Protokoll:
13060

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 13

  • date_rangeSitzungsnummer: 60

  • date_rangeDatum: 11. Oktober 1995

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:45 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/60 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 60. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung (Konzeption zur langfristigen Unterbringung von Bundesorganen und -behörden sowie nationaler und internationaler Organisationen in der Bundesstadt Bonn (Bonn-Konzept); Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt in der Bundesrepublik Deutschland) Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5045 B Editha Limbach CDU/CSU 5046 D Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5047 A Otto Reschke SPD 5047 B Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5047 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 5048 B Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5048 C Peter Conradi SPD 5048 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 5049 A Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5049 B Editha Limbach CDU/CSU 5050 B Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5050 B Otto Reschke SPD 5050 C Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5050 D Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5051 B Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5051 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 5051 C Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5051 D Ulrike Mehl SPD 5052 A Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär BMU 5052 B Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde - Drucksache 13/2527 vom 6. Oktober 1995 - Konsequenzen für den Bau des Forschungsreaktors (FRM II) in Garching bei Betreibung der geplanten Neutronenquelle mit leicht angereichertem Uran (LEU) MdlAnfr 1 Horst Kubatschka SPD Antw PStSekr Bernd Neumann BMBF . 5053 A ZusFr Horst Kubatschka SPD 5053 B ZusFr Wolfgang Behrendt SPD 5053 D ZusFr Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5054 A ZusFr Dr. Bodo Teichmann SPD 5054 D Zukünftige Uranlieferungen durch Osteuropa und Gespräche über Uranlieferungen Rußlands an die EURATOM MdlAnfr 2 Horst Kubatschka SPD Antw PStSekr Bernd Neumann BMBF . 5054 D ZusFr Horst Kubatschka SPD 5055 A ZusFr Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5055 D ZusFr Siegfried Hornung CDU/CSU . 5056 A Flugerlaubnis für Tiefflug-Manöver im 150-Meter-Band mit Bundeswehr-Tornados im Rahmen von Übungsflügen der „schnellen Eingreiftruppe " von den Standorten Schleswig und Lechfeld MdlAnfr 9, 10 Arne Fuhrmann SPD Antw PStS'in Michaela Geiger BMVg . . 5056 C, 5057 B ZusFr Arne Fuhrmann SPD . . . 5056 C, 5057 B Errichtung einer Lärmschutzanlage im Bereich der Autobahnbrücke „Rhödaer Grund„ bei Breuna im Zuge der A 44 MdlAnfr 11 Alfred Hartenbach SPD Antw PStSekr Johannes Nitsch BMV . 5058 A ZusFr Alfred Hartenbach SPD 5058 A Bedeutsamkeit von Flußüberflutungsräumen im Hinblick auf den vorsorgenden Hochwasserschutz, z. B. am Rhein MdlAnfr 15 Dr. Barbara Hendricks SPD Antw PStSekr Ulrich Klinkert BMU . . . 5058 D ZusFr Dr. Barbara Hendricks SPD . . . . 5059 A Berücksichtigung deutscher Interessen bei dem beabsichtigten Deichverstärkungsprogramm der Niederlande MdlAnfr 16 Dr. Barbara Hendricks SPD Antw PStSekr Ulrich Klinkert BMU . . . 5059 B ZusFr Dr. Barbara Hendricks SPD . . . . 5059 C Regulierung des Zugangs zu Breitbandkabelnetzen; Anwendung der Telekommunikations-Verleihungsverordnungen des Regulierungsrats beim Bundesminister für Post und Telekommunikation MdlAnfr 19, 20 Dr. Hermann Pohler CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Paul Laufs BMPT 5060 A, 5060 C ZusFr Dr. Hermann Pohler CDU/CSU . . 5060 B, 5060 C Verwahrung von Geldmitteln durch den ehemaligen deutschen Botschafter in Spanien, Dr. Guido Brunner, auf Anweisung „Bonner Auftraggeber" MdlAnfr 21, 22 Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antw StMin Dr. Werner Hoyer AA . . . 5060 D ZusFr Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5061 A, 5061 C Betreuung deutscher Kriegsgräber in Staaten des ehemaligen Ostblocks; Stand des Abkommens mit der Ukraine MdlAnfr 23, 24 Dr. Klaus Rose CDU/CSU Antw StMin Dr. Werner Hoyer AA . . . 5061 D ZusFr Dr. Klaus Rose CDU/CSU . 5062 A, 5062 B Verschlechterung der Beziehungen zwischen Letten und Nichtletten aufgrund des Wahlerfolges der Partei des Joachim Siegerist MdlAnfr 25, 26 Gernot Erler SPD Antw StMin Dr. Werner Hoyer AA 5062 B, 5062 D ZusFr Gernot Erler SPD 5062 C, 5063 B ZusFr Dr. Barbara Hendricks SPD . . . 5064 A ZusFr Steffen Tippach PDS 5064 B Menschenrechtslage in den Vereinigten Arabischen Emiraten; Bemühungen um Aussetzung des Todesurteils gegen die 13jährige Philippinin Sarah Balabagan MdlAnfr 27, 28 Steffen Tippach PDS Antw StMin Dr. Werner Hoyer AA 5064 B, 5064 C ZusFr Steffen Tippach PDS 5064 D Nächste Sitzung 5065 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5067* A Anlage 2 Anzahl der in den letzten fünf Jahren nicht zur Hauptverhandlung erschienenen Angeklagten und durchschnittlicher Zeitraum von der Tatentdeckung bis zur Hauptverhandlung; Einführung einer Hauptverhandlungshaft MdlAnfr 3 - Drs 13/2527 - Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN SchrAntw PStSekr Rainer Funke BMJ . . 5067* C Anlage 3 Auflagen an die Erwerber beim Verkauf bundeseigener Wohnhäuser oder Kasernen MdlAnfr 4 - Drs 13/2527 - Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN SchrAntw PStS'in Irmgard Karwatzki BMF 5067* D Anlage 4 Aufhebung des Beschlusses des EU-Nomenklaturausschusses über die Klassifizierung der CD-ROM-Laufwerke für PC als Videorecorder MdlAnfr 5 - Drs 13/2527 - Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/ CSU SchrAntw PStSekr Dr. Kurt Faltlhauser BMF 5068* D Anlage 5 Zuschüsse des Bundes zur überbetrieblichen Lehrlingsausbildung MdlAnfr 6 - Drs 13/2527 - Dr. Egon Jüttner CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Heinrich L. Kolb BMWi 5069* A Anlage 6 Anzahl der bewilligten Berufsunfähigkeitsrenten (mit und ohne juristische Auseinandersetzung); Höhe der Ausgaben der Berufsgenossenschaften für Gutachten, Anwälte und Gerichtskosten MdlAnfr 7, 8 - Drs 13/2527 - Peter Dreßen SPD SchrAntw PStSekr Rudolf Kraus BMA . . 5069' C Anlage 7 Genehmigung der durch Nordrhein-Westfalen überarbeiteten Planunterlagen für den Lückenschluß der Bundesautobahn 1 (Tondorf/Mehren) MdlAnfr 12 - Drs 13/2527 - Dr. Elke Leonhard SPD SchrAntw PStSekr Johannes Nitsch BMV 5069* D Anlage 8 Einführung eines Recyclingsystems für gebrauchte Textilien MdlAnfr 13, 14 - Drs 13/2527 - Marion Caspers-Merk SPD SchrAntw PStSekr Ulrich Klinkert BMU . 5070* A Anlage 9 Kritik an der Sprachenförderung des Auswärtigen Amtes und Maßnahmen zur Einrichtung einer zentralen Instanz MdlAnfr 29 - Drs 13/2527 - Dr. Elke Leonhard SPD SchrAntw StMin Dr. Werner Hoyer AA . 5030' B Anlage 10 Bereitstellung von Bundesgrenzschutz-beamten auf Wunsch von Landesregierungen, z. B. bei Chaos-Tagen oder zum Schutz von Castor-Transporten MdlAnfr 30 - Drs 13/2527 - Dietrich Austermann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 5070* D Anlage 11 Zusammenarbeit zwischen der GSG 9 und der Policia Nacional von Nicaragua; Anforderungen deutscher Polizeihilfe durch die Botschaft von Nicaragua MdlAnfr 31, 32 - Drs 13/2527 -Bernd Reuter SPD SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 5071* A Anlage 12 Volle Anrechnung der in der früheren DDR verbrachten Gesamtaufenthaltszeiten vietnamesischer Bürgerinnen und Bürger im Zuge des deutsch-vietnamesischen Rücknahmeabkommens MdlAnfr 33, 34 - Drs 13/2527 - Dr. Christine Lucyga SPD SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 5071* B 60. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Altmann (Pommelsbrunn), Elisabeth BÜNDNIS 11. 10. 95 90/DIE GRÜNEN Augustin, Anneliese CDU/CSU 11. 10. 95*** Bindig, Rudolf SPD 11. 10. 95 * Eymer, Anke CDU/CSU 11. 10. 95 Fograscher, Gabriele SPD 11. 10. 95 *** Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 11. 10. 95 Graf (Friesoythe), Günter SPD 11. 10. 95 *** Heym, Stefan PDS 11. 10. 95 Heyne, Kristin BÜNDNIS 11. 10. 95 90/DIE GRÜNEN Hirche, Walter F.D.P. 11. 10. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 11. 10. 95 Dr. Jacob, Willibald PDS 11. 10. 95 Kemper, Hans-Peter SPD 11. 10. 95 Lummer, Heinrich CDU/CSU 11. 10. 95 ** Dr. Maleuda, Günther PDS 11. 10. 95 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 11. 10. 95 Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 11. 10. 95 Rübenkönig, Gerhard SPD 11. 10. 95 Schloten, Dieter SPD 11. 10. 95 ** Schmidt (Aachen), Ulla SPD 11. 10. 95 Schönberger, Ursula BÜNDNIS 11. 10. 95 90/DIE GRÜNEN Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 11. 10. 95 90/DIE GRÜNEN Dr. Schubert, Mathias SPD 11. 10. 95 Schuhmann (Delitzsch), SPD 11. 10. 95 Richard Dr. Stadler, Max F.D.P. 11. 10. 95 *** Steen, Antje-Marie SPD 11. 10. 95 Terborg, Margitta SPD 11. 10. 95 ** Teuchner, Jella SPD 11. 10. 95 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 11. 10. 95 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 11. 10. 95 Zierer, Benno CDU/CSU 11. 10. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rainer Funke auf die Frage des Abgeordneten Manfred Such (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 13/2527 Frage 3): Welche konkreten Erkenntnisse liegen der Bundesregierung aus den letzten fünf Jahren über die Zahl von nicht zur Hauptverhandlung erschienenen Angeklagten sowie über die durchschnittliche Dauer von der Tatendeckung bis zur Hauptverhandlung vor, und welche Schlußfolgerungen zieht die Bundesregierung aus diesen Erkenntnissen oder aber aus deren Fehlen hinsichtlich des möglichen Bedarfs an der Einführung einer sogenannten Hauptverhandlungshaft sowie deren Realisierbarkeit? Erkenntnisse über die Zahl nicht zur Hauptverhandlung erschienener Angeklagter und über die durchschnittliche Dauer von einer Tatentdeckung bis zur Hauptverhandlung lassen sich den amtlichen Statistiken nicht entnehmen. Aus Erfahrungsberichten der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis ist jedoch bekannt, daß eine sofortige Verhandlung im beschleunigten Verfahren nicht selten daran scheitert, daß der Beschuldigte für die Durchführung der Hauptverhandlung nicht zur Verfügung steht. Das geltende Recht beschränkt nämlich die Festhaltebefugnis der Strafverfolgungsbehörden in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für einen Haftbefehl nicht vorliegen, auf die zur Feststellung der Identität unerläßliche Dauer, maximal auf zwölf Stunden. Die Anwesenheit des Beschuldigten ist aber für eine Hauptverhandlung unverzichtbar. Soll in geeigneten Fällen eine Aburteilung einer Tat möglichst auf dem Fuße folgen, wie durch die mit dem Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 vorgenommenen Änderungen des beschleunigten Verfahrens beabsichtigt, so ist für die Fälle, in denen die unverzügliche Entscheidung im beschleunigten Verfahren wahrscheinlich ist, jedoch Anhaltspunkte für ein Fernbleiben des Beschuldigten von der Hauptverhandlung vorliegen, Vorsorge für seine Anwesenheit zu treffen. Dies setzt nach den erwähnten Erfahrungsberichten auch ohne statistische Erkenntnisse der erfragten Art voraus, daß in der Strafprozeßordnung zur Sicherung der Hauptverhandlung im beschleunigten Verfahren unter bestimmten, „eng begrenzten" Voraussetzungen ein vorläufiges Festnahmerecht und ein neuer Haftgrund vorzusehen sind. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki auf die Frage des Abgeordneten Manfred Such (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 13/2527 Frage 4): Welche sozialen Kriterien außer der Höhe des Kaufpreisgebots berücksichtigt die Bundesregierung beim Verkauf bundeseigener Wohnhäuser oder Kasernen hinsichtlich der Erwerber, deren beabsichtigter Nutzung sowie absehbarer Geschäftsge- bahren bei Weitervermietungen des Objekts, und mit welchen Auflagen oder sonstigen Instrumenten kann die Bundesregierung bei solchen Verkäufen - im Sinne einer wohnungsmarktpolitischen Steuerung - dafür Sorge tragen, daß die Käufer die Objekte Wohnungssuchenden zu angemessenen Bedingungen anbieten? Beim Verkauf bundeseigener Grundstücke sind die planungsrechtlich zulässigen Nutzungsmöglichkeiten zugrunde zu legen, die sich aus der Bauleitplanung der Kommunen oder - in einer Vorstufe dazu - aus kommunalen Planungskonzepten ergeben. Steht die künftige Nutzung des Grundstücks fest, erfolgt die Veräußerung entweder aufgrund einer Ausschreibung in der örtlichen und überörtlichen Presse oder auf der Grundlage einer Wertermittlung. Der Bund darf seine Grundstücke nach dem Haushaltsrecht grundsätzlich nur zu ihrem vollen Wert veräußern. Für Grundstücke, auf denen neuer Wohnraum geschaffen wird, sowie für vorhandene Wohnungsbestände läßt der Bundeshaushaltsplan, abweichend vom Grundsatz der Veräußerung zum vollen Wert, die Einräumung von Verbilligungen zu: - Beabsichtigt der Erwerber, das Grundstück für den sozialen Wohnungsbau zu verwenden, gewährt ihm der Bund einen Preisnachlaß in Höhe von bis zu 50 v. H. vom vollen Wert des Grundstücks. Dies gilt bei selbstgenutztem Wohnraum auch für die Fälle, in denen die Voraussetzungen des sozialen Wohnungsbaus nach den jeweiligen Landesbestimmungen zwar erfüllt sind, Fördermittel jedoch wegen Ausschöpfung des Verpflichtungsrahmens nicht bewilligt werden können. Der Preisnachlaß wird u. a. mit der Auflage gewährt, daß das Grundstück für 15 Jahre durch Personen genutzt wird, die dem Berechtigtenkreis des sozialen Wohnungsbaus angehören. - Handelt es sich bei dem Kaufobjekt um ein Grundstück mit Geschoßwohnungen, legt der Bund zur Ermittlung eines ermäßigten Kaufpreises nicht die Marktmiete, sondern den Mietzins für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau zugrunde, wenn sich der Erwerber verpflichtet, die Wohnungen für die Dauer von mindestens 20 Jahren zu einem entsprechend niedrigen Mietzins an Wohnberechtigte im Sinne des § 5 Wohnungsbindungsgesetz zu vermieten. Dies gilt nur bei Veräußerungen an Gebietskörperschaften oder von diesen getragenen Wohnungsbaugesellschaften. - Ehemals von der Westgruppe der russischen Streitkräfte genutzte Geschoßwohnungen können unentgeltlich - vorrangig an Wohnungsbaugesellschaften aber auch an sonstige Dritte - abgegeben werden, wenn diese sich verpflichten, die Wohnungen nach einem konkreten Vorhabenplan innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren nach Eigentumserwerb zu sanieren und zu ortsüblichem Mietzins für mindestens zwanzig Jahre zu vermieten. - Geschoßwohnungen, die bis zum 2. Oktober 1990 zur Unterbringung von Mitgliedern der ehemaligen NVA und deren Familien genutzt wurden, können um 50 v. H. unter dem vollen Wert vorrangig an Wohnungsbaugesellschaften oder an sonstige Dritte veräußert werden, wenn diese sich zur nachhaltigen Instandhaltung der Wohnungen verpflichten und die Wohnungen ebenfalls für mindestens zwanzig Jahre zu ortsüblichem Mietzins vermieten. In allen vorgenannten Fällen trifft der Bund im Kaufvertrag Vereinbarungen über die Erfülllung der geforderten Verbilligungsvoraussetzungen sowie über die Auflagen zur zweckentsprechenden Nutzung während des Zeitraums der Nutzungsbindung. Im Falle eines Vertragsverstoßes ist in der Regel der nachgelassene Kaufpreisanteil mit Zinsen in Höhe von 2 v. H. über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank nachzuzahlen. Neben dieser Nachzahlungsverpflichtung vereinbart der Bund - außer bei Gebietskörperschaften - zusätzlich eine Vertragsstrafe für schuldhaftes Verhalten des Käufers. Außerdem bietet der Bund bebaute oder unbebaute Grundstücke, die sich zur Bildung von selbstgenutztem Wohneigentum eignen, gezielt Familien mit Kindern an. Dabei nimmt es der Bund in Kauf, wenn das Ausschreibungsergebnis wegen der Beschränkung des Bieterkreises auf Familien mit Kin-dem um bis zu 20 v. H. hinter dem örtlichen Marktwert zurückbleibt. Erfüllt der Erwerber die Voraussetzungen für eine Förderung im sozialen Wohnungsbau, so wird auch hier eine Verbilligung eingeräumt. Familien mit Kindern werden nur dann vorrangig berücksichtigt, wenn die bei Erwerb zugrunde gelegte häusliche Gemeinschaft mit Kindern voraussichtlich noch mindestens zwei Jahre nach Bezug des Erwerbsobjekts fortbestehen wird. Der Erwerber muß sich verpflichten, das Objekt mindestens für acht Jahre selbst zu nutzen und es während dieses Zeitraums nicht weiterzuveräußern. Für den Fall einer schuldhaften Vertragsverletzung wird eine Vertragsstrafe von mindestens 10 v. H. des Kaufpreises vereinbart. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Kurt Faltlhauser auf die Frage des Abgeordneten Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) (CDU/CSU) (Drucksache 13/2527 Frage 5): Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um den Beschluß des EU-Nomer..klaturausschusses, CD-ROM-Laufwerke für PC als Videorecorder zu klassifizieren und damit einem erhöhten Importzoll zu unterwerfen, rückgängig zu machen? Es geht bei der Entscheidung des Nomenklaturausschusses nicht um eine Erhöhung der Importzölle, sondern um die richtige Einreihung von CD-ROM-Laufwerken in den gemeinsamen Zolltarif der EU. Bis auf Schweden waren sich alle EU-Mitgliedstaaten und die Kommission darin einig, daß CD-ROM-Laufwerke in Position 8521 eingereiht werden müssen, d. h. zu klassifizieren sind. Eine Rückgängig- machung der Entscheidung ist für die Bundesregierung nicht. möglich. Zum einen hat sie mit der Mehrheit der übrigen Mitgliedstaaten der Maßnahme zugestimmt und zum anderen liegt das Vorschlagsrecht bei der Kommission, der bei Fragen der Einreihung eine hohe Entscheidungsbefugnis eingeräumt wurde. Die hohe wirtschaftliche Bedeutung der Einreihungsentscheidung ist bei der Kommission bekannt. Sie hat deshalb in den Verordnungsentwurf - durch den die Einreihungsentscheidung umgesetzt werden soll - eine Formulierung aufgenommen, die es erlaubt, die derzeit bestehende Zollaussetzung bei bestimmten CD-ROM-Laufwerken zu der neuen Position 8521 mitzunehmen. Die Bundesregierung (hier das federführende BMWi) tritt für eine möglichst umfassende Zollbegünstigung für CD-ROM-Laufwerke bei Position 8521 ein. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Heinrich L. Kolb auf die Frage des Abgeordneten Dr. Egon Jüttner (CDU/ CSU) (Drucksache 13/2527 Frage 6): Was unternimmt die Bundesregierung, damit der prozentuale Anteil der Zuschüsse des Bundes an der überbetrieblichen Lehrlingsausbildung nicht noch weiter sinkt? Der Förderung überbetrieblicher Lehrlingsunterweisungen im Handwerk (2. bis 4. Lehrjahr) kommt vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Lehrstellensituation besondere beschäftigungs-, wachstums- und berufsbildungspolitische Bedeutung zu. Sie dient der Ergänzung der betrieblichen Ausbildung und stärkt das duale System: Gefördert werden Lehrgänge für Handwerkslehrlinge auf der Grundlage von Rahmenlehrplänen mit dem Ziel, den persönlichen Leistungsstandard besser und schneller an die moderne wirtschaftlich-technische Entwicklung anzupassen. Die Bundesregierung hat die Mittelansätze trotz angespannter Haushaltslage von 60,9 Millionen DM im Jahre 1994 (Ist) auf 67,5 Millionen DM in 1995 (Soll) erhöht. Für 1996 ist nach dem Haushaltsentwurf mit einer weiteren Anhebung auf 69,5 Millionen DM zu rechnen. Die zusätzlichen Mittel werden für die verstärkte Einbeziehung von Auszubildenden aus den neuen Bundesländern, die Verlängerung der jährlichen Unterweisungsintensität im gesamten Bundesgebiet und für eine Anhebung der Zuschüsse für die einzelnen Lehrgänge eingesetzt. Eine weitere Absenkung des Anteils der Zuschüsse des Bundes an den Gesamtkosten der überbetrieblichen Lehrgänge wird damit vermieden. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rudolf Kraus auf die Fragen des Abgeordneten Peter Dreßen (SPD) (Drucksache 13/2527 Fragen 7 und 8): In welcher Höhe haben die Berufsgenossenschaften in den letzten Jahren für Gutachten, Anwalts- bzw. Gerichtskosten usw. im Zusammenhang mit juristischen Auseinandersetzungen bei der Bewilligung von Berufsunfähigkeitsrenten Finanzmittel aufgewendet? Wie viele Berufsunfähigkeitsrenten sind in den letzten Jahren ohne eine juristische Auseinandersetzung bewilligt worden, und welchen Anteil machen diese an allen Bewilligungen (also unter Einschluß solcher, bei der ein juristischer Konflikt vorlag) aus? Ich bitte Sie um Verständnis, daß ich in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit die von Ihnen erbetenen Angaben nicht recherchieren konnte. Die Bundesregierung selbst verfügt nicht über derartige Statistiken. Ich habe jedoch veranlaßt, daß über die Spitzenverbände der gesetzlichen Unfallversicherung bei den mehr als 100 Unfallversicherungsträgern nach entsprechendem Zahlenmaterial nachgefragt wird. Dabei geht es sowohl um die aufgebrachten Gutachtens-, Anwalts- und Verfahrenskosten aufgrund von Rechtsstreitigkeiten als auch um den Anteil von Rentenbewilligungen ohne Rechtsstreitigkeiten an der Gesamtzahl der erteilten Rentenbescheide. Gerade die letzte Verhältniszahl erscheint auch mir interessant, weil sie nach meiner Überzeugung verdeutlichen wird, daß auch in der gesetzlichen Unfallversicherung das Anerkennungsverfahren ohne anschließende gerichtliche Überprüfung der Regelfall ist. Soweit mir die Unfallversicherungsverbände gaben zu den von Ihnen gewünschten Informationen zur Verfügung stellen können, werde ich Sie darüber schriftlich unterrichten. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die Frage der Abgeordneten Dr. Elke Leonhard (SPD) (Drucksache 13/2527 Frage 12): Wann ist mit einer Genehmigung der überarbeiteten Planunterlagen zu rechnen, die das Land Nordrhein-Westfalen für den nordrhein-westfälischen Teil des Lückenschlusses der Bundesautobahn 1 (Tondorf/Mehren) nach Einbeziehung von Einwendungen und neuen Rechtsgrundlagen, insbesondere im Bereich des Umweltschutzes, dem Bundesministerium für Verkehr zugeleitet hat? Die Genehmigung der eingereichten Unterlagen wird zur Zeit nicht mit Nachdruck betrieben, weil die Bestätigung der Planung durch die laufende Umweltverträglichkeitsstudie noch aussteht. Wenn das Land Nordrhein-Westfalen dieses Verfahren abgeschlossen hat, könnte innerhalb von wenigen Monaten die Genehmigung erfolgen. 5070* Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ulrich Klinkert auf die Fragen der Abgeordneten Marion Caspers-Merk (SPD) (Drucksache 13/2527 Fragen 13 und 14): Gibt es bei der Bundesregierung Überlegungen, nach dem Vorbild des Dualen System Deutschland GmbH ein entsprechendes Recyclingsystem für gebrauchte Textilien einzuführen, und wenn ja, wie weit sind diese Überlegungen gediehen? Teilt die Bundesregierung die Befürchtungen der betroffenen Organisationen, daß bei Einführung eines derartigen Systems die Erfassung und Vermarktung von Alttextilien den karitativen Organisationen, die bisher einen Großteil ihrer satzungsgemäßen Arbeit und wichtige Wohlfahrtsprojekte aus der Sammlung und Verwertung von Alttextilien finanzieren, entzogen wurde, und hat dieser Gesichtspunkt in den bisherigen Überlegungen eine Rolle gespielt? Zu Frage 13: Die Duales System Deutschland GmbH ist von der deutschen Wirtschaft gegründet worden, um den individuellen ordnungsrechtlichen Vorgaben der Verpackungsverordnung durch kollektive Übernahme der Produktverantwortung gerecht zu werden. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, inwieweit die Wirtschaft für den Bereich Textilien ähnliche Systeme ohne ordnungsrechtlichen Rahmen zu schaffen beabsichtigt. Allerdings geht die Bundesregierung davon aus, daß die betroffene Wirtschaft im Rahmen des § 22 Kreislaufwirtschafts-/ Abfallgesetz die ihr zugewiesene Produktverantwortung wahrnimmt. Zu Frage 14: In der Erfassung von Alttextilien sind heute sowohl caritative wie gewerbliche Sammler und Verwerter tätig. Die Bundesregierung geht davon aus, daß im Rahmen der Umsetzung der Produktverantwortung allen in der Erfassung und Verwertung von Alttextilien Erfahrenen die Möglichkeit gegeben ist, ein ihrem Erfahrungsschatz entsprechendes Tätigkeitsfeld zu behaupten. Insoweit ist zu erwarten, daß die caritativen Organisationen angemessen einbezogen werden können und auch weiterhin ihre satzungsgemäße Arbeit auch durch die Erfassung und die Verwertung von Alttextilien finanzieren können. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage der Abgeordneten Dr. Elke Leonhard (SPD) (Drucksache 13/2527 Frage 29): Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik an der Sprachenförderung des Auswärtigen Amtes, die nach Einschätzung von Experten unkoordiniert ist, zu wenig Unterstützung von seiten der Bundesregierung erfährt und darüber hinaus in Landeshoheiten zersplittert ist, da die Bundesländer ihrerseits Sprachenpolitik betreiben, und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Einrichtung einer zentralen Instanz, die die nationale Sprachenpolitik koordiniert? Die Förderung der deutschen Sprache im Ausland ist eines der wesentlichen Elemente der Auswärtigen Kulturpolitik der Bundesregierung. Im Auftrag des innerhalb der Bundesregierung für die Auswärtige Kulturpolitik zuständigen Auswärtigen Amtes erfüllen verschiedene Mittlerorganisationen mit jeweils spezifischen Zuständigkeiten eigenverantwortlich Aufgaben der Sprachförderung. Das bestehende Mittlersystem hat sich bewährt und bietet auch weiterhin eine adäquate und effiziente Organisationsform. Es ist der beste Garant dafür, daß sich Projekte frei von staatlicher Einflußnahme und politischer Gängelung entfalten können. Mit seinen dezentralisierten und auf dem Prinzip des Pluralismus gründenden Strukturen, die die Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, staatlichen Stellen und privaten Trägern auf verschiedene Schultern verteilen, entspricht dieses System unserem föderalen Staatsverständnis. Eine solche Struktur erfordert eine kontinuierliche Abstimmung und Koordinierung der einzelnen Aktivitäten. Das Auswärtige Amt nimmt diese Aufgabe konsequent wahr und ist dabei - wo immer nötig und angezeigt - um eine noch engere Abstimmung mit den einzelnen Trägern der Sprachförderung bemüht. Die Einrichtung einer zentralen Instanz zur Koordinierung der Sprachpolitik mag theoretisch Synergiegewinne versprechen. In der Praxis dürfte sie jedoch eher zu Substanzverlusten durch mehr Bürokratie und mehr Administration führen. Darüber hinaus ist in Politik und Öffentlichkeit keine Akzeptanz für die Auflösung des Mittlersystems und die Aufgabe eines Teils der Kulturhoheit der Länder, die ein solcher Schritt unweigerlich bedeuten würde, zu erkennen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Frage des Abgeordneten Dietrich Austermann (CDU/CSU) (Drucksache 13/2527 Frage 30): Ist die Bundesregierung angesichts der Gefährdung von Beamten des Bundesgrenzschutzes infolge evtl. Fehlentscheidungen der Landesregierung Niedersachsen bei Einsätzen wie den „Chaos-Tagen" bereit, Bundesbeamte auch zukünftig für Einsätze auf Wunsch betroffener Landesregierungen bereitzustellen, wenn z. B. eine betroffene Landesregierung den Einsatz der Landespolizei, zum Beispiel zum Schutz von Castor-Transporten, wegen einer angeblichen Gefährdung der Beamten ablehnt? Aufgrund der berufstypischen Risiken polizeilicher Tätigkeit kann eine individuelle Gefährdung der eingesetzten Beamten und Beamtinnen niemals vollkommen ausgeschlossen werden. Grundsätzlich sind Fehlentscheidungen geeignet, Risiken zu verursachen bzw. zu erhöhen. Laut Artikel 35 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 11 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 4 Satz 1 des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz wird ein Anspruch der Bundesländer auf Unterstützung durch den Bundesgrenzschutz erst dann begründet, wenn zuvor alle dort vorhandenen perso- Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Oktober 1995 5071* nellen und materiellen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Für den Fall eines Unterstützungsersuchens einer Landesregierung, dem - was die Bundesregierung allerdings ausschließt - eine Ablehnung des Einsatzes eigener Polizeikräfte wegen angeblicher Gefährdung zugrundeliegt, sind somit die rechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen des Abgeordneten Bernd Reuter (SPD) (Drucksache 13/2527 Fragen 31 und 32): Plant die Bundesregierung eine Zusammenarbeit zwischen der GSG 9 und der Policia Nacional von Nicaragua? Hat die Botschaft von Nicaragua mit deutschen Stellen Kontakt zu diesem Zweck aufgenommen? Zu Frage 31: Nein. Zu Frage 32: Nein. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Christine Lucyga (SPD) (Drucksache 13/2527 Fragen 33 und 34): Trifft es zu, daß nach dem deutsch-vietnamesischen Rücknahmeabkommen für vietnamesische Bürgerinnen und Bürger mit einer Arbeitserlaubnis in der DDR insofern eine Benachteiligung besteht, als Zeiten ihres Aufenthaltes in der DDR nicht bzw. nicht vollständig auf die Gesamtaufenthaltszeit angerechnet werden, was dazu führt, daß vietnamesische Bürgerinnen und Barger zum Teil geringe Aufenthaltszeiten anerkannt bekommen, obwohl sie das doppelte bzw. dreifache der Zeiten bereits in Deutschland (einschließlich Aufenthaltszeiten in der DDR) verbracht haben? Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch die Zugrundelegung von tatsächlichen Beschäftigungszeiten für die Anrechnung von Aufenthaltszeiten vietnamesischer Bürgerinnen, die während ihres Aufenthaltes in Deutschland mehrere Kinder geboren haben, nur geringe Aufenthaltszeiten erwachsen, obwohl durch die Geburt der Kinder und ihre Eingliederung in die Gesellschaft für die betreffende Familie ein hoher Sozialisierungsgrad eingetreten ist, und was gedenkt die Bundesregierung gegen diese Form der Benachteiligung der vietnamesischen Bürgerinnen zu tun? Zu Frage 33: Der aufenthaltsrechtliche Status von Ausländern in Deutschland bestimmt sich ausschließlich nach dem Ausländerrecht der Bundesrepublik Deutschland. Das deutsch-vietnamesische Rückübernahmeabkommen vom 21. Juli 1995 regelt lediglich das Verfahren der Rückübernahme von ausreisepflichtigen vietnamesischen Staatsangehörigen und trifft keine Regelung hinsichtlich des aufenthaltsrechtlichen Status von vietnamesischen Staatsangehörigen in der Bundesrepublik Deutschland. Zu Frage 34: Die Anrechnung von Aufenthaltszeiten ist im Ausländerrecht vorgesehen im Rahmen der Vorschriften über die Verfestigung des aufenthaltsrechtlichen Status von Ausländern nach den §§ 24 bis 27 und 35 des Ausländergesetzes. Keine dieser Vorschriften sieht vor, daß für die Aufenthaltsverfestigung nur Zeiten einer Beschäftigung angerechnet werden. Anzurechnen sind vielmehr die Zeiten des Besitzes der in den Vorschriften genannten Aufenthaltsstatus.
Gesamtes Protokol
Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1306000000
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Themen ihrer heutigen Kabinettssitzung erstens „Konzeption zur langfristigen Unterbringung von Bundesorganen und Bundesbehörden sowie nationaler und internationaler Organisationen in der Bundesstadt Bonn" und zweitens „Bericht zur Umsetzung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt" mitgeteilt.
Das Wort für den einleitenden Bericht hat der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Dr. Klaus Töpfer.

Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1306000100
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bundeskabinett hat heute das sogenannte Bonn-Konzept beschlossen. Das Konzept regelt die Unterbringung der in Bonn verbleibenden Bundesbehörden und der nach dem Berlin/Bonn-Gesetz als Ausgleich nach Bonn zu verlagernden Behörden sowie nationaler und internationaler Institutionen.
Das Bonn-Konzept ist ein weiterer wichtiger Baustein für die fristgerechte Umsetzung des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991 und der von Parlament und Regierung getroffenen Folgebeschlüsse. Mit diesem Konzept wird die notwendige Planungssicherheit für die betroffenen Behörden und Einrichtungen, insbesondere aber auch für die Bundesstadt Bonn und für die gesamte Region geschaffen. Ich darf auf einige Punkte hinweisen:
Bei mehr als 40 vom Bonn-Konzept erfaßten Behörden und Einrichtungen mit rund 20 000 betroffenen Arbeitsplätzen wird deutlich, daß dies für uns eine große Herausforderung war. Die Konzeption zeigt im Ergebnis, daß der Bund in der ehemaligen Bundeshauptstadt und jetzigen Bundesstadt Bonn, entgegen manchen Besorgnissen keinerlei innerstädtische Bürobrachen hinterlassen wird. Die verfügbaren bundeseigenen Gebäude mit rund 520 000 Quadratmetern Hauptnutzfläche werden auch langfristig voll belegt sein. Weitere rund 100 000 Quadratmeter Hauptnutzfläche müssen in bestehenden Mietobjekten abgedeckt werden.
Meine Damen und Herren, als ich im September dem Koordinierungsausschuß der Ausgleichsvereinbarung mit der Region Bonn die Grundzüge dieses Konzeptentwurfes vorgestellt habe, waren es vor allem die städtebaulichen Aspekte, die den ungeteilten Beifall von Stadt, Region und Land gefunden haben. Den Bonner Vorstellungen entsprach zudem unsere Überlegung, alle Ministeriumsstandorte in bundeseigenen Liegenschaften zu erhalten und die Standorte durch die räumliche Zusammenfassung von Politikbereichen sowie durch die Zuordnung von entsprechenden Behörden und Einrichtungen funktional und wirtschaftlich zu nutzen. Eine wichtige Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die Frage einer angemessenen Ausgestaltung der langfristigen Nutzung im engeren Parlamentsviertel.
Lassen Sie mich aber vorher noch auf einige andere, ganz besondere Entscheidungen hinweisen, die für das Profil der Bundesstadt Bonn von Bedeutung sind. So ist festgelegt, daß der Bundesrechnungshof, der von Frankfurt nach Bonn verlegt wird, in dem alten Postministerium, also einem Teil des gegenwärtigen Außenministeriums, untergebracht wird; dies geschah mit voller Zustimmung auch des Bundesrechnungshofes selbst. Wir werden das Bundeskartellamt im Axe-Haus mit den entsprechenden nutzbaren Flächen des gegenwärtigen Bundespräsidialamtes unterbringen können. Zudem werden wir den beiden Ministerien, die noch in besonderer Weise einer Unterbringung bedurften, nämlich das Bundesumweltministerium und das Bundesgesundheitsministerium, mit dem neuen Postministerium eine auf Dauer sinnvolle Standortmöglichkeit eröffnen können. Das sind Bereiche, die, wie ich glaube, außerordentlich gut in die Gesamtprofilierung dieser Stadt passen.
Zum engeren Bereich des Parlamentsviertels: Wir waren der Überzeugung, daß es sinnvoll ist, in diesem Gebiet, auch auf Grund der historischen Bedeutung dieses Standortes, einen Schwerpunkt für die Ausgleichsbereiche Bildung und Wissenschaft-

Bundesminister Dr. Klaus Töpfer
sowie Entwicklungspolitik ausbaufähig und dauerhaft anzusiedeln.
Das bedeutet im Konkreten, daß der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung seinen Dienstsitz in das gegenwärtige Bundeskanzleramt verlegen wird und daß wir entwicklungspolitische Einrichtungen, die etwa aus Berlin nach Bonn verlegt werden, in den Liegenschaften des sogenannten Tulpenfeldes unterbringen werden, was auch mit Blick auf die Nutzung von dortigen logistischen Einrichtungen außerordentlich sinnvoll erscheint.
Der zweite Schwerpunkt im heutigen Bezirk des Parlaments wird der Ausgleichsbereich Bildung und Wissenschaft sein. Im Abgeordnetenhochhaus werden insbesondere das Bundesinstitut für Berufsbildung und das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung einen sehr guten Standort finden können. Andere, ergänzende Einrichtungen dieser Art kommen hinzu, so daß wirklich eine sich wechselseitig ergänzende Nutzung dieses so wichtigen Gebäudes möglich wird. Diese Planung ist in besonderer Weise auch deswegen vorgenommen worden, weil nicht zuletzt auch von diesen Institutionen eine besondere Nachfrage nach der guten Infrastruktur dieses Parlamentsbereiches ausgeht. Das gilt z. B. für diesen Plenarsaal, aber in hohem Maße auch für viele kleinere und größere Sitzungssäle, die, wie wir alle wissen, für die Arbeit des Parlamentes notwendig sind und nach dem Umzug in eine Folgenutzung eingebracht werden können.
Es wird also hier ein Schwerpunkt für Entwicklung sowie Wissenschaft und Forschung gebildet. Damit wird die Zukunftsprofilierung dieses Standorts unterstrichen; vorhandene Infrastrukturen und infrastrukturelle Investitionen können dadurch gut genutzt werden.
Diese konzeptionellen Überlegungen waren auch der Ansatzpunkt dafür, daß überprüft worden ist, inwieweit die in Bonn zu gründende Institution CAESAR einen Standort im unmittelbaren Parlamentsbereich erhalten könnte. Diese Möglichkeit ergibt sich dann, wenn die auf dem Gelände der Gronau bisher vorgesehenen Baumaßnahmen nicht in der gleichen Größenordnung weitergeführt werden können. Es ist dann möglich, diese Liegenschaft als Standort für CAESAR mit heranzuziehen. Der Bundesforschungsminister hat hierzu ein entsprechendes Standortgutachten in Auftrag gegeben, das drei Standorte untersucht. Hierüber wird abschließend zu entscheiden sein, wenn die Bewertungen dieser drei Standorte vorliegen. Die Prüfung des Standortes Gronau ist deswegen aufgenommen worden, weil auch von dieser Einrichtung Nutzungen für vorhandene Infrastruktur im Parlaments- und Regierungsviertel ausgehen können.
Meine Damen und Herren, dies hat wiederum dazu geführt, daß unabhängig von den uns vom Haushaltsausschuß ohnedies aufgetragenen Überprüfungen, inwieweit die Deutsche Welle in diesen Parlamentsbereich gebracht werden kann, und unabhängig von der Notwendigkeit der Nutzung des Schürmann-Baus, die Frage der Unterbringung dieses Senders noch einmal aufgegriffen worden ist. Es ist ganz einsichtig, daß gerade eine solche für die Bundesrepublik Deutschland in die gesamte Welt hinaus ausstrahlende Einrichtung für die Bundesstadt Bonn eine ganz besonders gute Ergänzung ihres Profils darstellt. Es ist untersucht worden, inwieweit der sogenannte Schürmann-Bau dafür geeignet ist. Es hat sich ergeben, daß eine solche Nutzung sehr gut möglich ist. Das Kabinett hat deshalb heute beschlossen, daß der Schürmann-Bau saniert und für die Nutzung der Deutschen Welle fertiggebaut werden soll,

(Zustimmung des Abg. Peter Conradi [SPD])

mit einem Konzept, das jetzt durch entsprechende Verträge mit den Unternehmen noch abgesichert und natürlich mit dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages abgeklärt werden muß. Unser Ziel muß es sein, dabei die Wirtschaftlichkeit der Lösung in den Vordergrund zu stellen, ohne daß wir die städtebauliche und architektonische Qualität dieser Baumaßnahme Not leiden lassen.
Ziel ist auch, in einer außergerichtlichen Regelung die Sanierung auf Kosten möglicher Schädiger durchführen zu lassen und durch einen entsprechenden Vergleich Anforderungen anderer an diesem Bau bisher Beteiligten nicht mehr gegen den Bund gelten zu lassen.
Insgesamt ist dies, wie ich meine, ein Gesamtkonzept für die Bundesstadt Bonn, das außerordentlich klar zeigt: Hier ist auf Dauer etwas aufgebaut, und hier wird nicht durch Rutschbahneffekte oder ähnliches die Perspektive dieser Stadt und dieser Region in Frage gestellt.
Ich betone noch einmal, daß ich mich freue, die breite Unterstützung in der Region und auch vom Land NRW bekommen zu haben. Daß die mögliche Verlagerung der Deutschen Welle keinen unmittelbaren Beifall dort findet, wo dieser Sender möglicherweise in Zukunft nicht mehr ist, ist nachvollziehbar. Ich habe auch Verständnis dafür, möchte aber deutlich sagen, daß es nicht in erster Linie eine Frage ist, wie man eine Bausubstanz füllt, sondern wie eine solche Einrichtung auch in die Gesamtprofilierung dieser Standortregion hineinpaßt, ohne daß sie damit dem Rheinland insgesamt verlorengeht.
Recht herzlichen Dank, Frau Präsidentin.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1306000200
Als erste Fragestellerin Frau Limbach.

Editha Limbach (CDU):
Rede ID: ID1306000300
Es ist ganz offensichtlich, daß die Frage der Nutzung bundeseigener Gebäude in dieser Stadt und das Unterbringungskonzept für die Ministerien, die mit erstem Dienstsitz hier sein werden, und für die zweiten Dienstsitze derer, die in Berlin sein werden, wie aber auch die Unterbringung für Institutionen und Behörden, die hier hinkommen, von außerordentlicher Bedeutung für die Entwicklung der Stadt ist; denn die Bundesstadt Bonn muß auf beides achten, auf den Teil, der sozusagen Aufgabe der Regierung und des Bundestages

Editha Limbach
ist, wie sie es im Beschluß seinerzeit versprochen haben, aber auch auf den Teil, den wir mit Unterstützung des Bundes auch selbst bewältigen müssen, nämlich hier Neues anzusiedeln. Wenn ich das Konzept sehe, dann erscheint es mir auf den ersten Blick sehr sinnvoll.
Mich würde aber schon interessieren: Ist in diesem Konzept, zu dem der SchürmannBau und die Deutsche Welle, wie Sie ausgeführt haben, gehören, auch vorgesehen, die Gebäude, die jetzt noch nicht namentlich aufgezählt sind, wie das Palais Schaumburg und andere, mit einzubeziehen, z. B. wegen ihrer historischen Bedeutung? Und ist vorgesehen, auch die Ausstattung dieser Gebäude z. B. mit technischen Einrichtungen so zu gestalten, daß die Zusammenarbeit zwischen der Bundeshauptstadt Berlin und der Bundesstadt Bonn auch auf diesem Gebiet problemlos ablaufen kann, daß all das, was an Kommunikationsmöglichkeiten vorhanden ist, genutzt wird, so daß nicht hinterher Reibungsverluste entstehen, die das hier vorgestellte Konzept gefährden könnten?

Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1306000400
Frau Kollegin Limbach, es ist heute das sogenannte Grobkonzept der Nutzung beschlossen worden. Wir werden jetzt die Detailklärungen weiterführen, bis hin zu den Fragen der technischen Ausstattung einzelner Einrichtungen für neue Nutzungsmöglichkeiten. Daß die Kommunikationsinfrastruktur zwischen Bonn und Berlin leistungsfähig entwickelt werden muß, ist absolut sicher. Das kann ich zumindest für die gesamte Funktionsfähigkeit der Bundesregierung und sicherlich auch des Parlaments hier festhalten. Federführend für diese Aufgabe ist der Bundesinnenminister. Ich bin sicher, daß er ein sehr leistungsfähiges Konzept verwirklicht.
Ich glaube, ich kann noch einmal unterstreichen, daß wir alles daransetzen müssen, um für die historische Bedeutung dieses Standortes eine wirklich überzeugende Folgenutzung zu bekommen. Ich meine - das ist nicht nur meine persönliche Meinung, sondern eine Entscheidung insgesamt -, daß aus dem Zusammenwirken von Entwicklungspolitik, von Wissenschaft und Forschung und der Multiplikation der Nachrichten aus Deutschland über diese und andere Aufgaben eine außerordentlich gute Dauerprofilierung für die Bundesstadt Bonn erwachsen kann. Dies hat sicherlich auch dazu geführt, daß dieses Konzept eine doch sehr positive und umfassende Zustimmung aus der Standortregion gefunden hat, wobei ich die verständliche Ablehnung der einen Standortverlagerung aus der Sicht der Stadt Köln nur noch einmal erwähnen darf.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1306000500
Danke. Herr Reschke.

Otto Reschke (SPD):
Rede ID: ID1306000600
Herr Minister, Sie haben eben das Abgeordnetenhochhaus, im Volksmund „Langer Eugen" genannt, erwähnt. Dann haben Sie von den Liegenschaften in der Gronau gesprochen. Zum
Schluß haben Sie irgendwo den Schürmann-Bau genannt. Ich habe die ganz herzliche Bitte, daß man der Öffentlichkeit reinen Wein einschenkt.
Erstens. Warum ist bisher die Vorlage betreffend den Umgang mit dem SchürmannBau vom Bundesfinanzministerium nicht veröffentlicht worden?
Zweitens. Wo ist Ihre Vorlage in Sachen SchürmannBau, die seit Monaten - Ende Mai ist sie angekündigt worden - im Kabinett sein und dort zur Entscheidungsreife gebracht werden soll?
Nach einem Vorbericht im Haushaltsausschuß im März war dieser Bericht für Mai angekündigt worden. Der Juni, der Juli, der August und der September sind ins Land gegangen. Die Schätzungen sprechen ja von einer Viertelmillion DM Stillstandskosten pro Monat. Das heißt, allein die vier Monate Untätigkeit haben Stillstandskosten von einer Million DM verursacht. Die Zeit läuft ja weiter. Der Oktober ist bald um. Wir werden dann bald in den Dezember hineinkommen. Abgesehen davon, wann wir die Vorlage endlich zur Kenntnis nehmen können, ist die Frage: Wann kann die Regierung dem Parlament endlich einen Baubeschluß präsentieren? Wann trifft das Kabinett die Entscheidung, den Schürmann-Bau weiterzubauen? Ich habe das zumindest aus der heutigen Berichterstattung über die konzeptionelle Situation nicht heraushören können. Die Frage einer Konzeption hat ja irgendwo etwas damit zu tun, daß das, was im Rohbau steht und was seit mehr als zwei Jahren in der Diskussion ist, zumindest politisch entschieden werden muß und daß die politischen Gremien, d. h. der Haushaltsausschuß, aber auch die Fraktionen, endlich einmal über Ihre Entscheidung zum Weiterbau informiert werden müssen.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1306000700
Herr Minister.

Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1306000800
Kollege Reschke, ich glaube, ich habe eigentlich recht deutlich gesagt, daß das Bundeskabinett heute beschlossen hat, diesen Bau zu sanieren und für die Deutsche Welle fertigzustellen. Dies ist heute beschlossen worden; das habe ich mitgeteilt. Daß diese Aufgabe vergleichsweise viele zusätzliche technische, wirtschaftliche und planerische und auch rechtliche Gesichtspunkte mit sich bringt, ist ganz unstrittig. Deswegen ist im Hinblick auf eine weitere Detaillierung noch Erhebliches beizutragen. Aber die Grundentscheidung ist gefallen.
Ich bin natürlich auch gem bereit, darüber in den zuständigen Ausschüssen im Detail weiter zu berichten. Wir müssen zwischen Maßnahmen, die jetzt unmittelbar auch zur Sicherung der Baustelle notwendig sind, dem, was im Rahmen der Entwicklung des Sanierungskonzeptes und zur Umsetzung dieser Sanierung durchgeführt wird, und dem unterscheiden, was dann an Zeit und Kosten insgesamt bis zur Fertigstellung des Gebäudes aufzubringen sein wird. Wir, auch die Mitarbeiter meines Hauses, haben sehr intensiv daran gearbeitet, so daß ich schon meine, daß wir Ihre Frage sehr klar und deutlich beantworten können: Es ist jetzt - wie Sie meinen: endlich; ich

Bundesminister Dr. Klaus Töpfer
sage: wirklich - die Entscheidung gefallen, dieses Gebäude in saniertem Zustand im Hinblick auf die Aufgabenstellung der Deutschen Welle weiterzubauen.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1306000900
Zusatzfrage.

Otto Reschke (SPD):
Rede ID: ID1306001000
Ich kann für die SPD-Fraktion nur begrüßen, daß heute im Kabinett die Entscheidung zum Weiterbau gefallen ist. Ich habe die ganz herzliche Bitte, Herr Minister, daß Sie der Öffentlichkeit und uns mitteilen, wann der erste Bauauftrag vergeben wird - damit es weitergeht, die Sanierung beginnen kann und ein Baufortschritt erkennbar ist - und wann die Verfahren beim Landgericht durch eine außergerichtliche Vereinbarung beendet werden. Das sind die beiden wichtigen Fragen, die gelöst werden müssen, bevor sich der erste Kran am Bau wieder drehen kann.

Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1306001100
Ich kann Ihnen den Tag heute nicht angeben; das ist, glaube ich, auch nicht Sinn der Sache. Ich kann Ihnen nur sagen: Heute ist die Entscheidung getroffen worden, den SchürmannBau weiterzubauen. Jetzt können wir alle Voraussetzungen schaffen. Die unmittelbaren Sicherungsmaßnahmen bedürfen, wie Sie wissen, keines weiteren Bauantrages. Das können wir direkt machen; vieles andere ebenfalls.
Auch ich hoffe, daß sich dort die Baukräne bald wieder drehen. Ich sage noch einmal, daß das auch im Hinblick auf den Zeitablauf notwendig ist. Denn es gibt ja einen Zeitrahmen, innerhalb dessen die Deutsche Welle mit einem neuen oder sanierten Gebäude ausgestattet werden muß. Wenn wir das nicht in der zur Verfügung stehenden Zeit schaffen, bekommen wir auch von daher Probleme. Also ist auch meine klare Zielsetzung, möglichst schnell die von Ihnen angesprochenen vertraglichen Regelungen zu schaffen.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1306001200
Danke. Frau Matthäus-Maier.

Ingrid Matthäus-Maier (SPD):
Rede ID: ID1306001300
Mit dem heutigen Konzept setzt die Bundesregierung ja das um, was am 20. Juni 1991 und in den folgenden Beschlüssen vom Bundestag schon festgelegt worden ist. In dem Beschluß vom 20. Juli heißt es:
Der Deutsche Bundestag empfiehlt dem Bundesrat, in Wahrnehmung seiner föderalen Tradition seinen Sitz in Bonn zu belassen.
Das hat der Bundesrat ein halbes Jahr später auch so beschlossen.
Zur Überraschung und Empörung der Region Bonn hat der Bundeskanzler vor wenigen Wochen gesagt, der Bundesrat solle den längst überfälligen Beschluß fassen, nach Berlin umzuziehen. Da der Bundeskanzler offensichtlich an der Spitze des Kabinetts steht, ist meine Frage: Haben Sie in der Kabinettssitzung heute dazu etwas beschlossen, und wenn ja, was? Welche Meinung hat das Kabinett in dieser Frage?

Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1306001400
Frau Kollegin Matthäus-Maier, der Bundesrat hat bis zur Stunde den Beschluß, hier in Bonn zu sein. Deswegen geht dieses Konzept davon aus, daß der Bundesrat hier in Bonn ist. Die im Zusammenhang mit dieser Entscheidung erforderlichen Flächen sind nicht weiter verplant worden.

Ingrid Matthäus-Maier (SPD):
Rede ID: ID1306001500
Eine Nachfrage: Hat sich der Bundeskanzler auch im Kabinett in diesem Sinne geäußert? Dies wäre für die Region wichtig, weil er vor ein paar Wochen öffentlich das Gegenteil gesagt hat.

Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1306001600
Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen, daß das Konzept, das ich vorgelegt habe, einvernehmlich in der gesamten Bundesregierung beschlossen wurde. Wir haben, solange der Bundesrat als selbständiges Verfassungsorgan die Entscheidung hat, hierzubleiben, darüber auch nicht zu richten. Wir müssen die Räumlichkeiten entsprechend zur Verfügung stellen.
Dies habe ich - dafür habe ich mich hier zu bedanken - auch im Ältestenrat vortragen können. Das war eine wichtige Grundlage, denn es kann nicht sein, daß wir über Gebäude, über Liegenschaften diskutieren, die in hohem Maße das Profil dieses Hohen Hauses geprägt haben, ohne daß der Ältestenrat davon vorab unterrichtet ist. Dafür, daß dies möglich war, möchte ich mich noch einmal recht herzlich bedanken.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1306001700
Kollege Conradi.

Peter Conradi (SPD):
Rede ID: ID1306001800
Ich habe eine Frage im Zusammenhang mit dem Umzug des Bundeskanzleramts bzw. mit dem Freiwerden der Gebäude hier. Nachdem die Ausschreibung des Wettbewerbs über die bauliche Gestaltung des Kanzleramts und die Entscheidung für einen Entwurf die ganze Sache mehr als ein Jahr verzögert haben, ist jetzt zu hören, das Bundeskanzleramt in Berlin sei frühestens im Jahre 2001 fertiggestellt. Kann der Bundestag davon ausgehen, daß der Bundeskanzler seine im Ältestenrat gegebene Zusicherung, er werde, wenn das Parlament in Berlin ist, dort ausreichend präsent sein, aufrechterhält und daß er gegebenenfalls Mieträume - die es ja in Berlin in großer Zahl gibt - bezieht?

Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1306001900
Herr Kollege Conradi, ich kann jetzt nicht für den Bundeskanzler sprechen und zu seiner vermeintlichen oder tatsächlichen Aussage, die Sie zitiert haben, Stellung nehmen. Ich kann auch nicht bestätigen, daß das Bundeskanzleramt in Berlin erst im Jahr 2001 fertig wird. Ich bleibe

Bundesminister Dr. Klaus Töpfer
bei der Entscheidungsstruktur, daß der Bundestag und die geschlossenen Teile der Bundesregierung zwischen 1998 und 2000 in Berlin funktionsfähig sein sollen.
Ich möchte deutlich unterstreichen - ich weiß, daß viele, die heute anwesend sind, das genauso sehen -, daß die Umsetzung dieses Beschlusses entscheidend mit unterstützt wird von einer klaren Position in bezug auf die Bundesstadt Bonn. Wenn wir diese beiden Elemente verbinden, ist der gesamte Prozeß leichter umzusetzen. Ich habe überhaupt keinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß diese Position auch der Bundeskanzler vertritt und daß sie auch für seine Entscheidung zum Bundeskanzleramt in Berlin gilt.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1306002000
Frau Matthäus-Maier, noch zu diesem Punkt des Berichtes der Bundesregierung? - Bitte.

Ingrid Matthäus-Maier (SPD):
Rede ID: ID1306002100
Herr Bundesminister, in den diversen Beschlüssen des Bundestages war vorgesehen - Sie haben heute Details dazu genannt -, möglichst internationale Organisationen in Bonn anzusiedeln, um es zu einem Zentrum entwicklungspolitischer Arbeit zu machen. Bisher ist das nicht ganz so gelungen, wie wir alle das gehofft haben.
Könnten Sie darstellen, wie viele Arbeitsplätze nach den bisher erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen - ich glaube, es handelt sich um zwei Organisationen - hierher verlegt werden können? Können Sie gleichzeitig mitteilen, ob Sie noch Hoffnung haben in bezug auf andere internationale Organisationen? Und teilt die Bundesregierung die Meinung der nordrhein-westfälischen Landesregierung - und setzt sie sich entsprechend dafür ein -, daß der Ausschuß der Regionen der Europäischen Union hier nach Bonn geholt werden sollte?

Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1306002200
Frau Kollegin Matthäus-Maier, ich selbst bin, wie Sie sicher wissen, eine Zeitlang Vorsitzender der Kommission für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen gewesen. Ich konnte mitverfolgen, wie schwierig es ist, Standortentscheidungen der Vereinten Nationen mit zu beeinflussen. Da gibt es einen Standortwettbewerb rund um die Welt.
Daß es der Bundesregierung geglückt ist, zwei wichtige Institutionen hier nach Bonn zu holen, ist eine tolle Sache. Der internationalen Profilierung dieser Stadt wurde damit eine Tür geöffnet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich meine, das sollten wir nicht kleinreden. Vielmehr sollten wir deutlich machen, daß es eine ganz wichtige Sache ist, daß Bonn erst einmal als Standort von UN-Einrichtungen vermerkt ist.
Ich habe die Klimarahmenkonvention mit verhandelt, und ich weiß, was es bedeutet hat, daß Kollegin Merkel, Kollege Hoyer, der Außenminister und andere das durchgesetzt haben. Ich bin davon überzeugt - auch angesichts der Tatsache, daß wir mit dem Haus Carstanjen eine hervorragende Liegenschaft für diese Einrichtungen verfügbar gemacht haben -, daß das, da wir so weit gekommen sind, andere Entwicklungen erleichtern wird.
Der Kollege Blüm hat heute über die mögliche Verlagerung der regionalen Organisation der Internationalen Arbeitsorganisation hierher gesprochen. Es kommt an vielen Ecken etwas in Bewegung, ohne daß ich sagen kann, dieses oder jenes sei abgeschlossen. Ich möchte davor warnen, das einfach nur kleinzureden, wie ich überhaupt sagen möchte, Frau Kollegin - -

(Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Bisher hat noch keiner etwas kleinoder großgeredet! Ich habe gefragt!)

- Ja, gut. Sie haben gerade freundlicherweise gesagt: Da ist noch nicht viel passiert. Das nenne ich kleinerreden. Ich weiß nicht, wann Sie etwas großreden.
Ich möchte die Kollegin, die in dieser Region in besonderer Weise politisch tätig ist, dazu anregen, einfach einmal zu sagen: Prima, das ist eine gute Sache. Andere aus der Region haben das gesagt. Sie haben es begrüßt und gesagt: Das ist gut. Der Kollege Clement aus Nordrhein-Westfalen hat gesagt: Das ist ein gutes und überzeugendes Konzept; wir sollten es jetzt so machen. Daß wir daran weiter zu arbeiten haben, es detaillieren müssen, ist doch ganz selbstverständlich: Es sind 20 000 Arbeitsplätze berührt; 43 Institutionen verändern ihre Standorte, können hierhergebracht werden. Daß ich Ihnen nicht abschließend sagen kann, wer in welche Etage des Langen Eugen zieht, ist wahr, ist richtig. Aber ich könnte mir vorstellen: Über diese Probleme werden wir noch hinwegkommen, wenn wir wissen, wie das Standortkonzept in den Einzelteilen schließlich aussehen wird. Es tut dieser Stadt, dieser Bundesstadt Bonn sehr gut, so zu handeln.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1306002300
Bitte, Frau Matthäus-Maier.

Ingrid Matthäus-Maier (SPD):
Rede ID: ID1306002400
Entschuldigen Sie, Herr Minister, ich habe eine Zusatzfrage. Nachdem Sie meine Presseerklärung offensichtlich leider nicht gelesen haben - ich habe beide Ansiedlungen hocherfreut zur Kenntnis genommen und das auch öffentlich gesagt -, möchte ich Sie nur darauf aufmerksam machen, daß ich Ihnen eine Frage gestellt hatte. Sie haben sie bedauerlicherweise - angesichts Ihres Engagements - nicht beantwortet.
Eine Frage war: Können Sie sagen, um wie viele Arbeitsplätze es ging?
Meine zweite Frage: Unterstützen Sie die Forderung von Nordrhein-Westfalen und auch aus der Region, und zwar parteiübergreifend - die meisten Dinge dieser Art finden parteiübergreifend statt; deswegen hat mich Ihr Zungenschlag ein bißchen gewundert -, den Ausschuß der Regionen nach Bonn zu holen?


Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1306002500
Zur ersten Frage: Ich kann Ihnen aus dem Stegreif nicht sagen, wie viele Mitarbeiter im Sekretariat der Klimarahmenkonvention in Bonn angesiedelt werden. Dabei muß man fragen: Was ist die Erstausstattung eines solchen Sekretariates? Sie wird nicht gewaltig groß sein. Welche Entwicklung ist damit aber möglicherweise verbunden? Ich könnte auf einige Details eingehen, möchte es aber dem Kollegen Klinkert überlassen, das aus der Sicht des Umweltministeriums darzustellen.
Zur zweiten Frage möchte ich sagen: Natürlich wird die Bundesregierung immer alle Bemühungen unterstützen, die geeignet sind, zusätzliche internationale Profilierungen für diese Stadt und diese Region zu erreichen. Das gilt natürlich auch für das, was Sie hinsichtlich des Ausschusses der Regionen gesagt haben. Das ist in besonderer Weise auch von der Landesregierung vorangebracht bzw. verfolgt worden. Ich glaube, das kann nicht einer allein machen, sondern wenn, dann muß das von Bund und Ländern weiter vorangebracht werden. Ich gehe davon aus, daß auch das Außenministerium das genau so sieht.
Wo immer eine Chance besteht, das hierhinzubringen - in Kenntnis von Brüssel, Luxemburg, Straßburg und anderen Wettbewerbern um diesen Standort -, wird die Bundesregierung das mit Freude und Nachdruck tun. Sie macht das auch deswegen, weil es unserem internationalen Erscheinungsbild sehr gut tut, wenn solche bedeutsamen Einrichtungen auch in unserem Lande angesiedelt werden. Wenn sie dann auch noch in der Bundesstadt Bonn sind, ist das um so besser.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1306002600
Frau Limbach.

Editha Limbach (CDU):
Rede ID: ID1306002700
Herr Bundesminister, Sie haben erfreulicherweise die zugesagten Ausgleichsmaßnahmen, die auch im Unterbringungskonzept vorgesehen sind, also die Unterbringung von Behördeninstitutionen, die für Bonn vorgesehen sind, darstellen können. Behördeninstitutionen bestehen aber nicht nur aus Schreibtischen, sondern auch aus den dazugehörenden Menschen. Diese Menschen brauchen Behausungen, brauchen Wohnungen. Gehen Sie davon aus, daß im Zuge dieses ganzen Projektes auch in Bonn nicht nur privat, sondern auch von Bundesseite noch Wohnungen gebaut oder gefördert werden müssen?

Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1306002800
Frau Kollegin Umbach, wir haben in dem Wohnungskonzept „Umzug" auch die Tatsache betrachtet, daß durch den Umzug etwa von Berlin nach Bonn oder von Frankfurt nach Bonn ergänzende Wohnungsangebote geschaffen werden müßten. Wir haben in das Konzept hineingeschrieben, daß, wenn die Voraussetzungen und die Grundlagen gleich sind, auch eine vergleichbare Förderung vorgesehen wird, sowohl was die Familienheimförderung als auch was die Fragen der Mieten betrifft. Nur, wir sind immer der Meinung gewesen, daß diese Wahrscheinlichkeit eher geringer ist, weil die Situation in Bonn - anders als in Berlin - diesen Ausgleich aus den vorhandenen Beständen eher ermöglicht.
Ich freue mich, daß wir auch in der Personal- und Sozialkommission des Deutschen Bundestages unter dem Vorsitz von Herrn Kollegen Klose dieses Papier einstimmig verabschiedet haben. Ich danke an dieser Stelle auch den Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen, die daran mitgearbeitet haben. Es war eine ganz wichtige Grundlage, Unkenntnisse zu beseitigen; denn aus Unkenntnis, auf Grund fehlender Information kommen viele Unsicherheiten und damit Ängste und Besorgnisse von Menschen. Ich glaube, wir sollten alle gemeinsam - wie in der Vergangenheit - bemüht sein, Unkenntnisse abzubauen und damit mehr Sicherheit und Abbau von Angst zu ermöglichen. Deswegen noch einmal: Es gilt das gleiche unter gleichen Bedingungen, also Wohnungsfürsorge in Berlin wie in Bonn, wenn die Situation das erforderlich machen sollte.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1306002900
Danke. - Herr Reschke.

Otto Reschke (SPD):
Rede ID: ID1306003000
Herr Minister, natürlich haben wir keine Ängste, etwas, was Sie sagen, zu begrüßen, zumal es sich hier um Schularbeiten handelt, deren Erledigung seit vier Jahren aussteht. Aber das haben nicht Sie zu verantworten. Wir begrüßen ausdrücklich, was hinter dem Bonn-Konzept steht, nämlich nationale und internationale Institutionen nach Bonn zu holen.
Aber für mich kommt es darauf an, daß jetzt hier und heute für diese Region - da gibt es noch einiges zu besprechen - eine klare Antwort gegeben wird unter dem Stichwort: Kommt CAESAR, oder kommt CAESAR nicht? Was ist mit CAESAR? Da muß einmal ganz klar gesagt werden, was Sache ist. Eine wichtige Frage im Gesamtkonzept ist für mich: Findet CAESAR auch im Schürmann-Bau statt?

Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1306003100
Herr Kollege Reschke, um es klar zu beantworten: Natürlich kommt CAESAR; CAESAR kommt nach Bonn. Die Voraussetzungen sind geschaffen. Die Finanzierungsregelungen sind geklärt, auch was die Bauinvestitionen, die Investitionen von 190 Millionen DM betrifft. Dazu wird uns aus dem zuständigen Ministerium gesagt, daß von den 190 Millionen DM etwa die Hälfte wirklich Bauinvestitionen sind. Das andere sind Ausrüstungsinvestitionen im Gebäude.
Es gibt - ich darf es noch einmal sagen - gegenwärtig eine Untersuchung, die Kollege Rüttgers in Auftrag gegeben hat, insgesamt drei Standorte in Bonn auf die beste Eignung für diese Einrichtung zu überprüfen. Darunter ist die Gronau, in unmittelbarer Nachbarschaft des Schürmann-Baus. Ein zweiter denkbarer Standort sind die Liegenschaften des sogenannten ehemaligen Zementwerkes auf der anderen Rheinseite. Das ist, glaube ich, hier bekannt.

Bundesminister Dr. Klaus Töpfer
Das Ergebnis dieser Untersuchungen, das Für und das Wider, wird, wie uns mitgeteilt worden ist, noch im Oktober abschließend vorgelegt. Dann werden wir zusammen mit dem Kollegen Rüttgers zu entscheiden haben, wie das am sinnvollsten geregelt werden kann.
Ich sage noch einmal: Es war meine Verpflichtung, darauf aufmerksam zu machen. Erstens. Wenn wir im Besitz dieses Grundstückes verbleiben, wie jetzt vorgetragen, werden wir auf dem Grundstück Fläche haben, um eine solche Einrichtung dort bauen zu können. Zweitens. Dieser Standort brächte erhebliche Verbundvorteile in der dargestellten Art der Mitnutzung von vorhandener Infrastruktur im Regie-rungs- und im Parlamentsbereich mit sich. Drittens. Es wäre eine gute Möglichkeit, auch Verbundvorteile zu dem jetzt noch weiter zu bauenden SchürmannBau in dem gesamten Bereich von Ver- und Entsorgung und anderen Bereichen zu nutzen. Deswegen war es meine Verpflichtung, darauf aufmerksam zu machen, daß dies so ist.
Ich bin denen, die beteiligt waren, dankbar, daß sie mitgegangen sind: vom Kollegen Rüttgers bis hin zu der Frau Oberbürgermeisterin dieser Stadt, die eben nicht gesagt hat, das sei Ausgleichsmaßnahme und dürfe in dem Zusammenhang nicht gesehen werden, weil es damit nichts zu tun habe.
Ich glaube, daß wir die wenigen Tage, bis das Gutachten vorliegt, warten sollten, um dann auch wirklich abschließend zu entscheiden: Jawohl, das ist sinnvoll. Aber Sie werden auch verstehen, daß ich sehr froh bin, daß wir heute diesen Kabinettsbeschluß fassen konnten, daß ich mich aber in dieser Frage noch nicht abschließend festlege, ob CAESAR hierhin oder an einen anderen Standort in Bonn kommt. Es ist besser, noch einige Tage zu warten, auch wenn dies möglicherweise eine Rüge der Opposition zur Folge hat, wir hätten wieder nicht entschieden.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1306003200
Herr Lippelt.

Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1306003300
Herr Minister, um den Bedürfnissen der Kollegin Matthäus-Maier nach Quantifizierung der Arbeitsplätze nachzukommen: Würden Sie bestätigen, daß ich als Nicht-Bonner auf Befragen der UN vielleicht richtig gehört habe, daß die Klimakonferenz 60 bis 70 Arbeitsplätze bringen wird und das Volunteers Program ca. 300?

Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1306003400
Herr Kollege, ich danke Ihnen sehr herzlich. Ich bin immer darüber erfreut, wie nachhaltig die Bundesregierung von der Opposition, besonders vom Bündnis 90, unterstützt wird.

(Vorsitz : Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch)

Wenn bei uns die Informationen nicht vorhanden sind, kommen wir gern auf Ihre zurück. Ich kann Ihre Information nur entgegennehmen. Ich weiß nicht, ob sie den Tatsachen entspricht. Doch ich kann mir vorstellen, daß die Rahmengrößen in etwa so stimmen können.
Herzlichen Dank.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306003500
Frau Matthäus-Maier.

Ingrid Matthäus-Maier (SPD):
Rede ID: ID1306003600
Herr Minister, Sie haben erwähnt, daß Institutionen aus anderen Städten - so steht es in den Beschlüssen - nach Bonn kommen: Rechnungshof und Kartellamt. Nun war heute das personalwirtschaftliche Gesamtkonzept nicht Gegenstand der Diskussion im Kabinett.
Dennoch: Glauben Sie nicht auch, nachdem sich die kritischen Stimmen mehren, die meinen, hier werde besonders etwas für Bonner Beamte getan, daß Sie darauf aufmerksam machen sollten, daß das personalwirtschaftliche Gesamtkonzept für alle gilt, die im Bundesgebiet auf Grund der Beschlüsse zum Umzug gezwungen werden, sei es von Frankfurt nach Bonn oder von Berlin nach Bonn? Sollten Sie nicht darauf aufmerksam machen, daß das für alle gilt, also auch für die Richter am Bundesverwaltungsgericht, die von Berlin nach Leipzig umziehen müssen? Es handelt sich hier also nicht um ein Schmuckkästchen oder um ein Geschenk für sogenannte Bonner Beamte. Meinen Sie nicht, daß Sie das ein bißchen deutlicher machen sollten?

Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1306003700
Frau Matthäus-Maier, zunächst bin ich ganz Ihrer Meinung, daß wir mit sehr viel Nachdruck und Überzeugungskraft klarmachen müssen, daß hier nicht ein Umzug mit goldenen Verbesserungen angeboten wird. Man hört das natürlich, aus sehr vordergründigen Motiven. Ich möchte gern wissen, was diejenigen, die darüber so vordergründig reden, sagen würden, wenn sie selber Betroffene eines solchen Umzugs wären, wenn sie den Umzug mittragen müßten, ob sie wollen oder nicht. Das hier zu sagen, daran liegt mir.
Ich nehme auch gern das auf, was Frau Kollegin Limbach gefragt hat: Das gilt für den Wohnungsbereich ebenso wie für das personalwirtschaftliche Gesamtkonzept. Ich kann an dieser Stelle natürlich nur für die Frage Bonn/Berlin bzw. Berlin/Bonn sprechen, nicht mit Blick auf die Beschlüsse der Föderalismuskommission.
Ich möchte es noch einmal sagen: Es geht nicht um irgendeine besonders günstige Regelung für die eine Richtung, nämlich von Bonn nach Berlin, sondern es geht darum, faire, sozialverträgliche Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß Bundestag und Bundesregierung in Berlin funktionsfähig arbéiten können, ohne daß die Region Bonn ihr eigenes Profil verliert.


Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306003800
Wir haben zwar noch Zeit - knapp drei Minuten -, aber keine Fragen mehr.

(Horst Kubatschka [SPD]: Wir haben noch die „biologische Vielfalt" ! Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Wir haben noch ein zweites Thema!)

Bitte sehr.

Ulrike Mehl (SPD):
Rede ID: ID1306003900
Herr Präsident, ich möchte noch das Thema biologische Vielfalt ansprechen. Die Bundesregierung hat heute über den Bericht zur Konvention über die biologische Vielfalt diskutiert. Dazu habe ich zwei Fragen an die Bundesregierung:
Erstens. Befaßt sich der Bericht auch mit der Frage der Ökologisierung der Landwirtschaft a) in der Europäischen Union und b) in Deutschland?
Zweitens. Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung, um die Landwirtschaft in Deutschland zum Zwecke der Umsetzung der biologischen Vielfalt umweltverträglicher zu machen? Wird die Bundesregierung dazu das Instrument der Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz" nutzen? Wenn ja, in welcher Weise, mit welcher Zielrichtung wird das geschehen? Wird das auch in Richtung Finanzierung und Umsetzung von Biotopschutzmaßnahmen und damit der Konvention über die biologische Vielfalt gehen?

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306004000
Bitte, Herr Staatssekretär.

Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1306004100
Frau Kollegin, der Bericht zur Umsetzung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt umfaßt das gesamte Spektrum des Artenschutzes und des Naturschutzes. Dabei spielt natürlich auch die Landwirtschaft - nicht nur die nationale - eine große Rolle. Der Bericht geht u. a. darauf ein, wie den Entwicklungsländern bei dem Zusammenspiel von Ökonomie und Ökologie geholfen werden kann, und dies auch unter dem Aspekt, wie eine umweltgerechte landwirtschaftliche Produktion stattfinden kann.
Dies bezieht natürlich auch die Probleme der deutschen Landwirtschaft ein. Der Bericht handelt schwerpunktmäßig davon, wie die biologische Vielfalt in Deutschland gesichert werden kann. Er geht nicht so tief in Details, wie Sie gefragt haben. Aber er sieht ausdrücklich vor, daß die biologische Vielfalt letztendlich auch über eine umweltgerechte Landwirtschaft gesichert werden muß. Dazu wird es eine ganze Reihe gesetzlicher Festlegungen geben, an denen die Bundesregierung zur Zeit arbeitet. Ich erinnere an das Bundesnaturschutzgesetz. Ich denke, daß hierbei die Landwirtschaft ihrer Rolle gerecht werden wird.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306004200
Vielen Dank. - Herr Kollege Kubatschka, ich hatte Ihren Hinweis auf die „biologische Vielfalt" als eine Scherzbemerkung betrachtet und wußte nicht, daß es dazu ein Übereinkommen gibt.
Aber nun ist die Zeit für die Befragung der Bundesregierung tatsächlich abgelaufen.

(Ulrike Mehl [SPD]: Eine kleine Frage noch!)

- Na gut. Ich kann Ihnen nicht widerstehen.

(Heiterkeit)


Ulrike Mehl (SPD):
Rede ID: ID1306004300
Es gibt im November die Vertragsstaatenkonferenz. Deswegen ist mir wichtig, nachzufragen, was - das hängt sicherlich mit dem Bericht zusammen - von der Bundesregierung auf der Vertragsstaatenkonferenz insbesondere hinsichtlich der Sicherheit im Umgang mit genetisch veränderten Organismen vertreten wird. Wird die Bundesregierung einem Bio-Safety-Protokoll zustimmen? Wenn nicht, warum nicht? Was, glaubt die Bundesregierung, ist hinsichtlich der Rechte auf Zugang zu den genetischen Ressourcen und deren umweltverträglicher Nutzung und gleichzeitig der Sicherung der souveränen Rechte der Herkunftsländer zu regeln? Was wird die Bundesregierung in diesen Fragen vertreten?

Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1306004400
Frau Kollegin Mehl, das von Ihnen angesprochene Bio-Safety-Protokoll sieht die Bundesregierung als ein Instrumentarium an, das zumindest in Deutschland im vorhandenen Gesetzeswerk bereits berücksichtigt ist. Dessenungeachtet glauben wir, daß einige Teile davon durch ein zusätzliches, völkerrechtlich gültiges Protokoll geregelt werden können, beispielsweise die grenzüberschreitenden Bewegungen von genmanipuliertem Material. Dies ist der Standpunkt, mit dem die Bundesregierung nach Jakarta gehen wird.
Ich bitte um Verständnis, daß ich Ihnen den zweiten Teil Ihrer Frage schriftlich beantworte.

(Ulrike Mehl [SPD]: Gerne!)


Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306004500
Damit ist die für die Befragung der Bundesregierung vorgesehene Zeit abgelaufen. Ich beende damit die Befragung.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde
- Drucksache 13/2527 -
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie auf. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Neumann zur Verfügung.



Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
Ich rufe Frage 1 des Kollegen Kubatschka auf:
Wie reagiert die Bundesregierung auf die Ergebnisse der Untersuchungen amerikanischer Wissenschaftler des Argonne National Laboratory (ANL), die im Auftrag und mit finanzieller Unterstützung des US-Energieministeriums Möglichkeiten untersuchten, die geplante Neutronenquelle statt mit hochangereichertem Uran (ITU) mit nicht mehr in Atombomben einsetzbarem leicht angereichertem Uran (LEU) zu betreiben, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für den Bau des Forschungsreaktors (FRM II) in Garching?

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1306004600
Bei der Studie des Argonne National Laboratory handelt es sich im wesentlichen um eine Parameterstudie, mit der versucht wird, zu zeigen, daß ein dem FRM II vergleichbarer Reaktor mit Uran von 20 %iger Anreicherung gebaut werden kann. Die Studie geht ganz wesentlich von der Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft dichterer Brennstoffe mit niedrigerer Anreicherung aus, als sie in FRM II vorgesehen sind. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind derartige Brennstoffe für einen Einsatz in einer Hochleistungsquelle nicht verfügbar. Arbeiten zur Entwicklung und Erprobung eines derartigen Brennstoffs wären risikoreich, d. h. vom Ergebnis her offen, zeitaufwendig und kostspielig. Damit ist deutlich, daß es auf absehbare Zeit zum Einsatz von HEU, d. h. hochangereichertem Uran, im FRM II keine Alternative gibt.
Die Argonne-Studie schlägt im übrigen eine Änderung des Designs des Reaktorkerns vor, da nur so - auch unter Annahme dichterer Brennstoffe - ein Anreicherungsgrad von 20 % erreichbar erscheint. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, daß in jedem Falle eine erhebliche Leistungserhöhung des Reaktors notwendig wäre und damit erheblich höhere Bau- und Betriebskosten. Reaktortechnische und vor allem sicherheitstechnische Probleme wurden dabei nicht behandelt. Die Argonne-Studie liefert keine überraschend neuen Erkenntnisse, die ein Überdenken erfordern.
Schließlich ist festzuhalten, daß der FRM II wesentliche Stufen des Genehmigungsverfahrens durchlaufen hat und daß mit einer baldigen Entscheidung der Genehmigungsbehörden über die Baugenehmigung zu rechnen ist.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306004700
Herr Kollege, Ihre Zusatzfrage.

Horst Kubatschka (SPD):
Rede ID: ID1306004800
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß die im sogenannten Modell II der amerikanischen Wissenschaftler angeführte Urandichte, der sogenannte superdichte Modellkem, von 6 bis 6,5 Gramm pro Kubikzentimeter bereits 1993 von Wissenschaftlern einer französischen Firma im Labor getestet wurde und Ergebnisse erreicht wurden? Diese Firma dürfte der Münchener Universität nicht unbekannt sein.

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1306004900
Dieser Sachverhalt ist mir nicht bekannt. Aber wenn ich mir den Text der Argonne-Studie ansehe und in der englischen Fassung davon gesprochen wird, daß, um LEU beim FRM II gebrauchen zu können, eine Intensität von 6 bis 6,5 Gramm pro Kubikzentimeter entwickelt werden müßte, und an anderer Stelle davon gesprochen wird, daß die Dichte von 6 bis 6,5 Gramm pro Kubikzentimeter erfolgreich entwickelt werden könnte, muß ich unterstellen, daß diese Dichte noch nicht vorhanden ist und im Augenblick auch nicht entwickelbar ist. Insofern habe ich Ihre Frage indirekt beantwortet.
Aber es ist wohl richtig, anzunehmen, daß, wenn die Studie den Zweck hat, eine Alternative aufzustellen, bei Vorhandensein verdichteteren Brennstoffes dies in der Studie mit Sicherheit zum Ausdruck gekommen wäre.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306005000
Ihre zweite Zusatzfrage.

Horst Kubatschka (SPD):
Rede ID: ID1306005100
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, über die Ergebnisse der Studie der amerikanischen Wissenschaftler sowohl unter Einbeziehung der Fachleute der TU München als auch unabhängiger Nuklearforscher zu diskutieren?

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1306005200
Die Bundesregierung ist dazu selbstverständlich bereit. Sie ist auch gehalten, das zu tun, weil Sie zu jeder Sitzung eine entsprechende Frage stellen und diese Frage dazu führt, daß ich mich auf den Sachverhalt erneut vorbereite - mit all den Dingen, die Sie hinterfragen. Insofern können Sie davon ausgehen, daß dies - ich rechne damit, daß sich das in Zukunft so fortsetzen wird - ein regelmäßiger Diskussionsprozeß sein wird. Aber solange keine neuen Erkenntnisse vorhanden sind - sie sind nicht vorhanden - und es, bezogen auf den Neutronenfluß, auch keine Alternative gibt, die beim FRM II zugrunde gelegt werden kann, sehen wir keine Veranlassung, von unserer Position abzugehen.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306005300
Eine Zusatzfrage, bitte.

Wolfgang Behrendt (SPD):
Rede ID: ID1306005400
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß die Tatsache der Finanzierung der ANL-Studie durch das amerikanische Energieministerium die Ernsthaftigkeit des amerikanischen Kooperationsvorschlages unterstreicht, nachdem die Bundesregierung noch im August 1995 betont hatte, es liege kein offizielles und formales Angebot vor?


Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1306005500
Ich stimme Ihnen zu, daß alles das, was die amerikanische Regierung betreibt, ernsthaft ist, so auch die Absicht, zu überprüfen, ob es möglich ist, der Zielsetzung der Amerikaner zu folgen, also auch in diesem Fall, beim FRM II, auf hochangereichertes Uran zu verzichten.
Diese Absicht wird seit vielen Jahren ernsthaft vorgetragen. Wir sind in einem ständigen Dialog. Wir machen gemeinsame Workshops, sowohl in Amerika als auch hier, und sind trotzdem zu dem Ergebnis gekommen - dies bei Kenntnis der Amerikaner -, daß es zu dem, was wir in Garching vorhaben, im Augenblick keine technologische Alternative gibt.
Aber es ist richtig - das kann ich nicht bestreiten -, daß es die Amerikaner aus einer Reihe von Gründen lieber hätten, daß wir diesen Reaktor mit niedrigangereichertem Uran betreiben würden.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306005600
Zu einer weiteren Frage Dr. Lippelt.

Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1306005700
Herr Staatssekretär, nachdem Sie eben noch einmal betont haben, daß die Genehmigung bald bevorsteht: Wird Ihnen nicht angst und bange, wenn Sie sehen und hören, daß die Amerikaner ein Abreicherungsprogramm für ihre Forschungsreaktoren laufen haben und sich sehr darum bemühen, daß nun endlich auch die Deutschen vernünftig werden? Macht Ihnen dieser Alleingang, bei dem Sie die Bayern und Garching unterstützen, nicht außenpolitisch Sorgen, oder gibt es in Ihrem Ministerium keine außenpolitischen Aspekte?

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1306005800
Mich erfreut es erst einmal, daß Sie - das ist für mich neu - die amerikanische Politik zur Grundlage Ihrer Fragen machen.

(Dr. Helmut Lippelt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden Sie öfter erleben!)

Aber ich begrüße das; denn meistens liegen die Amerikaner durchaus richtig und im Konsens mit uns.
Sie müssen aber differenzieren: Die weltweiten Bemühungen - auch im Forschungsbereich -, dort, wo es möglich ist, Reaktoren zu bauen und zu betreiben, die mit niedrigangereichertem Uran, also nicht bombenfähigem Uran, auskommen, sind zu unterstützen und werden unterstützt. Diese Bemühungen finden ihren Ausdruck auch in dem sogenannten RERTR-Programm, diesem Anreicherungsreduzierungsprogramm, an dem wir beteiligt sind.
Dies hat dazu geführt, daß wir auch in Deutschland eine Reihe von Reaktoren dort, wo es technologisch vertretbar ist, auf niedrigangereichertes Uran umstellen. Ich nenne hier die GKSS, KFA in Jülich, HahnMeitner-Institut usw. Dennoch war auch im Rahmen des damaligen RERTR-Programms deutlich geworden, daß in bestimmten Situationen - wenn forschungspolitisch notwendig - zu Forschungszwekken auf hochangereichertes Uran zurückgegriffen werden kann.
Das Ergebnis ist, daß im übrigen auch in den USA nach wie vor etwa 20 Reaktoren mit hochangereichertem Uran betrieben werden, auch in Europa mehrere, weil eine bestimmte Qualität, wie wir sie im FRM II in München haben, nur mit hochangereichertem Uran zu erzielen ist. Insofern differenzieren wir hier sehr.
Das ist auch der einzige Reaktor, auf den wir uns konzentrieren wollen, mit einem besonderen Ergebnis. Im übrigen steht dies nicht im Gegensatz zu diesem Reduzierungsprogramm. Es steht auch nicht im Gegensatz zum Nichtverbreitungsvertrag für Atomwaffen, der kürzlich erneut diskutiert und verlängert wurde, in dem diese Möglichkeit der Nutzung zu Forschungszwecken zugelassen wurde.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306005900
Vielen Dank. - Nächste Zusatzfrage, Professor Teichmann.

Prof. Dr. Bodo Teichmann (SPD):
Rede ID: ID1306006000
Herr Staatssekretär Neumann, ich schließe an die Frage von meinem Kollegen Kubatschka an: Kann die Bundesregierung bestätigen, daß mit dem sogenannten superdichten Modellkern und dem dadurch größeren LEU-Design mehr Raum für die Anordnung von Experimentiereinrichtungen um die Neutronenquelle beim geplanten Forschungsreaktor München II zur Verfügung stehen würde?

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1306006100
Die Frage geht wirklich sehr in die Möglichkeiten technologischer Experimente hinein. Ehe ich Ihnen als Nichtnaturwissenschaftler etwas Falsches sage, bevor ich Ihnen etwas bestätige, würde ich gerne nachfragen und Ihnen die Antwort schriftlich geben.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306006200
Dann rufe ich die Frage 2 des Kollegen Kubatschka auf:
Wie reagiert die Bundesregierung auf Äußerungen des Pressesprechers der Projektgruppe Neuer Forschungsreaktor der Technischen Universität München, Gerd von Hassel, in der „Süddeutschen Zeitung" vom 26. September 1995, daß nach Verbrauch der 400 kg Uran - etwa ab dem Jahre 2011 oder 2012 -„Osteuropa" als Lieferant in Frage komme, und ist es richtig, daß bereits Gespräche zwischen dem Ministerium für Atomenergie der Russischen Föderation (Minatom) und der Europäischen Union über Uranlieferungen Rußlands an die Euratom stattgefunden haben?
Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung

P
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1306006300
Die zitierte Äußerung des Pressesprechers der Projektgruppe geht auf ein sprachliches Mißverständnis zurück. Nach Rücksprache mit dem betreffenden Pressesprecher hat dieser glaubhaft versichert, „aus Europa" gesagt zu haben. Wiedergegeben wurde „Osteuropa" . - So das Ergebnis unserer Nachfrage.
Ich füge darüber hinaus hinzu: In der Gemeinschaft hat die Euratom-Versorgungsagentur die rechtliche Verpflichtung, Lieferquellen für die Versorgung der Gemeinschaft mit Kernbrennstoffen zu finden, und führt zu diesem Zweck Gespräche mit potentiellen Lieferanten, wozu auch Rußland gehört. Sie handelt dabei in eigener Zuständigkeit. Ich kann Ihnen aber versichern - wie ich das schon in der letzten Fragestunde getan habe -, daß es keine Verhandlungen bezüglich der Versorgung von Forschungsreaktoren in Deutschland mit hochangereichertem Uran aus russischen Beständen gibt.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306006400
Herr Kollege Kubatschka, Ihre Zusatzfrage.

Horst Kubatschka (SPD):
Rede ID: ID1306006500
Herr Staatssekretär, auch ich habe recherchiert: Der Journalist, der berichtet hat, glaubt nicht an den Hörfehler. Er hat „Osteuropa" bestätigt. - Aber das nur nebenbei.
Ich möchte schon wissen, wie die Bundesregierung die Gespräche in Moskau beurteilt. Sieht sie darin nicht eine Brüskierung der amerikanischen Seite, die sich gegen den Handel mit HEU gewandt hat?

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1306006600
Für die Belieferung von Reaktoren mit Uran zu friedlichen Zwecken, zu Forschungszwecken ist, wie Sie wissen, unter Kontrolle der EU die Versorgungsagentur bei Euratom zuständig. Sie ist verpflichtet, Forschungsreaktoren, die es bereits gibt, mit hochangereichertem Uran zu versorgen. Ich denke z. B. an ILL Grenoble - Sie kennen diese Einrichtung - oder an Orphée oder den HFR in Petten und andere. Die Versorgung von solchen Reaktoren, unabhängig vom FRM II, ist nach wie vor zu sichern. Ich nehme nicht an, daß Sie in der SPD-Fraktion dafür eintreten, das ILL dichtzumachen. Im Gegenteil: Sie haben mehrfach gefordert, die dort vorhandenen Plätze auszubauen und zu nutzen. Die Versorgungsfrage wird also nach wie vor existieren.
Von daher ist es angemessen, immer unter Einhaltung bestehender Verträge - davon gehen wir aus -, mit potentiellen Lieferanten zu reden. Insofern sehe ich keine Probleme, wenn mit den Russen darüber geredet wird. Ich füge hinzu: Dennoch besteht keine Notwendigkeit, auf russische Bestände zur Versorgung des FRM II zurückzugreifen.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306006700
Herr Kubatschka, Ihre zweite Frage.

Horst Kubatschka (SPD):
Rede ID: ID1306006800
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung bei der EU bzw. bei Euratom vorstellig werden, um in der Frage des Handels mit HEU eine einheitliche Position, nämlich im amerikanischen Sinne, zu fordern?

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1306006900
Wir können gern, wenn dies notwendig ist, nochmals mit Euratom in Kontakt treten, um möglichst einheitlich vorzugehen. Auf der anderen Seite darf nicht verkannt werden, daß es in Amerika und aus Amerika ein anderes Interesse gibt: nicht nur wegen der mit der Nutzung potentiell verbundenen Gefahren, sondern auch aus innenpolitischen Gründen. Solange die Amerikaner sich sperren und nicht bereit sind, Forschungsreaktoren zu beliefern, wie das früher der Fall war, kann es durchaus im deutschen Interesse sein, sich auf dem europäischen Markt insgesamt umzusehen. Das tut Euratom.
Ich nehme Ihre Anregung aber gerne auf, um diese Thematik mit Euratom nochmals zu besprechen.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306007000
Die nächste Frage hat der Kollege Dr. Lippelt.

Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1306007100
Herr Staatssekretär, könnte es sein, daß die amerikanische Seite zwischen der Versorgung von Forschungsreaktoren, die noch nicht mit abgereichertem Uran auskommen können, also gewissermaßen Altbeständen, und der Versorgung eines Reaktors unterscheidet, der entgegen dem Geist des seinerzeitigen Übereinkommens „Nuclear Fuel Cycle Conference" neu gebaut wird?
Könnte es sein, daß Sie für Bayern nach Rußland müssen, weil Sie von Amerika, wenn der Anfangsbestand verbraucht ist, nichts bekommen?

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1306007200
Erstens habe ich deutlich gemacht, daß es, um den FRM zu betreiben - es geht ja erst in den Jahren 2000/2001 los -, bereits vorvertragliche Verhandlungen gibt, die sicherstellen, daß zu diesem Zweck nicht auf den russischen Markt gegangen werden muß.
Zweite Aussage: Natürlich kann ich mir vorstellen, daß die Amerikaner differenzieren - wir differenzieren ja auch - und daß sie es im Hinblick auf die Nichtverbreitung lieber sähen, wenn überhaupt keine solchen Reaktoren genutzt würden, obwohl sie - das füge ich immer hinzu - diese selbst weiterhin nutzen werden.
Drittens - dies möchte ich deutlich sagen -: Das, was wir in Garching vorhaben - das bestreitet inzwi-

Parl. Staatssekretär Bernd Neumann
schen keiner mehr -, ist im Umfang, in der Art und Weise, im Ablauf und was die Doppelkontrolle durch Euratom und IAEO angeht, so abgesichert, daß in diesem Falle Bedenken im Hinblick auf eine Zweckentfremdung in bezug auf bombenfähiges Material überhaupt nicht begründet sind und selbst von Ihren Kollegen, den Kollegen vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, nicht mehr vorgebracht werden.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306007300
Dann kommt eine Zusatzfrage des Abgeordneten Hornung.

Siegfried Hornung (CDU):
Rede ID: ID1306007400
Herr Staatssekretär, können Sie sich vorstellen, daß wir im Jahre 2012 - dieser Zeitpunkt ist hier genannt worden - nicht mehr nur von einem russischen Markt, sondern dann in der Tat von einem europäischen Markt sprechen können, so daß dann der Begriff „Osteuropa", wie er hier vermerkt ist, in einem ganz anderen Licht zu sehen ist?

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1306007500
Herr Kollege, ich kann es mir nicht nur vorstellen, sondern ich fände es auch im Interesse der Sicherheit liegend, daß ein solches Material, das ja auch zweckentfremdet genutzt werden kann, unter die Gesamtkontrolle von Euratom kommt. Es ist durchaus im Interesse Europas, wenn sich alle, die mit diesem Material zu tun haben, und alle, bei denen es möglicherweise erzeugt wird, diesen strengen Aufsichtskriterien stellen müssen, denen wir uns Gott sei Dank zu unterziehen haben. Insofern beantworte ich Ihre Frage eindeutig mit einem Ja.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306007600
Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Die Frage 3 aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 4 und 5 aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Auch die Frage 6 aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 7 und 8 aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit sind wir beim Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Michaela Geiger zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 9 des Abgeordneten Arne Fuhrmann auf:
Trifft die Auskunft des Luftwaffenamtes in Köln zu, daß Bundeswehr-Tornados von den Standorten Schleswig und Lechfeld im Rahmen von Übungsflügen der „schnellen Eingreiftruppe" Tiefflug-Manöver im 150-Meter-Band nach Anmeldung fliegen dürfen?

Michaela Geiger (CSU):
Rede ID: ID1306007700
Herr Kollege Fuhrmann, die Tiefflugregelung in Deutschland hat sich durch die Unterstützung des schnellen Einsatzverbandes der NATO im ehemaligen Jugoslawien nicht verändert. Seit 1990 gilt, daß der Tiefflug unter 300 Metern und damit auch in einer Höhe von 150 Metern auf wenige Ausnahmen beschränkt ist. Danach dürfen die Krisenreaktionskräfte maximal 700 Stunden pro Jahr unterhalb von 300 Metern fliegen. Dies gilt natürlich auch für die Krisenreaktionskräfte der Standorte Schleswig und Lechfeld.
Das ist die Weisungslage. Ich kann mir nicht vorstellen, daß von autorisierter Stelle im Luftwaffenamt eine davon abweichende Auskunft gegeben wurde.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306007800
Ihre erste Zusatzfrage, Herr Fuhrmann.

Arne Fuhrmann (SPD):
Rede ID: ID1306007900
Frau Staatssekretärin, wie erklären Sie sich trotz Ihrer Antwort die Tatsache, daß z. B. in der Region Dahlenburg - das ist östlich von Lüneburg in der Göhrde, etwa in Richtung auf die Elbe zu - im Laufe eines einzigen Tages mehrfach bis zu 21 Tiefflieger in der Stunde gezählt wurden - mit Ausnahme der Nachtstunden -, von denen mehr als die Hälfte in einem Band unterhalb von 300 Metern flogen?
Die Menschen dort, die diese Flüge zählen, sind so geschult, daß ich ihnen unbesehen zubillige, entscheiden zu können, ob ein Flugzeug in einer Höhe von 300 Metern oder tiefer fliegt. Wie sollen diese Menschen Ihre Antwort verstehen, daß insgesamt nur 700 Stunden im Jahr Tiefflüge stattfinden dürfen?

Michaela Geiger (CSU):
Rede ID: ID1306008000
Herr Abgeordneter, was speziell an diesem Tag los war, kann ich Ihnen natürlich nicht sagen. Das müßte man überprüfen. Eines aber ist natürlich klar: Wir brauchen die Tiefflüge, da wir die Grundbefähigung unserer Piloten erhalten müssen.
Die Häufung dieser Flüge hängt sehr oft mit den Witterungsverhältnissen und anderen Dingen zusammen. Manchmal, wenn es lange Schlechtwetterperioden gegeben hat, nimmt das Flugaufkommen vielleicht in bestimmten Gegenden zu. Insgesamt aber gilt das, was ich Ihnen gesagt habe: Seit 1990 haben wir sehr strenge Regelungen für den Tiefflug. Ein Tiefflug unter 300 Metern ist generell verboten und beschränkt sich lediglich auf wenige Ausnahmen.




Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306008100
Ihre zweite Zusatzfrage, Herr Fuhrmann.

Arne Fuhrmann (SPD):
Rede ID: ID1306008200
Frau Staatssekretärin, ich widerspreche Ihnen da nicht. Ich interessiere mich nur für die Beantwortung der Frage, wie es denn, nachdem mir vom Luftwaffenamt in Köln ähnliches gesagt wurde - daß nur in Einzelfällen unter bestimmten Voraussetzungen und nach Anmeldung Staffelführer bzw. Piloten die Entscheidung darüber treffen, ob sie im 150-Meter-Band üben -, trotz allem möglich ist, daß in einer Region, die bis dato zumindest von deutschen Kampffliegern „unbefleckt" geblieben ist - allerdings auf Grund des Soltau-Lüneburg-Abkommens durch Truppen europäischer Nachbarn in anderer Art und Weise geschädigt wird -, an mehreren Tagen hintereinander nicht einzeln, sondern im Verband Tiefflug im 150-Meter-Band geübt wird.

Michaela Geiger (CSU):
Rede ID: ID1306008300
Damit die Piloten nicht immer dieselben Gebiete mit Fluglärm belasten, erfolgt die Tiefflugausbildung am Tage generell nicht auf festgelegten Strecken, sondern nach dem Prinzip der freien Streckenwahl. Diese freie Streckenwahl dient in erster Linie der Entzerrung.
Warum es speziell in diesem Gebiet zu solchen Häufungen gekommen ist, lasse ich gerne überprüfen. Ich gebe Ihnen die Antwort schriftlich.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306008400
Keine weiteren Fragen.
Dann rufe ich die Frage 10 des Kollegen Arne Fuhrmann auf:
Trifft es zu, daß auf eine entsprechende Anfrage einem Mitglied der Fraktion der CDU/CSU schriftlich vorn Bundesministerium der Verteidigung mitgeteilt wurde, es bestünde kein Zusammenhang zwischen Tiefflügen im 150-Meter-Band und Übungen der „schneien Eingreiftruppe"?

Michaela Geiger (CSU):
Rede ID: ID1306008500
Herr Abgeordneter, das trifft zu. Das Bundesministerium der Verteidigung hat einem Mitglied der CDU/CSU-Fraktion auf Anfrage mitgeteilt, daß kein Zusammenhang zwischen der Tiefflugausbildung in Deutschland und dem Einsatz von Kräften der Luftwaffe zur Unterstützung des schnellen Einsatzverbandes der NATO im ehemaligen Jugoslawien besteht.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306008600
Ihre Zusatzfrage, bitte.

Arne Fuhrmann (SPD):
Rede ID: ID1306008700
Das verblüfft mich insofern, als in vielen Fällen eine gegensätzliche Auskunft durch das Luftwaffenamt in Köln nicht nur mir persönlich, sondern auch betroffenen Bürgern aus der Region gegeben worden ist. Deshalb zur Präzisierung noch einmal meine Frage: Wie kommt es, daß völlig unterschiedliche Auskünfte gegeben werden? Weiß der eine vom anderen nichts, oder gibt es einen bestimmten Grund dafür?

Michaela Geiger (CSU):
Rede ID: ID1306008800
Ich kann das natürlich nicht nachvollziehen, weil ich nicht weiß, mit wem Sie gesprochen haben. Es kann sein, daß der Informationsstand unterschiedlich war.
Tatsache ist, daß es spezielle Ausbildungs- oder Übungsflüge in Deutschland zur Vorbereitung auf den Einsatz der Luftwaffe in Jugoslawien nicht gibt. Die Besatzungen durchlaufen ihr normales Ausbildungs- und Übungsflugprogramm in Deutschland und im Ausland. Die speziellen Ausbildungs- und Übungsflüge für den Einsatz im ehemaligen Jugoslawien fanden bzw. finden über Italien, über der Adria oder über den Einsatzräumen des schnellen Einsatzverbandes in Bosnien-Herzegowina statt.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306008900
Ihre zweite Zusatzfrage.

Arne Fuhrmann (SPD):
Rede ID: ID1306009000
Ich muß jetzt noch einmal sehr deutlich werden. Auf meine Frage 9 haben Sie nicht geantwortet, daß die Tiefflüge im 150-MeterBand nicht im Zusammenhang mit der Ausbildung der schnellen Eingreiftruppe stünden. So habe ich Ihre Antwort verstanden. Jetzt aber beantworten Sie meine Frage zur Auskunft, die ein Kollege von mir bekommen hat, daß Tiefflüge im 150-Meter-Band in gar keinem Falle in einem Zusammenhang mit der schnellen Eingreiftruppe stehen. Genau darum geht es.
Ich möchte von Ihnen wissen, ob es richtig ist, daß einer meiner Kollegen vom Ministerium die Auskunft bekommen hat, in keinem Falle seien Tiefflüge im 150-Meter-Band mit der Ausbildung der schnellen Eingreiftruppe in Zusammenhang zu bringen. Es war nicht speziell in bezug auf Bosnien gefragt. Ich möchte darauf eine klare Antwort haben.

Michaela Geiger (CSU):
Rede ID: ID1306009100
Ich nehme an, daß Sie jetzt zusätzliche Flüge meinen. Diese gibt es sicherlich nicht. Es gibt die Ausbildungsflüge. Das können Sie offenbar nicht genau trennen: Die Flugzeuge üben einmal zu Hause und einmal im Ausland.

(Arne Fuhrmann [SPD]: Aha!)

Insofern ist die Auskunft, die ich Ihnen gegeben habe, zutreffend.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306009200
Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Vielen Dank, Frau Staatssekretärin.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Nitsch zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 11 des Kollegen Alfred Hartenbach auf:
Wie sahen die Ergebnisse der letzten Lärmmessungen im Bereich der Autobahnbrücke „Rhödaer Grund" an der Bundesautobahn A 44 aus, und ist in diesem Bereich die Errichtung von Lärm- und Schallschutzmaßnahmen geplant?


Johannes Nitsch (CDU):
Rede ID: ID1306009300
Sehr geehrter Herr Kollege Hartenbach, zum ersten Teil Ihrer Frage kann ich Ihnen mitteilen, daß keine Lärmmessungen im Bereich der Talbrücke bei Rhöda durchgeführt worden sind und ich Ihnen deshalb keine Ergebnisse nennen kann. Ich beziehe mich hier auf eine Antwort der hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung, die uns zugegangen ist.
Zum zweiten Teil der Frage: Es sind keine Lärmschutzmaßnahmen an dieser Talbrücke geplant.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306009400
Eine Zusatzfrage.

Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1306009500
Herr Staatssekretär, gibt die Öffnung der Grenzen und die damit etwa verdreifachte Verkehrsbelastung auf dieser Autobahn der Bundesregierung Anlaß, in naher Zukunft Lärmschutzmaßnahmen durchzuführen?

Johannes Nitsch (CDU):
Rede ID: ID1306009600
Die Grundlagen für die Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen sind in der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes geregelt. Danach führen wir Lärmschutzmaßnahmen dann durch, wenn wesentliche Änderungen an den Bauwerken durchgeführt werden, die zu einer Verschlechterung der Lärmschutzsituation führen.

(Alfred Hartenbach [SPD]: Diese Antwort ist nicht zufriedenstellend, Herr Staatssekretär!)

- Ich gehe jetzt auf Ihre Frage hinsichtlich des zunehmenden Verkehrs ein.
Es gibt im Sinne dieser Sechzehnten Verordnung Möglichkeiten, Lärmsanierungen im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten durchzuführen, wenn der Beurteilungspegel bezüglich der Immissionsgrenzwerte eine Lärmsanierung angezeigt erscheinen läßt. Diese Situation ist aber nach den Informationen, die wir haben, an dieser Brücke im Moment nicht gegeben.

(Alfred Hartenbach [SPD]: Eine zweite Zusatzfrage, Herr Präsident!)


Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306009700
Bitte schön.

Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1306009800
Gibt es gleichwohl für Sie keine Veranlassung, auf Grund der auch von Ihrem Hause festgestellten erheblich gestiegenen Verkehrsbelastung - ich wiederhole meine Frage fast wörtlich - an dieser Stelle, in unmittelbarer Nähe einer Wohnsiedlung, eine Lärmmessung durchführen zu lassen oder anzuordnen?

Johannes Nitsch (CDU):
Rede ID: ID1306009900
Wenn es Sachverhalte gibt, die auf eine erhebliche Überschreitung der Immissionsgrenzwerte hindeuten, wird nach der Sechzehnten Verordnung eine entsprechende Berechnung durchgeführt, aus der eventuell diese Maßnahmen abgeleitet würden.

(Abg. Alfred Hartenbach [SPD] meldet sich zu einer weiteren Zusatzfrage)


Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306010000
Herr Kollege, Sie haben Ihr Kontingent erschöpft; es tut mir schrecklich leid.
Ich sehe keine weiteren Fragen aus dem Haus.
Die Frage 12 der Abgeordneten Leonhard wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Ulrich Klinkert zur Verfügung.
Die Fragen 13 und 14 werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 15 der Kollegin Dr. Barbara Hendricks auf:
Welche Bedeutung mißt die Bundesregierung Überflutungsräumen von Flüssen - z. B. des Rheins - im Hinblick auf den vorsorgenden Hochwasserschutz zu, und kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, ob solche Überflutungsräume an jedem Abschnitt eines Flußlaufes, also z. B. am Oberrhein ebenso wie am Niederrhein, von gleichwertiger Bedeutung für den Hochwasserschutz sind?

Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1306010100
Frau Kollegin Dr. Hendricks, die Bundesregierung hält es für eine der wichtigsten Maßnahmen im Hinblick auf den vorsorgenden Hochwasserschutz, natürliche Überschwemmungsgebiete zu erhalten oder, soweit es möglich ist, diese wiederherzustellen. Diese Auffassung hat Frau Bundesministerin Dr. Merkel in der von ihr am 9. Februar 1995 im Deutschen Bundestag abgegebenen Regierungserklärung zum Thema Hochwasser schon deutlich herausgestellt.
In Konsequenz schlägt die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf des Bundesrates vom 10. März 1995 zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes vor, bei Hochwasser überschwemmte Gebiete kraft Gesetzes zu Überschwemmungsgebieten zu erklären und ihre Nutzung durch generelle Regelungen oder im Einzelfall einzuschränken sowie Überschwemmungsgebiete, die als Rückhalteflächen geeignet sind, wiederherzustellen, sofern nicht überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit entgegenstehen.
Die Bundesregierung sieht sich in dieser Haltung im Einklang mit maßgeblichen Vertretern der Län-



Parl. Staatssekretär Ulrich Klinkert
der, wie dies zuletzt anläßlich der Sachverständigenanhörung des Umweltausschusses des Deutschen Bundestages am 25. September 1995 deutlich wurde.
Spezifische Aussagen über die Wirkung der am Rhein vorhandenen und neu zu schaffenden Überflutungsräume werden erst möglich sein, sobald der von der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins in Vorbereitung befindliche Aktionsplan „Hochwasser" fertiggestellt ist. Generell gilt, daß jedes Überschwemmungsgebiet Hochwasserspitzen ermäßigt und den Ablauf der der Hochwasserwellen verzögert.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306010200
Ihre erste Zusatzfrage.

Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1306010300
Herr Staatssekretär, darf ich Sie vor dem Hintergrund dieser Aussage ganz präzise fragen: Würde sich die Bundesregierung auch für die Rückverlegung von Deichen einsetzen?

Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1306010400
Die Bundesregierung hält jede Maßnahme für sinnvoll, natürliche Überschwemmungsgebiete wiederherzustellen. Dazu gehört, wo es angebracht ist, auch die Rückverlegung von Deichen.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306010500
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1306010600
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, die auf diese Weise Betroffenen - sprich: im Regelfall Landwirte - in einer Art zu entschädigen, die den Nutzungsverlust in etwa kompensieren würde?

Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1306010700
Man muß mit allen Betroffenen ins Gespräch kommen. Man muß von Fall zu Fall prüfen, wo eine Entschädigung angebracht ist. Es gibt auch Fälle, wo dies tatsächlich nicht der Fall ist, weil gegen den Rat und gegen die Entscheidung z. B. eine Bebauung vorgenommen wurde. Aber grundsätzlich schließe ich eine Entschädigung nicht aus.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306010800
Dann rufe ich die Frage 16 der Abgeordneten Dr. Barbara Hendricks auf:
Hat die Bundesregierung auf die niederländische Reichsregierung eingewirkt, damit diese bei ihrem beabsichtigten Deichverstärkungsprogramm auch die Interessen der auf der deutschen Seite gelegenen Region Unterer Niederrhein, die noch im Januar 1995 durch drohenden Deichbruch auf niederländischer Seite extrem gefährdet war, berücksichtigt?
Herr Staatssekretär.

Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1306010900
Vertreter niederländischer Regierungsstellen haben schon im Frühjahr dieses Jahres herausgestellt, daß die zur Zeit laufenden bzw. in Vorbereitung befindlichen Deichverstärkungsmaßnahmen auch dem Schutze der auf deutscher Seite gelegenen Region am unteren Niederrhein dienen werden. Im Rahmen des von der Internationalen Kommission zum Schutze des Rheins in Arbeit befindlichen Aktionsplanes „Hochwasser" ist darüber hinaus beabsichtigt, alle bisher lediglich regional ausgerichteten vorsorgenden Hochwasserschutzmaßnahmen auf eine international abgestimmte Basis zu stellen. Erste Arbeitsergebnisse sollen bis Ende dieses Jahres vorliegen.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306011000
Ihre erste Zusatzfrage, bitte.

Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1306011100
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die niederländische Reichsregierung vor dem verständlichen Hintergrund der großen Gefahr, die in den Niederlanden in den letzten zwei Jahren durch Hochwasser entstanden ist, insbesondere auch am Flußlauf der Maas, beschlossen hat, zunächst Deichverstärkungsprogramme an der Maas und erst in einem zweiten Schritt Deichverstärkungsprogramme am Niederrhein durchzuführen, so daß erst, wenn dieser zweite Schritt vollzogen wäre, die Region Unterer Niederrhein auf diese Weise geschützt würde?

Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1306011200
Es gibt eine enge Abstimmung in der Internationalen Kommission zum Schutze des Rheins. Dort werden alle diese Fragen koordiniert. Ein Zwischenergebnis dieser Kommission wird mit dem Aktionsplan zum Ende diesen Jahres vorliegen. Ich gehe davon aus, daß innerhalb dieses Rahmens eine vernünftige, zweckentsprechende Abstimmung vorgenommen wird.
Im übrigen verhält es sich ja so, daß es hier nicht um partielle Interessen Deutschlands oder der Niederlande geht. Denn eine Überschwemmung wirkt sich möglicherweise in beiden Ländern gleich stark aus. Also setze ich voraus, daß hier vor allen Dingen fachliche Kriterien zu einer Prioritätenliste führen werden.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306011300
Ihre zweite Frage?

Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1306011400
Danke schön.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306011500
Damit sind wir am Ende der Fragen auch dieses Geschäftsbereichs angekommen. Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation auf. Zur Verfügung steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Laufs.
Die Fragen 17 und 18 sind zurückgezogen worden.



Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Dr. Pohler auf:
Auf welche Weise wird der Zugang zu Breitbandkabelnetzen reguliert für Anbieter von digitalen kommunikativen Diensten, die nicht dem Rundfunk zuzuordnen sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1306011600
Herr Kollege Pohler, Art und Weise des Zugangs zu diesen Netzen hängen davon ab, wer die betreffenden Netze betreibt. Was die Breitbandkabelnetze der Deutschen Telekom AG betrifft, so dienen diese Verteilnetze der Übertragung von Hörfunk und Fernsehen. Weitere Telekommunikationsdienste werden zur Zeit hierüber nicht übertragen. Dies gilt auch für digitale kommunikative Dienste.
Soweit digitale kommunikative Dienste, z. B. vermittelte oder multimediale Dienste, künftig über diese Breitbandkabelnetze übertragen werden, muß der Zugang zu diesen Netzen offen, transparent und diskriminierungsfrei erfolgen.
Für private Breitbandkabelnetze gelten die Regelungen der Telekommunikations-Verleihungsverordnung. Die Nutzung dieser Empfangs- und Verteilanlagen für andere Zwecke als den Empfang und die Verteilung von Rundfunksignalen wird als „zusätzliche Nutzung" bezeichnet. Dafür können nach der Telekommunikations-Verleihungsverordnung „weitere Verleihungen im Einzelfall" erteilt werden, vorausgesetzt, daß hierdurch der Kernbereich der Monopole, insbesondere der des Netzmonopols, nicht ausgehöhlt wird.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306011700
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.

Dr. Hermann Pohler (CDU):
Rede ID: ID1306011800
Herr Staatssekretär, wir müssen ja damit rechnen, daß der Bereich Teleshopping in Zukunft eine immer größere Bedeutung erhalten wird. Wie wird dieser Bereich im Kabelnetz behandelt werden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1306011900
Herr Kollege Pohler, zwischen dem Bund und den Ländern ist noch nicht abschließend geklärt, ob und gegebenenfalls welche multimedialen Dienste den rundfunkrechtlichen Regelungen der Länder unterliegen. Teleshopping als Verkaufsveranstaltung mit direkter Bestellmöglichkeit über einen Rückkanal hat nach Auffassung des Bundesministers für Post und Telekommunikation mit freier öffentlicher Meinungsbildung, also mit Rundfunk, nichts zu tun.

Dr. Hermann Pohler (CDU):
Rede ID: ID1306012000
Danke schön.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306012100
Ich rufe die Frage 20 des Abgeordneten Dr. Pohler auf:
Wann und in welchem Umfang wendet die Bundesregierung die vom Regulierungsrat verabschiedeten TelekommunikationsVerleihungsverordnungen an?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1306012200
Herr Kollege Pohler, die Telekommunikations-Verleihungsverordnung wird ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens Anwendung finden. In der vom Regulierungsrat beim Bundesminister für Post und Telekommunikation am 26. Juni 1995 beschlossenen Entwurfsfassung ist vorgesehen, daß die Verordnung am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft tritt. Nachdem die Rechtsförmlichkeitsprüfung durch das Bundesministerium der Justiz abgeschlossen ist, wird angestrebt, daß die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt noch im Oktober erfolgen wird.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306012300
Ihre Zusatzfrage, bitte schön.

Dr. Hermann Pohler (CDU):
Rede ID: ID1306012400
Welche Voraussetzungen müssen bei Bewerbungen gegeben sein, damit die Verleihung so schnell wie möglich erteilt wird?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1306012500
Herr Kollege Pohler, es ist selbstverständlich, daß alle Anträge unverzüglich geprüft und beschieden werden. Bei vollständig vorliegenden Anträgen, die natürlich alle notwendigen Kriterien umfassen müssen, wie sie in der Verleihungsverordnung vorgesehen sind, also dort, wo keine präzisierenden Nachfragen erforderlich sind, wird die Verfahrensdauer etwa sechs bis acht Wochen betragen. Dies gilt ohne Unterschied für alle Fälle, die unter § 25 der Telekommunikations-Verleihungsverordnung fallen.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306012600
Damit sind wir am Ende auch dieses Geschäftsbereichs. Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung der Fragen steht Staatsminister Dr. Werner Hoyer zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 21 des Abgeordneten Dr. Lippelt auf:
Auf welchen „Bonner Auftraggeber" und „engen Berater von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl" bezog sich Ex-Botschafter Dr. Guido Brunner, als er am 26. September 1995 vor dem spanischen Untersuchungsrichter behauptete, dieser habe ihn angewiesen, das SEAT-Geld in Verwahrung zu nehmen?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306012700
Herr Kollege Dr. Lippelt, die Bundesregierung hatte der spanischen Regierung auf ein entsprechendes Ersuchen mitgeteilt, daß Botschafter a. D. Dr. Guido Brunner dem spanischen Gericht zu dem angesprochenen Fragenkomplex als Zeuge zur Verfügung steht. Dr. Brunner hat daraufhin am 26. September 1995 vor einer spanischen Untersuchungsrichterin unter Ausschluß der Öffentlichkeit als Zeuge ausgesagt. Ein Protokoll dieser Aussage liegt der Bundesregierung nicht vor.



Staatsminister Dr. Werner Hoyer
Dr. Brunner hat gegenüber dem Auswärtigen Amt auf Befragung zu Presseberichten im Anschluß an die Vernehmung erklärt, er habe sich in allgemeiner Form geäußert und hinsichtlich eines eventuellen Weisungsgebers keinerlei konkrete Hinweise, etwa auf das Bundeskanzleramt oder das Auswärtige Amt, gegeben. Zu weitergehenden Äußerungen war Dr. Brunner im Hinblick auf das laufende Verfahren nicht bereit.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306012800
Ihre Zusatzfrage, Herr Lippelt.

Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1306012900
Herr Staatsminister, die „dpa"-Meldung, die Sie gelesen haben werden, ist hinsichtlich möglicher Spekulationen durchsichtig und gleichzeitig für einen ehemaligen Mitarbeiter des Bundeskanzleramts, der inzwischen verstorben ist, belastend. Glauben Sie nicht, daß es Aufgabe des Auswärtigen Amtes oder des Bundeskanzleramtes wäre, diesen Verstorbenen in Schutz zu nehmen gegenüber einer Behauptung, die nun in die Welt gesetzt worden ist?
Man kann zwar sagen, von Herrn Brunner wurde das sachlich so dargestellt; aber damit wurde ja etwas in die Welt gesetzt. Meinen Sie nicht, daß Sie den verstorbenen hohen Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes in Schutz nehmen müßten?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306013000
Herr Kollege, ich bin für diese Frage ausgesprochen dankbar; denn genau darum geht es: sicherzustellen, daß nicht an einem ehemaligen hohen Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes, der mittlerweile verstorben ist, jetzt etwas hängenbleibt, was auszuräumen er nicht die Chance hat.
Umgekehrt geht es darum, dem ausgeschiedenen Botschafter Dr. Brunner die Chance zu geben, sein Recht zu finden. Wenn er auf Grund der beiden Verfahren, die in Madrid und in Hamburg laufen, gegenwärtig weitere Auskünfte nicht erteilen will, dann muß man ihm das, um ihm diese Chance tatsächlich zu belassen, zugestehen. Wir sind aber außerordentlich daran interessiert, diese Sache aufzuklären. Von daher wird es an Bemühungen - weder des Auswärtigen Amtes noch des Bundeskanzleramtes - nicht fehlen.
Alle Bemühungen, die ich, nachdem ich Ihnen in diesem Zusammenhang eine Frage beantwortet hatte, angestellt habe, um mich zu vergewissern, ob die damaligen Auskünfte richtig waren, haben bisher nicht zum Auffinden irgendwelcher Unterlagen oder zu persönlichen Aussagen geführt, die mich zu einem anderen Urteil brächten.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306013100
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1306013200
Auf die Rückfrage, die Sie wahrscheinlich im Bundeskanzleramt gestellt haben werden, ob an dieser
Aussage wenigstens ein Körnchen Wahrheit ist, haben Sie ein Dementi erhalten?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306013300
Ich bin der festen Überzeugung, daß im Bundeskanzleramt genauso präzise nachgeforscht worden ist wie im Auswärtigen Amt. Die Antwort ist die gleiche. Man muß auch sehen, daß Ruhestandsbeamte auf der einen Seite natürlich nicht den gleichen Pflichten und Auskunftspflichten unterliegen wie aktive Beamte und daß sie auf der anderen Seite mit guter Begründung das Recht in Anspruch nehmen können, ihre jeweiligen Gerichtsverfahren durchzuziehen.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306013400
Herr Lippelt, ich kann davon ausgehen, daß Ihre Frage 22 damit beantwortet ist:
Hat er auf Weisung des Bundeskanzlers gehandelt, oder was hat sich dieser „Bonner Auftraggeber" dabei gedacht, als er Dr. Guido Brunner entsprechend anwies (FAZ vom 28. September 1995/dpa vom 27. September 1995)?

Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1306013500
Das ist so.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306013600
Dann rufe ich die Frage 23 des Abgeordneten Dr. Rose auf:
Mit welchen Staaten des ehemaligen „Ostblocks" gibt es noch Schwierigkeiten in der Betreuung deutscher Kriegsgräber, und was sind ggf. die Grande dafür?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306013700
Herr Kollege Dr. Rose, nach der politischen Wende in Mittel- und Osteuropa hat sich die Betreuung deutscher Kriegsgräber in der Region erheblich verbessert und kann in den meisten dieser Länder als zufriedenstellend bezeichnet werden. Eigene Kriegsgräberabkommen haben wir bisher mit 15 Staaten im ehemals kommunistischen Machtbereich verhandelt, von denen inzwischen sechs unterzeichnet sind.
Wenn Schwierigkeiten bei der Herrichtung von Kriegsgräberstätten auftreten, sind diese zumeist nicht grundsätzlicher Natur, sondern beruhen auf dem Verhalten lokaler oder sonstiger nachgeordneter Stellen.
Weißrußland hat sich noch nicht zum Abschluß eines Kriegsgräberabkommens bereit erklärt.
Schwierigkeiten bei der deutschen Auslandskriegsgräberfürsorge gibt es auch noch in der Ukraine. Während der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge im überwiegenden Teil der Ukraine bisher auch ohne Kriegsgräberabkommen recht gut arbeiten konnte, gibt es auf der Krim Probleme, die mit den dortigen Autonomiebestrebungen in Zusammenhang stehen dürften.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306013800
Ihre Zusatzfrage, Herr Rose.




Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1306013900
Nachdem mir gesagt wurde, Herr Staatsminister, daß in der Ukraine echte Schwierigkeiten bestehen und das möglicherweise auch an dem fehlenden Abkommen liegt, frage ich Sie, ob man nicht mehr Druck - im besten Sinne des Wortes natürlich - von seiten der Bundesregierung machen kann, um dieses Kriegsgräberabkommen zu erreichen und diese Probleme lösen zu helfen.

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306014000
Selbstverständlich, wir stimmen da völlig überein. Wir werden, wenn nicht noch eine unangenehme Überraschung eintritt, heute nachmittag z. B. mit Moldawien unterzeichnen. Ich rechne mit dem Abschluß des Abkommens mit der Ukraine in der unmittelbar bevorstehenden Zeit. Ich hoffe, daß dann insbesondere die Probleme, die uns auf der Krim große Sorgen machen, beseitigt werden können.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306014100
Eine zweite Zusatzfrage?

Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1306014200
Nein.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306014300
Dann ist vermutlich auch Ihre Frage 24 beantwortet:
Wann ist mit einem Kriegsgräber-Abkommen zwischen Deutschland und der Ukraine zu rechnen?

Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1306014400
Ja.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306014500
Dann rufe ich Frage 25 des Abgeordneten Erler auf:
Wie reagiert die Bundesregierung auf den Ausgang der Parlamentswahlen in Lettland, und welche politischen Maßnahmen wird die Bundesregierung gemeinsam mit den Staaten der Europäischen Union ergreifen, wenn im Gefolge dieser Parlamentswahlen sich das Verhältnis zwischen Letten und Nichtletten in Lettland verschlechtert und neue Spannungen mit der Russischen Föderation entstehen?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306014600
Herr Kollege Erler, die Bundesregierung nimmt das Ergebnis der lettischen Parlamentswahl zur Kenntnis, die nach Aussagen der OSZE-Beobachtermission unzweifelhaft fair und geheim abgelaufen ist.
Gegenwärtig kann die Bundesregierung nicht abschätzen, wie sich eine künftige lettische Regierung zusammensetzen wird. Das neue Parlament wird sich am 7. November konstituieren. Nur der lettische Präsident ist berufen, einen Kandidaten mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Rechnerisch sind verschiedene Konstellationen denkbar.
Die Bundesregierung ist davon überzeugt, daß die Republik Lettland, unabhängig von der Zusammensetzung ihrer zukünftigen Regierung, die durch den Beitritt zum Europarat, zur OSZE und zum Stabilitätspakt akzeptierten Prinzipien und Verpflichtungen weiterhin in vollem Umfang einhalten wird.
Die Bundesregierung wird wie bisher gemeinsam mit ihren Partnern in der Europäischen Union die von den genannten Institutionen bereitgestellten Instrumentarien zur weiteren Förderung des Ausgleichs zwischen den Bevölkerungsgruppen Lettlands nutzen bzw. Lettland zum intensiven Gebrauch solcher Instrumentarien ermuntern. Dies hat die lettische Regierung in der Vergangenheit wiederholt anerkannt.
Die Bundesregierung hat keine Anhaltspunkte dafür, daß sich als Folge der Wahl, bei der vor allem die wirtschaftliche Entwicklung in Lettland für das Stimmverhalten entscheidend gewesen zu sein scheint, das Verhältnis von Letten und Nichtletten in Lettland verschlechtert hat.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306014700
Ihre Zusatzfrage, Herr Erler.

Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1306014800
Herr Staatsminister, ich entnehme Ihrer Antwort, daß die Bundesregierung über den Ausgang der lettischen Parlamentswahlen und die Informationen, die wir bisher über eine mögliche Regierungsbildung in Lettland erhalten haben, wenig besorgt ist. Ich bin überrascht und frage in diesem Zusammenhang, wie sich diese Sorglosigkeit erklären läßt, wenn doch bereits bekannt ist, daß ein Drittel der Bevölkerung nicht an den Wahlen teilnehmen konnte - im wesentlichen die russische Bevölkerung - und daß ein weiteres Drittel an den Wahlen nicht teilgenommen hat, so daß die Parlamentswahl nur auf der Basis von einem Drittel der Wahlbevölkerung überhaupt zustande gekommen ist, und daß die zweitstärkste Partei auch noch jene Volksbewegung für Lettland war, an deren Spitze ein Deutscher steht, Herr Joachim Siegerist, ein Mann, der wegen rechtsradikaler Umtriebe bei den sogenannten deutschen Konservativen in der Bundesrepublik verurteilt worden ist, dessen Bewegung unter Staatsschutzaufsicht stand und der ausdrücklich einen Wahlkampf gegen den russischen Teil der Bevölkerung gemacht hat. Können Sie eine solche Sorglosigkeit angesichts dieser Entwicklung hier vor dem Haus so vertreten?

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306014900
Herr Abgeordneter, Sie sind dabei, sich Ihre Frage 26 zu verderben. Ich sage das nur.
Frage 26:
Welche Möglichkeiten kann und wird die Bundesregierung gegen die Gefahr ergreifen, daß sich eine solche mögliche Verschlechterung der politischen Lage Lettlands mit dem Namen des deutschen Staatsbürgers Joachim Siegerist verbindet und dadurch eine Rufschädigung der gesamten deutschen Politik in der Ostseeregion entsteht?
Herr Staatsminister, bitte.

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306015000
Ich nehme an, daß wir diesen Themenkomplex sowieso mehr oder weniger geschlossen aufrufen können, wenn der Kollege einverstanden ist.

Staatsminister Dr. Werner Hoyer
Es ist keineswegs so, daß wir sorglos wären. Ich bin dezidiert der Auffassung, daß wir gut beraten sind, die Situation sehr genau zu beobachten, die angesprochenen Instrumentarien zu nutzen und ihre Nutzung immer wieder anzubieten.
Es kann überhaupt keine Rede davon sein, daß wir es ohne Besorgnis hinnehmen können, wenn eine mögliche Verschlechterung der politischen Lage Lettlands mit dem Namen eines deutschen Staatsbürgers in Verbindung gebracht würde. Auf der anderen Seite übt Siegerist seine politische Rolle in Lettland als lettischer Staatsbürger aus.
Zu dem bei der Hamburger Justiz gegen ihn schwebenden Strafverfahren wegen Aufstachelung zum Rassenhaß, Volksverhetzung und Beleidigung kann die Bundesregierung natürlich nicht Stellung nehmen.
Die Bundesregierung geht davon aus, daß ihre Politik und das Bild Deutschlands im Ostseeraum nicht am Auftreten dieses Doppelstaaters gemessen wird und daß von der Entwicklung in Lettland keine Entwicklungen ausgehen, die im Hinblick auf die weitere Behandlung des Europaabkommens, das mit Lettland geschlossen worden ist, irgendwelche Gefahren bringen.
Das sind natürlich Dinge, bei denen wir vermuten müssen, daß sich Lettland unverzüglich an die Umsetzung des Weißbuches begeben wird. Jede Regierung eines Landes, das der Europäischen Union beitreten will, muß sich der Tatsache bewußt sein, daß jede Annäherung an die europäischen Institutionen, die im lettischen Wahlkampf von allen Parteien als erstrebenswert bezeichnet wurde, die Einhaltung anspruchsvoller Standards, etwa hinsichtlich des Verhältnisses der Titularnation zu anderen Bevölkerungsgruppen und zu Nachbarstaaten, erforderlich macht. Vor allem Europarat, OSZE und Stabilitätspakt setzen solche Maßstäbe und bieten zugleich die entsprechenden Instrumente.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306015100
Herr Kollege Erler, wenn Sie die Fragen gemeinsam beantwortet haben wollen, hätten Sie die Möglichkeit, noch zwei weitere Zusatzfragen zu stellen.

(Gernot Erler [SPD]: Drei weitere!)

- Richtig.

Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1306015200
Vielen Dank, Herr Präsident.
Herr Staatsminister, ich bin froh darüber, daß Sie in der zweiten Beantwortung die Sorgen etwas deutlicher zum Ausdruck gebracht haben, und komme noch einmal auf meine erste Frage, die Ihnen vorliegt, zurück. Können Sie noch einmal sagen, welche Möglichkeiten die Bundesregierung für Reaktionen hat? Beziehen Sie sich ausschließlich auf gemeinsame Maßnahmen im Rahmen der Europäischen Union oder des Europarates, oder gibt es auch bilaterale Möglichkeiten, die politische Linie von Herrn Siegerist sozusagen zu entmutigen, der erklärt hat, er wolle in Lettland für die deutsche Wirtschaft den roten Teppich ausrollen?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306015300
Manchmal kann man sich vor denjenigen, die meinen, Freunde zu sein, überhaupt nicht hinreichend schützen. Das ist hier sicherlich der Fall.
Es ist zweifellos so, daß die Bundesrepublik das Ergebnis der Wahlen in Lettland zur Kenntnis nehmen muß und die weitere Entwicklung exakt zu beobachten hat und - es versteht sich bei aller Sorge, die ich auf Grund der Zusatzfrage, für die ich dankbar bin, deutlich zum Ausdruck gebracht habe - daß sie nicht den Eindruck erwecken darf, als würde sie in die innenpolitischen Angelegenheiten Lettlands in unangemessener Weise hineinfunken. Hier ist eine schwierige Gratwanderung zu bestehen.
Wir gehen davon aus, daß wir alle Kanäle des Kontaktes und der Kooperation mit der lettischen Regierung sowohl bilateral als auch im Rahmen der europäischen Institutionen hierfür nutzen.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306015400
Ihre dritte Frage.

Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1306015500
Herr Staatsminister, im Wahlkampf hat die Nutzung von deutschen Hilfslieferungen in der Kampagne der Volksbewegung für Lettland, also der Bewegung des Herrn Siegerist, eine herausragende Rolle gespielt. Hat die Bundesregierung angesichts der möglichen Prestigebeeinträchtigungen, die darin liegen könnten, daß Hilfslieferungen in dieser Weise für innenpolitisch fragwürdige Ziele genutzt werden, einen Anlaß gesehen, einmal die Herkunft und die Art der Verwendung dieser Hilfslieferungen zu überprüfen?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306015600
Ich kann diese Frage nicht konkret beantworten, ich bin ihr im Vorfeld dieser Fragestunde nicht nachgegangen. Ich bin aber gern bereit, diese Information nachzuliefern, zumal sie mich selber interessiert.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306015700
Ihre letzte Zusatzfrage.

Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1306015800
Herr Staatsminister, glauben Sie, daß es eine besondere Verantwortung der Bundesrepublik und der Bundesregierung für den weiteren Fortgang der Regierungsbildung und der politischen Begleitung des Geschehens in Lettland angesichts der Tatsache gibt, daß dieser deutsche Staatsbürger fragwürdiger politischer Provenienz eine solch herausragende Rolle in diesem baltischen Staat spielt?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306015900
Lettland ist ein befreundetes Land, mit dem wir sehr enge Kontakte pflegen und dessen Aufnahme in die europäischen Institutionen wir bald erhoffen. Von daher haben wir ein Interesse daran, daß der Demokratisierungsprozeß und der Prozeß der Entwicklung von Marktwirtschaft, von Rechtsstaatlichkeit, von der Herrschaft des Rechts und der Anerkennung der



Staatsminister Dr. Werner Hoyer
Menschenrechte in Lettland konsequent weiter beschritten wird.
Insofern bieten wir unsere guten freundschaftlichen Dienste gerne an. Es ist aber nicht unsere Aufgabe, in den innenpolitischen Prozeß eines befreundeten Landes einzugreifen.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306016000
Eine Zusatzfrage der Kollegin Hendricks.

Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1306016100
Herr Staatsminister, Sie haben in Ihrer ersten Antwort auf die Frage 25 des Kollegen Erler gesagt, nach Beobachtungen internationaler Wahlbeobachter sei die Wahl fair und geheim abgelaufen. Will die Bundesregierung diese Bewertung vor dem Hintergrund der Tatsache teilen, daß ein Drittel der Bevölkerung von der Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen war?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306016200
Diese Beantwortung möchte ich mir gegenwärtig nicht anmaßen, weil ich bisher nur referiert habe, daß die OSZE-Delegation zu dieser Bewertung gekommen ist. Das andere betrifft die Frage des Umgangs der Titularnation mit den anderen Bevölkerungsteilen. Dazu ist die Diskussion in Lettland sicherlich noch nicht ausgestanden.
Die Bundesrepublik und die Bundesregierung weisen der Frage der Behandlung von Minderheiten, auch von ethnischen Minderheiten entsprechend den Prinzipien, zu denen wir uns in Europa verpflichtet haben, eine ganz besondere Bedeutung zu.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306016300
Eine weitere Zusatzfrage hat der Kollege Tippach.

Steffen Tippach (PDS):
Rede ID: ID1306016400
Der Kollege Erler hat meine Frage im wesentlichen vorweggenommen. Ich möchte daher nur noch anmerken, daß ich Ihnen, Herr Staatsminister, dankbar wäre, wenn Sie die Information über die Zusammenhänge von Hilfslieferungen und Hilfsorganisationen und die Frage, ob dafür Bundesmittel aufgewendet werden, geben könnten, sobald Sie nähere Auskünfte eingeholt haben.
Danke.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306016500
Ich rufe die Frage 27 des Abgeordneten Tippach auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Menschenrechtslage in den Vereinigten Arabischen Emiraten, und auf welche Art und Weise versucht sie, auf eine Verbesserung der Menschenrechtssituation hinzuwirken?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306016600
Herr Kollege Tippach, die Bundesregierung bewertet die Menschenrechtslage in den Vereinigten Arabischen Emiraten zwar nicht in jeder Hinsicht als optimal, jedoch im regionalen Vergleich als erträglich. Einzelnen Fällen von Menschenrechtsverletzungen geht die Bundesregierung zusammen mit den europäischen Partnern nach und interveniert gegebenenfalls bei der Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306016700
Zusatzfrage?

(Steffen Tippach [PDS]: Nein!)

Dann rufe ich die Frage 28 des Abgeordneten Tippach auf:
Unterstützt die Bundesregierung den Appell des Europäischen Parlaments an die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate, das gegen Sarah Balabagan verhängte Todesurteil auszusetzen, und wie gedenkt sie, sich darüber hinaus bei der Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate für die 17jährige Philippinin einzusetzen?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306016800
An dieser Frage können wir die Umsetzung des soeben abstrakt Dargestellten trainieren. Die Bundesregierung teilt die große Besorgnis des Europäischen Parlaments, unterstützte demgemäß eine geplante Demarche der Troika der Europäischen Union bei der Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate wegen des Todesurteils gegen die philippinische Staatsangehörige Sarah Balabagan.
Auf ausdrücklichen Wunsch der philippinischen Regierung sah die EU von der Demarche bislang ab. Das Todesurteil gegen Frau Balabagan ist bislang nicht rechtskräftig. Wenn meine neueste Information zutrifft, ist das Verfahren auch erneut bis zum Ende des Monats verschoben. Die Bundesregierung bleibt an dieser Frage dran und ist weiterhin an einem engen Kontakt mit der philippinischen Regierung interessiert.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306016900
Ihre Zusatzfrage, Herr Tippach.

Steffen Tippach (PDS):
Rede ID: ID1306017000
Gedenkt die Bundesregierung initiativ zu werden, wenn die Europäische Union im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung nicht interveniert?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1306017100
Ja, die Bundesregierung wird sich im Zweifel für die Begnadigung von Frau Balabagan einsetzen. Wir wissen, daß die Möglichkeit der Einflußnahme begrenzt ist, aber wir werden es versuchen. Zunächst müßte, wenn es soweit kommen sollte, ein rechtsgültiges Urteil abgewartet werden.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1306017200
Eine zweite Zusatzfrage?

Steffen Tippach (PDS):
Rede ID: ID1306017300
Vielen Dank. Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch: Vielen Dank.
Die Frage 29 der Kollegin Dr. Leonhard wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.

Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch
Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des Auswärtigen Amtes. Vielen Dank, Herr Staatsminister.
Die Fragen aus dem Bereich des Bundesministeriums des Innern - das sind die Fragen 30 bis 34 - werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir sind damit am Schluß der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 12. Oktober 1995, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.