Protokoll:
13020

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 13

  • date_rangeSitzungsnummer: 20

  • date_rangeDatum: 15. Februar 1995

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:40 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/20 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 20. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. Februar 1995 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung (Bericht über die Entwicklung der Konvergenz in der Europäischen Union im Jahre 1994) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 1327 B Friedrich Merz CDU/CSU 1328 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 1328B Lilo Blunck SPD 1328B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 1328C Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1329B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 1329C Hans Georg Wagner SPD 1330A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 1330A Jörg-Otto Spiller SPD 1330 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 1331 A Hans-Werner Bertl SPD 1331 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 1331 B Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1331C Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . 1331C Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1331D Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . 1332A Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1332B Friedrich Bohl, Bundesminister BK 1332B Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde - Drucksache 13/470 - Einrichtung atomarer Zwischenlager in Süddeutschland, z. B. in Niederaichbach bei Landshut MdlAnfr 1 Horst Kubatschka SPD Antw PStSekr Ulrich Klinkert BMU 1333D ZusFr Horst Kubatschka SPD 1334 A ZusFr Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1334 B ZusFr Karin Rehbock-Zureich SPD 1334 B Sofortige Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte MdlAnfr 3, 4 Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/ CSU Antw PStSekr Dr. Paul Laufs BMPT 1334D, 1336B ZusFr Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/CSU 1335A, 1336D ZusFr Klaus Barthel SPD 1335 B ZusFr Lilo Blunck SPD 1335D, 1337 B ZusFr Hans Martin Bury SPD 1336A, 1337A Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes zur Überleitung des ostdeutschen Wohnungsbestandes in das Vergleichsmietensystem (Mietpreisüberleitungsgesetz) MdlAnfr 21, 22 Klaus-Jürgen Warnick PDS Antw PStSekr Joachim Günther BMBau 1337 D ZusFr Klaus-Jürgen Warnick PDS 1338A Förderung von Windenergieanlagen an geeigneten Standorten im Binnenland MdlAnfr 23, 24 Karl-Josef Laumann CDU/CSU Antw PStSekr Joachim Günther BMBau 1339A, C ZusFr Karl-Josef Laumann CDU/CSU 1339B ZusFr Horst Kubatschka SPD 1339D Zweckmäßigkeit einer vierstufigen Gliederung des BKA; Fortbestand der Hauptabteilungsebene in Meckenheim angesichts des vorgesehenen späteren Umzugs nach Berlin MdlAnfr 38, 39 Frank Hofmann (Volkach) SPD Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 1340A, D ZusFr Frank Hofmann (Volkach) SPD 1340B ZusFr Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 1341 A Gründe für die weitere Förderung von Zeitschriften und Publikationen des Bundes der Vertriebenen und der angeschlossenen Landsmannschaften (z. B. „Deutscher Ostdienst" oder „Der heimatvertriebene Bauer") MdlAnfr 40 Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 1341B ZusFr Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 1341 B ZusFr Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 1341D ZusFr Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1341 D ZusFr Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P. 1342 A ZusFr Ursula Schönberger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 1342 B ZusFr Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1342 B ZusFr Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1342 C Verzicht auf die Abschiebung von ca. 60 000 kroatischen Flüchtlingen bis zum Zeitpunkt der Bereitstellung von EU-Aufbauhilfen für Kroatien MdlAnfr 43, 44 Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. Antw PStSekr Eduard Lintner BMI 1343A, D ZusFr Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 1343B, 1344 A ZusFr Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 1344 C ZusFr Ursula Schönberger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 1345 A ZusFr Horst Kubatschka SPD 1345 B ZusFr Dr. Winfried Wolf PDS 1345 B ZusFr Klaus Barthel SPD 1345D ZusFr Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1345D Nächste Sitzung 1346C Berichtigung 1346 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1347* A Anlage 2 Rückgang der Mehrwegquote durch den sprunghaften Anstieg des Verkaufs von Dosenbier MdlAnfr 2 - Drs 13/470 - Simon Wittmann (Tännesberg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Ulrich Klinkert BMU 1347* B Anlage 3 Beschleunigung von Gerichts- und Zwangsvollstreckungsverfahren MdlAnfr 7 - Drs 13/470 - Michael Wonneberger CDU/CSU SchrAntw PStSekr'in Dr. Sabine Bergmann-Pohl BMG 1347* C Anlage 4 Gründung regionaler Kapitalbeteiligungsgesellschaften zur Aufstockung des Eigenkapitals kleiner und mittlerer Unternehmen sowie von Existenzgründern MdlAnfr 8 - Drs 13/470 - Ludwig Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Dr. Kurt Faltlhauser BMF 1348* B Anlage 5 Aktivitäten der kurdischen PKK in Deutschland trotz ihres Verbots MdlAnfr 41 - Drs 13/470 -Jürgen Augustinowitz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI . 1348* D Anlage 6 Neuordnung der Bahnpolizei, insbesondere im Bereich Weiden/OPf. MdlAnfr 42 - Drs 13/470 - Simon Wittmann (Tännesberg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Eduard Lintner BMI 1349* C 20. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. Februar 1995 Beginn: 13.00 Uhr
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    Berichtigung 19. Sitzung, Seite 1277 B, letzter Absatz, dritte Zeile: Statt „Finanzregelung" ist „Finanzierungsregelung" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Berger, Hans SPD 15. 02. 95 Dr. Böhme (Unna), SPD 15. 02. 95 Ulrich Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 15. 02. 95 Hartmut Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 15. 02. 95 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 15. 02. 95 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 15. 02. 95 Heym, Stefan PDS 15. 02. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 15. 02. 95 Dr. Jacob, Willibald PDS 15. 02. 95 Kanther, Manfred CDU/CSU 15. 02. 95 Knoche, Monika BÜNDNIS 15. 02. 95 90/DIE GRÜNEN Kraus, Rudolf CDU/CSU 15. 02. 95 Dr. Protzner, Bernd R. CDU/CSU 15. 02. 95 Scheffler, Siegfried SPD 15. 02. 95 Schumann, Ilse SPD 15. 02. 95 Terborg, Margitta SPD 15. 02. 95 Tippach, Steffen PDS 15. 02. 95 Titze-Stecher, Uta SPD 15. 02. 95 Vergin, Siegfried SPD 15. 02. 95 Wallow, Hans SPD 15. 02. 95 Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ulrich Klinkert auf die Frage des Abgeordneten Simon Wittmann (Tännesberg) (CDU/CSU) (Drucksache 13/470 Frage 2): Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch den sprunghaften Anstieg des Verkaufs von Dosenbier die Mehrwegquote entgegen allen ökologischen Erfordernissen zurückgeht, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, daß diese - wie auch die sich bei der geplanten bepfandeten Einwegflasche für Mineralwasser abzeichnende Entwicklung - verhindert wird? Der Bundesregierung liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die Mehrwegquote für Getränkeverpackungen zurückgeht. Im Gegenteil stiegen seit Inkrafttreten der Verpackungsverordnung die Anteile von Mehrwegverpackungen bei Getränken (ohne Milch) von 71,69 % in 1991 auf 73,55 % in 1993. Auch für Bier hat sich der Anteil in diesem Zeitraum wenn auch nur leicht erhöht. Er liegt für das Jahr 1993 bei 82,25 % gegenüber 82,16 % im Jahr 1991. Für CO2- haltige Erfrischungsgetränke, bei denen auch in Do- Anlagen zum Stenographischen Bericht sen abgefüllt wird, ist ein recht deutlicher Anstieg der Mehrwegquote für den genannten Zeitraum zu verzeichnen. Die Mehrwegquote für 1993 liegt für diese Getränke bei 76,67 % gegenüber 73,72 % im Jahre 1991. Angaben über die Mehrweganteile für das Jahr 1994 liegen der Bundesregierung noch nicht vor. Hiermit ist aufgrund der komplizierten statistischen Erhebung nicht vor Mitte 1995 zu rechnen. Bei der geplanten bepfandeten Einwegflasche für Mineralwasser, deren ökologische Vorteile auch von der Bundesregierung nicht zu erkennen sind, handelt es sich nur um ein beabsichtigtes Pilotprojekt. Dessen Realisierung ist jedoch durch den Ausstieg des Hauptträgers dieses Projektes stark gefährdet. Dennoch wird die Bundesregierung auch weiterhin die Entwicklungen in diesem Bereich aufmerksam beobachten. Anlage 3 Antwort der Bundesministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger auf die Frage des Abgeordneten Michael Wonneberger (CDU/CSU) (Drucksache 13/470 Frage 7): Welche rechtlichen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Gerichtsverfahren sowie die Zwangsvollstreckungsverfahren effizienter zu gestalten, uni so - unter Berücksichtigung der mangelhaften Personalausstattung durch die Länder - dem Anspruch der Bürger auf vertretbare Verfahrensdauern gerecht zu werden? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Zivilprozeß und das Zwangsvollstreckungsverfahren für den Bürger zeitlich überschaubar und berechenbar sein müssen. Sie befürwortet Maßnahmen, die geeignet sind, das gerichtliche Verfahren für den Bürger unter Wahrung seiner berechtigten rechtsstaatlichen Interessen zu vereinfachen und zu beschleunigen. Eine von der 65. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister im Sommer 1994 eingesetzte Arbeitsgruppe prüft zur Zeit weitere Maßnahmen der Vereinfachung und Beschleunigung im Bereiche der Gerichtsverfassung und des Zivilprozesses. Das Bundesministerium der Justiz ist an diesen umfangreichen Prüfungen beteiligt. Gerade im Hinblick auf die weiter zunehmende Geschäftsbelastung in den alten wie den neuen Bundesländern wird dieser Prüfung vom Bundesministerium der Justiz ein hoher Stellenwert zugemessen. Der effizienteren Gestaltung der Zwangsvollstrekkungsverfahren dient die sogenannte 2. Zwangsvollstreckungsnovelle, ein Gesetzentwurf des Bundesrates, der nach weitestgehender Zustimmung der Bundesregierung nunmehr dem Deutschen Bundestag zur Beratung vorliegt. Dieser enthält eine Fülle punktueller Regelungen zur Straffung der Vollstreckungsverfahren. Was die - insbesondere im Bereich der Gerichtsvollzieheraufgaben - noch immer unzureichende Personalausstattung durch die Länder angeht, hat die Bundesregierung keine rechtlichen Möglichkeiten, diese zu verbessern, da die alleinige Zuständigkeit insoweit bei den Ländern liegt. Die Bundesregierung kann lediglich - dies ist auch geschehen - Anregungen geben, wie nach ihrer Auffassung eine Verbesserung für eine Übergangszeit erreicht werden könnte. Sie kann jedoch nicht erzwingen, daß ihre Vorschläge befolgt werden. Eine effizientere Gestaltung der gerichtlichen Verfahren kann im übrigen auch dadurch erreicht werden, daß die innere Organisation und die Verfahrensabläufe innerhalb der Gerichte vereinfacht und verbessert werden. Daß auf diesem Wege noch beträchtliche Verfahrensbeschleunigungen möglich sind, zeigen die im Rahmen der Strukturanalyse der Rechtspflege jüngst durchgeführten Untersuchungen. Einige Landesjustizverwaltungen haben bereits die Empfehlungen der SAR-Gutachten aufgegriffen und sind dabei, diese auch praktisch zu erproben. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Kurt Faltlhauser auf die Frage des Abgeordneten Ludwig Stiegler (SPD) (Drucksache 13/470 Frage 8): Wie beurteilt die Bundesregierung die Gründung regionaler Kapitalbeteiligungsgesellschaften zur Aufstockung des Eigenkapitals kleiner und mittlerer Unternehmer sowie von Existenzgründern, und welche Möglichkeiten sieht sie, die regionalen Banken mit steuerlichen und sonstigen Fördermöglichkeiten dazu zu ermuntern, solche gezielte regionale Kapitalsammelstellen zu gründen? Die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen hat aus Sicht der Bundesregierung eine hohe Priorität. Kapitalbeteiligungsgesellschaften können zur Eigenkapitalbeschaffung dieser Unternehmen beitragen. Die Bundesregierung begrüßt deshalb die Tätigkeit der regionalen mittelständischen Beteiligungsgesellschaften, die als Selbsthilfeeinrichtungen der gewerblichen Wirtschaft in nahezu allen Bundesländern gegründet worden sind, z. B. die Kapitalbeteiligungsgesellschaft für die mittelständische Wirtschaft Bayerns mbH. Auch auf Bundesebene besteht mit der Technologie Beteiligungsgesellschaft der Deutschen Ausgleichsbank eine Kapitalbeteiligungsgesellschaft für die mittelständische Wirtschaft. Diese Kapitalbeteiligungsgesellschaften sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 24 GewStG) und von der Vermögensteuer (§ 3 Abs. 1 Nr. 18 VStG) befreit. Der Eigenkapitalversorgung kleiner und mittlerer Unternehmen dienen auch die auf der Grundlage des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBGG) tätigen privaten Kapitalbeteiligungsgesellschaften (sog. Unternehmensbeteiligungsgesellschaften). Das UBGG wurde erst vor kurzem im Rahmen des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes umfassend modernisiert. Unternehmensbeteiligungsgesellschaften können sowohl regional als auch überregional tätig sein und auch von regionalen Banken errichtet werden. Unternehmensbeteiligungsgesellschaften sind von der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 23 GewStG) und von der Vermögensteuer (§ 3 Abs. 1 Nr. 19 VStG) befreit. Darüber hinaus unterliegen sie auch nicht der Versteuerung der Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen, soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften entstanden ist und er wieder in Beteiligungen angelegt wird (§ 6 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG). Darüber hinausgehende besondere steuerliche oder andere Anreize für regionale Banken, regionale Kapitalsammelstellen zu gründen, sind aus Sicht der Bundesregierung nicht sachgerecht. Sie verkomplizierten das gesamte Förderinstrumentarium und würden eine Subvention für spezifische Marktteilnehmer bedeuten, die andere Marktteilnehmer wettbewerbsmäßig benachteiligte. Sie widersprächen auch dem Ziel der Bundesregierung, die Instrumente der Mittelstandsförderung zusammenzufassen und zu vereinfachen. Eine Bundes- und eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe sind eingesetzt worden, um konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Transparenz und Konsistenz des Förderinstrumentariums zu entwickeln. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Frage des Abgeordneten Jürgen Augustinowitz (CDU/CSU) (Drucksache 13/470 Frage 41): Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über Aktivitäten der kurdischen Terrororganisation PKK in Deutschland - trotz ihres Verbotes - vor? Soweit auf die umfassend angelegte Fragestellung im Rahmen einer Fragestunde eingegangen werden kann, darf ich Ihnen wie folgt antworten: Die in der Türkei offen terroristisch operierende Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ist auch in Deutschland die mit Abstand gewalttätigste kurdische Organisa- tion. Dies hat zu einem entsprechenden Betätigungsverbot gegen die PKK und ihre Nebenorganisationen geführt. Der Vollzug dieses Verbots ist Sache der Länder. Auf das Verbot reagierte die PKK mit dem Versuch, die alten Strukturen ihrer Nebenorganisationen in neuem Gewand wieder aufleben zu lassen. Es kam zu Neugründungen, bei denen der Verdacht besteht, daß es sich um Ersatzorganisationen handelt. Nach Feststellung der Sicherheitsbehörden erhält die PKK eine intensive Unterstützung deutscher Linksextremisten bis hin zum Umfeld Revolutionärer Zellen (RZ) und der RAF, z. B. durch Anmeldung von Veranstaltungen für die PKK. Auch im Jahr 1994 hat die PKK gewaltsam verlaufende Aktionen wie z. B. Autobahnblockaden durchgeführt. So mißachteten ihre Anhänger immer wieder die von den Ländern verhängten Verbote von Veranstaltungen und Demonstrationen und leisteten gewaltsamen Widerstand gegen polizeiliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Verbote. Dabei wurde die Konfrontation mit der Polizei bewußt gesucht. Außerdem ist die PKK unverändert bestrebt, bei in Deutschland lebenden Landsleuten zur Finanzierung ihrer Tätigkeit Spenden zu sammeln. In ihrem Namen wird dabei nicht nur massiver Druck auf zahlungsunwillige Landsleute ausgeübt; das Eintreiben von Spendengeldern erfolgt zum Teil unter erheblicher Gewaltanwendung. Im übrigen konnte festgestellt werden, daß die PKK „Parteiabweichler" oder von ihr als „Verräter" eingeschätzte Personen unnachgiebig verfolgt. Die der PKK zuzurechnenden Aktivitäten führten auch 1994 zu weiteren Verurteilungen mit zum Teil langjährigen Freiheitsstrafen. Der Generalbundesanwalt führt ein Ermittlungsverfahren gegen die PKK wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung (§ 129a StGB), in dessen Rahmen bisher 8 PKK-Funktionäre in Haft genommen und drei Anklagen erhoben wurden. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Frage des Abgeordneten Simon Wittmann (Tännesberg) (CDU/CSU) (Drucksache 13/470 Frage 42): Trifft es zu, daß die Bundesregierung oder der ihr unterstellte Bundesgrenzschutz über Planungen verfügt, die eine Neuordnung der Bahnpolizei beinhalten, und welche Auswirkungen hat dies auf den Bahnpolizeiposten im Oberzentrum Weiden/ Opf.? Dem Bundesgrenzschutz wurde mit Wirkung vom 1. April 1992 die Wahrnehmung der bahnpolizeilichen Aufgaben in den alten Bundesländern übertragen. Bis zu diesem Zeitpunkt lag die Zuständigkeit für diesen Aufgabenbereich bei der Deutschen Bundesbahn. Im Interesse eines möglichst reibungslosen Übergangs wurde die von der Deutschen Bundesbahn eingerichtete Struktur der Bahnpolizeiwachen und Bahnpolizeiposten zunächst unverändert übernommen. Es war aber von Anfang an vorgesehen, die abschließende Einordnung dieser Organisation in das Gesamtgefüge des Bundesgrenzschutzes nach Ablauf einer angemessenen Zeit zu überprüfen. Mit der nunmehr eingeleiteten Überprüfung der Personal- und Organisationsstruktur ist beabsichtigt, im gesamten Bundesgebiet und somit auch in Bayern die Dislozierung aller Bahnpolizeidienststellen und die jeweiligen Grenzen ihrer Zuständigkeitsbereiche an den kriminalgeographischen und infrastrukturellen Gegebenheiten auszurichten. Die danach vorzunehmende Standortbestimmung der Bahnpolizeidienststellen soll eine effektivere ortsbezogene Aufgabenwahrnehmung im Bereich innerstädtischer Bahnanlagen und zugleich auch eine verbesserte ständige Präsenz von Polizeivollzugsbeamten/-innen des Bundesgrenzschutzes - Bahnpolizei - im ländlichen Raum ermöglichen. Das gilt auch für den Bereich der Oberpfalz. In welchem Umfang davon der Bahnpolizeiposten Weiden betroffen sein wird, ist z. Z. nicht absehbar, da alle Überlegungen in ein Gesamtkonzept eingebunden werden müssen. Vorrangige Entscheidungen sollen aber noch im Jahr 1995 erfolgen.
Gesamtes Protokol
Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302000000
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Bericht über die Entwicklung der Konvergenz in der Europäischen Union im Jahre 1994.
Das Wort zu dem einleitenden Bericht hat der Bundesminister der Finanzen, Dr. Theodor Waigel.

Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID1302000100
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Bundeskabinett hat heute den Bericht über die Entwicklung der Konvergenz in der Europäischen Union im Jahr 1994 verabschiedet. Er wird unverzüglich der Präsidentin des Deutschen Bundestages und dem Präsidenten des Bundesrates zugeleitet.
Mit diesem erstmals für 1994 erstellten Jahresbericht entspricht die Bundesregierung der Forderung des Deutschen Bundestages in seiner Entschließung vom 2. Dezember 1992 zum Vertrag über die Europäische Union.
Die stabilitätsgerechte Annäherung der volkswirtschaftlichen Eckdaten und der Wirtschafts- und Finanzpolitiken der Mitgliedsstaaten ist das Schlüsselelement für die Verwirklichung und die Funktionsfähigkeit der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. An der Endstufe der Währungsunion können nur diejenigen Mitgliedsstaaten teilnehmen, die die Konvergenzkriterien erfüllen. Diese sind im Vertrag über die Europäische Union genau definiert und quantifiziert. Bei diesen Indikatoren handelt es sich um stabile Preise, niedrige Zinsen, Haushaltsdisziplin und Wechselkursstabilität.
Der in 1994 erreichte Stand der Konvergenz in der Europäischen Union ist noch nicht befriedigend. Dies zeigt der Konvergenzbericht ganz deutlich. Nur Deutschland und Luxemburg erfüllen alle Kriterien für den Eintritt in die Endstufe der Währungsunion. Auch andere Mitgliedsstaaten haben 1994, im ersten
Jahr der zweiten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion, Fortschritte bei ihrer Stabilitätspolitik aufzuweisen. Dies gilt vor allem für die Preis- und Wechselkursstabilität.
Zu dieser positiven Entwicklung tragen die neuen Überwachungsverfahren bei, die der Vertrag von Maastricht zur Förderung der Konvergenz ausdrücklich vorsieht. Wir haben diese neuen Instrumente während der deutschen Präsidentschaft im vergangenen Halbjahr konsequent angewandt.
Der Stabilitätsgedanke konnte in vielen Mitgliedsstaaten weiter verankert werden. Insbesondere wurde die Sensibilität für strikte Haushaltsdisziplin in den Mitgliedsstaaten gestärkt.
Dennoch sind die laufenden Defizite und Schuldenstände der öffentlichen Haushalte in zahlreichen Mitgliedsstaaten nach wie vor viel zu hoch, vor allem strukturell überhöht. Sie müssen im Aufschwung jetzt entschieden zurückgeführt werden.
Die Mitgliedsstaaten dürfen sich nicht allein auf den Konjunkturzyklus verlassen, um ihre öffentlichen Defizite und Staatsschuldenstände abzubauen. Sie müssen zusätzliche Konsolidierungsmaßnahmen ergreifen, auch wenn der europaweite Konjunkturaufschwung die Konvergenzlage weiter verbessern wird.
Derzeit kann niemand zuverlässig voraussagen, ob bereits in 1996 eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten alle Konvergenzkriterien erfüllen wird, wie dies im Vertrag von Maastricht für einen Eintritt in die Endstufe bereits in 1997 vorgesehen ist. Aus heutiger Sicht ist dies unwahrscheinlich. Spekulationen über einen vorschnellen Eintritt in die Endstufe sind müßig.
Eines steht jedoch fest: Die Bundesregierung wird sich allen Versuchen energisch widersetzen, die Stabilitätskriterien aufzuweichen. Für die Entscheidung des Europäischen Rates über den Zeitpunkt und die Teilnehmer an der Wirtschafts- und Währungsunion ist allein die strikte Auslegung der Konvergenzkriterien maßgebend.

Bundesminister Dr. Theodor Waigel
Die Bundesregierung teilt ohne Einschränkung die vom Bundestag in seiner Entschließung zum Vertrag von Maastricht aufgestellte Forderung: Die künftige europäische Währung muß so stabil sein und bleiben wie die Deutsche Mark.
Vielen Dank.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302000200
Vielen Dank, Herr Minister Waigel.
Zur ersten Frage hat sich der Kollege Merz gemeldet.

Friedrich Merz (CDU):
Rede ID: ID1302000300
Herr Minister, ich teile Ihre Einschätzung, daß es, was die Konvergenzkriterien betrifft, unwahrscheinlich ist, daß wir schon Ende 1996/Anfang 1997 in die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion eintreten können. Vor dem Hintergrund der Tatsache, daß die Währungen des holländischen Gulden, des luxemburgisch-belgischen Francs, des französischen Francs, des irischen Pfund und der D-Mark überraschend schnell wieder zu den alten Bandbreiten innerhalb des europäischen Währungssystems zurückgefunden haben, frage ich Sie aber: Stimmt es Sie nicht optimistisch, daß wir möglicherweise doch früher als vor etwa einem Jahr erwartet zu den Konvergenzkriterien bis Ende 1996 finden könnten und daß wir vor diesem Hintergrund, zumindest aus heutiger Sicht, das Ziel nicht aufgeben sollten, zum 1. Januar 1997 doch die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion zu erreichen?

Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID1302000400
Wir halten an der Zielsetzung des Vertrags fest, aber entscheidend sind nicht Daten, sondern die Einhaltung der Konvergenzkriterien. Neben der erfreulichen Stabilität der Wechselkurse, die durch die Entscheidung vom 2. August 1993 herbeigeführt wurde, wo wir die Bandbreite erweitert haben, um damit den Druck von den Währungen zu nehmen, müssen natürlich auch die Haushaltsdefizite, müssen die Schuldenstände stimmen, muß vor allen Dingen die Konvergenz der Haushalts- und Wirtschaftspolitik vorankommen. Hier gibt es bei vielen Ländern noch erhebliche Defizite. Um so erfreulicher ist es, daß wir trotz der großen finanziellen Aufwendungen, die wir in den letzten Jahren für die deutsche Einheit getätigt haben, dennoch neben Luxemburg alle Kriterien erfüllen.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302000500
Frau Lilo Blunck.

Lieselott Blunck (SPD):
Rede ID: ID1302000600
Herr Bundesfinanzminister, ich höre es mit Freude, allein mir fehlt der Glaube, daß die Bundesrepublik Deutschland alle Konvergenzkriterien erfüllen soll. Deswegen frage ich Sie: Ist diese Aussage unter Einbeziehung aller Schattenhaushalte, die sich in der Zwischenzeit ja mit erheblichen Schuldenständen aufgetan haben, gemeint, oder sind die Schattenhaushalte - wie Treuhand, wie alle anderen kleinen Töpfchen, worin die Bundesregierung Schulden versteckt hat - nicht mit aufgeführt? Wenn die Bundesrepublik Deutschland wider Erwarten die Konvergenzkriterien unter Einbeziehung aller Schattenhaushalte erfüllen sollte, würde ich gerne wissen: Welche Art von Vorbereitungen haben Sie getroffen, um tatsächlich zu gewährleisten, daß wir eine Währungsunion zu dem vorgesehenen Zeitpunkt werden?

Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID1302000700
Zunächst darf ich Sie mit freudiger Erwartung versehen.

(Heiterkeit)

Ihre Bedenken sind unbegründet. Sie dürfen sich deswegen also sehr freuen über die Daten, die Sie heute mitgeteilt bekommen.

(Lilo Blunck [SPD]: Ich wußte schon immer, daß Männer nichts von Schwangerschaft verstehen!)

- Diese Bemerkung sollten Sie nicht ausgerechnet an mich richten.

(Erneute Heiterkeit Zuruf von der CDU/ CSU: Wohl wahr!)

Aber Sie können versichert sein, nicht nur nach unseren Daten, sondern auch nach den Daten der Europäischen Kommission werden wir die Kriterien erfüllen. Die Kommission hatte im Frühjahr auf Grund anderer Daten noch gemeint, daß wir die Kriterien nicht erreichen, aber durch das stärkere Wachstum und durch statistische Veränderungen, wobei einbezogen ist, daß die Treuhand im Bundeshaushalt ab 1995 schon angesiedelt ist und sie selbstverständlich auch bei der Defizitquote berücksichtigt ist - das gleiche gilt für den Kreditabwicklungsfonds -, werden wir dies also bei uns wie bei anderen Ländern nach der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung - es gibt bei uns keine anderen Kriterien, und es ist alles mit einbezogen - schon in 1994 und selbstverständlich auch 1995 erreichen, wo wir bereits alle Vereinigungsinstrumente im Bundeshaushalt vereinigt haben.
Sie haben noch die Frage gestellt, wie wir uns darauf vorbereiten: indem wir konsequent die Konsolidierung weiterbetreiben. Der beste Weg ist, daß das Wachstum des Bundeshaushalts unter dem nominellen Wachstum des Bruttosozialprodukts bleibt. Das ist in 1995 und in den Jahren danach der Fall.
Die D-Mark ist, wie Sie wissen, die stabilste Währung der Welt. Bei der Zinspolitik befinden wir uns ebenfalls, mit Ausnahme der Schweiz, in einer besseren Situation als alle anderen europäischen Länder.
Was die technische Vorbereitung anbelangt: Hier haben die europäischen Gremien, auch das Europäische Währungsinstitut, ihre Aufgaben. Es ist sehr gut, daß es gelungen ist, den Sitz des Europäischen Währungsinstituts nach Frankfurt zu holen. Wir sind innerhalb der Bundesregierung, im Gespräch mit der Bundesbank und natürlich auch mit den europäischen Gremien dabei, die notwendigen Voraussetzungen rechtzeitig zu treffen, wobei ich noch einmal

Bundesminister Dr. Theodor Waigel
sage: Im Moment erfüllen nur zwei Staaten die Kriterien von Maastricht. Wie sich das in diesem und im nächsten Jahr entwickelt, vermag ich nicht vorauszusehen.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302000800
Zusatzfrage, Frau Blunck.

Lieselott Blunck (SPD):
Rede ID: ID1302000900
Herr Bundesfinanzminister, ich
habe eigentlich nicht so sehr nach den Folgerungen gefragt, die Sie mir gerade genannt haben, sondern nach sehr praktischen Kriterien. Einige der Wirtschaftsunternehmen in dieser Republik bereiten sich schon gezielt auf die Einführung dieser Währungsunion vor. Dafür müssen ja nicht nur die Konvergenzkriterien, sondern auch sehr praktische Kriterien erfüllt sein: gesetzliche Vorschriften, Verwaltungsvorschriften etc., all das, was in Ihrer Obhut liegt.
Ich hätte gerne gewußt, welchen Katalog Sie in diesem Bereich vorgesehen haben, ob Sie daran schon arbeiten und inwieweit Sie dies schon abgearbeitet haben. Wenn Sie noch nicht darangegangen sind, bedeutet das für den Standort Bundesrepublik Deutschland erhebliche finanzielle Aufwendungen, finanzielle Schäden. Ich denke, daß wir das alle miteinander nicht verantworten könnten.

Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID1302001000
Wir arbeiten daran; das Europäische Währungsinstitut arbeitet daran. Die Bundesbank beteiligt sich innerhalb des Europäischen Währungsinstituts und selbständig daran. Die Europäische Kommission hat hierzu Berichte erarbeiten lassen, die derzeit ebenfalls diskutiert werden. Das muß aufeinander abgestimmt werden.
Sie können versichert sein: Die deutsche Wirtschaft, die deutsche Bankenwelt und die deutschen Bürger werden rechtzeitig über alles informiert. Es wird nicht von einem Tag auf den anderen zu einer neuen Währung kommen. Selbstverständlich kann die Existenz zweier nebeneinander existierender Währungen über einen beachtlichen Zeitraum beibehalten werden. Entscheidend ist das Fixing. Damit aber ist nicht der Name und der Begriff der deutschen Währungseinheit erloschen.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302001100
Frau Ursula Eid.

Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302001200
Herr Minister, heute morgen wurde im Kabinett über die Auffüllung des 8. Europäischen Entwicklungsfonds gesprochen, da heute abend eine Sondersitzung des Ministerrats der Europäischen Union stattfindet. Diese außerordentliche Sitzung ist notwendig geworden, weil sich drei Ministerien der Bundesregierung über die Reduzierung des deutschen Beitrags für diesen Europäischen Entwicklungsfonds nicht einig werden konnten.
Ich möchte gerne von Ihnen wissen, mit welcher Verhandlungsposition die Bundesregierung heute abend in die Beratung geht.

Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID1302001300
Das gehört zwar nicht direkt zu dem Thema, aber ich bin gerne bereit, wenn es die Frau Präsidentin gestattet, auch hierzu etwas zu sagen.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302001400
Herr Minister, wir können die Beantwortung dieser Frage in den Bereich der freien Fragen zurückstellen. Dann würde ich zuerst dem Abgeordneten Wagner das Wort erteilen. Wenn Sie aber einverstanden sind, kann diese Frage auch sofort beantwortet werden.

Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID1302001500
Ich würde die Frage gerne sofort beantworten.
Ich glaube, es ist gerechtfertigt, daß sich Deutschland dafür einsetzt, bei dem künftigen Abkommen prozentual nicht mehr so hoch beteiligt zu sein wie bisher. Es ist eigentlich nicht einsehbar und nicht begründbar, daß Deutschland für dieses Abkommen, das in bestimmten Bereichen der Welt natürlich auch besondere Einflußsphären betrifft, einen höheren Anteil erbringt als die anderen großen Länder in Europa. Insofern haben wir die Verhandlungsmaxime, daß unser Anteil nicht höher ist als der Anteil anderer und damit relativ zurückgefahren wird. Damit entsprechen wir auch einem Auftrag des Haushaltsausschusses, der das von uns verlangt.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302001600
Zusatzfrage.

Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302001700
Herr Minister, ich entnehme Ihrer Antwort, daß die Bundesregierung heute abend in Brüssel mit dem Ziel verhandeln wird, den deutschen Beitrag zu reduzieren.
Ich erinnere an die berühmte Rede des Bundeskanzlers, bekannt als „Steinbruch-Rede", im November 1989 vor dem Diplomatischen Korps, in der er die Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Osteuropa, aber auch gegenüber dem Süden ganz klar unterstrichen und gesagt hat: Die Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland für Osteuropa darf nicht dazu führen, daß die Hilfe für den Süden gestrichen wird, und der Entwicklungshaushalt darf kein Steinbruch für andere Maßnahmen werden. Können Sie vor dem Hintergrund der Tatsache, daß der Bundeskanzler dieses Versprechen vor der Weltöffentlichkeit gegeben hat, heute abend mit der von Ihnen eben genannten Position ruhigen Gewissens nach Brüssel fahren?

(Lilo Blunck [SPD]: Nach dem Motto: Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern?)


Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID1302001800
Der, der nach Brüssel fährt, fährt ruhigen Gewissens. Sie können da ganz beruhigt sein: Deutschland verringert seine Hilfen nicht. Die Frage ist, ob wir uns multilateral in dieser Größenordnung beteiligen müssen oder ob wir bilateral mehr tun können und wollen. An eine Reduzierung der Entwicklungshilfe ist nicht gedacht. Wenn man alles zusammenrechnet,

Bundesminister Dr. Theodor Waigel
was wir im europäischen Bereich tun, was wir an normaler Entwicklungshilfe leisten, was wir für Mittel- und Osteuropa tun, was wir für Rußland und die Ukraine tun, dann kann kein Staat mit dem Engagement mithalten, das wir weit über unsere nationalen Interessen hinaus in den letzten Jahren weltweit geleistet haben.

(Zurufe von der CDU/CSU: Das kann man wohl sagen!)


Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302001900
Herr Hans Georg Wagner.

Hans Georg Wagner (SPD):
Rede ID: ID1302002000
Herr Minister, zurück zum ersten Thema. Sie haben gesagt, daß Deutschland und Luxemburg die einzigen Länder seien, die die Kriterien jetzt erfüllen würden. Meine Frage geht dahin, wie sich die Situation in den 13 anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union im Hinblick auf 1997 tendenziell entwickelt. Wir können ja mit den Zahlen für Luxemburg, auch wenn es finanziell stark ist, nicht allzuviel anfangen.
In diesem Zusammenhang noch eine andere Frage. Es gab einmal Überlegungen, mit Frankreich einen Alleingang zu unternehmen, wenn die anderen die Kriterien nicht erfüllten. Gibt es diese Überlegungen heute noch, oder ist man von ihnen abgekommen?

Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID1302002100
Wir halten an der Zielsetzung von Maastricht fest, die natürlich in die Richtung einer Währungsunion mehrerer, möglichst vieler Teilnehmer geht. Auch wollen wir an dem Ziel festhalten, daß jeder, der die Kriterien erreicht, an dieser Währungsunion teilnimmt.
Was die von Ihnen angesprochene Tendenz in anderen Ländern anbelangt, so gibt es hierzu in dem Bericht eine Statistik. Andere Länder haben sich große Mühe gegeben. Ich denke z. B. an Irland, das mit Ausnahme des Schuldenstands alle Kriterien erfüllt, im Bereich des Schuldenstands durch eine sehr ehrgeizige Konsolidierungspolitik aber immerhin von etwa 120 % des BSP bereits auf 90 % heruntergekommen ist. Auch andere Länder sind mit unterschiedlicher Intensität dabei, die Kriterien zu erfüllen, und erfüllen manche Kriterien, aber nicht alle. Vor allen Dingen wird es darum gehen, daß der Anteil der Nettokreditaufnahme am Bruttosozialprodukt bei einigen Ländern gerade jetzt gesenkt wird. Eine Reihe von Ländern wird also noch sehr ehrgeizige Konsolidierungsanstrengungen unternehmen müssen.
Positive Ergebnisse sind zu verzeichnen, was die Wechselkursstabilität anbelangt. Immerhin ist es einigen Ländern gelungen, ohne Interventionen fast wieder in die enge Bandbreite zurückzukehren. Die Situation ist sehr unterschiedlich. Wir haben alles detailliert dargestellt.
Ich habe auf Grund dieser Daten den Eindruck, daß eine starke Stabilitätskultur in Europa die Staaten dazu bewegt, innenpolitisch manches voranzubringen, was sie sonst vielleicht nicht durchsetzen
könnten. Der Vertrag von Maastricht übt daher eine sehr heilsame Wirkung auf die Finanz-, die Wirtschafts- und die Stabilitätspolitik der Staaten aus. Insgesamt ist die Tendenz positiv. Es gibt allerdings Rückschläge, die natürlich vor allen Dingen durch die zurückgehende Konjunktur der Jahre 1992 und 1993 bedingt waren.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302002200
Zusatzfrage.

Hans Georg Wagner (SPD):
Rede ID: ID1302002300
Es ist ja festgestellt worden, daß die Schulden bei uns weit mehr als 2 Billionen DM betragen. Das ging dieser Tage durch die Presse. Sehen Sie nicht die Gefahr, daß der eine oder andere im Hinblick auf die Einhaltung der vier Kriterien wieder abrutscht? Damit meine ich nicht nur die Bundesrepublik Deutschland, von der ich ja aus dem Haushaltsausschuß weiß, wie die Entwicklung konkret ist. Ich frage Sie, ob nicht auch andere Länder ähnliche Entwicklungen nehmen könnten.

Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID1302002400
Ich glaube, daß wir in Deutschland die schwierigste Wegstrecke überstanden haben. Wir liegen allerdings nur knapp unter der Schuldenstandsgrenze von 60 %. Aber es ist erfreulich, daß wir knapp darunter liegen. Ursprünglich bestand einmal die Gefahr, daß wir über diese Grenze kommen. Wir werden es bei Fortsetzung der Konsolidierungspolitik schaffen, unter der Grenze von 60 % zu bleiben.
Andere Länder - die die Last der Wiedervereinigung nicht hatten - wie Frankreich oder das Vereinigte Königreich liegen unter der Grenze von 60 %, haben aber die Schwierigkeit, in bezug auf die Defizitquote unter die Grenze von 3 % zu kommen. Im übrigen sehe ich die Grenzen von 3 % und 60 % nicht als Obergrenzen an. Eigentlich müßten wir alle darunterbleiben, um in schwierigeren Zeiten wieder eine gewisse Manövriermasse zum Gegensteuern besitzen zu können.
Es ist klar erkennbar, daß die Länder ihre eigene Haushalts- und Wirtschaftspolitik sehr stark an Maastricht orientieren und eigentlich fast alle daran interessiert sind, zum Zeitpunkt X, den heute niemand benennen kann, in der „ersten Europaliga" mitspielen zu können.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302002500
Herr Spiller.

Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1302002600
Herr Minister, Sie haben ja schon darauf hingewiesen, daß der Rat darauf verzichtet hat, Irland an die Einhaltung der Kriterien zu erinnern. Denn immerhin ist dort bei der Verschuldungsentwicklung ein deutlicher Fortschritt eingetreten. Sind Sie der Auffassung, daß Irland in seinem Bemühen repräsentativ auch für andere Mitgliedstaaten ist? Und welche Chancen sehen Sie, zu einer besseren Abstimmung der nationalen Wirtschaftspolitiken mit der Zielrichtung der Einhaltung der Kriterien von Maastricht zu kommen?


Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID1302002700
Zunächst: Der Rat hat im Fall von Irland nicht darauf verzichtet, zu den Kriterien Stellung zu nehmen. Das festzustellen war Aufgabe der Kommission. Im Rat hat es selbstverständlich eine Diskussion darüber gegeben. Ich habe es als Vorsitzender des Rates kritisiert, daß Irland, ungeachtet seiner starken Bemühungen um Konsolidierung, ausgenommen wurde.
Ich hätte es für richtig gehalten, daß auch Irland, da es die Schuldenstandsgrenze von 60 % nicht einhält, von der Kommission die entsprechende Mitteilung bekommt. Der Rat hat das also sehr wohl diskutiert und auch darauf hingewiesen, daß bei künftigen Konvergenzprogrammen, die ja jedes Land vorlegt, auf diesen Punkt immer wieder geachtet werden muß. Das, was hier geschehen ist, hat die Kommission in ihrer eigenen Zuständigkeit getan. Sie konnte vom Rat nicht korrigiert werden.
Der Eintritt in die letzte, die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion vollzieht sich durch Beschluß nicht der Kommission, sondern des Europäischen Rates auf Empfehlung des Ecofin-Rates, selbstverständlich nach entsprechender Vorbereitung und Darstellung der Kriterien durch die Kommission. Das liegt dann allein in den Händen des Rates, nicht in denen der Kommission.
Was nun die nationalen Wirtschaftspolitiken anbelangt: Jedes Land ist verpflichtet, sein Konvergenzprogramm vorzulegen. Dieses Konvergenzprogramm wird im Ecofin-Rat diskutiert. Auch die Kommission gibt entsprechende Ratschläge, wie national zu verfahren ist. Ich habe in den letzten Jahren noch keine so starke Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitiken wie jetzt festgestellt, so daß in der Tat eine neue Stabilitätskultur erkennbar ist, die vor sechs oder zehn Jahren in Europa kaum vorstellbar war.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302002800
Herr Bertl.

Hans-Werner Bertl (SPD):
Rede ID: ID1302002900
Herr Bundesfinanzminister, gibt es in Ihrem Hause im Rahmen der Währungsunion Überlegungen zu Fragen des innereuropäischen Zahlungsverkehrs, hier insbesondere der Regelung von Laufzeiten und vor allem der Wertstellungszeitabläufe? Bei der Frage der Gebühren ist sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen interessant, ob diese durch Regelungen festgelegt werden oder ob sie vor Gericht erstritten bzw. festgelegt werden müssen.

Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID1302003000
Soweit dies erforderlich ist, um eine Europäische Währungsunion und eine europäische Währungseinheit vorzubereiten, ist das natürlich der Fall. Aber ich habe den Eindruck, daß sich Ihre Frage mehr auf jetzige Zeiten bezieht und weniger auf das, was dann stattfindet, wenn es zu einer europäischen Währungseinheit gekommen ist.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302003100
Herr Dr. Lippelt,

Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302003200
Darf ich auf die Frage zurückkommen, die meine Kollegin Eid vorhin schon sehr beschäftigt hat, und mehr in Richtung von Herrn Staatsminister Hoyer fragen: Herr Staatsminister, wie werden Sie sich heute abend eigentlich fühlen? Sind Sie sich dessen bewußt, daß es im Europäischen Rat zu einem Eklat kommen wird? Mit der Position der Absenkung der Mittel für den Entwicklungsfonds stehen Sie neben England, wo es ganz andere Gründe gibt, absolut allein. Sind Sie sich dessen bewußt, daß Sie heute abend einen Eklat produzieren werden?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1302003300
Ich bin mir der Tatsache bewußt, daß die Bundesrepublik Deutschland, die eine sehr verantwortliche Position beziehen muß, natürlich einen Eklat vermeiden muß. Aber ich habe einen klaren Auftrag der Bundesregierung und vor allen Dingen auch dieses Parlaments, das die Regierung mit seinem Haushaltsausschußbeschluß aufgefordert hat, dafür zu sorgen, daß der Anteil der Bundesrepublik Deutschland am 8. EEF unter dem Anteil am 7. EEF liegt bzw. daß die absolute Zahl unseres Beitrages darunter liegt.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302003400
Zusatzfrage.

Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302003500
Das erklärte Ziel dieser Bundesregierung ist doch, daß sie nicht in nationale Alleingänge zurück will. Wie wollen Sie denn Ihr Ziel einer gemeinsamen Entwicklungspolitik stärker vorantreiben, wenn Sie dem Haushaltsausschuß nicht besser die Interessen der Regierung deutlich machen? Denn es muß doch Ihr Interesse sein, genau diesen Eklat zu vermeiden.

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1302003600
Die Quadratur des Kreises ist nun einmal die Hauptaufgabe der Außenpolitik in vielen Situationen, wie Sie sehr gut wissen. Von daher werde ich mich auf der einen Seite auch darum bemühen, Eklats zu vermeiden. Auf der anderen Seite wäre es sicherlich sinnvoll, der Deutsche Bundestag würde in seinen Gremien, in diesem Fall im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit, im Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union und im Haushaltsausschuß, dafür sorgen, daß dem zuständigen Verhandlungsführer keine Aufträge mitgegeben werden, die sehr schwer umzusetzen sind. Ich jedenfalls fühle mich an diesen Auftrag gebunden.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302003700
Herr Abgeordneter Volmer.

Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302003800
Herr Staatsminister, wir haben in den letzten Jahren mit großer Bedrückung dramatische Entwicklungen in Afrika verfolgt, z. B. in Somalia, z. B. in Ruanda, z. B. in Angola. Diese Entwicklungen waren so dramatisch, daß sich die Bundesregierung genötigt sah, alte Tabus zu durchbrechen und Bundeswehreinheiten nach Somalia zu schicken. In welchem Verhältnis steht dieses Engagement, das viel Geld und einige

Ludger Volmer
umstrittene Grundsatzentscheidungen gekostet hat, zu der Kürzung der Entwicklungshilfe für Afrika in einem Moment, in dem klar ist, daß Afrika eigentlich die Krisenregion der Zukunft ist?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1302003900
Sie haben vorhin, sofern Sie schon da waren, das klare Bekenntnis des Finanzministers zur Fortsetzung der Entwicklungspolitik und zu der Entschlossenheit der Bundesregierung, den Entwicklungsetat nicht zu kürzen, gehört. Das darf aber doch nicht daran hindern, daß man die Frage stellt, ob in allen Fällen effiziente Mittelverwendung gegeben ist und ob gegebenenfalls bei der multilateralen Hilfe weniger effizient mit den Mitteln umgegangen wird als bei der bilateralen Hilfe. Wenn das so sein sollte, muß es zulässig sein, darüber nachzudenken, ob man die Gewichtung zwischen bilateraler und multilateraler Hilfe verschiebt.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302004000
Zusatzfrage.

Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302004100
Warum, meinen Sie, Herr Staatsminister, müßte die Prüfung der Effizienz der multilateralen Hilfe ausgerechnet bei Afrika stattfinden, während es eine lange schwelende Diskussion darüber gibt, daß die großen Entwicklungsprojekte vor allen Dingen in Südostasien unter entwicklungspolitischen Aspekten äußerst ineffizient sind, unter dem Aspekt der Außenwirtschaftsförderung für deutsche Interessen allerdings sehr effizient?

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1302004200
Ich denke, daß die Effizienzprüfung für alle Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit gilt wie überhaupt für jede Geldausgabe, die der Bund tätigt. Von daher ist es gerade bei einem so großen Brocken wie unserem Beitrag zu den AKP-Hilfen legitim und notwendig, dafür zu sorgen, daß mit den Geldern sorgsam umgegangen wird.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302004300
Danke.
Gibt es weitere Fragen zu diesem Thema oder noch freie Fragen? - Frau Eid.

Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302004400
Ich frage Herrn Bohl, wie er es angesichts der von mir vorhin erwähnten Rede des Bundeskanzlers, der berühmten Steinbruch-Rede, in der er vor der Weltöffentlichkeit in der Tat ein Versprechen abgegeben hat, vertreten kann, daß die Bundesregierung heute dieses Versprechen bricht.

Friedrich Bohl (CDU):
Rede ID: ID1302004500
Frau Kollegin Eid, ich weiß nicht, woher Sie die Behauptung nehmen, daß die Bundesregierung Zusagen, die sie gemacht hat, brechen will, wenngleich unverkennbar ist, daß sich die Welt seit 1989 verändert hat und sich deutsches Engagement in ganz besonderem Maße in den letzten Jahren auf den Aufbau in den neuen Ländern und in den Staaten des ehemaligen Comecon konzentriert hat.
Die Bundesregierung will in Übereinstimmung mit dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages nicht, daß die Entwicklungshilfe abgesenkt wird. Nur ist sie der Auffassung, daß auf Grund der Tatsache, daß der Entwicklungsfonds der Europäischen Gemeinschaft Ineffizienzen aufweist, geprüft werden sollte, ob hier nicht eine Reduzierung des deutschen Beitrages für multilaterale Maßnahmen zugunsten von effizienten bilateralen Maßnahmen des Bundes möglich ist. Das ist der Punkt, um den es geht.
Selbstverständlich ist bei den Verhandlungen und Gesprächen, die der Kollege Hoyer heute abend zu führen hat, über die Frage entwicklungspolitischer Effizenz hinaus auch die gesamte außenpolitische Thematik einzubeziehen. Ich bin ganz sicher, daß die Bundesregierung die Verhandlungslinie, die sie heute im Kabinett erarbeitet hat, wirkungsvoll und einsichtig sowohl nach innen als auch nach außen darstellen kann, sich ihrer Verantwortung voll bewußt ist und dieser Verantwortung gerecht wird.

Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1302004600
Zusatzfrage.

Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302004700
Herr Bohl, nehmen Sie zur Kenntnis, daß unter der letzten deutschen Präsidentschaft in der EU - ich meine nicht die im letzten Jahr, sondern die vorherige - speziell durch Einwirken der Bundesregierung, und zwar zu Recht, die AKP-Staaten überzeugt werden konnten, bestimmte Kriterien - Demokratisierung, Öffnung für Marktwirtschaft, gute Staatsführung usw. - zu implementieren und daß sich die AKP-Staaten diesem Wunsch gebeugt und diese Kriterien akzeptiert haben wegen der Zusage - natürlich nicht mit der völkerrechtlichen Zusage, aber mit der im Raume stehenden Zusage -, daß sie, wenn sie diese Kriterien erfüllen, weiterhin mit einer starken Unterstützung aus Europa rechnen können? Der Hauptgrund, weshalb sie dies akzeptiert haben, war das Argument des Bundeskanzlers in seiner Rede.
Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, darf ich das zitieren. Der Bundeskanzler sagte am 17. November 1989:
Im Zusammenhang mit unseren Unterstützungsmaßnahmen für die reformorientierten Länder Osteuropas ist in letzter Zeit die Befürchtung geäußert worden, daß dadurch die Möglichkeiten unserer Entwicklungshilfe beeinträchtigt werden könnten. Wahr ist, daß der uns verbleibende Spielraum enger wird. Ich möchte diese Gelegenheit jedoch dazu benutzen, um zu versichern, daß meine Regierung und ich selbst sich auch weiter der besonderen Verantwortung gegenüber der Dritten Welt bewußt sind.

(Vorsitz: Vizepräsident Hans Klein)


Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302004800
Frau Kollegin Eid, dies ist eine Befragung der Regierung und keine - -

Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302004900
Ich habe soeben mit Genehmigung der Präsidentin diese

Dr. Uschi Eid
Aussage des Kanzlers begonnen zu zitieren. Es ist nur ein Satz, Herr Vizepräsident.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302005000
Lassen Sie mich einmal ausreden! Dies ist eine Befragung der Regierung und keine Mitteilung an die Regierung. Ihre Frage hat mit dem Satz begonnen „Nehmen Sie zur Kenntnis ... " Also, bitte: Stellen Sie eine Frage an den Minister. Dies ist keine Debatte.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nimmt er, oder nimmt er nicht zur Kenntnis?)


Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302005100
Nehmen Sie diese Rede zur Kenntnis und zu Herzen?

Friedrich Bohl (CDU):
Rede ID: ID1302005200
Ich nehme diese Rede nicht nur zur Kenntnis, sondern bedanke mich ausdrücklich dafür, daß Reden des Bundeskanzlers die so geschätzte Aufmerksamkeit der Fraktion der GRÜNEN und insbesondere von Ihnen, Frau Kollegin Eid, finden.

(Dr. Uschi Eid [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn er etwas Richtiges sagt!)

Ich gebe der Hoffnung Ausdruck, daß die Reden des Bundeskanzlers auch in Zukunft dieses Wohlwollen bei Ihnen und Ihrer Fraktion finden.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Man müßte uns die gesammelten Reden zur Verfügung stellen!)

Zur Sache selbst darf ich aber vielleicht folgendes anmerken: Ich bin kein ausgesprochener Experte der Einzelheiten. Nach meiner Erinnerung hat der Entwicklungsfonds für fünf Jahre Gelder in Höhe von 10,9 Milliarden ECU umfaßt. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß natürlich auch die jetzt beitretenden Länder etwas zu diesem Fonds beitragen müssen. Wenn also noch die - ich glaube - ungefähr 700 Millionen ECU von den drei Beitrittsländern dazukommen würden, wäre dieser Fonds ganz erheblich aufgestockt. Wir zahlen, wenn ich das richtig in Erinnerung habe - nageln Sie mich jetzt bitte nicht auf das Gramm fest -, ungefähr 26 % der Gelder dieses Fonds; das sind ungefähr 2,84 Milliarden ECU in fünf Jahren. Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, daß bei einer entsprechenden Abrundung des Entwicklungshilfefonds der EU insgesamt der Beitrag der Bundesrepublik Deutschland abgesenkt wird, daß aber trotzdem die Mittel, die der Bund insgesamt für Entwicklungshilfe ausgibt, erhalten bleiben, weil nämlich die bilateralen Projekte und Maßnahmen aufgestockt und ausgeweitet werden.

(Dr. Uschi Eid [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch nicht!)

- Das ist der Beschluß des Haushaltsausschusses, Frau Kollegin Eid; ich kann mich nur in Übereinstimmung mit dem Haushaltsausschuß äußern; ich wäre Ihnen, Frau Kollegin Eid, dankbar, wenn Sie dieses Monitum beim Haushaltsausschuß vorbrächten.
Ich kann aus dem allen nicht erkennen, daß diese Politik der Bundesregierung in irgendeinem Gegensatz zu den Reden des Bundeskanzlers aus dem Jahre 1989 steht.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302005300
Die Zeit für die Regierungsbefragung ist abgelaufen, Herr Kollege Volmer.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Die Zeit der Bundesregierung auch!)

Ich beende die Befragung.
Ich möchte an die Adresse der Kollegin Eid gern noch folgendes sagen: Mir geht es darum - ich glaube, darum sollte es uns allen gehen -, daß diese Regierungsbefragung eine wirkliche Befragung ist. Wenn seitens des Parlaments größere Vorlesungen gehalten werden, dann geben wir der Regierung natürlich Anlaß, mit noch größeren und längeren zu antworten. Der Witz dieser halbstündigen Veranstaltung, nämlich schnell etwas abzufragen, ginge dann verloren.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Das erfordert aber zielgenaue Antworten!)

- Entschuldigung, es kommt immer auf die Fragen an.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Und auf die Antworten!)

- Wenn die Fragen sehr umfassend sind, sind es auch die Antworten. Ich will jetzt nicht in einen Dialog mit Ihnen eintreten; ich habe nur versucht, zu erklären, was ich damit gemeint habe, als ich die Frau Kollegin Eid angesprochen habe.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde
- Drucksache 13/470 -
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Zur Beantwortung steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Ulrich Klinkert zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1, gestellt vom Kollegen Horst Kubatschka, auf:
Welche weiteren atomaren Zwischenlager sind in Süddeutschland geplant, und trifft es zu, daß als eventueller neuer Standort das Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks Niederaichbach bei Landshut vorgesehen ist?
Ich bitte Sie, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, um Beantwortung.

Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1302005400
Herr Präsident! Herr Kollege Kubatschka! Weder der Bundesregierung noch den zuständigen Behörden der Länder Baden-Württemberg und Bayern ist bekannt, daß in Süddeutschland weitere atomare Zwischenlager geplant sind. Diese Aussage gilt auch für das Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks Niederaichbach.


Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302005500
Zusatzfrage, Herr Kollege Kubatschka.
' Horst Kubatschka (SPD): Herr Staatssekretär, wann müßten nach den Überlegungen des Ministeriums neue Zwischenlager errichtet werden, und teilen Sie die Meinung, daß in den nächsten 15 Jahren keine Notwendigkeit besteht, mit der Planung von weiteren atomaren Zwischenlagern zu beginnen?

Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1302005600
Herr Kollege Kubatschka, Planung und Errichtung sind natürlich zweierlei. Wir teilen die Meinung, daß in den nächsten 15 Jahren die jetzt vorhandenen atomaren Zwischenlager ausreichend sind und daß danach eine Anschlußregelung gefunden werden muß.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302005700
Zweite Zusatzfrage.

Horst Kubatschka (SPD):
Rede ID: ID1302005800
Herr Staatssekretär, welche Überlegungen stellte das Bundesministerium für Umwelt an, als es atomare Zwischenlager im Süden Deutschlands überhaupt ins Gespräch gebracht hat?

Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1302005900
Die Überlegungen des Bundesumweltministeriums gehen dahin, daß man alle Teile der Bundesrepublik Deutschland auf die Möglichkeit der Errichtung eines atomaren Zwischenlagers, wenn es notwendig wird, untersuchen muß bzw. daß grundsätzlich jede Region, jedes Bundesland dafür zur Verfügung stehen muß.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302006000
Eine Zusatzfrage der Kollegin Saibold.

Hannelore Saibold (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302006100
Herr Staatssekretär, treffen die Aussagen des österreichischen ÖVP-Abgeordneten zu, wonach im tschechischen Temelin oder in Bukovani Zwischen- bzw. Endlager für die Lagerung von atomaren Abfällen geplant sind? Stimmt es, daß die Bundesregierung atomare Abfälle dort hinbringen will?

Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1302006200
Die Frage der Errichtung solcher Endlager muß an die zuständige tschechische Regierung gestellt werden. Die Bundesregierung beabsichtigt meines Erachtens nicht, atomaren Abfall in das von Ihnen angesprochene Land zu verbringen.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302006300
Frau Kollegin RehbockZureich zu einer Zusatzfrage.

Karin Rehbock-Zureich (SPD):
Rede ID: ID1302006400
Es gab in der Vergangenheit Überlegungen für ein Endlager im Südschwarzwald im Granitgestein. Gibt es neue Erkenntnisse von seiten der Bundesregierung, und gehen die Überlegungen in diese Richtung weiter?

Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1302006500
Sie wissen, daß wir zur Zeit dabei sind, ein Endlager aufzufahren. Das ist in Gorleben. Grundsätzlich werden auch andere geologische Formationen als das Salz in Überlegungen, Endlager einzurichten, einbezogen. Dort ist im Moment ein theoretischer Untersuchungsbedarf, der abgearbeitet wird. Eine abschließende Beurteilung dazu kann derzeit weder zu einem Standort noch zu den Formationen gegeben werden.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302006600
Weitere Zusatzfragen dazu? - Das ist nicht der Fall. Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich bedanke mich für die Beantwortung.
Die Frage 2 des Kollegen Simon Wittmann soll schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation auf. Die Fragen wird der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Paul Laufs beantworten.
Ich rufe die Frage 3 des Kollegen Dr. Martin Mayer auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß mit der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte nicht mehr bis 1998 gewartet werden sollte, und was steht der sofortigen Freigabe alternativer Netze für private Anbieter entgegen?
Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1302006700
Herr Kollege Mayer, die Bundesregierung hat im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft bei der Europäischen Union die Entscheidung des Ministerrats zur Liberalisierung der Telekommunikationsinfrastrukturen zum 1. Januar 1998 vorangetrieben, die in der Entschließung vom 22. Dezember 1994 ihren Niederschlag gefunden hat.
Sie begrüßt diese Entschließung und wird im Einklang mit der gemeinschaftsweiten Liberalisierung der Telekommunikation zum 1. Januar 1998 auch in Deutschland das Netz- und das Telefondienstmonopol aufheben. An ein zeitliches Vorziehen dieses generellen Liberalisierungsschrittes für Deutschland wird nicht gedacht.
Für die vollständige Liberalisierung alternativer Netzinfrastrukturen bereits vor 1998 konnte auf EU-Ebene kein Konsens gefunden werden. Wir haben daher - gemeinsam mit einigen anderen Mitgliedstaaten - die Europäische Kommission aufgefordert, hierfür konkrete Vorschläge vorzulegen, die wir gemeinsam erörtern können.
Auf der Grundlage der gegenwärtig im Bundesministerium für Post und Telekommunikation zu erarbeitenden Vorstellungen zum Regulierungsrahmen der Zukunft und in Abstimmung mit dem noch neu

Parl. Staatssekretär Dr. Paul Laufs
zu konstituierenden Regulierungsrat kann jedoch die Voraussetzung geschaffen werden, für einzelne Projekte begrenzten Umfangs und noch näher zu definierender Randbedingungen Verleihungen an private Anbieter für die Zeit vor 1998 auszusprechen.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302006800
Herr Kollege Mayer, eine Zusatzfrage.

Dr. Martin Mayer (CSU):
Rede ID: ID1302006900
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß es für künftige private Netzbetreiber von entscheidender Bedeutung ist, daß sie schon jetzt organisatorische und technische Erfahrungen in bestimmten Bereichen sammeln können, und daß es letztlich auch für die Wettbewerbsfähigkeit künftiger deutscher Betreiber und für Arbeitsplätze von entscheidender Bedeutung ist, daß schon jetzt auf Teilmärkten Liberalisierungen erfolgen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1302007000
Herr Kollege Mayer, ich teile diese Auffassung. Für Markterfolge in diesem Bereich kommt es nicht nur auf die Entwicklung von technischem und anwendungsspezifischem Know-how an, sondern auch auf markt-und kostengerechte Tarife. Ich bin mit Ihnen der Auffassung, daß sich die Rahmenbedingungen nur auf Märkten, in denen Wettbewerb besteht, so entwikkeln, wie es unsere Wirtschaft braucht.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das sind Aussagen!)


Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302007100
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Martin Mayer (CSU):
Rede ID: ID1302007200
Herr Staatssekretär, teilen Sie auch meine Auffassung, daß es letztlich für die Deutsche Telekom AG, die ja ab dem 1. Januar 1998 voll dem rauhen Wind des Wettbewerbs ausgesetzt sein wird, günstiger wäre, wenn sie schon jetzt Erfahrungen mit Wettbewerbern hätte und dieser Wind des Wettbewerbs zumindest in einer kleinen Zugluft sie schon jetzt erreichte?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1302007300
Kollege Mayer, wir pflegen hier von einer kontrollierten Offensive zu sprechen, d. h. mit Augenmaß in Randbereichen der Monopole Ausnahmegenehmigungen zu erteilen und Marktöffnungen vorzunehmen, die auch für die Deutsche Telekom Aktiengesellschaft vor 1998 die Möglichkeit geben, sich für die Zeit der liberalisierten Märkte einzuüben.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Man sollte das beim Bier weiter besprechen!)


Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302007400
Kollege Klaus Barthel.

Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1302007500
Herr Staatssekretär, Sie sprachen eben von der Möglichkeit einer begrenzten Freigabe in Randbereichen. An welche Bereiche und
an welche begrenzten Vorhaben denken Sie denn dabei?

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Brieftauben!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1302007600
Es können Genehmigungen für Projekte erteilt werden, bei denen es um innovative Anwendungen geht und wo die Deutsche Telekom AG ihren Leistungspflichten nicht angemessen nachkommt. Das sind Einzelfälle. Darüber hinaus könnte ich mir vorstellen, daß wir das deutsche Genehmigungskonzept für „Corporate networks" dahin gehend erweitern, daß nicht nur geschlossene Benutzergruppen, zwischen denen dauerhafte und ständige Vertragsbeziehungen bestehen, sondern auch Benutzergruppen berücksichtigt werden, zwischen denen lediglich dauerhafte wirtschaftliche und berufliche Verbindungen bestehen.
Des weiteren ist es Aufgabe des Bundesministers für Post und Telekommunikation, im Zusammenwirken mit dem neu zu konstituierenden Regulierungsrat auf der Rechtsgrundlage des § 2 des Fernmeldeanlagengesetzes Rechtsverordnungen zu erlassen, durch die Märkte für den Wettbewerb geöffnet

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Innovative!)

und durch die Inhalt, Umfang und Verfahren der Verleihungen im einzelnen geregelt werden. Das sind Fragen, die uns im Laufe dieses Jahres beschäftigen werden.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302007700
Frau Kollegin Lieselott Blunck.

Lieselott Blunck (SPD):
Rede ID: ID1302007800
Herr Staatssekretär, darf ich Sie um eine präzise Definition des von Ihnen gebrauchten Begriffs „innovative Anwendungen" bitten, und darf ich Sie weiter darum bitten, mir zu erklären, wo Leistungsdefizite im Augenblick auftreten, so daß „Projekte begrenzten Umfanges", wie Sie wörtlich gesagt haben, ausnahmsweise genehmigt werden sollen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1302007900
Frau Kollegin Blunck, wenn wir die deutschen Märkte mit Märkten vergleichen, die bereits liberalisiert worden sind - etwa in den USA, in Großbritannien, in Schweden und in Finnland -, können wir feststellen, daß wir zwar auf der einen Seite - was unsere Industrie betrifft, was etwa die breitbandige Vermittlungstechnik angeht - Spitzenpositionen einnehmen, daß wir aber auf der anderen Seite bei der Anwendungsentwicklung einen beträchtlichen Nachholbedarf haben.
Innovationen finden dort statt, wo wir uns nicht im klassischen Kernbereich der Monopole aufhalten, insbesondere bei Anwendungen im Bereich Multimedia. Hier werden Sie im Vergleich unserer Märkte

Parl. Staatssekretär Dr. Paul Laufs
mit den ausländischen Märkten eine Fülle von Beispielen finden, wo wir - volkswirtschaftlich betrachtet - allen Anlaß haben, Märkte zu befördern und zu erschließen.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Deswegen wolltet ihr den Pfeffermann da auch installieren, um dort voranzukommen!)


Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302008000
Kollege Hans Martin Bury.

Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1302008100
Herr Staatssekretär, stimmen wir denn darin überein, daß unverzichtbare Voraussetzung für die Freigabe irgendwelcher Randbereiche vor dem 1. Januar 1998 ein Wettbewerbs- und Regulierungsmodell sein muß, um zu verhindern, daß einzelne Anbieter jetzt mit niedrigeren Standards als später, wenn lizenziert wird, am Markt agieren, so daß beispielsweise Infrastrukturverpflichtungen und ähnliches unterlaufen werden könnten, und stimmen wir darin überein, daß ein solches Wettbewerbs- und Regulierungsmodell möglichst rasch im Konsens zu entwickeln ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1302008200
Herr Kollege Bury, wir stimmen in beidem überein; einmal, daß sich alle Vorabgenehmigungen und Lizenzierungen in den Regulierungsrahmen einfügen müssen, den wir für die Zeit der liberalisierten Märkte zu schaffen haben. Wir stimmen auch darin überein, daß wir das im Konsens mit dem Regulierungsrat machen sollten.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302008300
Gibt es weitere Zusatzfragen zu Frage 3? - Das ist nicht der Fall.
Ich rufe die Frage 4, die ebenfalls der Kollege Dr. Martin Mayer gestellt hat, auf:
Trifft es zu, daß auch im Multimedia-Bereich schon heute ungenutzte Chancen liegen, und welche rechtlichen und administrativen Hindernisse müssen beseitigt werden, um moderne Anwendungen der Telekommunikation zu ermöglichen?
Ich bitte den Herrn Parlamentarischen Staatssekretär um Beantwortung.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1302008400
Herr Kollege Mayer, es trifft in der Tat zu, daß für den Wirtschaftsstandort Deutschland im Multimediabereich erhebliche Zukunftschancen zu sehen sind. Beispielsweise wird allein in der Europäischen Union bis Ende dieses Jahrhunderts eine Verdoppelung der Nachfrage nach audiovisuellen Produkten erwartet, wodurch bis zu zwei Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden können.
Bei den Wachstumspotentialen muß zwischen dem privaten Sektor, dem öffentlichen Sektor und dem Wirtschaftssektor unterschieden werden. Besonders schnell umsetzbare Chancen bestehen in der Geschäftswelt. Potentielle Anwendungen sind z. B. Telearbeit, Telekooperation oder Teleausbildung. Im
privaten Sektor werden Anwendungen wie Videoon-Demand, Pay-per-View, Teleshopping, Homebanking und andere Dienste entwickelt, deren Akzeptanz in Feldversuchen getestet wird.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Können Sie das einmal übersetzen?)

Die in Frage kommenden Kreise der Industrie und des Handels, von denen die erste Initiative ausgehen muß, haben seit einiger Zeit die Grundlagenarbeit - wie technische Forschung und Marktbeobachtung - aufgenommen. Sie stehen im ständigen Kontakt mit den staatlichen Stellen, die sorgfältig prüfen, welche flankierenden Maßnahmen rechtlicher und administrativer Art die zügige Weiterentwicklung von Multimedia begünstigen können.
Ein Teil der in Frage kommenden Rechtsmaterien fällt in den Bereich des Rundfunks und damit in die Gesetzgebungszuständigkeit der Bundesländer, z. B. die Genehmigungsverfahren der Landesmedienanstalten. Soweit der Bund betroffen ist, ist in der Regel im Zusammenwirken mit dem Bundesrat an Änderungen des Telekommunikationsrechts - hier geht es um Standardisierungsfragen, Regulierungsangelegenheiten und Wegerechte -, aber auch an andere Rechtsgebiete wie Arbeitsrecht - für Telearbeitsplätze -, bürgerliches Recht - Anpassung des Gewährleistungsrechts bei Teleshopping -, Urheberrecht und Presserecht zu denken.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302008500
Herr Kollege Mayer, bitte.

Dr. Martin Mayer (CSU):
Rede ID: ID1302008600
Teilen Sie, Herr Staatssekretär, die Auffassung, daß zu einer raschen Nutzung dieser Märkte die vorhin angesprochene Teilliberalisierung in einigen Bereichen des Telekommunikationswesens dringend notwendig ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1302008700
Ich teile diese Auffassung. Allerdings muß dies, wie gesagt, mit Augenmaß geschehen. In Verantwortung für die aus dem Bundessondervermögen hervorgegangene Deutsche Telekom AG und mit Blick auf ihren Vertrauensschutz müssen wir hier natürlich vorsichtig vorgehen. Aber es wird volkswirtschaftlich sehr sinnvoll und angezeigt sein, Anwendungsentwicklungen zu fördern und durch die Genehmigung von besonderen Projekten möglich zu machen.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302008800
Das Wort zu einer Zusatzfrage hat als nächster der Kollege Bury. - Ja, wir reden zwar über moderne Techniken, aber im Deutschen Bundestag dauert es eine Weile, bis das Mikrophon an ist.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Da hat der Präsident Beispielhaftes hinterlassen!)



Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1302008900
Es ist sehr symbolisch, daß wir der Entwicklung hier etwas hinterherhinken. In diese Richtung, Herr Staatssekretär, geht auch meine Frage: Meinen Sie nicht - da wir in diesem Bereich eine Infrastrukturverantwortung haben -, da Sie die Chancen der Multimediaentwicklung insgesamt günstig beurteilen, daß die Bundesregierung diese Entwicklung stärker fördern und forcieren müßte, insbesondere vor dem Hintergrund, daß die Regierung Clinton/Gore das Thema Data Highway zu einem vorrangigen nationalen Projekt erklärt hat, während der deutsche Bundeskanzler bei dem Thema eher an den Stau auf der Asphaltautobahn denkt?

(Brigitte Baumeister [CDU/CSU]: Das ist aber schon lange her! Lachen bei der SPD Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Er denkt es immer noch!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1302009000
Herr Kollege Bury, ich kann nicht sehen, in welchem Zusammenhang Sie diese Frage hier stellen. Es geht auf eine Initiative des Bundeskanzlers zurück, daß wir seit einigen Monaten intensive Gespräche - auch mit Bundesländern - über die Notwendigkeiten führen, die wir im Hinblick auf die Markterschließung in einem Bereich meistern müssen, der weltweit durch hohe Wachstumsraten gekennzeichnet ist. Die deutsche Volkswirtschaft kann es sich nicht leisten, im Wettbewerb mit anderen hier in einen Rückstand zu geraten.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302009100
Jetzt Frau Kollegin Blunck.

Lieselott Blunck (SPD):
Rede ID: ID1302009200
Ich will jetzt nicht danach fragen, wann all diese Techniken im Bundestag zum Tragen kommen und auch noch funktionieren. Meine Frage ist eher ernsthafter Natur. Sie haben gerade die ungeheuer großen Chancen dieser Techniken angesprochen, Herr Staatssekretär. Gibt es hier nicht auch ungeheuer große Gefahren in den Bereichen Jugendschutz, Arbeitsschutz und Verbraucherschutz, und warum hat die Bundesregierung während ihrer Präsidentschaft im Europäischen Rat nicht dafür Sorge getragen, daß hier europaweite Vorschriften eingeführt worden sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1302009300
Frau Kollegin Blunck, die gesellschaftspolitischen Aspekte sind in der Tat sehr beachtlich. Unsere Rechtsordnung geht vom mündigen Bürger aus. Es wird allerdings zu prüfen sein, in welchem Umfang wir Vorschriften des Verbraucher- und des Jugendschutzes weiter ausgestalten müssen. Daß wir dies in Europa gern harmonisiert machen werden, versteht sich von selbst.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302009400
Weitere Zusatzfragen zu diesem Geschäftsbereich werden nicht gestellt. Herr
Parlamentarischer Staatssekretär, ich bedanke mich für die Beantwortung.
Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz auf.
Die Frage 7 des Abgeordneten Wonneberger soll schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen auf.
Die Frage 8 des Kollegen Stiegler soll ebenfalls schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Die Fragen wird uns der Parlamentarische Staatssekretär Joachim Günther beantworten.
Ich rufe die Frage 21 auf, die der Kollege KlausJürgen Warnick gestellt hat:
Warum hat der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau nicht, wie mit den Bauministern der ostdeutschen Länder vereinbart, den Entwurf für ein Mietpreisüberleitungsgesetz his zum 1. Februar 1995 vorgelegt, und inwieweit ist es bei der Entscheidung über das Wann und Wie der Überleitung des ostdeutschen Wohnungsbestandes in das Vergleichsmietensystem erforderlich, die Ergebnisse der im Herbst 1995 in Ostdeutschland flächendeckend durchzuführenden Wohnungs-

Prof. Dr. Klaus Töpfer (CDU):
Rede ID: ID1302009500
„Die vorliegenden Daten zum Wohnungsbestand in den neuen Ländern sind völlig unzureichend. Sie beruhen auf lückenhaften DDR-Erhebungen aus dem Jahr 1981. Daher liegen weder verläßliche Daten zur Wohnungssituation im Osten vor, noch ist die Gesamtzahl und die regionale Verteilung der Wohnungen bekannt. Eine zielgenaue Wohnungspolitik braucht verläßliche Informationen. Die Gebäude- und Wohnungszählung wird dafür einen zentralen Baustein liefern."?
Das ist eine „flächendeckende" Frage, die hoffentlich eine nicht ganz so lange Antwort erfordert. Ich bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, um Ihre Beantwortung.

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1302009600
Herr Kollege Warnick, Sie sind sicher einverstanden, daß ich die Fragen 21 und 22 zusammen beantworte, da die Daten unmittelbar zusammenhängen. - Danke schön.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302009700
Dann rufe ich auch die Frage 22 des Abgeordneten Klaus-Jürgen Warnick auf:
Wann und mit welchen inhaltlichen Eckwerten wird nach Auffassung der Bundesregierung der Übergang in das Vergleichsmietensystem in Ostdeutschland erfolgen?

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1302009800
Herr Kollege Warnick, Ziel der Bundesregierung ist es, das Gesetz so rechtzeitig vorzulegen, daß es nach Durchführung des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens am 1. Juli 1995 wirksam werden kann.

Parl. Staatssekretär Joachim Günther
Die Bundesministerin der Justiz und der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau bereiten derzeit gemeinsam den Entwurf für ein Mietpreisüberleitungsgesetz vor. Dieser soll - so haben wir heute gemeinsam im Ausschuß vereinbart - bis zum 1. März den Ländern zur Kenntnis gegeben werden. In der Ausschußsitzung am 8. März 1995 wollen wir das beraten. Das ist heute einvernehmlich im Ausschuß beraten worden.
Das Bundesbauministerium hatte eine Untersuchung über die Mieten und die wirtschaftliche Situation der Mieter vor dem Übergang in das Vergleichsmietensystem in den neuen Ländern erstellen lassen, deren Ergebnisse in den Gesetzentwurf einbezogen bzw. dafür herangezogen werden. Diese Daten bilden eine Grundlage für die zu treffenden mietenpolitischen Entscheidungen. Unabhängig davon kann jedoch nicht auf eine Gebäude- und Wohnraumzählung verzichtet werden, da deren Ziele andere sind als die einer Mieterbefragung und weit darüber hinausgehen.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302009900
Eine Zusatzfrage.

Klaus-Jürgen Warnick (PDS):
Rede ID: ID1302010000
Ich sehe diese Frage nicht als beantwortet an. Die Frage war, warum die Vereinbarung zwischen den Bauministern, bis Ende Januar 1995 einen entsprechenden Entwurf hier vorzulegen, nicht eingehalten wurde.

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1302010100
Es lag kein gemeinsamer Entwurf der Regierungskoalition vor. Dieser wird gegenwärtig diskutiert. Erst nach Erstellung eines gemeinsamen Entwurfs können wir diesen vorlegen.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302010200
Weitere Zusatzfrage.

Klaus-Jürgen Warnick (PDS):
Rede ID: ID1302010300
Was steht aus Ihrer Sicht der Überlegung entgegen, den Übergang ins Vergleichsmietensystem in Ostdeutschland angesichts der Einkommenssituation, angesichts der ungenügenden Kenntnisse über die Wohnsituation und angesichts der fehlenden tragfähigen Konzepte zur Reformierung des Mietsystems und des Wohngeldsondergesetzes für Ost- und Westdeutschland zu verschieben und dieses durch eine Verlängerung der Zinshilfe für die sogenannten Altschulden sowie durch eine möglichst schnelle Einführung einer Kappungsgrenze für Modernisierungsumlagen zu flankieren, um größere Mieterhöhungen zu verhindern?

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1302010400
Sie haben jetzt wieder eine komplexe Frage gestellt. Es geht darum, daß wir schrittweise zu der Vergleichsmiete in Ostdeutschland übergehen wollen. Eine Verschiebung um sechs Monate bedeutet - auch darüber wurde heute im Ausschuß diskutiert - eine zusätzliche finanzielle Belastung von 1,2 Milliarden DM. Diese Summe ist weder vom Bund noch von den Wohnungsunternehmen aufzubringen. Aus diesem Grund soll zum 1. Juli 1995 der schrittweise Übergang ins Vergleichsmietensystem erfolgen, mit den bekannten Eckpunkten, die die Länder vorgegeben haben.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302010500
Weitere Zusatzfrage.

Klaus-Jürgen Warnick (PDS):
Rede ID: ID1302010600
Inwieweit wird bei der Einführung des Vergleichsmietensystems auf die Erfahrungen Westdeutschlands seit 1960 mit der schrittweisen Beendigung der Wohnungszwangwirtschaft - der sogenannte Lücke-Plan - zurückgegriffen, hier vor allem auf den Maßstab, den Übergang nur dort zu vollziehen, wo der Wohnungsfehlbestand unter 3 liegt? Ich habe das heute auch schon im Ausschuß gefragt.

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1302010700
Wir waren uns einig darüber, daß im Osten Deutschlands in den Ballungsgebieten Leizpig, Dresden und Berlin erhöhter Wohnungsbedarf vorliegt, daß dieser in den Flächenländern jedoch geringer ist. Ich glaube, daß ein Vergleich mit dem genannten Lücke-Plan hier nicht angebracht ist. Wir sollten schrittweise zu dem Vergleichsmietensystem übergehen, weil viele Bereiche bereits in einem Mietspiegel liegen, der der Vergleichsmiete sehr nahekommt.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302010800
Sie haben noch eine Frage.

Klaus-Jürgen Warnick (PDS):
Rede ID: ID1302010900
Was wird die Bundesregierung tun, um einem Ansteigen der von Obdachlosigkeit bedrohten und betroffenen Menschen
Ostdeutschlands infolge der geplanten Mietentwicklung auf Westniveau wirksam zu begegnen?

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1302011000
Wir wollen dafür sorgen, daß die leerstehenden Wohnungen im Osten Deutschlands so schnell wie möglich saniert werden. Das betrifft nach wie vor über 600 000 Wohnungen. Das wird um so leichter möglich sein, je geringer die Kappungsgrenze ist. Wenn uns das gelingt, ist ein ausreichendes Angebot auf dem Wohnungsmarkt vorhanden.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Dazu müssen Sie erst mal die offenen Vermögensfragen klären!)


Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302011100
Werden weitere Zusatzfragen aus dein Kreis des Hauses zu dieser Frage gestellt? - Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Frage 23, die der Kollege Karl-Josef Laumann gestellt hat:
Wie schätzt die Bundesregierung die Möglichkeit ein — auch nach der in der 12. Wahlperiode im Bundesrat gescheiterten Initiative des Deutschen Bundestages Windenergieanlagen nach § 35 des Baugesetzbuches zu privilegieren?
Ich bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, um Beantwortung.


Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1302011200
Herr Kollege Laumann, der Deutsche Bundestag hat auf Initiative einzelner Abgeordneter der Koalitionsfraktionen in der letzten Legislaturperiode eine bauplanungsrechtliche Erleichterung für Anlagen erneuerbarer Energien in § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch beschlossen. Diese Regelung bezog sich im wesentlichen auf Windenergieanlagen.
Wie die Bundesregierung auf die Fragen des Abgeordneten Ostertag in der Fragestunde am 26. Januar 1995 geantwortet hat, ist diese Initiative - insbesondere am Widerstand der betroffenen Küstenländer - im Vermittlungsverfahren gescheitert.
Im Zusammenhang mit dem Vermittlungsverfahren hat die Bundesregierung erklärt, sie werde eine Regelung zur Änderung des § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch in der nächsten Legislaturperiode im Rahmen der anstehenden Novelle des Baugesetzbuches erneut aufgreifen.
Die Bundesregierung verweist zugleich noch einmal darauf, daß die Gemeinden durch Bauleitplanverfahren sowie Vorhaben- und Erschließungspläne die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen schaffen können, im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung Windenergieanlagen zuzulassen. Soweit eine gemeindliche Planung nicht vorliegt, können Windenergieanlagen dann als nicht privilegierte Vorhaben im Außenbereich nach § 35 Abs. 2 Baugesetzbuch zugelassen werden, wenn sie öffentliche Belange nicht beeinträchtigen. Die jüngere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes hat dazu die Möglichkeiten aufgezeigt.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302011300
Eine Zusatzfrage.

Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1302011400
Ist der Bundesregierung bekannt, daß diese Anlagen im Außenbereich heute nur noch dann genehmigt werden, wenn wenigstens 50 % des produzierten Stroms innerhalb der Landwirtschaft verbraucht werden, und ist der Bundesregierung weiter bekannt, daß auf Grund der größeren Anlagen, die heute gebaut werden, um besser in die Rentabilität zu kommen, dies von fast keinem landwirtschaftlichen Betrieb erreicht wird?

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1302011500
Dieses Thema ist bekannt. Ich habe ausgeführt, daß dies in der Entscheidungsgewalt der Länder liegt. Wir können hieran nichts ändern. Der Bundesminister hat aber die Situation insgesamt noch einmal auf die Tagesordnung der Raumordnungsministerkonferenz am 8. März 1995 gesetzt.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302011600
Eine weitere Zusatzfrage? - Nein.
Ich rufe die Frage 24 auf, die ebenfalls der Kollege Laumann gestellt hat:
Wäre aus Sicht der Bundesregierung eine Regelung realisierbar, die eine Privilegierung von Windenergieanlagen zumindest an geeigneten Standorten im Binnenland ermöglicht?
Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1302011700
Herr Kollege, eine Privilegierung von Windenergieanlagen ausschließlich an geeigneten Standorten im Binnenland und damit außerhalb der für Windenergieanlagen geeigneten Küstenregionen erscheint gegenwärtig nicht sachgerecht.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302011800
Eine Zusatzfrage.

Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1302011900
Erstens. Glaubt die Bundesregierung, daß wir in dieser Frage so viel Zeit haben, um eine Lösung im Zusammenhang mit der großen Novelle des Baugesetzbuchs herbeizuführen - die ja, wenn ich richtig informiert bin, frühestens 1996, 1997 realisiert werden kann -, mit der Folge, daß wir also in diesen zwei, drei Jahren keine einzige Windkraftanlage genehmigt bekommen?
Zweitens. Ist der Bundesregierung bekannt, daß wir dadurch im Windenergieanlagenbau bei uns Arbeitsplätze gefährden?

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1302012000
Herr Kollege Laumann, ich habe bereits darauf hingewiesen, daß es den Ländern und den Kommunen unbenommen ist, über Bauleitplanverfahren oder Vorhaben- und Erschließungspläne solche Windenergieanlagen aufzustellen. Sie können z. B. in Sachsen am Fichtelberg schon eine komplette Windenergieanlage sehen. Das heißt, die Möglichkeiten sind vorhanden. Die Entscheidungen müssen am Ort getroffen werden.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302012100
Das waren bereits zwei Fragen. - Bitte, Herr Kollege Kubatschka.

Horst Kubatschka (SPD):
Rede ID: ID1302012200
Herr Staatssekretär, damit stimmt die Meinung des Kollegen nicht, daß zur Zeit keine Anlagen errichtet werden können? Es werden Anlagen laufend errichtet?

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1302012300
Es ist richtig, daß auch gegenwärtig Anlagen errichtet werden.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302012400
Eine weitere Zusatzfrage? - Das ist nicht der Fall.
Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Der Parlamentarische Staatssekretär Eduard Lintner steht uns zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 38 auf, die der Kollege Frank Hofmann (Volkach) gestellt hat:

Vizepräsident Hans Klein
Wie vereinbart die Bundesregierung die Schaffung einer neuen Hierarchiestufe im Bundeskriminalamt Wiesbaden mit dem Bericht des Bundesrechnungshofes vom Dezember 1981, in dem dieser mit Hinweis auf die Verlängerung von Informations- und Entscheidungswegen bereits damals erhebliche Zweifel an der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der vierstufigen Gliederung des Bundeskriminalamtes unterhalb der Amtsleitung erhoben hatte?
Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302012500
Herr Kollege Hofmann, die Antwort lautet: Vor der Neuorganisation am 1. November 1994 bestand das Bundeskriminalamt aus neun Abteilungen in Wiesbaden und einer Hauptabteilung mit drei Abteilungen in Meckenheim. Im Rahmen der Neuorganisation wurde die Anzahl der Abteilungen von insgesamt zwölf auf neun verringert und zwei Hauptabteilungsleiterfunktionen in Wiesbaden eingerichtet. Die Einrichtung dieser Funktionen hatte nicht die Schaffung einer neuen Hierarchieebene zum Ziel, sondern die Bündelung von Aufgaben und eine Entlastung von Präsident und Vizepräsident.
Die letztliche Entscheidung, die bei der sehr umfangreichen und heterogenen Aufgabenstruktur des Amtes bisher stets beim Präsidenten und Vizepräsidenten lag, ist durch die Delegation von Aufgaben und Entscheidungsbefugnissen in einer Vielzahl von Fällen auf die Hauptabteilungsleiter verlagert worden. Dadurch wird eine Beschleunigung der Entscheidung erreicht. Die Entscheidungswege werden verkürzt.
Das Zusammenwirken der Leitungsgruppe, die aus Präsident, Vizepräsident und den Hauptabteilungsleitern besteht, ist durch eine Aufgabenbeschreibung und Zuständigkeitsabgrenzung der Funktionsträger geregelt. Durch die Bündelung ähnlicher bzw. zusammengehöriger Aufgabenfelder in Hauptabteilungen, nämlich Bekämpfung der organisierten und allgemeinen Kriminalität - das ist die Abteilung OA -, Zentrale kriminalpolizeiliche Dienste und Personenerkennung - Abteilung ZD -, die Kriminaltechnik - Abteilung KT -, Polizeilicher Staatsschutz - das ist die Abteilung ST -, Schutz-und Begleitdienste - Abteilung SG -, Technische Dienste - Abteilung TD -, Zentral- und Verwaltungsaufgaben, Ausbildung und Fortbildung - Abteilung ZV -, Datenverarbeitung - Abteilung DV - und Forschung und Entwicklung - Abteilung KJ - kommt es zu einer Minimierung der Schnittstellen und zu einer Verbesserung des Informationsflusses.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302012600
Eine Zusatzfrage.

Frank Hofmann (SPD):
Rede ID: ID1302012700
Herr Staatssekretär, ist es zutreffend, daß der Bundesrechnungshof die Schaffung dieser zwei neuen Hauptabteilungen im Dezember 1994 erneut mit dem Hinweis auf die unzweckmäßige Aufblähung der Hierarchie und die damit verbundene Personal- und Infrastruktur und administrativen Kosten gerügt hat?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302012800
Herr Kollege Hofmann, derartige Einwände konnten bereinigt werden.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302012900
Zweite Zusatzfrage.

Frank Hofmann (SPD):
Rede ID: ID1302013000
Weshalb hat die Einführung der neuen Hierarchiestufe im Bundeskriminalamt keine präjudizierende Wirkung auf andere Behörden in Ihrem Geschäftsbereich?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302013100
Da müßten Sie mir schon einen Hinweis auf die andere Behörde geben. Diese organisatorische Neuordnung ist speziell auf die Bedürfnisse und Verhältnisse im Bundeskriminalamt zugeschnitten. Deshalb sehe ich die von Ihnen nur vermutete Präzedenzwirkung nicht.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist eben ein schlanker Staat bei Helmut Kohl!)


Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302013200
Ich rufe die Frage 39, die ebenfalls der Kollege Frank Hofmann (Volkach) gestellt auf, auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Fortbestands der Hauptabteilungsebene des Bundeskriminalamtes in Meckenheim, wenn große Teile der diese Hauptabteilung im wesentlichen bildenden BKA-Sicherungsgruppe mit dem Umzug der Bundesregierung nach Berlin ziehen?
Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302013300
Die Hauptabteilung in Meckenheim besteht aus den Abteilungen Polizeilicher Staatsschutz, Schutz- und Begleitdienste und Technische Dienste.
Aufgrund der Neuorganisation des BKA am 1. November 1994 wurde die bisher in Wiesbaden anhängige Abteilung Terrorismusbekämpfung aufgelöst und nach Meckenheim in die dort vorhandene Abteilung Staatsschutz integriert. Dadurch wurde die Aufgabenstellung und die Personalausstattung der neuen Abteilung Polizeilicher Staatsschutz erheblich erweitert. Durch die Zusammenlegung beider Abteilungen hat sich die Anzahl der Gruppen der neuen Abteilung Polizeilicher Staatsschutz von drei auf fünf erhöht.
Im Rahmen des Umzugs von Regierung und Parlament nach Berlin werden nicht unerhebliche Personenschutzaufgaben weiterhin in Bonn durch die Abteilung Schutz- und Begleitdienste wahrgenommen werden müssen. Auf der Grundlage der gegenwärtigen Gefährdungslage und der davon abhängigen derzeitigen Gesamtzahl von Schutzpersonen verbleiben nach momentanen Überlegungen in Meckenheim rund 40 % der Personenschutzkräfte des BKA zur Wahrnehmung der weiterhin im Raum Bonn anfallenden Personenschutzaufgaben. Die Hauptabteilungsleiterebene steht deshalb derzeit nicht zur Disposition.


Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302013400
Eine Zusatzfrage des Kollegen Dr. Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1302013500
Herr Staatssekretär, wenn das Bundeskriminalamt auf drei Standorte verteilt ist, sehen Sie darin nicht eine Gefährdung der Kommunikation untereinander mit der Folge, daß Sicherheitslücken entstehen können, wie wir es schon verschiedentlich erlebt haben?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302013600
Herr Kollege Dr. Hirsch, es bleibt abzuwarten, ob die von Ihnen genannte Gefahr, die natürlich existiert, bewältigt werden kann. Wir werden die notwendigen Vorkehrungen dazu jedenfalls ergreifen.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302013700
Weitere Wünsche nach einer Zusatzfrage sind nicht erkennbar.
Dann rufe ich Frage 40 auf, die die Kollegin Annelie Buntenbach gestellt hat:
Warum fördert die Bundesregierung 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges Zeitschriften und Publikationen des Bundes der Vertriebenen und der angeschlossenen Landsmannschaften wie ,,Deutscher Ostdienst" oder ,,Der heimatvertriebene Bauer"?
Herr Staatssekretär, ich bitte um Beantwortung.

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302013800
Frau Kollegin Buntenbach, die Antwort lautet: „Deutscher Ostdienst" ist das Presseorgan des Bundes der Vertriebenen, „Der heimatvertriebene Bauer" das des Bauernverbandes der Vertriebenen.
Die Bundesregierung fördert diese auf Bundesebene tätigen Organisationen. Als Dachverbände sind sie Ansprechpartner der Bundesregierung in allen die Vertriebenen, Flüchtlinge und Spätaussiedler betreffenden Fragen. Zur angemessenen Vertretung ihrer Interessen bedürfen sie der Unterhaltung von zentralen Verbandsorganen. Dies wäre ohne eine Förderung des Bundes nicht möglich.
Weitere als die in der Frage genannten Vertriebenenorgane fördert der Bund nicht. Ich kann Sie dazu auf die Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke und weiterer Abgeordneter der PDS betreffend die Vertriebenenzeitungen und die Förderung aus Mitteln des Bundeshaushalts, Drucksache 13/126, verweisen.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302013900
Frau Kollegin Buntenbach, eine Zusatzfrage.

Annelie Buntenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302014000
Ich wüßte gerne, wie viele Vertriebene denn durch den Bund der Vertriebenen vertreten werden?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302014100
Das kann ich Ihnen aus dem Stegreif nicht sagen. Sofern uns dazu die notwendigen Angaben vorliegen, werde ich Ihnen die Zahlen nachliefern.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302014200
Die zweite Zusatzfrage.

Annelie Buntenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302014300
Ich wüßte gerne, wie viele Deutsche nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, in der zweiten Hälfte der 40er Jahre, aus ihrer ursprünglichen Heimat vertrieben worden sind und wie viele heute noch zu der Gruppe der Vertriebenen zählen. Wenn Sie die Zahlen jetzt nicht präsent haben, wüßte ich gerne von Ihnen, ob eine Steigerung stattgefunden hat oder ob es sich heute um weniger Menschen handelt, als in der zweiten Hälfte der 40er Jahre unter dem Begriff gefaßt worden sind.

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302014400
Frau Kollegin, soweit die Zahlen dazu überhaupt vorhanden sind, bin ich gerne bereit, das zu eruieren.
Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß es sich bei der Antwort auf die Frage, ob ich mich den Vertriebenen zugehörig fühle, um eine persönliche Entscheidung handelt, die nirgends niedergelegt ist, wenn Sie diese Eigenschaft als Vertriebener nicht an der Inanspruchnahme bestimmter staatlicher Leistungen festmachen wollen.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302014500
Herr Kollege Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1302014600
Herr Staatssekretär, ich möchte ausdrücklich bestätigen, daß Ihnen niemand vorhalten sollte, daß Sie sich als Vertriebener fühlen.
Können Sie mir bestätigen - was ich neulich in Krakau gehört habe -, daß das Bundesministerium des Innern auch Zeitungen fördert, die in Polen erscheinen, und könnten Sie uns diese Zeitungen nennen?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302014700
Nennen kann ich sie Ihnen nicht, Herr Kollege Dr. Hirsch. Ich kann Ihnen aber bestätigen, daß solche Förderungen erfolgen. Im übrigen geschieht dies im Einklang mit der Vertriebenenpolitik bzw. der Unterstützungspolitik der Bundesregierung, um Aussiedler oder Vertriebene - wie immer Sie es nennen wollen - möglicherweise dazu zu bewegen, in ihren angestammten Siedlungsgebieten zu bleiben.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302014800
Kollege Fischer.

Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302014900
Herr Staatssekretär, wenn man die Kleine Anfrage sorgfältig durchliest, was ich getan habe, und Ihre Antwort, die Sie gerade der Kollegin Buntenbach gegenüber formuliert haben, zur Kenntnis nimmt, daß es sich dabei um entsprechende Organe von Organisationen handelt, die gefördert werden, frage ich Sie: Welches sind denn die Förderungskriterien? Hier wurde eine ganze Reihe von Organen

Joseph Fischer (Frankfurt)

anderer Vertriebenenverbände, die nicht Dachverbände sind, genannt, z. B. „Der Südostdeutsche" oder „Die Raute", Landsmannschaft der Deutschen aus Litauen, und ähnliches, bis 1991 gefördert, andere bis in andere Jahre hinein. Was sind die Entscheidungskriterien dafür, wann Sie fördern und wann nicht mehr?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302015000
Herr Kollege Fischer, eines der Kriterien ist, ob es für einen Verband, der eine Gruppe von Vertriebenen vertritt, notwendig ist, sich in der Form eines eigenen Organs mit seinen Mitgliedern in Verbindung setzen zu können. Ein weiteres Kriterium ist natürlich auch der zahlenmäßige Umfang des Verbandes, auch die räumliche Ausdehnung. Es gibt, nehme ich an, einen Katalog solcher Kriterien. Ich müßte veranlassen, daß sie Ihnen systematisch zusammengestellt werden, denn ich bin nicht in der Lage, sie aus dem Gedächtnis aufzuzählen.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302015100
Herr Kollege
Dr. Gerhardt.

Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP):
Rede ID: ID1302015200
Herr Staatssekretär, ich habe eine Bitte, die ich in Frageform kleide. Könnten Sie uns einfach eine Liste der Zeitungen, die entsprechend gefördert werden, mit den Redaktionsanschriften zur Verfügung stellen?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302015300
Kein Problem. Das werden wir tun.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302015400
Weitere Fragen dazu? - Bitte, Frau Kollegin.

Ursula Schönberger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302015500
Nach dem, was Sie gesagt haben: Wieso ist das Organ „Der heimatvertriebene Bauer" besonders förderungswürdig, obwohl es sich bei den Bauern um eine geringe Anzahl an Vertriebenen handeln muß?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302015600
Es handelt sich immerhin um eine Anzahl, die sich auf sämtliche Vertreibungsgebiete und sehr viele Landsmannschaften verteilt. Deshalb kann dieser Verband sehr wohl als ein Zentralverband angesehen werden, der ein Zentralorgan benötigt.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302015700
Bitte.

Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302015800
Es war vorhin von Entscheidungs- und Förderungskriterien die Rede. Ich hätte die Frage, inwieweit diese überarbeitet und angeglichen werden und was die Kriterien für eine Angleichung sind oder ob diese statisch sind? Könnten Sie vielleicht sagen,
wann das letzte Mal über diese Förderung entschieden worden ist?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302015900
Entscheidungskriterien müssen, wenn sie Sinn haben sollen, immer angepaßt und überprüft werden. Das geschieht auch. Diese Anpassungsproblematik ergibt sich laufend, und die Anpassung wird immer wieder durchgeführt, so daß ich Ihnen keinen Stillstand an irgendeinem Punkt signalisieren kann.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302016000
Frau Kollegin Vollmer.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302016100
Herr Staatssekretär, ich wüßte gerne, wie die Meinung Ihres Ministeriums zu folgender Frage von mir ist. Ich finde es schwierig, 50 Jahre danach in der Bezeichnung einer Organisation noch den Namen „Vertriebene" zu führen. Er wird sozusagen vererbt. Das heißt, es gehören Menschen dazu, die das Vertreibungsschicksal, von dem ich weiß, daß es ein sehr schweres ist und sein kann, selbst nicht mehr erlebt haben, und sie führen diese Bezeichnung im Namen ihrer Organisation immer weiter. Finden Sie nicht, daß es nach dem Ende des Kalten Krieges und auch unter den Aspekten der Zukunftsperspektiven und Versöhnung allmählich an der Zeit wäre, den Begriff „Vertriebenenverband" nicht mehr zu verwenden und diese Verbände z. B. in „Kulturvereinigungen" umzuwandeln?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302016200
Frau Kollegin Vollmer, ich hielte das, was Sie vorschlagen, für nicht ganz ehrlich. Ich selber bin - wenn ich mein Beispiel nehmen darf -1944 geboren und in einem Alter vertrieben worden, in dem ich das Ganze nicht mitbekommen habe. Ich habe deshalb persönlich keinerlei Erinnerung daran, empfinde aber doch, daß es für mein Leben enorme Konsequenzen hatte, daß damals beispielsweise meine Mutter vertrieben worden ist. Ähnlich geht es sicher vielen, die bereits in der Bundesrepublik Deutschland geboren sind, aber an den Folgen dieser Vertreibung direkt oder indirekt natürlich noch zu tragen haben.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau! Gehört dazu!)

Ich hielte es für einen Akt der historischen Unehrlichkeit, nun so zu tun, als hätte diese Vertreibung damals nicht stattgefunden, d. h. als wären die Vorfahren beispielsweise freiwillig in die Bundesrepublik gekommen.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Eine schwere Last!)


Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302016300
Weitere Zusatzfragen? - Das ist nicht der Fall.

Vizepräsident Hans Klein
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, die
Fragen 41 und 42, gestellt von den Kollegen Augustinowitz und Wittmann (Tännesberg), sollen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe Frage 43 auf, die Kollege Dr. Burkhard Hirsch gestellt hat:
Welche Bemühungen hat die Bundesregierung bislang unternommen, um — wie bei der Unterzeichnung des Rückübernahmeabkommens zugesagt — den Abschluß eines Kooperationsabkommens mit Finanzprotokoll zwischen der Europäischen Union und der Republik Kroatien zu unterstützen, und welche Aufbauhilfen der EU können realistisch erwartet werden?
Ich bitte um Beantwortung.

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302016400
Herr Kollege Dr. Hirsch, die Bundesregierung hat mehrfach die EU-Kommission eindringlich gebeten, die erforderlichen Schritte einzuleiten. Mit Genugtuung nimmt die Bundesregierung deshalb zur Kenntnis, daß die EU-Kommission nach Vorgesprächen mit Kroatien einen Musterentwurf für den Abschluß eines Kooperationsabkommens, eines Finanzprotokolls und eines Verkehrsabkommens erarbeitet hat. Die Kommission wird diesen Mandatsentwurf nunmehr offiziell dem Rat zur Beschlußfassung zuleiten. Die Bundesregierung wird alles daransetzen, daß der Rat unverzüglich der Kommission das erforderliche Mandat erteilt.
Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung unter deutscher Präsidentschaft mit Erfolg dafür eingesetzt, daß Kroatien in das europäische Wirtschaftsförderungsprogramm für mittel- und osteuropäische Staaten, PHARE, einbezogen wird. So hat der Rat auf der Grundlage eines positiven Berichts der EU-Kommission über ihre Gespräche in Zagreb vom 24. und 25. Oktober 1994 die Kommission am 31. Oktober 1994 beauftragt, unverzüglich einen formellen Vorschlag zur Einbeziehung Kroatiens in dieses PHARE-Programm zu unterbreiten. Der Entwurf einer entsprechenden Änderungsverordnung zugunsten Kroatiens ist vom Rat im Dezember 1994 bereits politisch gebilligt und an das Europäische Parlament zur Anhörung übermittelt worden. Damit ist der Weg für eine direkte Unterstützung Kroatiens durch die Europäische Union geebnet.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302016500
Eine Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1302016600
Herr Staatssekretär, ich schicke voraus, daß wir uns zu unserem Bedauern gezwungen sehen, eine Reihe von Fragen zu diesem Thema zu stellen, weil der Herr Bundesinnenminister einen ihm zugegangenen ausführlichen Reisebericht einer Gruppe der Caritas und der Dienststelle der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung nicht beantwortet hat.
Ich möchte Sie fragen: Können Sie uns sagen, wann mit einem solchen Zustandekommen eines Finanzstatutes zu rechnen ist? Denn die Entscheidung der Bundesrepublik, 60 000 Kroaten zurückzuführen, hat ja einen sehr konkreten Zeithorizont. Wann also ist mit dem Zustandekommen eines solchen Finanzstatutes zu rechnen?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302016700
Herr Kollege Dr. Hirsch, da sich dieser Vorschlag zur Zeit beim Europäischen Parlament zur Anhörung befindet und ich den Terminplan des Europäischen Parlaments in bezug auf diesen Punkt nicht kenne, kann ich Ihre Frage nicht seriös beantworten.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302016800
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1302016900
Herr Staatssekretär, soll ich daraus schließen, daß Sie mir auch nicht seriös beantworten können, um welche Summen es sich handelt, die da möglicherweise von Europäischer Union und Bundesregierung als Hilfe für die Aufnahme von 60 000 zurückzuführenden Kroaten vorgesehen sind?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302017000
Herr Kollege Dr. Hirsch, wenn ich Ihre Darlegungen richtig verstehe, dann geht es darum, ob Kroatien in ein bestehendes Wirtschaftsförderungsprogramm aufgenommen werden kann. Deshalb ist im Augenblick auch auf die Frage, bei welchen Projekten dieses Förderprogramm konkret in Anspruch genommen wird, keine Antwort möglich.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302017100
Haben Sie jetzt schon beide Fragen beantwortet?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302017200
Eine Frage steht noch aus.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302017300
Dann rufe ich die Frage 44 des Kollegen Dr. Burkhard Hirsch auf:
Teilt die Bundesregierung die Befürchtung, daß die Rückkehr von ca. 60 000 Flüchtlingen allein aus Deutschland in das schon jetzt durch die Versorgung von Flüchtlingen und Vertriebenen äußerst belastete Kroatien zu einer Verstärkung der innenpolitischen Spannungen führen und die Gefahr eines neuerlichen Krieges um die serbisch besetzten Gebiete erhöhen wird, wenn die erforderlichen Aufbauprogramme nicht verfügbar sind, und ist die Bundesregierung bereit, die Rückschiebung der Flüchtlinge bis zu dem Zeitpunkt zu verschieben, zu dem Aufbauhilfen bereitstehen?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302017400
Die Bundesregierung geht nicht davon aus, daß durch eine Rückführung kroatischer Kriegsflüchtlinge die Gefahr eines neuerlichen Krieges erhöht wird, auch wenn Kroatien keine Aufbauprogramme zur Verfügung gestellt werden. Kriegsflüchtlingen wird im Bundesgebiet vorübergehend Aufenthalt gewährt, um sie vor den spezifischen Gefahren des Krieges zu schützen. Die Bundesregierung hält es daher für nicht sachgerecht, bei Wegfall der Kriegsgefahr die Rückführung der ehemaligen

Parl. Staatssekretär Eduard Lintner
Kriegsflüchtlinge von der Gewährung von Aufbauhilfen abhängig zu machen.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302017500
Eine Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1302017600
Herr Staatssekretär, ich sage noch einmal, daß wir diese Fragen stellen müssen, weil wir vom Innenministerium keine Antwort bekommen haben. Glauben Sie denn nicht, daß sich ein Druck auf die Wiedergewinnung der von Serben eroberten Gebiete ergeben muß, wenn wir 60 000 Kroaten, die teilweise aus Gebieten stammen, die inzwischen von Serben erobert worden sind, aus der Bundesrepublik nach Kroatien zurückschicken, in eine Region, die aus eigener Kraft kaum in der Lage ist, diese Menschen einigermaßen anständig aufzunehmen?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302017700
Herr Kollege Dr. Hirsch, ich darf darauf hinweisen, daß in Kroatien meines Wissens jeweils im Sommer eines Jahres weit mehr als eine Million deutscher Urlauber Aufnahme finden, dort ohne Probleme untergebracht und zu ihrer Zufriedenheit verpflegt werden. Nach Meinung der Bundesregierung kann von einer bedrohlichen Situation, wie Sie sie geschildert haben, deshalb kaum die Rede sein.
Im übrigen bin ich schon der Meinung, daß die Bundesrepublik Deutschland die Frage, ob sie Kriegsflüchtlinge zurückführt oder nicht, nicht davon abhängig machen kann, wie dort konkret die wirtschaftliche Situation ist. Kriterium muß sein und bleiben, ob die Kriegsgefahr für die Betroffenen beendet ist oder nicht. Wir sind uns, glaube ich, einig, daß die Kriegsgefahr dort gegenwärtig nicht vorhanden ist. Wie sich die Dinge in Kroatien künftig entwickeln, bleibt abzuwarten. Das kann nicht mit letzter Sicherheit vorhergesagt werden. Gegenwärtig besteht jedenfalls eine Kriegsgefahr nicht.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302017800
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1302017900
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich muß Ihnen sagen, daß ich es als einen kaum verhüllten Zynismus empfinde, wenn man die Aufnahme von Urlaubern mit der Aufnahme von entwurzelten Leuten vergleicht, die ohne Mittel zurückgeschickt werden.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

Ich kann das überhaupt nicht akzeptieren. Deshalb frage ich Sie noch einmal: Ist es denn nicht richtig, daß die Bereitschaft Kroatiens, diese Flüchtlinge zu diesem Zeitpunkt zurückzunehmen, im Zusammenhang mit der Erwartung stand, daß ein Finanzabkommen zustande kommt, welches den Kroaten die Integration dieser rückgeführten 60 000 Menschen ermöglicht? In welchem Zustand wollen wir denn diese Leute entlassen, mit freundlichen Grüßen?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302018000
Herr Kollege Dr. Hirsch, welche
Erwartung Kroatien nun in die Haltung der Bundesregierung setzt, vermag ich mit letzter Sicherheit nicht vorauszusagen. Ich bleibe aber dabei, daß es für die Bundesregierung entscheidendes Kriterium für die Rückführung der Kriegsflüchtlinge ist, ob diese weiterhin in ihrem Heimatland der Kriegsgefahr ausgesetzt sind. Wirtschaftliche Erwägungen - das wissen Sie so gut wie ich, und deshalb weise ich die Bemerkung, daß es „zynisch" sei, entschieden zurück - spielen im Asylrecht Deutschlands keine ausschlaggebende Rolle.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302018100
Frau Kollegin Buntenbach.

Annelie Buntenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302018200
Herr Staatssekretär, Ihnen ist bekannt, daß eine Reihe von bosnischen Flüchtlingen, die in der Bundesrepublik als Kriegsflüchtlinge leben, als Fluchtmittel gleichzeitig einen kroatischen Paß haben und daß auch diese Gruppe - der von seiten Kroatiens dieser Paß gerne gegeben worden ist, weil sich darüber weitere Gebietsansprüche begründen lassen - in Gefahr steht, nach Kroatien abgeschoben zu werden, obwohl man keinesfalls, weder für die Kroaten - wie Herr Hirsch das eben gesagt hat - noch für diese Gruppe, sagen kann, daß die Kriegsgefahr gebannt sei. Würden Sie mir darin zustimmen, daß diese Abschiebungen auch eine Folge der Überlastung der Kommunen sind, die damit zusammenhängt, daß sich die Bundesregierung der versprochenen Regelung des Status der Kriegsflüchtlinge bei der Asylrechtsänderung entzogen hat und damit ihre infrastrukturelle und finanzielle Verantwortung an dieser Stelle auch in der Binnenversorgung der Kriegsflüchtlinge nicht wahrnimmt, und steht zu erwarten, daß diese Regelung endlich einmal getroffen wird?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302018300
Frau Kollegin, da kann ich Ihnen nicht zustimmen. Wenn Sie die Diskussion um den Status von Bürgerkriegsflüchtlingen verfolgt hätten, dann wüßten Sie - oder Sie wissen es und sagen es hier nur nicht -, daß die Bundesregierung sehr wohl zu diesem Institut steht, das bisher aber gescheitert ist, weil die Kosten dafür von den Ländern ausschließlich der Bundesregierung zugeschoben werden, obwohl seinerzeit bei den FKP-Verhandlungen Einigkeit darüber bestand, daß der Bund nun seinen Beitrag finanzieller Art zur Problemlösung für die Ebene der Länder geleistet hat und Nachforderungen nicht in Betracht kommen. Der Bund hat stets darauf hingewiesen, daß er dieses Institut des Bürgerkriegsflüchtlings durchaus ernst nimmt. Es ist auch erst neu geschaffen worden. Das heißt, ich bin nicht damit einverstanden, daß Sie hier eine Verantwortung des Bundes konstruieren, die nicht gegeben ist.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302018400
Frau Kollegin Schönberger.


Ursula Schönberger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302018500
Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer Antwort gesagt, daß Sie in Kroatien keine akute Kriegsgefahr und auf Grund dessen auch kein Problem darin sehen, daß die Flüchtlinge abgeschoben werden. Nun wissen wir alle, daß sich Kroatien hartnäkkig weigert, die UNO-Blauhelmsoldaten in Kroatien, in dem ehemaligen Jugoslawien, zu belassen. Sehen Sie denn nicht, daß gerade diese Haltung Kroatiens zu einem erneuten Aufflammen von Kriegshandlungen führen kann und daß es gerade jetzt der völlig falsche Zeitpunkt ist, die Flüchtlinge nach Kroatien zurückzuschicken?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302018600
Frau Kollegin, die künftige Entwicklung kann niemand sicher voraussagen. Aber im Moment ist die Lage so stabil, daß es gerechtfertigt ist, davon auszugehen, daß Kriegsflüchtlinge, die Zuflucht in Deutschland gesucht haben, weil sie der Kriegsgefahr entgehen wollten, wieder nach Kroatien zurückgebracht werden können. Ich darf noch einmal darauf hinweisen - auch wenn dieser Einwand vorhin als zynisch bezeichnet worden ist -: Es kann zur Beurteilung der dortigen Verhältnisse nicht außer acht bleiben, daß wirklich Jahr für Jahr Millionen von Urlaubern Aufnahme in Kroatien finden und bei diesem Aufenthalt zufrieden sind, also Kroatien durchaus in der Lage ist, Menschen, wenn Sie so wollen, zusätzlich aufzunehmen und zu versorgen.

(Annelie Buntenbach [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, in Hotels vielleicht! Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollen da ja auch nicht zum Militärdienst!)


Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302018700
Herr Kollege Kubatschka.

Horst Kubatschka (SPD):
Rede ID: ID1302018800
Herr Staatssekretär, da Sie jetzt noch einmal auf die Millionen Urlauber abheben, heißt das, daß Sie die Forderung Kroatiens für richtig halten, daß die Blauhelme aus Kroatien abgezogen werden?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302018900
Jetzt haben wir einen weiten Bogen geschlagen. Ich vermag zwischen meiner Aussage und dieser Frage keinen Zusammenhang zu erkennen.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302019000
Herr Kollege Dr. Wolf.

Dr. Winfried Wolf (PDS):
Rede ID: ID1302019100
Sie haben als Antwort auf die Frage vom Kollegen Hirsch gesagt, daß Sie in Kroatien keine Kriegsgefahr sähen. Sie haben auf die Fragen des SPD-Kollegen und der Kollegin vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gesagt, Sie sähen keinen Zusammenhang mit dem Abzug der UNO-Truppen. Wenn es aber stimmt, daß die UNO-Truppen aus den Gebieten abgezogen werden, gleichzeitig
aber 60 000 oder 80 000 Menschen in Gebiete zurückgeschickt werden, wo sie Ansprüche haben, dann können Sie doch nicht ernsthaft daran festhalten, daß keine akute Kriegsgefahr bestehen würde. Sie jagen diese Leute in Gebiete, wo ein neuer Krieg dabei ist zu entflammen.

(Beifall bei der PDS und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Burkhard Hirsch [F.D.P.])


Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302019200
Darf ich Sie darauf hinweisen, daß es keineswegs amtlich ist, daß die UNO-Truppen abziehen müssen und die Bundesregierung bemüht ist, deren Verbleib zu sichern. Darf ich Sie auch darauf hinweisen, daß wir bei den gegenwärtigen Abschiebeaktionen auf Grund der gegenwärtigen Situation und der voraussehbaren Entwicklung zu entscheiden haben. Diese voraussehbare Entwicklung beinhaltet nicht zwingend die von Ihnen skizzierte Entwicklung. Darf ich Sie ferner darauf hinweisen, daß es genügend Hinweise darauf gibt, daß Kroatien in der Tat in der Lage ist, eine Zahl von, wie Sie hier gesagt haben, 60 000 Flüchtlingen zurückzunehmen, ohne dadurch überlastet zu sein.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302019300
Kollege Barthel.

Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1302019400
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß die Bundesregierung verbal die Bekämpfung von Fluchtursachen zu ihrem Anliegen gemacht hat und daß Ihre Aussage im Gegensatz zu dieser verbalen Beteuerung der Bundesregierung steht?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302019500
Die Bundesregierung hat wie keine andere Regierung in der Welt in großzügiger Art und Weise Kriegsflüchtlinge gerade aus Ex-Jugoslawien aufgenommen. Sie werden hier so versorgt und untergebracht, wie es einem vergleichsweise hohen Standard entspricht. Aus diesem Grunde finde ich es nicht gerechtfertigt, daß Sie der Bundesregierung hier vorwerfen wollen, sie habe sich in diesem Zusammenhang nicht großzügigst gezeigt.
Wenn es jetzt darum geht, Flüchtlinge wieder zurückzuschicken, weil in dem Fluchtland kein Krieg mehr herrscht, so entspricht dies einer zwischen Bund und Ländern einvernehmlich getroffenen Entscheidung, nämlich Flüchtlinge abgestuft nach einem gewissen Zeitplan und nach gewissen Fallgestaltungen nach Kroatien zurückzuführen.

Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302019600
Kollege Fischer.

Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1302019700
Herr Staatssekretär, es ist wenige Wochen her, daß der UN-Generalsekretär hier war und

Joseph Fischer (Frankfurt)

Gespräche mit der Bundesregierung und den politischen Parteien geführt hat. In den Gesprächen kam zum Ausdruck - man konnte das in der Presse lesen; er hat es auch direkt gesagt -, daß die größte Besorgnis darin besteht, daß Präsident Tudjman erklärt hat, das Mandat der UN-Truppen von UNPROFOR auf kroatischem Gebiet nicht zu verlängern. Ist Ihnen die damals auch vom Bundesaußenminister und anderen Mitgliedern der Bundesregierung geäußerte Besorgnis denn nicht bekannt, daß in dieser Nichtverlängerung, d. h. im auslaufenden UNPROFOR-Mandat in Kroatien, dort gegenwärtig die größte Kriegsgefahr gesehen wird?

Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1302019800
Herr Kollege Fischer, Sie wissen so gut wie ich, daß sich die Bundesregierung bemüht, zu einer Verlängerung dieses Mandats zu kommen, und daß die Entscheidung darüber, ob das
Mandat verlängert wird oder nicht, noch keineswegs gefallen ist.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber Sie wollen schon abschieben!)


Hans Klein (CSU):
Rede ID: ID1302019900
Ich schließe die Fragestunde. Wir sind über die Zeit hinaus. - Vielen Dank, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Wir sind damit auch am Schluß unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestags auf morgen, Donnerstag, 16. Februar 1995, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.