Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Themen der heutigen Kabinettssitzung gleich sechs Punkte mitgeteilt. Ich werde sie Ihnen verlesen, möchte mir aber zu Beginn den Hinweis erlauben, daß wir für die Regierungsbefragung 35 Minuten haben. Wir können um ein paar Minuten verlängern; das geht auf Kosten der Fragestunde. Bitte achten Sie darauf, welche Punkte auf dieser Liste stehen.
Erstens. Gesetzentwurf zur Sicherung des Einsatzes von Steinkohle in der Verstromung und zur Änderung des Atomgesetzes.
Zweitens. Entwurf eines Gesetzes zur abschließenden Erfüllung der verbliebenen Aufgaben der Treuhandanstalt.
Drittens. Gesetzentwurf zur Änderung von Vorschriften über die Deutsche Bundesbank.
Viertens. Bericht über den Stand der Umsetzung von EG-Richtlinien in deutsches Recht.
Fünftens. Überprüfung von EG-Maßnahmen an Hand des Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips.
Sechstens. Berichte über einen Umzug von Parlament und Regierung im Zeitraum von 1998 bis 2000 sowie über den Sachstand der Gespräche über ein Berlin/Bonn-Gesetz.
Den einleitenden Bericht wird der Bundesminister für Wirtschaft, Dr. Günter Rexrodt, geben. Zunächst sollte natürlich zu dem gefragt werden, was der Bundesminister uns hier berichtet. Wenn Sie aber daran interessiert sind — ich könnte mir das angesichts der Besetzung des Hauses vorstellen —, daß der Punkt 6 eine besondere Rolle spielen sollte, müßten wir uns bei den vorhergehenden Punkten zeitlich einschränken.
Herr Bundesminister, ich bitte Sie, das Wort zu nehmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem
Artikelgesetz zu Kohle und Energie möchten wir im Kern die künftige Nutzung deutscher Steinkohle und Kernenergie regeln. Dieses Artikelgesetz ist das Ergebnis der nicht erfolgreich zu Ende gebrachten Energiekonsensgespräche, die sich über das Jahr 1993 erstreckt haben. Ein Ziel dieser Gespräche bestand darin, in Absprache mit den politischen Kräften und den großen gesellschaftlichen Gruppen unseres Landes zu einem Konsens über einen Energiemix zu kommen, der fossile Brennstoffe und die Kernenergie gleichermaßen einbezieht.
Aus bekannten und vielfältig diskutierten Gründen sind diese Gespräche zunächst nicht bis zu einem glücklichen Ende gebracht worden, so daß wir heute mit diesem Artikelgesetz im Kabinett unsererseits reagieren und der Notwendigkeit gerecht werden, eine Anschlußregelung für die Steinkohlenfinanzierung nach 1995 vorzulegen und dies mit bestimmten Kriterien und Anforderungen für die Nutzung der Kernenergie in der Zukunft zu verbinden. Kollege Töpfer und ich haben dieses Artikelgesetz gemeinsam entworfen und dem Kabinett vorgelegt.
Ich komme zunächst zum Steinkohlenteil. Ich möchte das aus Gründen, die Sie, Herr Präsident, angesprochen haben, bewußt kurz fassen. Wir legen zunächst noch im Rahmen des Dritten Verstromungsgesetzes, des geltenden Verstromungsgesetzes, eine Regelung für die Kohlefinanzierung für 1995 vor und setzen dabei den Kohlepfennig auf 8,5 % des Rechnungsbetrages fest. Das ist eine Erhöhung um einen Prozentpunkt, die deshalb gewählt werden muß, um das entstandene Defizit im Kohleverstromungsfonds nicht weiter anwachsen zu lassen. Dieser Kohlepfennig 1995 gilt nur in den alten Bundesländern.
Wir legen dann für das Jahr 1996 ein neues Subventionssystem in dem Sinne fest, daß Zuschußempfänger nicht mehr die EVUs sein sollen, weil dies zu Wettbewerbsverzerrungen geführt hat, sondern wir wollen dem Bergbau direkt einen Finanzplafond in 1996 in der Größenordnung von 7,5 Milliarden DM zur Verfügung stellen. Für die Jahre 1997 bis 2000 wird ein Plafond von 7 Milliarden DM fix pro Jahr festgelegt. Dieser Fonds kann und wird bedeuten, daß ein bestimmter Druck auf das Mengengerüst bei der Steinkohlenförderung entstehen wird.
17162 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993
Bundesminister Dr. Günter Rexrodt
Die Finanzierung dieses Aufkommens von 7,5 Milliarden DM und dann 7 Milliarden DM wird für 1996 noch einmal mit dem Kohlepfennig — nach den Kriterien modifiziert, die ich eben vorgetragen habe — vorgenommen. Wie das ab 1997 anzulegen ist, wissen wir noch nicht, wollen wir aber rechtzeitig bekanntgeben. Es steht dann der modifizierte Kohlepfennig im Raum versus eine noch zu strukturierende Energieabgabe.
Für den Zeitraum nach 2000, also den Zeitraum 2001 bis 2005, wollen wir den Finanzplafond weiter zurückführen. Es geht also darum, bei der Steinkohle zu einem geordneten Rückzug nicht aus der Steinkohle, sondern bei der Steinkohle zu kommen.
Ich glaube, daß wir auf Grund der Tatsache, daß die EVUs künftig Kohle zu Weltmarktpreisen weiterbeziehen können, erwarten können, daß die entsprechenden Verträge auch abgeschlossen werden und damit Planungssicherheit für den deutschen Steinkohlenbergbau entsteht. Das ist der Kohleteil.
Zum atomrechtlichen Teil will ich nur so viel sagen, daß wir mit der Änderung der atomrechtlichen Vorschriften die Voraussetzungen dafür schaffen, daß die Zulassung künftiger Kernkraftwerke und zugleich die Grundlage für die kontinuierliche technologische Weiterentwicklung der Kernenergienutzung festgelegt wird.
Wir sagen in der Begründung des Artikelgesetzes weiter, daß wir es mit der Sanierung der Braunkohlealtlasten in den neuen Bundesländern ernst meinen, daß wir nach 1997 ebenfalls Mittel in Zusammenarbeit mit den neuen Ländern für die Sanierung der Altlasten bereitstellen werden. Darüber ist grundsätzliches Einvernehmen herbeigeführt worden. Wir sagen in der Begründung weiter, daß wir mit den Energieversorgungsunternehmen darüber sprechen werden, wie Mittel für Energieeinsparung und für die Nutzung regenerativer Energien aus deren Fonds bereitgestellt werden können.
Danke, Herr Bundesminister.
Die erste Frage zu diesem Themenbereich will der Kollege Volker Jung stellen.
Herr Bundeswirtschaftsminister, die Bundesregierung hat vor genau 14 Tagen ein Eckpunktepapier verabschiedet, das die von Ihnen skizzierte Finanzierungsregelung für die Steinkohleverstromung im wesentlichen schon beinhaltete. Aber es hat in der Zwischenzeit offensichtlich eine gravierende Änderung gegeben, nämlich die, daß nach dem Jahre 2000 der Finanzplafond zurückgeführt werden soll, d. h. degressiv gestaltet werden soll.
Meine Frage an Sie: Glauben Sie, daß Sie mit so einem degressiv gestalteten Finanzplafond die in der Kohlerunde 1991 vereinbarten 35 Millionen Jahrestonnen Steinkohleverstromung halten können? Ich gehe davon aus, daß das bei unveränderten Preisrelationen nicht möglich sein wird.
Herr Kollege Jung, bitte stellen Sie nur Fragen. Wenn jeder ein Zusatzreferat hält, kommen wir heute überhaupt nicht durch.
Das ist kein Zusatzreferat, sondern konkretisiert die Frage.
Ich möchte zusätzlich fragen, ob Sie nicht mit mir befürchten, daß das zu einem Auslaufen des deutschen Steinkohlebergbaus führt, und ich möchte gerne wissen, ob Sie weiterhin der Meinung sind, daß damit die Vereinbarungen der Kohlerunde 1991 eingehalten sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Jung, unsere Überlegungen und Vorschläge beruhen auf der Kohlerunde 1991 und der Tatsache, daß Veränderungen in unseren finanziellen Verhandlungsspielräumen entstanden sind, denen wir uns nicht verschließen können, und daß nicht nur in der Koalition, sondern auch seitens der Öffentlichkeit große Vorbehalte hinsichtlich der Finanzierung jeder Tonne Steinkohle mit 200 DM laut geworden sind. Deshalb haben wir gesagt — und das ist, wie wir meinen, verantwortlich —: Wir geben den Unternehmen mehr unternehmerische Spielräume; wir garantieren nicht mehr bestimmte Mengen um jeden Preis, sondern wir geben hohe Summen, und mit diesen hohen Summen müssen die Unternehmen arbeiten und können dann ihre Mengengerüste entsprechend einstellen.
Wenn wir ab 2001 degressiv fahren, dann wird das sicherlich dazu führen können, daß möglicherweise die Mengen stärker zurückgehen. Aber weder die Bundesregierung noch die Koalition beabsichtigen, die Finanzierung so anzulegen, daß ein Ende der Steinkohleförderung ins Haus steht. Wir wollen den Unternehmen die Handlungsspielräume geben, um dies so zu gestalten, daß das gleichermaßen den Erfordernissen der Regionen und der Mitarbeiter wie auch den finanziellen Spielräumen Rechnung trägt, die wir haben. Ein Auslaufen der Steinkohle in Richtung Null oder auf Null ist unserer Meinung nach nicht zu erwarten.
Die nächste Frage will der Kollege Klaus Harries stellen.
Ich bitte noch einmal — ich mache das ja hier nicht zum Spaß —, damit wir auch dem anderen wichtigen Thema noch ein bißchen Raum geben können, die Fragen kurz zu formulieren. Dann hat auch die Regierung die Möglichkeit, kurz zu antworten.
Bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Darf ich zu diesem Komplex eine Frage an den Bundesumweltminister richten?
Sicher.
Herr Bundesumweltminister, sehen auch Sie in der vorgesehenen Novellierung des Atomgesetzes im Rahmen des Artikelgesetzes eine Grundlage dafür, die für meine Begriffe dringend notwendige Fortsetzung von Energiekonsensgesprächen zu erleichtern?
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993 17163
Bitte, Herr Kollege Töpfer.
Herr Kollege Harries, es ist in der Tat das Ziel der Bundesregierung, mit diesem Artikelgesetz die, wie wir meinen, dringend notwendigen Energiekonsensgespräche weiter offenzuhalten und so bald als möglich zu einem Abschluß zu bringen. Das, was wir hier als Änderung vorgesehen haben, also die Frage der direkten Endlagerung und die Anforderungen an eine künftige Generation von Kernkraftwerken, gibt dafür deutliche Signale. Ich hoffe sehr, daß wir in den Erörterungen in Bundestag und Bundesrat wiederum die Möglichkeit haben, die Gespräche zu einem Energiekonsens unter Einschluß der Kernenergie und mit einer gesicherten deutschen Steinkohle voranzubringen.
Kollege Holger Bartsch.
Ich habe eine Frage an den Herrn Bundeswirtschaftsminister.
Herr Bundeswirtschaftsminister, wenn ich das recht verstanden habe, wird mit dem geplanten Vierten Verstromungsgesetz ab 1996 quasi der Kohlepfennig auf die ostdeutschen Länder ausgedehnt. Das würde, soweit ich das überblicken kann, sicherlich zu einer erheblichen Verteuerung des Strompreises in den ostdeutschen Ländern führen. Meine Frage geht dahin: Welche Gespräche hat es dazu mit den ostdeutschen Ländern gegeben, und wie stellen sich die neuen Bundesländer zu dieser Absicht der Bundesregierung?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, wir haben zu diesem Thema auf verschiedenen Ebenen mit den Wirtschaftsministerien und Wirtschaftsministern der ostdeutschen Länder intensive Gespräche geführt. Wir sehen das Problem. Eine sehr einfache Lösung hätte darin bestanden, daß wir die Erhebung des Kohlepfennigs für die neuen Länder aussetzen, nicht mit ins Auge fassen. Dies ist sehr intensiv geprüft worden. Es ist aus verfassungsrechtlichen Gründen unmöglich. Das ist nicht nur die Auffassung des Wirtschaftsministers, sondern auch der Verfassungsressorts. Wir haben dies sehr intensiv geprüft.
Um der nicht auszuschließenden Steigerung der Strompreise in Ostdeutschland, die ja ohnehin im Schnitt etwas höher liegen als im Westen, entgegenzuwirken, hat das Kabinett vor einer Stunde beschlossen, daß die Bundesregierung Vorschläge erarbeiten wird, wie wir dieser zu befürchtenden Entwicklung entgegentreten können. Es gibt da verschiedene Möglichkeiten und Maßnahmen. Eine Maßnahme besteht bereits darin, daß der Kohlepfennig entsprechend dem Strompreisniveau differenziert wird, so daß die Anhebungen, die im Osten stattfinden, im Schnitt geringer sein werden als im Westen.
Darüber hinaus wollen wir entsprechende Maßnahmen, die betriebswirtschaftliches Handeln erforderlich machen, in den einzelnen Regionen und bei einzelnen Unternehmen ins Auge fassen. Dazu werden wir Vorschläge unterbreiten.
Danke, Herr Bundeswirtschaftsminister.
Ich gehe jetzt zum Themenbereich 2 über: Entwurf eines Gesetzes zur abschließenden Erfüllung der verbliebenen Aufgaben der Treuhandanstalt. Dazu liegen mir sieben Wortmeldungen vor. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen sehr herzlich, ganz kurze Fragen zu stellen, und bitte, auch die entsprechenden Antworten kurz zu halten, damit wir noch eine Chance haben, Punkt 6 zu behandeln, wenn wir auf die anderen Punkte verzichten können.
Die erste Frage möchte der Kollege Manfred Hampel stellen.
Herr Staatssekretär, nach dem vorliegenden Gesetzentwurf besteht die Gefahr, daß sich die Kontrolle des Parlaments lediglich auf eine Budgetkontrolle beschränkt. Wie wird gewährleistet, daß die Mitwirkungs- und Kontrollrechte des Parlaments auch künftig wahrgenommen werden können? Erste Anzeichen sprechen nämlich schon dafür, daß diese von den Nachfolgeeinrichtungen der Treuhand, die geschaffen werden bzw. schon als Treuhandeinrichtungen geschaffen worden sind, nicht wahrgenommen werden können.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär Echternach.
Herr Kollege, die Bundesregierung ist bereit, im Rahmen des gesetzgeberischen Verfahrens mit dem Parlament auch darüber zu sprechen, ob die Übertragung auf noch zu gründende neue Gesellschaften, wie vorgesehen, im Wege einer Rechtsverordnung oder möglicherweise auch in anderer Weise vorgenommen werden kann.
Ich glaube, vor allem darauf zielt Ihre kritische Frage.
Zweite Frage, Kollege Dr. Uwe Küster.
Herr Staatssekretär, es ist bisher immer noch unklar, ob die Nachfolgeregelung der Treuhand eine aktive Rolle in der Arbeitsmarktpolitik zuläßt. Will die Bundesregierung diese Dinge in der Nachfolgeregelung wegfallen lassen, oder wie stellt sie sich eine aktive Arbeitsmarktpolitik im Rahmen der Treuhand vor?
Herr Kollege, sicher werden keine laufenden Maßnahmen unterbrochen. Auf der anderen Seite aber müssen natürlich künftige, neue Maßnahmen mit den haushaltspolitischen Möglichkeiten, die der Bund hat, abgestimmt werden.
Herr Kollege Dr. Hermann Pohler.
Herr Staatssekretär, eine Frage zur Umgestaltung der Treuhand. Der Auslauf ist ja im Jahre 1994 vorgesehen. Jetzt wird, lauter oder leiser, über neue Formen der Treuhand nachgedacht. Wie wird abgesichert und wird überhaupt abgesichert, daß von seiten der Treuhand nicht
17164 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993
Dr. Hermann Pohler
schon fertige Strukturen geschaffen werden, ehe durch das Parlament eine Entscheidung gefallen ist? Es deutet sich nämlich an, daß die Treuhand — ich möchte das einmal so sagen — bestrebt ist, AB-Maßnahmen innerhalb der Treuhand zu vollziehen. Das ist ja wohl nicht Sinn der Übung.
Herr Kollege Pohler, wir haben mit diesem Gesetzentwurf nur einen sehr lockeren Rahmen geschaffen, der im wesentlichen vorsieht, daß Aufgaben überhaupt auf einzelne Gesellschaften übertragen werden können, daß die neue Finanzierung sichergestellt wird und daß eine bestimmte organisatorische Straffung vorgesehen wird. Ansonsten sind viele der Maßnahmen, die für die Treuhand nach 1994 vorgesehen sind, gar nicht Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens, in dem Zusammenhang aber natürlich mit zu diskutieren.
Wir haben hier schon einmal im Oktober in einer Regierungsbefragung über die Eckwerte gesprochen, die die Bundesregierung im Oktober beschlossen hat. Im Rahmen dieser Eckwerte ist vorgesehen, daß soweit wie möglich dezentralisiert und auf Private übertragen werden soll.
Nun hat der Haushaltsausschuß vor wenigen Tagen — am 2. Dezember — beschlossen, daß ihm bis Ende Januar 1994 vorgelegt werden soll — so heißt es im Beschluß —
em Bericht zum Konzept für die Auslagerung von Aufgaben der Treuhandanstalt auf funktionale Beteiligungsgesellschaften mit Darstellung der Wirtschaftlichkeit dieser Organisationsform und wie die haushaltsmäßigen Kontrollrechte des Parlaments gesichert werden. Dabei erwartet der Ausschuß, daß vor Behandlung dieses Berichts im Haushaltsausschuß keine weiteren funktionalen Beteiligungsgesellschaften gegründet werden. Dies gilt insbesondere auch für die Auslagerung des Vertragsmanagements.
In diesem Sinne haben wir die Treuhand angewiesen, keine vollendeten Tatsachen zu schaffen, sondern diese Meinungsbildung im Parlament abzuwarten. Wir werden auch von dieser Meinungsbildung im Parlament im Zusammenwirken mit dem Treuhandausschuß und dem Haushaltsausschuß unsere Entscheidung davon abhängig machen, wieweit wir überhaupt eine Einwilligung geben, die nach § 65 der Bundeshaushaltsordnung notwendig ist, zur Gründung und Auslagerung von neuen Gesellschaften, auf die dann Aufgaben der Treuhand übertragen werden können.
Frau Kollegin Renate Jäger.
Sehr geehrter Herr Echternach, es liegt im Bestreben des Treuhandausschusses, daß die neuen Bundesländer angemessen und verfassungsrechtlich beteiligt werden. Inwieweit gibt es Absprachen dazu mit den ostdeutschen Bundesländern, und sind diesbezüglich Veränderungen am Gesetzentwurf vorgesehen?
Wir sind darüber mit den neuen Ländern im Gespräch. Diese Gespräche werden fortgesetzt. Ich gehe davon aus, daß dies ein wichtiges Thema im Rahmen der parlamentarischen Beratung des Gesetzentwurfs sein wird.
Kollege Hinrich Kuessner.
Herr Staatssekretär, im Treuhanduntersuchungsausschuß haben der Vizepräsident des Bundesrechnungshofes, Herr Heuer, und der Leiter der Revision, der Treuhand, Herr Schneiders, berichtet, daß die Kontrolle der BWG bisher nicht geregelt ist, also die Kontrolle durch den Bundesrechnungshof und durch die Innenrevision. Hat die Bundesregierung inzwischen Vorkehrungen getroffen, daß dies bei den neu zu bildenden Einrichtungen und bei der BWG geregelt wird?
Ich gehe davon aus, daß sich dies nach dem Haushaltsrecht richtet, und dieses sieht ja bei Beteiligungsgesellschaften des Bundes ein solches Kontrollrecht des Bundesrechnungshofes
VOL
Kollege Arnulf Kriedner.
Herr Staatssekretär, Sie haben von einem lockeren Rahmen gesprochen, den dieses Gesetz in der Tat darstellt. Ist die Bundesregierung, um die Ausfüllung des Rahmens im Rahmen der gesetzlichen Beratung zu gewährleisten, bereit, gegebenenfalls auch externen Sachverstand — ich sage einmal: in Form eines Gutachtens — beizuziehen, um, von den betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten der Treuhandnachfolge ausgehend, bessere Ergebnisse zu erzielen, als jetzt zum Teil vorgedacht worden sind?
Herr Kollege Kriedner, das ist sicherlich ein interessanter Hinweis. Wir werden prüfen, inwieweit dies möglich ist, ohne gleichzeitig das Ziel zu gefährden, nämlich möglichst bald auch für die Mitarbeiter, die hier betroffen sind, Klarheit zu schaffen über die künftigen Strukturen und die künftigen Aufgaben der Treuhand nach 1994.
Frau Kollegin Renate Rennebach.
Herr Staatssekretär, der Presse konnte ich entnehmen, daß der CDU/CSU-Obmann im Treuhandausschuß — offensichtlich zu Recht — befürchtet, daß das Vertragscontrolling auch ohne Gesetzesvorlage — abgesehen von den Antworten, die Sie bisher gegeben haben — ab 1. Januar 1994 privatisiert werden soll, ebenso auch andere Abteilungen. Trifft das zu?
Ich habe ja vorhin schon gesagt, daß wir nach dem Beschluß des Haushaltsausschusses vom 2. Dezember 1993 die Treuhand aus-
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993 17165
Parl. Staatssekretär Jürgen Echternach
drücklich angewiesen haben, nichts zu tun, was die Entscheidung des Haushaltsausschusses des Parlaments präjudizieren könnte. Insofern haben wir auch keine Einwilligung zur Gründung derartiger Gesellschaften gegeben.
Den Hintergrund dieser Überlegung zur Gesellschaftsgründung habe ich auch deutlich gemacht, nämlich zu dezentralisieren und gleichzeitig auch hier in möglichst umfangreichem Maße Private einzuschalten. Aber wir sind noch offen, was die endgültige Einwilligung des Bundesfinanzministeriums angeht, und warten dazu die parlamentarischen Beratungen ab.
Professor Dr. Nils Diederich.
Das ist wirklich ein Kastrationsinstrument. Man kann seine ganze Leidenschaft nicht loswerden, Herr Präsident, weil man immer warten muß, bis diese rote Lampe aufhört zu blinken.
Ein mir wohlvertrauter Vorgang.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ist Ihnen der Kommentar der „Süddeutschen Zeitung" unter der Rubrik „Das Thema des Tages " von heute bekannt, in dem über die Manager der Treuhandgesellschaft geschrieben wird:
Jeder versucht, seinen Arbeitsplatz zu retten und einen der begehrten Jobs in den Nachfolgegesellschaften zu ergattern. Die Reform der Treuhandanstalt läuft Gefahr, ein Riesen-Bluff zu werden.
Darf ich Sie in diesem Zusammenhang fragen, welche Vorkehrungen die Bundesregierung in ihrem Entwurf trifft, um die Aufgaben, die noch übrigbleiben, zeitlich sehr streng zu begrenzen und so die Endlichkeit der Nachfolgegesellschaft der Treuhand klarzumachen?
Herr Kollege Diederich, darüber werden wir uns im einzelnen im Haushaltsausschuß genauso wie im Treuhandausschuß zu unterhalten haben. Ich möchte aber doch diesen pauschalen Vorwurf zurückweisen. Jüngst hat die Präsidentin der Treuhandanstalt im Gespräch mit dem Vorsitzenden und den Obleuten des Haushaltsausschusses deutlich gemacht, daß es ihr nicht um die Verlängerung irgendeines Jobs für die Zeit nach 1994 geht. Sie hat vielmehr deutlich gemacht: Sie selbst scheidet aus. Es geht also nicht darum, daß die Präsidentin der Treuhandanstalt persönlich ihre Tätigkeit ausdehnen will.
Es geht darum, wie wir verantwortungsbewußt mit den Aufgaben umgehen, die auch nach 1994 bleiben. Das Vertragsmanagement muß angesichts der 47 000 Privatisierungsfälle, die vorliegen, gewährleistet werden. Es muß gleichzeitig gewährleistet werden, daß die hoheitlichen Aufgaben, die bei der Treuhandanstalt liegen, auch nach 1994 ausgeübt werden. Es muß sichergestellt werden, daß die Erfüllung der Aufgaben, die im Bereich der Privatisierung bleiben — Sie wissen, wir werden auch nach 1994 mit einigen Management-KGs und vermutlich mit einigen Großbetrieben zu tun haben —, ordnungsgemäß fortgesetzt wird.
Es entspricht dem Verantwortungsbewußtsein der Präsidentin der Treuhandanstalt, daß sie rechtzeitig versucht, dafür Vorsorge zu treffen.
Die Bundesregierung hat mit der Vorlage des Gesetzentwurfes dafür ihrerseits den Rahmen geliefert. Es ist nun Sache des Deutschen Bundestages, zu entscheiden, wie die künftige Organisation aussehen soll.
Danke, Herr Parlamentarischer Staatssekretär. Danke auch den Kolleginnen und Kollegen für die Kürze ihrer Fragen. Ich bitte um Verständnis bei denjenigen, deren Zusatzfragen ich nicht zugelassen habe.
Mir liegen jetzt acht Fragen zum sechsten Punkt, dem Berlin-Umzug, vor.
— Herr Seifert, damit bringen Sie jetzt natürlich alles ins Wanken. Bitte schön.
Ich möchte zum Punkt 6 eine Frage stellen.
Darm ist das in Ordnung.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Lintner, steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Eine erste Frage will der Kollege Jochen Feilcke stellen. Wenn es geht, halten Sie sich bitte so kurz wie die Kollegen vor Ihnen. Dann kommen wir einigermaßen durch.
Herr Staatssekretär, gegebenenfalls Herr Minister Bohl, der Bundeskanzler hat angekündigt, er werde 1994 seine Amtsgeschäfte verstärkt in Berlin wahrnehmen. Wie ist der Stand der Konkretisierung? Wie viele Mitarbeiter werden ihn bei der Arbeit dort unterstützen? Wie steht es mit der Villa Borsig? Wie wird die Außenstelle im Stadthaus genutzt?
Herr Präsident, ich gehe davon aus, daß bei der Regierungsbefragung insbesondere
17166 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993
Parl. Staatssekretär Eduard Lintner
jene Sachverhalte zur Diskussion stehen, die im Kabinett am Vormittag erörtert worden sind.
Verzeihung, der Staatssekretär hat recht.
Die allgemeinen Fragen können nach dem Bericht über die Themen der Kabinettsitzung gestellt werden, nicht jetzt.
Deshalb bitte ich um Verständnis dafür, daß ich Fragen nach Details wie Villa Borsig usw. aus dem Stegreif nicht beantworten kann.
Ich kann Ihnen aber sagen, daß der Bericht davon ausgeht, daß der Umzug 1998 beginnt und im Jahre 2000 abgeschlossen ist. Insofern sind feste, markante Zeitpunkte und ein bestimmter Zeitraum genannt. Danach kann auch geplant und organisiert werden.
Kollege Peter Conradi.
Nachdem die Bundesregierung jetzt schon sechs Monate an den Kostenschätzungen für die Neubauten arbeitet, die ein freiberufliches Büro in vier Wochen erledigen würde, frage ich Sie: Wann bekommt das Parlament endlich diese Kostenschätzungen, und trifft es zu, daß diese Kostenschätzungen endgültig von einer „Elefantenrunde" aus Bundeskanzler, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und anderen Bauexperten abgesegnet werden sollen?
Herr Kollege Conradi, Sie beanspruchen ja immer sehr sorgfältige Arbeit von der Bundesregierung und wollen insbesondere Kostenschätzungen haben, die Ihren kritischen Nachfragen auch standhalten. Dazu brauchen wir jetzt noch eine abschließende Runde der Partei- und Fraktionsvorsitzenden unter Einschluß der Region Bonn sowie der Länder Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Berlin.
Diese Runde ist für den 14. Januar 1994 terminiert. Ich gehe davon aus, daß Sie nach diesem Datum die von Ihnen erbetenen Kostenangaben auch erhalten können.
Kollege Ortwin Lowack.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bewußt, daß mehrere Kollegen des Deutschen Bundestages gegen Entscheidungen des Kabinetts Verfassungsbeschwerde eingelegt haben, über die auch deshalb noch nicht entschieden
wurde, weil der Deutsche Bundestag schriftsätzlich noch bis Dezember Stellung nehmen wollte, und daß das Verfassungsgericht in einer vorläufigen Entscheidung die Bundesregierung aufgefordert hat, keine unwiderruflichen Maßnahmen zu treffen?
Herr Kollege Lowack, die Bundesregierung ist noch im Stadium der Untersuchung der Umzugskosten und hat insoweit die von Ihnen angemahnten endgültigen Maßnahmen auch noch nicht getroffen. Wir sehen uns also in Übereinstimmung mit dem, was das Bundesverfassungsgericht geäußert hat.
Kollege Dietmar Kansy.
Herr Staatssekretär, auf die Antwort an den Kollegen Conradi Bezug nehmend, daß sich die „Elefantenrunde" am 14. Januar damit befassen wird, ist doch wohl davon auszugehen, daß sich das Kabinett ohne die geladenen Gäste wahrscheinlich zu einem Zeitpunkt davor schon einmal mit den Kosten auseinandersetzt.
Ist dieser Zeitpunkt auch schon bekannt?
Herr Kollege Kansy, ob das Kabinett noch dazu kommt, sich damit zu befassen — —
Ich höre gerade, am 13. Januar, am Tag zuvor ist das ohnehin vorgesehen. Sie gehen also recht in Ihrer Annahme.
Peter Kittelmann, bitte.
Herr Bundesminister Bohl, können Sie uns nach der heutigen Kabinettsitzung mit Optimismus sagen, ob der Zeitplan, den sich die Bundesregierung gesetzt hat — frühestens 1998, spätestens 2000 —, und die damit verbundene Kostenanalyse, Berlin/Bonn-Gesetz und vieles andere so sicher sind, daß wir beruhigt in die Weihnachtsferien fahren können?
Herr Kollege Kittelmann, Herr Bundesminister Bohl hat mich gebeten, für ihn mitzuantworten. — Es war gerade Gegenstand der Untersuchungen, die unter Federführung des Bundesinnenministeriums durchgeführt worden sind, also des Arbeitsstabes, zu klären, ob diese Zeiträume realistisch sind und eingehalten werden können.
Ich kann Ihnen mitteilen: Das Ergebnis dieser Untersuchungen ist, daß das im wesentlichen der Fall sein wird. Es gibt einige wenige Teile von Neubauten, die möglicherweise zu diesem Zeitpunkt noch nicht völlig erstellt sind. Was da noch übrigbleibt, ist aber so unerheblich, daß von einer echten Beeinträchtigung der Arbeit des Parlaments oder der Regierung dann nicht mehr gesprochen werden kann.
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993 17167
Kollege Dr. Klaus Röhl.
Herr Staatssekretär, in den Art. 64 und 65 des Grundgesetzes werden Ernennung und Entlassung der Bundesminister und die Befugnisse der Bundesregierung geregelt. Dort wird auch gesagt, daß der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik bestimmt
und daß innerhalb dieser Richtlinien —
die Bundesminister in ihrem Geschäftsbereich selbständig unter eigener Verantwortung arbeiten.
— Hören Sie erst einmal zu!
Ich frage Sie: Wie vereinbart es sich mit dem Grundgesetz, daß im Berlin/Bonn-Gesetz schon Organisationsformen und Sitze von Ministerien festgelegt werden?
Herr Kollege, wir haben ein Verfahren gefunden, wie diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen Rechnung getragen werden kann. Dieser Gesetzentwurf ist ja in enger Übereinstimmung und in gemeinsamer Arbeit mit dem Deutschen Bundestag erarbeitet worden. Es ist abgesprochen und vorgesehen, daß er als interfraktioneller Entwurf eingebracht wird. Insoweit sind die von Ihnen befürchteten Verstöße vermieden worden.
Frau Kollegin Siegrun Klemmer.
Herr Staatssekretär, können Sie heute, auch wenn das Kabinett darüber keinen Beschluß gefaßt hat, vielleicht etwas dazu sagen, warum der Arbeitsstab, der für die Durchführung und die Abwicklung des Umzuges vorgesehen ist, noch immer seine Arbeit nicht dort durchführt, wo er sie durchführen müßte, nämlich in Berlin? Wann gedenkt Ihr Ministerium, das ja die Federführung bei diesem ganzen Komplex hat, endlich von seiner Kompetenz Gebrauch zu machen und dafür Sorge zu tragen, daß dieser Arbeitsstab in Berlin seine Arbeit leisten wird?
Frau Kollegin, dieser Arbeitsstab
ist natürlich auch außerhalb Berlins arbeitsfähig, wie sich erwiesen hat.
Daß er sich von den Örtlichkeiten ein Bild gemacht hat, steht ja fest und ist bekannt. Insofern ist das von Ihnen angemahnte Verhalten, nämlich an einem ganz bestimmten Ort zu tagen, nicht erforderlich.
Kollege Professor Dr. Nils Diederich.
Dr. Nils Diederich (SPD) (nach der für die Freischaltung des Mikrophons erforderlichen kurzen Verzögerung): Die Mikrophonanlage können wir uns an den Hut stecken. Ihre Handhabung kostet mehr Zeit, Herr Präsident, als unsere zugegebenermaßen langen Fragen.
Ist Ihnen bekannt, daß in Vorbereitung des Umzugs in Berlin eine Entwicklungsgesellschaft gegründet wird, an der sich die Bundesregierung beteiligt?
Eine weitere Frage: Wann wird die Bundesregierung die entsprechende Vorlage, die eigentlich nach meiner Information schon längst vorlagereif ist, dem Haushaltsausschuß erneut vorlegen? Kann ich davon ausgehen, daß das noch in diesem Jahre geschieht?
Sie können davon ausgehen, daß das nach Abschluß des Berichtes, der vorgelegt werden soll, geschehen wird.
Kollege Dr. Ilja Seifert.
Herr Staatssekretär, nachdem die ganze Zeit über viel Geld geredet wurde, möchte ich gern wissen, ob sich die Regierung heute auch damit befaßt hat, wie sie den parlamentarischen Vertretungen der Stadtbezirke von Berlin stärkere Mitspracherechte bei der Standortvergabe usw. einräumen kann, und ob zur Kompensation von Nachteilen für die Berliner Bevölkerung auch so etwas wie ein Sozialplan für die Berlinerinnen und Berliner, die dort eventuell verdrängt werden, vorgesehen ist und, wenn ja, wie er aussieht.
17168 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993
Damit hat sich das Kabinett heute nicht befaßt, sondern es hat sich nur mit dem Bericht befaßt. Im übrigen ist ja sichergestellt, daß bei der Erörterung der jeweils erforderlichen Maßnahmen die Regionen und damit auch die Vertretungskörperschaften der jeweiligen Regionen nach Maßgabe der dortigen rechtlichen Verhältnisse beteiligt werden.
Kollege Dr. Franz Möller.
Herr Staatssekretär, was wird die Bundesregierung unternehmen, damit die Teilnehmer an dem nationalen Gipfeltreffen am 14. Januar 1994 einsehen, daß die Verabschiedung des Bonn/Berlin-Gesetzes nur möglich ist, wenn die Gesamtkosten des Umzuges seriös berechnet sind und der notwendige Ausgleich für die Region Bonn auch konkret und finanziell gefestigt ist?
Herr Kollege Dr. Möller, welche Kosten zu berücksichtigen sind, ist ja bereits festgelegt. Darüber, glaube ich, gibt es von der Struktur her auch keine so großen Differenzen, über die Höhe möglicherweise sehr wohl. Selbstverständlich werden beide Teile des seinerzeitigen Bundestagsbeschlusses beachtet. Das heißt, es wird auch zu Ausgleichsmaßnahmen in der Region Bonn kommen. In welcher Höhe sie berechtigt sind, soll eben bei diesem — wie Sie es genannt haben — nationalen Gipfel ermittelt werden. Deshalb kann ich dazu im Moment nur sagen, daß die Bundesregierung natürlich bemüht ist, dem gerecht zu werden, was in diesem Zusammenhang berechtigterweise gefordert wird. Aber Zahlen kann ich nicht nennen.
Frau Kollegin Editha Limbach.
Ich bitte um Entschuldigung. Es dauert mit dem Mikrophon offenbar etwas länger.
— Nein, das ist, wenn schon, typisch Weltfirma und Standort Deutschland.
Ich habe die Frage, ob in der Kabinettsitzung im Zusammenhang mit dem Bonn/Berlin-Gesetz und den übrigen Umzugsmaßnahmen auch darüber gesprochen worden ist, was die Bundesregierung tun wird, um die im Bundestagsbeschluß von 1991 für Bonn vorgesehenen internationalen und europäischen Organisationen als Ausgleich nach Bonn zu bekommen.
Das ist heute nicht konkret besprochen worden, wird aber selbstverständlich Gegenstand der Erörterung auf diesem Gipfel sein. Im übrigen ist das eine Aufgabe, die wahrscheinlich nicht
ab einem bestimmten Datum als erledigt angesehen werden kann. Da es sich hier um Einflußnahmen, Verhandlungen und dergleichen handeln wird, wird das eine Art Daueraufgabe natürlich auch nach dem 14. Januar bleiben.
Kollege Manfred Hampel.
Herr Staatssekretär, nach dem heutigen Frage-und-Antwort-Spiel ergibt sich für mich die Frage, mit was eigentlich Neuem sich das Kabinett heute beschäftigt hat.
Können Sie mir das beantworten?
Wenn Sie sich die Fragestellung hinsichtlich des abzugebenden Berichts ansehen, dann werden Sie das Neue durchaus selbst entdekken.
Da heißt es nämlich, daß die Frage beantwortet werden sollte, ob der Umzug im Zeitraum 1998 bis 2000 zu bewerkstelligen ist.
Bis jetzt lief es so schön diszipliniert. Wir haben alle Fragen durchbekommen. Bitte, Herr Kollege Struck.
Herr Staatssekretär, ich versuche einmal, eine Antwort von Ihnen zu bekommen. Wenn Sie das nicht beantworten können, kann vielleicht Kollege Bohl einspringen.
Es geht um den vom Kollegen Möller angesprochenen „nationalen Gipfel" am 14. Januar. Ich glaube allerdings, Herr Kollege Möller, daß der Begriff ein bißchen überhöht ist. Sind Sie, Herr Staatssekretär, nicht mit mir der Meinung, da es auch um die Frage des Umzugs des Parlaments geht, daß an diesem „nationalen Gipfel" auch die Präsidentin des Deutschen Bundestages teilnehmen sollte?
Herr Kollege Struck, es geht bei diesem „nationalen Gipfel" im wesentlichen um Ausgleichsmaßnahmen für die Stadt Bonn, für die Region Bonn und damit für die beiden Länder, die betroffen sind. Da hat das Parlament keinen unmittelbaren Bezug.
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993 17169
Parl. Staatssekretär Eduard Lintner
— Das ist der andere Teil.
Im wesentlichen werden diese Ausgleichsmaßnahmen beziffert werden müssen. Die Ausgleichsmaßnahmen und ihre Kosten sind Teil der Kosten des Umzugs nach Berlin. Deshalb ist der Bezug sehr wohl gegeben.
Im übrigen ist mit dem Deutschen Bundestag ein Verfahren besprochen und sind Gremien gefunden worden, die eine enge Verzahnung aller Überlegungen auf seiten der Bundesregierung mit den Überlegungen des Bundestages sicherstellen.
Ihrem sachlichen Anliegen ist also inhaltlich ohnehin bereits Rechnung getragen.
Herr Minister Bohl, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Struck, vielleicht darf ich grundsätzlich einmal folgendes sagen. Es ist auf Grund einer Anregung zu dem Fraktions- und Parteiengespräch beim Bundeskanzler im November gekommen. Bei diesem Gespräch ist verabredet worden, daß wir am 8. Dezember, also heute, a) den Zwischenbericht über den Umzug vorlegen und b) das vorlegen, was gestern auch in der Konzeptkommission des Bundestages besprochen worden ist, das Bonn/Berlin-Gesetz.
— Oder vorgestern.
— Es war die Sondierungsgruppe der Konzeptkommission. Ich bitte um Nachsicht. — Das haben wir heute im Kabinett völlig auftragsgemäß behandelt.
Wir werden am 10. Januar ein Vorgespräch für das Gipfelgespräch am 14. Januar haben. In Vorbereitung dieses Gipfelgesprächs wird sich das Kabinett am 13. Januar mit allen relevanten Fragen befassen. Das Gespräch am 14. Januar ist bisher als Gespräch der Partei- und Fraktionsvorsitzenden angelegt. Bei der Einladung zu dem Gespräch am 14. Januar waren im November alle dabei. Es wird keine neue schriftliche Einladung geben, sondern alle waren der Überzeugung, daß der dort versammelte Personenkreis auch am 14. Januar zusammenkommen sollte.
Ich muß nur noch einmal darauf hinweisen, daß es vier Komplexe gibt: Es gibt erstens das Thema des Umzugs der Bundesregierung, zweitens das Thema Bonn/Berlin-Gesetz, drittens die Ausgleichsmaßnahmen für Bonn und viertens die Fördermaßnahmen für
Berlin. Daneben gibt es — das ist nicht unsere Zuständigkeit— die Entscheidung des Bundestages, wann er umziehen will. Das ist, wenn Sie so wollen, ein fünfter Punkt, der nicht in erster Linie uns als Bundesregierung berührt, sondern über den das Parlament entscheiden muß.
Die für die Befragung der Bundesregierung vorgesehene Zeit ist inklusive einer bedeutenden Verlängerung abgelaufen.
Ich bedanke mich beim Parlamentarischen Staatssekretär Lintner und beim Bundesminister Bohl. Ich beende die Befragung.
Ich darf nun den Tagesordnungspunkt 2 aufrufen:
Fragestunde
— Drucksache 12/6345 —
Wir kommen als erstes zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft. Zur Beantwortung steht hier Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Heinrich Kolb zur Verfügung.
Wir kommen zur Frage 1 des Kollegen Horst Kubatschka:
Wird die Bundesregierung aufgrund der enormen Energieverluste im Bereich des Stand-by-Betriebes verschiedenster Geräte einen Grenzwert für Stand-by-Verluste festlegen?
Herr Staatssekretär, bitte.
Herr Kollege Kubatschka, es gibt zahlreiche Gerätetypen, die auch im abgeschalteten Zustand einen bestimmten Stromverbrauch für Betriebsbereitschaft, sogenanntes Standby, oder andere Funktionen haben. Insgesamt ist damit ein erheblicher Stromverbrauch verbunden. Es ist auch richtig, daß hier Einsparpotentiale vorhanden sind. Über deren Größenordnung allerdings gibt es keine gesicherten Erkenntnisse.
Um diese Einsparpotentiale zu realisieren, dürfte die Festlegung eines Grenzwertes wohl kaum der geeignete Weg sein. Zur Ermittlung exakter Grenzwerte wären bei der Vielzahl der Gerätetypen aufwendige Untersuchungen und ein unverhältnismäßiger bürokratischer Aufwand erforderlich. Da Grenzwerte auch immer nur einen Ist-Zustand reflektieren, führen sie eher zu einer Behinderung als zu einer Förderung technischer Innovationen in diesem Bereich.
Nach vorliegenden Informationen ist die Industrie seit längerem bestrebt, nach intelligenten Lösungen zu suchen, um die Anschlußwerte der Stand-bySchaltungen zu senken. Bei Fernsehgeräten ist dabei etwa 1 W als erreichbarer Wert anzusehen. Kleinere TV-Geräte erreichen diesen Wert bereits heute. Bei
17170 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993
Parl. Staatssekretär Dr. Heinrich L. Kolb
Videogeräten ist eine Senkung der Stand-by-Leistungsaufnahme durch modifizierte Schaltungen je nach Betriebszustand möglich. Geräte heutiger Produktion liegen bereits bei 5 bis 10 W. Für die Zukunft ist demnach ein erheblich sinkender Verbrauch für den Stand-by-Betrieb zu erwarten.
Auch die Energieberatungsstellen der deutschen Stromversorger können dazu ihren Beitrag leisten, indem sie die Verbraucher auf den Stand-by-Betrieb von Elektrogeräten hinweisen. Es wird schon heute den Kunden empfohlen, in längeren Nutzungspausen das Gerät nicht in ständiger Betriebsbereitschaft zu lassen, sondern ganz abzuschalten.
Die Bundesregierung hat — das darf ich zum Schluß sagen — das Thema rationelle Energieverwendung in ihrem Bericht „Zukunftssicherung des Standortes Deutschland" aufgegriffen und gefordert, daß Gerätehersteller und Energiewirtschaft ihre Aktivitäten in diesem Bereich weiter ausbauen und verstärken.
Zusatzfrage, Herr Kollege? — Bitte.
Herr Staatssekretär, es liegen Berechnungen der Industrie vor. Ich lasse sie Ihnen gerne zukommen. Sie ergeben ein Einsparpotential in der Größenordnung eines Kraftwerks von über 1 500 MW in der Grundlast. Das ist mehr als ein Atomkraftwerk. Diese Berechnungen sollten die Bundesregierung zum entschlossenen Handeln veranlassen. Plant die Regierung neben dem, was Sie gesagt haben, noch etwas zu machen?
Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kubatschka, das unterstellte potentielle Einsparungsvolumen von 1 500 MW spielt schon in Ihrer Frage eine Rolle, die ich Ihnen im April dieses Jahres beantwortet habe. Ich weise noch einmal darauf hin, daß es auf Grund der nicht bekannten Struktur des derzeitigen Bestandes an Fernseh- und Videogeräten schwer möglich ist, exakte Angaben über den tatsächlichen Verbrauch und über das potentielle Einsparvolumen zu machen. Wir setzen hier auf die Evolution der Geräte, die von der Industrie in den letzten Jahren — mit Erfolg, wie wir finden — betrieben worden ist. Beispielsweise hat sich die Leistungsaufnahme eines Fernsehgeräts von 180 auf 80 W reduziert. Bei Standby ist eine ähnliche Einsparung zu erkennen. Ich glaube, das zeigt, daß wir mit diesen Überlegungen richtig liegen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege.
Durch Bedarfsschaltungen könnten die Stand-by-Verluste deutlich verringert werden. Sehen Sie hier eine Möglichkeit zu handeln?
Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kubatschka, zunächst muß man feststellen, daß der Stromverbrauch im Stand-by-Betrieb nicht zwangsläufig mit unnötigem Verbrauch gleichzusetzen ist. Im Gegenteil, es gibt bestimmte Geräte, bei denen der Stand-by-Betrieb zur Aufrechterhaltung einer sinnvollen Nutzung erforderlich ist, so beispielsweise bei Videorecordern für die Uhr, für die Antennenfunktion und für die Programmierfunktion. Man muß also differenzieren. Aber wir sind gegenüber jeder Einsparmaßnahme aufgeschlossen, die getätigt werden kann.
Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Ganseforth.
Herr Staatssekretär, wir haben in der Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphäre", die sich um die Reduktion der CO2-Emissionen und des Energieverbrauchs bemüht, gehört, daß der Faktor 10 bei der Reduktion der Stand-by-Verbräuche ohne große Probleme hinzubekommen wäre. Wie bewerten Sie z. B. das Handeln in den USA, wo die Regierung mit den Anwendern und Herstellern Gespräche führt und sie erfolgreich veranlaßt, dieses Potential auszuschöpfen? Denn normalerweise ist es für die Hersteller nicht besonders attraktiv, von sich aus aktiv zu werden und bedarfsgerechte Schaltungen, die technisch möglich sind und die es durchaus gibt, einzuführen. Wie bewerten Sie also diese erfolgreichen Bemühungen der amerikanischen Regierung, und können Sie sich vorstellen, daß die Bundesregierung entsprechende Vereinbarungen mit den Herstellern und Anwendern trifft?
Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Ganseforth, ich teile Ihre Einschätzung nicht, was den Faktor 10 anbelangt. Ich will nochmals darauf hinweisen, daß der Gerätebestand, der heute in unserem Lande tatsächlich verbreitet ist, unterschiedliche technische Entwicklungsstände aufweist. Wir haben nach Angaben der Stiftung Warentest beim Standby-Betrieb eine Bandbreite von 3 bis 18 W. Ich habe in meiner Antwort auf die Frage des Kollegen Kubatschka darauf hingewiesen, daß wir beim Standby-Betrieb 1 W für erreichbar halten. Wenn Sie den Ausgangswert 18 W zugrundelegen, kann dadurch der Faktor 1:10 sogar noch übertroffen werden. Ich glaube, die Anstrengungen auf diesem Gebiet sprechen für sich.
Weitere Zusatzfragen liegen mir nicht vor.
Die Frage 2 des Kollegen Simon Wittmann wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zur Beantwortung steht uns Herr Staatssekretär Dr. Feiter zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 3 der Kollegin Susanne Kastner auf:
Wie wird sich die Bundesregierung bei der bevorstehenden Abstimmung über die EG-Richtlinie zur Festlegung der einheitlichen Grundsätze für die Bewertung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nach der kritischen Stellungnahme des Bundesrates und im Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des Deutschen Bundestages verhalten, und wie beurteilt sie die drohende Gefahr, daß bei Zustimmung zu dem Kommissionsentwurf die Einhaltung des Vorsorgegrenzwertes der Trinkwasserrichtlinie von 0,1 Mikrogramm Pestizide pro Liter nicht mehr möglich sein wird?
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993 17171
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Abgeordnete, es geht hier um die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. In den Verhandlungen ist nach wie vor offen, wie die Lösung zum Schutz des Wassers erfolgen soll. Ein einigungsfähiger Vorschlag hierzu liegt noch nicht vor, da eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten den Vorschlag der EG-Kommission ablehnt. Diese wiederum bleibt bei ihrem Vorschlag, da der Kompromißvorschlag der Präsidentschaft aus ihrer Sicht hinsichtlich des Schutzniveaus unzureichend ist.
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich bisher vor dem Hintergrund der bei der Anhörung der EG-Kommission vorgebrachten Argumente und des im Kompromißvorschlag enthaltenen unzureichenden Schutzniveaus ihre Stellungnahme vorbehalten. Sie wird sich in Brüssel nachhaltig dafür einsetzen, daß eine allen Schutzzielen genügende Lösung gefunden wird.
Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Herr Staatssekretär, die Zielrichtung meiner Frage war — das hätten Sie bemerkt, wenn Sie meine Frage richtig gelesen und richtig interpretiert hätten —, wie sich die Bundesregierung in dieser Frage verhalten wird. Wird sie dem Kommissionsentwurf in der Tendenz zustimmen, oder wird sie den Kommissionsentwurf ablehnen?
Dr. Franz-Josef Feiter, Staatssekretär: Frau Abgeordnete, die Bundesregierung prüft derzeit noch die sehr komplexen Zusammenhänge auch vor dem Hintergrund des Hearings, das die EG-Kommission durchgeführt hat. Anschließend wird die Bundesregierung ihre Haltung festlegen.
Eine zweite Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Herr Staatssekretär, können Sie sich vorstellen, daß sich die Menschen in diesem Lande angesichts der Ängste im Zusammenhang mit dieser Frage durch diese Aussage der Bundesregierung sehr auf den Arm genommen fühlen?
Dr. Franz-Josef Feiter, Staatssekretär: Frau Abgeordnete, es gibt eine Reihe weiterer neuer Erkenntnisse seit dem Erlaß der Trinkwasserrichtlinie im Jahre 1980. Diese neueren Erkenntnisse müssen bei der Festlegung der Haltung der Bundesregierung berücksichtigt werden.
Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.
Die Fragen 4 und 5 des Kollegen Georg Gallus aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung.
Hier werden die Frage 6 des Abgeordneten Dr. Karl-Heinz Klejdzinski und die Frage 7 der Kollegin Dr. Elke Leonhard-Schmid auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation.
Die Frage 8 des Kollegen Martin Göttsching wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Joachim Günther zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 9 des Kollegen Dr. Ilja Seifert auf:
Hat die Bundesregierung Gutachten von international anerkannten Lungen- und anderen medizinischen Spezialisten eingeholt, die belegen, daß eine Sanierung des Palastes der Republik in Berlin aus gesundheitlichen Gründen unmöglich und der Abriß deshalb unabwendbar ist, wie es der Toxikologe Prof. Dr. med. habil. Dr. h. c. Friedrich Jung auf einer öffentlichen Veranstaltung am 30. November 1993 in Berlin angeregt hat?
Herr Kollege Dr. Seifert, die krebserzeugende Wirkung von Asbestfasern ist medizinisch unbestritten. Die Frage, welche Konsequenzen aus der Asbestverseuchung eines Gebäudes gezogen werden müssen, kann aus der Sicht eines medizinischen Spezialisten nicht beantwortet werden. Die Beurteilung und Auswahl der Methoden für die Sanierung eines solchen Gebäudes erfolgt auf der Grundlage von Gutachten einschlägig erfahrener Ingenieure.
So ist auch im Fall des Palastes der Republik verfahren worden. Die Entscheidung des Gemeinsamen Ausschusses vom 23. März 1993, ihn abzureißen, beruht auf Gutachten und Obergutachten anerkannter Fachingenieure.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ich hatte Sie nach den medizinischen Indikationen für die unbedingte Notwendigkeit des Abrisses bzw. danach gefragt, ob es Möglichkeiten gibt, ihn zu vermeiden. Die Frage haben Sie dahin gehend ausweichend beantwortet, daß es eine rein technische Angelegenheit von Ingenieuren ist. Das bedauere ich.
Sie haben auf Fachgutachten abgehoben. Beruht die Entscheidung immer noch auf diesem doch sehr umstrittenen Gutachten, das am Anfang einmal erstellt worden ist? Oder beziehen Sie in Ihre Bewertung auch diejenigen Gutachten ein, die von Alternativen ausgehen, die eine sehr viel billigere und praktisch machbare Versiegelung des Asbestes innerhalb des Palastes der Republik für möglich halten?
17172 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993
Joachim Günther, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Seifert, der Gemeinsame Ausschuß, der diesen Beschluß gefaßt hat, hat alle Gutachten, die zur Verfügung standen, in Betracht gezogen. Man kam auf Grund der vorliegenden Gutachten zu der Ihnen bekannten Entscheidung. Ich glaube nicht, daß dabei etwas ausgelassen wurde.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Seifert.
Warum, Herr Staatssekretär, weigert sich die Regierung dann so konsequent, mit denjenigen zu sprechen, die sich in Initiativen und Gruppen zusammengefunden haben, um auf der Spreeinsel eine andere Konzeption zum Tragen zu bringen, als das von der Regierung und der Gemeinsamen Kommission jetzt vorgesehen ist, warum gehen Sie nicht zu den Veranstaltungen dieser Gruppen und hören sich deren Argumente vor Ort an bzw. diskutieren mit ihnen?
Joachim Günther, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Seifert, zu den Veranstaltungen, zu denen ich persönlich Einladungen erhalten habe, bin ich hingegangen. Aber die Gruppen, von denen Sie soeben gesprochen haben, sind mir nicht bekannt. Im übrigen glaube ich nicht, daß sich jemand Gesprächen verweigert.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Kansy.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Bundesregierung das künftige Konzept der Spreeinsel keinesfalls festgelegt hat, sondern daß — im Gegenteil — ein zweistufiger internationaler städtebaulicher Wettbewerb ausgeschrieben wurde, dessen erste Phase in der nächsten Woche juriert wird, um weltweit interessante Anregungen zu sammeln, wie man den Gesamtkomplex der Spreeinsel städtebaulich neu ordnen kann?
Joachim Günther, Parl. Staatssekretär: Da Sie das perfekt dargestellt haben, Herr Dr. Kansy, kann ich das nur bestätigen.
Weitere Zusatzfragen liegen mir derzeit nicht vor. Danke schön, Herr Staatssekretär.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Forschung und Technologie.
Die Frage 10 des Kollegen Benno Zierer wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen nunmehr zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft.
Auch hier wird die Frage 11 des Kollegen Benno Zierer schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Eduard Lintner zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 12 des Kollegen Dr. Peter Ramsauer auf:
Welche Vorkehrungen trifft die Bundesregierung, um Aktivitäten ausländischer, terroristischer Organisationen, die die innere Sicherheit des Staates gefährden könnten, in Deutschland zu verhindern?
Herr Kollege Dr. Ramsauer, die Antwort lautet wie folgt: Die Aktivitäten extremistischer Ausländervereinigungen sowie die vom internationalen Terrorismus ausgehenden Gefahren stellen weiterhin eine erhebliche Bedrohung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar. Verschiedene Ausländerorganisationen mißbrauchen unser liberales Rechtssystem, um hier mit zum Teil hoher Gewaltintensität gegen Einrichtungen ihrer Herkunftsländer vorzugehen.
Die Gefahren, die dem Ausländerextremismus bzw. -terrorismus innewohnen, werden aktuell insbesondere deutlich an: den Aktivitäten der „Arbeiterpartei Kurdistans" — sie ist vor kurzem von uns verboten worden —, den Aktivitäten anderer linksextremistischer türkischer Organisationen, insbesondere der Dev Sol, der Ausländerkriminalität iranischen Ursprungs.
Zur Verhütung und Verfolgung solcher Straftaten werden grundsätzlich alle zur Bekämpfung des Extremismus/Terrorismus vorhandenen nachrichtendienstlichen, polizeilichen und justitiellen Möglichkeiten genutzt. Auf konkrete Maßnahmen im einzelnen möchte ich hier aus verständlichen Gründen nicht eingehen.
Zusätzlich werden die Möglichkeiten genutzt, im Rahmen des Sichtvermerkverfahrens Sicherheitsüberprüfungen durchzuführen und potentielle Gefährder durch Ausschreibung im Grenzfahndungsbestand an einer Einreise zu hindern. Darüber hinaus bestehen die Möglichkeiten des Ausländerrechts, gegen einzelne Personen politische Betätigungsverbote zu verhängen oder aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu ergreifen. Die Bundesregierung drängt auf eine konsequente Anwendung der Möglichkeiten des Ausländerrechts.
Der BMI tritt regelmäßig und bei besonderen Anlässen an die Innenressorts der Länder heran, um größtmöglichen Schutz ausländischer Einrichtungen zu erreichen. Die Sicherheitsmaßnahmen werden lage-angepaßt durchgeführt und — soweit erforderlich — bei Vorliegen konkreter Erkenntnisse intensiviert. Die Bundesregierung hat im Rahmen von Konsultationen mit einer Reihe von Herkunftsländern ausländischer Extremisten auch Maßnahmen des Personen- und Objektschutzes und der Gefahrenabwehr erörtert.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, daß die Bundesregierung die Möglichkeiten eines sinnvollen Einsatzes vereins-, versammlungs- und ausländerrechtlicher Maßnahmen laufend prüft und diese gegebenenfalls entweder selbst ausführt oder sie bei den dafür zuständigen Ländern anregt.
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993 17173
Parl. Staatssekretär Eduard Lintner
Außerdem ergreift die Bundesregierung auch außenpolitische Initiativen, um mit ihren Verbündeten abgestimmte oder gemeinsame Schritte zur Terrorismusbekämpfung zu vereinbaren. Dafür stehen verschiedene spezielle Koordinations- und Konsultationsmechanismen — teils bi-, teils multilateral —, z. B. im Rahmen der „Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik" der Europäischen Union oder der G-7-Staaten, zur Verfügung. Die Sicherheitsbehörden des Bundes arbeiten mit ausländischen Partnerdiensten zusammen.
Die Bundesregierung nutzt somit die gesamte Bandbreite möglicher Maßnahmen, um der Bedrohung durch den Terrorismus ausländischer Organisationen zu begegnen. Es kann nicht hingenommen werden, daß ausländische Staatsbürger das hier gewährte Gastrecht zu Straftaten und gewalttätigen Aktionen nutzen.
Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, wie schätzen Sie denn die Zahl der Mitglieder der von Ihnen genannten potentiell gewalttätigen oder terroristischen ausländischen Organisationen ein?
Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär: Hier im Lande?
Auf deutschem Boden.
Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär: Das ist schwer zu sagen. Aber der Verfassungsbericht geht, glaube ich, von — legen Sie mich jetzt nicht ganz exakt fest; ich müßte nachsehen — etwa 2 000 aus.
Die zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, könnten Sie noch einige Angaben über die Praxis der Ausweisung von Straffälligen aus diesem Bereich machen?
Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär: Dazu kann ich Ihnen jetzt keine umfassenden Ausführungen machen, weil hier natürlich die Länder zuständig sind und die Meldungen an uns über derartige Maßnahmen nicht vollständig sind.
Wir drängen — das habe ich in meiner Antwort bereits dargetan — unsererseits sehr darauf, daß die ausländerrechtlichen Möglichkeiten genutzt werden, also beim Vorliegen solcher Sachverhalte auch von der Möglichkeit der Abschiebung im Rahmen des geltenden Rechts Gebrauch gemacht wird.
Wir sind im übrigen dabei — wenn ich das ergänzend sagen darf —, im Zuge des Pakets „Verbrechungsbekämpfungsgesetz 1994" zu prüfen, inwieweit es erleichtert werden kann, etwa Mitglieder von Rauschgiftorganisationen, organisierter Kriminalität und dergleichen aus der Bundesrepublik Deutschland auszuweisen.
Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.
Wir kommen zu der Frage 13 des Kollegen Dr. Peter Ramsauer:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß potentiell gewalttätige Mitglieder solcher Organisationen möglicherweise als Asylbewerber aufgenommen werden und somit auch noch staatliche Unterstützung erhalten?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär: Die Antwort lautet:
Der Zugang zum Asylverfahren kann nur im Rahmen der Regelungen des Art. 16a GG verwehrt werden. Soweit sich ein Ausländer schlüssig auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen kann, ist auch in den genannten Fällen — sofern kein Fall der Einreise aus einem sicheren Drittstaat vorliegt — der Zugang zum Asylverfahren eröffnet.
Hinsichtlich der Begründetheit eines solchen Asylbegehrens ist darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Asylberechtigung grundsätzlich nicht in Betracht kommt, wenn der Asylsuchende seine politische Überzeugung unter Einsatz terroristischer Mittel betätigt hat, sei es als Täter oder Teilnehmer im strafrechtlichen Sinne. Eine solche Art des politischen Kampfes wird von der Bundesrepublik Deutschland in Übereinstimmung mit der von ihr mitgetragenen Völkerrechtsordnung grundsätzlich mißbilligt. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung auch klargestellt, daß es außerhalb des Asylrechts liegt, wenn die Bundesrepublik Deutschland als Kampfplatz zur Fortsetzung oder zur Unterstützung terroristischer Aktivitäten gegen das Herkunftsland mißbraucht wird.
Im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen sind jedoch Abschiebungshindernisse nach § 53 des Ausländergesetzes, insbesondere die konkrete Gefahr der Todesstrafe oder der Folter, zu beachten.
Soweit von Verfassungs wegen die Verpflichtung besteht, ein Asylverfahren durchzuführen oder der Aufenthalt wegen zwingender Abschiebungshindernisse nicht beendet werden kann und somit gegebenenfalls auch Sozialleistungen zu gewähren sind, kann dies nicht als Unterstützung oder Billigung von Gewalttaten gewertet werden.
Zusatzfrage, Herr Kollege Ramsauer.
Herr Staatssekretär, sind Ihre Aussagen so zu werten, daß sich in den Reihen dieser terroristischen Ausländerorganisationen durchaus Bezieher von Sozialleistungen bzw. Asylbewerber oder gar anerkannte Asylanten befinden können?
Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär: Das kann der Fall sein. Denn nach der Anlage und insbesondere der verfassungsrechtlichen Begründung unserer Sozialhilfe ist es unmöglich, jemandem, egal, was er getan hat, sozusagen das Lebensminimum vorzuenthalten. Insoweit wird er immer berechtigt sein, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen.
17174 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993
Die zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Ramsauer.
Herr Staatssekretär, wie hoch schätzen Sie gegebenenfalls die Zahl solcher Ausländer?
Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Ramsauer, jetzt müßte ich fabulieren. Ich bitte, mir das zu erlassen. Sollte die Zahl im Bereich des Ministeriums oder bei anderen Ressorts verfügbar sein, bin ich gern bereit, sie Ihnen schriftlich nachzureichen.
Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.
Damit kommen wir zu den Fragen 14 und 15 des Kollegen Dr. Egon Jüttner, die ebenso schriftlich beantwortet werden wie die Frage 16 des Kollegen Jürgen Augustinowitz und die Frage 17 des Kollegen Hans-Joachim Fuchtel. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs angelangt. Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.
Nun kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Joachim Grünewald zur Verfügung.
Die Fragen 18 und 19 der Frau Abgeordneten Renate Schmidt können, leider Gottes, im Moment nicht beantwortet werden, weil die Frau Abgeordnete als Vizepräsidentin präsidieren muß. Ich bitte um schriftliche Beantwortung. Mir tut das sehr leid, weil ich einige Zusatzfragen gehabt hätte. — Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen damit zu Frage 20 des Abgeordneten Simon Wittmann. Es wird verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen.
Die Frage 40 der Kollegin Dr. Elke Leonhard-Schmid wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Insoweit, Herr Staatssekretär, sind Sie, leider Gottes, umsonst gekommen. Wir sind am Ende dieses Geschäftsbereichs angelangt. Ich konnte vorher nicht absehen, daß es so laufen wird.
Nun kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Für die Beantwortung steht Frau Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl zur Verfügung.
Die Frage 25 des Kollegen Ortwin Lowack wird schriftlich beantwortet; das gleiche gilt für die Fragen 26 und 27 der Kollegin Uta Würfel. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen zu Frage 28 der Kollegin Gabriele Iwersen:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Epileptiker, die auf eine Medikamentendauerbehandlung angewiesen sind, keine Anstaltspackungen mehr bekommen und dadurch alle zwei bis vier Wochen auch auf dem Lande zum Arzt und zur Apotheke müssen, obwohl sie weder Auto noch Fahrrad fahren dürfen?
Frau Kollegin, grundsätzlich ist festzustellen, daß die von Arzneimittelherstellern angebotenen Anstaltspackungen, wie schon der Name sagt, für den Gebrauch in Krankenhäusern und nicht für die Verordnung im Rahmen der ambulanten ärztlichen Versorgung vorgesehen sind, auch wenn dieses in der Praxis teilweise geschehen sein mag. Die Verordnung solcher Großpackungen ist schon deshalb nicht sinnvoll, weil bei einem Therapiewechsel, d. h. der Umstellung des Patienten auf ein anderes Mittel, unter Umständen große Restmengen auf den Müll geworfen werden müssen.
Bei der Erstellung der Verordnung über die Zuzahlung bei der Abgabe von Arznei- und Verbandmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung wurde auf die Belange der Epileptiker besonders Rücksicht genommen. So werden eine Reihe von Arzneimitteln in größeren Packungen als die zur Zeit auf dem Markt befindlichen N-3-Packungen erstattungsfähig sein.
Packungen, deren Inhalt über die in den Anlagen zu der Rechtsverordnung über die packungsgrößenbezogene Zuzahlung genannten Obergrenzen hinausgeht, sind nach einer Übergangszeit ab 1. Januar 1995 aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Es ist für die Vertragsärzte jedoch weiterhin möglich, mehrere Packungen auf einem Rezept zu verordnen. Auf diese Weise kann die Anzahl der Arztbesuche dieser Versicherten in zumutbaren Grenzen gehalten werden.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Iwersen?
Ich bitte darum, daß erst die nächste Frage beantwortet wird, weil die beiden Fragen im Zusammenhang stehen.
Das ist ein legitimes Ansinnen, Frau Staatssekretärin. Frau Kollegin Iwersen, nach der Beantwortung der nächsten Frage haben Sie vier Zusatzfragen.
Ich rufe also die Frage 29 der Kollegin Iwersen auf:
Kann die Bundesregierung den Spareffekt dieser Maßnahme erläutern, oder ist sie bereit klarzustellen, daß aus Gründen der Vereinfachung und der Wirtschaftlichkeit bei Bedarf Anstaltspackungen verschrieben werden sollten?
Ein von der Neuregelung der Arzneimittelzuzahlung erwarteter Spareffekt ergibt sich daraus, daß, wie Experten schon seit langem kritisieren, häufig große Packungen verordnet werden, wenn auch kleinere Packungen ausreichend gewesen wären. Die zuviel verordneten Arzneimittel werden dann oft auf den Müll geworfen. Verschiedene Erhebungen lassen darauf schließen, daß die Krankenkassen mehrere Milliarden DM pro Jahr für Arzneimittel ausgegeben haben, die zwar verordnet, aber nicht eingenommen worden sind. Durch die packungsgrößenbezogene Zuzahlung entsteht für Versicherte und Ärzte ein stärkerer Anreiz, auf die Verordnung therapiegerechter Packungen zu achten.
Nun die erste Zusatzfrage, Frau Kollegin Iwersen.
Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 198. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. Dezember 1993 17175
Es ist aber hier ausdrücklich nach Medikamenten für dauerbehandlungsabhängige Patienten nachgefragt worden. Dabei kommt das Risiko, daß Reste vorhanden sind, gar nicht zum Tragen. Warum geht die Regierung nicht darauf ein, in diesem Fall einen Spareffekt zu nutzen und Patienten in der geeigneten Art und Weise zu entlasten?
Frau Kollegin, ich habe in meiner Antwort bereits ausgeführt, daß wir gerade auf die Besonderheit der Epileptiker, die Sie in Ihrer Frage besonders hervorgehoben haben, eingegangen sind und dem Rechnung getragen haben, so daß bei den Großpackungen sogar eine größere Packung zur Verfügung steht, nämlich mit 200 Tabletten, während sonst N-3-Packungen in der Regel nur 100 Tabletten enthalten. Ich denke, daß wir Ihrem Anspruch gerecht geworden sind.
Zum anderen möchte ich darauf hinweisen, daß es sich auch bei chronischen Leiden um Leiden handelt, die einen regelmäßigen Arztbesuch erforderlich machen; denn es kann bei einer Langzeittherapie durchaus ein Therapiewechsel notwendig werden.
Nächste Zusatzfrage, Frau Kollegin Iwersen.
Ist es Ihnen bekannt, daß in diesem Fall für einen Personenkreis, der krankheitsbedingt weder Autofahren noch radfahren darf, Arztbesuche in einem Abstand von zwei bis drei Wochen erforderlich werden?
Frau Kollegin, ich habe gesagt, es stehen Packungen mit 200 Tabletten zur Verfügung. Wenn der Arzt seine Möglichkeiten ausschöpft, z. B. 3 Packungen à 200 Tabletten verschreibt, dann sind das 600 Tabletten. Ich glaube nicht, daß ein Patient 600 Tabletten in drei Wochen verbraucht.
Die Fragen 30 und 31 des Kollegen Dr. Hans-Hinrich Knaape werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs angekommen. Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin.
Wir sind damit am Ende, und zwar am vorzeitigen Ende dieser Fragestunde, weil für heute keine Geschäftsbereiche mehr vorgesehen sind. Damit findet die nächste Sitzung morgen, Donnerstag, den 9. Dezember 1993 um 9 Uhr statt, die ich hiermit einberufe. Die Fragestunde wird mit den vorgesehenen Geschäftsbereichen morgen fortgeführt.
Herzlichen Dank. Einen schönen Tag weiterhin. Die Sitzung ist geschlossen.