazitäten für die akademischen Berufe in den Hoch- und Fachhochschulen dem sich abzeichnenden Be- darf anzupassen. Für das Jahr 2000 hat die Bundesanstalt für Arbeit allein für die Weiterbildung von Maschinen- bauingenieuren 191 Qualifizierungsmaßnahmen mit knapp 2 100 Teilnehmern vorgesehen. Auch ist die Wirt- schaft aufgefordert, aus dem Kreis der Arbeitslosen Ein- stellungen vorzunehmen und dabei etwaige Vorurteile be- züglich der Leistungsfähigkeit älterer oder längerfristig Arbeitsloser aufzugeben. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Fra- gen der Abgeordneten Ina Albowitz (F.D.P.) (Drucksache 14/4122, Fragen 50 und 51): Trifft es zu, dass beim Einsatz des Technischen Hilfswerks (THW) im Kosovo offensichtlich Gelder in Millionenhöhe ausge- geben wurden, ohne dass dafür Rechnungen bzw. Quittungen gemäß des Bundeshaushaltsgesetzes vorhanden sind, und wenn ja, was gedenkt der Bundesminister des Innern zu tun, um diesen Missstand zu beseitigen? Stimmt es, dass das THW beim Einsatz im Kosovo über Bar- mittel in erheblicher Größenordnung verfügt und dass davon über 500 000 DM entwendet wurden, und wenn ja, was gedenkt der Bundesminister des Innern zu tun, um den genannten Missstand abzustellen? Zu Frage 50: Nein. Dies trifft nicht zu. Die Einhaltung der Bestim- mungen der BHO bzw. anderer Haushaltsvorschriften ist durch Überprüfungen vor Ort und in der THW-Leitung durch den Bundesrechnungshof bzw. die Auftraggeber (wie EU und UN) gewährleistet. Zu Frage 51: Es trifft zu, dass am 12. Februar 2000 bei einem be- waffneten Raubüberfall im Kosovo 573 200 DM aus ei- nem Bauhof des THW erbeutet worden sind. Dies ge- schah nachweislich trotz Einhaltung aller relevanten Sicherheitsbestimmungen. Im gleichen Zeitraum fanden vergleichbare Überfälle auf Stationen anderer Hilfsorga- nisationen statt. Die zuständigen Stellen im Kosovo wur- den sofort eingeschaltet. Insbesondere ermittelt die Poli- zei der zivilen UN-Verwaltung (UNMIK) im Kreis der albanischen Mafia. Daneben läuft auch in Deutschland ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt. Die Sicherheitsvorkehrungen bei der Verwahrung von Barbeträgen im Kosovo sind nach dem Überfall noch ein- mal überprüft worden. Der ausschlaggebende Gefähr- dungsfaktor, nämlich das Vorhalten von Barmitteln, kann solange nicht behoben werden, als das Kosovo nicht über ein funktionierendes Bankensystem verfügt und dement- sprechend nicht bargeldlos gezahlt werden kann. Täglich zahlt das THW im Rahmen der Projektarbeiten bis zu 150 000 DM für Baustoffe, Arbeitslöhne und sonstige Leistungen an einheimische Firmen und Lieferanten aus, bei denen das THW zur Stabilisierung der lokalen Wirt- schaft vorrangig einkauft. In Zukunft soll im Zuge der Errichtung eines Bankensystems durch die zivile UN-Ver- waltung (UNMIK) schrittweise auf bargeldlosen Zah- lungsverkehr umgestellt werden. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Fra- gen der Abgeordneten Sylvia Bonitz (CDU/CSU) (Druck- sache 14/4122, Fragen 52 und 53): Trifft es zu, dass der Bundesminister des Innern in Ausübung der Dienstaufsicht über den Bundesbeauftragten für die Unterla- gen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR („Gauck- Behörde“) letztlich darüber zu entscheiden hat, ob und welche Un- terlagen über die „Personen der Zeitgeschichte“ zur umfassenden Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes an die Öffentlichkeit weitergegeben werden dürfen, und bedeutet dieses in Konsequenz, dass damit der Bundesminister des Innern über den selbst, wie zwischenzeitlich bekannt geworden ist, Stasi-Unterla- gen in der „Gauck-Behörde“ vorhanden sind, über die Veröffent- lichung von möglicherweise pikanten Stasi-Unterlagen zu seiner eigenen Person wie auch hinsichtlich seiner Kabinettskollegen zu entscheiden hat? Was hat die Bundesregierung im Einzelnen seit der letzten Sit- zung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 5. Ju- li 2000 unternommen, um dem fraktionsübergreifend geäußerten Wunsch Rechnung zu tragen, wonach bei der US-Regierung erneut auf eine Aufhebung der „secret“-Einstufung für die Stasi-Unterla- gen der Aktion Rosenholz gedrängt werden sollte? Zu Frage 52: Es trifft nicht zu, dass der Bundesminister des Innern in Ausübung der Dienstaufsicht über den Bundesbeauftrag- ten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR darüber zu entscheiden hätte, ob und welche Unterlagen über Personen der Zeitgeschichte an die Öffentlichkeit weitergegeben werden dürfen. Die Dienstaufsicht bezieht sich ausschließlich auf die Rege- lung dienstrechtlicher Fragen. In Ausübung seines Amtes, also in fachlicher Hinsicht, ist der Bundesbeauftragte un- abhängig und nur dem Gesetz unterworfen (§ 35 Abs. 5 S. 2 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes). Demzufolge ist es dem Bundesinnenminister im Rahmen der Dienstaufsicht gar nicht möglich, Entscheidungen der von Ihnen genann- ten Art zu treffen. Zu Frage 53: Die spezielle amerikanische Software ist zwischenzeit- lich installiert worden und die Inhalte der Datenträger sind von der im Bundesministerium des Innern eingerichteten Arbeitsgruppe geprüft worden mit dem Ergebnis, dass es sich dabei um „sonstige Duplikate“ von Stasi-Unterlagen im Sinne von § 8 Abs. 1 StUG handelt, deren weitere Be- handlung in die Zuständigkeit des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemali- gen DDR (BStU) fällt. Die USAhaben bisher ihre Bereit- schaft erklärt, in Einzelfällen eine Herabstufung des Ma- terials in Betracht zu ziehen, wenn außergewöhnliche Umstände dies erforderlich machen. Der US-Seite ist die fraktionsübergreifende Bitte auf generelle Herabstufung vom 6. Juli 2000 mitgeteilt worden. Sie hat diese Position zur Kenntnis genommen und wird sie bei ihren weiteren Überlegungen würdigen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2000 11537 (C) (D) (A) (B) Anlage 17 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen des Abgeordneten Michael Stübgen (CDU/CSU) (Drucksache 14/4122, Fragen 54 und 55): Sind die Gelder, die dem Land Brandenburg für die Zustim- mung zum Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Unterneh- mensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz) zugesagt wurden, zu- sätzliche Mittel, und werden diese daher nicht auf zukünftige Leistungen angerechnet? Woher stammen die Gelder, die einigen Ländern im Zusam- menhang mit dem Steuersenkungsgesetz zugesagt wurden, und in welchem Zeitraum müssen sie abgerufen werden? Zu Frage 54: Die dem Land Brandenburg im Rahmen des Vermitt- lungsverfahrens zum Steuersenkungsgesetz zugesagten Kompensationen stellen zusätzliche Mittel gegenüber dem Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2001 und dem Finanzplan bis 2004 dar. Zu Frage 55: Über die Finanzierung der den Bundesländern im Rah- men des Vermittlungsverfahrens zum Steuersenkungsge- setz zugesagten Kompensationen wird in den anstehenden parlamentarischen Beratungen entschieden. Die Mittel werden bedarfsgerecht veranschlagt und nach den allge- meinen Regeln im Haushaltsvollzug bewirtschaftet. Anlage 18 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen des Abgeordneten Hans Michelbach (CDU/CSU) (Drucksache 14/4122, Fragen 56 und 57): Wie setzen sich die im Finanzierungstableau des Steuersen- kungsergänzungsgesetzes aufgeführten Mindereinnahmen des Bundes, der Länder und der Gemeinden im Detail zusammen, und von welchen Annahmen ist die Bundesregierung bei den Berech- nungen ausgegangen? Warum hat der Bundesminister der Finanzen erst vor kurzem – und nicht schon vor der Verabschiedung des Unternehmenssteu- ersenkungsgesetzes – einen Entwurf für die neuen Abschreibungs- tabellen vorgestellt, und warum ist nun ein Entwurf vorgestellt worden, der mit einer durchschnittlichen Verlängerung der Nut- zungsdauern von circa 41 vom Hundert die im Unternehmens- steuersenkungsgesetz als Gegenfinanzierung veranschlagten circa 3,5 Milliarden DM um mindestens 6 Milliarden DM übersteigen wird? Zu Frage 56: Die finanziellen Auswirkungen des Steuersenkungser- gänzungsgesetzes beruhen auf der weiteren Senkung des Einkommensteuerspitzensatzes von 43 vom Hundert auf 42 vom Hundert ab dem Jahr 2005 sowie der Wiederein- führung des halben Steuersatzes für Betriebsveräußerun- gen ab dem Jahr 2001. Der Gesamtausfall beträgt 6,8 Mil- liarden DM, davon sind 4,7 Milliarden DM auf die Tarifsenkung und 2,1 Milliarden DM auf die Wiederein- führung des halben Steuersatzes zurückzuführen. Die Mindereinnahmen entfallen zu 45,5 vom Hundert auf den Bund, zu 40,3 vom Hundert auf die Länder und zu 14,2 vom Hundert auf die Gemeinden. Die Schätzungen beruhen im Wesentlichen auf den jüngsten verfügbaren Ergebnissen der Steuerstatistiken des Statistischen Bun- desamtes, die auf der Grundlage der aktuellen mittelfristi- gen Projektion der Gesamtwirtschaft auf die Jahre 2001 bis 2006 fortgeschrieben werden. Zu Frage 57: Der Bundesminister der Finanzen konnte nicht bereits vor Verabschiedung des Steuersenkungsgesetzes einen Entwurf für die neuen Abschreibungstabellen vorlegen, weil bis dahin die von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder veranlassten Ermittlungen zu den Nutzungsdauern noch nicht abgeschlossen bzw. ausge- wertet waren. Die Nutzungsdauern in dem nunmehr vor- gelegten Entwurf der Abschreibungstabelle „Allgemein verwendbare Anlagegüter“ beruhen auf Feststellungen der Finanzbehörden der Länder im Rahmen aktueller Be- triebsprüfungen. Die als Finanzierung der Reform der Unternehmensbe- steuerung veranschlagten Mehreinnahmen durch die An- passung der amtlichen Abschreibungstabellen von 3,45 Milliarden DM beruhen auf der Annahme, dass sich für alle Anlagegüter die Nutzungsdauer um durchschnitt- lich 10 vom Hundert verlängern würde. Durch die Ände- rung der Abschreibungstabelle „Allgemein verwendbare Anlagegüter“ werden nach Schätzung meines Hauses et- wa 40 vom Hundert der Anlagegüter mit einer durch- schnittlichen Verlängerung der Nutzungsdauer um 40 vom Hundert berührt. Unter diesen Voraussetzungen entstehen Mehreinnahmen in einer Größenordnung von 2,9 Milliar- den DM. Anlage 19 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Frage des Abgeordneten Norbert Barthle (CDU/CSU) (Drucksache 14/4122, Frage 58): Wie viele der in 630-DM-Jobs Beschäftigten haben einen Steu-erfreistellungsbescheid beantragt bzw. erhalten? Nach den Meldungen der obersten Finanzbehörden der Länder sind bis zum Bearbeitungsstichtag 1. September 1999 circa 3,1 Millionen Anträge auf Erteilung einer Frei- stellungsbescheinigung bei den Finanzämtern eingegan- gen; es sind insgesamt circa 2,7 Millionen Freistellungs- bescheinigungen ausgestellt worden. Die Fallzahlen für das gesamte Kalenderjahr 1999 haben bisher nur wenige Länder dem Bundesministerium der Finanzen mitgeteilt. Die ersten Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass die Zahlen für das gesamte Kalenderjahr 1999 etwa 10 bis 20 Prozent höher sein können. Anlage 20 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen des Abgeordneten Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) (Drucksache 14/4122, Fragen 59 und 60): Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 200011538 (C) (D) (A) (B) Trifft es zu, dass durch die Einführung des § 34 Abs. 3 Ein- kommensteuergesetz (EStG) die bis 1998 geltende Erhebung des halben Steuersatzes bei außerordentlichen Einkünften nur auf Ver- äußerungserlöse, nicht jedoch auf Entschädigungen wie den Aus- gleichsanspruch für selbstständige und mittelständische Versiche- rungsvermittler nach § 24 EStG angewendet werden soll? Wenn ja, womit begründet die Bundesregierung diese unter- schiedliche Behandlung, da der Ausgleichsanspruch des Versiche- rungsvertreters, ebenso wie der Veräußerungsgewinn eines Gewerbebetriebes oder einer freiberuflichen Praxis, der Alterssi- cherung dient? Zu Frage 59: Ja, diese Aussage ist zutreffend. Zu Frage 60: Die Bundesregierung hält eine Differenzierung für ge- rechtfertigt. Im Gegensatz zum Betriebsaufgabegewinn bzw. -veräußerungsgewinn gehört der Ausgleichsbetrag, den ein Handelsvertreter bzw. selbstständiger Versiche- rungsvertreter gemäß § 89b HGB erhält, noch zu den laufenden Geschäftsvorfällen der selbstständigen Versi- cherungsvertretung. Maßgebend hierfür ist, dass die Aus- gleichszahlung auf einem Anspruch beruht, der seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Natur nach ein zusätzli- cher Vergütungsanspruch des Handelsvertreters bzw. Ver- sicherungsvertreters für die vor Vertragsende geleisteten und nach Vertragsende fortwirkenden Dienste ist (vgl. auch Bundesgerichtshof [BGH] Urteil vom 28.April 1988 I ZR 66/87, Betriebs-Berater [BB] 1988, 2199). Der Aus- gleichsanspruch ist nicht mit den stillen Reserven im An- lagevermögen des Unternehmensbereichs eines Handels- vertreters bzw. selbstständigen Versicherungsvertreters oder der anderer Unternehmer vergleichbar, die sich in- folge der Betriebsaufgabe zwangsläufig auflösen. Der An- spruch ist vielmehr Ausfluss der laufenden Geschäftsvor- fälle, wie sie sich aus den vom Betriebsinhaber Dritten gegenüber eingegangenen Geschäftsbeziehungen wäh- rend des Bestehens des Betriebs ergeben können. Anlage 21 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) (Drucksache 14/4122, Fragen 61 und 62): Teilt die Bundesregierung Einschätzungen, wonach durch die beabsichtigte Herausgabe einer 1-DM-Goldmünze durch die Bun- desbank ein Erlös von 130 bis 170 Millionen DM erzielt werden kann, und wenn ja, wie rechtfertigt sie die Verwendung von 100 Millionen DM hiervon zur Ausstattung des Stiftungsstockes für die neu zu errichtende „Stiftung stabiles Geld“? Wie soll der verbleibende Erlös verwendet werden? Zu Frage 61: In der Tat wird aus dem Verkauf der 1-DM-Goldmün- zen ein Erlös von 130 bis 170 Millionen DM erwartet. Da- bei handelt sich allerdings nicht um den klassischen Münz- gewinn, der sich aus der Differenz zwischen Nenn- und Materialwert ergibt. Bei der 1-DM-Goldmünze ergibt sich der Nettoerlös aus der Differenz zwischen dem ursprüng- lichen Anschaffungspreis für das Gold durch die Bundes- bank (rund 73,5 € pro Unze) und dem Marktpreis (zurzeit circa 300 € pro Unze) bei Inverkehrbringen der Gold- münzen im Jahre 2001. Wie hoch der Erlös tatsächlich sein wird, hängt von drei Faktoren ab: der Goldpreisentwicklung bis zur Inverkehr- gabe der Münzen im Sommer 2001; der Euro-Dollar- Kursentwicklung bis dahin, dass der Goldpreis in Dollar notiert wird, die Münzen aber gegen DM verkauft werden; dem tatsächlichen Absatz der geplanten 1 Million Stück Münzen. Die Verwendung eines Teils der Erlöse für eine Stif- tung, die sich mit wirtschaftswissenschaftlicher und juris- tischer Forschung auf dem Gebiet des Geld- und Währungswesens befassen soll, geht auf einen Vorschlag der Deutschen Bundesbank zurück. Sie sieht einen Nach- holbedarf in Deutschland auf diesem Wissenschaftsgebiet. Zu Frage 62: Der 100 Millionen DM übersteigende Erlös soll ent- sprechend dem Gesetzentwurf der Stiftung „Preußischer Kulturbesitz“ für die Sanierung der Berliner Museumsin- sel zufließen. Anlage 22 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen des Abgeordneten Norbert Hauser (Bonn) (CDU/CSU) (Drucksache 14/1422, Fragen 63 und 64): Trifft es zu, dass die Bundesregierung ihre Unterstützung für die Kulturarbeit der Bundesstadt Bonn, zu der sie sich im Bonn- Vertrag verpflichtet hat, nur noch bis zum Jahr 2003 fortführen will, und wie lässt sich dies mit § 6 Abs. 4 des Berlin-Bonn-Ge- setzes vom 26.April 1994 in Einklang bringen, nach dem der Bund verpflichtet ist, die Bundesstadt Bonn bei der Wahrnehmung ge- samtstaatlicher Repräsentationsaufgaben zu unterstützen? Welche Gründe führt die Bundesregierung dafür an, dass der im Jahr 1999 ausgelaufene Bonn-Vertrag immer noch nicht ver- längert wurde? Zu Frage 63: Die Bundesregierung hat sich zur Unterstützung der Kulturarbeit in Bonn nur für die Dauer des jeweils gelten- den „Bonn-Vertrages“ verpflichtet. Der letzte „Bonn-Ver- trag“ ist im Januar 1999 ausgelaufen. Eine Verpflichtung aus dem „Bonn-Vertrag“ besteht somit nicht. Die dennoch für die Jahr 2000 bis 2003 geplante Unterstützung im Be- reich Kultur in Gesamthöhe von 205 Millionen DM trägt § 6 Abs. 4 Berlin-Bonn-Gesetz Rechnung. Damit erhält Bonn eine gesicherte mittelfristige Förderperspektive und kann sich auf die kommende Entwicklung einstellen. Ge- rade das Berlin-Bonn-Gesetz regelt aber auch, dass mit der Verlagerung des überwiegenden Teils von Regierung und Parlament nach Berlin die Aufgaben der gesamtstaatli- chen Repräsentation im Wesentlichen nicht mehr in Bonn, sondern in Berlin anfallen. Trotzdem wird der Bund auch nach 2003 die Kultur in Bonn durch die alleinige Unter- haltung des „Hauses der Geschichte“ und der „Kunst- und Ausstellungshalle“ mit Gesamtkosten von rund 60 Milli- onen DM pro Jahr weiter unterstützen. Damit erhält Bonn die mit Abstand größte Bundeshilfe aller deutschen Städ- te für Kultur mit Ausnahme der Hauptstadt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 2000 11539 (C) (D) (A) (B) Zu Frage 64: Die offenen Themen zwischen der Bundesregierung und der Bundesstadt Bonn sollen im Zusammenhang ge- regelt werden. Die Verhandlungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. Aus dieser Situation entsteht der Stadt Bonn jedoch kein Nachteil, da die in der „Bonn-Vereinba- rung 2000“ geplante Jahresscheibe in Höhe von 70 Milli- onen DM vorab zur Verfügung gestellt wird. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 120. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 27. September 200011540 (C)(A) Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin
Gesamtes Protokol
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412000000
Guten Tag, liebe
Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabi-
nettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes über Teil-
zeitarbeit und befristete Arbeitsverträge und zur
Änderung und zur Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestim-
mungen.

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesmi-
nister für Arbeit und Sozialordnung, Gerd Andres. Bitte
schön.

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1412000100
Frau Präsidentin! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Heute hat die Bundes-
regierung den Gesetzentwurf über Teilzeitarbeit und be-
fristete Arbeitsverträge beschlossen. Wir setzen damit eu-
ropäische Richtlinien um, die auf Vereinbarungen der
europäischen Sozialpartner über Teilzeitarbeit und befris-
tete Arbeitsverträge basieren.

Ein erstes wichtiges Anliegen ist die weitere Förderung
der Teilzeitarbeit. Rund 3 Millionen Menschen wollen
eine Teilzeitbeschäftigung, aber es gibt nicht genügend
Teilzeitarbeitsplätze. Freiwillige Anstrengungen reichen
nicht aus. Die Möglichkeit, durch mehr Teilzeitbeschäfti-
gung das Arbeitsplatzangebot auszuweiten, bleibt unge-
nutzt. Die Benchmarking-Gruppe im Bündnis für Arbeit
hat festgestellt, dass Deutschland im internationalen Ver-
gleich zu wenig auf die Arbeitszeitbedürfnisse der Be-
schäftigten eingeht. Mit unserem Gesetzentwurf folgen
wir guten Beispielen europäischer Nachbarn.

Ein Teilzeitanspruch, wie er nun im Gesetzentwurf for-
muliert ist, kommt dem Wunsch nach Zeitsouveränität
entgegen. Das steigert die Motivation. Ohne motivierte
Mitarbeiter ist Wettbewerbsfähigkeit nicht machbar. Die
ersten Reaktionen in der Öffentlichkeit bestärken uns. Der
Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung ist überwiegend posi-
tiv aufgenommen worden. Selbst der bayerische Minis-

terpräsident hat sich nach einem Bericht im „Spiegel“ in
diese Richtung geäußert. Er hat ebenfalls einen Rechtsan-
spruch auf Teilzeitarbeit in der freien Wirtschaft gefor-
dert.

Eines will ich betonen: Wir vermeiden eine Überforde-
rung der Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer, der seine Ar-
beitszeit verringern will, muss dies dem Arbeitgeber spä-
testens drei Monate vorher mitteilen. Beide sollen in
einem Gespräch einen vernünftigen Interessenausgleich
finden. Wir wollen also, dass sich der Arbeitgeber auf die
neue Situation durch organisatorische oder personelle
Maßnahmen rechtzeitig einstellen kann. Er kann den
Wunsch auf Verringerung der Arbeitszeit ablehnen, wenn
anderenfalls die Organisation, der Arbeitsablauf oder die
Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt würden
oder unverhältnismäßig hohe Kosten entstünden. Wichtig
ist auch: In Kleinbetrieben mit bis zu 15 Beschäftigten be-
steht der Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit nicht. Auszu-
bildende zählen dabei nicht als Beschäftigte.

Mit diesen Regelungen wollen wir eine spürbare Aus-
weitung von Teilzeitarbeit erreichen, ohne das Interesse
der Arbeitgeber an einem reibungslosen Betriebsablauf zu
beeinträchtigen. Wir setzen darauf, dass Arbeitgeber und
Arbeitnehmer freiwillige Vereinbarungen schließen und
sich dabei auf den vorliegenden Gesetzentwurf stützen.
Entsprechend den Vorgaben der EG-Teilzeitrichtlinie soll
unser Gesetz die Akzeptanz für Teilzeitarbeit erhöhen. Es
soll eine Diskriminierung von Teilzeitarbeit verhindern
und den Wechsel von einem Vollzeit- in ein Teilzeitver-
hältnis oder umgekehrt erleichtern. Dadurch werden be-
stehende Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen.
Nicht zuletzt unterstützt diese Teilzeitinitiative auch die
Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeits-
welt.

Auch bei den befristeten Arbeitsverträgen mussten wir
handeln. Ausgangspunkt ist ebenfalls eine EG-Richtlinie,
die auf einer Vereinbarung der europäischen Sozialpartner
beruht. Diese betonen, dass unbefristete Arbeitsverträge
die Regel sein sollen, räumen aber ein, dass befristete Be-
schäftigungen unter bestimmten Bedingungen den Be-
dürfnissen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern eher ent-
sprechen. Notwendig sei ein ausgewogenes Verhältnis

11485


(C)



(D)



(A)



(B)


120. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 27. September 2000

Beginn: 13.00 Uhr

zwischen flexibler Beschäftigung und sozialer Sicherheit
der Arbeitnehmer.

Wir teilen diese Position und sagen ja zur Flexibilität,
aber nein zu Heuern und Feuern. Mit unseren Regelungen
zur Befristung von Arbeitsverträgen erreichen wir dieses
Ziel. Wir schaffen eine zusammenhängende und vor allem
auf Dauer angelegte, verständliche gesetzliche Regelung
über Abschluss, Inhalt und Rechtsfolgen befristeter Ar-
beitsverträge. Das schafft Rechtssicherheit für Arbeitneh-
mer und Arbeitgeber auf diesem wichtigen arbeitsrechtli-
chen Gebiet.

Wie bisher ist die Befristung zulässig, wenn sie sach-
lich gerechtfertigt ist. Im Gesetzentwurf stehen beispiel-
haft Sachgründe, die aus der Rechtsprechung des Bun-
desarbeitsgerichtes entwickelt wurden. Ganz wichtig ist,
dass auch in Zukunft eine Befristung im Anschluss an eine
Ausbildung möglich bleibt. Damit respektieren wir die
Bemühungen jener Arbeitgeber, die über Bedarf ausbil-
den. Befristete Arbeitsverhältnisse können eine Brücke
zur Dauerbeschäftigung sein und den Start ins Berufsle-
ben erleichtern.

Es bleibt möglich, Arbeitsverträge ohne sachlichen
Grund zu befristen. Das erleichtert Unternehmen Neuein-
stellungen bei unsicherer Auftragslage und wechselnden
Marktbedingungen, sonst würden sich Ausweichreaktio-
nen wie Überstunden, Leiharbeit oder Verlagerung von
Tätigkeitsfeldern aus dem Betrieb oder Unternehmen hi-
naus verstärken. Mehr als die Hälfte aller befristeten Ar-
beitsverhältnisse münden in Dauerbeschäftigung. Diese
Brücke brauchen wir weiterhin.

Was wir aber endlich verhindern, sind so genannte Ket-
tenverträge; denn diese bedeuten nichts anderes als einen
Missbrauch der Befristungserleichterung. Nach der der-
zeitigen Regelung können Kettenbefristungen entstehen,
weil befristete Arbeitsverträge mit und ohne Sachgrund
unbegrenzt nacheinander geschlossen werden können.
Dem wollen wir einen Riegel vorschieben: Künftig ist die
Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Sachgrund nur bei
einer Neueinstellung zulässig. Sie ist ausgeschlossen,
wenn mit demselben Arbeitgeber schon ein unbefristeter
oder befristeter Arbeitsvertrag bestanden hat. So werden
weiterhin Neueinstellungen erleichtert, aber jahrelange
Befristungsketten verhindert.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412000200
Gibt es Nach-
fragen? – Bitte schön, Herr Kolb.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1412000300
Herr Staatssekretär, Sie
haben uns vorgetragen, dass die Bundesregierung jetzt
– ich sage, zum Glück – einen Schwellenwert in die ge-
setzliche Regelung aufgenommen hat. Das ist zu be-
grüßen. Der Bundeswirtschaftsminister hat sich mit sei-
nen Bedenken offensichtlich im Kabinett durchgesetzt.
Meine Frage ist: Welche Gründe haben dazu geführt, mit
der Zahl von 15 Beschäftigten jetzt einen weiteren
Schwellenwert in das ohnehin schon mit zahlreichen
Schwellenwerten belegte deutsche Sozial- und Arbeits-
recht einzuführen? Gibt es sachliche Erwägungen, bei be-

fristeten Arbeitsverhältnissen einen anderen Schwellen-
wert vorzusehen als etwa im Kündigungsschutzrecht?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1412000400
Nein, wir haben die
Schwelle von 15 Beschäftigten auch in anderen gesetzli-
chen Vorhaben, wie Sie wissen. Es gab im Anhörungsver-
fahren eine Diskussion um die Frage, ob man Betriebe mit
einer geringen Zahl von Beschäftigten nicht von dieser
Regelung ausnehmen sollte. Wir haben uns dann darauf
verständigt, diese 15er-Regelung einzuführen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412000500
Sie haben eine
weitere Nachfrage? – Bitte.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1412000600
Ich wollte noch einmal
zur sachlichen Erwägung fragen: Wenn der Schwellen-
wert von 15 Beschäftigten jetzt Schule macht, das heißt –
aus welchen Erwägungen auch immer –, der richtige
Schwellenwert zu sein scheint, ist die Bundesregierung
dann bereit, auch im Kündigungsschutzrecht eine Anhe-
bung von derzeit fünf Beschäftigten auf richtigerweise
15 Beschäftigte vorzunehmen?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1412000700
Nein, diese Absicht ha-
ben wir nicht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Schade!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412000800
Eine Nachfrage
des Kollegen Meckelburg.


Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1412000900
Herr Staatsse-
kretär, die Unternehmen haben die Möglichkeit der Ab-
lehnung – ursprünglich hieß es: bei vorliegendem drin-
genden Grund. Sehen Sie nicht die Gefahr, dass diese
Möglichkeit – wie auch immer sie formuliert ist – dazu
führen wird, dass es im Zweifelsfalle zur sehr vielen ge-
richtlichen Verfahren kommt, wenn ein Arbeitnehmer den
Rechtsanspruch hat, aus Teilzeitarbeit einen Dauer-
arbeitsplatz zu machen?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1412001000
Nein, das glauben wir
nicht. Wir setzen beispielsweise wie die Niederlande, die
ein ganz ähnliches Gesetz gemacht haben, darauf, dass
sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer verständigen. Wir ha-
ben eine ganze Reihe von Regelungen eingebaut, die ei-
nerseits verhindern sollen, dass der Arbeitgeber überfor-
dert wird, es aber auf der anderen Seite dem Arbeitnehmer
ermöglichen sollen, diesen Rechtsanspruch notfalls
durchzusetzen. Wir setzen aber darauf, dass weitgehend
Regelungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
zustande kommen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412001100
Zu einer weite-
ren Nachfrage, bitte.




Parl. Staatssekretär Gerd Andres
11486


(C)



(D)



(A)



(B)



Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1412001200
Geringfügig
Beschäftigte sind ja auch Teilzeitarbeitnehmer. Wie wird
das Ganze gehandhabt, wenn nach diesem Gesetzentwurf
der Rechtsanspruch auch für diese Personen gelten soll?
Sehen Sie nicht insbesondere hier die Gefahr vieler ge-
richtlicher Verfahren?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1412001300
Nein, wir haben ja be-
stimmte Kriterien festgesetzt. Der Arbeitnehmer kann
nicht willkürlich irgendeine Arbeitszeit fordern, sondern
nur eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit. Für
geringfügig Beschäftigte gibt es also bestimmte Bedin-
gungen; sie werden davon meiner Meinung nach nicht er-
fasst.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412001400
Jetzt hat der
Kollege Grehn das Wort.


Dr. Klaus Grehn (PDS):
Rede ID: ID1412001500
Herr Staatssekretär, mit dem
Entwurf folgen Sie ja wohl der Aufforderung der Europä-
ischen Union, das Diskriminierungsverbot stärker durch-
zusetzen. Sie sind dem auch nachgekommen. Nur, in § 4
Abs. 2 ist festgelegt, dass es sachliche Gründe geben
kann, die eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern
mit befristeten und unbefristeten Verträgen rechtfertigen.
Ich hätte gerne einmal gewusst: Welche sachlichen
Gründe sind das, oder obliegt es den Arbeitgebern zu ent-
scheiden, wen sie ungleich behandeln?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1412001600
Sie meinen die sachli-
chen Gründe, die in § 4 Abs. 2 aufgeführt sind. Es kann
natürlich auch sachliche Gründe geben, die in der Person
des Arbeitnehmers liegen. Wir haben ja bestimmte Aus-
schlussgründe aufgenommen; sie sind explizit dargelegt.
Diese müssen gewürdigt werden. Dann kann es dazu
kommen, dass dies nicht entsprechend greift.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412001700
Möchten Sie
noch eine Nachfrage stehen?


Dr. Klaus Grehn (PDS):
Rede ID: ID1412001800
Ja. Ich würde gerne fragen,
wie Sie hinsichtlich der Handhabung Rechtssicherheit
herstellen wollen, wenn es eine so allgemeine Aussage zu
den Gründen gibt, die beim Arbeitnehmer liegen? Die Ar-
beitgeber haben damit doch ein Instrument in der Hand,
die gewollte Gleichbehandlung nicht durchzusetzen.

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1412001900
Ich denke, dass wir mit
diesem Gesetz sehr umfassend Rechtssicherheit schaffen.
Ihre Frage geht ja in etwa in die gleiche Richtung wie die
Frage eben, dass man vermutet, dass ganz viele Fälle vor
Arbeitsgerichten landen. Die gesetzliche Konstruktion ist
so gewählt, dass wir sehr darauf setzen, dass es jenseits
der Bedingungen, die in § 4 Abs. 2 genannt sind, zu ver-
nünftigen Regelungen zwischen dem Arbeitgeber und

dem Arbeitnehmer kommt. Ich denke, das wird sich auch
weitgehend durchsetzen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412002000
Jetzt hat der
Kollege Niebel das Fragerecht.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1412002100
Herr Staatssekretär, Sie schrei-
ben in Ihrem Gesetzentwurf, dass die Ausweitung der
Teilzeitarbeit erhebliche beschäftigungspolitische Bedeu-
tung habe. Könnten Sie Ihre Erwartung konkretisieren,
was die Quantität der zu erwartenden beschäftigungspoli-
tischen Bedeutung anbetrifft, die Sie sich von dem
Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit erhoffen, und sagen,
um welchen Zeitraum es sich handelt?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1412002200
Herr Niebel, es gibt eine
Reihe von Untersuchungen. Die letzte Untersuchung ist
vom IAB durchgeführt worden. Ich denke, dass sie Ihnen
als Abgeordnetem vorliegt. Es wird geschätzt, dass bis zu
1 Million zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse ge-
schaffen werden könnten, wenn es in unserem System
– ich habe ja vorgetragen, dass rund 3 Millionen Arbeit-
nehmer den Wunsch äußern, ihre Arbeitszeit zu reduzie-
ren – zu einer großen Umsetzung eines solchen Anspruchs
kommt.

Über einen Zeitrahmen kann ich Ihnen nichts sagen.
Ich denke, man muss erst einmal schauen, wie die neue
rechtliche Regelung wirkt.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412002300
Bitte, Herr
Niebel.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1412002400
Herr Staatssekretär, selbstver-
ständlich ist mir die Untersuchung des Instituts für Ar-
beitsmarkt- und Berufsforschung bekannt.


(Gerd Andres, Parl. Staatssekretär: Das ist gut!)


– Das sehe ich auch so. – Allerdings beantwortet das nicht
meine Frage. Denn wenn Sie eine solche gesetzliche Ini-
tiative auf den Weg bringen, dann werden Sie sich ja Ge-
danken gemacht haben, wie viel dieses Potenzials Sie
durch diese Initiative tatsächlich werden erreichen kön-
nen. Da würde mich die Vorstellung der Regierung schon
interessieren.


(Konrad Gilges [SPD]: Viel! Die Vorstellung ist: viel!)


Oder gehen Sie davon aus, dass Sie es zu 100 Prozent aus-
schöpfen, dass also jeder, der einen Teilzeitwunsch hegt,
aufgrund dieses Gesetzes dann auch tatsächlich eine Teil-
zeitbeschäftigung bekommen wird?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1412002500
Nein, das wird schon
deshalb nicht funktionieren, weil der Wunsch nicht immer
zu realisieren ist. Das hängt mit dem zusammen, was ich
schon den vorherigen Fragestellern gesagt habe.






(C)



(D)



(A)



(B)


Aber vielleicht darf ich einen Vergleich ziehen: Wir ha-
ben in der Bundesrepublik Deutschland eine Teilzeitquote
von 19,5 Prozent. In den Niederlanden beträgt sie gegen-
wärtig 39 Prozent. – Wenn es so ist, dass es bei den Be-
schäftigten doch erhebliche Wünsche gibt, ihre Arbeits-
zeit flexibler zu gestalten und zu reduzieren, und es in
anderen, vergleichbaren Ländern eine deutlich höhere
Teilzeitquote gibt, die auch entsprechend rechtlich unter-
legt ist, dann wird unser Gesetz doch sicherlich dazu
führen, dass die Teilzeitquote in unserem Lande steigt.
Und wenn sie steigt, gibt es auch zusätzliche Beschäfti-
gungsmöglichkeiten.

Was das IAB und andere Institute dazu sagen, habe ich
angeführt. Ich nehme an, Sie haben das vorher schon
nachgelesen und es ist Ihnen somit bekannt. Es wäre si-
cherlich Spekulation, zu sagen, in welcher Frist man das
umsetzen kann. Man wird die Entwicklung abwarten
müssen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412002600
Jetzt hat die
Kollegin Baumeister das Wort.


Brigitte Baumeister (CDU):
Rede ID: ID1412002700
Herr Staatssekre-
tär, sind Sie mit mir darin einig, dass sich sowohl im Be-
reich der Teilzeitarbeit als auch bei befristeten Arbeits-
verhältnissen für Kleinbetriebe eine relative Verschärfung
ergibt, die Sie mit einer Kleinstbetriebsklausel abmildern
könnten? Wären Sie bereit, sich das Problem mit den be-
fristeten Arbeitsverhältnissen noch einmal genauer an-
zusehen? Die Regelung stellt doch gerade für Kleinbe-
triebe – wir hatten gestern eine Diskussion mit den
Gewerkschaften – ein relativ großes Hemmnis dar. Befris-
tete Arbeitsverhältnisse sind zum Ausgleich von Schwan-
kungen für sie notwendig.

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1412002800
Nein, ich teile Ihre Ein-
schätzung überhaupt nicht. Kleinbetriebe sind schon von
daher nicht betroffen, weil wir im Geltungsbereich des
Gesetzes ausdrücklich Betriebe mit weniger als 15 Be-
schäftigten – dazu kommen noch die Auszubildenden –
ausgenommen haben. Im Übrigen müssen Sie wissen,
dass bei Betrieben bis zu fünf Beschäftigten das Kündi-
gungsschutzgesetz sowieso nicht greift. Die Beurteilung,
Kleinbetriebe würden besonders benachteiligt, kann ich
nicht teilen.


(Brigitte Baumeister [CDU/CSU]: Dann könnte hier aber der sachliche Grund entfallen!)


– Wenn Sie es von der Rechtssystematik her sehen, wurde
das Gesetz so gefasst, dass jede Befristung eines sachli-
chen Grundes bedarf. Wir schaffen dann sozusagen Zu-
satzregelungen für Neueinstellungen; da soll eine Befris-
tung ohne sachlichen Grund bis zu zwei Jahren mit
dreimaliger Verlängerung möglich sein. Insofern ist dies
eine gute Regelung. Der sachliche Grund für den Betrieb
muss nicht entfallen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412002900
Ich sehe, dass es
keine weiteren Fragen zu diesem Thema mehr gibt. Gibt
es andere Fragen an die Bundesregierung? – Herr
Koppelin, wollen Sie zu diesem Thema oder zu einem
anderen Thema fragen?


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1412003000
Zu einem anderen Thema.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412003100
Herr Koppelin,
bitte.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1412003200
Ich hätte gerne von der
Bundesregierung gewusst, ob man sich heute im Kabinett
mit dem Verstoß gegen die Bundeshaushaltsordnung
beschäftigt hat. Der Bundeshaushalt liegt jetzt dem Parla-
ment zur Beratung vor. Zum Einzelplan 14 sieht die Si-
tuation so aus, dass den entsprechenden Berichterstattern
sowie dem Haushaltsausschuss die notwendigen Fakten
und Unterlagen zur Beratung bisher nicht zur Verfügung
gestellt wurden. Das Finanzministerium hat dem Haus-
haltsausschuss nichts zugeleitet, sodass wir nicht erken-
nen können, was die Bundeswehr tatsächlich beschaffen
will. Das ist ein eindeutiger Verstoß gegen die Bundes-
haushaltsordnung.

Darf ich fragen, ob sich das Kabinett mit diesem Ver-
stoß gegen die Bundeshaushaltsordnung beschäftigt hat?


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412003300
Wenn ich es
richtig sehe, sind wir jetzt schon beim Bereich der sonsti-
gen Fragen, also nicht bei Themen, die im Kabinett be-
handelt worden sind. Wer möchte vonseiten der Bundes-
regierung antworten? – Herr Staatsminister Bury, bitte.

H
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1412003400
Herr Kollege Koppelin, dieses Thema hat heute im
Kabinett keine Rolle gespielt.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412003500
Herr Koppelin,
bitte.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1412003600
Herr Staatsminister, darf
ich Sie dann fragen, wie Sie diesen Verstoß gegen die
Bundeshaushaltsordnung beurteilen? Der Haushalt liegt
nun beim Parlament und nicht mehr bei der Regierung
und damit sind nach der Bundeshaushaltsordnung sämtli-
che Unterlagen zur Beratung zur Verfügung zu stellen.
Das Finanzministerium ist bis heute nicht in der Lage, die
Unterlagen zum Verteidigungshaushalt zur Verfügung zu
stellen. Das heißt, Sie müssen damit rechnen, dass meine
Fraktion gegebenenfalls verlangen wird, die Beratungen
für den Verteidigungsetat um eine Woche zu verschieben,
was letztendlich Auswirkungen auf die Haushaltsberatun-
gen insgesamt haben würde. Sie können unsere Arbeit
nicht in dieser Weise blockieren. Nicht Sie haben den
Haushalt, sondern das Parlament hat ihn.




Parl. Staatssekretär Gerd Andres
11488


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412003700
Wenn ich es
richtig sehe, möchte jetzt Herr Staatssekretär Kolbow ant-
worten.

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412003800
Herr Kollege Koppelin, die An-
gelegenheit hat heute auch im Verteidigungsausschuss
eine Rolle gespielt. In dieser Sitzung war der Herr Bun-
desminister der Verteidigung anwesend und hat auf Fra-
gen von Abgeordneten erklärt, dass zu den Beratungen im
Haushaltsausschuss und im Verteidigungsausschuss die
Unterlagen zur Verfügung stehen werden.


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Das ist ein Verstoß! Das geht doch überhaupt nicht!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412003900
Jetzt gebe ich
der Frau Kollegin Hasselfeldt das Wort.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1412004000
Die Bundesregie-
rung hat heute auch Entscheidungen im Zusammenhang
mit der Ökosteuer, nämlich eine Umwandlung der Kilo-
meterpauschale in eine Entfernungspauschale sowie ei-
nen Heizölkostenzuschuss, getroffen. Damit ist eine Min-
dereinnahme für die Länder verbunden. Wie hoch ist diese
Mindereinnahme und wie gedenkt die Bundesregierung
diese Mindereinnahme für die Länder und auch für die
Kommunen zu kompensieren, insbesondere vor dem Hin-
tergrund, dass die Einnahmen aus der Ökosteuer, die in
diesem Zusammenhang anfallen, ausschließlich dem
Bund zustehen?


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412004100
Bitte schön,
Frau Staatssekretärin Hendricks.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1412004200
Die Bundesregierung ge-
denkt nicht, diese Mindereinnahmen der Länder und der
Kommunen zu kompensieren. Bei der Entfernungspau-
schale handelt es sich um eine Verteilung nach dem Ein-
kommensteuerrecht. In der Finanzverfassung ist geregelt,
dass sowohl bei Mehr- als auch bei Mindereinnahmen
Bund und Länder mit jeweils 42,5 Prozent und die Kom-
munen mit 15 Prozent beteiligt sind. Das gilt im Guten
wie im Bösen; da können wir die Finanzverfassung nicht
außer Kraft setzen.

Beim einmaligen Heizölkostenzuschuss handelt es
sich um einen Zuschuss im Rahmen des Wohngeldgeset-
zes und des Bundesausbildungsförderungsgesetzes. Aus-
gaben im Zusammenhang mit diesen Gesetzen sind von
Bund und Ländern hälftig zu finanzieren. Das wird si-
cherlich auch so geschehen. Wie Sie wissen, spielt die
Ökosteuer dort überhaupt keine Rolle. Im Wesentlichen
geht es auch nicht um eine Kompensation einer Ökosteu-
erstufe, sondern um die Begegnung der weltweiten Öl-
preiskrise. Dies ist eine gesamtstaatliche Aufgabe.


(Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dirk Niebel [F.D.P.]: Das ist eine Aufgabe der Länder und Kommunen?)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412004300
Gibt es noch
eine weitere Frage an die Bundesregierung? – Das ist
nicht der Fall. Dann beende ich diese Befragung.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 2:
Fragestunde
– Drucksache 14/4122 –

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung auf. Zur Beantwortung der
Fragen ist Herr Kollege Catenhusen bereit.

Ich rufe die Frage 1 der Abgeordneten Maritta Böttcher
auf:

Welchen Stellenwert hat für die Bundesregierung gegenwärtigdie in der Koalitionsvereinbarung verankerte Zielsetzung einerAbsicherung der verfassten Studierendenschaft durch eine Weiter-entwicklung des Hochschulrahmengesetzes, insbesondere vordem Hintergrund der Überlegungen in Niedersachsen, die verfass-te Studierendenschaft im Landeshochschulgesetz abzuschaffen?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1412004400
Frau
Kollegin Böttcher, auf Ihre Frage 1, welchen Stellenwert
für die Bundesregierung die Zielsetzung einer Absiche-
rung der verfassten Studierendenschaft im Hinblick auf
angebliche Überlegungen in Niedersachsen hat, antworte
ich Ihnen wie folgt: Wie in der Koalitionsvereinbarung
angekündigt, wird die Bundesregierung das Hochschul-
rahmengesetz in Abstimmung mit den Ländern fortent-
wickeln. Ab Oktober wird eine vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung eingesetzte Bund-Länder-
Arbeitsgruppe auf Ministerebene die Beratungen über
notwendige Änderungen des Hochschulrahmengesetzes
aufnehmen. Dabei wird auch die Frage der Absicherung
der verfassten Studentenschaft einbezogen werden.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412004500
Bitte, Ihre Zu-
satzfrage.


Maritta Böttcher (PDS):
Rede ID: ID1412004600
Sie haben gesagt, das werde
ab Oktober beginnen. Können Sie etwas näher sagen,
wann wir mit einer HRG-Novelle zu rechnen haben? Ist
eventuell angedacht, das im Zusammenhang mit der Re-
form des Dienstrechtes zu tun?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1412004700
Das ist
eine der Möglichkeiten. Diese Arbeitsgruppe wird noch in
diesem Jahr ihre Beratungen abschließen. Dann wird die
Bundesregierung auch diese Frage entscheiden. Sie kön-
nen davon ausgehen, dass wir uns nach dem bisherigen
Beratungsstand bemühen werden, bis etwa Ostern einen
Gesetzentwurf zu erstellen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412004800
Ich rufe nun die
Frage 2 der Abgeordneten Böttcher auf:

Sieht die Bundesregierung angesichts der anerkannten Not-wendigkeit des Engagements auch von Hochschulen und For-schungseinrichtungen gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassis-mus und Rechtsextremismus den Bedarf einer Erweiterung derAufgaben der verfassten Studierendenschaft nach dem Hoch-schulrahmengesetz?






(C)



(D)



(A)



(B)


W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1412004900
Frau
Böttcher, Ihre Frage nach dem Bedarf einer Erweiterung
der Aufgaben der verfassten Studierendenschaft nach dem
Hochschulrahmengesetz beantworte ich wie folgt: Die
verfasste Studentenschaft ist eine Körperschaft öffentli-
chen Rechts und insoweit ein Zwangszusammenschluss
von Studierenden. Nach § 41 des Hochschulrahmengeset-
zes umfasst die landesrechtlich zu regelnde Aufgaben-
stellung der verfassten Studentenschaften die Wahrneh-
mung der hochschulpolitischen, sozialen und kulturellen
Belange der Studierenden, die Pflege der überregionalen
und internationalen Studentenbeziehungen sowie die
Wahrnehmung studentischer Belange in Bezug auf sämt-
liche Aufgaben der Hochschulen nach dem Hochschul-
rahmengesetz.

Deshalb hat beispielsweise das Land Nordrhein-West-
falen in Ausfüllung der Handlungsspielräume des Hoch-
schulrahmengesetzes in seinem Universitätsgesetz als
Aufgaben der verfassten Studentenschaft festgelegt, dass
sie unter anderem an der Erfüllung der Aufgaben der
Hochschulen insbesondere durch Stellungnahmen zu
hochschul- oder wissenschaftspolitischen Fragen mitzu-
wirken hat und auf der Grundlage der verfassungsmäßi-
gen Ordnung die politische Bildung, das staatsbürgerliche
Verantwortungsbewusstsein und die Bereitschaft zur akti-
ven Toleranz ihrer Mitglieder fördern soll. Die Studieren-
denschaft und ihre Organe können in Nordrhein-West-
falen für die genannten Aufgaben Medien aller Art nutzen
und in diesen Medien auch die Diskussion und Veröffent-
lichung zu allgemein gesellschaftspolitischen Fragen er-
möglichen.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass mit diesem
Gesetz der Handlungsspielraum des § 41 Hochschulrah-
mengesetz auf beispielhafte Weise präzisiert ist. Für uns
ist das Engagement der verfassten Studentenschaft gegen
Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Rechtsextremis-
mus durch den Spielraum des § 41 Hochschulrahmen-
gesetz abgedeckt.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412005000
Haben Sie noch
eine Zusatzfrage?


Maritta Böttcher (PDS):
Rede ID: ID1412005100
Ja, ich habe noch eine
Frage. – Was Sie gesagt haben, ist mir bekannt. Ich
möchte erweitert die Frage stellen: Wie steht die Bundes-
regierung rechtspolitisch zu dem Sachverhalt, dass bei
behaupteten Kompetenzüberschreitungen von Studieren-
denschaftsorganen durch Wahrnehmung des allgemein-
politischen Mandats eine Art Popularklage erhoben wer-
den kann, die dem Verwaltungsrecht im Übrigen fremd
ist?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1412005200
Wir ha-
ben das Problem, dass zu unserem großen Bedauern seit
einigen Jahren die Frage der Auslegung des Handlungs-
spielraums des § 41 Hochschulrahmengesetz Gegenstand
von Klagen geworden ist, was zu einer sehr einschnei-

denden Bedrohung der Situation engagierter Funkti-
onsträger der verfassten Studentenschaft geführt hat.

Wir sehen auf der anderen Seite das Problem, dass wir
durch den Charakter des Hochschulrahmengesetzes als
Rahmengesetz des Bundes über Bestimmungen des Rah-
mengesetzes nicht die notwendige Präzision erreichen
können, die wir eigentlich für die Rechtssicherheit auf
diesem Gebiet gerade im Interesse der engagierten Stu-
denten und Studentenschaftsvertreter dringend bräuchten.

Trotz Ihres Hinweises sehen wir große Schwierigkei-
ten, jetzt über eine Novellierung des Hochschulrahmen-
gesetzes diese notwendigen Klarheiten zu schaffen. Wir
vertreten die Auffassung, dass auch andere Bundesländer
– etwa nach dem Beispiel von Nordrhein-Westfalen –
dort, wo solche Rechtsfälle anhängig werden, die not-
wendigen Präzisierungen über die eigenen Landeshoch-
schulgesetze vornehmen sollten. Das ist möglich und
kann auch zur Sicherheit des Umgangs mit dieser schwie-
rigen Materie auf allen Seiten beitragen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412005300
Weitere Zusatz-
fragen liegen nicht vor. Ich danke Ihnen, Herr Staatsse-
kretär.

Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Technologie. Die Fragen
wird der Parlamentarische Staatssekretär Mosdorf beant-
worten.

Ich rufe die Frage 5 des Abgeordneten Koppelin auf:
Teilt die Bundesregierung die Meinung des Bundesministersder Verteidigung, Rudolf Scharping, dass die Genehmigung fürden Export einer Munitionsfabrik für die Türkei nur hätte abge-lehnt werden können, wenn gleichzeitig ein erheblicher Vertrau-ensschaden „in Kauf genommen worden wäre“ („Spiegel“ vom4. September 2000)?

S
Siegmar Mosdorf (SPD):
Rede ID: ID1412005400
Frau Präsiden-
tin, Herr Koppelin, ich würde ganz gern die Fragen 5
und 6 zusammenhängend beantworten.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412005500
Dann rufe ich
außerdem die Frage 6 des Abgeordneten Koppelin auf:

Teilt die Bundesregierung die Meinung des Bundesministersder Verteidigung, Rudolf Scharping, dass die Genehmigung fürden Export einer Munitionsfabrik für die Türkei erteilt werdenmusste, da „die Türkei NATO-Partner ist und schon wegen ihrergeografischen Lage von enormer strategischer Bedeutung ist“(„Spiegel“ vom 4. September 2000)?

S
Siegmar Mosdorf (SPD):
Rede ID: ID1412005600
Die Bundes-
regierung hat vor Erteilung der Ausfuhrgenehmigung
durch das Bundesausfuhramt den Fall sorgfältig geprüft
und die Ausfuhr gebilligt. Dabei wurden die Einzelas-
pekte des Falls untersucht. Hierbei spielten auch bündnis-
politische Aspekte und vorangegangene positive Be-
scheide auf Voranfragen eine Rolle.

Im Übrigen kommentiert die Bundesregierung nicht
die Äußerungen von Bundesministern in Zeitungsinter-
views.






(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1412005700
Herr Staatssekretär darf
ich Sie zu Ihrer letzten Bemerkung fragen, ob es eine neue
Entscheidung der Bundesregierung ist, dass sie Äußerun-
gen von Bundesministern nicht mehr kommentiert?

S
Siegmar Mosdorf (SPD):
Rede ID: ID1412005800
Ich glaube, es
gibt kein Amt der Bundesregierung, das regelmäßig die
Äußerungen und Interviews von Bundesministern kom-
mentiert. Davon ist mir nichts bekannt.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1412005900
Ich bin gern bereit, Ihnen
da behilflich zu sein, und nenne zum Beispiel den Staats-
sekretär im Bundespresseamt.

S
Siegmar Mosdorf (SPD):
Rede ID: ID1412006000
Der kommen-
tiert keine Interviewäußerungen vom Verteidigungsmi-
nister oder von anderen Ministern.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1412006100
Kommen wir zu den Fra-
gen!


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412006200
Zwei haben Sie
schon verbraucht.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1412006300
Das weiß ich. Ich weiß
auch, dass von dieser Regierung kaum Antworten zu be-
kommen sind. Wir versuchen es trotzdem.

Herr Staatssekretär, können Sie mir einmal den Unter-
schied erklären zwischen einer Munitionsfabrik und der
Lieferung von Panzern? Sie lehnen ja die Lieferung von
Panzern ab, weil man befürchtet, dass sie gegen Kurden
eingesetzt werden. In Bezug auf Munition haben Sie diese
Befürchtung nicht?

S
Siegmar Mosdorf (SPD):
Rede ID: ID1412006400
Ich kann die
Frage nicht nachvollziehen, weil wir keinen Antrag für
eine Panzerlieferung vorliegen haben.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1412006500
Da es um Vertrauens-
schutz geht, darf ich Sie weiter fragen: Behaupten Sie,
dass eine Zusage bereits durch die alte Bundesregierung,
also vor dem Regierungswechsel, erfolgt ist? Das würde
bedeuten, dass solche Anträge über drei Jahre bearbeitet
werden müssen, bis darüber entschieden wird. Oder ist
meine Information richtig, dass diese Regierung die An-
frage bekommen und darüber entschieden hat? Wie beur-
teilen Sie in diesem Zusammenhang die Äußerungen Ih-
res grünen Koalitionspartners?

S
Siegmar Mosdorf (SPD):
Rede ID: ID1412006600
Verehrter Herr
Kollege Koppelin, ich darf Sie darauf hinweisen, dass die
Firma Fritz Werner Industrie-Ausrüstungen GmbH
langjährige Geschäftsbeziehungen in die Türkei hat, dass

sie seit langem Munition des älteren NATO-Standards lie-
fert und dass sie jetzt dabei ist, die bestehende Struktur zu
erweitern, um auch Munition des neuen Standards liefern
zu können, dessen Produktion entsprechende Technolo-
gieanlagen erfordert. Die deutsche Firma ist als Führer ei-
nes deutsch-belgisch-französischen Konsortiums aufge-
treten. In der Tat – da haben Sie völlig Recht – gab es alte
Anfragen und viele Voranfragen, die bindend waren. Die
Bundesregierung betrachtet diesen Fall als Altfall.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412006700
Eine Zusatz-
frage des Kollegen Kolb.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1412006800
Herr Staatssekretär, Sie
haben gesagt, es gebe keine aktuelle Notwendigkeit, die
Lieferung einer Munitionsfabrik mit der Lieferung von
Panzern zu vergleichen. Ein Antrag sei nicht gestellt. Ich
frage deshalb nach, ob Sie über einen entsprechenden An-
trag, wenn er gestellt würde, analog entscheiden würden,
das heißt, ob Sie aus bündnispolitischen Gründen die Not-
wendigkeit der Lieferung einer Munitionsfabrik bejahen
würden. Wie gedenken Sie mit einem solchen Antrag um-
zugehen?

S
Siegmar Mosdorf (SPD):
Rede ID: ID1412006900
Herr Kollege
Kolb, wir haben, wie Sie sich sicherlich erinnern werden,
am 19. Januar dieses Jahres Grundsätze verabschiedet, die
eine genaue Prüfung aller Aspekte verlangen. Das wird
auch für neue Anträge gelten. Aber es gibt im Moment
keine Anträge. Sie werden verstehen – das haben Sie,
glaube ich, nicht anders gehandhabt –, dass ich mich hier
zu noch nicht gestellten Anträgen nicht hypothetisch
äußern möchte.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412007000
Eine Zusatz-
frage des Kollegen Niebel.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1412007100
Herr Staatssekretär, Sie haben
eben zum Ausdruck gebracht, dass die Bundesregierung
in diesem Fall von einem Altfall ausgeht. Können Sie mir
erklären, weshalb die Bundesregierung drei Jahre bzw.
zumindest mehr als zwei Jahre benötigt hat, um über die
Lieferung der Munitionsfabrik zu entscheiden, wenn Sie
tatsächlich von einer rechtlichen Verpflichtung zur Liefe-
rung ausgegangen sind? Welche verwaltungstechnischen
Probleme haben dafür gesorgt, dass dieser Entschei-
dungsprozess nicht schneller abgeschlossen werden
konnte?

S
Siegmar Mosdorf (SPD):
Rede ID: ID1412007200
Herr Kollege
Niebel, ich habe nicht gesagt, dass es drei Jahre gedauert
hat. Das hat Ihr Kollege Koppelin behauptet.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Sie haben doch von drei Jahren geredet!)







(C)



(D)



(A)



(B)


– Nein, Sie haben von drei Jahren geredet. Es wäre natür-
lich besser für das Land, wenn wir schon drei Jahre regie-
ren würden. Aber das ist eine andere Sache.


(Zuruf des Abg. Jürgen Koppelin [F.D.P.])

– Herr Koppelin, Sie haben doch nicht einmal einen
LKW-Führerschein.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Ich habe den Zweier!)

– Herr Niebel, das ist vorbildlich: Bundeswehr und Füh-
rerschein Klasse II!

Zurück zu Ihrer Frage, Herr Kollege Niebel: Es wur-
den ganz offensichtlich schon frühzeitig, also schon unter
der alten Bundesregierung – insofern haben Sie mit den
drei Jahren nicht ganz Unrecht –, Voranfragen und An-
träge gestellt, weil sich die Hersteller in einem schwieri-
gen Prozess befanden, nämlich einerseits der Erweiterung
einer bestehenden Fabrik und andererseits der Bildung ei-
nes deutsch-belgisch-französischen Konsortiums. Uns
lag der entsprechende Antrag erst in diesem Frühjahr vor.
Über diesen ist dann sehr rasch entschieden worden.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Dann haben Sie den Antrag gekriegt?)


– Das ist doch nichts Neues. Rechtsbindungen bestanden
schon vorher. Das war die Antwort auf die Frage von
Herrn Koppelin.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412007300
Es gibt keine
weiteren Zusatzfragen zu den Fragen 5 und 6. Der Voll-
ständigkeit halber sage ich, dass die Fragen 3 und 4
schriftlich beantwortet werden.

Wir kommen jetzt zu Frage 7 des Abgeordneten
Hartmut Koschyk. – Er ist nicht anwesend. Es wird ver-
fahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen.

Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Arbeit und Sozialordnung. Zur Beant-
wortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin
Ulrike Mascher zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 8 des Abgeordneten Dirk Niebel auf:
Ist die Bundesregierung der Meinung, dass die Bearbeitungs-frist für die Erteilung von Arbeits- und Aufenthaltsgeneh-migungen, die für ausländische Computerexperten per Verord-nung innerhalb einer Woche abgewickelt werden – die sogenannte Green Card –, auch für ausländische Arbeitskräfte, diein Deutschland an Projekten beteiligt sind und den Regelungender Anwerbestoppausnahmeverordnung unterliegen, ebenfalls aufeine Woche verkürzt werden könnte, und, wenn nein, warumnicht?

Bitte, Frau Parlamentarische Staatssekretärin
Mascher.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412007400
Herr Abgeordne-
ter Niebel, die Bundesregierung beabsichtigt gegenwärtig
nicht, die in § 7 Abs. 1 der Verordnung über die
Arbeitsgenehmigung für hoch qualifizierte ausländische
Fachkräfte der Informations- und Telekommunikations-
technologie getroffene Regelung, nach der die Arbeits-
ämter innerhalb einer Woche über die Erteilung der Ar-
beitserlaubnis für ausländische IT-Fachkräfte bzw. deren

Zusicherung entscheiden sollen, auf andere Ausnahmen
vom Anwerbestopp zu übertragen.

Ziel der besonderen Regelung für Computerexperten
ist es, die Unternehmen durch ein beschleunigtes Verfah-
ren für die Erteilung der Arbeitserlaubnis im internationa-
len Wettbewerb um die besten IT-Fachkräfte zu unterstüt-
zen. Eine Verkürzung des Bearbeitungsverfahrens ist in
diesen Fällen deshalb möglich, weil es sich um einen klar
und einfach definierten sowie – im Gegensatz zu den Fäl-
len der Anwerbestoppausnahmeverordnung – von vorn-
herein auch zahlenmäßig begrenzten Personenkreis han-
delt. Dagegen wurden von den Arbeitsämtern im Rahmen
der Ausnahmen vom Anwerbestopp allein im vergange-
nen Jahr über 300 000 Arbeitserlaubnisse erteilt.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412007500
Eine Zusatz-
frage des Kollegen Niebel, bitte.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1412007600
Frau Staatssekretärin, die
Anwerbestoppausnahmeverordnung regelt Ausnahmen
vom generellen Anwerbestopp. Diese Ausnahmen sind
selbstverständlich in der selbigen Verordnung klar umris-
sen und genau geregelt, weil sie sonst nicht handhabbar
wären. Was spricht dagegen, dass diese Kräfte, für die ex-
tra eine Ausnahme geschaffen worden ist, in der deut-
schen Wirtschaft ebenso dringend gesucht werden wie
Fachkräfte in der IT-Branche?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412007700
Bei der
IT-Branche ist eine zahlenmäßige Abgrenzung möglich,
die Sie bei den anderen – ohne Zweifel klar definierten –
Ausnahmen der Anwerbestoppausnahmeverordnung so
nicht vornehmen können.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412007800
Eine weitere Zu-
satzfrage des Kollegen Niebel.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1412007900
Frau Staatssekretärin, es ist lo-
benswert, dass im Rahmen der so genannten Green Card
die Arbeitsverwaltung offenkundig in der Lage ist, inner-
halb einer Woche zumindest über die Zusicherung der Ar-
beitserlaubnis zu entscheiden. Aus welchem Grund ist es
so viel schwieriger, über einen Arbeitserlaubnisantrag bei
Ausländern, die sich bereits im Inland befinden, zu ent-
scheiden, wenn – das wissen wir doch alle – eine Min-
destprüffrist von vier Wochen vorgeschrieben ist?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412008000
Herr Niebel, auch
Sie wissen, dass die Prüffrist festgelegt wurde, weil es
sich um eine Arbeitsmarktprüfung handelt. Angesichts
der noch immer sehr hohen Arbeitslosigkeit – im Moment
geht sie glücklicherweise zurück – halte ich es im Rahmen
einer verantwortlichen Politik für notwendig, dass wir un-
tersuchen, ob auch inländische Arbeitssuchende infrage
kommen und wie die Auswirkungen auf inländische Ar-
beitssuchende sind.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Das verfolgt Sie die nächsten zwei Jahre!)





Parl. Staatssekretär Siegmar Mosdorf
11492


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412008100
Ich rufe jetzt die
Frage 9 des Abgeordneten Klaus Hofbauer auf:

Wie viele Arbeitsgenehmigungen sind für tschechische Bür-
gerinnen und Bürger im Rahmen der Grenzgängerregelung in der
ostbayerischen Region – möglichst aufgeteilt nach Arbeitsamts-
bezirken – erteilt worden und welche Erfahrungen liegen im Zu-
sammenhang damit vor?

Bitte, Frau Staatssekretärin.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412008200
Herr Kollege
Hofbauer, im Jahre 1999 wurden für tschechische Bürge-
rinnen und Bürger im Landesarbeitsamtsbezirk Bayern
796 Arbeitsgenehmigungen für die erstmalige Beschäfti-
gung, 4 135 für die Fortsetzung der Beschäftigung und
1 794 für eine erneute Beschäftigung erteilt. Eine Diffe-
renzierung der Zahlen nach Arbeitsamtsbezirken der ost-
bayerischen Region war kurzfristig leider nicht möglich.
Die Arbeitsgenehmigungserteilung erfolgt durch das ört-
lich zuständige Arbeitsamt nach einer Einzelfallprüfung.
Herauszuhebende Erfahrungen mit der Grenzgängerrege-
lung gibt es nicht.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412008300
Möchten Sie
eine Zusatzfrage stellen? – Bitte.


Klaus Hofbauer (CSU):
Rede ID: ID1412008400
Frau Staatssekretärin,
es wundert mich etwas, dass es im Rahmen der Grenz-
gängerregelung keine Erfahrungswerte gibt. Diese Grenz-
gängerregelung gibt es eigentlich schon seit zehn Jahren.
Ich komme aus der Region in unmittelbarer Nähe zur
tschechischen Grenze. Wir haben dort zum Teil sehr posi-
tive Erfahrungen mit der Grenzgängerregelung gemacht.

Im Zuge der Osterweiterung müssen wir uns Gedanken
machen, wie es mit dem Arbeitsmarkt, insbesondere mit
den Übergangsregelungen, weitergeht. Deshalb frage ich
Sie: Wie soll eine Übergangsregelung zur Bekämpfung
des sehr starken Lohngefälles zwischen deutscher und
tschechischer Seite konkret aussehen? Können Sie sich
Instrumente vorstellen, mit denen wir bereits jetzt die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf dem Gebiet
des Arbeitsmarktes verstärken? Wir könnten zum Beispiel
in Teilbereichen, wo deutsche Jugendliche nicht zur Ver-
fügung stehen, tschechische Jugendliche nach unseren
Grundsätzen ausbilden, um in den nächsten Jahren, also
nach der Osterweiterung, Fachkräfte von dort zu bekom-
men.

Ich weiß nicht, mit welcher Strategie, mit welchem
konkreten Konzept die Bundesregierung ans Werk geht.
Ich glaube, es handelt sich um eine für die Menschen in
dieser Grenzregion sehr wichtige Frage. Es handelt sich
aber auch um ein wirtschaftliches Problem, weil Fach-
kräfte auf beiden Seiten der Grenze gefragt sind. Es geht
darum, die Zusammenarbeit vor Ort zu praktizieren.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412008500
Herr Abgeordne-
ter Hofbauer, es gibt ohne Zweifel positive Erfahrungen.
Ich habe Ihnen auch gesagt, dass wir – jedenfalls so kurz-
fristig – keine differenzierten Ergebnisse hinsichtlich der

Arbeitsgenehmigungen mitteilen können. Ich denke aber,
dass wir Ihnen das aufgeschlüsselt geben können, wenn
Sie uns noch ein bisschen Zeit lassen. Wir führen derzeit
die Diskussion über eventuelle Übergangsregelungen für
die Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Das Arbeitsministe-
rium ist der Meinung, dass wir solche Übergangsregelun-
gen brauchen, aber wir befinden uns im Moment noch in
einem Diskussionsprozess darüber, wie diese Übergangs-
regelungen auch unter Berücksichtigung der Interessen
der Beitrittskandidaten – Polen, Tschechien, Ungarn und
der anderen Länder – aussehen können.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412008600
Eine Zusatz-
frage des Kollegen Niebel.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1412008700
Frau Staatssekretärin, Sie haben
eben zum Ausdruck gebracht, dass allein im Rahmen der
tschechischen Grenzgängerregelung insgesamt 6 725 Ar-
beitserlaubnisse erteilt worden sind; das ist die Summe
der von Ihnen genannten Zahlen. Auf meine vorhin ge-
stellte Frage haben Sie festgestellt, dass nach der Anwer-
bestoppausnahmeverordnung über 300 000 Arbeitser-
laubnisse erteilt worden sind. Im Rahmen der so
genannten Green Card wird von bis zu 20 000 Arbeitser-
laubnissen gesprochen. Nun wissen wir, dass es Grenz-
gängerregelungen auch mit anderen Nachbarn der Bun-
desrepublik Deutschland und Fachkräftemangel auch in
anderen Branchen als in der IT-Branche gibt. Aus wel-
chem sachlich nachvollziehbaren Grund sind Sie der An-
sicht, dass es nicht sinnvoller wäre, Arbeitsmigration im
Rahmen einer gesetzlichen Zuwanderungsregelung zu re-
geln, sodass Transparenz und Rechtssicherheit für die
deutsche Wirtschaft und die wandernden Menschen be-
stehen?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412008800
Zum einen zeigen
die Zahlen – sie sind nicht für die Grenzgänger allein aus-
gewiesen, sondern betreffen Genehmigungen des Landes-
arbeitsamtes Bayern –, dass wir durchaus flexibel auf den
Arbeitskräftebedarf reagieren. Darüber hinaus ist ange-
sichts der hohen Arbeitslosigkeit in unserem eigenen
Land immer sorgfältig zu prüfen, wieweit wir Arbeitssu-
chenden in Deutschland durch Qualifizierung und durch
bessere Vermittlungschancen wieder eine Eingliederung
in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Darüber hinaus wissen
wir ja, dass wir mit der Osterweiterung – wie auch immer
die Übergangsregelungen aussehen werden – ein erhebli-
ches Arbeitskräfteangebot aus den Beitrittsstaaten dazu-
bekommen. Ich denke, hier muss man sorgfältig und be-
hutsam vorgehen, um die Arbeitsmarktsituation zum
Beispiel für ältere deutsche Arbeitslose nicht dramatisch
zu verschlechtern.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412008900
Eine Zusatz-
frage des Kollegen Dr. Seifert.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1412009000
Frau Kollegin Staatssekretärin,
ich darf vielleicht zunächst einmal davon ausgehen, dass
Sie nicht nur dem Kollegen Hofbauer die detaillierten






(C)



(D)



(A)



(B)


Zahlen für Bayern, sondern uns allen oder wenigstens mir
auch die Zahlen für Thüringen und Sachsen zukommen
lassen können. Meine Frage lautet aber: In welcher Form
findet denn Zusammenarbeit auf Regierungsebene statt,
um das Lohngefälle und sonstige Gefälle an der Grenze
abzubauen und zwar auf beiden Seiten? Es wäre für uns
sicherlich sehr nützlich, wenn auf der tschechischen Seite
die Löhne steigen würden, damit dieses Gefälle nicht so
groß ist. Ich freue mich, dass gerade heute eine Delega-
tion des Sozial- und Gesundheitsausschusses des tsche-
chischen Parlaments hier bei uns ist. Vielleicht gibt es
ähnliche Kontakte auch auf Regierungsebene, die uns
hierbei etwas voranbringen.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412009100
Herr Seifert, wir
alle gehen nach den Erfahrungen mit den Beitritten der
südeuropäischen Länder davon aus, dass sich durch den
Beitritt zur EU die wirtschaftliche Entwicklung und damit
auch die Lohn- und Gehaltssituation der Menschen in den
Beitrittsländern verbessern wird. Die Erfahrungen haben
das gezeigt. Wir gehen davon aus, dass sich das Lohn- und
Gehaltsgefälle – sicher nicht rasch, aber doch in einem ab-
sehbaren Zeitraum – verbessern wird.

Ich sage Ihnen zu, dass Sie die Zahlen für Thüringen
und Sachsen bekommen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412009200
Damit kommen
wir zur Frage 10 des Abgeordneten Klaus Hofbauer.

Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, im Hinblick auf
die EU-Osterweiterung die geltende Grenzgängerregelung als
Übergangsregelung nach dem Beitritt Tschechiens zur Europä-
ischen Union für einen noch festzulegenden Zeitraum beizube-
halten?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412009300
Herr
Hofbauer, im Rahmen der Osterweiterung hat sich die
Bundesregierung für angemessene Übergangsregelungen
bis zur Herstellung der Arbeitnehmerfreizügigkeit ausge-
sprochen, um wirtschaftliche und soziale Brüche zu ver-
meiden. Darüber haben wir ja gerade geredet. Wie solche
Übergangsregelungen konkret mit den mittel- und osteu-
ropäischen Kandidatenländern auszugestalten sind, ist
derzeit noch nicht Gegenstand der Beratungen auf EU-
Ebene.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412009400
Möchten Sie
eine Zusatzfrage stellen, Herr Kollege Hofbauer?


Klaus Hofbauer (CSU):
Rede ID: ID1412009500
Frau Staatssekretärin,
ich bin angesichts der Tatsache, dass es sich um ein
Thema handelt, das die Menschen brennend interessiert
und das bald akut wird, schon ein bisschen enttäuscht da-
rüber, dass man noch keine Strategie entwickelt und keine
Überlegungen darüber angestellt hat, wie dieses konkret
umgesetzt werden soll. Gibt es einen Zeitplan bzw.
Überlegungen dazu, wann die Bundesregierung hierüber
Gespräche anfangen wird? Bis wann wird man intern eine
Strategie festlegen, wie man das umsetzen kann? Vor al-

len Dingen interessiert mich, wann wir mit der konkreten
Zusammenarbeit beginnen können. Wir sollten nicht war-
ten, bis die Osterweiterung erfolgt, denn dann stehen wir
hilflos da und wissen nicht, wie es weitergeht; das sage ich
jetzt ein bisschen überspitzt.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412009600
Herr
Hofbauer, Sie haben doch gerade selber sehr anschaulich
beschrieben, welche Formen der Zusammenarbeit es
schon gibt und dass wir nicht dastehen und warten, bis der
Beitritt vollzogen ist, sondern dass gerade in den Regio-
nen die Zusammenarbeit immer mehr ausgeweitet wird.
Ich bitte aber angesichts der Sensibilität dieses Themas –
sowohl für die Beitrittsländer als auch für die Bundesre-
publik Deutschland – um Verständnis, dass wir uns mit ir-
gendwelchen Ankündigungen sehr zurückhalten, bevor
wir darüber nicht mit den anderen EU-Partnern eine Ver-
ständigung erreicht haben. Alles andere wäre wirklich
kontraproduktiv.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412009700
Eine Zusatz-
frage des Kollegen Singhammer.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1412009800
Frau Staatsse-
kretärin, trifft es zu, dass es bei der Grenzgängerregelung
eine entsprechende Zielvorgabe der Bundesregierung
gibt, aber nicht bei der so genannten Übergangsregelung?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412009900
Ich kann Ihnen
dazu jetzt nichts sagen. Ich habe darüber keine präzisen
Informationen. Aber wenn Sie möchten, kann ich Ihnen
die Frage gerne schriftlich beantworten.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1412010000
Gerne!


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412010100
Es gibt keine
weiteren Zusatzfragen.

Die Fragen 11 und 12 werden auf Wunsch der Abge-
ordneten Heidi Knake-Werner schriftlich beantwortet.

Das Gleiche gilt für die Fragen 13 und 14.
Wir kommen jetzt zur Frage 15 des Abgeordneten

Dr. Ilja Seifert:
Wie ist nach Ansicht der Bundesregierung ein Bericht im

„Gelben Dienst“ 17/2000 vom September 2000 zu bewerten, dass
die Erarbeitung eines Sozialgesetzbuches IX gestoppt worden sei,
weil der vorliegende Referentenentwurf auf Druck der Fraktion
der SPD zurückgezogen werden musste, und wie beabsichtigt sie,
die Arbeit an diesem Gesetzesvorhaben weiterzuführen?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412010200
Ich möchte gerne
die Fragen 15 und 16 gemeinsam beantworten.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412010300
Ist der Fra-
gesteller damit einverstanden? – Ja. Dann rufe ich auch
die Frage 16 auf:




Dr. Ilja Seifert
11494


(C)



(D)



(A)



(B)


Trifft es außerdem zu, dass die „zuständigen Autoren“ des Re-ferentenentwurfs für ein SGB IX sich geweigert hätten, politischeVorgaben der Koalitionsparteien bei der Erarbeitung einesSGB IX umzusetzen, und wenn ja, welche praktischen Konse-quenzen zieht die Bundesregierung hieraus?
Bitte schön, Frau Staatssekretärin.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412010400
Herr Dr. Seifert,
Sie beziehen sich auf eine Darstellung im „Gelben
Dienst“ über die Erstellung des SGB IX, also der Zusam-
menführung des Rehabilitationsrechtes. Meine Antwort,
Herr Dr. Seifert, lautet: Die von Ihnen zitierte Darstellung
im „Gelben Dienst“ entbehrt zum Glück jeder Grundlage.
Die Erarbeitung eines Neunten Buches des Sozialgesetz-
buches, also des SGB IX, geht zügig voran. Alle Speku-
lationen, die im „Gelben Dienst“ angestellt worden sind,
haben überhaupt keine sachliche Grundlage.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412010500
Bitte, Sie kön-
nen Zusatzfragen stellen.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1412010600
Frau Staatssekretärin, das kann
man ja vielleicht als positive Nachricht auffassen, obwohl
der „Gelbe Dienst“ gewöhnlich durchaus gut informiert
ist. Es lässt sich aber nicht leugnen, sondern es ist viel-
mehr deutlich zu erkennen, dass die Bundesregierung bei
ihrer Prioritätensetzung deutliche Veränderungen vorge-
nommen hat. Ursprünglich hieß es immer: SGB IX, SGB
IX, SGB IX. Jetzt wurde zunächst einmal die Novellie-
rung des Schwerbehindertengesetzes vorgezogen. Zurzeit
ist von einem Gleichstellungsgesetz die Rede. Vom
SGB IX wird momentan eigentlich kaum geredet. Wie
kommt das und wie kann man diese veränderte Schwer-
punktsetzung erklären?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412010700
Es gibt keine ver-
änderte Schwerpunktsetzung. Nach wie vor werden die
Arbeiten am Referentenentwurf für das SGB IX intensiv
vorangetrieben. Aber es ist vielleicht auch für Sie nach-
vollziehbar, dass die Zusammenführung der Regelungen
von – ich glaube, neun – unterschiedlichen Rehabi-
litationsträgern eine Menge Abstimmungsbedarf und sehr
viele Gespräche nach sich zieht und dass das kein ganz
einfaches Unterfangen ist. Aber wir werden den Referen-
tenentwurf bis zum Ende dieses Jahres – das sind noch
drei Monate – fertig stellen.

Wir werden allerdings auch die Arbeiten an einem
Gleichstellungsgesetz mit Nachdruck voranbringen. Dies
müsste an sich auch von Ihnen gewünscht sein.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1412010800
Selbstverständlich bin ich für
das Gleichstellungsgesetz. Das ist gar keine Frage. Ich
hoffe nur, dass es gut ausgestaltet wird.

Zurück zum SGB IX: Wollen Sie bis Ende des Jahres
einen fertigen Referentenentwurf oder einen Kabinettsbe-
schluss haben? Das ist ein kleiner Unterschied. Immerhin
darf ich darauf hinweisen, dass schon mindestens fünf
oder sieben Referentenentwürfe im Umlauf sind. Sie ha-

ben sich immer wieder sehr schnell verändert. Es gab sehr
viel Kritik von den betroffenen Organisationen, sowohl
von den Rehaträgern als auch von den Behindertenorga-
nisationen.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412010900
Herr
Dr. Seifert, was im Umlauf ist und wovon auch Sie
Exemplare haben, sind Arbeitsentwürfe, die intensiv dis-
kutiert worden sind. Es geht hier um sehr komplizierte
und detailreiche Regelungen, die man nicht nur mit Über-
schriften diskutieren kann. Vielmehr braucht man Formu-
lierungen. Wenn ein solcher Arbeitsprozess nicht mehr
möglich ist, wenn er immer mit dem Verdikt versehen
wird, hier werde nachgebessert, dann ist eine vernünftige
Gesetzgebungsarbeit gerade bei einer so komplexen Ma-
terie nicht mehr möglich.

Ich denke, dass es wichtig ist, mit allen Beteiligten
– den Betroffenenverbänden, den Rehabilitationsträgern,
den Anbietern in diesem Bereich – intensive Gespräche
aufgrund konkreter Formulierungen zu führen, die Erfah-
rungen auszuwerten und dann die Formulierungen zu än-
dern und zu ergänzen. Ich empfinde das als einen positi-
ven Prozess. Ich bedaure, wenn das mit negativen
Vorzeichen geschieht.

Ein solcher Prozess dauert. Das geht nicht von heute
auf morgen. Aber Sie können versichert sein, dass die
Bundesregierung nach wie vor einen Schwerpunkt ihrer
Gesetzgebungsarbeit im Bereich der Sozialpolitik im
SGB IX sieht.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1412011000
Frau Staatssekretärin, die breite
Diskussion dieses Prozesses in vielen Gremien und mit
sehr vielen Betroffenen halte ich für positiv. Das ist über-
haupt kein Verdikt. Das will ich ganz ausdrücklich sagen.

Dennoch möchte ich noch einmal nachfragen, wie es
nach gegenwärtigem Stand um die inhaltliche Ausgestal-
tung bestellt ist. Die Eckpunkte, die im vergangenen
Herbst vorgestellt wurden, sind in weiten Kreisen durch-
aus positiv aufgenommen worden. Aber alle darauf fol-
genden – wie Sie jetzt sagen – „Arbeitsentwürfe“ sind
keine Nachbesserungen, sondern eher „Nachschlechte-
rungen“ gewesen. Deswegen würde mich interessieren,
wie verbindlich die Eckpunkte jetzt noch für diejenigen
sind, die an diesen Entwürfen arbeiten. Haben sich da Ver-
änderungen ergeben, die inhaltliche Akzentverschiebun-
gen mit sich bringen?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412011100
Herr
Dr. Seifert, Eckpunkte sind sozusagen Behälter, die aus-
gefüllt, sind Überschriften, die konkretisiert werden müs-
sen. Ich will gar nicht abstreiten, dass sich mit den Eck-
punkten hohe Erwartungen verbunden haben, die jetzt in
der Konkretisierung vielleicht nicht vollständig erfüllt
werden. Aber nach wie vor sind die Eckpunkte die Orien-
tierung für das SGB IX. Sie sind nach wie vor die gültige
Beschlusslage der Koalitionsfraktionen. An ihnen orien-
tiert sich das Arbeitsministerium bei der Erarbeitung




Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

11495


(C)



(D)



(A)



(B)


dieses Gesetzentwurfes. Sie sind nicht außer Kraft gesetzt
oder in die Schublade gelegt worden. Sie sind nach wie
vor das Raster, an dem sich die konkrete Ausgestaltung
des SGB IX orientiert.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1412011200
Sie gehen also davon aus, dass
sich die dann vorliegenden Texte an den Vorgaben der
Eckpunkte messen lassen können. Anders ausgedrückt:
Wenn sie weit hinter diesen Vorstellungen zurückbleiben,
dann wundern Sie sich also nicht über die zu erwartende
Kritik.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412011300
Herr
Dr. Seifert, ich hoffe, dass wir dann, wenn der Gesetzent-
wurf vorliegt, nicht nur eine Diskussion darüber haben
werden, welche Erwartungen vielleicht nicht voll erfüllt
sind, sondern auch darüber, was wir an Positivem in dem
SGB IX erreicht haben. Ich bin davon überzeugt, dass das
Positive, das wir hinsichtlich der Verbesserung der Situa-
tion der Betroffenen erreichen, gegenüber dem weit über-
wiegt, was sich nicht ganz so leicht realisieren lässt.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412011400
Herr Kollege
Kolb.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1412011500
Frau Staatssekretärin,
die Komplexität der Materie des Behindertenrechts ist, so
glaube ich, auch schon zu Beginn der Arbeiten allen Be-
teiligten bekannt gewesen. Nachdem jetzt anderthalb
Jahre Arbeit am Referentenentwurf hinter Ihnen liegen –
nach Ihren Angaben liegen nur noch drei Monate vor Ih-
nen –, müsste doch allmählich ein Umriss des Re-
ferentenentwurfs sichtbar sein. Ich sage das vor dem Hin-
tergrund, dass die SPD in der Opposition immer den
Eindruck vermittelt hatte, sie wisse, auf was es ankomme
und was dann geschehen solle.


(Konrad Gilges [SPD]: Das wissen wir auch in der Regierung!)


Kann es sein, dass sich Ihre hehren Ankündigungen,
die Sie damals gemacht haben, heute nicht mit den Spar-
anforderungen des Finanzministers in Einklang bringen
lassen? Insbesondere frage ich: Wie sieht es mit der Nach-
rangigkeit der Sozialhilfe aus? Dieser Punkt müsste doch
auch wegen der Auswirkung auf die Finanzen allmählich
klargestellt werden: Wird sie beseitigt oder nicht?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412011600
Herr
Dr. Kolb, wir wollen die sehr schmerzhafte Erfahrung der
alten Regierungskoalition vermeiden. Damals hat zwar
ein Referentenentwurf vorgelegen, aber alle Verbände ha-
ben gesagt: Legt diesen Referentenentwurf bitte wieder in
die Schublade! Dieses Gesetz hilft uns nicht weiter.

Wir wollen versuchen, mithilfe intensiver Gespräche
auch mit den örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträ-
gern einen Referentenentwurf und dann einen Gesetzent-
wurf vorzulegen, der den Betroffenen hilft, der die un-

übersichtliche Materie des Behindertenrechts vernünftig
ordnet und der die Zeit zwischen Antragstellung auf Maß-
nahmen zur Rehabilitation und dem Beginn dieser Maß-
nahmen signifikant verkürzt. Es gibt Antragszeiten, die
über ein Jahr hinausgehen. Herr Niebel, es wäre sehr
schön, wenn Sie bei diesem Punkt einmal nachbohren
würden.

Wir werden einen Gesetzentwurf vorlegen, dessen
Umrisse nicht nebelhaft, sondern deutlich sichtbar sind.
Sie haben aber in der Tat einen schwierigen Punkt ange-
sprochen. Wir müssen zu einer vernünftigen Regelung
kommen. Ich denke, wir haben sie jetzt gefunden. Sie
können das alles nachlesen.


(Zuruf des Abg. Dirk Niebel [F.D.P.])

– Herr Niebel, Sie haben es erkannt.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1412011700
Es ist schade, dass Sie
auf diesen Zwischenruf so reagiert haben, Frau Staatsse-
kretärin. Ich wollte nämlich gerne wissen, ob Sie viel-
leicht sozusagen ein bisschen die Decke lupfen und sagen
könnten, in welche Richtung die Regelung geht. Was ist
also mit der Nachrangigkeit?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1412011800
Ich kann Ihnen lei-
der nicht die Freude machen, es als Erster zu erfahren. Sie
werden das im Gesetzentwurf nachlesen können, so wie
es im parlamentarischen Verfahren üblich ist.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412011900
Gibt es zu die-
sem Punkt weitere Zusatzfragen? – Das ist nicht der Fall.
Wir verlassen damit diesen Geschäftsbereich. Ich danke
Ihnen, Frau Staatssekretärin Mascher.

Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums der Verteidigung auf. Die Fragen wird der Parla-
mentarische Staatssekretär Walter Kolbow beantworten.

Ich rufe zunächst die Frage 17 des Abgeordneten
Günther Friedrich Nolting auf:

Sind nach Auffassung der Bundesregierung die Verwen-
dungsoptionen von Gewehrmunition und Kampfpanzern bei
eventuellen Einsätzen der türkischen Armee gegen Kurden gleich
oder teilt sie meine Meinung, dass Kampfpanzer eher für rein mi-
litärische Auseinandersetzungen geeignet sind?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412012000
Frau Präsidentin, wenn Sie ge-
statten, möchte ich die beiden Fragen des Kollegen
Nolting zusammen beantworten, da sie in einem Zusam-
menhang stehen.


(Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Ich stelle dann auch mehrere Fragen!)


– Aber selbstverständlich, Herr Kollege.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412012100
Sie können dann
bis zu vier Zusatzfragen stellen. Ich rufe also noch die
Frage 18 des Abgeordneten Günther Friedrich Nolting
auf:




Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher
11496


(C)



(D)



(A)



(B)


Wie beabsichtigt die Bundesregierung die von ihr möglicher-
weise befürchteten Einsätze von Kampfpanzern der türkischen
Armee gegen Kurden zu verhindern, wenn diese von Drittstaaten
geliefert werden, oder ist sie nicht vielmehr meiner Meinung, dass
ein derartiger Einsatz am ehesten durch eine mit vertraglichen
Auflagen verbundene Lieferung von Leopard 2 zu vermeiden
wäre?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412012200
Zu Ihrer ersten Frage, lieber Kol-
lege Nolting. Handwaffen und Kampfpanzer haben ver-
schiedene Verwendungsmöglichkeiten. Da ihr Einsatz
durch eine Vielzahl von Faktoren – wie beispielsweise
Witterung, Tageszeit und Geländebedeckung – beein-
flusst wird, lässt sich die Frage nicht generell be-
antworten, sondern bedarf der Betrachtung der jeweiligen
Situation.

Zu Ihrer zweiten Frage. Auf die Lieferung von Rüs-
tungsgütern durch Drittstaaten hat die Bundesregierung,
wie Sie wissen, keinen Einfluss.

Ihre eigenen rüstungspolitischen Entscheidungen wer-
den im Bundessicherheitsrat – auch das ist bekannt – auf
der Grundlage der neu gefassten politischen Grundsätze
für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüs-
tungsgütern vom 21. Januar 2000 getroffen. Bei diesen
Entscheidungen würdigt die Bundesregierung die Situa-
tion im Empfängerland, insbesondere die Menschen-
rechtslage. Grundsätzlich stehen der Bundesregierung
rechtliche Instrumente zur Verfügung, um beispielsweise
den Endverbleib im Empfängerland zu sichern. Wie bei
den Fragen 5 und 6 in dieser Fragestunde schon gesagt
worden ist, stellt sich diese Frage im Augenblick nicht, da
kein Antrag der Türkei vorliegt.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1412012300
Herr Staatsse-
kretär, hat denn die Bundesregierung eine Lieferung von
1 000 Kampfpanzern Leo 2 in die Türkei bereits abschlä-
gig beschieden? Sie wissen, dass es eine entsprechende
Aussage des Fraktionsvorsitzenden der SPD gegeben hat.
Sie sind davon wahrscheinlich genauso überrascht wor-
den wie ich.

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412012400
Da ich nicht Mitglied des Bun-
dessicherheitsrates bin,


(Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Aber Herr Struck auch nicht!)


kann ich aus meiner Informationssituation heraus diese
Frage nicht beantworten. Da aber – das ist logisch – kein
Antrag vorliegt, ist auch im Bundessicherheitsrat noch
nicht darüber entschieden worden. Im politischen Raum
gemachte Äußerungen möchte ich als Mitglied der Bun-
desregierung nicht kommentieren.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1412012500
Aber, Herr
Staatssekretär, beabsichtigt denn die Bundesregierung,
das Parlament in der Zukunft mit solchen Fragen zu be-
schäftigen, wenn es um die Genehmigung von Rüstungs-
exporten oder deren Versagung geht, wie es vom grünen
Koalitionspartner gefordert wird?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412012600
Wenn die laut Verfassung der
Exekutive obliegenden Entscheidungen gefällt sind, wird
die Bundesregierung das Parlament selbstverständlich in-
formieren.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1412012700
Das Parlament
wird informiert, aber nicht damit befasst. Habe ich das
richtig verstanden?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412012800
Das richtet sich nach den in un-
serer Verfassung getroffenen Festlegungen bezüglich der
Gewaltenteilung.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1412012900
Das war es.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412013000
Eine Zusatz-
frage des Kollegen Rossmanith.


Kurt J. Rossmanith (CSU):
Rede ID: ID1412013100
Herr Staatssekre-
tär, sind Sie mit mir der Meinung, dass generell die Ex-
portrichtlinien für wehrtechnisches Material und Gerät
europaweit harmonisiert werden müssten? Welche Initia-
tiven ergreift die Bundesregierung, um dem nachzukom-
men?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412013200
Europaweite Harmonisierungen
sind immer gut und auch notwendig. Obwohl ich lieber
mit Ihnen übereinstimme als nicht mit Ihnen überein-
stimme – schon aus persönlichen Gründen, lieber Kollege
Rossmanith –, möchte ich in diesem Zusammenhang
deutlich machen, dass wir aus unserer nationalen Verant-
wortung heraus für Rüstungsexporte der Bundesrepublik
mit gutem Grund die Richtlinien vom 21. Januar gefasst
haben und uns auch danach verhalten.


(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Darf ich eine zweite Frage stellen?)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412013300
Sie können zwei
Zusatzfragen stellen; es waren zwei Fragen.


Kurt J. Rossmanith (CSU):
Rede ID: ID1412013400
Dann möchte ich
diese Möglichkeit wahrnehmen. – Herr Staatssekretär,
sind Sie ebenfalls mit mir der Meinung, dass der NATO-
Partner Türkei über ein halbes Jahrhundert hinweg ein
treuer, verlässlicher Verbündeter war und dass dieser
NATO-Partner deshalb wie die anderen NATO-Partner
behandelt werden sollte, was den Export von Verteidi-
gungs- und Wehrtechnik anbelangt?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412013500
Die Türkei ist ein bewährter stra-
tegischer und sicherheitspolitischer, aber auch politischer
Partner, der jedoch den Ansprüchen, die weltweit an Men-
schenrechte gestellt werden, gerecht werden muss und
deshalb auch unseren Exportbestimmungen, die darauf
sehr viel Wert legen, unterliegt.




Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

11497


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412013600
Als Nächster der
Kollege Singhammer.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1412013700
Herr Staatsse-
kretär, spielt es bei dem Abwägungsprozess der Bundes-
regierung zur Vorbereitung dieser Entscheidung eine
Rolle, dass dann, wenn der Export zustande kommt, mehr
als 6 000 Arbeitsplätze dauerhaft gesichert bzw. neu ge-
schaffen werden, oder ist die Arbeitsplatzfrage für Sie
völlig ohne Belang?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412013800
Solche Abwägungsprozesse, Herr
Kollege Singhammer, sind immer sehr umfassend. Letzt-
lich spielen aber die bestehenden Exportrichtlinien die
entscheidende Rolle.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412013900
Eine Zusatz-
frage des Kollegen Niebel.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1412014000
Herr Staatssekretär, Sie haben
mehrfach ausgeführt, dass eine Anfrage für eine Liefe-
rung von 1 000 Panzern, von der man immer wieder liest
oder hört, bisher nicht vorliegt. Stimmen Sie mir zu, dass
das mit dem Vorlauf zusammenhängen könnte, den ich
mit folgendem Vergleich beschreiben möchte: Das ist ge-
nauso, als wenn ich mir ein Auto kaufen möchte und in ei-
nen Autoladen gehe und mir der Verkäufer sagt: Selbst-
verständlich erhältst du ein Auto zur Probefahrt; aber auch
wenn es dir gefällt, werde ich es dir nicht verkaufen. –
Könnte das der Grund dafür sein, dass noch keine Anfrage
für die Lieferung von 1 000 Panzern bei Ihnen eingegan-
gen ist, obwohl bereits ein Panzer zur Ansicht geliefert
worden ist?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412014100
Herr Kollege Niebel, wenn ein
Antrag in Bezug auf Rüstungsexporte bei uns eingegan-
gen ist, beschäftigt sich die Bundesregierung mit dem je-
weiligen Antrag oder der Anfrage und entscheidet dann in
dem von mir bereits dargestellten Abwägungsprozess auf
der Grundlage der Exportrichtlinien.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1412014200
Herr Staatssekretär, können Sie
mir irgendwie das Gefühl nehmen, dass es nach die-
sen Äußerungen für die Bundesregierung offenkundig
NATO-Partner erster und zweiter Klasse gibt?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412014300
Es gibt keine NATO-Partner ers-
ter und zweiter Klasse. Alle Partner haben sich unseren
Ansprüchen, die wir bezüglich der Menschenrechte ha-
ben, zu stellen. Das gilt auch für jede antragstellende Na-
tion, die von uns Exportgüter beziehen will.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412014400
Es gibt eine Zu-
satzfrage des Kollegen Kolb.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1412014500
Herr Staatssekretär,
nach den rüstungsexportpolitischen Grundsätzen spielen
bündnis- und sicherheitspolitische Interessenlagen eine
herausragende Rolle. Wären Sie bereit, wenigstens zu be-
stätigen, dass der Export von Kampfpanzern zur Siche-
rung und Verteidigung der Südostflanke des NATO-
Bündnisses in erheblichen Maße im bündnispolitischen
Interesse liegt?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412014600
Die Ausrüstung zur Wahrneh-
mung der sicherheitspolitischen Aufgaben im Rahmen
des Bündnisses durch jeden Bündnispartner liegt selbst-
verständlich im sicherheitspolitischen Interesse der
NATO und spielt auch im Rahmen des Abwägungspro-
zesses, der bei jedem Rüstungsexport stattfindet, eine
Rolle.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412014700
Eine Zusatz-
frage des Kollegen Dr. Müller.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1412014800
Herr Staatssekretär, ist
Ihnen bekannt, dass bei dem zukünftigen EU-Mitglied
Türkei – die Bundesregierung unterstützt die Mitglied-
schaft – eine solche Exportdiskriminierung nicht mehr
möglich sein wird?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412014900
Uns sind die Grundlagen des EU-
Vertrages selbstverständlich bekannt. Mir ist aber auch
bekannt, dass die gegenwärtige Opposition, insbesondere
die gegenwärtig stärkste Oppositionspartei, die Türkei
nicht als europäisches Land bezeichnet.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412015000
Es gibt keine
weiteren Zusatzfragen. Ich rufe jetzt die Frage 19 des Ab-
geordneten Werner Siemann auf:

Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung bis-
her erarbeitet, um die strukturellen Überhänge und den damit
einhergehenden Verwendungs- und Beförderungsstau im militäri-
schen Personalkörper zu beseitigen und wie sollen diese Maßnah-
men innerhalb der vom Bundesminister der Verteidigung, Rudolf
Scharping, vorgegebenen Zweijahresfrist umgesetzt werden?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412015100
Herr Kollege Siemann, der Bun-
desregierung ist bekannt, dass der militärische Personal-
körper durch Unwuchten im Altersaufbau gekennzeichnet
ist. Dies behindert seit Jahren strukturgerechte Einstel-
lungen und führt zur Überschreitung von Grenzaltern, zur
Überalterung auf einsatzwichtigen Dienstposten sowie
zum Motivationsverlust Betroffener und ist eine der Ur-
sachen des vorhandenen Beförderungsstaus. Deshalb be-
darf es des von Bundesminister Scharping mehrfach an-
gekündigten Abbaus der strukturellen Personalüberhänge
bei den Berufsoffizieren und Unteroffizieren.

Die Prüfung, wie diese Absicht zugleich effektiv und
sozial verträglich umgesetzt werden kann, ist noch nicht
abgeschlossen. Wie Sie aber aus der heutigen Sitzung des
Verteidigungsausschusses wissen, hat Bundesminister






(C)



(D)



(A)



(B)


Scharping dieser Aufgabe Priorität zuerkannt. Er hat ihre
Lösung in die Überlegungen für den Haushalt 2001 ein-
bezogen.


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1412015200
Herr Staatssekretär,
da Sie sich auf Einzelheiten nicht eingelassen haben,
meine Nachfrage dazu.

Sie kennen doch sicher die Ministervorlage vom 7. Au-
gust 2000 unter dem Titel „Abbau personeller Über-
hänge“ und hierin die Entscheidungen über das weitere
Vorgehen. Können Sie etwas Näheres dazu sagen, unter
welchen Konditionen und in welcher Weise nach dieser
Ministervorlage die Überhänge bei Berufssoldaten und
Soldaten auf Zeit abgebaut werden sollen?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412015300
Herr Kollege, wie der Bundesmi-
nister der Verteidigung heute in Ihrer Anwesenheit im
Verteidigungsausschuss festgestellt hat, gibt es einen be-
stimmten Zeitplan für die Grobplanung und für die Fein-
planung der Strukturreform der Bundeswehr. In diese Pla-
nungen werden auch die von Ihnen angesprochenen
Fragen einbezogen. Dazu wie auch zu anderen Fragen ist
noch keine Ministerentscheidung erfolgt.

Sie werden, wie der Bundesminister der Verteidigung
heute im Verteidigungsausschuss mitgeteilt hat, nach die-
sen Entscheidungen unverzüglich, das heißt zeitnah, in-
formiert.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412015400
Eine Zusatz-
frage des Kollegen Nolting.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1412015500
Herr Staatsse-
kretär, können Sie denn bestätigen, dass es in Ihrem Hause
Überlegungen gibt, Lösungen zu finden, die in solche für
diejenigen Soldaten, die über 50 Jahre alt sind, und in sol-
che für diejenigen, die unter 50 Jahre alt sind, aufgesplit-
tet sind?

W
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1412015600
Herr Kollege Nolting, in diesen
Zeiten, da wir Lösungen für vielfältige Probleme aus dem
Verteidigungsbereich, die wir von der Vorgängerregie-
rung übernommen haben, zu finden haben, gibt es natür-
lich auch vielfältige Überlegungen. Eine davon mag die
von Ihnen angesprochene beim Beförderungs- und Ver-
wendungsstau sein; aber dazu ist noch keinerlei Entschei-
dung getroffen.

Es gibt auch andere Überlegungen hierzu und zu ande-
ren Problembereichen.


(Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Und das nach zwei Jahren!)


– Ja, der Berg ist mächtig, den Sie hinterlassen haben.

(Beifall des Abg. Horst Kubatschka [SPD])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412015700
Weitere Nach-
fragen zu diesem Geschäftsbereich gibt es nicht. Ich
danke Ihnen, Herr Staatssekretär.

Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf. Die
Fragen wird die Parlamentarische Staatssekretärin Frau
Niehuis beantworten. Die Fragen 20 und 21 werden wie
beantragt schriftlich beantwortet.

Wir kommen zur Frage 22 der Abgeordneten Ina
Lenke:

Worin sieht die Bundesregierung die Ursache für den im Ver-gleich mit anderen Ländern geringen Einsatz von Mifegyne beiSchwangerschaftsabbrüchen?

D
Dr. Edith Niehuis (SPD):
Rede ID: ID1412015800

Frau Kollegin Lenke, bei einer Interpretation der Zahl von
Schwangerschaftsabbrüchen, die medikamentös mit dem
Präparat Mifegyne vorgenommen werden, ist zu berück-
sichtigen, dass das Präparat erst seit einem verhältnis-
mäßig kurzen Zeitraum in der Bundesrepublik als Arznei-
mittel zugelassen ist. Zur Erinnerung: Die Zulassung
erfolgte im August 1999. Ende November 1999 wurde der
Sondervertriebsweg eingeführt.

Wie Sie wissen, wird an der Leistungsbewertung der
medikamentösen Abbruchmethode durch die Selbstver-
waltung, die Kassenärztliche Bundesvereinigung, nach-
haltig Kritik geübt, auch seitens der Ärzteschaft. Insofern
ist ein Zusammenhang zwischen der Bewertung dieser
vertragsärztlichen Leistung und dem geringen Einsatz
von Mifegyne zu vermuten.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1412015900
Frau Staatssekretärin, Sie haben
gewiss wie ich auch gehört, dass die Firma den Vertriebs-
weg nach Deutschland einstellen will. Sind Ihnen diese
Überlegungen bekannt und was machen Sie dagegen?

D
Dr. Edith Niehuis (SPD):
Rede ID: ID1412016000

Sie wissen, dass die Bundesregierung in einem markt-
wirtschaftlich geprägten Land keine Firma, kein Privat-
unternehmen, zwingen kann, ein Präparat zu vertreiben.

Was die Firma im Einzelnen bewegt, dieses Präparat
nicht mehr zu vertreiben, kann ich nur vermuten. Ich
denke, dass der tatsächliche Absatz den Erwartungen der
Firma vor Beginn des Vertriebs nicht entsprochen hat.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1412016100
Sie können sich, Frau Staatssekre-
tärin, wahrscheinlich genau wie ich vorstellen, dass Ge-
setze und Verordnungen, die diese Vertriebswege und
auch die Bezahlung der Leistung derer, die solche Ein-
griffe an den Patientinnen vornehmen, regeln, auch Ein-
fluss auf den Verkauf haben oder für ihn ausschlaggebend
sein könnten; denn es ist doch – wenn ich das zu meiner
Frage noch bemerken darf – recht seltsam, dass nur
4,5 Prozent der Schwangerschaftsabbrüche in der Bun-
desrepublik Deutschland medikamentös vorgenommen
werden, während dieser Anteil in unseren Nachbarländern
höher ist.




Parl. StaatssekretärWalter Kolbow

11499


(C)



(D)



(A)



(B)


D
Dr. Edith Niehuis (SPD):
Rede ID: ID1412016200

Vielleicht darf ich Sie korrigieren. Die Zahl liegt nicht bei
etwa 4 Prozent, sondern der Anteil der medikamentösen
Abbrüche beträgt nur 2 Prozent und ist damit noch gerin-
ger als Sie vermutet haben. In Frankreich liegt die Quote
bei ungefähr 30 Prozent.

Nun entnehme ich Ihrer Frage, dass Sie unterstellen,
die Gesetze könnten für den Vertrieb zu kompliziert sein.
Dies meine ich nicht. Wir haben, als wir die Verfügbarkeit
dieser medikamentösen Abbruchmethode damals in Er-
wägung gezogen haben, ganz bewusst gewollt, dass es ein
sehr kontrollierter Abgabeweg ist. Das soll auch so blei-
ben.

Zweitens meinen Sie, dass man eventuell gesetzgebe-
risch etwas an der Bewertung der vertragsärztlichen Leis-
tung machen könnte. Dies ist nicht so, weil die Bewertung
der vertragsärztlichen Leistung der Selbstverwaltung
durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung obliegt und
insofern nicht der staatlichen Einflussnahme unterliegt.
Deshalb glaube ich nicht, dass wir hier eingreifen dürfen.
Allenfalls wäre dies über die Ausübung der Aufsichts-
pflicht möglich; aber dann müssen die Vorgänge schon
dermaßen gravierend sein, dass man dieses Instrument
einsetzen darf.

Ich denke, dass wir so weitermachen sollten, wie wir es
im Moment tun. Das Bundesministerium für Gesundheit
wie auch unser Ministerium ist im ständigen Gespräch mit
dem Bewertungsausschuss. Wir hoffen, dass die Argu-
mente für eine höhere Bewertung der vertragsärztlichen
Leistungen bei der Selbstverwaltung irgendwann einmal
auf fruchtbaren Boden fallen werden.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412016300
Ich rufe die
Frage 23 der Abgeordneten Lenke auf:

Welche Erfahrungen hat die Bundesregierung mit dem vomBundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ge-förderten Projekt „Begleitende Maßnahmen zur Einführung desmedikamentösen Schwangerschaftsabbruchs“ gemacht und wel-che weiteren Maßnahmen sind zur Erhöhung der Akzeptanz fürden Einsatz von Mifegyne geplant?

D
Dr. Edith Niehuis (SPD):
Rede ID: ID1412016400

Das vom Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend beim Bundesverband Pro Familia ge-
förderte Projekt wird Ende 2000 abgeschlossen sein. Die
endgültige Fassung der Projektdokumentation liegt ge-
genwärtig noch nicht vor. Nach den bisherigen Er-
gebnissen wird jedoch die Vermutung eines unmittelbaren
Zusammenhangs zwischen der Leistungsbewertung und
dem geringen Einsatz von Mifegyne durch die im Rah-
men des Projekts durchgeführten Befragungen von
medizinischen Einrichtungen, Beratungsstellen und Kli-
entinnen bestätigt.

Am 28. Oktober 2000 findet in Berlin eine Fachkonfe-
renz statt, die Bestandteil des Projekts ist und auf der un-
ter anderem empirische Befunde zur Versorgungssi-
tuation vorgestellt werden. Nach Auswertung der
Ergebnisse wird darüber zu entscheiden sein, ob und ge-
gebenenfalls welche Maßnahmen zu ergreifen sind.

Die Bundesregierung beabsichtigt, die Gespräche mit
den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Kas-
senärztlichen Bundesvereinigung, die noch nicht abge-
schlossen sind, wie ich Ihnen schon sagte, fortzuführen.
Sie wird sich im Rahmen ihrer Befugnisse mit allen ihr
zur Verfügung stehenden und geeigneten Mitteln für eine
sachgerechte Lösung der Problematik einsetzen.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1412016500
Frau Staatssekretärin, wir haben
für die Einführung auch politisch gekämpft. Von daher ist
mir Ihr Einwand nicht verständlich, dass wir dann, wenn
das Medikament auf dem Markt ist und wieder vom Markt
genommen werden könnte, politisch keinen Einfluss ha-
ben. Dazu habe ich eine ganz unterschiedliche Auffas-
sung.

Ich möchte Sie fragen, ob die Bundesregierung der
Überzeugung ist, dass Frauen bei einem Schwanger-
schaftsabbruch aus gesundheitlichen Gründen wirklich
die Wahl haben müssten zwischen dem chirurgischen Ein-
griff und dem medikamentösen Schwangerschaftsab-
bruch. Würden Sie sich vehement dafür einsetzen, damit
dafür auch politisch – Sie sind schließlich Teil der Regie-
rung – gestritten wird?

D
Dr. Edith Niehuis (SPD):
Rede ID: ID1412016600

Frau Kollegin, ich bestätige Ihnen wirklich gerne, dass
wir gemeinsam politisch dafür gekämpft haben, damit
auch deutschen Frauen dieses Medikament zur Verfügung
steht. Aber was Sie als Zweites schlussfolgern, stimmt
einfach nicht. Wir haben ein Arzneimittelgesetz. Darin
wird die Zulassung von Arzneimitteln bei uns geregelt.
Sie wissen ganz genau, dass damals RU 486 bei uns nicht
zugelassen wurde, weil der Hersteller überhaupt keinen
Antrag gestellt hat, da die damalige Bundesregierung
nicht das politische Signal gegeben hatte, dass sie an die-
sem Medikament in der Bundesrepublik Deutschland In-
teresse hätte.

Ihre weitere Schlussfolgerung, dass wir irgendetwas
per Gesetz tun könnten, um die Verabreichung dieses Arz-
neimittels anders zu bewerten, trifft nicht zu. Es unterliegt
der Selbstverwaltung durch die Kassenärztliche Bundes-
vereinigung. Sie bewertet eigenständig die kassenärztli-
chen Leistungen. Das ist so und daran können wir im Mo-
ment auch nichts ändern, weil die Gesetzeslage so ist.

Allerdings, so denke ich, muss man dem Bewertungs-
ausschuss doch sehr deutlich machen, dass es hier nicht
nur um die Bewertung einer ärztlichen Leistung geht, son-
dern auch darum, dass die Gesetze, die wir verabschiedet
haben, eingehalten werden müssen. In die Bewertung
müsste eingehen, dass eine Praxis die operativen Mög-
lichkeiten vorhalten sollte, falls die medikamentöse Ab-
bruchmethode versagen sollte. Dieses Vorhalten von ope-
rativen Möglichkeiten sollte man zur Erhöhung der
Sachkostenpauschale mit in die Bewertung hineinneh-
men.

Dieses ist meine Meinung und auch Meinung der Bun-
desregierung. Nichtsdestotrotz bleibt es in unserer Repu-
blik bei der Selbstverwaltung. Wir können nichts anderes






(C)



(D)



(A)



(B)


tun als das, was wir schon tun und auch weiterhin tun wer-
den: uns mit dem Bewertungsausschuss zusammensetzen
und für unsere Argumente kämpfen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412016700
Danke schön,
Frau Staatssekretärin. Ihr Geschäftsbereich ist für heute
beendet.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Gesundheit auf. Die Parlamentarische Staatssekretärin
Christa Nickels wird die Fragen beantworten. Wir kom-
men zunächst zur Frage 24 des Abgeordneten Dr. Kolb:

Ist der Bundesregierung bekannt, dass die ParlamentarischeStaatssekretärin bei der Bundesministerin für Gesundheit undDrogenbeauftragte der Bundesregierung, Christa Nickels, im Julidieses Jahres über einen Link ihrer Homepage Drogenrezepte mitAnwendungshinweisen angeboten hat, und welche Haltungnimmt die Bundesregierung hierzu ein?

C
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412016800
Herr Kollege Kolb, es ist
der Bundesregierung bekannt, dass in der Zeitung „Bild
am Sonntag“ vom 30. Juli 2000 behauptet wurde, die Par-
lamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin
für Gesundheit und Drogenbeauftragte der Bundesregie-
rung, Christa Nickels, habe auf ihrer Abgeordneten-Inter-
netseite Haschischrezepte veröffentlicht. Das stimmt aber
so nicht. Ich stelle klar: Es trifft zu, dass durch einen Link
auf dieser Homepage eine Verbindung zur Homepage von
„Flohs Cannabis Archiv“ hergestellt wurde, welche An-
leitungen zum Herstellen und Verzehren von Cannabis-
produkten enthielt. Der Link ist allerdings ohne mein Wis-
sen und Einverständnis installiert worden. Er wurde
unverzüglich von meiner Homepage entfernt.

Die über den genannten Link erreichbaren Anleitungen
zum Herstellen und Verzehren von Cannabisprodukten
sind nicht mit den Vorstellungen der Drogenbeauftragen
der Bundesregierung über eine Präventionspolitik zur
Verhinderung von Sucht- und Drogenproblemen verein-
bar. Das habe ich nachdem ich es der „Bild“-Zeitung ent-
nommen hatte, so auch unverzüglich erklärt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber Sie waren es nicht mit den Cannabissamen?)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412016900
Eine Nachfrage
des Kollegen Kolb.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1412017000
Ihrer Erklärung, Frau
Staatssekretärin, entnehme ich zumindest ein gewisses
Bedauern. Nachdem Sie selbst einräumen, es sei nicht mit
den Dienst- und Amtspflichten einer Drogenbeauftragten
der Bundesregierung zu vereinbaren: sehen Sie denn eine
politische Verantwortung in diesem Fall, die von Ihnen
wahrgenommen werden könnte und müsste?

C
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412017100
Herr Kollege Kolb, ich
glaube, Sie haben meinen Ausführungen ganz klar ent-
nommen, dass auf meiner Homepage ein Link vorhanden
war, der meiner Meinung nach nicht korrekt ist. Ich habe
aber gleichzeitig gesagt, dass er ohne mein Wissen und

ohne meine Zustimmung eingefügt wurde. Selbstver-
ständlich werde ich dafür Sorge tragen, dass so etwas
nicht mehr passiert. Ich werde diese Homepage jetzt er-
heblich öfter kontrollieren. Wir haben bisher immer das
Gästebuch und das, was dort eingetragen wird, gut kon-
trolliert.

Aber: so etwas kann passieren. Es wäre politisch bri-
sant, wenn der Link tatsächlich gewollt gewesen wäre;
dann würde ich Ihnen zustimmen. Allerdings habe ich von
mir nie behauptet, dass ich völlig fehlerfrei bin. Es ist pas-
siert. Ich habe nicht herausbekommen können, wie es pas-
siert ist. Aber es geschah ohne meine Zustimmung. Ich
habe auch ausdrücklich gesagt, was ich von dem Inhalt
halte. Das ist alles, was man machen kann. Schönreden,
Rausreden oder Aufbauschen liegt mir fern. Ich darf hin-
zufügen – das haben wir auch mit dem Kanzleramt erör-
tert, es ist nicht meine Privatmeinung; Sie fragen mich ja
hier als Vertreterin der Bundesregierung; es ist auch wich-
tig für Sie zu hören –, dass es abgestimmt ist.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1412017200
Ich möchte, Frau
Staatssekretärin, nachfragen: Sicherlich ist das Internet
noch ein relativ junges Medium. Aber wer mit einer eige-
nen Homepage – Sie haben mir ja bestätigt, dass es Ihre
eigene Homepage gewesen ist – ins Internet geht, muss
eine redaktionelle Verantwortung im Allgemeinen über-
nehmen. Diese erweitert sich nach meinem Dafürhalten
bei einer politischen Funktionsträgerin zu einer politi-
schen Verantwortung. Es genügt unter Umständen nicht
zu sagen: Es waren ja Mitarbeiter und ich wusste nichts
davon. Es war Ihre Homepage.

Vor diesem Hintergrund muss ich noch einmal nach-
fragen: Sehen Sie nicht die Notwendigkeit, auch politisch
verantwortlich zu zeichnen?

C
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412017300
Herr Kollege Kolb, ich
glaube, ich habe ganz klar gesagt, dass ich eine solche
Verantwortung hier nicht zurückweise. Allerdings sind
die Möglichkeiten, die wir durch das Internet haben, neu.
Ich als Abgeordnete nutze diese Möglichkeiten ausdrück-
lich. Ich übernehme die vollständige redaktionelle Ver-
antwortung für sämtliche Textbestandteile, die ich ins In-
ternet gestellt habe.

Beim Ins-Netz-Stellen habe ich die Links kontrolliert.
Wie dieser Link hineingekommen ist, haben wir bis heute
nicht herausbekommen können. Er ist von mir weder au-
torisiert noch veranlasst. Ich schiebe das auch nicht auf
Mitarbeiter. Wir wissen nicht, wie es passiert ist.

Ich habe diesen Vorgang zum Anlass genommen, ver-
schärft zu kontrollieren, damit so etwas nicht mehr pas-
siert. Es betraf keine Textbestandteile, sondern die Link-
liste. Ich weiß bis heute nicht, wie es passiert ist. Wir
kontrollieren jetzt auch die Linkliste verschärft.

Bisher haben wir das Gästebuch bearbeitet. Wenn die
Texte hineingestellt werden, sind sie selbstverständlich
von mir geschrieben bzw. mitgeschrieben und autorisiert.
Da haben Sie vollkommen Recht. Man hat eine Verant-
wortung, auch als Abgeordnete. Noch größer ist diese




Parl. Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis

11501


(C)



(D)



(A)



(B)


Verantwortung, wenn man in einem Regierungsamt ist.
Darüber hinaus kann ich nicht mehr tun. Ich habe aus die-
sem Vorgang die Lehre gezogen, dass ich die Linkliste
verstärkt kontrolliere, ob nicht irgendein Link hinzuge-
kommen ist, den ich nicht haben möchte und der von mir
nicht autorisiert ist.


(Zuruf von der CDU/CSU: Hier wurde offensichtlich jemand gelinkt!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412017400
Eine Nachfrage
der Kollegin Bonitz.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1412017500
Frau Staatssekretärin,
darf ich Ihren Ausführungen von eben entnehmen, dass
dieser Link ja offensichtlich ohne Ihr Wissen und Wollen
und ohne das Wissen und Wollen Ihrer Mitarbeiter dort
eingesetzt worden ist? Haben Sie demzufolge gegebenen-
falls Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet, weil offen-
sichtlich jemand zu Unrecht auf Ihrer Homepage ein Ele-
ment untergebracht hat, das Sie so nicht wollten?

C
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412017600
Frau Kollegin, es liegt mir
immer fern – das war schon früher nicht meine Art und
heute ist sie es auch nicht –, mit Kanonen auf Spatzen zu
schießen. Das halte ich für nicht angebracht.


(Zurufe von der CDU/CSU: Aha! So ist das!)

Das habe ich nicht getan. Das beabsichtige ich auch nicht.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412017700
Eine Nachfrage
des Kollegen Niebel.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1412017800
Frau Staatssekretärin, die „Berli-
ner Zeitung“ vom 24. September dieses Jahres berichtete
mit unterschiedlichen Fotos, auf denen leider auch meine
Kunstbegießung zu sehen war – da ich dieser Koalition
nicht angehöre, gehörte ich nicht in diese Reihe –, dass of-
fenkundig zwei Abgeordnete der rot-grünen Koalition im
Kunstwerk im Innenhof Cannabis- bzw. Hanfsamen aus-
gesät hätten.

Wie würden Sie in Ihrer Funktion als Drogenbeauf-
tragte der Bundesregierung den Zielkonflikt auflösen, der
sich in der Beschädigung eines Kunstwerkes, somit eines
grundgesetzlich geschützten Gutes, und der Entfernung
dieser bisher in Deutschland illegalen Pflanze auftut?

C
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412017900
Herr Kollege Niebel, ich
bin nicht die Präsidentin des Deutschen Bundestages und
darum nicht für dieses Kunstwerk verantwortlich. Als
Drogenbeauftragte der Bundesregierung bin ich für die
Präventions- und Drogenpolitik der Bundesregierung ver-
antwortlich. Dieses Vorgehen ist von den in der Bundes-
tagsverwaltung dafür Zuständigen entsprechend zu wür-
digen. Das bin nicht ich.

Zum anderen ist es so, dass Sie dies mit den Kollegin-
nen und Kollegen, die dies gegebenenfalls getan haben

– falls es wirklich stimmt; das ist noch gar nicht klar –, zu
erörtern haben und nicht mit mir.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412018000
Herr Kollege
Niebel, ich glaube, dass der Zusammenhang mit der Aus-
gangsfrage jetzt ein sehr ausgedehnter ist. Darauf möchte
ich nur hinweisen.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Ich glaube, Sie haben Recht, Frau Präsidentin!)


Zu Frage 24 gibt es keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 25 auf:

Welche Konsequenzen wird die Bundesregierung aus diesem
Vorfall für ihre zukünftige Drogenpolitik ziehen?

C
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412018100
Herr Kollege Kolb, ich
glaube, aus meinen Antworten ist schon ersichtlich, dass
die Bundesregierung diesen „Vorfall“, wie Sie ihn nen-
nen, nicht zum Anlass nimmt, irgendetwas an der Dro-
genpolitik zu verändern. Wir haben einen Koalitionsver-
trag. Auf dem Boden dieses Koalitionsvertrages mache
ich die Drogen- und Suchtpolitik der Bundesregierung.
Das, was mit dem Link passiert ist, beeinträchtigt bzw.
verändert in keiner Weise die Drogenpolitik der Bundes-
regierung.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1412018200
Frau Staatssekretärin,
das Nachfragen wird ja auch dadurch etwas erschwert,
dass Sie heute quasi in eigener Sache hier antworten. Es
wäre denkbar gewesen, dass das zuständige Ministerium
heute ausnahmsweise einen beamteten Staatssekretär zur
Beantwortung der Fragen geschickt hätte. Ich möchte Sie
deswegen nicht in einen Interessenkonflikt bringen.


(Christa Nickels, Parl. Staatssekretärin: Also, Herr Kollege, ich verweigere die Aussage hier nicht!)


– Ja, aber möglicherweise können Interessenkonflikte
auftreten, Frau Staatssekretärin. Ich wollte nämlich fra-
gen: Glauben Sie denn, von Ihrer Person abgesehen, dass
der Vorfall mit diesem Link und auch die öffentliche Wür-
digung dieser Tatsache zu einer Beschädigung des Amtes
des Beauftragten der Bundesregierung für Drogenpolitik
geführt haben?

C
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412018300
Herr Kollege Kolb, ich
habe Ihnen schon in der Beantwortung der vorherigen
Frage dargelegt, dass ich meine Antwort selbstverständ-
lich mit der Bundesregierung abgeklärt habe und dass ich
das Bundeskanzleramt – nachdem die „Bild“-Zeitung die
Meldung gebracht hat unverzüglich – von mir aus einge-
schaltet und um Würdigung gebeten habe, vor allen Din-
gen auch vor dem Hintergrund, dass ja Ihr Kollege Zöller
die Abberufung der Drogenbeauftragten gefordert hat.

Das Bundeskanzleramt hat mir unmissverständlich zu
verstehen gegeben, dass es darin keinen Anlass sieht,
mich von meinem Amt abzuberufen. Es sieht darin auch




Parl. Staatssekretärin Christa Nickels
11502


(C)



(D)



(A)



(B)


keine Beschädigung des Amtes der Bundesdrogenbe-
auftragten.

Wenn Sie das gerne schriftlich von Herrn Kollegen
Steinmeier oder aus unserem Haus von dem beamteten
Staatssekretär, Herrn Jordan, haben möchten, reiche ich
Ihnen das gerne nach.


(Horst Kubatschka [SPD]: Kindisch! – Ilse Janz [SPD]: So ein Kinderkram!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412018400
Danke schön. –
Herr Kollege Kolb, ich möchte ausnahmsweise selbst
dazu Stellung nehmen. Ich glaube, im Interesse der Le-
bendigkeit von Fragestunden nutzt es uns allen, wenn die-
jenigen, denen Fragen gestellt werden, diese auch selbst
beantworten können. Das sage ich im Sinne der parla-
mentarischen Kultur. Es wäre schön, wenn Sie das ähnlich
sehen würden.

Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Singhammer
auf:

Aus welchen Gründen erarbeitet die Bundesregierung derzeitden Entwurf eines Festbetragsneuordnungsgesetzes und wie siehtder Zeitplan für die parlamentarische Beratung aus?

C
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412018500
Herr Kollege Singhammer,
die Festbeträge sind von Zivilgerichten in mehreren Ur-
teilen aus kartellrechtlichen Gründen infrage gestellt wor-
den. Das Bundesministerium für Gesundheit hat deshalb
den Entwurf eines Festbetragsneuordnungsgesetzes erar-
beitet, der eine rechtlich einwandfreie Grundlage für die
Festbeträge schaffen soll. Der Arbeitsentwurf eines sol-
chen Festbetragsneuordnungsgesetzes ist mit den Betei-
ligten und auch zwischen den Koalitionsfraktionen inten-
siv diskutiert worden. Da beim Bundesverfassungsgericht
konkrete Normenkontrollverfahren zu Arzneimittel-Fest-
beträgen anhängig sind und dem Ausgang dieser Verfah-
ren grundsätzliche Bedeutung für die künftigen Kompe-
tenzen der Selbstverwaltung zukommt, haben die
Koalitionsfraktionen entschieden, die Arbeit am Festbe-
tragsneuordnungsgesetz bis zu einer Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes zurückzustellen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412018600
Herr Kollege
Singhammer, Sie haben eine Zusatzfrage. Bitte schön.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1412018700
Ist die Bun-
desregierung immer noch der Ansicht, dass eine im Früh-
jahr – wie Sie es angesprochen haben – zu erwartende
Entscheidung des obersten Gerichtes für ein solches Ge-
setz abgewartet werden soll, obwohl zwischenzeitlich so-
wohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht
Düsseldorf sowie das Bundessozialgericht die derzeitigen
Festsetzungen bereits für verfassungswidrig erklärt ha-
ben?

C
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412018800
Herr Kollege, die Bundes-
regierung ist der Auffassung – ich habe das schon darge-
legt –, dass hier grundsätzliche Fragen der Kompetenzen
der Selbstverwaltungsgremien berührt sind und dass hier

in der Tat das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ab-
gewartet werden muss. Das Bundesverfassungsgericht
hat die Regierung bereits um eine Stellungnahme gebeten,
die zurzeit zwischen den Ressorts abgestimmt wird.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412018900
Herr Kollege
Wolf, Sie möchten eine Zusatzfrage stellen. Bitte.


Aribert Wolf (CSU):
Rede ID: ID1412019000
Frau Staatssekretärin, was
erwarten Sie eigentlich von dieser Entscheidung des Bun-
desverfassungsgerichtes? Es ist im Prinzip klar, worum es
geht, nämlich um die formale Frage, ob ein Gremium
ohne demokratische Legitimation berechtigt ist, Ent-
scheidungen zu treffen, die allgemeinverbindlichen Cha-
rakter haben. Wir kennen das auch aus vielen anderen
Rechtsgebieten. Worin liegt also die besondere Bedeu-
tung dieses Verfassungsgerichtsurteils? Das Bundesver-
fassungsgericht kann zu dieser Frage entweder Ja oder
Nein sagen und dann die Verfassungswidrigkeit feststel-
len. Für die politischen Entscheidungen, die Sie zu treffen
haben, hat dieses Bundesverfassungsgerichtsurteil doch
keine Bedeutung.

C
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412019100
Herr Kollege, das sieht die
Bundesregierung vollkommen anders. Hier wird die
Frage aufgeworfen, ob Selbstverwaltungsgremien solche
Entscheidungen treffen können, die unter Umständen
auch Auswirkungen auf Dritte haben, oder ob dies nur der
Volksvertretung zusteht. Es war ja auch diskutiert worden,
ob man es eventuell über eine Behörde, die dem Bundes-
gesundheitsministerium nachgeordnet ist, machen kann.
Das sind grundsätzlich – auch verfassungsrechtlich – ver-
schiedene Herangehensweisen und darum handelt es sich
auch um ein Normenkontrollverfahren, über das im Au-
genblick beraten und entschieden werden muss. Wir hal-
ten dies in der Tat für so gravierend – und zwar in Über-
einstimmung mit dem Bundesjustizministerium und dem
Bundesinnenministerium –, dass wir das Urteil abwarten
wollen.


Aribert Wolf (CSU):
Rede ID: ID1412019200
Kann ich eine weitere
Frage stellen?


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412019300
Nein, leider
nicht, weil Sie nicht der Fragesteller sind. Aber es gibt ja
noch eine weitere Frage des Abgeordneten Singhammer.
Vielleicht passt es dann.

Ich rufe die Frage 27 des Abgeordneten Singhammer
auf:


(§ 35 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuches C Da nur dem Bundesverfassungsgericht die Kompetenz zusteht, über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zu entscheiden, beabsichtigt die Bundesregierung nicht, vor einem Urteil des Parl. Staatssekretärin Christa Nickels 11503 Bundesverfassungsgerichtes die Festsetzung von Arzneimittel-Festbeträgen grundsätzlich zu untersagen. Herr Kollege Singhammer, Sie haben eine Zusatzfrage. Frau Staatssekretärin, gibt es denn bereits interne Überlegungen oder Planungen der Bundesregierung, wie die zukünftigen Festbeträge festgelegt werden sollen, das heißt, wer das tun soll und wie die demokratische Legitimation gewährleistet werden soll? C Herr Kollege, ich habe schon dargelegt, dass unser Haus einen Entwurf erarbeitet hat. Er ist auch nicht unter Verschluss gehalten worden; die Überlegungen sind bekannt. Die Koalitionsfraktionen haben vor dem Hintergrund des anhängigen Normenkontrollverfahrens, das nach Auffassung der Bundesregierung von grundsätzlicher Bedeutung ist, ihre eigenen gesetzgeberischen Vorhaben so lange zurückgestellt, bis das Bundesverfassungsgericht in der Sache entschieden haben wird. Nun noch eine Zusatzfrage, Herr Wolf. Gesetzt den Fall, das Bundesverfassungsgericht halte das jetzige Verfahren für verfassungswidrig: Würde dann das Bundesgesundheitsministerium eher für eine Selbstverwaltungslösung oder für eine Institutslösung im nachgeordneten Bereich, die jetzt im Arbeitsentwurf enthalten ist, plädieren? C Herr Kollege, Gewaltenteilung bedeutet, dass das Bundesverfassungsgericht entscheidet. Die Bundesregierung wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bei ihrer gesetzgeberischen Arbeit berücksichtigen. Da das Bundesverfassungsgericht an seiner Entscheidung noch arbeitet, werde ich mich hier an Spekulationen nicht beteiligen. Das wäre auch nicht der Würde des Bundesverfassungsgerichts angemessen. (Aribert Wolf [CDU/CSU]: Schade, dass ich nicht noch einmal fragen darf!)

Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412019400




(C)


(D)


(A)


(B)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412019500
Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1412019600
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412019700
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412019800
Aribert Wolf (CSU):
Rede ID: ID1412019900
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412020000


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412020100
Weitere Zusatz-
fragen liegen nicht vor. Frau Staatssekretärin, ich bedanke
mich bei Ihnen, dass Sie die Fragen beantwortet haben.

Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Der
Parlamentarische Staatssekretär Siegfried Scheffler wird
die Fragen beantworten.

Ich rufe zunächst die Frage 28 des Abgeordneten
Werner Wittlich auf:

Wie werden die im Bundeshaushalt 2000 für Lärmschutz an
bestehenden Bahntrassen vorgesehenen 100 Millionen DM ver-
teilt und in welcher Höhe werden die Bewohner an der Bahntrasse
im Rheintal im Landkreis Neuwied an den Lärmschutzvorhaben
beteiligt?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412020200
Frau
Präsidentin, lieber Kollege Wittlich, wenn Sie gestatten,
werde ich die Fragen 28 und 29 im Zusammenhang be-
antworten. Ihnen stehen dann ja vier Nachfragen zu.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412020300
Dann rufe ich
auch die Frage 29 des Abgeordneten Wittlich auf:

In welcher Höhe sind in den Haushaltsplanungen für 2001
Mittel für Lärmschutz an bestehenden Bahntrassen vorgesehen
und wie sollen die Mittel verteilt werden?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412020400
Die
im Bundeshaushalt 2000 für Lärmschutz in Härtefällen
an bestehenden Bahntrassen bereitgestellten 100 Milli-
onen DM werden entsprechend den Kriterien eingesetzt,
die der damalige Parlamentarische Staatssekretär beim
Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen,
Lothar Ibrügger, mit Schreiben vom 13. Dezember 1999
an alle Mitglieder dieses Hauses anlässlich der Verteilung
der Dringlichkeitsliste mitgeteilt hat.

In den hier angesprochenen Streckenabschnitten wer-
den sowohl aktive als auch passive Lärmschutzmaßnah-
men durchgeführt. Letztere umfassen als Lärmschutz an
der Einwirkungsstelle, also in den vom Lärm beeinträch-
tigten Wohngebäuden, den Einbau von Schallschutzfens-
tern und Lüftungseinrichtungen. Dies erfordert die
aktive Mitwirkung und finanzielle Beteiligung der betrof-
fenen Hauseigentümer. Deren individuelle Zwänge kön-
nen durchaus dazu führen, dass dieses Angebot nicht al-
len Berechtigten zugute kommt. Insofern ist eine Aussage
darüber, in welcher Höhe Mittel für die Lärmsanierung in
den Landkreis Neuwied fließen, definitiv noch nicht
möglich.

Zur Frage 29. In den Haushaltsplanungen für 2001 ist
beabsichtigt, für Lärmschutz an bestehenden Bahntrassen
wieder einen Betrag von 100 Millionen DM zur Verfü-
gung zu stellen. Auch dann wird sich die Verteilung die-
ser Mittel ausschließlich nach den hierfür festgelegten
Kriterien richten.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412020500
Ihre erste Zu-
satzfrage, Herr Kollege Wittlich.


Werner Wittlich (CDU):
Rede ID: ID1412020600
Herr Staatssekretär,
wie sieht denn generell die zeitliche Perspektive für die
Abwicklung der gesamten Lärmschutzmaßnahmen ent-
lang der Bahntrasse im Mittelrheintal aus?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412020700

Grundsätzlich muss ich Ihnen in diesem Zusammenhang
sagen, dass die gravierenden Versäumnisse früherer Zei-




Parl. Staatssekretärin Christa Nickels
11504


(C)



(D)



(A)



(B)


ten, zum Beispiel auch Ihrer Regierung, mit einem Schlag
nicht auszugleichen sind. Zwar wird seit 1978 die
Lärmsanierung an Bundesfernstraßen praktiziert. Eine
entsprechende Regelung für die Bundeseisenbahnen
konnte bis zum Regierungswechsel 1998 aber nicht ge-
funden werden. Erst die jetzige Bundesregierung hat den
Einstieg in die Lärmsanierung an Schienenwegen von Ei-
senbahnen des Bundes vollzogen. Der immense Nachhol-
bedarf führt zwangsläufig dazu, dass Abhilfemaßnahmen
vorerst nur in den gravierendsten Härtefällen ergriffen
werden können, weshalb es seitens der Bundesregierung
nicht möglich ist, einen Zeitrahmen zu nennen, zumal es
auch eine enge Abstimmung mit der DBAG geben muss.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412020800
Zweite Zusatz-
frage.


Werner Wittlich (CDU):
Rede ID: ID1412020900
Noch eine konkrete
Nachfrage, Herr Staatssekretär: Welche Maßnahmen sind
zum jetzigen Zeitpunkt vor Ort eingeleitet?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412021000
Die
Umsetzung des Lärmsanierungsprogramms erfolgt nach
einer sorgfältigen Vorbereitung. Damit Sie einmal eine
Vorstellung von den zeitlichen Abläufen bekommen,
weise ich darauf hin, dass für die Planung und Genehmi-
gung von Lärmschutzwänden und -wällen mindestens ein
Jahr zu veranschlagen ist. In der Regel dauert das einein-
halb Jahre, oft aber auch länger.

Bei den passiven Lärmschutzmaßnahmen müssen
zunächst die berechtigten Hausbesitzer ermittelt, schall-
technische Untersuchungen und schließlich die eigentli-
chen Arbeiten in Abstimmung mit den Betroffenen durch-
geführt werden. Nennenswerte Mittelabflüsse sind
trotzdem bereits zum Jahresende zu erwarten.

Zu Ihrer konkreten Frage, die das Rheintal, den Land-
kreis Neuwied, betrifft: Die Deutsche Bahn AG prakti-
ziert bereits in den betreffenden Abschnitten das Verfah-
ren „Besonders überwachtes Gleis“, bei dem gegenüber
durchschnittlich unterhaltenen Gleisen eine bessere
Gleisqualität und damit auch eine geringere Schallab-
strahlung sichergestellt werden.

Je nach Örtlichkeit könnten möglicherweise andere
Maßnahmen in Betracht kommen wie zum Beispiel die
Errichtung von Lärmschutzwänden oder -wällen. Aller-
dings erfordert das enge Mittelrheintal ein behutsames
Vorgehen, um dieser einzigartigen Kulturlandschaft keine
Schäden zuzufügen, etwa durch Unterbrechung traditio-
neller Sichtverbindungen zwischen dem Strom und den
Ortschaften.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412021100
Haben Sie wei-
tere Fragen?


Werner Wittlich (CDU):
Rede ID: ID1412021200
Herr Staatssekretär, ist
vorgesehen, dass auf diesen Strecken im Rheintal vor-

dringlich auch Güterwagen eingesetzt werden, die weni-
ger Lärm emittieren?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412021300
Die
Bundesregierung ist natürlich entsprechend der Koaliti-
onsvereinbarung vom 20. Oktober daran interessiert,
Maßnahmen zu ergreifen, die für die betroffene Bevölke-
rung Lärmminderung bewirken. Sie hat dies auch immer
wieder in Gesprächen und Schreiben gegenüber der
DB AG deutlich gemacht. Aber letztendlich – das ist Ih-
nen bekannt – entscheidet die DB AG nach den entspre-
chenden Kriterien über die Maßnahmen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412021400
Ich rufe jetzt die
Frage 30 des Abgeordneten Rossmanith auf:

Wie verfolgt die Bundesregierung im Allgäu und in Schwabendas vom Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen,Reinhard Klimmt, formulierte Ziel, bis 2015 den Gütertransportper Bahn zu verdoppeln?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412021500
Die
Bundesregierung verfolgt weiterhin das Ziel, Kollege
Rossmanith, einen erheblichen Anteil des Verkehrszu-
wachses von der Straße auf die Schiene zu verlagern.
Hierzu werden im Rahmen einer integrierten Verkehrspo-
litik die erforderlichen ordnungs-, und investi-
tionspolitischen Maßnahmen ergriffen, ebenso wie darauf
ausgerichtete Maßnahmen der Eisenbahnunternehmen
selbst. Dies wird mit einer deutlichen Erhöhung der Inves-
titionsmittel, die der Bund für die Sanierung und einen ge-
zielten Ausbau des Schienennetzes einsetzen wird, unter-
stützt. Aussagen hinsichtlich einzelner Regionen für das
Jahr 2015 sind derzeit nicht möglich.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412021600
Haben Sie eine
Zusatzfrage?


Kurt J. Rossmanith (CSU):
Rede ID: ID1412021700
Herr Staatssekre-
tär Scheffler, die Bundesregierung und Bundesminister
Klimmt haben ein „Zukunftspaket Schiene“, das bis 2015
geht, vorgelegt. Aber dennoch ist es doch erforderlich, die
derzeitige Situation und das Aufkommen zu würdigen
und in die Überlegungen einzubeziehen.

Ich habe die Frage gestellt, was konkret für gerade von
der Schiene nicht bevorzugte Regionen wie zum Beispiel
das Allgäu jetzt getan wird, um eben diese Verdoppelung
des Güteraufkommens für die Schiene zu ermöglichen.
Damit wird ja auch für Industrieansiedlungen in dieser
Region und für die Verbesserung der Arbeitsplatzsituation
ein entsprechender Beitrag geleistet.

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412021800
Sie
heben ab auf Aussagen des Bundesministers bei der
Haushaltsdebatte, wo von dieser Verdoppelung geredet
wurde. Allerdings hat er die Verdoppelung der Verkehrs-
leistung von gegenwärtig etwa 72,8 auf 148 Milliar-
den Tonnenkilometer im Kontext mit dem „Paket
Schiene“ genannt. Wir wollen ja in Abstimmung mit dem




Parl. Staatssekretär Siegfried Scheffler

11505


(C)



(D)



(A)



(B)


Bundeskanzler und dem Bundesfinanzminister aus den
Erlösen bei der Versteigerung der UMTS-Lizenzen und
den damit erzielten Zinseinsparungen der Deutschen
BahnAG, beginnend mit dem Jahr 2001, zusätzliche Mit-
tel zur Verfügung stellen.

Der Prozess der Abstimmung mit der Deutschen Bahn
AG darüber, ob der Ausbau bzw. der Neubau oder ob die
Ertüchtigung des vorhandenen Netzes im Bereich der
Straße bzw. der Schiene vorgenommen werden soll,
konnte aufgrund des kurzen Zeitraums natürlich noch
nicht abgeschlossen werden.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412021900
Eine Zusatz-
frage, Herr Rossmanith.


Kurt J. Rossmanith (CSU):
Rede ID: ID1412022000
Bei allem Ver-
ständnis dafür, dass auch die Bundesregierung entspre-
chende Öffentlichkeitsarbeit zu leisten hat, stellt sich
doch die Frage, ob nicht derartigen elementaren Äuße-
rungen wie der über die Verdoppelung des Gütertranspor-
tes innerhalb von 15 Jahren – das ist sicherlich sehr lang
gefasst – auch konkrete Pläne bzw. ein konkreter Unter-
bau zugrunde liegen muss.

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412022100
Bei
allem Verständnis auch für Sie persönlich, der Sie die In-
teressen einer bestimmten Region vertreten, muss ich da-
rauf hinweisen, dass auch andere Bundestagskolleginnen
und -kollegen – egal, ob sie aus den alten oder den neuen
Bundesländern kommen – die Interessen ihrer jeweiligen
Region vertreten. Der Prozess der Abstimmung sowohl
mit der Deutschen Bahn AG als auch mit den entspre-
chend beteiligten Regierungsfraktionen konnte in der
Kürze der Zeit noch nicht abgeschlossen werden, sodass
ich Ihnen für Ihre Region keine konkreten Zahlen über die
Höhe der in etwa zur Verfügung stehenden Mittel nennen
kann.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412022200
Zusatzfrage des
Kollegen Wiese.


Heinz Wiese (CDU):
Rede ID: ID1412022300
Herr Staatsse-
kretär, wenn Sie davon ausgehen, dass in dem besagten
Zeitraum die Möglichkeit besteht, mehr Schwerverkehr
von der Straße auf die Schiene zu verlagern, glauben Sie
dann nicht auch, dass man gezielte Maßnahmen rechtzei-
tig vorlegen muss? Die Weichen sind gerade in Richtung
des kombinierten Verkehrs so zu stellen, dass eine ausrei-
chende Zahl an Containerbahnhöfen und Umschlagplät-
zen im Süden vorhanden ist. Zu berücksichtigen ist natür-
lich auch die internationale Anbindung an die neuen
Alpentransversalen, gerade in unserem Raum, in Schwa-
ben, im Raum Bodensee und zwischen Stuttgart und Mün-
chen. Sind diesbezüglich schon irgendwelche Weichen
gestellt worden?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412022400
Im

Grunde genommen sind Weichen gestellt worden, zuletzt
auch mit dem Brief des Bundesministers an den Staatsmi-
nister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des
Freistaates Bayern, Herrn Josef Miller – er ist Ihnen si-
cherlich bekannt – , vom 22. September, in dem die Ver-
teilung der Verkehre im Rahmen des Alpentransits – ob
nach Österreich oder in die Schweiz – und die Prämissen
detailliert dargestellt wurden und in dem die Bundesre-
gierung die Einhaltung ihrer gemachten Zusage, mehr
Verkehr von der Straße auf die Schiene – übrigens auch
auf die Wasserstraßen – zu verlagern, als Teil des Regie-
rungshandelns bekräftigt hat.

Letztendlich zeigt das auch die Verteilung der Mittel
aus den Zinseinsparungen, die durch den Verkauf der
UMTS-Lizenzen möglich wurden. Es sind die zwei Be-
reiche Bildung und Forschung sowie der Aus- und Neu-
bau bzw. die Ertüchtigung der Verkehrsinfrastruktur in
das Regierungsprogramm einbezogen worden. Wir ver-
folgen das Ziel, mehr Verkehr von der Straße auf die
Schiene zu verlagern, nicht nur mit diesem Programm,
sondern auch mit dem Investitionsprogramm 1999 bis
2002 und mit dem Anti-Stau-Programm bzw. dem Eng-
passbeseitigungsprogramm, deren Mittel etwa hälftig für
den Ausbau bzw. die Ertüchtigung der Schiene bereitge-
stellt werden.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412022500
Ich rufe die
Frage 31 des Abgeordneten Rossmanith auf:

Ist die Bundesregierung bereit, den zweigleisigen Ausbau und
die Elektrifizierung der Bahnstrecke München über Buchloe und
Memmingen nach Zürich in den vordringlichen Bedarf aufzuneh-
men, und welche sonstigen Planungen bestehen?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412022600
Die
Bundesregierung misst einer Verbesserung der Bahnver-
bindung München–Lindau–Zürich hohe Bedeutung bei.
Dies dokumentiert die Aufnahme des Projektes „Aus-
baustrecke München–Lindau“ als hoch prioritäre Maß-
nahme in das laufende Investitionsprogramm bis 2002 für
den Ausbau der Bundesschienenwege, der Bundesfern-
straßen und der Bundeswasserstraßen. Es wurde dort mit
dem Vorbehalt versehen, dass die Finanzierung des Vor-
habens im Verlauf des Geltungszeitraumes des Investi-
tionsprogramms geprüft wird. Für vorbereitende Maß-
nahmen sind 1 Million DM in das Programm eingestellt.

Vorgesehen ist die Anpassung der Strecke an den Ein-
satz von Dieselneigetechnikzügen. Der Einsatz dieser
Züge wird zu einer Reisezeitverkürzung von etwa 30 Mi-
nuten zwischen München und Lindau bzw. Zürich führen
und damit die Attraktivität des Schienenverkehrs steigern.

Untersuchungen des Korridors München–Lindau bele-
gen derzeit nicht die Notwendigkeit und die Wirtschaft-
lichkeit eines durchgängigen zweigleisigen Ausbaus des
Streckenabschnitts Buchloe–Memmingen–Hergatz–Lin-
dau sowie einer Elektrifizierung der Strecken über Mem-
mingen und Kempten. Die verkehrliche Entwicklung der
Strecke wird regelmäßig beobachtet. Weitere Planungen
für Fernverkehrsprojekte in diesem Korridor bestehen
derzeit nicht.




Parl. Staatssekretär Siegfried Scheffler
11506


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412022700
Eine Zusatz-
frage, bitte.


Kurt J. Rossmanith (CSU):
Rede ID: ID1412022800
Herr Staatssekre-
tär, welche Ergebnisse hat diese von Ihnen soeben darge-
stellte Überprüfung gebracht? Wie begründen Sie die
Aussage im zweiten Teil Ihrer Antwort, dass ein zwei-
gleisiger Ausbau nicht erforderlich ist? Es handelt sich
immerhin – dieser Zusatz sei mir noch gestattet – um eine
internationale Strecke.

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412022900
Der
Alpentransit Schiene aus bzw. nach Deutschland verteilt
sich gemäß unseren Prognosen von Gutachtern zu einem
Drittel auf Österreich – über Brenner/Tauern – und zu
zwei Dritteln auf die Schweiz, wovon 88 Prozent über Ba-
sel, 7 Prozent über Singen und 5 Prozent über Lindau lau-
fen. Mit diesen Daten aus der Prognose ist die Strecke
München–Lindau im Rahmen der Arbeiten zum Ab-
schluss des Abkommens mit der Schweiz zur Sicherung
der Leistungsfähigkeit des nördlichen Zulaufs entspre-
chend untersucht worden. Dabei hat sich kein zweigleisi-
ger Ausbaubedarf ergeben.

Parallel dazu ist es aber Ziel der Bundesregierung, ge-
meinsam mit der Deutschen Bahn AG durch den Einsatz
von Neigetechnikfahrzeugen zunächst die Attraktivität
der Strecke für den Personenverkehr zu steigern. Für den
Zeitraum des Investitionsprogramms bis 2002 – ich sagte
das bereits – streben wir eine Fahrzeitverbesserung von
rund einer halben Stunde zwischen München und Zürich
an. Im Rahmen der Klärung der Finanzierung wird auch
das dazu vorliegende Vorfinanzierungsangebot des Frei-
staates Bayern geprüft.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412023000
Eine weitere
Zusatzfrage des Abgeordneten Rossmanith.


Kurt J. Rossmanith (CSU):
Rede ID: ID1412023100
Im Gegensatz zu
Ihrer Antwort auf die vorige Frage, in der von einem Zeit-
raum von 15 Jahren gesprochen wurde, ist in diesem Falle
der Zeitraum bis 2002 – wir stehen am Beginn der Bera-
tungen des Haushalts 2001 – genannt worden und er ist
sehr begrenzt. Wann werden die ersten Mittel für den Aus-
bau dieser Strecke fließen? Der Zeitrahmen für die Inves-
titionen – bis 2002 – ist relativ eng. Es ist erforderlich, ent-
sprechende Vorarbeiten zu leisten, um mit dem Ausbau
rechtzeitig beginnen zu können.

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412023200
Hier
ist grundsätzlich auszuführen, dass diese Mittel für vor-
bereitende Maßnahmen aufgrund der hoch prioritären
Einstufung der Maßnahme in das Investitionsprogramm
bis 2002 eingestellt wurden. Deshalb sind auch die Kos-
ten der von Ihnen genannten vorbereitenden Maßnahmen
abgedeckt – unabhängig davon, was die Deutsche Bahn
AG mit der Bayerischen Staatsregierung vereinbart, um
zu einer weiteren Ertüchtigung der Strecke zu kommen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412023300
Eine Zusatz-
frage des Kollegen Holetschek.


Klaus Holetschek (CSU):
Rede ID: ID1412023400
Herr Staatssekretär,
gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang die etwas all-
gemeinere Frage: Mit welchen Mitteln gedenkt die Bun-
desregierung in Zukunft sicherzustellen, dass die Deut-
sche Bahn AG ihrem Auftrag gerecht wird, auch die
Bedienung in der Fläche und die Anbindung peripherer
Landesteile an das Fernverbindungsnetz zu gewährlei-
sten?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412023500
Ich
kann Ihnen hier einmal die Bugwelle hinsichtlich der Un-
terfinanzierung des Investitionsprogramms von etwa
80 bis 100 Milliarden DM vorbeten. In Bayern haben wir
gegenwärtig eine erhebliche Investitionsschleppe zu ver-
zeichnen, die wir im vorgesehenen Zeitraum nicht finan-
zieren können. Das ist eine Erblast, die wir 1998 von der
alten Bundesregierung übernommen haben.

Die neue Bundesregierung, die Koalitionspartner und
insbesondere der Finanzminister haben im Investitions-
programm, im Anti–Stau–Programm, aber auch mit dem
Schienenpaket erstmals dafür gesorgt, dass zur Ertüchti-
gung der Schiene erheblich mehr Mittel als durch irgend-
eine andere Bundesregierung zuvor über einen längeren
Zeitraum zur Verfügung gestellt werden. Die Deutsche
Bahn AG wird in der Lage sein, sowohl den Aus- und
Neubau von Hauptmagistralen als auch – in enger Ab-
stimmung mit den Ländern – die Ertüchtigung vorhande-
ner Strecken in der Fläche zu sichern.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412023600
Eine Zusatz-
frage des Kollegen Kalb.


Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1412023700
Herr Staatssekre-
tär, ist Ihnen bekannt, dass Mitte der 90er-Jahre mehr
Haushaltsmittel für den Schienenwegeausbau zur Verfü-
gung standen, als – zumindest in einem Jahr war das sehr
signifikant – die Bahn überhaupt verbauen konnte? Die
Größenordnungen haben zum Teil über 1 Milliarde DM
gelegen.

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412023800
Lie-
ber Kollege Kalb, mir sind die Aussagen bekannt – ich
möchte sie jetzt natürlich nicht kommentieren –, die da-
mals in der Verantwortung der DB AG gemacht wurden.
Sie wissen ja, dass wir – wir waren schon damals ge-
meinsam im Verkehrsausschuss mit der Bahnreform und
mit der Privatisierung der Bahn befasst – hier im Deut-
schen Bundestag bzw. auch die alte Bundesregierung
nicht diese Verantwortung hatten. Was den Mittelabfluss
betrifft, könnte man einiges dazu sagen. Das steht mir
aber, denke ich, nicht zu.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412023900
Ich rufe die
Frage 32 des Abgeordneten Dr. Müller auf:






(C)



(D)



(A)



(B)


Welche Gründe werden für die Verzögerung des Vertragsab-schlusses zum Ausbau der Strecke München–Memmingen–Lin-dau zwischen der Bundesregierung, der Deutschen Bahn AG unddem Land Bayern angeführt?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412024000
Herr
Kollege Müller, die Ausbaustrecke München–Lindau ist
in das Investitionsprogramm für den Ausbau der Bundes-
schienenwege, Bundesfernstraßen und Bundeswasser-
straßen 1999 bis 2002 aufgenommen worden, wie ich
schon bei der Beantwortung der vorangegangenen Fragen
ausgeführt habe. Es wurde dort mit dem Vorbehalt verse-
hen, dass die Finanzierung des Vorhabens im Verlauf des
Geltungszeitraumes des Investitionsprogramms geprüft
wird. Für vorbereitende Maßnahmen sind 1 Million DM
in das Programm eingestellt. Da bisher keine über das In-
vestitionsprogramm hinausgehenden weiteren Haushalts-
mittel zur Verfügung standen, konnte auch keine Finan-
zierungsvereinbarung abgeschlossen werden.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412024100
Eine Zusatz-
frage des Kollegen Dr. Müller.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1412024200
Herr Staatssekretär, es
ist umso verwunderlicher, dass Sie noch einmal unterstri-
chen haben – was ich mit großem Bedauern zur Kenntnis
nehme –, dass Sie nicht bereit sind, die Finanzierung die-
ser dringlichen Maßnahme jetzt vorzunehmen. Ich frage
Sie, warum Sie nicht bereit sind, auf das Angebot Bayerns
zur Vorfinanzierung dieses Streckenabschnittes mit
80 Millionen DM einzugehen. Der Entwurf eines trilate-
ralen Vertrags zwischen dem Bundesverkehrsminister,
der DB AG und dem Freistaat Bayern bietet die Voraus-
setzung, um im Zuge der Vorfinanzierung mit bayerischen
Mitteln jetzt zu bauen. Was sind die konkreten Gründe
dafür, dass der Bund die Unterzeichnung dieses trilatera-
len Vertrags verhindert – mit dem Vertrag könnte jetzt mit
dem Bau begonnen werden –, wenn Sie schon bis 2002
nicht finanzieren?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412024300
Herr
Kollege Müller, Sie greifen jetzt schon in den Bereich der
Frage 33 vor. Frau Präsidentin, lieber Kollege Müller,
sind Sie damit einverstanden, wenn ich jetzt die Antwort
zur Frage 33 gebe und dann auf Ihre Zusatzfrage eingehe?


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1412024400
Ja.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412024500
Dann rufe ich
die Frage 33 des Kollegen Dr. Müller auf:

Zu welchem Zeitpunkt ist der Bund bereit, die notwendigenMittel in Höhe von 80 Millionen DM für den Ausbau der StreckeMünchen–Memmingen–Lindau für Neigetechnikbetrieb nach § 8Abs. 1 Bundesschienenwegeausbaugesetz zur Verfügung zu stel-len?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412024600
Die
Gespräche zwischen dem Freistaat Bayern, der Deut-

schen BahnAG und dem Bund über die Finanzierung der
Maßnahmen konnten noch nicht abgeschlossen werden,
sodass über den Zeitpunkt der Finanzierung noch keine
abschließenden Aussagen möglich sind.

Ich möchte zunächst Ihre Behauptung zurückweisen,
dass der Bund hier blockiert. Ihnen ist sicherlich ein
Schreiben unseres Ministeriums vom 1. September dieses
Jahres an die DB Netz AG und nachrichtlich an das Ei-
senbahn-Bundesamt bekannt, das die Ausbaustrecke
München–Lindau und die weitere Strecke über die deut-
sche Grenze in die Schweiz, nach Zürich, betrifft. Ich zi-
tiere:

Aus der Sicht des Bundes besteht Bereitschaft zum
Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung für die
Ausbaustrecke München–Lindau. Grundlage für
diese Finanzierungsvereinbarung wäre bei geschätz-
ten Gesamtbaukosten von 80Millionen DM in Über-
einstimmung mit dem Investitionsprogramm 1999
bis 2002 ein Mittelabfluss in den Jahren 2001/02 von
je einer halben Million DM und in den Jahren
2003/04 von je 39,5 Millionen DM.

Insofern stimmt das mit meiner Aussage: „1 Milli-
onen DM stehen im Investitionsprogramm hierfür bereit.“
überein.


(V o r s i t z: Vizepräsidentin Petra Bläss)

Eine gegenüber diesem Zeithorizont schnellere Reali-

sierung des Projektes in Absprache mit dem Land Bayern
begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken. Diesbezügli-
che Absprachen mit dem Land werden jedoch nicht Be-
standteil einer mit dem Bund abzuschließenden Finanzie-
rungsvereinbarung sein. Sie wissen natürlich, dass eine
Finanzierungsvereinbarung mit diesen Inhalten nur die
DB AG mit dem Freistaat Bayern abschließen kann.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412024700
Herr Dr. Müller, bitte
eine zweite Zusatzfrage.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1412024800
Herr Staatssekretär,
können Sie mir eine Hilfestellung dabei geben, wie ich
dem Bürger zu Hause dieses Schwarzer-Peter-Spiel zwi-
schen dem Bund, dem Freistaat und der Bahn erklären
soll? Bayern ist bereit, dieses Projekt bis 2002 vorzufi-
nanzieren, während der Bund nur große Erklärungen ab-
gibt, mehr Geld in die Schiene zu stecken. Das Geld ist
vorhanden, die 80 Millionen DM werden vom Freistaat
vorfinanziert. Die Technik ist geklärt. Die Deutsche Bahn
AG sagt: Okay, es ist alles in Ordnung. Es scheitert aber
an dem Vertragsabschluss zwischen Bahn, Bund und Bay-
ern. Sagen Sie doch heute: Okay, ihr könnt starten.

Die Finanzierung ist gesichert. Was sind die Gründe
dafür, dass Sie diesen trilateralen Vertrag nicht unter-
zeichnen?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412024900
Ich
bitte Sie, Ihre Ausführungen präzise zu beenden. Es geht
nicht um einen Vertrag zwischen Bayern, Bund und
DB AG. Der Bund hat, wie erwähnt, eine Finanzierungs-




Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer
11508


(C)



(D)



(A)



(B)


vereinbarung angestoßen, die zwischen der DB AG und
dem Bund geschlossen wird. Wir haben auch gegenüber
dem Eisenbahn-Bundesamt deutlich gemacht, dass wir
grundsätzlich einer positiven Entscheidung überhaupt
nicht entgegenstehen. Ich denke, nach der Prüfung durch
das Eisenbahn-Bundesamt wird es dann auch einen posi-
tiven Entscheid geben. Über die Vorfinanzierungsmoda-
litäten muss aber ein Vertrag zwischen der DB AG und
dem Freistaat Bayern geschlossen werden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412025000
Kollege Müller, bitte
eine nächste Zusatzfrage.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1412025100
Herr Staatssekretär,
eine Fragestunde soll ja auch dazu dienen, Licht in eine
solche Sache zu bringen. Sagen Sie doch mir und den Bür-
gern: Woran liegt das? Wer verhindert diese Unterschrift?
Mir liegt hier ein Schriftverkehr vor, aus dem hervorgeht,
dass Sie nun seit über einem Dreivierteljahr – die Finan-
zierung ist sicher, ich sage es noch einmal – miteinander
verhandeln. Wie lange wollen Sie denn noch verhandeln?
Woran liegt das? Wann kommt die Unterschrift? Wann
können die Züge fahren? Wann wird endlich der Schie-
nenverkehr in der Fläche gestärkt?

Ich möchte noch eine Ergänzung zu dem machen, was
der Kollege vorhin gesagt hat. Wie wollen Sie es denn in
Zukunft überhaupt noch sicher stellen, dass neben dem
Fernverkehr auch die Fläche, das Land bedient werden?
Wir haben da große Sorgen. Sie stellen Bahnverbindun-
gen ein, erhöhen die Mineralölsteuer. Sollen die Men-
schen, die auf dem Land wohnen, zu Fuß zu ihrer Regie-
rung laufen, um zu protestieren?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412025200
Nun
könnten wir uns lang und breit darüber unterhalten, wer
für die Regionalisierung verantwortlich ist. Mit ihr einher
ging ja eine Änderung des Grundgesetzes, da die Länder
gefordert hatten, die Verantwortung hierfür vom Bund auf
die Länder zu übertragen. Insofern ist es das regionale In-
teresse des Freistaates Bayern, hier zu einer Finanzie-
rungsvereinbarung zu kommen. Ich wundere mich schon,
dass Sie hier fragen, was diese Regierung tut, um die Bahn
in der Fläche zu ertüchtigen. Ich könnte Ihnen aus allen
Haushalten aus den zehn Jahren vor November 1998 vor-
tragen, was jeweils getan wurde, um die Bahn zu ertüch-
tigen. Diese Bundesregierung dagegen hat ja bewiesen
– das habe ich vorhin ausgeführt –, dass sie hier etwas tun
will: Sie hat jetzt in enger Abstimmung mit der Deutschen
Bahn AG ein zusätzliches Paket für die Bahn auf den Weg
gebracht, damit auch der Schienenverkehr in der Fläche
ertüchtigt wird.

Sie können natürlich von mir keine Antwort auf die
Frage bekommen, wann der Finanzierungsvertrag zwi-
schen Bayern und der DBAG unterschriftsreif sein wird.
Sie wissen, dass das Eisenbahn-Bundesamt eine unab-
hängige Behörde ist. Es ist nun einmal nicht so, dass die
Vertreter der Bundesregierung sagen können: Ihr habt das
und das zu machen. Vielmehr prüft die Behörde sehr ge-
wissenhaft, wie ich denke, den finanziellen Teil.

Nach der Prüfung werden Sie den Bürgern in Ihrer Region
sagen können, dass die Strecke ertüchtigt wird.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412025300
Herr Kollege Müller
hat noch eine letzte, aber wirklich allerletzte Zusatzfrage.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1412025400
Herr Staatssekretär,
kann ich zumindest davon ausgehen, dass Sie morgen
oder in den nächsten Tagen in dieser Angelegenheit Druck
machen, damit die Prüfung nicht weitere Jahre dauert,
sondern wir in den nächsten sechs Wochen eine Entschei-
dung bekommen?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412025500
Die
Bundesregierung hat das in den vergangenen Wochen und
Monaten angeschoben und wird das auch zukünftig tun.
Sie hat mit dem Schreiben vom 1. September 2000 noch
einmal deutlich gemacht, dass vonseiten der Bundesre-
gierung grundsätzlich keine Bedenken bestehen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412025600
Jetzt gibt es eine Zu-
satzfrage des Kollegen Rossmanith.


Kurt J. Rossmanith (CSU):
Rede ID: ID1412025700
Herr Staatssekre-
tär, ist die Bundesregierung bereit, wenn es trilateral nicht
geht, – mit dem Freistaat Bayern eine bilaterale, verbind-
liche Vereinbarung zu treffen, die festschreibt, – wann der
vom Freistaat Bayern vorfinanzierte Betrag von 80 Milli-
onen DM durch den Bund erstattet wird?

S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412025800
Ich
denke, ich habe den Verhandlungs- und Sachstand klarge-
macht. Jetzt müssen die Verträge zwischen dem Bund und
der DB AG bzw. zwischen dem Freistaat Bayern und der
Deutschen Bahn AG abgeschlossen werden. Wir sind mit-
ten in der Prüfungsphase. Die Bundesregierung hat dieses
Verfahren mit Nachdruck angeschoben. Aber sie kann
natürlich nicht – das werden Sie verstehen – politischen
Druck auf eine unabhängige Behörde ausüben, die Prü-
fung in fachlicher oder fiskalischer Sicht zu beschleuni-
gen. Eine solche Abkürzung könnte nachher der DB AG
oder dem Bund auf die Füße fallen. Insofern hat die Bun-
desregierung ihre Hausaufgaben gemacht.


Kurt J. Rossmanith (CSU):
Rede ID: ID1412025900
Herr Staatssekre-
tär, ist die Bundesregierung der Meinung, dass gerade
der Strecke München–Buchloe–Memmingen–Lindau–
Zürich oberste Priorität einzuräumen ist, alldieweil paral-
lel die A 96 verläuft, von der noch 3,8 Kilometer fehlen,
die aber nicht mehr gebaut werden können, da die Bun-
desregierung hierfür beim besten Willen kein Geld finden
kann, und die, wenn sie doch einmal fertig werden sollte,
die Verlagerung des Personenverkehrs auf die Straße ver-
stärken würde, und es schwierig wäre, diesen Personen-
kreis zurück auf die Schiene zu führen?




Parl. Staatssekretär Siegfried Scheffler

11509


(C)



(D)



(A)



(B)


S
Siegfried Scheffler (SPD):
Rede ID: ID1412026000
Sie
konstruieren hier einen Sachzusammenhang, der so nicht
besteht. Das wissen Sie auch.


(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Natürlich besteht der!)


Ich wundere mich über Ihre Ausführungen auch insofern,
als diese hoch prioritäre Maßnahme, die von der Bundes-
regierung anerkannt wird – sonst wäre sie nicht in das
Investitionsprogramm 1999 bis 2002 aufgenommen wor-
den –, von der alten Bundesregierung nicht vorangetrie-
ben wurde. Sie wissen, dass wir erst im November 1998
die Verantwortung in diesem Lande übernommen haben.
Sie hatten doch zudem den Finanzminister, der die Mittel
in den Haushalt eingestellt hat, in der CSU-Landes-
gruppe.

Das Schienenpaket der neuen Bundesregierung bedarf
der Konsultation mit dem Freistaat Bayern und der Deut-
schen Bahn AG. Denn diese Strecke ist eine der hoch pri-
oritären Maßnahmen im Freistaat Bayern. Die Prioritä-
tenreihung wird die Bundesregierung nicht von oben
herab, sondern in enger Konsultation mit dem Freistaat
Bayern festlegen. Er hat in dieser Frage, wie auch schon
in der Vergangenheit, ein Mitwirkungsrecht.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412026100
Die weiteren Fragen
zu diesem Geschäftsbereich, die Fragen 34 bis 37, werden
sämtlich schriftlich beantwortet.

Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
auf. Zur Beantwortung steht Frau Parlamentarische
Staatssekretärin Gila Altmann zur Verfügung.

Da die Fragen 38 und 39 des Kollegen Brinkmann
schriftlich beantwortet werden, kommen wir zur Frage 40
des Kollegen Dr. Klaus Rose:

Welche Schritte hat die Bundesregierung bisher unternom-
men, um das in der Tschechischen Republik geplante Kernkraft-
werk Temelin zu verhindern?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412026200

Ich beantworte die Frage von Dr. Rose, welche Schritte
die Bundesregierung bisher unternommen hat, um die In-
betriebnahme von Temelin zu verhindern, wie folgt:

Die Bundesregierung hat an der Ablehnung der Inbe-
triebnahme des Atomkraftwerkes Temelin nie einen
Zweifel gelassen. Seit Regierungsantritt wurden alle sich
bietenden Möglichkeiten genutzt, um in diesem Sinne auf
die Entscheidung der tschechischen Regierung zur Fer-
tigstellung und Inbetriebnahme Einfluss zu nehmen. Die
Zuständigkeit für Errichtung und Betrieb sowie für die Si-
cherheit nuklearer Anlagen liegt aber allein bei dem Staat,
auf dessen Gebiet sich die Anlage befindet. Insofern hat
die Bundesregierung keine rechtlichen Mittel, die Inbe-
triebnahme des Atomkraftwerks Temelin zu verhindern.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412026300
Herr Dr. Rose, bitte
Ihre erste Zusatzfrage.


Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1412026400
In einer dpa-Meldung
vom 14. September 2000 steht geschrieben, dass Bürger
bei einer Demonstration gesagt haben, sie wollten nicht
blind in eine Katastrophe laufen. Meinen Sie, dass Sie mit
Ihrer Antwort diese Bürger beruhigen können?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412026500

Die Bundesregierung ist verpflichtet, die rechtlichen Rah-
menbedingungen zu beachten. Wie ich schon gesagt habe,
hat sie in den letzten zwei Jahren alles Erdenkliche getan,
um unterhalb dieser Schwelle, auf diplomatischem Wege,
etwas zu erreichen.

Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass die-
ser Konflikt nicht erst seit zwei Jahren, sondern schon seit
zehn Jahren existiert. Wenn man sich einmal die Chrono-
logie der Aktivitäten der alten Bundesregierung an-
schaut – ich habe eine entsprechende Liste vorliegen; ich
bin gerne bereit, Ihnen Auszüge aus dieser Liste auf
schriftliche Anfrage zukommen zu lassen –, dann wird
klar, dass die Aktivitäten zwischen 1998 und 2000 die Ak-
tivitäten zwischen 1990 und 1998 schon rein quantitativ
um ein Vielfaches übersteigen.

In der Bauphase, in der es eventuell noch erfolgver-
sprechende Eingriffsmöglichkeiten gegeben hätte, in der
also ein Abbruch der Bauaktivitäten, noch möglich war,
ist aus Sicht der neuen Bundesregierung seitens der alten
Bundesregierung sehr zurückhaltend verfahren worden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412026600
Herr Kollege Rose,
bitte Ihre zweite Zusatzfrage.


Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1412026700
Frau Staatssekretärin,
haben Sie Verständnis für eine weitere Frage: Wenn ich
nämlich die Begeisterung sehe, mit der Umweltminister
Trittin in Frankreich gegen bereits bestehende Anlagen
agitiert hat, dann muss ich fragen, ob er mit der gleichen
Begeisterung in Tschechien gehandelt hat.

Wie ich bereits sagte, ist sogar schriftlich dokumen-
tiert, mit welcher Begeisterung – man sollte bei diesem
Thema besser sagen: mit welcher Leidenschaft und Ein-
deutigkeit – der Bundesminister Trittin hier agiert hat.
Nichtsdestotrotz muss ich betonen, dass wir keine weite-
ren
Eingriffsmöglichkeiten haben, weil Tschechien entspre-
chende Eingriffe zu Recht als Einmischung ansehen und
sich verbitten würde. Wir hätten uns auch nicht hineinre-
den lassen wollen, als wir den Beschluss zum Ausstieg
aus der Atomenergie gefasst haben.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412026800
Herr Kollege
Kubatschka, Sie haben ebenfalls eine Zusatzfrage. Bitte.






(C)



(D)



(A)



(B)



Horst Kubatschka (SPD):
Rede ID: ID1412026900
Frau Kollegin Altmann,
Temelin hätte in diesem Monat bereits ans Netz gehen sol-
len. Die Betreiber haben schon zur Riesenfete eingeladen.
Es ist also schon fünf Sekunden vor zwölf. Deswegen
möchte ich Sie fragen: Was hat die CDU/CSU-F.D.P.-Re-
gierung unternommen, um den Weiterbau von Temelin zu
einer Zeit zu verhindern, als noch die Chance dazu be-
standen hat?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412027000

Wie ich bereits gesagt habe – dies ist auch dokumentiert –,
ist in einer Phase, in der aus unserer Sicht noch größere
Möglichkeiten bestanden haben, zu einer anderen Ent-
scheidung zu kommen, sehr zurückhaltend verfahren
worden. Wir befinden uns jetzt auf der Zielgeraden. Da ist
es natürlich schwierig, noch Entscheidendes zu ändern.
Nichtsdestotrotz nehmen wir die Bedenken der Bevölke-
rung sehr ernst. Auch die gegnerischen Aktivitäten, die
sich rund um die Inbetriebnahme vor Ort abspielen, be-
trachten wir mit Verständnis.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412027100
Wir kommen jetzt zur
Frage 41 des Kollegen Dr. Klaus Rose:

Sieht die Bundesregierung eine Chance in bilateralen Ver-handlungen zwischen Deutschland und Tschechien, um den Sor-gen und Befürchtungen der ostbayerischen Bevölkerung vor demKernkraftwerk Temelin abhelfen zu können?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412027200

Die Frage beantworte ich wie folgt:

Die Bundesregierung hat seit Mitte der 90er-Jahre bi-
lateral mit der zuständigen atomrechtlichen Genehmi-
gungs- und Aufsichtsbehörde in Tschechien verhandelt,
um ausreichende Informationen zur Sicherheit und zu den
Risiken des Atomkraftwerks Temelin zu erhalten. Im
Rahmen dieser Zusammenarbeit wurden generelle Infor-
mationen zur sicherheitstechnischen Auslegung sowie zu
Sicherheitsanforderungen und zur Durchführung des Ge-
nehmigungsverfahrens bereitgestellt. Außerdem hat die
tschechische Seite zugesagt, zu Einwendungen bayeri-
scher Bürger aus der Grenzregion schriftlich Stellung zu
nehmen.

Bei dem Atomkraftwerk Temelin handelt es sich um
ein Kraftwerk des sowjetischen Typs WWER 1000, das
unter Einbeziehung US-amerikanischer Technologie im
Bereich des Reaktorkerns und der digitalen Leittechnik
fertig gestellt worden ist. Die Bundesregierung hat zu die-
sem Reaktortyp eigene generische Untersuchungen zu si-
cherheitstechnischen Defiziten und Schwachstellen
durchgeführt und hierbei auch die Sicherheitsfragen der
Leittechnik einschließlich der Wechselwirkung mit der
Anlagentechnik russischer Herkunft bewertet.

Die daraus resultierenden Sicherheitsfragen sind der
tschechischen Genehmigungsbehörde vorgetragen wor-
den. Die deutsche Seite hat darüber hinaus darauf ge-
drängt, dass sich deutsche Experten anhand von Unterla-
gen aus dem Genehmigungsverfahren ein eigenständiges
Bild von den in Temelin vorgesehenen Lösungen wichti-
ger ausgewählter Sicherheitsfragen verschaffen können.
Die Ergebnisse dieser vertieften Sicherheitsbewertung
sind der tschechischen Genehmigungsbehörde im Au-

gust 2000 übermittelt worden. Am 5. September 2000
fand eine Erörterung der Ergebnisse dieser Bewertung
zwischen tschechischer Genehmigungsbehörde, Vertre-
tern des BMU und der Bayerischen Staatsregierung in
Prag statt. Die von deutscher Seite aufgezeigten Sicher-
heitsbedenken sollen zwischen Fachleuten weiter abge-
klärt und in Kürze abschließend bewertet werden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412027300
Herr Kollege Rose,
Ihre erste Zusatzfrage, bitte.


Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1412027400
Darf ich Sie darauf hin-
weisen, verehrte Frau Staatssekretärin, dass Sie gerade ei-
nen Widerspruch gebracht haben, weil Sie nämlich vorhin
gesagt haben, die vorherige Bundesregierung hätte nichts
getan, in Ihrer jetzigen Antwort aber darauf verwiesen ha-
ben, dass seit Mitte der 90er-Jahre durchaus einiges ge-
schehen ist, woraus ich schließe, dass Sie mit dem, was
geschehen ist, einverstanden sind, da Sie es ähnlich fort-
führen?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412027500

Herr Kollege, da haben Sie mich missinterpretiert. Ich
habe nicht gesagt, dass die alte Bundesregierung nichts
getan hat. Ich habe gesagt, dass sie sich im Verhältnis zu
dem, was die neue Bundesregierung getan hat, zurückhal-
tend verhalten hat.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412027600
Kollege Rose, bitte
die zweite Frage.


Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1412027700
Frau Staatssekretärin,
es hat sich vor wenigen Tagen eine eigene Kommission
zwischen den Tschechen und den Österreichern gebildet,
die einen Untersuchungsbericht über das Streitobjekt vor-
legen wollen. Kann ich davon ausgehen, dass sich die
Deutschen an dieser dann nicht bilateralen, sondern trila-
teralen Kommission beteiligen werden?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412027800

Sie wissen – ich habe das gerade auch mitgeteilt –, dass es
diese bilateralen Abkommen gibt. Die letzte Sitzung der
tschechisch-deutschen Gruppe dazu hat am 5. Septem-
ber 2000 stattgefunden.Dabeiwurdenweitere sicherheits-
technische Fragen aufgeworfen. Wir werden natürlich
alles tun, was auf politischer Ebene möglich ist, um die In-
betriebnahme von Temelin zu verhindern.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412027900
Eine Zusatzfrage des
Kollegen Kubatschka.


Horst Kubatschka (SPD):
Rede ID: ID1412028000
Frau Kollegin Altmann,
die CSU-Mehrheit im Bayerischen Landtag hat einen An-
trag der Grünen auf sofortigen Baustopp von Temelin am
16. Februar 1995 abgelehnt. War diese Ablehnung hilf-
reich, um den Befürchtungen der ostbayerischen Bevöl-
kerung entgegenzutreten?






(C)



(D)



(A)



(B)


G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412028100

Herr Kollege Kubatschka, es steht mir hier natürlich nicht
zu, Länderbeschlüsse zu kommentieren oder zu interpre-
tieren. Nichtsdestotrotz sei mir gestattet, zu sagen, dass
ich als Ostfriesin diese Logik nicht verstehe. Sie als ge-
lernter bayerischer Staatsbürger können das, so denke ich,
eher leisten.


(Horst Kubatschka [SPD]: Auch nicht!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412028200
Es gibt noch eine Zu-
satzfrage vom Kollegen Max Straubinger.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Der erklärt jetzt, wie es ist!)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1412028300
Frau Staatssekretärin,
Sie haben vorhin in Ihrer Antwort darauf hingewiesen,
dass die vorige Bundesregierung angeblich mehr Mög-
lichkeiten gehabt hätte, den Bau von Temelin zu verhin-
dern, als die jetzige Bundesregierung Möglichkeiten hat,
die Inbetriebnahme von Temelin zu verhindern. Wie stel-
len sich diese Möglichkeiten dar?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1412028400

Ich möchte nicht falsch interpretiert werden. Sie haben
das gerade wieder einmal getan.

Ich habe eine fünfseitige Liste vor mir liegen, mit der
ich einen rein quantitativen Vergleich anstellen kann: Die
Aktivitäten der alten Bundesregierung zwischen 1990
und 1998 lassen sich auf einer Seite festhalten, während
die Aktivitäten der neuen Bundesregierung zwischen
1998 und 2000 vier Seiten umfassen.


(Max Straubinger [CDU/CSU] meldet sich zu einer weiteren Zusatzfrage)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412028500
Herr Kollege
Straubinger, Sie können nur eine Zusatzfrage stellen. Im
Übrigen ist die für die Fragestunde vorgesehene Zeit ab-
gelaufen. Deshalb ist die Fragestunde jetzt beendet. Wie
üblich werden die übrigen Fragen – das sind die Fragen 42
bis 44 sowie 46 bis 64 – schriftlich beantwortet. Die
Frage 45 wurde vom Fragesteller zurückgezogen.

Ich rufe Zusatzpunkt 1 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU
Haltung der Bundesregierung zur wirtschaftli-
chen Lage des Transportgewerbes

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion
der CDU/CSU hat der Kollege Dr. Klaus Lippold.


Dr. Klaus W. Lippold (CDU):
Rede ID: ID1412028600
Frau
Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Dem Güterkraftverkehrsgewerbe steht das Wasser bis
zum Hals und die Bundesregierung schaut tatenlos zu.

Mehr als die Hälfte der Unternehmen dieses Verbandes
schreibt rote Zahlen. Rund 40 000 Unternehmen sind in
ihrer Existenz bedroht und 400 000 Arbeitnehmer müssen
um ihren Arbeitsplatz fürchten. Ich sage es ganz deutlich:
Die Bundesregierung schaut in diesem Fall tatenlos zu
und tut nichts. Sie tut absolut nichts. Die Arbeitnehmer in
diesem Gewerbe sind für sie offensichtlich ohne jedes In-
teresse.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


Ich will ganz deutlich sagen: Es ist eine Schande, dass
die Arbeitnehmer und die Fuhrunternehmer auf die Straße
gehen müssen, damit ihre Interessen von den Regierungs-
verantwortlichen überhaupt wahrgenommen werden. Für
noch schlimmer halte ich es, dass der Innenminister die-
ser Bundesregierung im Vorfeld bereits die Absicht zur
Demonstration halbwegs kriminalisiert hat, nach dem
Motto: Bei Straftaten wird Bundesgrenzschutz eingesetzt.
Es ist eine Schande, dass ein Innenminister mit einer sol-
chen Vergangenheit,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

von dem ich noch nie ein klares Wort zum Thema Gewalt
gegen Sachen gehört habe, jetzt Arbeitnehmer diskrimi-
niert.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie sind ein Heuchler!)


Ich will ja gar nicht einmal davon reden, dass er Terroris-
ten verteidigt hat. Das war seine Aufgabe. Aber: Damals
beim Thema Gewalt gegen Sachen nicht eindeutig Stel-
lung zu beziehen, jetzt aber Arbeitnehmer, die, wie sie
gestern bewiesen haben, friedlich demonstrieren, in die-
sen Verdacht zu rücken – das ist schon schandbar und das
können wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Ich sage das in
aller Deutlichkeit. Sie können nicht einfach so tun, als ob
Arbeitnehmer ihre berechtigten Interessen nicht mehr ver-
treten dürften.

Wenn ich den Fraktionsvorsitzenden der Grünen höre,
Herrn Rezzo Schlauch – nebenbei bemerkt: starke Beset-
zung bei den Grünen heute hier im Hause! –,


(Lachen bei der CDU/CSU)

der ankündigt, Sie ließen sich durch Demonstrationen
nicht unter Druck setzen, dann sage ich: Er hat Recht.
Warum? – Wenn es um seine Klientel geht, dann braucht
es keine Demonstration, sondern dann genügt ein Anruf
und schon wird das Gesetz geändert.

Hier aber geht es um Arbeitnehmer, die zwölf Stunden
und mehr am Tage arbeiten. Für deren Anliegen hat ein
Grüner natürlich kein Verständnis, insbesondere wenn er
Porsche fährt und davon ausgehen kann, dass die Straßen
bald etwas freier sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Leute, so geht es nicht!


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist der typische Lippold-Klamauk!)







(C)



(D)



(A)



(B)


Ich könnte Ihnen Beispiele nennen: Beim KWK-Ge-
setz, bei Lubmin wurden auf Zuruf Gesetze geändert, weil
Ihre Herren Scheer und andere Interessen geltend ge-
macht haben. Aber bei diesem Sachverhalt, bei dem es um
Arbeitnehmer aus dem Straßenverkehrsgewerbe geht, da
haben Sie kein Verständnis.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie sind Trittbrettfahrer! Hören Sie auf!)


– Artikulieren Sie es doch deutlicher, Herr Schmidt. Dann
kann ich darauf eingehen.

Der Bundesverkehrsminister, kündigt ständig etwas
Neues an. Erst spricht er von Erleichterungen bei der Kfz-
Steuer – ich lasse einmal völlig außer Acht, dass er die Mi-
neralölsteuer zugunsten des Bundes erhöhen und die Kfz-
Steuer zulasten der Länder senken will – aber 14 Tage
später ist von diesem Vorschlag schon nicht mehr die
Rede. Dann kommen andere Positionen auf und werden
diskutiert. 14 Tage später ist auch davon nicht mehr die
Rede.

Dann wiederum sagt er, wir müssen in Brüssel Harmo-
nisierungen erreichen. Er geht nach Brüssel, aber was ist
das Ergebnis? – Er kommt zurück als gescheiterter Ver-
kehrsminister, der sagt, dieses Mal habe es nicht geklappt,
aber man versuche es beim nächsten Mal erneut. Wir müs-
sen endlich einmal eine Bundesregierung erleben, die sich
in solchen Fragen in Brüssel auch wirklich durchsetzt an-
statt eine Ankündigung nach der anderen zu machen, de-
ren Umsetzung allesamt scheitern.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Machen wir uns nichts vor: Alle Ihre Versuche, mit

Einzelmaßnahmen jetzt etwas zu bewirken, treffen abso-
lut nicht den Kern der Sache.


(Angelika Mertens [SPD]: Was ist denn der Kern der Sache?)


Was Sie nicht wollen, ist, das einzig Richtige zu tun und
die Ökosteuer abzuschaffen. Warum nicht? – Sie haben
Ihrem Koalitionspartner mehrfach das Rückgrat gebro-
chen. Es gibt nahezu kein Wahlversprechen mehr, das die
Grünen gehalten haben. Jetzt glauben Sie, ausgerechnet in
dieser Frage, bei der es um die Interessen deutscher Ar-
beitnehmer geht, müssten Sie Ihrem grünen Koalitions-
partner beistehen. Das ist falsch; das sage ich Ihnen ganz
klar. Korrigieren Sie Ihre Haltung in dieser Frage!

Ich habe Ihnen schon in der letzten Diskussion hierzu
gesagt: Wenn die nächsten Debatten vor den Wahlen in
Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg anstehen,
dann wird Ihr Kanzler, der bisher noch jeder Pression
nachgegeben hat, umfallen. Überlegen Sie sich Ihre Ar-
gumentation heute! Wir werden Sie an Ihre Argumenta-
tion von heute erinnern, wenn er wieder einmal umgefal-
len ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ja nicht
so, dass nur das Verkehrsgewerbe betroffen ist, dass nur
die Lastwagenfahrer betroffen sind. Taxifahrer sind be-
troffen, Bauern sind betroffen; sämtliche Gartenbaube-

triebe leiden unter einer existenziellen Bedrohung. Und
was tun Sie? Sie tun nichts, Sie schweigen. Sie nehmen le-
diglich Maßnahmen in Aussicht, aber wann Sie sie reali-
sieren, wissen wir nicht.

So einfach können Sie es sich nicht machen. Das las-
sen wir Ihnen auch nicht durchgehen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412028700
Herr Kollege Lippold,
Sie müssen zum Schluss kommen. Es ist eine Aktuelle
Stunde, und Sie wissen, dass die Redezeit auf fünf Minu-
ten begrenzt ist.


Dr. Klaus W. Lippold (CDU):
Rede ID: ID1412028800
Die
letzten anderthalb Sätze: Wenn in solchen Situationen die
arrogante Ministerriege, die bei Ihnen auf den Bänken
sitzt, statt die Ökosteuer abzuschaffen, sagt, die Leute sol-
len nicht nach Mallorca fahren, die sollen auf ihren Urlaub
verzichten, dann muss ich ganz deutlich sagen: Das kön-
nen wir nicht akzeptieren. Denken Sie einmal an die Be-
völkerung, denken Sie einmal an die Leute, denen Sie in
die Tasche greifen! So jedenfalls ist Ihr Weg falsch.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412028900
Für die SPD-Fraktion
spricht jetzt die Kollegin Angelika Mertens.


Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1412029000
Frau Präsidentin! Meine
Damen und Herren! Herr Lippold, zu Ihrem Versuch, hier
als Retter der Witwen und Waisen aufzutreten und sich
wie der Wolf im Märchen eine weiße Pfote zu machen, um
damit beim Straßengüterverkehrsgewerbe gut anzukom-
men, kann ich Ihnen nur sagen: So ein kurzes Gedächtnis
hat das Gewerbe nicht. Sie haben vielleicht gemerkt, dass
sich einige nicht vor Ihren Karren haben spannen lassen.
Dafür gebührt ihnen mein Respekt.

Sie haben nämlich nicht vergessen, was vor einigen
Jahren passiert ist, als Sie die Kabotage freigegeben ha-
ben. Das Gewerbe hat gegen Ihr Vorhaben einen erbitter-
ten Widerstand geführt. Wir haben Sie immer gewarnt.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Das haben wir doch alles mit Ihnen zusammen beschlossen! Sie haben doch zugestimmt!)


Ihre Maxime „Liberalisierung vor Harmonisierung“ rächt
sich jetzt. Es ist das Ergebnis Ihrer Politik, wenn die Leute
jetzt auf die Straße gehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Entwicklung der Energiepreise ist besorgniserre-
gend. Das bagatellisiert wirklich niemand. Wenn man mit
dem Gewerbe in Ruhe redet – das haben wir getan –, dann
sagen sie – das werden sie auch Ihnen gesagt haben –, dass
es nicht die Ökosteuer ist, die dem Gewerbe und den
Transporteuren die Luft abdrückt. Insofern ist die Kam-
pagne, die Sie jetzt starten und an die sich die F.D.P. an-
scheinend anhängt, wirklich die reinste Volksverdum-
mung.




Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)


11513


(C)



(D)



(A)



(B)


Die Situation ist doch folgende: Jährlich gibt es in die-
sem Gewerbe Zuwachsraten von 5 bis 6 Prozent. Darüber
würden sich andere Bereiche sehr freuen.


(Renate Blank [CDU/CSU]: Aber unterm Strich bleibt nichts übrig!)


Trotzdem kämpfen vor allen Dingen viele kleine und mitt-
lere Unternehmen um ihre Existenz. Es gibt aber auch
– das darf man nicht verschweigen – Unternehmen, denen
es durchaus gut geht.


(Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/CSU]: Trotz Ihrer Politik!)


Wir haben in diesem Land desolate Wettbewerbsbe-
dingungen. Ein großer Teil dieses Gewerbes – das neh-
men wir sehr ernst; Sie wissen, was wir hierzu unterneh-
men – wird zweifach in die Zange genommen, zum einen
im Inland wegen völlig zusammengebrochener Wettbe-
werbsbedingungen: durch Billiganbieter aus Drittstaaten,
die mehr oder weniger legal sind, Billiganbieter durch So-
zialdumping und Selbstausbeutung, und zum anderen vor
allen Dingen durch einen völligen Verfall der Preise.

Wenn ich ein sparsamer Mensch wäre, dann würde ich
mir, um zum Bahnhof oder sonst wohin zu gelangen, statt
eines Taxis einen 40-Tonner-LKW bestellen; denn er ist
preiswerter als ein Taxi. Wenn ich für einen 40-Tonner-
LKW 1,70 DM pro Kilometer bezahle, dann können Sie
sehen, dass die Preise wirklich im Keller sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Preise können nicht an die Verlader weitergegeben
werden. Es wird unter Kosten gefahren. Das bringt das
Gewerbe immer mehr unter Druck und verschlimmert die
Situation. Es ist mein Appell, dass die Kosten an die Ver-
lader weitergegeben werden. Die Verlader sind übrigens
mittlerweile so frech, dass sie dem Endverbraucher Trans-
portkosten in Rechnung stellen, die das Transportgewerbe
nie sieht.

Zum anderen wird das Gewerbe durch die Situation in
Europa in die Zange genommen. Wir haben hinsichtlich
Europa sicherlich alle irgendwie unsere Leichen im
Keller. Im Verkehrsbereich – das kann ich Ihnen sagen –
ist dies zum Massengrab geworden. So geht es nicht wei-
ter. Die SPD-Fraktion und, wie ich denke, auch der Ko-
alitionspartner erwarten von der Bundesregierung, dass es
nicht wie in Ihren 16 Jahren bei Worten belassen wird,
sondern dass Abmachungen eingehalten werden und nicht
diejenigen die Angeschmierten sind, die sich an sie halten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn die EU in der Welt ernst genommen werden will,

dann kann sie keine Politik nach dem Motto machen:
Rette sich, wer kann. Diesen Wettlauf gewinnt nämlich
niemand.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Unsere Politik wird sich daran ausrichten, strukturelle
Probleme zu lösen, das heißt, illegale Praktiken zu been-
den, die entfernungsabhängige LKW-Gebühr schnellst-

möglich einzuführen und den Subventionswettlauf zu be-
enden. Es könnte zum Beispiel ein erster Schritt sein, hier
wirklich einmal Transparenz herzustellen.

Daraus ergeben sich zwei Schlussfolgerungen, auch
hinsichtlich Ihrer Aktuellen Stunde. Sie müssen kapieren,
dass ein Transport wieder seinen Preis hat. Ich sage Ihnen:
Ihre dümmliche Ökosteuerkampagne zeigt, dass Sie von
Verkehrspolitik nichts begriffen haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412029100
Der nächste Redner
für die Fraktion der F.D.P. ist der Kollege Horst Friedrich.


Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1412029200
Frau Präsiden-
tin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen!
Wie ernst diese Bundesregierung die Debatte heute und
die Lage des Gewerbes tatsächlich nimmt, zeigt die Prä-
senz auf der Regierungsbank. Er kommt zwar gerade in
aller Eile, der Kollege Bodewig, aber ein Haus mit einem
Minister und fünf Staatssekretären braucht sage und
schreibe bis zehn Minuten nach Beginn der Plenardebatte,
um hier bei diesem wichtigen Thema überhaupt zu er-
scheinen.


(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Es ist wirklich eine Frechheit!)


Was muss denn eigentlich noch passieren, wie viele
Demonstrationen müssen noch abgehalten werden? Bald
ist es so weit, dass dem Gewerbe das Wasser nicht nur bis
zum Hals steht, sondern dass es bereits unter Wasser ist.
Die einzige Alternative, die Herrn Klimmt dazu einfällt,
ist, dass er KfW-Kredite ausreicht. Das ist ungefähr so, als
wenn Sie einem Ertrinkenden, damit er tatsächlich unter-
geht, noch einmal einen Schluck Wasser in der Bade-
wanne geben, damit er endgültig ersäuft.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Badewanne sind nur wenige ertrunken!)


Jemandem, der rote Zahlen schreibt, mit neuen Kredi-
ten weiterzuhelfen zeigt, dass das Problem nicht erkannt
worden ist, Frau Kollegin Mertens – ganz abgesehen da-
von, dass Sie dem GüKG, in dem die Kabotagesituation
geregelt worden ist, zugestimmt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU – Angelika Mertens [SPD]: Ich nicht! Wenn wir schon beim „langen Gedanken“ sind: Die letzte für das Gewerbe spürbare Kostenreduzierung hat die Koalition aus Union und F.D.P. bei der Kfz-Steuer 1992 festgelegt. Wir haben das deutsche Gewerbe positioniert und aus unserer damaligen Sicht wettbewerbsfähig gemacht. Da hat es Auftrieb gegeben. Angelika Mertens 11514 Seit Übernahme der Regierungsverantwortung 1998 erhöhen Sie jetzt Zug um Zug national die Kosten. Sie haben die steuerlichen Bedingungen verändert. Sie sind bei der Abschreibungsfrist dabei, das Ganze noch weiter zu verschlimmern. Sie haben die Ökosteuer eingeführt. Sie weigern sich, zur Kenntnis zu nehmen, dass man die KfzSteuer immer noch weiter reduzieren kann. Sie sagen: Es darf keinen Wettlauf geben; wir hoffen auf die europäischen Instanzen. Wie lange wollen Sie denn eigentlich noch warten, bis Regelungen kommen? (Angelika Mertens [SPD]: Wie lange haben Sie denn gewartet? – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was haben Sie denn gemacht?)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(C)


(D)


(A)


(B)


Wenn Sie jetzt nicht dem deutschen Gewerbe signalisie-
ren, dass kurzfristig, unmittelbar morgen geholfen werden
kann, ist für einen Teil der deutschen Unternehmer der
Wettlauf vorbei. Sie sterben dann, weil man sich in Eu-
ropa nicht geeinigt hat.


(Beifall bei der F.D.P. und CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie wissen doch ganz genau, dass das nicht geht!)


Sie wissen nicht, wie die Situation ist. Ich kann Ihnen
einmal vorlesen, wie die Realität draußen ausschaut. Mir
hat ein befreundeter Unternehmer aus meiner Heimat ei-
nen Brief geschrieben und mich gebeten, ihm zu helfen.
Er hat einen Brief beigelegt, in dem einer seiner Kunden
– eine Firma Schott aus Spanien – erklärt hat: Sehr ge-
ehrter Herr Maisel, wir haben großes Verständnis für Ihre
Reaktion auf die gestiegenen Treibstoffkosten, dass Sie
nämlich mehr Geld für die Transporte wollen. Aber wir
haben natürlich auch unseren eigenen Kostenrahmen zu
sehen. Deswegen werden wir unsere Sendungen nach
Deutschland und in die Schweiz ab Oktober mit spani-
schen Spediteuren abfertigen, was wir auch bereits mit
unseren Sendungen nach Frankreich machen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wer hat das ermöglicht?)


Um ein Beispiel zu nennen: Ein spanischer LKW nach
Sankt Gallen kostet uns 33 Prozent weniger. Rechnet man
die unterschiedliche Auslastung dazu, bleiben immer
noch 26 Prozent.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Soll der Steuerzahler alles übernehmen, oder was?)


Da sagen Sie immer noch: Es darf sich national nichts
ändern, es muss so weitergehen wie bisher. Was wollen
Sie eigentlich noch an Unterlagen haben, um Ihre Politik
endlich zu verändern, um die Beratungsresistenz aufzu-
geben?


(Beifall bei der F.D.P. und CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Unsinn! – Angelika Mertens [SPD]: Das ist Ihre Politik! Das haben Sie zugelassen!)


Dann kommt noch der Strohhalm: Die Eisenbahn wird
das Ganze schon richten.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das sagt doch keiner!)


Das höre ich ja nun immer wieder. Aber es ist ein Irr-
glaube. 10 Prozent dessen, was heute auf der Straße rollt
und morgen auf die Eisenbahn verlagert wird, bedeutet
dort Verdopplung der Kapazitäten. Wer sich in der Welt
wirklich umschaut, wird sehen, dass 10 Prozent des
Straßengüterverkehrs, verlagert auf die Eisenbahn, nicht
spürbar sind, weil es ungefähr dem Zuwachs eines Jahres
entspricht. Die Bahn hat aber große Probleme, 100 Pro-
zent Zuwachs überhaupt auf die Reihe zu bekommen. Sie
ist mittlerweile zusätzlich mit 2,5 Milliarden DM aus den
Zinsersparnissen im Zusammenhang mit den Erlösen aus
der Versteigerung der UMTS-Lizenzen gesegnet worden.
Herr Mehdorn bedankt sich dafür und fordert zusätzlich,
die Mineralölsteuer müsse aber auch noch abgeschafft
und die Umsatzsteuer am besten halbiert werden.


(Angelika Merten [SPD]: Sie fordern das im Moment doch genauso! Was soll das denn?)


Dass er in seinem Haus selber noch Hausaufgaben zu er-
ledigen hat, dass er die Bahn erst einmal leistungsfähig
machen muss, um den Logistikanforderungen zu genü-
gen, das sagen Sie nicht. Meine Damen und Herren von
der Regierung, dass Sie so laut schreien, zeigt eigentlich,
dass ich Sie genau da getroffen habe, wo ich Sie treffen
wollte.


(Lachen bei SPD)

Im Endeffekt haben Sie kein Konzept für die Probleme
des Gewerbes. Sie werden damit leben müssen – dass ist
dann Ihre Verantwortung –, dass bei Ihrer sturen Verwei-
gerungshaltung unter Umständen die Gefahr besteht, dass
bisher friedliche Demonstrationen aus nackter Existenz-
angst der Betroffenen unter Umständen ausfransen kön-
nen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie schüren das doch!)


Das ist dann Ihre politische Verantwortung, die Sie nie-
mandem mehr auf die Schultern laden können.

Danke sehr.

(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412029300
Für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Kollege Albert
Schmidt das Wort.

Albert Schmidt (Hitzhofen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Zunächst einmal will ich ganz klar und un-
missverständlich sagen: Es ist selbstverständlich legitim
und aus der Betroffenensituation durchaus nachvollzieh-
bar, dass Branchen auch in Demonstrationen und Aktio-
nen ihre Sorgen und Forderungen vortragen und ihrem
Ärger über gestiegene Kosten in ihrer Branche Luft ma-
chen. Das ist überhaupt nicht der Streitpunkt. Deshalb bin
ich sogar in gewisser Weise dankbar, dass die Aktuelle
Stunde, die Sie beantragt haben, vielleicht den Einstieg in
eine Debatte ermöglicht, die wirklich auf die Probleme
des Gewerbes eingeht und nicht Scheinprobleme aufbläst,




Horst Friedrich (Bayreuth)


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(C)



(D)



(A)



(B)


von denen wir alle wissen, dass wir sie nicht lösen kön-
nen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Was? Macht bloß so weiter!)


Ich möchte Ihnen zunächst einmal Folgendes sagen:
Der Straßengüterverkehr – das bestreitet in diesem Land
niemand – hat eine hervorragende Auftragslage. Es gibt
kaum eine Branche im Land, die derartige Wachstumsra-
ten aufweist. Die Zuwachsprognosen für den Straßengü-
terverkehr für die nächsten Jahre sind nicht nur gut; sie
sind geradezu erschreckend gut. Das würde bedeuten,
dass eine beachtliche Steigerung – bis zu einer Verdoppe-
lung – des LKW-Verkehrs in den nächsten 20 Jahren auf
uns zurollen würde. Das wird uns veranlassen umzusteu-
ern. Es ist nicht das Problem, dass niemand mit dem LKW
transportieren möchte, sondern dass niemand den Trans-
port mit dem LKW ordentlich bezahlen will. Das ver-
schweigen Sie, wenn Sie immer auf die Ökosteuer ein-
schlagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol-
legen, wenn heute ein Kilometer Transport mit dem LKW
in bestimmten Relationen – die Kollegin Angelika
Mertens hat es angesprochen – 1,70 DM, weniger als ein
Taxi, kostet, dann zeigt das, dass der interne Markt auf der
Straße total aus den Fugen geraten ist. Das hat nichts mit
der Ökosteuer zu tun. Das geben übrigens alle Spediteure
zu, mit denen ich in diesen Tagen im Gespräch bin. Spä-
testens nach fünf Sätzen sagen sie: Natürlich ist es nicht
die Ökosteuer.

Die Kolleginnen und Kollegen, die gestern demons-
triert haben, kämpfen an der falschen Front.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. – Horst Friedrich [Bayreuth] [F.D.P.]: Waren Sie denn da?)


– Selbstverständlich war ich vor Ort und habe diskutiert.
Ich war schon in der Frühe um acht Uhr dort. Da haben
Sie noch geschlafen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [F.D.P.]: Da waren die Trucker ja noch nicht da!)


Wenn heute ein bulgarischer Fahrer auf Deutschlands
Straßen 2 DM Stundenlohn bekommt, der deutsche Kol-
lege aber 16 DM oder 18 DM verlangen muss, dann ist
dies der Unterschied, der wirklich wehtut. Das sind die
Probleme, über die wir sprechen sollten – nicht über ein
paar Pfennige Mineralölsteuer.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Fahrer ohne Ausbildung, die im deutschen Straßennetz
unterwegs sind, Fahrer ohne jeglichen sozialen Schutz
und Fahrer ohne Verantwortung sind das Ergebnis einer
gnadenlosen Liberalisierung auf dem Markt, die nichts
anderes gebracht hat als ein Preisdumping, das den klei-

nen und mittelständischen Unternehmen das Leben
schwer macht. Das ist übrigens das Ergebnis Ihrer gna-
denlosen Liberalisierungspolitik, meine sehr verehrten
Herren von der F.D.P.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nun verlangen Sie, dass der Staat Steuerverzicht üben
und den Diesel subventionieren soll. Sie verweisen auf
Frankreich, wo der Dieselpreis sogar nach der Zusage, die
Mineralölsteuer um 6 Pfennige zu senken, immer noch
höher sein wird als bei uns. – Übrigens: In Frankreich gibt
es die LKW-Streckenmaut längst, die wir erst einführen
wollen. – Sie glauben doch nicht im Ernst, dass dies ein
einziges Problem lösen wird? Das Gegenteil ist der Fall.

Erstens. Eine solche Steuersubvention für den Diesel
durch Steuerverzicht, den wir üben würden, wäre ein kla-
res Signal an die Ölmultis: Dreht fröhlich weiter an der
Preisschraube! Die reichen Finanzminister der westeu-
ropäischen Industriestaaten subventionieren dann, damit
es immer noch bezahlbar bleibt.

Zweitens. Keine sechs Monate später würden Sie den
Subventionskonter aus den europäischen Nachbarländern
einfangen, die Sie geradezu ermuntern, auf diesem Weg
fröhlich weiterzumachen. Es wäre ein Aufruf zur nächs-
ten Runde des Preisdumpings, dass das Problem nur ver-
schiebt und verschärft, weil die Handlungsspielräume im-
mer geringer werden.

Wir müssen etwas ganz anderes tun: Wir müssen un-
sere Anstrengungen vervielfachen, um garantierte Min-
destlöhne zu bekommen, um sozialen Mindeststandards
Geltung zu verschaffen und um endlich – als Nachweis
für eine legale Beschäftigung – eine europäische Fahrer-
lizenz zu bekommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Wann denn?)


Diese Festlegungen – das sage ich in aller Freundschaft
auch an unsere osteuropäischen Nachbarn – müssen auch
für diejenigen Staaten gelten, die Mitgliedsländer der Eu-
ropäischen Union werden wollen. Denn es kann nicht
sein, dass jemand zwar die Vorteile des Marktes nutzen,
sich aber nicht an die zivilisatorischen Standards halten
will.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen auch die Kontrollen verstärken. Im letzten
Jahr konnten bei jedem fünften kontrollierten LKW, Herr
Kollege Lippold, Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten
sowie gegen Bestimmungen über Fahrerlizenzen nachge-
wiesen werden. Das sind Dinge, bei denen wir die
schwarzen Schafe greifen und zur Rechenschaft ziehen
müssen.

Letzter Punkt, Frau Präsidentin: Wenn der Weltmarkt
infolge einer erkennbaren Verknappung des Rohöls und
gleichzeitig verstärkter Nachfrage hohe Preise hervor-
bringt, kommt die F.D.P. und ruft nach dem Staat. Das
ist Ihr Verständnis, das Verständnis der Hohepriester der




Albert Schmidt (Hitzhofen)

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(C)



(D)



(A)



(B)


Marktwirtschaft. Staatssubventionismus, Sozialismus,
das ist das, was Sie im Grunde wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS – Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P. )


Sie wollen, dass der Staat in die Kasse greift und den
Markt außer Kraft setzt. In diesem Punkt war Ihr Wirt-
schaftsminister Günter Rexrodt viel konsequenter. Als es
damals um die DASAging, hat er gesagt: Jetzt ist Schluss.
Wir wissen, dass der Dollarkurs schlecht ist, und wir wis-
sen, dass die DASA Probleme hat, aber ihr müsst sie aus
eigener Kraft lösen. Das war liberal.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412029400
Herr Kollege
Schmidt, jetzt ist wirklich Schluss.

Albert Schmidt (Hitzhofen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Was Sie jetzt machen, ist eine Volksbetrüge-
rei.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412029500
Das Wort für die PDS-
Fraktion hat der Kollege Rolf Kutzmutz.


Rolf Kutzmutz (PDS):
Rede ID: ID1412029600
Frau Präsidentin! Meine Da-
men und Herren! Herr Schmidt, was man in einer solchen
Aktuellen Stunde alles lernen kann, ist ungeheuer.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Vor allem von der F.D.P.! – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr passt zusammen, in dieser Frage hervorragend!)


Ich komme auf den Sozialismus zurück.
– Ach ja, Herr Schmidt, nicht alles passt zusammen, was
zusammengehört.


(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Eines möchte ich vorausschicken: Wir sollten in einer

solchen Debatte vermeiden, die Demonstranten von ges-
tern genau so wie die Demonstranten vor drei oder vier
Jahren in Bonn zu instrumentalisieren.


(Beifall bei der PDS)

Die einen sagen, sie dürften nicht, die anderen sagen, es
sei ihr gutes Recht. Wir sollten dies nicht von Fall zu Fall
entscheiden. Demonstrieren gehört – darin sollten wir uns
einig sein – zum guten Recht derjenigen, die sich politisch
einmischen, die sich ungerecht behandelt fühlen,


(Beifall bei der PDS)

egal, wen es zu welcher Zeit trifft, Herr Lippold. Der Ti-
tel der Aktuellen Stunde stammt von Ihnen; ich finde ihn
etwas unredlich. Ich finde auch unredlich, was bisher ge-
sagt worden ist.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sehr gut gewählt, gute Auswahl!)


Es geht ja nicht allgemein um das Transportgewerbe.
Sonst müssten wir auch über die Ungleichbehandlung, die
Diskriminierung von Schienen- und Wasserwegen reden.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Das ist doch nicht das Thema!)


– Selbstverständlich ist das das Thema, Sie sollten
zuhören anstatt dazwischenzureden.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Sitzen Sie auf der Straße oder sitzen die Lastwagenfahrer auf der Straße?)


Sie sollten einfach sehen, welche Wettbewerbsbedingun-
gen bestehen. Sie wissen mindestens so gut wie ich, dass
diese ungleich sind.


(Dr. Ruth Fuchs [PDS]: Dann hätten die eine Aktuelle Stunde zu den Lastwagenfahrern machen sollen!)


Ich will Ihnen und den Kollegen von der CDU/CSU
auch sagen: Gestern hat ein ehemaliger Umwelt- und
Straßenbauminister der CDU/CSU etwas gesagt, was ich
hier nicht höre. Er hat gesagt, eine richtig ausgestattete
Ökosteuer sei keine K.o.-Steuer, sondern ein notwendiges
Instrument für global wichtige Ziele wie etwa den Klima-
schutz.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [F.D.P.]: Die Betonung liegt aber auf „richtig“!)


Er hat dies nicht vom Adenauer-Haus aus gesagt, sondern
von Nairobi aus. Dort war er vor Ihrer Kritik sicher.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch das ist doch wahr: Für die Spediteure ist nach
vielen Bekundungen von gestern – wie Sie war auch ich
bei den Demonstrationen – die Ökosteuer nicht die größte
Sorge.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Dies ist bei aktuell 21 Pfennig mehr Steuern auf den Liter
Diesel gegenüber März 1999 auch nicht verwunderlich.
Es geht ihnen vielmehr um den Subventionswettlauf, um
die Wettbewerbsverzerrungen im europäischen Raum, die
sich pro Laster auf mehrere Tausend Mark belaufen kön-
nen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [F.D.P.]: 2 000 DM pro Tankfüllung!)


Deshalb wende ich das Töpfer-Zitat auch in Bezug auf die
Koalitionskollegen an. Es geht um eine – da war der Zu-
ruf richtig – richtig ausgestattete Ökosteuer.


(Beifall bei der PDS)

Darin besteht das tatsächliche Problem der aktuellen
Lage. Darauf haben meine Fraktion und auch ich seit Be-
ginn der Wahlperiode immer wieder hingewiesen.

Um es noch einmal klarzustellen: Wir sind nicht gegen
eine ökologische Besteuerung, wir wollten und wollen
aber eine andere. Ökosteuern müssen von vornherein in




Albert Schmidt (Hitzhofen)


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(C)



(D)



(A)



(B)


ein entsprechendes sozial-, wirtschafts- und verkehrspoli-
tisches Umfeld eingebettet werden. Mit dem Rezept von
Regierung und Koalition erntet man keine doppelte Divi-
dende – Umwelt und Arbeit –, sondern eine einfache Ka-
tastrophe. Ökologische Lenkungswirkung von Steuern ei-
nerseits und gleichzeitig Orientierung beispielsweise der
Bahninvestitionen allein in einen Berliner Knoten oder
eine schnelle Flughafenverbindung am Rhein andererseits
stehen sich diametral gegenüber.


(Beifall bei der PDS)

Sie dürfen angesichts der Lage nicht bis zur nächsten

Wahl warten, um dann vielleicht die Einnahmen aus der
Ökosteuer in einen ökologischen Umbau zu lenken. Sie
dürfen auch nicht mit konkreten Maßnahmen gegen
Lohn- und Sozialdumping sowie gegen illegale Praktiken
im Transportbereich warten. Herr Schmidt, Sie haben ge-
sagt, wir müssten und sollten etwas tun. Es gibt eine Re-
gierung und die muss auch in der EU aktiv werden und
darf nicht warten, bis von anderen etwas geleistet wird.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


Sie sollten auch eine entfernungsabhängige Straßenmaut
nicht bis 2002 oder 2003 hinauszögern. Bis dahin hätten
wir keinen Truck weniger auf den Autobahnen, nur wären
es dann fast ausschließlich west- oder osteuropäische und
keine einheimischen mehr.

Ich habe sehr wohl vernommen, dass der Bundeskanz-
ler und der Verkehrsminister gestern über alle Fernseh-
kanäle Initiativen für europäische Führerscheine und
Standards bei den Arbeitsbedingungen ankündigten.
Richtig, aber eben auch unredlich; denn solche Probleme
sind seit Jahren bekannt – es gab sie übrigens auch schon
unter der alten Regierung –, sie wurden nur nicht ernsthaft
angegangen.


(Beifall bei der PDS)

Wenn sie jetzt angegangen werden, dann aber leider

nicht auf Initiative dieser Regierung. Womit sich Kanzler
und Minister schmücken, das kann jeder seit Anfang Mai
– also lange vor der aktuellen Treibstoffpreisexplosion –
in der Mitteilung der EU-Kommission „Überprüfung der
Binnenmarktstrategie 2000“ nachlesen. Ich zitiere aus
dem Arbeitsplan: auf Dezember 2000 verschobenes Pro-
jekt, aber Priorität: Legislativpaket für den Schienenver-
kehr; neues Projekt, bis Dezember 2000: Richtlinie Inter-
operabilität des konventionellen Eisenbahnsystems; neu,
bis Dezember 2000: Richtlinie Arbeitszeiten im Straßen-
verkehr; neu, bis Dezember 2000: Verordnung über Kon-
trollen von Berufskraftfahrern.

Sicher, die Kommission ist weit weg und vor ihr sitzen
noch 15 nationale Regierungen, die das alles noch ausge-
stalten können. Aber eine politische Philosophie, wie sie
diese Vorhaben verdeutlichen, hätten wir uns auch von
dieser Bundesregierung gewünscht, und zwar seit Ende
1998 und nicht erst andeutungsweise in den letzten Tagen.
Wer PKWs und LKWs fast alternativlos lässt, darf die
Kosten ihrer Nutzung nicht einseitig ins Unerträgliche
steigern. Verkehrsalternativen und gerechte Ökosteuern
gehören einfach zusammen, sonst funktionieren sie nicht.

Danke schön.

(Beifall bei der PDS)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412029700
Das Wort hat jetzt der
Parlamentarische Staatssekretär Kurt Bodewig.


(Zuruf von der CDU/CSU: Er ist ja schon da!)


K
Kurt Bodewig (SPD):
Rede ID: ID1412029800
Sehr ge-
ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Zunächst ein Wort der Entschuldigung: Ich hatte mich auf
das ursprüngliche Zeitraster verlassen und war verlassen.
Ich bitte um Nachsicht.

Nach dem, was ich bisher gehört habe, sage ich Ihnen
sehr deutlich, dass die LKW-Fahrer und Spediteure ei-
gentlich etwas anderes als das verdienen, was Sie, Herr
Friedrich, hier vorgetragen haben. Sie verdienen, dass
man sie in ihrem Anliegen ernst nimmt. Das ist der ganz
entscheidende Punkt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/CSU]: Das vermissen wir bei Ihnen!)


– Es macht kein gutes Bild für unsere Gäste auf der
Tribüne, wenn Sie noch nicht einmal zuhören wollen.


(Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/CSU]: Das ist doch der reine Hohn, was Sie sagen! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sie verhöhnen doch die Leute!)


Polemik und Scheinlösungen führen nicht weiter. Die
Spediteure und LKW-Fahrer, denen das Wasser zum Teil
bis zum Hals steht, haben es verdient, dass wir ihr Anlie-
gen ernst nehmen und mit dem gnadenlosen Populismus
aufhören, wie ich ihn in den letzten Tagen gehört habe.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nicht die Ökosteuer ist das Problem dieser Debatte,
sondern die Wettbewerbsverzerrung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Nein, die Regierung!)


Das gilt umso mehr, als es nicht allen Unternehmen glei-
chermaßen gut oder schlecht geht. Es gibt große Spediti-
onsketten, die auch in diesem Jahr trotz des Preisdrucks
sehr gute Ergebnisse erzielen. Wir haben andererseits
kleine Unternehmen, die davon abhängig sind, dass es
formulierte Standards gibt und dass sie Wettbewerbs-
chancengleichheit erhalten. Genau an diesem Punkt
arbeiten wir. Der Normalfall darf nicht ein deutsches Spe-
ditionsunternehmen mit Filialen in Portugal und ukraini-
schen Fahrern sein. Von diesen geht nämlich der Wettbe-
werbsdruck aus, mit dem sich zurzeit die kleinen
Spediteure auseinander setzen.

Deswegen führt unser Ministerium mit dem Gewerbe
einen Dialog. Gerade Bundesminister Reinhard Klimmt
hat dies von Anfang an getan. Nicht zuletzt deswegen
wurden in der vergangenen Woche vier Punkte vereinbart.
Der erste Punkt betrifft die Einführung einer EU-Fahrer-
lizenz. Sie ist notwendig, um zu verhindern, dass über
Lohn- und Sozialdumping kleine Spediteure aus dem




Rolf Kutzmutz
11518


(C)



(D)



(A)



(B)


Markt gemobbt werden. Der zweite Punkt betrifft die Än-
derung des Güterkraftverkehrsgesetzes: Wir wollen den
Unternehmen die Pflicht auferlegen, nur Fahrer einzuset-
zen, die eine Arbeitsgenehmigung im Original mit einer
amtlich beglaubigten Übersetzung mit sich führen.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


Wenn Sie nun sagen, das sei eine kleine Maßnahme, halte
ich Ihnen entgegen, dass dies eine für die Wettbewerbssi-
tuation der deutschen Spediteure ganz entscheidende
Maßnahme ist, die man auch schon vor einigen Jahren
hätte ergreifen können. Wir reden nicht, wir tun es.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/CSU]: Wann? Klimmt ist doch ein Ankündigungsminister!)


Diese Verpflichtung wollen wir auch auf die Verlader aus-
dehnen, da diese das zweite Glied in der Kette der Wett-
bewerbsverzerrung darstellen. Auch hier müssen wir
deutlich arbeiten. Deswegen auch die Verantwortung, bei
den Verladern nur Unternehmen einzusetzen, die genau
über diese Genehmigung oder Gemeinschaftslizenz ver-
fügen. Wir werden den Bußgeldrahmen weiter erhöhen.
Das ist ebenfalls notwendig; denn nur mit Sanktionen
können wir es durchsetzen.

Ich sage Ihnen jetzt einen weiteren Punkt: Ich glaube,
dass wir in Bedrängnis geratenen Unternehmen mit kurz-
fristigen Überbrückungshilfen jetzt helfen müssen. Wir
müssen ihnen jetzt dieses Stück Spielraum schaffen, in
dem sie sich bewegen können. Da werden wir alle beste-
henden Möglichkeiten nutzen. Wir werden sie verbessern
und mit Beratungsangeboten – wirklich mit konkreten
Hilfen, nicht mit Sprüchen – verbinden.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Ha, ha, ha!)

Das KfW-Programm für Mittelstandsförderung wird

hier spezifiziert. Wir werden genau an diesem Punkt wei-
terkommen. Wir werden nicht Scheindebatten führen,
sondern wir werden Maßnahmen einführen, die konkret
wirken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [F.D.P.]: Wann denn?)


Ich sage zum Letzten: Auch eine LKW-Gebühr zur
Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen gehört dazu. In-
teressant ist ja, dass der BGL genau diese Maßnahme be-
grüßt, wenn er sie auch für den deutschen Speditions-
bereich ausschließen will. Das geht europäisch nicht.

Aber eines kann ich Ihnen deutlich sagen: Wenn wir
die Kosten internalisieren, wenn wir sie an den Verursa-
cher bringen, dann werden Transitverkehre aus der
Ukraine nach Portugal zumindest reduzierter sein. Dann
wird die Schiene eine Chance haben. Aber auch die deut-
schen Speditionen, die gerade im nahen und mittleren Be-
reich tätig sind, haben dann endlich wieder eine vernünf-
tige Chance.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt sage ich noch etwas zur Ökosteuer. Wir kennen ja
die Forderung: Ökosteuer runter, dann gehen die Preise
runter.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Am besten die Steuern ganz weg!)


Da kann ich jedem nur die Empfehlung geben, sich in Eu-
ropa sehr genau den Anteil der Steuer und des Treibstoffs
am Marktpreis anzuschauen. Interessanterweise hat Por-
tugal den niedrigsten Steueranteil und den höchsten
Treibstoffpreisanteil. Das, was Sie vorschlagen, ist die
Einladung an die Mineralölkonzerne, die Preisspirale
weiter hochzutreiben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Verantwortung dafür hätten Sie, wenn wir einen sol-
chen verantwortungslosen Schritt machen würden.

Ich will aber auch etwas Gutes sagen. Ich appelliere ge-
rade an die Union, die ja heute einen bemerkenswerten
Fortschritt gezeigt hat. Ich appelliere an Sie, gemeinsam
mit uns den Kampf gegen illegale und graue Kabotage
weiterzuführen. Die Ankündigung von heute Morgen,
dass Sie dem Antrag von SPD und Grünen beitreten wol-
len, war genau der richtige Schritt. Verzichten Sie zukünf-
tig auf Polemik. Helfen Sie, Probleme zu lösen, und wir
kommen am Standort Deutschland einen gehörigen
Schritt weiter.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412029900
Nächster Redner ist
der Kollege Eduard Oswald für die Fraktion der
CDU/CSU.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1412030000
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär, das
deutsche Verkehrsgewerbe braucht keine tröstenden
Worte, sondern rasche Hilfe, jetzt und sofort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Es braucht Ergebnisse und keine Vertröstungen. Ich er-
warte von der Bundesregierung, dass sie sich für die deut-
schen Unternehmen ebenso einsetzt wie es bei unseren
europäischen Nachbarn für ihr Gewerbe eine Selbstver-
ständlichkeit ist. Die Bundesregierung muss handeln, be-
vor es zu spät ist. Es geht um die Arbeitsplätze in unserem
Lande. Das ist der Punkt, meine sehr verehrten Damen
und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Für mich ist klar: Jede Kostenerhöhung treibt weitere

mittelständische Unternehmen des Transportgewerbes in
den Ruin. Heute stehen viele deutsche Transportunter-
nehmer mit dem Rücken an der Wand. Das deutsche
Transportgewerbe braucht faire Wettbewerbsbedingun-
gen und keine Wettbewerbsverzerrungen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)





Parl. Staatssekretär Kurt Bodewig

11519


(C)



(D)



(A)



(B)


Es kann doch nicht sein, dass der Straßenverkehr der
Dukatenesel der Nation ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Anstatt die Unternehmen nach den kräftig gestiegenen
Kraftstoffpreisen zu entlasten, wird nochmals draufgesat-
telt, und zwar durch die am 1. Januar nächsten Jahres
wirksam werdenden Erhöhungen der Ökosteuer und der
LKW-Vignette.

Tatsache ist, dass das Mineralölsteueraufkommen des
Güterkraftverkehrs bis zum Jahr 2003 mehr als ein Drit-
tel der von den Unternehmen zu erwirtschaftenden Um-
sätze betragen wird. Diese Mehrbelastung wird lediglich
zu 10 Prozent durch die Absenkung der Rentenversiche-
rungsbeiträge kompensiert. Nehmen Sie doch diese Fak-
ten zur Kenntnis.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Angesichts des Missverhältnisses zwischen Mehrbe-

lastung und versprochener Entlastung werden die Ge-
samtkosten im Güterkraftverkehrsgewerbe so steigen,
dass bei vielen Betrieben die Umsatzrendite aufgezehrt
wird. Das kann doch nicht wahr sein!


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Deswegen wir haben wir diese Aktuelle Stunde beantragt;
denn es ist uns nicht gleichgültig, was mit diesem Ge-
werbe in Deutschland passiert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Es kann doch nicht wahr sein, dass der deutsche LKW

im Wettbewerb auf dem europäischen Transportmarkt im-
mer mehr auf der Strecke bleibt, da in einigen Ländern die
Kraftstoffsteuer teilweise erstattet wird. Es kann doch
nicht wahr sein, dass ein 40-Tonner in Deutschland jähr-
lich mit Abgaben in Höhe von 40 600 DM belastet wird,
während das gleiche Fahrzeug beispielsweise in Frank-
reich oder in Belgien um rund 10 000 DM billiger unter-
wegs ist.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)


Hinzu kommt, dass immer mehr osteuropäische LKW-
Unternehmer auf den Markt drängen, die mit Niedrig-
löhnen zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen beitragen.
Dies ist jedenfalls nicht das Europa, an dem wir gemein-
sam bauen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was hat denn Ihre Regierung früher dagegen gemacht?)


Erkennen wir doch gemeinsam, dass der LKWbenötigt
wird, weil ohne ihn in einer arbeitsteiligen Wirtschaft so-
gar die Versorgung mit dem tagtäglichen Bedarf nicht
möglich ist. 80 Prozent aller Fahrten eines LKW sind un-
ter 100 Kilometern. Hier kann doch nichts auf die Schiene
verlagert werden. Auch dies gehört zu den Realitäten in
Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


Wir wissen auch, welch wichtige und unverzichtbare
Verkehrsleistungen der Omnibus in unserem Lande er-
bringt. Auch dies gehört zu den Realitäten.

Meine Forderungen lauten: Erstens. Heben Sie die
Ökosteuer auf!


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Zweitens. Die Einführung einer streckenbezogenen,

nutzungsabhängigen LKW-Gebühr muss für das deutsche
Güterkraftverkehrsgewerbe wettbewerbsverträglich ge-
staltet werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


Drittens. Die Harmonisierung der Wettbewerbsbedin-
gungen im Bereich des europäischen Güterkraftverkehrs
darf nicht weiter verschleppt werden.

Viertens. Im Rahmen der EU-Osterweiterung müssen
die Interessen des deutschen Güterkraftverkehrsgewerbes
beachtet werden. Dies ist eine Aufgabe der ganzen Bun-
desregierung, die dem Verkehrsminister nicht alleine
überlassen werden darf.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zurufe von der SPD: Der früheren auch!)


Fünftens. Nehmen Sie sich der Probleme des alpen-
querenden Verkehrs intensiver an als bisher!

Sechstens. Bekämpfen Sie die graue und illegale Ka-
botage wie die illegale Beschäftigung im EU-Straßengü-
terverkehr. Wir brauchen eine Harmonisierung der Sozi-
alstandards und müssen gegen Sozialdumping kämpfen.
Das ist unser Auftrag.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


– Wenn Sie uns in diesem Punkt folgen, dann sind wir da-
mit einverstanden.

Siebtens. Verfolgen Sie die Pläne zur Verlängerung der
Abschreibungsfristen für LKW von sieben auf zehn Jahre
nicht weiter.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Koalitions-

fraktionen und von der Bundesregierung, nehmen Sie die
Sorgen des deutschen Güterkraftverkehrsgewerbes und
der Omnibusunternehmer ernst und sichern Sie die Wett-
bewerbsfähigkeit und damit die Arbeitsplätze in unserem
Lande!


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412030100
Nächste Rednerin in
dieser Debatte ist die Kollegin Franziska Eichstädt-
Bohlig für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kollegen! Wir sollten nicht länger über die Frage dis-
kutieren, ob die LKW-Fahrer und die Fuhrunternehmer zu




Eduard Oswald
11520


(C)



(D)



(A)



(B)


Recht oder zu Unrecht protestiert haben und das Demons-
trationsrecht missbraucht haben. Ich habe viel Verständ-
nis für die wirtschaftlichen Probleme vieler kleiner
Transportunternehmen, vor allem für die der Fuhrunter-
nehmen in Ostdeutschland, die nach der Wende sehr viel
Geld investiert haben, um überhaupt ihr Unternehmen
aufbauen zu können.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [F.D.P.]: Ja, und?)

Das eigentliche Problem ist eine harte Konkurrenzsi-

tuation, in der die großen Unternehmen versuchen, die
kleinen durch Dumping vom Markt zu verdrängen. Eine
ähnliche Situation gibt es auch in der Bauwirtschaft. Wir
haben bereits im Rahmen der Steuerreform einen sehr
wichtigen Baustein beschlossen, um den kleinen Unter-
nehmen wirklich zu helfen: Die kleinen Unternehmen
werden im Rahmen der Unternehmensteuerreform durch
die Möglichkeit, sich die Gewerbesteuer auf die Einkom-
mensteuer anrechnen zu lassen, ab Januar kommenden
Jahres steuerlich deutlich entlastet.


(Widerspruch bei der F.D.P.)

– Wenn Sie das nicht ernst nehmen wollen, dann ist das
Ihr Problem. Ich weise nur darauf hin, dass die Regierung
und die sie tragenden Koalitionsfraktionen auch solche
Bausteine schon längst auf den Weg gebracht haben, die
Sie nur nicht in Rechnung stellen wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich muss auch ganz deutlich sagen: Die Probleme, die

die LKW-Unternehmen – wie gesagt: die kleinen, nicht
die großen – heute haben, sind das Ergebnis von jahrelang
vorgenommenen falschen politischen Weichenstellungen,
die diejenigen zu verantworten haben, die heute die Sor-
gen der LKW-Unternehmen instrumentalisieren wollen.
Sie, Ihre beiden Fraktionen, haben das zu verantworten.
Ich finde, es ist ein ganz gefährlicher Populismus, wenn
man erst die Probleme schafft und hinterher fragt: Warum
könnt ihr diese Probleme nicht innerhalb von Stunden aus
der Welt schaffen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir müssen doch ganz eindeutig sehen: Der Güterver-
kehr auf der Straße macht heute 80 Prozent des gesamten
Güterverkehrsaufkommens aus. 7,2 Prozent entfallen auf
den Luftverkehr, nur noch 6,8 Prozent auf die Bahn und
5,4 Prozent finden per Schiff statt. Eine solche Ungleich-
heit ist bedrohlich. Wenn es mit dem LKW-Verkehr so wie
bisher weitergeht, dann werden diese Zustände vor dem
Brandenburger Tor normal sein. Das kann doch nicht Ihr
Ziel sein. Ich bitte Sie ernsthaft, eine verantwortliche Po-
litik zu betreiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ihr Problem ist, dass Sie die Straße jahrelang bevorzugt
und Investitionen in die Bahn aufgeschoben haben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist falsch!)

Wir müssen das heute ausbaden.

Ein Problem des Güterverkehrs ist die Ungleichheit
zwischen Bahn und Straße hinsichtlich der Kostenlast.
Die LKW-Vignette macht 2 500 DM im Jahr aus. Damit
kann gerade einmal ein Güterwagen der Bahn von Ham-
burg nach Frankfurt fahren, weil die Trassenpreise voll
auf dem Güterverkehr der Bahn lasten. Dies verdeutlicht
die Ungleichheit zwischen Bahn und LKW. Die Bundes-
regierung und die Koalition werden diese Ungleichheit
schrittweise austarieren und ins Lot bringen, nachdem Sie
jahrelang eine falsche Richtung eingeschlagen haben.

Ein zentrales Problem – mehrere Kollegen haben es
schon vor mir angesprochen – ist das europaweite Lohn-
und Sozialdumping. Wir brauchen eine europäische Fah-
rerlizenz – es freut mich, dass das von Ihrer Seite unter-
stützt wird; auch der Kanzler hat entsprechende Ankün-
digungen gemacht; wir halten das für einen zentralen
Punkt –, in der soziale Mindeststandards für alle, die
durch Deutschland fahren, ganz klar festgehalten sind.
Das ist genauso wichtig wie die LKW-Maut, damit Eu-
ropa auf einem sozialen Regelwerk aufbauen kann. Diese
Harmonisierung brauchen wir als Allererstes.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die von Ihnen angestrebte Harmonisierung in Rich-

tung Subventionsdumping nach unten – Sie haben eben
ungefähr gesagt, wenn wir sämtliche Steuern streichen,
dann braucht demnächst niemand mehr Preise zu zahlen,
weil nichts mehr etwas kostet – ist ein Traum von Markt-
wirtschaft, den ich ganz sensationell finde.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der wahre F.D.P.-Kommunismus! – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Sie haben das ganz offensichtlich nicht verstanden!)


– Doch, das wurde hier am Rande erklärt. – Bisher hatte
ich es so verstanden, dass Sie eine Harmonisierung in die
andere Richtung wollen. Ich dachte, dass Sie eine Öko-
steuer vor dem Hintergrund einer europäischen Harmoni-
sierung sehr wohl für sinnvoll halten. Aber jetzt verspre-
chen Sie den Bürgern, den LKW-Fahrern und den
LKW-Fuhrunternehmern das Gegenteil.

Sie argumentieren hier nicht fair. Uns werfen Sie vor,
unsere Ökosteuer sei noch nicht treffsicher und ökolo-
gisch genug, ihre Lenkungswirkung reiche noch nicht
aus. Sie behaupten, Sie könnten alles viel ökologischer
und besser. Gleichzeitig erklären Sie den Betroffenen in
der Öffentlichkeit, Sie seien dafür, die Ökosteuer kom-
plett abzuschaffen. Sie spielen mit gezinkten Karten. Ich
fordere Sie auf, den Bürgern und den LKW-Fuhrunter-
nehmen reinen Wein einzuschenken, damit sie sehr genau
wissen: Das Klima wird sich nur verbessern, wenn wir auf
eine Ökosteuer setzen und den zweiten Schritt, die euro-
päische Harmonisierung der Ökosteuer, vorantreiben. Wir
dürfen nicht in die umgekehrte Richtung gehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Last not least: Wir wissen sehr genau, dass sich unsere
Regierung und unser Verkehrsminister sehr wohl für eine
europäische Harmonisierung der Steuern und Abgaben




Franziska Eichstädt-Bohlig

11521


(C)



(D)



(A)



(B)


– inklusive Ökosteuer – einsetzen. Mit falschen populisti-
schen Versprechungen ist uns nicht geholfen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Nichts verstanden!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412030200
Nächster Redner ist
der Kollege Dirk Fischer, CDU/CSU-Fraktion.


Dirk Fischer (CDU):
Rede ID: ID1412030300
Frau Präsiden-
tin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dem deutschen
Transportgewerbe muss umgehend geholfen werden. Ge-
werbevertreter haben gesagt, dass sonst 90 Prozent der
mittelständischen Unternehmen das Jahresende nicht
überleben werden.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da wetten wir nächster Tage drüber!)


Die gestrige Protestfahrt Tausender Lastwagen, Busse
und Taxen zeigt, dass vielen Unternehmen das Wasser be-
reits bis zum Halse steht.

Minister Klimmt hat heute im Ausschuss ein Bild völ-
liger Hilflosigkeit geboten, und das in der tiefsten Exis-
tenzkrise unseres nationalen Transportgewerbes. Ich
finde das Versagen des Ministers dramatisch.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Er hat rasche Hilfe durch die Sondersitzung des Ver-
kehrsministerrates in der letzten Woche in Luxemburg an-
gekündigt. Es ist ein völliger Fehlschlag geworden. Er hat
dem Gewerbe kurzfristige Harmonisierungserfolge ver-
sprochen. Er hat versprochen zu verhindern, dass den
Wettbewerbsländern Frankreich, Niederlande, Belgien
und Italien Beihilfegenehmigungen der EU-Kommission
erteilt werden. Nichts hat er erreicht. Der Bericht, der
heute gegeben wurde, war deprimierend.

Was geschieht demgegenüber? Die Straßenbenut-
zungsgebühr, also die Vignette, wird zum 1. Januar um
10 Prozent verteuert; das haben Sie heute beschlossen.
Wir haben gesagt: Das passt jetzt unter keinen Umständen
in die Landschaft, das ist das völlig falsche Signal. Sie ha-
ben sich darüber hinweggesetzt und gesagt: Sie wird ver-
teuert. Sie erhöhen die Mineralölsteuer zum 1. Januar
2001 um weitere 7 Pfennig je Liter. Der Minister kündigt
dem Gewerbe für 2003 eine Verfünffachung der Straßen-
benutzungsgebühr an, um dem LKW wohl endgültig den
Garaus zu machen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: So ist es!)

Dann werden den Unternehmen zynischerweise KfW-

Kredite bis 5 Millionen DM als Überbrückungshilfen an-
geboten. Das heißt also, Unternehmen, die bis unters
Dach verschuldet sind und bei denen die Kosten-Ertrags-
Situation überhaupt nicht stimmt, sollen sich jetzt weiter
verschulden. Dadurch wird die Lage nicht verbessert,
sondern verschlimmert.

Das Ergebnis ist also: Es wird nicht nur keine Hilfe ge-
währt, sondern es wird sogar eine Verschlimmerung der

Krise betrieben. Rot-Grün macht die Betriebe kaputt,
treibt deutsche Unternehmen ins Ausland, vernichtet Ar-
beitsplätze. Das ist der Skandal.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Ich habe in der Öffentlichkeit gesagt – ich wiederhole

das –: Klimmts Programm ist ein Vernichtungsprogramm,
nichts anderes.


(Lachen des Abg. Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


– Die Wahrheit ist, Herr Schmidt: Sie und die Grünen –
Sie insbesondere – jubeln klammheimlich, weil Sie oh-
nehin den LKW fertig machen wollen, genau wie den
Luftverkehr und den Transrapid.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wo bleibt in dieser Lage Schröder? Was macht der

Bundeskanzler à la Philipp Holzmann? Tony Blair, sein
Vorbild, hat auf dem Labour-Parteitag in Brighton zu sei-
ner Benzinsteuer gesagt – ich zitiere –:

... es ist kein Wunder, dass die Regierung eins auf den
Deckel bekommen hat.

(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dort kostet der Liter Benzin aber 2,50 DM!)

Ich übernehme die Verantwortung dafür. Wir haben
Dinge getan, die die Leute wütend gemacht haben,
und wir sollten so offen sein, das zuzugeben.

Da ich kann ich nur sagen: Schröder, endlich ran!

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Lächerlich!)


Was macht Schröder? Er hat keine Einsichtsfähigkeit,
sondern verteuert die Steuern auf Benzin in den nächsten
drei Stufen der Ökosteuer um weitere 21 Pfennig je Liter.
Am 6. September 1998, im Bundestagswahlkampf, hat er
wörtlich gesagt: „Sechs Pfennig teurer, dann ist das Ende
der Fahnenstange!“. Beim Bundeskanzler gilt das gebro-
chene Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Durch diese Preisexplosion sind die Gesamtkosten der

Taxiunternehmen innerhalb kürzester Zeit um 5 bis
10 Prozent gestiegen. Viele Kleinunternehmer haben
schon aufgeben müssen. Fixkosten und Sozialabgaben la-
gen sowieso an der Schmerzgrenze. Das Fahrtenaufkom-
men ging zurück. Die Treibstoffpreiserhöhungen durch
die Ökosteuer sind nicht mehr zu verkraften gewesen.


(Widerspruch bei der SPD – Angelika Mertens [SPD]: So ein Quatsch!)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen
und von der SPD: Das rot-grüne Konzept ist gescheitert.
Da helfen keine Reparaturen, sondern da hilft nur eines:
Die Ökosteuer muss weg, ersatzlos!


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Lachen bei der SPD)





Franziska Eichstädt-Bohlig
11522


(C)



(D)



(A)



(B)


Wenn Sie sie nicht abschaffen, werden Sie auch nicht
mit kleiner Kosmetik, Herr Bodewig, die steuerlichen Be-
dingungen für einen fairen internationalen Wettbewerb in
Europa schaffen können. Um uns herum wird konkret ge-
holfen. Bei uns wird draufgesattelt, draufgesattelt, drauf-
gesattelt. Das kann doch nicht gut gehen. Die Bundesre-
gierung muss endlich zur Vernunft kommen. Andernfalls
haben Sie politisch eine katastrophale Konkurswelle im
Straßengüterverkehr zu verantworten. Wir werden Sie
stellen und treiben. Sie kriegen keine Ruhe. Sie werden
sich dieser Verantwortung draußen beim Bürger stellen
müssen.

Tony Blair hat erkannt: Die britischen Bürger sind wü-
tend geworden. Der deutsche Bürger verhält sich noch re-
lativ gelassen und manierlich.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Außer Dirk Fischer!)


Sie aber machen ihn mit Ihrer Beratungsresistenz und
Ihren Wahrnehmungsdefiziten jeden Tag wütender. Wir
werden als Opposition unsere Pflicht tun, nämlich zu ar-
tikulieren, was die Bürger berechtigterweise von dieser
Regierung verlangen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Reiner Trittbrettfahrer!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412030400
Das Wort hat die Kol-
legin Angelika Graf für die SPD-Fraktion.


Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1412030500
Lieber Herr Kol-
lege Fischer, ich weiß nicht, warum Sie hier so herum-
schreien müssen. Ich glaube, das Thema bedarf einer ver-
nünftigen und sachlichen Auseinandersetzung und nicht
so vieler Emotionen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Oswald hat gesagt: Die Bundesregierung muss
handeln. Ich darf Ihnen vielleicht ein paar Bereiche nen-
nen, in denen die Bundesregierung bereits gehandelt hat.
Wir haben nämlich nicht zugewartet, wie Sie es
offensichtlich während Ihrer Regierungszeit gemacht ha-
ben.

Die Tatsache, dass zumindest in der Vergangenheit
viele produzierende Betriebe, die vorher selbst einen
Fuhrpark unterhalten haben, ihre bisher fest angestellten
Fahrer auf die Straße gesetzt bzw. outgesourct haben, so-
dass sie fortan als Einzelunternehmer tätig sein mussten,
hat unter anderem zu Überkapazitäten und Wettbewerbs-
verzerrungen am Markt geführt. Diese Fahrer haben sich
selbst ausgebeutet und haben damit eine Konkurrenz für
viele mittelständische Betriebe dargestellt, die mit der auf
Selbstausbeutung beruhenden Preisgestaltung der
Kleinstbetriebe eben nicht haben mithalten können. Ge-
gen diese Praxis hat die Bundesregierung 1999 das Gesetz
gegen die Scheinselbstständigkeit verabschiedet. Sie ha-

ben sich heftig dagegen gewehrt. Das war ein Gesetz für
das Fuhrgewerbe.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Walter Hirche [F.D.P.]: Grauenhaft!)


Ein weiterer Punkt, der heute schon öfter angesprochen
wurde, ist die Aufhebung des Kabotageverbotes 1998. Ich
frage Sie: Warum haben Sie denn nicht, als damals die
Aufhebung des Kabotageverbotes ausgehandelt wurde,
Ihre Zustimmung davon abhängig gemacht, dass zugleich
Harmonisierungsdefizite in diesem Bereich beseitigt wer-
den? Warum haben Sie das nicht getan?


(Zuruf von der CDU/CSU: Hätten Sie längst tun können!)


– Das Kabotageverbot ist, zu Ihrer Information, im Juli
1998 gefallen. Da waren wir noch nicht an der Regierung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [F.D.P.]: Mit Zustimmung der SPD!)


Ich möchte ein weiteres Problem ansprechen, an dem
ich genau zeigen kann, wieso es zu dieser Situation ge-
kommen ist. Das ist das Problem der grauen bzw. illegalen
Kabotage. Viele von Ihnen werden nicht wissen, worum
es dabei geht; deswegen möchte ich es kurz erklären. Es
ist die Praxis von Fuhrunternehmen, nicht nur einen Fir-
mensitz im Inland bzw. im EU-Ausland zu haben, sondern
auch einen in den Staaten des ehemaligen Ostblocks. Auf
Fahrzeugen, die im EU-Ausland zugelassen sind, lassen
sie Fahrer aus diesen MOE-Staaten ohne die entsprechen-
den Arbeitspapiere unter ausbeuterischen Bedingungen
fahren. Die Fahrer kommen als Touristen oder als Fahrer
von MOE-Fahrzeugen nach Deutschland. Es lässt sich
nicht kontrollieren, wie sie einreisen.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Im Zweifel mit dem LKW!)


Das führt zu Problemen bei der Überwachung.
Die Kontrolle dieser grauen Kabotage ist sehr schwie-

rig. Wir haben festgestellt, dass es, selbst wenn ein Ver-
stoß gegen das Ausländergesetz in diesem Zusammen-
hang festgestellt werden kann, immer nur den Fahrer und
selten den Halter dieser Fahrzeuge trifft. Der Fahrer wird
ausgewiesen, der Halter kann weiter fahren lassen. Viele
der großen Fuhrunternehmen in unserem Land, die sich
mehrere Firmensitze innerhalb und außerhalb der EU leis-
ten können, machen deshalb von dieser Praxis Gebrauch
und drücken damit kleine und mittelständische Unterneh-
men vom Markt. Die Branche kennt dieses Problem schon
lange. Sie wissen das vielleicht auch. Der BGLwar leider
nicht imstande, auf die Mitglieder des eigenen Verbandes
einzuwirken und diese Praxis zu unterbinden.

Ich kann mich nicht erinnern, dass die Regierung Kohl
irgendetwas gegen diese Dinge unternommen hätte. Wenn
Sie, Herr Oswald, jetzt sagen, wir sollten da endlich etwas
unternehmen, muss ich Ihnen darauf antworten: Sie sind
zu spät dran. Wir haben bereits etwas unternommen. Wir
haben eine Anhörung zu diesem Thema durchgeführt


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)





Dirk Fischer (Hamburg)


11523


(C)



(D)



(A)



(B)


und einen Antrag eingebracht, der Ihnen vorliegt.

(Horst Friedrich [Bayreuth] [F.D.P.]: Jetzt kommt der wahre Sozialismus! Wir beschließen, wie groß die Firmen werden sollen!)


Sie sollten sich vielleicht ein bisschen darüber informie-
ren, wie die Situation wirklich aussieht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ihre Aufforderung, in diesem Sinne tätig zu werden, brau-
chen wir also nicht.

Sie sehen, die Probleme des Fuhrgewerbes – ich führe
viele Gespräche mit den Vertretern des Fuhrgewerbes –
werden von dieser Regierung aufgenommen; und das
nicht erst seit gestern.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Sie sollten für die Fuhrmänner soviel tun wie für die „Holzmänner“!)


Ich bin sicher, dass die Besonnenen unter den Fuhrunter-
nehmern und den Verbandsvertretern das wissen und die
Probleme gemeinsam mit uns lösen. Mit Geschrei und Po-
pulismus – da bin ich mir ganz sicher – werden wir dieses
Problems nicht Herr werden. Das bedeutet harte Arbeit;
die haben Sie offensichtlich in der Vergangenheit nicht
geleistet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Walter Hirche [F.D.P.]: Nach dem Motto: Es gibt viel zu tun, warten wir es ab!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412030600
Nächste Rednerin in
dieser Debatte ist die Kollegin Elke Wülfing für die
CDU/CSU-Fraktion.


Elke Wülfing (CDU):
Rede ID: ID1412030700
Sehr geehrte Frau Präsi-
dentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau
Graf, Sie haben nach dem Motto argumentiert: Wenn es
einem schon schlecht geht, dann hauen wir noch einmal
drauf, damit er ganz am Boden liegt.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Was? So ein Unsinn! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das stand doch schon in Ihrem Manuskript, ehe sie geredet hat!)


– Wollen Sie es sehen? Ich habe das geschrieben, als hier
geredet wurde.

Die Grünen sagen es genau andersherum – insofern ist
diese Argumentation schizophren –: Je höher die Steuern,
desto froher die Menschen. Irgendwie habe ich das Ge-
fühl, Sie – gerade Herr Schmidt – sitzen immer noch auf
einem Baum.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dieser Baum steht auf einer einsamen Insel. Diese ein-
same Insel ist irgendwo im Ozean, aber nicht in dem har-
ten europäischen und außereuropäischen Wettbewerb.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


Herr Grewer, der Präsident des Bundesverbandes Gü-
terkraftverkehr, hat gestern sehr deutlich gemacht, dass
100 000 Arbeitsplätze im Transportgewerbe gefährdet
sind, wenn die Steuer- und Sozialbelastung so bleibt und
wenn der Subventionswettlauf in Europa so weitergeht.
Er hat deutlich gemacht, dass ein Großteil der Betriebe
rote Zahlen schreibt und nicht, wie Sie, Herr Schmidt,
meinen, schwarze Zahlen. Wenn die nächste Stufe der
Ökosteuer kommt, bedeutet das das Aus für viele kleine
und mittlere Betriebe.

Die Grünen und große Teile der SPD, die sich das Auto
und den LKW zum Lieblingsfeind auserkoren haben,


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


glauben ja immer noch an die Mär, dass der Güterkraft-
verkehr auf die Schiene zu verlagern sei. Bei aller Liebe:
Jeder vernünftige und realistische Mensch weiß doch,
dass dafür überhaupt keine zusätzlichen Kapazitäten vor-
handen sind.

Die Steuer- und Sozialbelastung, der verschärfte Wett-
bewerb und vor allen Dingen der galoppierende Subven-
tionswettlauf anderer europäischer Staaten haben deshalb
nur eine Schwächung des deutschen Transportgewerbes
zur Folge, nicht aber eine Verlagerung auf die Schiene.
Das ist Illusion und das wissen Sie auch ganz genau.

Die 17 Milliarden DM Sonderabgaben, die der deut-
sche Kraftverkehr zahlen muss, sind doppelt so hoch wie
der Betrag, den der Bund für den Straßenbau ausgibt.
Wenn sich da nichts ändert und Sie aus ideologischer Ver-
bohrtheit immer noch etwas gegen Straßenbau haben
– Straßenbau jetzt, heute, in dieser Situation –, werden wir
im Baubereich 100 000 Arbeitsplätze zusätzlich verlieren.
Sie sind jetzt schon am Schlingern; das wissen Sie ganz
genau.


(Angelika Mertens [SPD]: Wer wohl am Schlingern ist! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ihre 16-jährige Untätigkeit kommt jetzt durch!)


Ich gebe zu, dass ich als Münsterländerin auch sehr
gerne mit dem Fahrrad fahre.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach!)


Aber ich mache wenigstens keine Strampelideologie da-
raus, wie Sie es tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie schaden mit Ihrer grünen oder rot-grünen – daran sind
auch einige von der SPD beteiligt – Fahrradfahrerphilo-
sophie dem Standort Deutschland und den Menschen.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Niveau wird immer besser!)


Geben Sie doch endlich zu, dass Sie sich mit dieser
blödsinnigen Ökosteuer verrannt haben. Sie wissen ganz
genau, dass auch Herr Eichel überhaupt nichts von ihr
hält. Sonst hätten die Grünen nicht zusammen mit Herrn




Angelika Graf (Rosenheim)

11524


(C)



(D)



(A)



(B)


Eichel darüber nachgedacht, ob die Ökosteuer für etwas
anderes als für die Rente verwendet werde könnte.

Eines wollen wir festhalten: Wenn Sie die Rentenre-
form so gelassen hätten, wie wir sie gemacht haben, wenn
Sie den demographischen Faktor gelassen hätten, wie er
war,


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben das mit dem Rentenniveau irgendwie falsch verstanden!)


hätten Sie die Ökosteuer zur Finanzierung der Rentenver-
sicherung überhaupt nicht gebraucht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Widerspruch bei der SPD)


Sie machen zurzeit – das wissen Sie ganz genau und
deswegen sind Sie so unsicher – auf fast allen politischen
Feldern Fehler, wie das „Politbarometer“ deutlich aus-
weist: immerhin minus 9 Prozentpunkte von August bis
September.

Wenn ich mir vorstelle, mit welcher Kraftanstrengung
wir während unserer Regierungszeit den Energiemarkt li-
beralisiert haben,


(Lachen bei der SPD)

und wenn ich mir dann die jetzige Situation angucke, dann
kommen mir wirklich die Tränen.


(Angelika Mertens [SPD]: Mir kommen auch die Tränen!)


50 Prozent der Preissenkungen, die durch die Liberalisie-
rung des Energiemarktes erreicht werden konnten, sind
jetzt durch die hohen Rohstoffpreise und die darauf lie-
genden Steuern und Sozialabgaben wieder aufgesogen
worden.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die LKWs fahren doch gar nicht mit Strom!)


Ein Kaufkraftentzug in Deutschland von 60 Milliar-
den DM bei einer Inflationsrate von inzwischen 2,4 Pro-
zent – in Nordrhein-Westfalen liegt sie noch ein bisschen
höher: 2,6 Prozent – führt dazu, dass das zarte Pflänzchen
Binnenkonjunktur


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das dürfte es nach Ihren Worten doch gar nicht geben!)


auf diese Weise nicht nur nicht begossen – wie Sie es ei-
gentlich tun sollten –, sondern mit Elefantenfüßen totge-
trampelt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. –Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ihre Rede trägt die Überschrift: Äpfel und Birnen!)


Wie wollen Sie eigentlich Ihren immer weniger wer-
denden Wählern noch erklären,


(Angelika Mertens [SPD]: Sie müssen sich ganz bestimmt keine Sorgen um unsere Wähler machen!)


dass Sie die Ökosteuer nur aus ideologischer Sturheit auf-
rechterhalten, gleichzeitig die Mehrwertsteuer als Wind-
fall Profit mitnehmen und damit Hunderttausende Ar-
beitsplätze im Transportgewerbe, im Baugewerbe und in
anderen Bereichen gefährden? Wie wollen Sie das Ihren
Wählern erklären, die es bald nicht mehr gibt?


(Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass Sie sich Sorgen um unsere Wähler machen!)


Ihre Ökosteuer hat ihre Lenkungswirkung verfehlt. Sie
hat zusätzlich eine Wettbewerbsverzerrung im europä-
ischen Transportgewerbe geschaffen, weil die verspro-
chene Aufkommensneutralität für das deutsche Transport-
gewerbe bei weitem nicht erreicht wird. Sie haben es aber
versprochen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412030800
Frau Kollegin
Wülfing, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.


Elke Wülfing (CDU):
Rede ID: ID1412030900
Das mache ich; ich bin mit
meiner Rede fast am Ende.


(Dr. Axel Berg [SPD]: Und die Umwelt geht kaputt!)


Ich denke, dass es vernünftig wäre, den LKW-Fahrern,
den Omnibusunternehmen, den deutschen Automobilun-
ternehmen, den Taxifahrern, dem Gartenbau, der Land-
wirtschaft, den Bauern und der ganzen Bevölkerung für
diesen Winter Luft zu verschaffen.


(Dr. Axel Berg [SPD]: Zulasten der Umwelt!)

Sie können dafür sorgen. Tun Sie es!


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412031000
Für die SPD-Fraktion
spricht jetzt die Kollegin Karin Rehbock-Zureich.


Karin Rehbock-Zureich (SPD):
Rede ID: ID1412031100
Sehr verehrte Frau
Kollegin Wülfing, das von Ihnen für Ihre gute Politik
während Ihrer Regierungszeit angeführte Beispiel von der
Liberalisierung auf dem Energiemarkt war ein Beispiel
für eine Katastrophe. Diese Katastrophe hat sich ergeben,
weil diese Liberalisierung nicht sinnvoll mit anderen
Maßnahmen begleitet wurde. Die Folgen konnten wir
Gott sei Dank 1998 noch auffangen. Genau diese Art von
Katastrophe müssen wir jetzt verhindern, weil für den
Markt des Transportgewerbes keine Harmonisierung
stattgefunden hat.


(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Herr Kollege Fischer, Sie müssen es doch eigentlich
besser wissen – Sie wissen es auch –: Das Fahraufkom-
men auf der Straße bezüglich der Transporte ist nicht ge-
sunken. Im Gegenteil: Die Zahl der Transporte hat sich er-
höht und wird sich weiter erhöhen.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Das streitet keiner ab!)





Elke Wülfing

11525


(C)



(D)



(A)



(B)


– Sie sagten, die Zahl der Fahrten würde sinken. Dies ist
absolut nicht der Fall.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Der Transitverkehr nimmt zu, Frau Kollegin!)


Deswegen hat das Gewerbe einen Anspruch darauf, dass
das Problem nicht in solchen Beiträgen behandelt wird,
wie es meine Vorrednerin getan hat, sondern dass wir in
angemessener Weise darüber diskutieren und dass wir die
Sorgen ernst nehmen.

Die Zahl der Fahrten hat zwar zugenommen, aber der
einzelne Spediteur hat immer weniger davon. Hier ist
doch ein Markt völlig aus den Fugen geraten. Sie aber in-
strumentalisieren die Ökosteuer, indem Sie sagen, Herr
Friedrich: Die Spanier fahren 33 Prozent billiger. Wollen
Sie diesen Zustand mit Abschaffung der Ökosteuer besei-
tigen?


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: F.D.P.-Logik! Das ist doch lächerlich! – Horst Friedrich [Bayreuth] [F.D.P.]: Sie haben es wirklich nicht begriffen!)


Sie beklagen zu Recht diesen Zustand. Wir aber bekla-
gen diesen Zustand nicht nur, sondern wir haben – die
Kollegin hat es bereits ausgeführt – Initiativen ergriffen,
um den Zustand zu beseitigen, dass Fahrer aus osteuro-
päischen Staaten für 2 DM die Stunde auf den Böcken sit-
zen und die Waren transportieren. Da wollen Sie uns doch
nicht erzählen, dass dieser Zustand durch die Abschaffung
der Ökosteuer beseitigt werden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Walter Hirche [F.D.P.]: Das wäre der erste Schritt, der notwendig ist!)


Wir müssen realistisch darüber diskutieren, wie wir
diesem Gewerbe helfen können.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [F.D.P.]: Es gibt viel zu tun, warten wir es ab! Ihr Regierungsmotto!)


Die SPD hat mehrere Maßnahmen auf die Tagesordnung
gesetzt. Wir haben den EU-Führerschein auf die euro-
päische Tagesordnung gesetzt. Mithilfe dieses Führer-
scheins kann EU-weit festgestellt werden, welche Be-
dingungen die Fahrer einhalten müssen.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das hilft ihnen bis Jahresende todsicher!)


Der unfaire, ungleiche Wettbewerb innerhalb Deutsch-
lands und innerhalb der EU macht die mittelständischen
Unternehmen kaputt.


(Horst Friedrich ihr eigentlich selbst, was ihr da erzählt?)


Wir müssen die Harmonisierung im Steuerbereich auf
die Tagesordnung bringen. Sie haben es in den letzten
16 Jahren versäumt, den Abbau der Harmonisierungsde-
fizite voranzubringen; vielmehr haben Sie die Fahne der

Liberalisierung hoch gehalten, allen voran die F.D.P., die
heute am lautesten klagt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Walter Hirche [F.D.P.]: Wir wollen am schnellsten von allen helfen!)


Der Preisdruck der Firmen durch graue oder illegale
Kabotage ist mit einer Ökosteuerbeseitigung nicht zu be-
enden; hierfür benötigen wir vielmehr einen fairen Wett-
bewerb in ganz Europa. Dies kriegen wir nur zustande,
wenn wir europaweit Initiativen für eine Harmonisierung
ergreifen.

Sie haben auch darauf hingewiesen, Herr Kollege
Oswald – ich schätze Sie sonst sehr; aber in dieser Aus-
sage schätze ich Sie gar nicht, das will ich gleich voraus-
schicken –, dass es Zeit wird, europaweit den alpenque-
renden Verkehr auf die Tagesordnung zu bringen. Wir
haben dies längst getan. Es wird in Rücksprache mit dem
BGL eine Lösung für den alpenquerenden Verkehr nach
Österreich gefunden werden.

Zweitens haben wir es in Angriff genommen – auch das
ist eine wichtige Botschaft –, dass auch der alpenquerende
Verkehr Richtung Schweiz – neue Alpentransversale – auf
die Schiene gebracht werden kann. Deswegen wird – das
hat der Minister bereits gesagt – auch das dritte bzw. vierte
Gleis, das den Zulauf zu diesem alpenquerenden Verkehr
auf deutscher Seite absichert, auf die Tagesordnung ge-
bracht werden.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Das löst doch alles nicht die sozialen Probleme der Leute draußen!)


Dies wird mit einem Teil der zusätzlichen Milliarden be-
zahlt werden, die wir haben.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412031200
Frau Kollegin, achten
Sie bitte auf Ihre Redezeit.


Karin Rehbock-Zureich (SPD):
Rede ID: ID1412031300
Ich komme zum
Schluss. – Es ist erstens erforderlich – wir sind dies ange-
gangen –, die Harmonisierungsdefizite zu beseitigen.
Zweitens benötigen wir dringend auch europaweit eine
Energiepolitik, die sich auf Energieeffizienz, Energie-
einsparung und neue Technologien auch im Verkehrsbe-
reich gründet,


(Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

damit wir von der Abhängigkeit von den Mineralölkon-
zernen wegkommen. Dies sollte eigentlich unser gemein-
sames Anliegen sein, um dem Verkehrsgewerbe unter die
Arme zu greifen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412031400
Es spricht jetzt der
Kollege Georg Brunnhuber für die Fraktion der
CDU/CSU.




Karin Rehbock-Zureich
11526


(C)



(D)



(A)



(B)



Georg Brunnhuber (CDU):
Rede ID: ID1412031500
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war schon sehr ent-
täuschend, was wir hier heute vonseiten der Regierung
und der Regierungskoalition erlebt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wie wenig das Thema diese Regierung interessiert, wird
auch daran deutlich: Hier sitzen zwei mit dem Schlaf
kämpfende Staatssekretäre. Wo ist der Minister bei die-
sem wichtigen Thema?


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wo ist denn eure Fraktionsführung? Das ist doch lächerlich, Herr Brunnhuber!)


Zusammenfassend kann man heute eines festhalten:
Diese Regierung ist bei diesem Thema hilflos. Sie ist kon-
zeptionslos und gegenüber den Betroffenen auch noch
herzlos. Das muss man Ihnen ins Stammbuch schreiben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wie hilflos Sie sind, wird auch an Folgendem deutlich:

Da reisen alle Verkehrsminister nach Brüssel und
schwören, dass alle in Europa hart bleiben und gegenüber
dem Gewerbe auf gar keinen Fall nachgeben. Kaum sind
sie zu Hause, da sagen die Franzosen, die Belgier und die
Niederländer: Es ist uns völlig wurscht, was wir da be-
schlossen haben. Runter mit dem Dieselpreis! Wir helfen
dem Gewerbe. – Die Italiener ziehen nach. Unser Minis-
ter aber kommt heim und erklärt, er habe die Kommission
gebeten zu prüfen, ob das rechtens ist. Liebe Freunde, das
war das Geld, was die Reise nach Brüssel gekostet hat,
nicht wert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Da braucht man sich doch nicht zu wundern, dass die

„Stuttgarter Zeitung“ heute die Äußerung eines Genossen
aus der Regierung, der nicht genannt werden will, ab-
druckt: Unser Verkehrsminister ist der Berti Vogts der Po-
litik. Dem kann man wirklich nur zustimmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der CDU/CSU)


Meine lieben Freunde, die Regierung ist konzeptions-
los.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und Brunnhuber ist der Carsten Jancker der CSU!)


Heute hätten wir die Gelegenheit gehabt, zu hören, wel-
che Konzepte diese Regierung wirklich hat. Vor kurzem
haben wir im Fernsehen den Umweltminister gesehen, der
grinsend erklärt hat, man solle halt weniger Gas geben.
Heute sagt die Regierung: Wir haben eine Patentlösung;
ab dem neuen Jahr erhalten alle, die Probleme haben,
eventuell günstige Kredite von der KfW. Liebe Kollegin-
nen und Kollegen, am 1. Januar brauchen sie keine Kre-
dite mehr, weil die meisten von ihnen bis dahin pleite sind.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie selber nicht!)


Das ist Ihre Politik, von der Sie glauben, dass das Ge-
werbe mit ihr zufrieden sein kann.

Es geht hier um Zehntausende von Arbeitsplätzen und
Existenzen. Ich kann nur sagen: Das sind Steine; das ist
nicht das Brot, das die Leute brauchen. Sie haben absolut
keine Konzeption. Sie versuchen, sich davonzustehlen in
der Hoffnung, irgendwie werde es sich schon wieder ge-
ben.


(Angelika Mertens [SPD]: Wo ist Ihre Konzeption?)


Dieses Mal werden Sie Pech haben.
Sie haben gestern Ihre Herzlosigkeit gezeigt. Ich frage

Sie: Wo waren Sie, als zehntausend Menschen demons-
triert haben? Da hätten Sie Ihre Politik, die doch so gut ist,
verteidigen können.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN]: Ich war da! – Angelika Mertens [SPD]: Ich auch!)


Nein, feige haben Sie hinter diesen Mauern gehockt und
zum Fenster hinausgeschaut.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie habe ich nicht gesehen! – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich habe Sie nicht vor Ort gesehen, Herr Brunnhuber!)


Es gibt in dieser Regierung offensichtlich zweierlei
Maß. Vor wenigen Jahren noch sind Sie Arm in Arm mit
den streikenden Kumpeln durch die Bonner Bannmeile
gezogen und haben Milliardensubventionen gefordert. Zu
den demonstrierenden Arbeitnehmern des Philipp-Holz-
mann-Konzerns kam der Kanzler abends – natürlich me-
dienwirksam – mit einigen 100Millionen DM. Das Trans-
portgewerbe braucht nur ein paar Millionen und Sie
trauen sich nicht einmal, mit denen zu diskutieren. Da
sieht man doch, wie schwach Ihre Argumente sind, sonst
wären Sie mannhaft hingegangen und hätten Ihre idioti-
sche Politik erklärt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das sind keine Männer!)


Wer wie Sie eine solche Politik weiterbetreibt, muss
sich darüber im Klaren sein, dass die Menschen noch wü-
tender werden, weil Sie alle ihre Argumente nicht akzep-
tieren. Wer Politik so betreibt, dass am Schluss aus Wut
Radikalität wird, der kann nicht die Opposition beschul-
digen, weil sie solidarisch mit den Sorgen dieser Men-
schen ist.


(Beifall des Abg. Walter Hirche [F.D.P.] – Angelika Mertens [SPD]: Die sind doch viel vernünftiger!)


Sie müssen das auf Ihre eigene Kappe nehmen.
Sie haben zum ersten Mal in der Geschichte im Ver-

kehrsgewerbe eine Situation herbeigeführt, die Ihnen am
Schluss noch um die Ohren fliegen wird.






(C)



(D)



(A)



(B)



(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch mal, was Sie wollen! Noch kein Satz zu Ihren Rezepten!)


Sie haben ein Chaos angerichtet und Sie werden Sturm
ernten. Das kann ich Ihnen garantieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412031600
Die letzte Rednerin in
dieser Aktuellen Stunde ist die Kollegin Margit Wetzel für
die SPD-Fraktion.


Dr. Margrit Wetzel (SPD):
Rede ID: ID1412031700
Frau Präsidentin! Herr
Fischer, die Scheinheiligkeit, mit der Ihre Seite hier de-
battiert, ist nicht mehr zu überbieten.


(Beifall bei der SPD)

Die Aktuelle Stunde hat einen aktuellen Anlass, näm-

lich die gestiegenen Mineralölpreise. Dafür gäbe es eine
aktuelle Abhilfe: Die gesunkenen Preise für das Barrel
Rohöl könnten sofort von den Mineralölkonzernen an die
Verbraucher weitergegeben werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Walter Hirche [F.D.P.]: Die Ökosteuer könnte sofort abgeschafft werden!)


Alle Maßnahmen, die wir einleiten können, helfen nicht
direkt. Ihre Debatte um die Ökosteuer ist scheinheilig,
weil sie von den eigentlichen Problemen ablenkt; das ist
der Punkt.

Der BGL fordert zu Recht eine entfernungsabhängige
Straßenbenutzungsgebühr, aber leider braucht es noch un-
gefähr zwei Jahre, bis wir tatsächlich die technischen
Vorkehrungen treffen können, um dies umzusetzen.
Warum? Wir brauchen diese Zeit, weil die ausländischen
LKW an den Kosten, die sie hier verursachen, beteiligt
werden sollen. Und warum brauchen wir noch zwei
Jahre? – Wir brauchen zwei Jahre, weil Ihre Regierung
keinerlei Vorarbeiten geleistet hat. Wir haben dies zehn
Jahre vergeblich gefordert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Das ist unwahr!)


– Das ist nicht unwahr. Gucken Sie in die alten Proto-
kolle! – Wir können den Betroffenen nicht mit einer Kurz-
fristmaßnahme helfen.

Aber sehen wir uns doch einmal an, wer die Betroffe-
nen sind. Das sind nicht die großen Speditionsketten, son-
dern – das ist mehrfach gesagt worden – die zehntausend
kleinen und mittelständischen Unternehmen. Aber der
Verdrängungswettbewerb, in dem sie sich befinden, die
Wettbewerbsverzerrung, unter der sie existenziell leiden,
– das nehmen wir ernst –, haben sich über Jahre aufge-
baut. Das wissen Sie ganz genau.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Wo nehmen Sie das denn ernst?)


Die Dieselpreise sind über die letzten Jahre in den eu-
ropäischen Ländern immer unterschiedlich gewesen. Das

Gleiche gilt für die Kraftfahrzeugsteuern, für die Abgaben
und für die Lohnkosten.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Aber Sie hauen die Ökosteuer noch drauf! – Zuruf von der CDU/CSU)


– Sie haben in der Zeit die Mineralölsteuer angehoben.
Erinnern Sie sich bitte einmal an den Anfang der 90er-

Jahre. Damals folgten Ihren Steuererhöhungen Ausflag-
gungswellen. Wir haben Anfang der 90er-Jahre Standort-
debatten zum Ausflaggen der Unternehmer geführt. Uns
wurden damals in der Opposition exakt die gleichen Zah-
len bezüglich der Steuerausfälle und der Kosten durch
Arbeitslosigkeit vorgelegt, wie sie jetzt vorliegen. Das
war genau die gleiche Diskussion. Damals, Anfang der
90er-Jahre, sind Dependancen in Portugal, in Luxemburg,
in Holland und Belgien gegründet worden. Das war doch
der Kern.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Aber keine Vollausflaggungen!)


– Aber natürlich waren das Ausflaggungen.

(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Jetzt sind sie voll ausgeflaggt, damals nicht!)


Von da an hat der Verdrängungswettbewerb seinen Lauf
genommen. Inzwischen haben wir täglich mehr als
100 000 gebietsfremde LKWs auf unseren Straßen. Vier
Fünftel des grenzüberschreitenden Straßengüterverkehrs
kommen aus dem Ausland, mit ausländischen LKWs.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Das ist Transitverkehr!)


– Das ist kein Transitverkehr.

(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Das ist Transitverkehr, weil die Schiene das nicht packt! Das ist das Problem!)


– Im Moment habe ich noch das Wort. – Die Spediteure
verweisen doch zu Recht darauf, dass der Verkehr auf aus-
ländische LKWs verlagert wird. Uns geht es um die
80 Prozent der Güterverkehrstransporte, die sich in Be-
reichen von unter 100 Kilometern abspielen.


(Zuruf von der F.D.P.: Die wollen Sie auf die Schiene verlagern?)


– Das sind die, die wir keineswegs auf die Schiene verla-
gern können; das wissen wir auch, alle, die wir hier sind.
Aber das sind die Transporte, die wir eben nicht an aus-
ländische LKWs weitergeben wollen.

Wenn Sie sich vielleicht noch einmal erinnern: Das
Aushandeln der Kabotagefreiheit war die erste Amts-
handlung des damaligen Verkehrsministers Wissmann.
Und was brachte er als Trostpflästerchen mit? – Die Vi-
gnette. Wir hingegen hatten gehofft, dass wir endlich eine
vernünftige Straßenbenutzungsgebühr bekommen.


(Beifall bei der SPD – Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Was ist denn das anderes?)





Georg Brunnhuber
11528


(C)



(D)



(A)



(B)


Das alles scheinen Sie vergessen zu haben. Nichts ist kür-
zer als Ihr Gedächtnis, wenn es darum geht, hier schein-
heilige Debatten zu führen.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Sie haben es doch mit beschlossen!)


– Wir waren nicht in Brüssel, Ihr Minister war in Brüssel.

(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Sie ha ben beschlossen, dass wir das machen!)

Das Kernproblem ist das in der EU durch die Kabota-

gefreiheit bestehende Sozialdumping. Es ist bereits er-
klärt worden, weshalb dieses Sozialdumping besteht.
Kein deutscher Spediteur kann mithalten, wenn auf einem
anderen Bock zwei osteuropäische Fahrer für’n Appel
und‘n Ei arbeiten, sich gegenseitig ablösen und dadurch
rund um die Uhr fahren können.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Sie treiben die Leute dahin! Das ist die schlimme Folge Ihrer Politik!)


Sie stehen so im Wettbewerb zu unseren kleinen Trans-
portunternehmern.

Es gibt also keine anderen Möglichkeiten als die hier
bereits erwähnten. Die eine Möglichkeit besteht darin,
sich in der EU stark zu machen, damit das Sozialdumping
verhindert wird. Die EU-Fahrerlizenz ist mehrfach ge-
nannt worden. Auch das Güterkraftverkehrsgesetz ist er-
wähnt worden.

Die zweite Möglichkeit ist, den wirtschaftlichen Vor-
teil, der durch diesen unlauteren Wettbewerb entsteht, zu
kassieren. Wir brauchen hohe Bußgelder. Es kann nicht
angehen, dass diejenigen, die etwas Illegales tun, auch
noch einen wirtschaftlichen Vorteil dadurch haben.


(Walter Hirche [F.D.P.]: Senken Sie die Steuern auf das europäische Mindestniveau! Das können Sie machen!)


Das heißt, meines Erachtens müssten wir, wenn tat-
sächlich Missbräuche entdeckt werden, die LKWs so
lange festsetzen, bis endlich ein legaler Fahrer da ist. Das
merken die Unternehmer dann schon.

Ich meine aber auch, dass die kleinen Unternehmen
sich ein bisschen selbst helfen müssen, indem sie ge-

meinsam stärker auftreten; denn sie sollen in diesem
Markt, der ja expandiert, bestehen. Das heißt, sie müssen
die Vorteile nutzen können, die für die großen Un-
ternehmen selbstverständlich sind: Logistik, Vermeidung
von Leerfahrten, Internet. Sie müssen zu dem, was es al-
lein in diesem Bereich an neuem Handel gibt, Zugang ha-
ben. Deshalb ist es wichtig, dass wir diesen kleinen Un-
ternehmen kurzfristig die Möglichkeit geben, ihre
Liquiditätsengpässe zu überwinden, bis unsere Maßnah-
men greifen. Anders geht es nicht.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412031800
Frau Kollegin, auch
Sie muss ich ermahnen. Bitte denken Sie an Ihre Redezeit.


Dr. Margrit Wetzel (SPD):
Rede ID: ID1412031900
Mein letzter Satz: 50 Pro-
zent der Transportunternehmer haben kein Eigenkapital
mehr. Das müssen wir ernst nehmen, weil sie bei jedem
Rating durchfallen würden. Deshalb ist es nicht zu unter-
schätzen, dass sich der Verkehrsminister dafür einsetzt,
dass die KfW diese Liquiditätsengpässe durch das Mittel-
standsförderungsprogramm beseitigt. Das ist das Beste,
was wir im Moment machen können.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Das ist eine Politik à la Lafontaine!)


Außerdem wünsche ich mir, dass unsere Regierung in
Europa ordentlich mit der Faust auf den Tisch haut, damit
den Transportunternehmern endlich geholfen wird; denn
die Folgen, die wir jetzt auszubaden haben, haben Sie ver-
ursacht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/ CSU und der F.D.P.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1412032000
Ich schließe die Aus-
sprache. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Ta-
gesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen
Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 28. September
2000, 9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.