Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 207. Sitzung des Deutschen Bundestages.
Ich begrüße den an Stelle des verstorbenen Abgeordneten Paschek in den Bundestag eingetretenen Abgeordneten Dr. Keller und wünsche ihm eine erfolgreiche Arbeit in unserem Hause.
Ich bitte den Herrn Schriftführer, die entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach: Abgeordneter Tichi für weitere acht Wochen wegen Krankheit, Abgeordnetet Stauch für sechs Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme, Abgeordneter Kern für fünf Wochen ab 28. April wegen Krankheit, Abgeordneter Dr. Gülich für vier Wochen ab 29. April wegen Krankheit, Abgeordnete Frau Hütter für vier Wochen ab 24. April wegen Krankheit, Abgeordneter Freitag für zwei Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme, Abgeordneter Dr. Freiherr von Rechenberg für zwei Wochen wegen Krankheit, Abgeordneter Welke für zwei Wochen wegen Krankheit.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für vier Tage den Abgeordneten Fürst zu Oettingen-Wallerstein, Wackerzapp, Lemmer, Dr. Schröder , Dirscherl, Dr. Orth, Frau Rösch, Mensing; für drei Tage dem Abgeordneten Höfler; für zwei Tage den Abgeordneten Dr. Dorls, Dr. Bergstraeßer, Jacobs.
Entschuldigt sind die Abgeordneten Dr. Preller, Wallner, Löfflad, Dr. Fricke, Kuhlemann, Frau Kalinke, Frau Strohbach, Vesper, Jahn, Dr. Dr. Müller , Bahlburg, Frau Albertz.
Meine Damen und Herren, ich darf annehmen, daß das Haus mit der Erteilung des Urlaubs, soweit er über eine Woche hinausgeht, einverstanden ist.
Ich bin eben erst darüber unterrichtet worden, daß der Abgeordnete Lausen nach schwerer Erkrankung nach neun Monaten wieder an den Sitzungen des Hauses teilnimmt. Ich begrüße ihn herzlich.
Weiter weise ich darauf hin, daß die nächste Fragestunde laut Vereinbarung im Ältestenrat am 28. Mai, 13 Uhr 30, stattfinden soll. Letzter Termin für die Einreichung der Fragen bei der Korrekturabteilung ist der 23. Mai, 12 Uhr.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden wie üblich ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Deutsche Bundesrat hat in seiner Sitzung am 25. April 1952 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen:
Zweites Gesetz über die Finanzverwaltung;
Gesetz zur Ergänzung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes;
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Zulagen und Mindestleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung und zur Überleitung des Unfallversicherungsrechtes im Lande Berlin.
Er hat weiter beschlossen, hinsichtlich des
Gesetzes über das landwirtschaftliche Pachtwesen zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes einberufen wird.
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat die Kleine Anfrage Nr. 249 der Fraktion der SPD betreffend Eigentumsfrage der deutschen Schwimmdocks beantwortet. Sein Schreiben vom 24. April 1952 wird als Drucksache Nr. 3260 vervielfältigt.
Ich bin im übrigen gebeten worden, bekanntzugeben, daß der Sonderausschuß von Abgeordneten der Koalitionsparteien nicht um 16 Uhr im Museum Koenig, sondern um 16 Uhr 30 im Bundeshaus zusammentritt.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufnahme eines Kredits durch den Bund im Rahmen der von den Vereinigten Staaten gewährten Wirtschaftshilfe .
Die Regierung verweist auf die schriftliche Begründung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, in der ersten Beratung keine Aussprache stattfinden zu lassen. — Das Haus ist damit einverstanden.
Ich darf Ihnen vorschlagen, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuß
— ja, einmal an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, dann an den Ausschuß für ERP-Fragen zu überweisen. Federführend soll also
— das ist offenbar die Meinung des Hauses — der auswärtige Ausschuß sein.
— Der Herr Vorsitzende des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen legt Wert darauf, daß der Gesetzentwurf auch dem Ausschuß für Finanz-und Steuerfragen zur Mitberatung überwiesen wird. Sollen wir darüber eine Abstimmung stattfinden lassen, oder können wir uns darüber verständigen?
— Das Haus ist mit den beantragten Überweisungen einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
zur Verlängerung der Geltungsdauer von
Vorschriften auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft .
Auch hier verweist die Regierung auf die schriftliche Begründung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine Aussprache auch in diesem Falle zu verzichten. — Das Haus ist damit einverstanden.
Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik zu überweisen. — Das Haus ist mit dieser Überweisung einverstanden; sie ist erfolgt.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Osthandel (Nrn. 3282, 2935 der Drucksachen).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Semler. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen. Es liegt schon ein schriftlicher Bericht *) vor Ihnen; Herr Abgeordneter Dr. Semler wird ihn kurz mündlich erläutern.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Aussprachezeit von 60 Minuten vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der SPD auf Drucksache Nr. 2935 hat dem Außenpolitischen Ausschuß und dem Handelspolitischen Ausschuß zur Beratung vorgelegen. Das Ergebnis der Beratungen finden Sie in dem schriftlichen Bericht vom 4. April 1952, der Ihnen vorliegt. Beide Ausschüsse haben die in der Interpellation behandelten Fragen sowohl nach der politischen wie nach der wirtschaftlichen Seite hin geprüft. Dabei ist eingehend die Organisation des Systems der sogenannten Embargo-Aktion besprochen worden. In dieser Embargo-Aktion sind im ganzen 12 Staaten vereinigt, unter denen sich die Bundesrepublik befindet. Die Bundesrepublik war eingeladen worden, an dieser Aktion teilzunehmen. Sie hat diese Einladung angenommen, und der Vertreter der Bundesregierung hat vor dem Ausschuß auf Befragen erklärt, daß die Bundesregierung sich auch entschlossen habe, die politische Verantwortung für diese Embargo-Aktion mit zu übernehmen. Diese Haltung der Bundesregierung
') siehe Anlagen 1 Seite 9011,
wurde den Ausschüssen gegenüber damit begründet, daß die allgemeine Linie der Politik der Bundesregierung in Verbindung mit den westlichen Nationen diese Beteiligung rechtfertige, insbesondere im Hinblick und in Durchführung der mit den Vereinigten Staaten getroffenen Abmachungen über die Marshallplan-Hilfe.
Gleichzeitig hat sich der Ausschuß sehr eingehend mit der Frage befaßt, welche Stellung Deutschland im Kreise der übrigen an der Aktion beteiligten Nationen innehat. Es konnte festgestellt werden, daß die Gleichberechtigung, die zweifellos zu Beginn der Beteiligung Deutschlands nicht vorhanden war, von der Bundesregierung schrittweise im Zuge der weiteren Verhandlungen erreicht werden konnte, bis auf zwei Punkte, die Sie in dem schriftlichen Bericht finden. Einer dieser Punkte scheint nunmehr einer für die Bundesrepublik befriedigenden Regelung entgegenzugehen.
Der zweite Punkt bezieht sich auf das schwierige Thema des Abschlusses handelsvertraglicher Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik und den Staaten hinter dem Eisernen Vorhang. Die bisherigen handelsvertraglichen Vereinbarungen gehen auf Verträge zurück, die die seinerzeitigen Militärregierungen bzw. die JEIA mit diesen Staaten abgeschlossen hat. Da die Bundesrepublik bisher die Anerkennung durch die Staaten hinter dem Eisernen Vorhang nicht erhalten hat, muß sich auch der Abschluß handelspolitischer Vereinbarungen weiterhin auf diese Grundverträge stützen. Der Ausschuß schlägt Ihnen den Antrag, den Sie zu diesem Punkt in dem schriftlichen Bericht finden, zur Annahme vor.
Eingehend ist die Frage behandelt worden, welche Wirkung die Embargo-Aktion praktisch hätte. Dem Ausschuß ist eine ganze Anzahl von Unterlagen vorgelegt worden. Es sind erhebliche Zweifel zum Ausdruck gekommen, ob die Embargo-Aktion in der Tat den seinerzeit gedachten Erfolg gehabt hat. Diesen Zweifeln gibt der Ausschuß in seinem Bericht Ausdruck. Eine andere Frage ist es — auch diese Frage wurde sehr eingehend geprüft —, ob Deutschland im Rahmen der Embargo-Aktion nicht nur gleiche Pflichten, sondern auch gleiche Rechte hat. Die Zahlen, die bekannt sind, deuten darauf hin, daß 'Deutschland bei der sehr strikten Innehaltung aller Bestimmungen, die sich die Bundesregierung offensichtlich auch nach dem Eindruck des Ausschusses zur Pflicht gemacht hat, im Gegensatz zu anderen beteiligten Nationen im Ost-West-Handel besonders ungünstig abgeschnitten hat. Der Ausschuß hat den dringenden Wunsch, daß die Bundesregierung darauf hinwirkt - soweit es die Sicherheit Deutschlands zuläßt und im Rahmen der mit den übrigen westlichen Nationen gemeinsam geführten Politik —, daß ein baldiger Abbau der Vorbehaltslisten erfolgt, nicht nur damit der besonders für Deutschland seit jeher wichtige Ost-West-Handel von deutscher Seite ungehindert wieder aufgenommen werden kann, sondern vor allem auch, weil der Ausschuß der Meinung ist, daß eine solche Neuentwicklung des Ost-West-Handels dazu beitragen kann, die gespannte politische Atmosphäre zwischen Westen und Osten zu entgiften.
Was nun die Behandlung der Ausnahmeanträge anlangt, die von sämtlichen Staaten dauernd gestellt werden, so haben wir im Ausschuß nicht feststellen können, daß in formaler Hinsicht Deutschland schlechter als andere Staaten behandelt ist.
Lebhafte Kritik wurde an dem Verfahren innerhalb Deutschlands hinsichtlich der Behandlung von Ausfuhranträgen geübt. Hier hat die Bundesregierung seit der Einbringung der Interpellation zu einem Teil bereits Abhilfe schaffen können; zu einem Teil finden Sie in unseren Anträgen entsprechende Anregungen an die Bundesregierung.
Ich bitte Sie im Namen der beiden Ausschüsse, die Anträge der Ausschüsse, die Sie in dem schriftlichen Bericht unter a) bis d) verzeichnet finden, anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Besprechung im Rahmen der Redezeit von 60 Minuten.
Das Wort hat der Abgeordnete Kalbitzer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir nehmen mit Genugtuung davon Kenntnis, daß der Außenpolitische Ausschuß sich in dieser spannungsreichen Frage einmütig zu einem Antrag an das Plenum entschlossen hat. Dieser Antrag wurde bei seiner Veröffentlichung einigen Mißdeutungen in der Öffentlichkeit ausgesetzt. Um diese Mißdeutungen richtigzustellen, ist es notwendig, kurz auf sie einzugehen. Die Stellungnahme des Ausschusses ist überhaupt nicht anläßlich der Moskauer Weltwirtschaftskonferenz herausgegeben worden. Es ist ein rein zeitlicher Zufall. Schon Ende vorigen Jahres hat meine Fraktion den entsprechenden Antrag eingebracht und dem Plenum die Stellungnahme, wie sie der Ausschuß hier einmütig beschlossen hat, vorgeschlagen.
Die andere Mißdeutung in der Presse und in der sonstigen Öffentlichkeit beruht darauf, daß man sagt, man wolle und man brauche in Deutschland den Osthandel auf jeden Fall und man brauche diesen Osthandel durch private Initiative. Dieses Argument der privaten Initiative ist ja auch auf der sogenannten Moskauer Weltwirtschaftskonferenz forciert worden, indem die russische Staatswirtschaft westliche Privatunternehmer eingeladen hat, um diese dafür zu erwärmen, daß die westliche Privatwirtschaft Vorspanndienste für die russische Staatswirtschaft leiste. Wir sind nicht dieser Meinung. Voraussetzung für die Verstärkung des west-östlichen Handels ist vielmehr, daß die Gleichwertigkeit des Handels auf jeden Fall garantiert wird. Das ist nicht möglich, wenn die östliche Staatswirtschaft, natürlich zentral geplant, ihre Einfuhren und Ausfuhren dirigiert und auf der westlichen Seite der private Unternehmer, allein nach seinem persönlichen Geschäftserfolg berechnend, nun den Handel fördert. Es würde dahin kommen, daß man Maschinen gegen Kaviar eintauscht, und das kann nicht der Sinn und Zweck der westlichen Wirtschaft sein, wenn sie sich, wie wir es vorschlagen, mit dem Osten handelsmäßig mehr vereint, als es in den letzten Jahren der Fall gewesen ist. Gegen ein Staatshandelsmonopol des Ostens hilft nur eine gleichwertige Organisation des Westens. Insofern halten wir es auch für verständlich, daß die westlichen Haupthandelsländer sich in Paris zu einer gemeinsamen Organisation zur Überwachung des westlichen Handelns mit dem Osten zusammengeschlossen haben. Denn jede östliche Wirtschaft ist a priori, ob mit oder ohne ausdrückliche Organisation, in gleicher Weise von vornherein dirigiert.
Was die Moskauer Weltwirtschaftskonferenz anlangt, so möchten wir besonders darauf hinweisen, daß die dort von östlicher, von russischer, chine-
sischer und anderer Seite vorgebrachten Offerten noch wenige Wochen vorher in einem entsprechenden Ausschuß der Europawirtschaftskommission der Vereinten Nationen, der ECE, in Genf durch den Herrn russischen Delegierten Arkadijew ausdrücklich abgelehnt worden waren. Außerdem aber hatten die Russen und alle anderen östlichen Handelspartner nicht erst auf dieser Weltwirtschaftskonferenz, sondern durch die bestehenden Handelsverträge zwischen Ost und West jederzeit in den langen Jahren Gelegenheit, diese Handelsofferten, die sie in Moskau propagandistisch vorgebracht haben, zu machen. Insofern ist faktisch in Moskau nichts Neues gewesen, sondern es ist dort nur eine neue Propagandamethode praktiziert worden.
Wir haben in Moskau etwas Neues in bezug auf die Bundesrepublik gehört, und zwar, daß die russische Regierung jetzt auch bereit sei, mit der Bundesrepublik selber Handel zu treiben. Wir begrüßen diese Anerkennung der wirtschaftlichen Verbindung zwischen Ost und West von der russischen Seite, möchten aber — und das ist mit der wesentliche Sinn des hier vorliegenden Antrags — von vornherein die Bedingungen klarmachen. Sie gehen dahin, von vornherein Handelsbeauftragte mit gleichen Rechten wechselseitig anzuerkennen. Es soll also nicht in der Weise verfahren werden, daß private deutsche Unternehmer in Moskau den Mund wässerig gemacht bekommen mit Luft-Aufträgen und dann nicht zwischen deutschen westlichen Wirtschaftsnotwendigkeiten und Propaganda unterscheiden können.
Unser Vorschlag geht deshalb darauf hinaus, daß man ohne diese auf der Weltwirtschaftskonferenz praktizierte Propaganda die Herstellung korrekter Handelsbeziehungen fördert. Dazu gehört nach Lage der Dinge natürlich, daß die Bundesrepublik auch in formaler Hinsicht ein gleichwertiger Handelspartner gegenüber der Sowjetunion wird.
Auf der andern Seite sind in der Öffentlichkeit Stimmen laut geworden, die grundsätzlich jeden Osthandel ablehnen wollten und so weit gegangen sind, zu sagen, daß wir mit diesem Vorschlag auf Forcierung des Osthandels unsere in Rußland befindlichen Kriegsgefangenen verrieten oder, anders ausgedrückt, daß wir damit den Todfeind — wie man sagt — der westlichen Welt stärkten. Beides ist nicht der Fall, und beides ist selbstverständlich nicht beabsichtigt. In der Vergangenheit sind Kriege sehr oft Handelskriege gewesen. Worauf es uns ankommt, ist, daß es in diesem Fall jedenfalls nicht an uns liegen soll, wenn sich die westöstlichen Beziehungen weiter verschärfen, sondern daß, soweit es in unseren Kräften hier im Parlament steht, diese Gegensätze gemildert werden.
Das weitere Argument, das vor allen Dingen von amerikanischer Seite nach Deutschland und in den ganzen Westen sehr aktiv propagandistisch hineingebracht wird, ist, daß wir mit dem west-östlichen Handel die russische Kriegsmacht stärkten, die dann ihrerseits den Westen bedrohe. Ich glaube, gegen dieses vorwiegend amerikanische Argument hilft am besten, den gegenwärtigen Präsidenten der Vereinigten Staaten, Mr. Truman, zu zitieren. Am 2. Juni 1951 hat er gesagt:
Wir unterbinden den Handel mit dem Osten nicht vollständig, durch den sich die freie Welt wichtige Rohstoffe wie Kohle, Holz, Manganerz, Chrom, Asbest und andere knappe Waren beschafft.
Das sagt mehr als alle Propaganda, daß der westöstliche Handelsaustausch auch für den Westen wesentliche wirtschaftliche und auch kriegsstrategische Vorteile hat. Ein Embargo des Rußlandhandels kann die russische Kriegsmacht deshalb nicht schwächen, weil gerade die wichtigsten sogenannten strategischen Güter durch dieses Embargo zwar der Form nach, aber nicht de facto erfaßt werden. Wir haben eine Überzahl von Beweisen, daß gerade diese wichtigsten Rohstoffe, die im Westen wie im Osten gleichmäßig knapp sind, in jedem Fall den Weg über die russische Grenze gefunden haben und daß von allen westlichen Ländern mit baren Dollars gekauft worden ist bzw. durch Gegenlieferung anderer wichtiger Waren wichtige Rohstoffe auch nach dem Westen hereingeholt worden sind.
Es ist auch nicht so, daß man feststellen könnte, daß durch dieses Warenembargo die kriegswichtigen Produkte im Osten verknappen und eine russische Rüstung dadurch geschwächt wird, sondern man muß feststellen, daß im Westen wie im Osten, gerade je kriegswichtiger die Rohstoffe sind, sie auch auf beiden Seiten um so knapper sind und beide Weltmächte gleichmäßig versuchen, im andern Teil der Welt gerade an diese knappen Rohstoffe heranzukommen. Eine Normalisierung der Handelsbeziehungen könnte deshalb nur gute Wirkungen sowohl für die politischen Beziehungen als auch im Hinblick auf das Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen im Osten haben. Ich möchte noch ausdrücklich betonen, daß dieser Beschluß nicht in der Weise mißdeutet werden kann, daß wir uns hierdurch mit dem Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen und mit dem Schicksal der Deutschen in den Konzentrationslagern der Ostzone in irgendeiner Weise abfinden. Unsere Forderung richtet sich nicht nur an die deutsche Bundesregierung, sondern im wesentlichen auch mit an die beiden hauptsächlich in Frage kommenden Weltmächte.
Es ist notwendig, daß die Vereinigten Staaten ihre Illusionen aufgeben, als könne man durch eine Blockade das russische Reich in die Knie zwingen. Das ist bisher nicht der Fall gewesen, und es ist eine wirtschaftliche Tatsache, daß die Russen autark sind und ihr Land groß genug ist, um das, was ihnen der Westen nicht liefert, sich entweder illegal zu beschaffen oder im eigenen Lande herzustellen. Ja, wir müssen sogar beobachten, daß wichtige Produkte aus dem Westen, die dem Osten vorenthalten werden, nach der Errichtung neuer Industriezweige und der Aufnahme neuer Produktionen im Osten selber hergestellt werden und somit den Handelsaustausch der Welt schmälern.
An die Russen haben wir insbesondere die Forderung zu richten, sie mögen es nicht bei den Moskauer Proklamationen, die den Handel mit der Bundesrepublik betreffen, als bloßer Propaganda bewenden lassen, sondern sich entschließen, wirklich bevollmächtigte Handelsvertretungen zwischen Westen und Osten mit gleichen Rechten und gleichen Aufgaben auszutauschen. Die Russen mögen sich entschließen, diese Frage nicht zu einer Propagandafrage zu machen, sondern sie auch in Rußland so ernst zu behandeln, wie wir sie von deutscher Seite aus behandeln möchten. Man würde die Ansätze zu einer Normalisierung der Beziehungen schwächen, wenn man diese Frage durch Propaganda in ein falsches Licht rückte.
Unsere Bundesregierung erklärte in ihrer Stellungnahme, daß sie die Grundsätze, die der Ausschuß aufgestellt habe — sich nämlich für einen
korrekten West-Ost-Handel einzusetzen —, bejahe. Bisher konnte festgestellt werden, daß die Bundesrepublik den illegalen Handel mit Erfolg bekämpft und eingeschränkt hat. Aber wir konnten bisher nicht feststellen, daß sie sich bei dem Embargo-Ausschuß in Paris — in dem sie, wie die Regierungsvertreter aussagten, gleichberechtigtes Mitglied ist — dafür einsetzt, daß die Vorbehaltslisten für den Osthandel für alle Länder gleichmäßig eingeschränkt werden, d. h. daß der Ost-West-Handel nicht zu einem Konkurrenzkampf zwischen westlichen Ländern wird, die mit allen möglichen offenen und verdeckten Methoden versuchen, dem anderen westlichen Handelspartner den Rang abzulaufen. Die Bundesregierung möge sich in diesem Ausschuß dafür einsetzen, daß die Normalisierung des Handels vom Westen aus in der Form gefördert wird, daß die Vorbehaltslisten überprüft und für alle Länder gleichmäßig wirksam zusammengeschnitten werden.
In diesem Sinne unterstützen wir den Antrag des Ausschusses.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Merkatz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde unterstützen den Antrag des Ausschusses. Er enthält alle wesentlichen Elemente — wie auch von dem Herrn Vorredner erläutert —, die wir als eine Einleitung zur Normalisierung der Handelsbeziehungen mit den Staaten des Ostblocks betrachten können. Wir treten für diese Normalisierung unter der Voraussetzung ein, daß es korrekte Beziehungen sind. Dabei lassen wir uns von dem Gedanken leiten, daß gerade in der gegenwärtigen Situation und der Entwicklung, die sich aus ihr ergeben kann, jede Verschärfung vermieden werden muß. Allerdings vergessen wir nicht das grundsätzliche Anliegen, daß eine Voraussetzung für die Möglichkeit solcher Beziehungen die Herausgabe der immer noch festgehaltenen Kriegsgefangenen sein sollte.
Den Gedanken der Normalisierung der Beziehungen wird man auch dadurch zu fördern haben — wie es im Ausschußantrag gefordert worden ist —, daß das alliierte Mitbestimmungsrecht bei den Handelsverträgen mit den Ostblockstaaten abgeschafft wird. Wir empfehlen der Regierung, sich nur solchen Bestimmungen zu unterwerfen, wie sie auch den westlichen Staaten auferlegt sind.
Meine politischen Freunde billigen ausdrücklich die Beteiligung der Bundesregierung an der Embargo-Politik, die der westlichen Welt aufgezwungen worden ist. Wir möchten hierbei aber dem Grundsatz Ausdruck geben: Entweder eine einheitliche Embargo-Politik oder keine Embargo-Politik, weil nur eine einheitliche Embargo-Politik die Wirksamkeit dieser Politik zu fördern vermag. Voraussetzung dazu ist eine einheitliche Durchführung der Bestimmungen in den westlichen Ländern, und zwar eine einheitliche Durchführung in der Tat und im Geist. Es muß verhindert werden, daß bei der Anwendung der Bestimmungen gemogelt wird. Nur bei einer vollkommenen Geschlossenheit der westlichen Front kann das mit der Embargo-Politik erstrebte Ziel erreicht werden.
Ich wiederhole: Meine politischen Freunde billigen den vom Ausschuß vorgeschlagenen Antrag.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Friedensburg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn sich die deutsche Öffentlichkeit der ganzen ernsten Dringlichkeit des hier erörterten Problems noch nicht bewußt ist, so liegt es daran, daß wir infolge der allgemeinen Wirtschaftsumstände der westlichen Welt die Sorgen um den Absatz nicht so kennen, wie es in anderen Zeiten der Fall gewesen ist. Wir wollen uns aber daran erinnern, welche Bedeutung einmal der Ost-West-Handel im Rahmen der deutschen Volkswirtschaft gehabt hat. Die schwere Wirtschaftskrise von 1931/32/33 hätte wahrscheinlich noch ganz andere Ausmaße angenommen, wenn damals nicht die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und dem Osten einen verhältnismäßig günstigen und beharrlichen Stand behauptet hätten. Wir können uns aber darauf wohl nicht verlassen. Wir wollen sogar hoffen, daß der Nachholbedarf des Krieges und die ungewöhnliche außenpolitische Lage, die die jetzige Konjunktur verursachen, in nicht zu ferner Zeit einmal ein Ende finden, und wir müssen uns klar sein, daß unsere Industrie dann vielleicht vor ähnlichen Absatzsorgen stehen wird, wie wir sie nach dem ersten Weltkriege zeitweilig gekannt haben.
Unter diesen Umständen verdient die hier behandelte Angelegenheit ernsteste Aufmerksamkeit. Wir halten die Empfehlungen des Ausschusses für durchaus zutreffend, treten ihnen bei und sind auch mit dem Bericht, der uns erstattet worden ist, im allgemeinen einverstanden. Aber, meine Damen und Herren, bei der großen und — ich wiederhole es — ernsten Bedeutung der Angelegenheit sind vielleicht noch einige Ergänzungen unerläßlich.
Der Herr Berichterstatter hat gemäß den schriftlichen Ausführungen des Berichtes festgestellt, daß Deutschland in der Durchführung des Embargos nicht benachteiligt sei. Das gilt nur formell. In der Sache können wir gar nicht anders als mit Bedauern feststellen, daß Deutschland in dieser Hinsicht diskriminiert ist, und zwar sehr erheblich diskriminiert ist. Ich möchte dem Hohen Hause hierzu einige Zahlen mitteilen, die, glaube ich, ebenso grotesk wie erschreckend sind. Die westeuropäischen Länder haben im letzten Jahre mit den Ostblockländern Außenhandel getrieben, der insgesamt, in Dollarwert umgerechnet, annähernd wieder den Stand von 1938 erreicht hat; in der Einfuhr, haben wir ausgerechnet, 89 % des Standes von 1938, in der Ausfuhr 107 %.
Dagegen hat Deutschland, die Bundesrepublik, in der Einfuhr nur 13 % und in der Ausfuhr 26 % des Vorkriegsstandes erreicht, also ein Abstand, wie er ärger nicht gedacht werden kann.
Nun haben bei dieser Steigerung die skandinavischen Länder den Hauptanteil, den Löwenanteil davongetragen. Aber selbst Großbritannien, das ja doch als eine der politisch tragenden Mächte noch ganz anders an der Durchführung des Embargos interessiert sein sollte, ist im Verkehr mit den Ostblockstaaten in der Einfuhr heute nahezu auf dem Vorkriegsstande angelangt und in der Ausfuhr auch bereits auf 53 %, also doppelt so hoch wie Deutschland. Italien hat den Vorkriegsstand überschritten.
Unter diesen Umständen sind wir ein wenig in Sorge, ob die Feststellung genügt, daß formalrechtlich alles in Ordnung ist. Wir wollen hier nicht in
die Erörterung der etwas schwierigen Frage eintreten, woran es denn liegt, daß Deutschland trotz der scheinbaren formalen Gleichberechtigung praktisch so weit zurückbleibt. Aber ich glaube, es genügt, allein an diese Zahlen zu erinnern, um unserer Bundesregierung nahezulegen, doch nicht nur auf die De-jure- sondern auf die De-facto-
Gleichstellung künftig zu achten und dafür zu sorgen, daß auch namentlich in der Durchführung der Kontrolle, die j a leider noch nicht in unseren Händen liegt, mit gleichem Maß gemessen wird. Ich kann meinen beiden Herren Vorrednern in dieser Frage nur zustimmen.
Meine Damen und Herren! Ich mochte selbstverständlich daran erinnern, daß wir, wie das j a auch schon vom Kollegen Kalbitzer geschehen ist, dieses Problem nicht ganz ohne Rücksicht auf die gesamtpolitische Lage behandeln können. Es liegt nun einmal das Mißverständnis nahe, als sollten wir mehr oder weniger jetzt ein Opfer der neuen Propagandawelle werden, die vom Osten aus gestartet wird, um vielleicht auch gerade mittels der Anreize des gesteigerten Außenhandels Zwietracht zwischen die Westmächte zu säen. Das müssen wir selbstverständlich im Auge behalten. Aber wenn wir mit allem Nachdruck und mit größter Festigkeit darauf bestehen, zum mindesten nicht schlechter behandelt zu werden als die anderen, und wenn die Wiederherstellung unserer Souveränität auch auf diesem Gebiete nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem Inhalt nach verwirklicht werden soll, so kann uns, glaube ich, niemand nachsagen, wir wollten damit die Solidarität des Westens, an der auch wir selbstverständlich festhalten, irgendwie beeinträchtigen.
Eine Bemerkung des Herrn Kollegen Kalbitzer von der sozialdemokratischen Fraktion nötigt mich zu einem gewissen Vorbehalt. Ich weiß nicht, wie er es verstanden wissen will; aber man könnte daraus lesen, als wenn wir gegenüber der straffen und einheitlichen Handelsorganisation, die der Osten in den Beziehungen uns gegenüber zur Geltung bringen kann, eine, wie er sagte, gleichwertige Handelsorganisation aufbauen sollten. Ich hoffe, die sozialdemokratischen Kollegen wünschen nicht, daß wir nun, aus an sich begreiflicher Sorge, auch in einen staatlich gelenkten Außenhandel eintreten. Das könnte bei manchen praktischen Verhandlungen gegenüber dem Osten vorübergehend Erleichterungen bringen. Aber wir würden das Wirtschaftssystem, an dem wir festzuhalten wünschen, das sich in seinen Erfolgen i a auch so glänzend bewährt, gefährden, wenn wir an eine solche Lösung herangehen wollten.
Jedenfalls wünschen 'wir unter keinen Umständen eine doppelte Moral. Es ist unbestritten festgestellt worden, daß wir einen Teilaußenhandel mit den Ostblockländern über die Staaten des Westens hinweg betreiben. Der Ostasiatische Verein hat festgestellt, daß im Jahre 1951 für 205 Millionen deutsche Waren nach China gegangen sind, und zwar ausschließlich über die Länder des Westens, darunter auch über die Vereinigten Staaten. Das ist ein Zustand, der unter keinen Umständen andauern darf. Abgesehen von der darin liegenden Unmoral und der Ungehörigkeit gegenüber einem ebenbürtigen Partner hier in der westlichen Zivilisation liegt es doch praktisch auch so, daß der ganze Zwischengewinn, den man auf 10 bis 15 % bemessen kann, uns auf diese Weise verlorengeht, d. h. daß wir nicht den Nutzen aus dem Handel haben, den andere Leute einstecken. Das bedeutet
eine schwere Sonderbelastung für unsere Wirtschaft, die wir nicht haben wollen.
Wir wünschen selbstverständlich auch — und das möchte ich noch zum Schluß betonen —, gerade von dieser Seite her zu einer Überbrückung der unseligen Kluft, zu einer Entspannung in den Beziehungen zwischen Ost und West beizutragen. Wir sind nun einmal die Hauptleidtragenden an dieser Spannung; wir sind deshalb auch am meisten daran interessiert, daß sie gemildert wird. Wir Deutschen sind auch nach unserer geographischen Lage gerade am meisten an den handelsmäßigen Ost-West-Beziehungen interessiert. Für die Stadt Berlin, für die ich hier im Hause zu sprechen habe, ist es geradezu eine Lebensfrage, daß der Ost-West-Handel wieder auf legale und vernünftige Weise in Gang kommt.
Es ist einmal gesagt worden: Wenn die Waren nicht mehr über die Grenzen gehen, dann werden bald die Armeen über die Grenzen marschieren. — Wir haben den größten Wunsch, daß ein solcher Zustand beseitigt wird und daß Deutschland aus seinem Fleiß und seiner Tüchtigkeit — gerade auch gegenüber dem Osten — seinen Nutzen ziehen kann.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung bekennt sich selbstverständlich zu den hier vertretenen und ausgearbeiteten Grundsätzen. Insoweit ist zu dem hier Ausgeführten vom Standpunkt der Bundesregierung nichts hinzuzufügen. Die letzten Ausführungen aber, glaube ich, bedürfen einer — ich will nicht sagen: Richtigstellung, denn die Zahlen sind selbstverständlich richtig — doch etwas andersartigen Beleuchtung. Mein Herr Vorredner verglich den Handel mit den Ostblockstaaten vom vergangenen Jahr mit dem vom Jahre 1938. Ich glaube, dieser Vergleich kann zu keinen zutreffenden Ergebnissen führen; denn das deutsche Reichsgebiet im Jahre 1938 ist, wie wir alle wissen, rein größenordnungsmäßig etwas anderes gewesen. In diesem Jahre waren wir in unserem Außenhandel von der übrigen Welt bereits, wenn nicht gerade abgeschnitten, aber doch stark behindert, und unsere ganzen außenwirtschaftlichen Energien waren sehr stark auf den Südostraum verlagert, häufig sogar unter gewissem politischen Druck.
Ich glaube, der richtige Vergleichsmaßstab ist der, wenn wir sehen: Wie hat sich der Außenhandel unserer europäischen Nachbarn mit den Ostblockstaaten und den Satellitenstaaten im Jahre 1951 gestaltet, und wie war unser eigenes Außenhandelsvolumen selbst? — England hatte im Jahre 1951 in diesen ganzen Staatenkomplex einschließlich der Sowjetunion für 360 Millionen DM exportiert, Italien für 250 Millionen DM, Frankreich für 130 Millionen DM, Belgien für 150 Millionen DM. Wir selber hatten zu dieser Zeit keine Beziehungen mit der Sowjetunion, auch nicht mit Rumänien und nicht mit Bulgarien. Trotzdem hat der deutsche Außenhandel mit den Reststaaten des Ostblocks 300 Millionen DM ausgemacht. Wenn wir also einmal von der Sowjetunion absehen, mit der wir eben aus verständlichen Gründen noch nicht zu Wirtschaftsbeziehungen gelangten, so steht Deutschland im Jahre 1951 in seinen Exporten nach den Ostblockländern sogar an erster Stelle der
übrigen europäischen Länder. Das -soll also, wie gesagt, keine Berichtigung sein, sondern nur eine Beleuchtung des Tatbestandes unter einem, wie ich glaube, realistischeren Aspekt.
Das Wort hat der Abgeordnete Rische.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gab heute erstaunlich viele gute Argumente für eine normale Angelegenheit, wie sie nun einmal der Ost-West-Handel darstellt. Wir können eine ganze Reihe dieser Argumente nur unterstützen, da uns selbstverständlich die Lage in der westdeutschen Wirtschaft nicht unbekannt
und das Drängen vernünftiger Kreise in der Wirtschaft auf einen ungehinderten Handel mit den Staaten des Ostens eben eine nationale Angelegenheit erstrangiger Bedeutung ist. Ich möchte hinzufügen: So wie man den Ost-West-Handel mit guten Argumenten forcieren muß, so muß man von dieser Stelle aus auch bald eine Lanze brechen für den ungehinderten innerdeutschen Handel, der uns doch zunächst einmal besonders naheliegt und der eine Brücke sein kann für die ungehinderte Entfaltung des Handels mit den Ländern des Ostens.
Herr Friedensburg hat hier, so möchte ich sagen, auch die richtige Antwort erteilt, indem er sagte: Wenn die Waren nicht mehr über die Grenzen gehen, werden bald die Armeen folgen. — Ich möchte sagen: Die Situation ist in der Tat heute derart, daß wir uns auch von dieser Seite her um ein vernünftiges wirtschaftliches, freundschaftliches Verhältnis zu den Völkern des Ostens bemühen müssen.
Nun zu diesem schriftlichen Bericht. Hier wird ausdrücklich noch einmal unterstrichen, daß der Bundestag und die Bundesregierung die diskriminierende Embargo-Politik durchführen sollen, eine Politik, die uns im Zuge des Marshallplans und — man muß hinzufügen — jetzt verstärkt auch im Zuge des Generalvertrages oktroyiert werden soll. Hier steht einfach die Frage: Entweder ist man für dieses unsinnige Embargo, oder man ist dagegen. Man kann nicht für den ungehinderten Ost-West-Handel sein, wenn man der Embargo-Politik auch nur in einer einzigen Hinsicht hier in Westdeutschland Tor und Tür öffnet; denn diese Embargo-Politik ist ja gerade diejenige, die uns daran hindert, mit den Völkern des Ostens aus wirtschaftlichen Interessen heraus vernünftigen Handel zu treiben. Darum sind auch die auf Seite 2 des schriftlichen Berichts angeführten Argumente gegen die internationale Wirtschaftskonferenz in Moskau in keiner Weise stichhaltig.. Herr Kalbitzer dürfte zur Genüge wissen — und er hat auch einige vernünftige Argumente hierfür gebracht —,
daß es die Aufgabe dieser Konferenz war, nicht Propaganda zu verkünden, sondern vernünftige Wege Schritt für Schritt zu eröffnen, um den Handel unter den Völkern wieder aufzunehmen. Alle diese Vorbehalte, die hier formuliert worden sind, alle diese Dinge, die man von der Seite des Ostens aus abbauen soll, bestehen überhaupt nicht. Es wäre im wirtschaftlichen Interesse der Bundesrepublik gewesen, wenn, offiziell durch die Regierung unterstützt, eine starke westdeutsche Delegation nach Moskau gefahren wäre, und ich bin mir dessen gewiß: sie wäre mit einer Reihe noch
größerer Aufträge zurückgekommen, und heute könnten wir eventuell schon in der glücklichen Lage sein, diese Verträge hier im Parlament zu ratifizieren.
Meine Damen und Herren, ich bin darum der Meinung, daß die Frage .des Ost-West-Handels trotz aller guten Argumente, die heute hier vorgebracht worden sind, nicht so behandelt werden kann, wie es in dem vorliegenden schriftlichen Bericht geschieht. Wir sollten sehen, daß auch der Versuch, über den sogenannten Generalvertrag Freiheit im Ost-West-Handel zu bekommen, von vornherein scheitern muß; denn der Generalvertrag ist ein einziges Embargo gegen die Politik ganz Deutschlands und ein Embargo gegen das Wiedererstehen der Einheit Deutschlands und damit auch von vornherein das größte Hindernis für die Entfaltung eines ungehinderten Ost-West-Handels nach allen Richtungen.
Auf der Moskauer Wirtschaftskonferenz sind in der Rede des Vorsitzenden der sowjetischen Handelskammer, Nesterow, ganz konkrete Vorschläge über den Warenaustausch mit Westdeutschland gemacht worden. Sie wissen ganz genau, daß die Sowjetunion vorgeschlagen hat, Getreide, Holz, Mangan- und Chromerz, Erdölerzeugnisse und andere Waren zu liefern. Meine Damen und Herren, das sind Waren, die man allgemein als kriegswichtige, strategische Waren betrachtet, und wir sind der Meinung, daß der Hinweis im Bericht auf das Embargo und die Notwendigkeiten der Verteidigung absolut unzulässig ist.
Nun noch ein Wort zum Schluß. In den wirtschaftlichen Leitsätzen der Sowjetnote sind genaue Bestimmungen über die Freiheit der deutschen Wirtschaft enthalten. Wer den Ost-West-Handel will, muß den Friedensvertrag wollen. Ich möchte im Hinblick auf die gleich beginnende Debatte über den Lastenausgleich hinzufügen: für die gesamte deutsche Wirtschaft, für Hunderttausende deutscher Arbeiter, für die Flüchtlinge und Umsiedler ist der Ost-West-Handel der besten Lastenausgleich.
Das Wort hat noch einmal der Abgeordnete Dr. Friedensburg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen, die unser kommunistischer Kollege gemacht hat, deuten gerade die Gefahr an, mit der wir in dieser Angelegenheit zu rechnen haben. Gerade das, was er will, wollen wir nämlich nicht, daß irgendeine Verbindung zwischen diesen nüchternen wirtschaftlichen Dingen und seinen großen politischen Zielen hergestellt wird. Es ist ja höchst bezeichnend, daß er sofort auf den Generalvertrag kommt, wenn wir uns über eine vernünftige Handelspolitik unterhalten,
und wenn Sie meinen, daß da ein unlösbarer Gegensatz besteht, so habe ich eben die Sorge, daß es Ihnen nicht auf eine Normalisierung der Beziehungen, sondern auf die Durchsetzung bestimmter politischer Aufgaben ankommt. Sie werden uns, die wir diese Arbeit vernünftig, ruhig und gelassen machen wollen, die Sache nur erschweren, wenn Sie derartige Reden halten.
Was den Herrn Wirtschaftsminister betrifft, so möchte ich nicht die Gelegenheit benutzen, mich
mit ihm wissenschaftlich auseinanderzusetzen. Aber, Herr Wirtschaftsminister, das Jahr 1938 ist in meinem Sinne doch ein brauchbares Vergleichsjahr gewesen; denn die Zeit der guten Handelsbeziehungen zur Sowjetunion war 1938 schon vorbei. Damals waren sie lange nicht mehr so intensiv wie in den letzten Jahren der Weimarer Republik.
Damit, meine Damen und Herren, ist die Besprechung beendet. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Auswärtigen Ausschusses auf Drucksache Nr. 3282 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen ist dieser Antrag angenommen worden.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/DPB, FU betreffend Untersuchung über deutsches Auslandsvermögen (Nr. 3327 der Drucksachen).
Herr Abgeordneter Dr. Pfleiderer wünscht das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Im Namen der antragstellenden Fraktionen möchte ich den Antrag stellen, die Drucksache Nr. 3327 ohne Aussprache an den Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten zu überweisen und in die Beratungen erst einzutreten, wenn der Bericht des Ausschusses dem Hause vorliegt.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag gehört. Wünscht jemand, das Wort dazu zu nehmen? — Das ist nicht der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die entsprechend dem Antrag des Herrn Abgeordneten damit einverstanden sind, daß dieser Antrag ohne Aussprache dem Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten überwiesen wird, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; die Überweisung ist erfolgt. Damit ist Punkt 4 der Tagesordnung ebenfalls erledigt.
Ich rufe auf Punkt 5:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/DPB eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einfügung eines Art. 120 a in das Grundgesetz .
Ist eine Begründung beabsichtigt? — Offenbar nicht. Der Ältestenrat schlägt Ihnen Verzicht auf eine Aussprache vor.
Ich bitte die Damen und Herren, die damit einverstanden sind, daß dieser Gesetzentwurf ohne Aussprache dem Ausschuß für den Lastenausgleich überwiesen wird, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; die Überweisung ist erfolgt.
— Meine Damen Herren, ich hatte vorgeschlagen, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für den Lastenausgleich zu überweisen; meinen Sie: nur dem Rechtsausschuß, oder auch dem Rechtsausschuß?
— Also: federführend dem Ausschuß für den Lastenausgleich und mitberatend dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht.
— Um so einfacher ist es, Herr Kollege, sie zu überweisen; dann wird er ja keine Veranlassung haben, etwas zu ändern.
— Herr Kollege Mellies zur Frage der Überweisung!
Meine Damen und Herren, etwas Systematik muß in unserer Arbeit doch wohl liegen! Wenn wir hier einen Gesetzentwurf haben, der eine Verfassungsänderung bedingt, dann ist wohl der Rechtsausschuß der zuständige Ausschuß, an den der Antrag zunächst überwiesen werden muß. Der Lastenausgleichsausschuß kann dann mitberatend beteiligt sein. Ich stelle einen entsprechenden Antrag.
Meine Damen und Herren, es geht um die Frage, welcher Ausschuß federführend ist. Es liegt der Antrag vor — Herr Kollege Kunze, ich nehme an, Sie wollen diesen Antrag stellen —: Lastenausgleichsausschuß federführend und Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht mitberatend. Ich bitte die Damen und Herren, die dafür sind, daß der Lastenausgleichsausschuß federführend ist, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit. Dann darf ich unterstellen, daß der Rechtsausschuß federführend und der Lastenausgleichsausschuß mitberatend sein soll; diese Einigkeit haben wir hergestellt.
Ich rufe nun Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/DPB, FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz (LA-TZG) (Nr. 3330 der Drucksachen).
Eine Begründung ist auch hier nicht vorgesehen. Wird eine andere Überweisung als die an den Lastenausgleichsausschuß für nötig gehalten?
— In dieser Frage offenbar nicht. Ich darf unterstellen, daß das Haus mit der Überweisung dieses Gesetzentwurfs an den Ausschuß für den Lastenausgleich einverstanden ist. — Das ist der Fall.
Ich komme zu Punkt 7 der Tagesordnung: Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich ; Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (17. Ausschuß) (Nrn. 3300, zu 3300 der Drucksachen, Umdruck Nr. 490).
Berichterstatter:
Abgeordneter Kunze ,
Abgeordneter Dr. Atzenroth (Zweiter Teil
§§ 13-83, 227-241),
Abgeordneter Dr. Bucerius ,
Abgeordneter Dr. von Golitschek ,
Abgeordnete Frau Dr. Weber (Dritter Teil §§ 285-315),
Abgeordneter Meyer (Dritter Teil
§§ 325-327),
Abgeordneter Farke (Dritter Teil
§§ 332-351),
Abgeordneter Kunze ,
Änderungsanträge Umdruck Nrn. 492, 493, 494, 495, 496, 498, 499, 500, 501, 502, 503, 504, 505, 506.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, daß die Berichterstattung, soweit sie noch mündlich erfolgt, jeweils zu Beginn der verschiedenen Teile und Abschnitte des Gesetzes gegeben wird. — Sie sind damit einverstanden.
Zu Beginn der zweiten Beratung, die wir nicht mit einer 'allgemeinen Besprechung beginnen wollen — die allgemeine Besprechung soll in der dritten Beratung stattfinden —, wünscht der Herr Stellvertreter des 'Bundeskanzlers eine Erklärung abzugeben.
Blücher. Stellvertreter des Bundeskanzlers: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler würde den größten Wert darauf gelegt haben, beim Beginn der zweiten Lesung dieses Gesetzes selber für die Regierung zu sprechen. Das ist bei der Bedeutung ides Gesetzes selbstverständlich und erst recht bei idem Gewicht, das der Herr Bundeskanzler immer — und vor allen Dingen in diesem Augenblick — diesem Gesetz beigelegt hat.
Sie wissen, daß er seit einigen Tagen erkrankt ist, und infolgedessen hat die Regierung heute morgen eine Erklärung verabschiedet, die ich Ihnen bekanntzugeben habe.
Das Gesetz, in dessen zweite Lesung Idas Hohe Haus heute eintritt, ist von der Bundesregierung von jeher als eine Aufgabe von außergewöhnlicher Bedeutung betrachtet worden. Das Gesetz will der sittlichen Verpflichtung ides ganzen Volkes Ausdruck geben,
die Lasten des Krieges und seiner Folgen gemeinsam zu tragen.
Es wird für die Dauer eines Menschenalters für einen sehr erheblichen Teil der Bevölkerung die Lebensbedingungen bestimmen und für einen weiteren sehr großen Teil einschneidende Wirkungen haben. Seine Bedeutung liegt in gleicher Weise auf politischem, sozialem, wirtschaftlichem und und finanziellem Gebiet. Die Bundesregierung ist der Überzeugung, daß der Lastenausgleich ebenso einen Beitrag 'zur Befriedung des gesamten sozialen und wirtschaftlichen 'Gefüges der westeuropäischen Welt bedeutet wie eine Leistung, die der unmittelbaren militärischen Verteidigung dient.
Sie begrüßt es deshalb auch, daß bereits jetzt in Aussicht genommen ist, West-Berlin in vollem Umfang in dieses Gesetz einzubeziehen.
Die vielseitige Bedeutung des Gesetzes und seine Ausstrahlungen auf die mannigfaltigsten Lebensgebiete haben zeitraubende Vorarbeiten und sehr eingehende Beratungen im Ausschuß erforderlich gemacht. Die Schwierigkeit der Materie führte zu Verzögerungen, die von der hierüber nicht voll unterrichteten Öffentlichkeit oft beklagt wurden. Die Bundesregierung teilt aber die Auffassung des Ausschusses, daß das Gesetzgebungswerk nunmehr abgeschlossen werden muß und daß Verfeinerungen und Verbesserungen, die auch nach Auffassung der Bundesregierung wünschenswert wären, späteren Ergänzungsgesetzen vorbehalten bleiben müssen.
Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß die Durchführung dieses Gesetzes an die Behörden, die es durchzuführen haben, ganz außerordentliche Anforderungen stellen wird. Sie spricht die Erwartung aus, daß die Behörden sich mit voller Kraft der Aufgabe widmen werden.
Der Gesetzentwurf mutet der abgabepflichtigen Wirtschaft ebenso wie den öffentlichen Haushalten Opfer zu, die nach der überwiegenden Auffassung des Ausschusses und der Bundesregierung das Äußerste darstellen, was unter Berücksichtigung der im übrigen bestehenden Belastungen zur Zeit noch tragbar erscheint.
Bis zu dieser äußersten Grenze der jetzt möglichen Belastung zu gehen, erschien im Hinblick auf die Notlage der Geschädigten unbedingt notwendig.
Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß dieses Gesetz auch in seiner nunmehr dem Hohen Haus vorliegenden Fassung weder die Geschädigten noch die Abgabepflichtigen voll befriedigt. Das liegt im Wesen der gestellten einmaligen Aufgabe. Das Gesetz verlangt Einsicht und Opfer auf beiden Seiten und kann nur dann zur vollen Wirkung gelangen, wenn die innere Bereitschaft dazu auch auf beiden Seiten vorhanden ist.
Das Gesetz strebt an, einen Teil der Abgabebeträge voraus verfügbar zu machen, indem es Vergünstigungen bei vorzeitiger Zahlung der Abgabe gewährt und die Durchführung eines Naturalausgleichs fördert. Über diese Maßnahmen hinaus sieht die Bundesregierung es als ihre Aufgabe an, dem Lastenausgleichsfonds in den ersten Jahren zusätzliche Mittel für die Vorfinanzierung der produktiven Eingliederung der Geschädigten zur Verfügung zu stellen, und zwar möglichst durch innere und äußere Anleihen des Lastenausgleichsfonds unter der Bürgschaft des Bundes.
Soweit Mittel des Lastenausgleichs nicht mehr im alten Umfange für den Sozialen Wohnungsbau verfügbar sind, ist die Bundesregierung gewillt, für die Sicherung der Mittel für den Sozialen Wohnungsbau alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
Die Bundesregierung spricht die Hoffnung aus, daß aus einer Steigerung der deutschen Wirtschaftskraft später Mittel zur Verbesserung des Gesetzes gewonnen werden können. Die Bundesregierung hofft zuversichtlich, daß durch dieses Gesetz und durch die zusätzlichen Bemühungen aller Beteiligten das Ziel des Gesetzgebungswerkes erreicht wird: zu seinem Teil zur inneren Befriedung unseres Volkes und zur Festigung seines gesellschaftlichen Gefüges beizutragen.
Meine Damen und Herren, ich wies darauf hin, daß eine allgemeine Besprechung nicht stattfinden sollte. Ich bin darüber unterrichtet worden, daß Herr Abgeordneter Nöll von der Nahmer für die Fraktionen der Regierungskoalition eine Erklärung abzugeben wünscht und daß auch von Herrn Abgeordneten Kriedemann beabsichtigt ist, eine Erklärung abzugeben. Darf ich Ihnen vorschlagen, daß mit dieser Abgabe der Erklärungen die Einleitung der zweiten Besprechung dann beendet ist, so daß wir in die Einzelbesprechung eintreten können. Darf ich die Meinung des Hauses dahin feststellen, damit wir nicht zu einer ungemäßen — —
— Wir haben keine allgemeine Aussprache, Herr Abgeordneter Renner. Sie findet bei der dritten Beratung statt. Ich habe mir wiederholt gestattet, das entsprechend unserer Geschäftsordnung vorzuschlagen.
— Zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Renner das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach unserer Geschäftsordnung hat das Haus das Recht, nach einer Regierungserklärung eine Aussprache zu fordern. Nach unserer Geschäftsordnung besteht aber keine Möglichkeit, nur einigen oder einer Fraktion des Hauses dieses Recht zu geben. Wenn schon eine Aussprache zu einer Regierungserklärung hier stattfinden soll,
dann hat das ganze Haus, haben alle Fraktionen und Gruppen dieses Hauses das Recht, zu dieser Regierungserklärung Stellung zu nehmen. Ich nehme an, daß Sie Ihre eigene Geschäftsordnung nicht biegen oder brechen wollen, um zu erreichen, daß zu dieser sehr diskutablen Regierungserklärung nur der eine pro und der andere contra reden kann.
Also ich beantrage, nach der Geschäftsordnung eine freie allgemeine Aussprache zu dieser Regierungserklärung zuzulassen.
Herr Abgeordneter Renner, Sie haben uns auf die Geschäftsordnung verwiesen. Ich muß leider diesen Hinweis zurückgeben. Nach
48 Abs. 3 der Geschäftsordnung ist eine Besprechung über eine Regierungserklärung nur dann möglich, wenn 30 anwesende Abgeordnete sie fordern und wenn diese Erklärung außerhalb der Tagesordnung abgegeben wird. Sie können hier nicht unterstellen, daß eine zu einer Beratung eines Gesetzes in der zweiten Lesung abgegebene Regierungserklärung außerhalb der Tagesordnung stattfindet. Es steht dem_ Hause frei, nach § 80 der Geschäftsordnung zu Beginn der zweiten Beratung eine allgemeine Besprechung zuzulassen. Ich habe das Haus gefragt, ob es das wünscht, und das Haus hat seine Meinung dahin zum Ausdruck gebracht, daß es das nicht wünscht. Darf ich noch einmal feststellen: Es wird keine allgemeine Besprechung in der zweiten Beratung gewünscht?
— Herr Abgeordneter Renner zur Geschäftsordnung.
Herr Präsident, es tut mir sehr leid, daß ich mir erlauben muß, Ihre Auslegung der Geschäftsordnung in etwa anzuzweifeln. Sie haben hier ausdrücklich gesagt, daß zu dieser Erklärung der Regierung ein Sprecher der CDU,
ein Sprecher der Koalition und ein Sprecher der SPD das Wort haben sollen.
Aber Sie lassen nur das zu, was Ihnen in den Kram
paßt, meine Herren. Hier handelt es sich darum,
daß die Regierung eine Erklärung abgegeben hat
und daß jede Fraktion und jede Gruppe das Recht
haben muß, zu dieser Erklärung etwas zu sagen;
oder Sie mißbrauchen Ihre eigene Geschäftsordnung.
— Nun j a, Ihr Nein beweist nicht, daß ich Unrecht habe; Ihr Nein beweist nur, daß Sie Ihre eigene Geschäftsordnung nach Belieben biegen oder brechen.
Herr Abgeordneter Renner, ich stelle fest, daß Sie mit dieser Behauptung nicht nur den Präsidenten — ich würde es ertragen —, sondern das ganze Haus beleidigt haben. Ich rufe Sie zur Ordnung.
Meine Damen und Herren, ich frage noch einmal formell: wird von dem Hause eine allgemeine Besprechung in der zweiten Beratung gewünscht?
Wer wünscht sie?
— Das ist außer der kommunistischen Gruppe niemand. Ich stelle also fest, daß eine allgemeine Besprechung nicht stattfindet.
Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Nöll von der Nahmer.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Namens der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP habe ich folgende Erklärung zur zweiten Beratung des Lastenausgleichsgesetzes abzugeben.
Seit Jahren warten Millionen Mitbürger auf einen Ausgleich ihrer materiellen Verluste, die sie in besonders großem Umfang durch den unglückseligen Krieg und die an ihn anschließende Vertreibung aus der angestammten Heimat sowie die großen Kriegssachschäden betroffen haben. Vorschläge aller im Wirtschaftsrat vertretenen Fraktionen, die Lastenausgleichsfrage zusammen mit der Währungsreform 1948 zu lösen, wurden von den Besatzungsmächten abgelehnt. Das daraufhin ergangene Soforthilfegesetz konnte nur den Versuch einer ersten Hilfe bedeuten.
Dem Hohen Hause ist mit dem Lastenausgleich eine gesetzgeberische Aufgabe gestellt worden, für die es in der bisherigen Wirtschaftsgeschichte keinen Vergleich gibt. Nach dem Umfang der aufzubringenden und zu verteilenden Mittel gehört der Lastenausgleich zu den größten Wirtschafts- und Finanztransaktionen der Geschichte. Am 31. Januar 1951 wurde nach der ersten Lesung der Regierungsentwurf dem Lastenausgleichsausschuß zur Beratung überwiesen. Erstes Gebot für die Ausschußarbeit war, eine gründliche Prüfung des
Entwurfs vorzunehmen, dabei aber raschmöglichst den Abschluß der Arbeiten im Interesse sowohl der Geschädigten wie der zur Aufbringung der Mittel Heranzuziehenden nicht aus dem Auge zu lassen.
Über die Zweckmäßigkeit der in noch nicht 15monatiger intensivster Arbeit gefundenen Lösungen bestehen auch innerhalb der Fraktionen der Regierungsparteien bei manchen Punkten Meinungsverschiedenheiten. Je mehr die Beratungen sich mit den großen Einzelfragen befaßten, um so deutlicher wurde sichtbar, wie mit dieser Gesetzesvorlage, welche ohne vergleichbare Vorgänge ist, politisches und wirtschaftliches Neuland betreten wird. Erst durch die praktische Durchführung werden zuverlässige Urteile über die Zweckmäßigkeit einzelner Vorschläge gestattet und damit die Grundlage für Möglichkeit und Notwendigkeit von Änderungen gegeben.
Äußerer Umfang, die Fülle der Probleme, technische Schwierigkeiten, Bedeutung und Notwendigkeit rascher Verabschiedung des großen Gesetzeswerkes zwingen nach Ansicht der Regierungskoalition zur Anwendung eines besonderen parlamentarischen Verfahrens. Die von keinem Mitglied des Ausschusses geleugneten Unzulänglichkeiten des Gesetzes können kaum durch Anträge während der Plenarberatungen beseitigt werden.
Das Gesetzeswerk bildet ein einheitliches Ganze; Änderungen eines Teils beeinflussen zwangsläufig das Ganze und zwingen in ihrer Folge zu Änderungen auch anderer Abschnitte der Vorlage. Die Materie ist so schwierig, daß es für die einzelnen Mitglieder des Hauses kaum möglich ist, sich während der Debatte im Plenum ein gesichertes Urteil über Zweckmäßigkeit, Tragweite und Konsequenz etwa gestellter Änderungsanträge zu bilden.
Die Annahme von Änderungsanträgen — unter Umständen durch Zufallsmehrheiten — kann das ganze Gesetzeswerk ernstlich gefährden.
In der Erkenntnis der Notwendigkeit einer beschleunigten Verabschiedung sind sich aber alle Fraktionen einig. Eine Rückverweisung des Entwurfs zur Beratung aller Änderungsanträge würde jedoch eine von den Betroffenen nicht verstandene und eine nicht zu verantwortende Verzögerung bedeuten. Die Fraktionen der Regierungsparteien haben daher von der Einreichung von Änderungsanträgen für die zweite und dritte Lesung abgesehen. Darüber hinaus hat auch die große Mehrheit der Fraktionsmitglieder in Würdigung der dargelegten Erwägungen trotz oft schwerwiegender Bedenken gegen einzelne Entscheidungen auf Änderungsanträge verzichtet. Sie werden sich darauf beschränken, bei der Beratung der einzelnen Paragraphen auf Verbesserungsmöglichkeiten als Material für die spätere Gesetzgebung hinzuweisen.
Die Regierungkoalition wird außerdem selbstverständlich zu den von anderen Fraktionen gestellten
Änderungsanträgen Stellung nehmen und die Anträge und Anregungen der Opposition nach den gleichen Grundsätzen behandeln wie die aus ihren eigenen Reihen.
So behalten sich die Fraktionen der Regierungsparteien die Einbringung von Novellen zum jetzt beschleunigt zu verabschiedenden Gesetz ausdrücklich vor.
Insbesondere werden sie sich für eine beschleunigte Beratung des dem Ausschuß bereits vorliegenden Altsparergesetzes einsetzen. Die Frage der Vorfinanzierung als eine der Kernfragen der gestellten Aufgabe wird besonders behandelt und mit allen nur möglichen Mitteln gefördert.
Die Regierungsparteien werden daher alle Anträge, auch die von Mitgliedern der Regierungsparteien, im gegenwärtigen Stadium der Beratungen ablehnen.
Sie erklären ausdrücklich, daß sie sämtliche Anträge, die aus ihren Reihen angeregt oder gestellt worden sind, nach Verabschiedung des Gesetzes erneut einbringen werden mit der Maßgabe, daß der Ausschuß zu prüfen hat, ob und inwieweit den Anträgen in einer Novelle Rechnung getragen werden kann. Sie werden bereit sein, bei dem gleichen Verfahren anderer Fraktionen nach gleichen Grundsätzen vorzugehen und der Ausschußüberweisung zuzustimmen.
Die Regierungsparteien haben die Überzeugung, daß die schnellste Verabschiedung des Gesetzes der beste Weg ist, um sowohl den Empfangenden wie den Abgebenden Klarheit zu verschaffen und die entscheidenden Verbesserungen gegenüber dem Soforthilfegesetz wirksam werden zu lassen.
Der Entwurf bedeutet nach Ansicht der Regierungsparteien einen weiteren Schritt vorwärts auf dem steinigen Weg, der unser Volk aus dem trostlosen Chaos der Kriegs- und ersten Nachkriegszeit herausführt.
Der Bundesrat wird sich nach Überzeugung der Regierungsparteien dieser Erkenntnis nicht verschließen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann, ebenfalls zu einer formulierten Erklärung der sozialdemokratischen Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Fraktion habe ich Ihnen vor Beginn der zweiten Lesung folgende Erklärung bekanntzugeben.
Die Sozialdemokratische Partei hat seit der Währungsreform wiederholt dargelegt, wie wichtig die baldige Verabschiedung eines Lastenausgleichsgesetzes ist. Die sozialdemokratische Fraktion hat seit Bestehen dieses Bundestags durch ihre Anträge mehrfach versucht, die Angelegenheit zu beschleunigen, die unserer Meinung nach in einem der ersten Gesetze von diesem Hause hätte geregelt werden müssen
und trotz der Schwierigkeiten der Materie hätte geregelt werden können angesichts der guten Vorbereitungen durch den Wirtschaftsrat und die von ihm eingesetzten Arbeitsausschüsse.
Leider ging der Gesetzentwurf dem Bundestag erst Anfang 1951 zu. Offenbar ist es nicht eher möglich gewesen, ' die Widersprüche zwischen den Wahlversprechungen und den Absichten der die Bundesregierung tragenden Parteien in eine Regierungsvorlage zu verstecken. Auch die Nachrichten, die über gegensätzliche Auffassungen der Kabinettsmitglieder untereinander in die Öffentlichkeit gedrungen sind, beweisen, wie hart der Kampf zwischen den Wünschen der abgabepflichtigen Kreise und den dringenden Forderungen der Geschädigten, soweit sie auf die Parteien der Bundesregierung ihre Hoffnung gesetzt haben, gewesen ist. Diese Gegensätze haben auch die rasche Meinungsbildung auf seiten der Regierungsparteien verhindert, die zur beschleunigten Durchführung der Ausschußberatungen notwendig gewesen wäre, wodurch diese Beratungen über vierzehn Monate verlängert worden sind.
Mit dem neuerlichen Appell, dieses Gesetz zu verabschieden, ohne noch Anträge zu stellen oder sich mit Anträgen auseinandersetzen zu wollen — ein Gesetz, von dem man weiß, daß selbst die Mehrheit der Regierungskoalition ihm lieber nicht zustimmen würde —, ist eine neuerliche Verzögerung, ist ein neuer Versuch gemacht, wieder einmal keine Entscheidung zu treffen und dieselbe hinauszuschieben. Dadurch wird man der Stimmung bei den Vertriebenen und Geschädigten aber in keiner Weise gerecht; dadurch wird man auch nicht den Notwendigkeiten gerecht, die für unser Wirtschaftsleben mit dem Lastenausgleich zusammenhängen. Wir bedauern, daß die Vertriebenen und Geschädigten immer wieder über den wahren Sachverhalt irregeführt werden. Mit aller Entschiedenheit sprechen wir aus, daß ein solch schwachmütiges Ausweichen der Lage nicht gerecht wird und daß die Empörung immer nur wachsen kann.
Wir lehnen es ab, dieses Spiel mitzuspielen. Den Geschädigten kann nur durch Leistungen geholfen werden. Diese Leistungen sind nur möglich, wenn man auch den Mut hat, das erhalten gebliebene Vermögen in einem entsprechenden Umfang zu belasten. Nicht in den verschiedensten Versprechungen, in Zukunft das tun zu wollen, was zu tun man heute ablehnt, liegt der Wert dieses Gesetzes, sondern nur in dem, was heute und in den nächsten Tagen hier tatsächlich beschlossen wird.
Wir werden uns in unseren Anträgen bemühen, der Mehrheit dieses Hauses eine tragfähige Grund-. Lage für einen Lastenausgleich vorzulegen, wie er unter den gegebenen Verhältnissen erreicht werden kann und erreicht werden muß. Niemand wird die Mehrheit von der Verpflichtung befreien, sich mit diesen Anträgen auseinanderzusetzen.
Meine Damen und Herren, damit sind die vorgesehenen Erklärungen beendet.
Ich darf darauf hinweisen, daß im Umdruck Nr. 490 zu Drucksache Nr. 3300 Änderungen des Berichts des Ausschusses für den Lastenausgleich enthalten sind, die auf den Beschluß des Ausschusses zurückgehen. Ich bitte also, bei der Einsichtnahme in die Druckachen Nrn. 3300 und zu 3300 den Umdruck Nr. 490 gleichzeitig heranzuziehen.
Wir kommen damit zur Berichterstattung. Den allgemeinen Bericht*) erstattet der Vorsitzende des Lastenausgleichsausschusses, Herr Abgeordneter Kunze.
Ich darf Sie, meine Damen und Herren, darauf hinweisen, daß im Ältestenrat vorgesehen war, die zweite Beratung abends jeweils bis etwa 8 Uhr fortzusetzen. Darf ich annehmen, daß das Haus mit dieser Regelung einverstanden ist? — Das ist der Fall.
Bitte, Herr Abgeordneter Kunze!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich entsprechend dem Beschluß des Ausschusses den allgemeinen Bericht gebe, so ist es nicht meine Aufgabe, in die Fülle der Einzelheiten einzutreten, sondern Ihnen lediglich die großen Linien vorzutragen, in denen sich die Ausschußberatungen bewegt haben, und Ihnen zu zeigen, welcher Mittel wir uns bedient haben, um zur Erkenntnis des richtigen Weges zu kommen.
Herr Abgeordneter Kunze, darf ich einen Augenblick unterbrechen. Ich habe leider übersehen, darauf hinzuweisen, daß der Haushaltsausschuß gleich zu einer kurzen dringenden Besprechung zusammentreten soll, und zwar in dem Saal, der bisher 02 hieß; mir ist im Augenblick nicht bekannt, wie er jetzt heißt. — Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Erlauben Sie mir zur Einleitung eine grundsätzliche Bemerkung. Dem Ausschuß und den Ausschußmitgliedern sind in der Zeit der Beratung eine unendliche Fülle von Eingaben, Denkschriften, Entschließungen, Kundgebungen und Anträgen zugegangen. Diese Eingaben, Anträge und Kundgebungsergebnisse haben in den letzten Wochen einen Umfang angenommen, der für uns alle ein sehr ernstes Problem aufwirft, .nämlich die Frage, ob der Bundestag erkennt, daß es nicht seine Aufgabe ist, Interessentengruppen zu ihrem vermeintlichen Recht zu verhelfen,
sondern daß der Bundestag und jeder Bundestagsabgeordnete sieht, daß er seinen Blick auf das Ganze zu richten hat.
Ich darf Ihnen sagen, daß alle Mitglieder des Ausschusses in den nahezu 15monatigen Beratungen sich dieser Verantwortung, den Blick auf das Ganze zu richten, immer bewußt gewesen sind und daß auch da, wo grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten aufgetreten sind, es niemals ein Abgeordneter an der Bereitschaft, auf das Ganze zu sehen, hat fehlen lassen. Es ist verständlich, daß der eine Abgeordnete stärker auf die eine Seite und der andere stärker auf die andere Seite sieht. Aber wir haben es in den 15monatigen Beratungen — und das sei dem Hohen Hause und auch der deutschen Öffentlichkeit, die in dieser Stunde mit Millionen Menschen horcht und wartet, was hier beraten und geredet wird, gesagt — an dieser sachlichen Bereitschaft, aufeinander zu hören, nicht fehlen lassen. Es scheint mir — erlauben Sie mir, das abschließend zur Einleitung zu sagen — von einer eminent wichtigen Bedeutung zu sein, wie die öffentliche Meinungsbildung in einer Demokratie beeinflußt,
s) Schriftlicher Bericht siehe Anlage 2 Seite 9014.
geprägt und geformt wird. Wir sind in der von mir schon zitierten Gefahr, von lauter Interessentengruppen angesprochen zu werden. Jede der Interessentengruppen sieht nur ihr eigenes Interesse. Ich habe einmal die Ergebnisse all der Anträge von Interessentengruppen zusammengestellt,
die in den letzten Wochen auf meinen Schreibtisch gekommen sind. Wären wir bereit, zu diesen Forderungen einfach ja zu sagen, dann hätten wir schlicht eine Milliarde an Einnahmen weniger und eine Milliarde an Ausgaben mehr.
Es wird in diesen Tagen die Aufgabe des Hohen Hauses sein, den Weg zu prüfen, über den der Ausschuß 15 Monate beraten hat. Über diese Ausschußberatungen gedenke ich Ihnen in großen Zügen zu berichten.
Die uns gestellte Aufgabe ist von vornherein, auch ohne daß ernsthafte Einsprüche im Ausschuß laut geworden sind, bewußt begrenzt worden. Wir sind uns darüber klar gewesen, daß es nicht Aufgabe des Ausschusses für den Lastenausgleich sein kann, in dieser Gesetzesvorlage die Unsumme aller Kriegsfolgen zu regeln. Es gibt eine Fülle von Kriegsfolgen, die in diesem Gesetz nicht angesprochen und geregelt werden, praktisch zum großen Teil deshalb, weil sie für eine Regelung noch gar nicht reif sind. Lassen Sie mich nur auf zwei Beispiele hinweisen, die in der Öffentlichkeit immer wieder diskutiert werden, aber aus mangelndem Verständnis für die Möglichkeiten, die dem Deutschen Bundestag gegenwärtig gegeben sind, zu mißverständlichen und falschen Forderungen führen.
Ich verweise einmal auf folgende Forderung: die Auslandsvermögen sollen als entschädigungsberechtigte Verluste in den Ausgleich dieses Gesetzes , einbezogen werden. Daß das gar nicht möglich ist in einem Augenblick, in dem die Bundesregierung über die Gesamtfrage der Auslandsschulden und des Auslandsvermögens verhandelt, müßte jedem Einsichtigen deutlich sein. Wir würden ja in dem Moment, in dem wir die Auslandsguthaben in diesem Gesetz berücksichtigten, der Bundesregierung die Hypothek auferlegen, daß die Mächte, bei denen diese Guthaben vorhanden und einstweilen beschlagnahmt sind, erklären würden: Durch dieses Gesetz habt ihr ja selbst kundgetan, daß ihr eure Ansprüche bereits abgeschrieben und aufgegeben habt! Darum haben wir auch bewußt in der Präambel, die im Ausschuß einmütig angenommen worden ist, und zwar in Abs. 2, den Anspruch auf das verlorengegangene Gut in der Heimat der Vertriebenen statuiert, um zu verhindern, daß uns dieser Vorwurf gemacht wird.
Das zweite Beispiel sind die immer wieder an uns herankommenden Forderungen der Besatzungsgeschädigten. Der Ausschuß hat über diese Dinge beraten, hat sich aber nicht imstande gesehen, die Besatzungsschäden bereits in diesem Gesetz grundsätzlich anzuerkennen und zu ordnen, weil wir nämlich nach dem Besatzungsstatut, unter dem wir gegenwärtig noch stehen, die verschiedenartigsten Ländergesetze oder militärgesetzliche Bestimmungen haben, weil die Entschädigungen oder die nichtgezahlten Entschädigungen in den Ländern vollkommen verschieden sind und weil erst nach Aufhebung des Besatzungsstatuts und nach Wiedergewinnung der deutschen Souveränität ein einheitliches Bundesrecht geschaffen und auch die
Lösung dieser von uns als sehr wichtig anerkannten Frage in Angriff genommen werden kann.
So haben wir uns bewußt — entsprechend der Regierungsvorlage — beschränkt auf die Fliegergeschädigten als Kriegssachgeschädigte, auf die Heimatvertriebenen, auf die Währungsgeschädigten, soweit sie auf eine Kriegsschadenrente Anspruch erheben können, und haben das Altsparergesetz in Aussicht gestellt, für welches der § 391 die Angelbestimmung ist bzw. — ich pflege gern zu sagen — der Haken in die Wand geschlagen ist oder geschlagen wird, damit wir die Frage, die wir lösen wollen, auch wirklich lösen können. Wir haben dann nach langer, eingehender Prüfung auch den von der Mehrheit des Ausschusses als berechtigt anerkannten Forderungen bezüglich der in den Gebieten jenseits der Oder-Neiße innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstand vom 31. Dezember 1937 entstandenen Kriegssachschäden als sogenannten Ostschäden zum Zuge verholfen. Über die ersteren Punkte hat im Ausschuß Einmütigkeit bestanden, über den letzten Punkt, die Ostschäden — das geht auch aus den Änderungsanträgen hervor, die dem Hohen Hause vorliegen — nicht.
Lassen Sie mich nun in ganz kurzen Worten versuchen, zwei große Linien zu ziehen, Ihnen einmal das Gebiet der Arbeit zu skizzieren und zu umreißen, über das im Ausschuß Einmütigkeit oder Einstimmigkeit geherrscht hat, und Ihnen zum andern zu ' sagen, wo die entscheidenden Differenzpunkte zwischen den Auffassungen der Mehrheit und der Minderheit liegen. Es wird der Einzelberatung überlassen bleiben müssen, auf diese Dinge einzugehen. Ich glaube aber, daß es im Rahmen eines allgemeinen Berichts erforderlich und auch zweckmäßig ist, diese Dinge darzustellen, damit das Verständnis für diese Dinge in der Einzelberatung gefördert wird.
Rein äußerlich gesehen sind wir über die ersten Abschnitte — Präambel, Grundsätze und Begriffsbestimmungen — zu einer einmütigen Entscheidung gekommen. Wir haben den schriftlichen Bericht, den zu diesem Punkte Herr Kollege Matzner erstattet hat, mit dem Ausschuß für Heimatvertriebene abgestimmt, um einheitliche Begriffe in die Gesetzgebung zu bringen und mit den verschiedenartigen Begriffen und Auslegungsmöglichkeiten in den mancherlei Gesetzen Schluß zu machen.
Was Vermögensabgabe angeht — ich schalte aus die Fragen der Ostschäden und ich schalte aus die Fragen der Berücksichtigung von Kriegssachschäden nach § 38; davon wird zu reden sein —, so ist im Ausschuß Einmütigkeit gewesen bezüglich der Grundsätze der Vermögensabgabe, der sozialen. Freigrenzen, der Möglichkeiten, bei geringen Vermögen im Alter zu stunden. Über die Vermögensteuer gingen die Auffassungen insoweit auseinander, als die sozialdemokratischen Fraktionsvertreter die Auffassung vertraten, die Vermögensteuer ist eine Ländersteuer. Ich werde auf dieses Problem zu sprechen kommen, wenn ich auf die Gegensätze zu sprechen komme. Sonst hat man sich über den gesetzestechnischen Teil der Vermögensteuer einmütig verständigt. Bei der Hypothekengewinnabgabe und Kreditgewinnabgabe ist nach sehr langen und sehr sorgfältigen Beratungen in einem Unterausschuß, zu dem die besten Sachkenner der Fraktionen dieses Hauses hinzugezogen worden sind, volle Einmütigkeit und im Ausschuß volle Einstimmigkeit über die gesamten Bestimmungen erzielt worden.
Von Wichtigkeit ist auch, daß im Ausschuß niemals eine Differenz gewesen ist wegen der Behandlung Berlins, d. h. der jetzt bereits zu vollziehenden Einbeziehung Berlins in den Lastenausgleich, und daß ebenso Einstimmigkeit in allen Punkten über die für die Reichshauptstadt in ihrer besonderen Situation erforderlichen Sondervorschriften erzielt worden ist. Die Gesetzgebung Berlins hat jahrelang weitestgehend nach anderen Vorschriften erfolgen müssen als die in der Bundesrepublik. Wir haben eine andere Form der Hypothekengewinnabgabe gekannt; wir haben in Berlin kein Soforthilfegesetz gekannt. Infolgedessen war es notwendig, eine Fülle von Sonderbestimmungen jeweils an die einzelnen Abschnitte des Gesetzes anzuhängen. Darüber ist im Ausschuß immer volle Übereinstimmung, nicht nur der Mitglieder des Deutschen Bundestages, sondern auch mit den Repräsentanten des Berliner Abgeordnetenhauses und des Berliner Magistrats, erzielt worden. Es gibt keinen Differenzpunkt bezüglich Berlins.
Bei den Ausgleichsleistungen ist Übereinstimmung im Grundsatz erzielt über die Eingliederungsdarlehen, d. h. darüber, daß wir in den ersten Jahren bis zur Feststellung der Hauptentschädigung die Eingliederung in Form von Eingliederungsdarlehen geben wollen. Darüber gab es im Ausschuß keine Differenz. Die Frage, bis zu welcher Höhe das gehen soll, hat vorübergehend zu Differenzen geführt, die aber dann zum Schluß beseitigt wurden.
Bezüglich der Bestimmungen über die Kriegsschadenrente, die gegenüber der Regierungsvorlage entscheidend geändert worden sind, hat im Ausschuß Übereinstimmung bestanden. Wir waren miteinander im Ausschuß der Auffassung — die auch in der ersten Lesung im Plenum des Bundestages von allen Sprechern der Fraktionen dieses Hohen Hauses zum Ausdruck gebracht wurde —, wir können jetzt nicht ungefähr eine Million Menschen in die öffentliche Fürsorge zurückschieben und ihnen, wenn sie Vermögensverlust oder Einkommensverlust wegen der Aufgabe ihrer Existenz infolge der Vertreibung erlitten haben, eine Zusatzrente geben, sondern wir müssen ihnen in der Kriegsschadenrente die. volle Versorgung geben. Daraus entspringt — und hier, ich deute das nur an, ist ein Gegensatz zwischen der Opposition und der Mehrheit des Ausschusses — naturgemäß die Forderung, daß das nachgewiesenermaßen an Fürsorgeleistungen der öffentlichen Hand — des Bundes, der Länder und der Gemeinden — Eingesparte dem Ausgleichsstock zugeführt wird, weil wir sonst von dem von allen Fraktionen anerkannten Grundsatz abgewichen wären und, ohne einen Anspruch auf eine Hauptentschädigung anzuerkennen, rein sozial einen Ausgleich gemacht und den quotalen Gedanken völlig abgeschrieben hätten. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen.
Auch über die Zusatzrente für verlorengegangenes Vermögen oder für verlorengegangene Existenz auf der Basis des Einkommens ist im Ausschuß Einmütigkeit erzielt worden.
Bezüglich der Wohnraumhilfe war der Ausschuß in zwei Punkten einmütig gleicher Auffassung, a) in der grundsätzlichen Bejahung der Notwendigkeit, für diesen Zweck Mittel zur Verfügung zu stellen, b) nach langen Überlegungen und Beratungen in der Bejahung der Notwendigkeit — die bei
der ganzen Gestaltung des sozialen Wohnungsbaus zwangsläufig bedingt ist —, auf eine Verzinsung dieser vorübergehend zu bewilligenden Darlehen für den sozialen Wohnungsbau Verzicht zu leisten. Der Ausschuß war sich auch einig in der Beschlußfassung, daß eine Tilgung dieser für den sozialen Wohnungsbau gegebenen Darlehen so erfolgen muß, daß bis 1979, d. h. bis zum Auslaufen dieses Gesetzes, die Darlehen getilgt sind. Es bleibt der Rechtsverordnung überlassen, das im einzelnen zu ordnen. Kein Mensch kann das heute im Gesetz ordnen, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse in den nächsten Jahren uns gar nicht bekannt sind. Darum ist der Weg der Rechtsverordnung gewählt worden, wie überhaupt in vielen Punkten naturgemäß dieser Weg erforderlich war. Ich darf ausdrücklich darauf hinweisen, daß bei allen Rechtsverordnungen entsprechend dem Grundgesetz die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist.
Auch über Härtefonds und sonstige Förderungsmaßnahmen bestand im Ausschuß Übereinstimmung. Dabei sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Ausschuß sich mit der Frage der Behandlung der Sowjetzonenflüchtlinge sehr lange und sehr eingehend befaßt hat. In einem Unterausschuß sind die Vertreter der betreffenden Organisationen gehört worden. Ich habe die Gelegenheit gehabt, zusammen mit den Lastenausgleichsexperten des Berliner Abgeordnetenhauses in Berlin mit den Organisationen zu verhandeln. Als Ergebnis ist übereinstimmend festgestellt worden, daß wir mit einer schematischen Gleichstellung aller Ostzonenflüchtlinge mit den. Heimatvertriebenen jenseits Oder-Neiße oder aus sonstigen Gebieten außerhalb des Deutschen Reiches nicht zu Rande kommen können, sondern daß wir auf dem Wege einer Rechtsverordnung, insonderheit durch Bewilligung von Leistungen bis zur Höhe der im Gesetz für die Heimatvertriebenen und Kriegssachgeschädigten bewilligten Vergütungssätze in erster Linie denjenigen unter den Ostzonenflüchtlingen helfen müssen, deren Schicksal dem der Heimatvertriebenen ähnlich oder gleich ist. Ich darf Ihnen an zwei Beispielen aufzeigen, wie unerhört schwierig diese Frage ist und daß sie nur auf dem Wege einer sorgfältigen Prüfung und von Verhandlungen mit den beteiligten Organisationen durch Rechtsverordnung lösbar ist. Es ist kein Heimatvertriebener im Sinne des Gesetzes, der nach jener schrecklichen Brandnacht in Dresden zu den 35 000 Menschen gehörte, die von der Straße weg zur Bahn geschafft und in Viehwagen in den Raum Hamburg und Schleswig-Holstein gebracht wurden. Und doch ist das Schicksal dieser 35 000 Menschen zweifelsohne dem der Heimatvertriebenen zumindest ähnlich. Oder ich denke bei dieser schwierigen Frage an Städte wie etwa Frankfurt an der Oder als Musterbeispiel. Die Oder fließt mitten durch die Stadt Frankfurt. Jenseits der Oder gewohnt haben heißt herausgeworfen und Heimatvertriebener sein; diesseits der Oder gewohnt haben heißt Bewohner der Sowjetzone gewesen sein. Wir können nicht hingehen und jetzt schematisch sagen: Frankfurt an der Oder wird selbstverständlich als ein Ganzes behandelt. Daß muß geprüft werden, damit auf diese Art und Weise das Maximum an Gerechtigkeit in den Grenzen des Möglichen erreicht werden kann. Darum dieser Härtefonds, der in Verbindung mit den Mitteln für sonstige Forderungsmaßnahmen nach den Voranschlägen für die ersten zehn Jahre etwa 150 Millionen DM pro Jahr bringen wird und der insonderheit für diese Zwecke zur Verfügung steht.
Über den Währungsausgleich für .Sparguthaben Vertriebener brauchen wir nicht mehr zu reden. Das Gesetz ist in Kraft. Der Ausschuß hat zum Schluß einmütig beschlossen, es bei der jetzigen Vorlage, 50 Millionen DM pro Jahr, zu belassen. Überlegungen, daß man eine bestimmte Jahresfrist festlegen sollte, sind von der überwiegenden Mehrheit abgelehnt worden, weil wir die Größe x noch nicht kennen. Sie wissen, daß Bemühungen im Gange sind, zugunsten der Heimatvertriebenen, denen bei der Vertreibung die Unterlagen etwa für Sparguthaben abhanden gekommen oder weggenommen worden sind, gegebenenfalls auch durch internationale Beziehungen Auszüge der Sparkonten, soweit sie hier noch nicht vorhanden sind, zu erlangen und so das Maximum an Feststellungsmöglichkeiten zu erreichen. Solange wir diese Größe x nicht kennen, können wir auch keine Jahresfrist setzen und sagen: „innerhalb von fünf Jahren". Wir müssen bei der Begrenztheit der Mittel am Anfang einen festen Haushaltsplan haben, damit wir, den Blick auf das Ganze gerichtet, nach dem Grade sozialer Dringlichkeit und, volkswirtschaftlicher Zweckmäßigkeit zur Verteilung der Mittel kommen.
Über die technischen Dinge der allgemeinen Verfahrensvorschriften brauche ich nichts zu sagen. Hier hat der Ausschuß bis auf wenige, unwesentliche Dinge die Ihnen vorliegende Drucksache Nr. 3300 in völliger Übereinstimmung verabschiedet.
Lassen Sie mich nun auf die grundsätzlichen Differenzpunkte hinweisen. Der erste grundsätzliche Differenzpunkt betrifft die Frage der. Behandlung der öffentlichen Hand auf der Abgabenseite im Lastenausgleich. Die Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion haben grundsätzlich den Standpunkt vertreten, daß die öffentliche Hand aus dem Lastenausgleich herauszulassen sei. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß nicht nach dem Träger oder Eigentümer des Vermögens, sondern nach der Zweckbestimmung des Vermögens zu fragen sei und daß unter diesem Gesichtspunkt die Frage der Belastung auch der öffentlichen Hand zu prüfen sei. Sie finden die entsprechenden Bestimmungen im Gesetz, wobei ich ausdrücklich darauf hinweise, daß die sozialdemokratische Fraktion an diesem Standpunkt nicht in allen Punkten stur und unbelehrbar festgehalten hat, sondern es gibt durchaus eine Reihe — —
— Herr Kollege Seuffert, wir haben in diesen Punkten ja immer eine ausgezeichnete Möglichkeit der Verständigung und Aussprache gehabt; dafür bin ich dankbar. Wir waren uns aber darin einig, daß es grotesk wäre, beispielsweise eine im Eigentum der öffentlichen Hand befindliche Ziegelei zu befreien und die danebenliegende private Ziegelei, die mit der erstgenannten in echtem Wettbewerb steht, zu belasten. Die gleichen Gedanken liegen auch dem interfraktionellen Antrag auf Einschiebung der §§ 20 a und 49 a zugrunde, der heute von allen Fraktionen eingebracht worden ist.
Die zweite Differenz, bei der die Regierungsparteien ihren Standpunkt zur Geltung gebracht haben, bestand in der Frage der Freistellung von Aktien und sonstigen am Währungsstichtag an den Börsen, sei es im amtlichen Verkehr, sei es im freien Verkehr, gehandelten Wertpapieren. Die Mehrheit war der Meinung, wenn das Vermögen an der Quelle am zweckmäßigsten erfaßt wird, ist es unlogisch, es hinterher da, wo es aufgeteilt ist, noch einmal zur Abgabe heranzuziehen. Über diese
Dinge ist in der weiten Öffentlichkeit — verzeihen Sie den Ausdruck! — unendlich viel Unsinn geschrieben und geredet worden. Man ging bei der Diskussion dieser Frage von der Kursentwicklung seit dem Währungsstichtag, von den 1:1-Umstellungen aus und machte sich gar nicht klar, daß es nicht primär auf den Kurs, sondern, auf lange Sicht gesehen, auf den Ertrag des Vermögens ankommt. Das ist der eine Gedanke, der die Mehrheit veranlaßt hat, eine Heranziehung dieser Wertpapiere nicht vorzusehen. Der zweite Gedanke war der, diese Frage bewußt bis zur Beratung des Altsparergesetzes zurückzustellen, um dort zu prüfen, ob nicht auf anderen, wirtschaftlich tragbaren Wegen eine echte Lösung dieser Frage erfolgen kann. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich entschlossen, zunächst auf die Einbeziehung dieses Vermögens zu verzichten, weil es, wie gesagt, bereits an der Quelle mit 50 v. H. belastet ist.
Eine der schwierigen Fragen, die erst ganz zum Schluß, in der dritten Lesung, aufgeworfen wurde, ist die Frage der Behandlung des Kirchenvermögens. Erlauben Sie mir, Ihnen dazu ganz kurz das Entscheidende zu sagen, was die Regierungsparteien bewogen hat, die im § 15 Ziffer 15 des Gesetzes enthaltene Freistellung vorzusehen. Die Mehrheit des Ausschusses ist von dem Gesichtspunkt ausgegangen, daß das gesamte Kirchenvermögen, soweit es zweckgebunden ist, sowieso der Allgemeinheit und keinem sonstigen Zweck dient und daß wir da, wo es sich um stiftisch gebundenes Vermögen handelt, nach den Grundsätzen der Gemeinnützigkeitsverordnung den Ertrag dieses stiftungsgebundenen Vermögens für den Zweck, den der Stifter als Auflage gegeben hat, brauchen. Ich darf das an einem Beispiel erläutern. Es hat etwa vor einigen hundert Jahren irgend jemand einen großen Waldbesitz einem Kloster gestiftet mit der Auflage, aus dem Ertrag Waisenhäuser zu errichten und bedürftige Waisenkinder zu erziehen. Würden wir jetzt sagen, dieses Vermögen ziehen wir heran, würden wir dieser Stiftung die Hälfte ihrer Einnahmen nehmen und eine Verlagerung auf die öffentliche Wohlfahrt vornehmen, weil ja das Vermögen zur Hälfte verlorengegangen ist.
Die Mehrheit des Ausschusses hat sich auch davon leiten lassen, daß bei den Kirchen wie bei den gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Stiftungen, Einrichtungen, Vereinen und Vermögensmassen mit dem Währungsstichtag sämtliche Geldvermögen verlorengegangen sind und daß nach der Lastenausgleichskonzeption auch keinerlei Entschädigung für juristische Personen in Frage kommt. Ich darf Ihnen nur ein Beispiel nennen. Nach einer sorgfältig angestellten Statistik beläuft sich die Summe aller Kriegs- und Währungsschäden, die der evangelischen Kirche in der Inneren Mission und der katholischen Kirche im Deutschen Caritasverband entstanden sind, auf nahezu 1 Milliarde DM. Das Geld ist restlos verloren. Die Aufgaben, die diesen Einrichtungen zugewiesen sind — ob es sich um Arbeiterwohlfahrt, die aus dem Nichts wieder anfangen mußte, ob es sich um das Deutsche Rote Kreuz oder um kirchliche Organisationen handelt —, sind aber durch den Zusammenbruch in ungeheuerem Umfang gewachsen. Die Einrichtungen, die jenseits von Oder und Neiße waren, liegen in Trümmern oder sind in anderen Händen. Die Menschen, die zu versorgen waren, sind ins Bundesgebiet herübergekommen und standen und stehen heute noch vor den Toren dieser großen Einrichtungen, die sich ihrer Aufgabe alle — ohne
Unterschied, welche Organisation es ist — nicht entziehen dürfen. Auch deshalb war die Mehrheit für Freistellung.
Der nächste Punkt der Differenzen war die Frage, ob bei der Vermögensabgabe ein Abzug von Zinsen erfolgen soll oder nicht. Die Mehrheit des Ausschusses vertritt den Standpunkt, daß es ganz logisch ist: wenn ich 50 % des Vermögens als eine Vermögensabgabe rechne und diese Vermögensabgabe zum Teil mit Zinsen und zum Teil mit Tilgungsbeträgen als Annuitäten behandle, dann muß ich auch nach allgemein geltendem Steuerrecht den auf den Zins entfallenden Teil bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer abzugsfähig machen. Die Minderheit im Ausschuß war der Auffassung, daß keinerlei Abzugsfähigkeit vorgesehen werden sollte.
Der vorletzte Punkt der Differenzen war die Frage der Unbegrenztheit des Schadensanerkenntnisses. Die Regierungsvorlage hatte ursprünglich fünfzehn Stufen bis zu 150 000 DM vorgesehen. Die Bundesratsstellungnahme ging auf 100 000 DM zurück. Die Mehrheit der Koalitionsparteien glaubte sich dem Grundsatz der Anerkennung des Privateigentums als einem Prinzip nicht verschließen zu dürfen, aber den berechtigten sozialen Belangen dadurch Rechnung tragen zu sollen, daß der Prozentsatz der Entschädigung desto geringer wird, je höher der festgestellte und anerkannte Vermögensverlust ist. Über diese Dinge kann man verschiedener Auffassung sein. Es wird ja Gelegenheit sein, zu den verschiedenen Anträgen hierzu zu sprechen. Ich habe Ihnen nur den Gesamtbericht zu geben, damit Sie sehen, in welchen Linien sich die Beratungen bewegt haben.
Der letzte Punkt, der meines Erachtens nicht von entscheidender Bedeutung ist, ist die Frage der Arbeitsplatzbeschaffungsdarlehen. Lassen Sie mich an dieser Stelle eine grundsätzliche Bemerkung machen. Es ist überaus interessant für denjenigen, der in den Ausschußberatungen wirklich aktiv mitgearbeitet hat — das haben ja die ordentlichen Mitglieder und ihre Stellvertreter wahrlich unter Beweis gestellt, wenn Sie sich die Protokolle der über 220 Sitzungen und Unterausschußsitzungen zu gegebener Stunde einmal vornehmen und verarbeiten wollen —, auf die Tatsache zu stoßen, daß ungefähr jedes Ressort glaubte seine Sonderproblematik in den Lastenausgleich hineinbringen zu müssen. Bei vollem Verständnis etwa für die berechtigten Belange, die Sozialversicherung finanziell zu fundieren, haben wir uns im Ausschuß auf den Standpunkt gestellt: so wichtig das ist, kann es doch nicht auf Kosten des Lastenausgleichs geschehen. So wichtig Arbeitsplatzbeschaffung ist, in erster Linie ist das eine Aufgabe der allgemeinen Wirtschaftspolitik und nicht der Lastenausgleichspolitik. Wer im Ausschuß mitarbeitet, weiß, wie lange wir darüber diskutiert haben. Es ist eine durchaus ernsthafte Frage, die ja noch zu Erörterungen führen wird, ob die jetzt gefundene Lösung auf die Dauer gesehen die zweckmäßigste ist oder ob wir nicht auf Grund der zu sammelnden Erfahrungen zu besseren Lösungen kommen werden.
Lassen Sie mich damit meinen Generalbericht schließen. Ich möchte Ihnen eins sagen. Wenn wir jetzt in die Einzelberatung eintreten, sehe ich mit großer Sorge, daß von Gruppen oder einzelnen Abgeordneten, die überhaupt nicht an der Ausschußarbeit teilgenommen haben,
Anträge kommen, von denen die Ausschußmitglieder — auch wenn wir verschiedener Auffassung sind — nur sagen können: Das ist wirklich von keinerlei Sachkenntnis getrübt!
Wir werden, wenn solche Dinge kommen — und ich zweifle nicht daran —, ohne Unterschied der Fraktionen zu diesen Methoden der Behandlung einer der schwierigsten Vorlagen, die dieses Haus zu verabschieden hat, entsprechend Stellung zu nehmen haben. Es ist das Anliegen des Ausschusses, daß unsere Beratungen im Plenum — aufbauend auf der Gesetzesvorlage, wie wir sie unter sorgfältiger Prüfung aller Änderungsanträge erarbeitet haben — in Sachlichkeit verlaufen, damit die deutsche Öffentlichkeit sieht: Der Deutsche Bundestag ist sich seiner Verantwortung für die Lösung dieser Aufgabe bewußt!
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, ehe ich dem Herrn Berichterstatter zu dem ersten Abschnitt das Wort erteile, mache ich Ihnen einen Vorschlag zum Verfahren. Ich glaube nicht, daß es gut wäre, wenn wir bei jedem einzelnen Paragraphen abstimmten. Ich schlage Ihnen folgendes Verfahren vor: Wir stimmen jeweils ab, nachdem die Anträge zu den Paragraphen gestellt sind, die in einem Abschnitt zusammengehören. Das würde bedeuten, daß wir die erste Abstimmung vornehmen nach § 12, die zweite nach § 83, die dritte nach § 123 usw. Ich werde dafür sorgen, daß die Damen und Herren, die außerhalb des Saales sind, rechtzeitig herbeigerufen werden.
Im übrigen glaube ich, daß die einzelnen Berichterstatter, die vorgesehen sind und von mir aufgerufen werden, Gelegenheit bekommen sollen, entweder ihren Bericht zu erstatten oder auf den schriftlichen Bericht zu verweisen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann zur Geschäftsordnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, hier liegt ein kleines Mißverständnis vor. Wir sind zweifellos alle daran interessiert, bei einem möglichst vollbesetzen Hause zur Abstimmung zu kommen. Wir sind auch alle an einem Verfahren der Abstimmung interessiert, das den Überblick einigermaßen erleichtert. Es gibt ganz zweifellos einige Abschnitte, die so eng zusammenhängen, daß man über die in ihnen enthaltenen Paragraphen am Ende der Beratung dieses Abschnitts und der dazu gestellten Anträge hintereinander abstimmen sollte. Es gibt aber auch Abschnitte, die sich zweifellos nicht nur wegen ihrer Länge, sondern auch wegen der Kompliziertheit ihrer Probleme zu diesem Verfahren nicht eignen und bei denen eine Abstimmung am Ende des ganzen Abschnittes über sämtliche Paragraphen vielen derjenigen, die hier abstimmen müssen, die Bedeutung der einzelnen Abänderungen jedes einzelnen Paragraphen einfach nicht klar genug in Erscheinung treten läßt. Ich glaube, wir werden uns von Fall zu Fall darüber verständigen müssen, ob im Zusammenhang abgestimmt werden kann oder ob über einzelne Anträge unmittelbar nach Rede und Widerrede abgestimmt werden muß.
Ich glaube, daß sich das aus der Verhandlung ergeben wird. Vorerst werde ich nach dem Vorschlage verfahren, den ich Ihnen gemacht habe.
Herr Abgeordneter Atzenroth zur Geschäftsordnung!
Meine Damen und Herren, bei aller Würdigung des Bestrebens unserer Kollegen, die nicht an den eingehenden Vorarbeiten teilgenommen haben, sich irgendwie zu entlasten, kann ich aber doch dem Vorschlag nicht zustimmen. Denn wie soll ein Abgeordneter, der mit seiner Stimmabgabe doch eine große und wichtige Entscheidung trifft, diese Entscheidung richtig treffen, wenn er die Begründung eines Änderungsantrags nicht mit angehört hat? Das ist unmöglich. Wir müssen meiner Ansicht nach zum mindesten den Paragraphen, zu dem Änderungsanträge gestellt und begründet worden sind oder gegen den gesprochen worden ist, anschließend an diese Rede und Widerrede auch zur Abstimmung bringen.
Keine weiteren Wortmeldungen zur Geschäftsordnung. — Ich glaube, bei meinem Vorschlag bleiben zu sollen
mit der Maßgabe, daß wir, wenn die Bedeutung
einer Debatte zu einem Abänderungsantrag es
notwendig macht, unmittelbar abstimmen werden.
Ich erteile das Wort zur Berichterstattung dem Abgeordneten Matzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf als erster Einzelberichterstatter darauf hinweisen, daß ich zu der Drucksache Nr. 3300 einen schriftlichen Bericht*) erstattet habe und mich daher auf diesen beziehen kann. Ich möchte im Augenblick — wenn es nicht in der Debatte notwendig ist — diesem schriftlichen Bericht nichts hinzufügen. Ich hoffe, Sie haben ihn alle gründlich gelesen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter besonders für diesen Bericht.
Wir treten ein in die Einzelberatung des Ersten Teils, Erster Abschnitt: Grundsätze.
Zunächst die Präambel. Hierzu ist ein Antrag des Abgeordneten Dr. Kather angekündigt. Sie finden ihn auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 1. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Kather:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stehe hier, um einen Änderungsantrag zu begründen und die Annahme dieses Antrags von Ihnen zu erbitten. Das zwingt mich, doch einmal zu der merkwürdigen Situation Stellung zu nehmen, die durch die Erklärung geschaffen worden ist, die namens der Mehrheitsparteien, der Regierungsparteien, abgegeben worden ist.
— Jawohl, das ist ja allgemein bekannt, Herr Kriedemann.
S) siehe Seite 9018.
Meine Damen und Herren! Ich halte ein solches Verfahren für völlig unmöglich. Es ist unmöglich, eine siebentägige Debatte zur zweiten und dritten Lesung eines Gesetzes anzuberaumen und dann aber zu sagen: Geändert wird nichts mehr. Ich glaube, man hat sich die Konsequenzen einer solchen Haltung überhaupt gar nicht richtig überlegt. Im übrigen muß ich auch bezweifeln — jedenfalls für meine Fraktion —, daß ein solcher Beschluß gefaßt worden ist.
Zwar ist darüber gesprochen und den Herren Fraktionsvorsitzenden wohl ein Auftrag gegeben worden, in dieser Richtung noch einmal zu verhandeln; eine endgültige Entscheidung darüber ist nicht gefallen. Dieses Verfahren halte ich auch deshalb um so weniger für tragbar, als gerade auch eine erhebliche Anzahl von Änderungsanträgen von Mitgliedern dieser Fraktionen gestellt worden ist.
Nun zu dem Antrag, den ich jetzt zu begründen habe. Er bezieht sich auf die Präambel des Gesetzes und geht dahin, den Abs. 1 der Präambel zu streichen. Dieser Absatz 1 lautet folgendermaßen
,
— aber vielleicht doch nicht alle, Herr Hilbert —: In Anerkennung des Anspruchs der durch den Krieg und seine Folgen besonders betroffenen Bevölkerungsteile auf einen die Grundsätze der sozialen Gerechtigkeit und die volkswirtschaftlichen Möglichkeiten berücksichtigenden Ausgleich von Lasten und auf die zur Eingliederung der Geschädigten notwendigen Hilfe usw.
Meine Damen und Herren! Hier ist absichtlich vermieden, von dem Rechtsanspruch der Geschädigten zu sprechen. Die Geschädigten sind aber der Auffassung, daß sie einen solchen Rechtsanspruch haben. Die Bundesregierung hat in der Begründung zum Gesetz ausgeführt, daß in manchen Fällen ein Rechtsanspruch gewährt wird. Das setzt . also voraus, daß dieser Anspruch noch nicht besteht, er also noch nicht vorhanden ist. Dieselbe Auffassung kommt auch im Abs. 1 der Präambel zum Ausdruck.
Hier ist ganz bestimmt nicht der Ort, langatmige juristische Ausführungen darüber zu machen, ob ein solcher Rechtsanspruch gegeben ist. Letzten Endes ist auch der Bundestag nicht in der Lage, das zu entscheiden. Er kann einen Rechtsanspruch geben, aber er kann nicht feststellen, ob er schon besteht oder ob er nicht besteht. Das können letztlich nur die höchsten Gerichte, insbesondere das Bundesverfassungsgericht. Wir verlangen deshalb auch nicht, daß hier der Rechtsanspruch expressis verbis anerkannt wird, obwohl wir allerdings der Auffassung sind, daß man an dieses Gesetz eigentlich nicht hätte herangehen sollen, ohne sich völlige Klarheit über diese Frage zu verschaffen; denn es ist ganz selbstverständlich, daß ich anders handeln kann, wenn ich der Überzeugung bin, einer rechtlichen Pflicht nicht unterworfen zu sein, als wenn ich der Ansicht bin, bestehende Rechtsansprüche befriedigen zu müssen.
Deshalb möchte ich nur einige kurze Hinweise machen; zunächst einmal auf die Lage der Bombengeschädigten. Wir stehen vor der Tatsache, daß ein Mann, der z. B. im Jahre 1943 in Hamburg ausgebombt worden ist, gegebenenfalls seine volle Entschädigung bekommen hat, und daß einer, der
1945 dasselbe Schicksal erlitten hat, nun vor der Rechtsauffassung steht: Du hast nicht denselben Rechtsanspruch, den der Mann hatte, der im Jahre 1943 geschädigt wurde. Sie kennen alle die alte Auffassung der Vertriebenen, daß sie mit ihrem Hab und Gut letzten Endes praktisch Reparationen für das ganze deutsche Volk bezahlt haben. Wir haben zwar noch keinen Friedensschluß, aber wir werden ihn eines Tages haben, und je nach dem Schicksal, das unsere Heimat dann erleidet, wird über diese Frage endgültig entschieden werden.
Der tatsächliche Zustand ist aber der, daß das Vermögen, das im Osten, in unserer Heimat zurückgeblieben ist, dort vom Feinde beschlagnahmt und praktisch natürlich auch auf die Leistungen des deutschen Volkes angerechnet ist. Letzten Endes vertreten wir die Ansicht, daß aus dem Naturrecht heraus auf Grund der Gesamthaftung eines Volkes für einen Krieg, der gemeinsam geführt und verloren worden ist, ein Anspruch gegeben ist. Ich glaube, man kann sich auch grundsätzlich zu der Auffassung bekennen, daß man mit Präambeln möglichst sparsam umgehen sollte und in einer Präambel nur das aufnehmen müßte, was a) unentbehrlich und b) unzweifelhaft richtig ist. Das ist beides hier nicht gegeben.
Deshalb bitte ich Sie namens der Antragsteller, dem Antrage auf Streichung des Abs. 1 zuzustimmen. Der zweite Absatz muß aus Gründen, die ich hier nicht anzuführen brauche, bestehen bleiben.
— Ja, sparsam!
Wortmeldungen hierzu? — Das Wort hat der Abgeordnete Reitzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt gesagt worden, daß der vorliegende Entwurf ohne Änderungsanträge angenommen werden soll. Wir halten diesen Vorgang für sehr bedenklich. Ich glaube auch, daß in diesem Zusammenhang die Annahme oder Ablehnung der Präambel erwogen werden muß. Mir ist jetzt ein englisches Wort eingefallen, das für die Haltung der Regierungsparteien und für diese Präambel und dieses Gesetz zutreffend ist. Mir scheint nämlich, diese Gesetzesvorlage mit der Präambel ähnelt, um es im englischen Original zu sagen, dem Wort: Like a dinner-gong with no dinner to follow, d. h.: Man schlägt auf den Dinner-Gong, und es folgt kein Essen. Das ist die Präambel.
Ich stimme mit dem Kollegen K a t h e r in einem überein, daß man versuchen sollte, vom moralischen Standpunkt her und vom Standpunkt der Gesamthaftung der deutschen Nation für den verlorenen Hitler-Krieg her die Gesamthaftung festzusetzen, aber nicht in einem Rechtsanspruch vor dem Gesetz, sondern in einer späteren Zusage.
Ich glaube daher, daß die SPD der Präambel heute nicht zustimmen kann; wir werden uns der Stimme enthalten, und zwar aus folgendem Grunde: Wir werden vor der dritten Lesung ja Gelegenheit haben, zu sehen, ob das Gesetz das hält, was im ersten Absatz der Präambel steht, ob wir vor allem die Gelegenheit haben, festzustellen, daß die Grundsätze der sozialen Gerechtigkeit verwirklicht werden. Die Präambel verspricht im ersten Absatz ja allerhand; sie verspricht vor allem auch den Geschädigten und jenen durch den Krieg besonders betroffenen Bevölkerungsteilen einen Ausgleich
der Lasten und einen Anspruch auf Hilfe für die Eingliederung der Geschädigten. Es wird sich im Laufe der Beratungen und der Abstimmungen in der zweiten und dritten Lesung zeigen, ob die Mehrheit dieses Hauses bereit ist, diese theoretischen Anerkennungen auch in der Praxis durchzuführen.
Deshalb erkläre ich im Namen meiner Parteifreunde, daß wir dem Antrage des Kollegen Kather weder zustimmen noch ihn ablehnen, sondern daß wir uns der Stimme enthalten, aber unseren Standpunkt vor der dritten Lesung nach den Erfahrungen der Debatte und der Abstimmungen klar formulieren werden.
Weitere Wortmeldungen zu dem Antrage des Kollegen Dr. Kather zur Präambel liegen nicht vor. Dann rufe ich auf: § 1, — Wortmeldungen liegen nicht vor, § 2, —§ 3.
— Über den § 3 kann erst abgestimmt werden, wenn über § 124 abgestimmt worden ist, d. h. über die Anträge Umdruck Nr. 496 Ziffer 9 b und Umdruck Nr. 499 Ziffer 1.
Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Seuffert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es liegen zum § 3 zwei Anträge vor, einmal der Antrag des Kollegen Goetzendorff und ein Antrag des Kollegen Dr. Kather. Ich glaube, wir sollten die Dinge im Sachzusammenhang behandeln, sonst kommen wir bei der Beratung ganz durcheinander. Ich würde vorschlagen, daß diese Anträge jetzt eingebracht und begründet werden.
Anträge liegen vor
zu § 124, und zwar Umdruck Nr. 496 unter 9 a
und b und Umdruck Nr. 499 Ziffer 1.
Der Antrag Kather kann erst beschieden werden, wenn feststeht, ob im Vollzuge der Anträge Goetzendorff die Paragraphen gestrichen werden, die beanstandet sind. Aus dem Grunde kann man über den § 3 erst entscheiden, wenn die Anträge zu § 124 beschieden sind.
Wenn das Haus der Meinung ist, können wir die Anträge auch gleich beim § 3 behandeln und besprechen. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kather zu seinem Antrag Nr. 496 Ziffer 9 b.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Golitschek.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Unterzeichner des Änderungsantrages auf Umdruck Nr. 496 habe ich Ihnen vorzuschlagen, dem § 3 einen zweiten Absatz mit dem Wortlaut hinzuzufügen:
Die Bestimmungen über die Hypothekengewinnabgabe und über die Kreditgewinnabgabe regelt ein besonderes Gesetz.
Im Zusammenhang damit muß folgerichtig auch in Abs. 1 bei den Ziffern 3 und 4 die Zitierung der Paragraphen entfallen.
Die Verhandlungen im Lastenausgleichsausschuß haben bereits gezeigt, wie schwierig diese Materie der Hypothekengewinnabgabe bzw. der Kreditgewinnabgabe ist. Ein Unterausschuß hat monatelang über diesen Abschnitt beraten, und der Gesamtausschuß ist nicht in der Lage gewesen, die Bedenken, die von einzelnen Fraktionen auch bei der Beratung des Gesamtausschusses geäußert worden sind, irgendwie zu zerstreuen, sollte nicht der Fall eintreten, daß dadurch die Vorlage des gesamten Gesetzes im Plenum verspätet erfolgen würde.
Ich möchte nur einige Punkte andeuten, bei denen uns eine Reform wichtig erscheint. Dies ist einerseits eine Abstimmung der Bestimmungen über diese beiden Abgaben mit denen über die übrigen Abgaben. Andererseits müßten noch die Frage der Befreiung, die Frage der Saldierung und die Frage der Verzinsungssätze besprochen werden. Es ist unmöglich, im Rahmen der Beratungen im Plenum die notwendigen Korrekturen zu erarbeiten, und es erscheint daher den Antragstellern wichtig, dem Ausschuß die Möglichkeit zu geben, diese Materie noch einmal gründlich durchzuarbeiten und dann ein neues Gesetz vorzulegen. Wir haben nicht die Befürchtung, daß dadurch das Lastenausgleichsgesetz irgendwie verzögert und der Lastenausgleichsfonds geschmälert werden würde; denn wir stellen ja gleichzeitig auch den
Antrag, Nr. 2 des § 398 zu streichen, d. h. das Gesetz zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich vom 2. September 1948 zunächst bestehen zu lassen. Gleichzeitig haben wir auch nicht die Befürchtung, daß sich etwa in der Verwaltung Schwierigkeiten zeigen könnten; denn gerade dieses Gesetz vom 2. September 1948 wird ja von den Verwaltungsbehörden bereits praktiziert Es kann sich unserer Meinung nach bei den Beratungen im Lastenausgleichsausschuß über diese beiden Gewinnabgaben höchstens um eine Verzögerung dieser Bestimmungen für die Dauer von drei Monaten handeln. Wir bitten Sie daher, unserm Antrag zuzustimmen.
Zur Begründung des Antrags Umdruck Nr. 499 Ziffer 1 der Abgeordnete Goetzendorff. — Er ist nicht im Saal. Eine besondere Einbringung ist wohl auch nicht erforderlich; denn der Antrag ist wörtlich derselbe wie der, der soeben begründet worden ist.
Ich habe bisher keinen Unterschied feststellen können.
Das Wort hat der Abgeordnete Ehren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben zu unserer Verwunderung festgestellt, daß der Abgeordnete Goetzendorff eine Anzahl Änderungsanträge gestellt hat, die wörtlich den Änderungsanträgen der Abgeordneten Kather und Genossen gleichen. Des weiteren möchte ich grundsätzlich in aller Öffentlichkeit einmal feststellen, daß Herr Goetzendorff, soweit ich das übersehen kann, nicht an einer einzigen Sitzung des Lastenausgleichsausschusses teilgenommen hat,
obgleich er Gelegenheit hatte, an jeder teilzunehmen. Mit noch größerer Verwunderung müssen wir feststellen, daß er Anträge einbringt und es dann nicht einmal für notwendig hält, bei so wichtigen Verhandlungen im Saale anwesend zu sein.
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antragsteller sind sich der Tragweite ihres Antrags nach meiner Überzeugung nicht bewußt.
In dem Augenblick, in dem wir dem Antrag stattgeben würden, Herr von Golitschek, könnten wir das ganze Lastenausgleichsgesetz an den Ausschuß zurückverweisen.
Sie müßten dann statt der Hypothekengewinnabgabe, die Sie durch ein Sondergesetz regeln wollen, auf Aufrechterhaltung des Gesetzes zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich bestehen wollen. Sie wollen dies so lange in Kraft lassen. Es stimmt aber überhaupt nicht mit dem Lastenausgleichsgesetz überein. So können Sie doch nicht manipulieren! Zweitens drängen Sie mit uns allen gemeinsam nach einem möglichst hohen Aufkommen in den ersten Jahren, und dann wollen Sie im ersten Jahre de facto auf den größten Teil des Aufkommens aus der Kreditgewinnabgabe verzichten.
Wir haben im Ausschuß nahezu ein halbes Jahr lang mit den besten Experten über dieser Frage gesessen und haben uns einstimmig zu dieser Lösung bekannt. In der Erkenntnis, daß hier Spezialfragen vorliegen, über die wirklich nur Spezialkenner reden können, hat sich der Gesamtausschuß von dem Vorsitzenden des Unterausschusses, dem Kollegen Seuffert, einen eingehenden Bericht erstatten lassen. Er hat den Bericht zur Kenntnis genommen; er hat Fragen gestellt, wo Zweifel aufgetaucht sind, und er hat zum Schluß im Vertrauen auf die von den besten Fachleuten dieses Ausschusses aus allen Fraktionen gemachten Vorschläge zugestimmt. Jetzt kommt eine ganz kleine Gruppe und beantragt, das zu streichen. Wenn wir mit diesen Methoden anfangen, meine Damen und Herren, dann weiß ich nicht, wie wir mit dieser Vorlage überhaupt fertig werden wollen. Ich denke bei jedem Wort, daß hier geredet wird, daran, daß Millionen und aber Millionen Menschen darauf warten, daß wir fertig werden. Ich bitte darum, den Antrag abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 3, den wir soeben besprechen, gibt Gelegenheit und Veranlassung, sich einmal im ganzen als Grundlage für die Beratungen insgesamt mit der Bilanz des Lastenausgleichs zu beschäftigen— ich möchte sagen: mit der wahren
1 Bilanz und nicht mit der Bilanz der Versprechungen und Erwartungen und unverbindlichen Zusagen, die wir langsam bis oben hinauf satt haben —, mit der wahren Bilanz, die in diesem Paragraphen wenigstens gegliedert zusammengestellt ist und danach aus vier Abgaben besteht, die für den Lastenausgleich erhoben werden.
Diese Zusammenstellung ergibt nicht ganz das richtige Bild; denn wenn die wahre Bilanz hier aufgeführt wäre, so müßten neben diesen Abgaben ein Zuschuß der öffentlichen Hand von 250 Millionen DM im Jahre, der sich in seiner Größenordnung neben den Abgaben durchaus sehen lassen kann, und weitere Zuschüsse stehen. Es müßte hier oder an einer anderen Stelle immerhin stehen, daß ein Teil der Abgaben auf dem Umwege über die Steueranrechnung dem Abgabepflichtigen aus dem öffentlichen Haushalt wieder erstattet wird. Erst wenn Sie das zusammenhalten, sehen Sie die wahre Bilanz des Lastenausgleichs.
Von den hier aufgezählten vier Abgaben sind die zwei letzten, die Hypothekengewinnabgabe und die Kreditgewinnabgabe, von den soeben eingebrachten Anträgen berührt worden. Ich versage es mir, auf diese Anträge näher einzugehen; ich kann sie kaum ernst nehmen. Ich glaube wirklich, daß, selbst. bei der Behandlungsweise für diese zweite Beratung, die hier vorgeschlagen worden ist, dieses Haus sich doch nicht darauf einlassen kann, mit der Verabschiedung von Gesetzen zu warten, bis gewisse Leute diese Gesetze verstanden haben oder verstehen wollen. Man könnte vielleicht noch sagen, daß durch eine Fortführung des Hypothekensicherungsgesetzes einstweilen die Hypothekengewinnabgabe ohne Schaden für den Anfall ersetzt werden könnte. Aber auch dem müßte entgegengehalten werden, daß wir uns weiß Gott nicht ein halbes Jahr lang damit beschäftigt haben, die Hypothekengewinnabgabe in eine bessere Form zu bringen, und damit vielen berechtigten Wünschen entgegengekommen sind, um dann nur zu erleben, daß man, weil man sich das noch einmal überlegen wolle, die Sache zurückstellt. Ich muß sagen: das ist erstaunlich!
Andererseits ist erstaunlich, daß ausgerechnet Leute, die vorgeben, in erster Linie Interessen der Geschädigten zu vertreten, die Erhebung einer so ertragreichen Abgabe, einer ansonsten einstimmig beschlossenen Abgabe wie der Kreditgewinnabgabe ersatzlos zurückstellen wollen und damit die Schnelligkeit und die Größe des Aufkommens im Lastenausgleich sehr erheblich vermindern wollen. Es sind das Anträge von Leuten, die an den Arbeiten des Ausschusses tatsächlich nicht teilgenommen haben und offenbar auch nicht teilnehmen wollen.
Deshalb muß ich schon sagen — Herr Golitschek, bei Ihnen kann ich das nicht sagen —, aber zwischen Herrn Goetzendorff und Herrn Dr. Kather ist, weiß Gott, da kein Unterschied!
- Herr Goetzendorff ist an sich auch nicht Mitglied des Ausschusses. Herr Goetzendorff als eine Art Privatabgeordneter hat ja vielleicht bestimmte Schwierigkeiten, aber immerhin ist Herr Dr. Kather Mitglied einer großen Fraktion und in
einem großen Verband tätig und hätte genau so gut Gelegenheit gehabt wie jeder andere Abgeordnete dieses Hohen Hauses, der sich mit diesen Problemen beschäftigt, sich damit zu befassen, wenn die Arbeit geleistet wird, und nicht hinterher mit Anträgen zu kommen und einfach zu sagen: Ich habe das noch nicht verstanden, oder: Ich will es mir noch einmal überlegen!
Mit der an zweiter Stelle genannten Abgabe, mit der Vermögensteuer, möchte ich mich im einzelnen noch beschäftigen. Die Sozialdemokratie hat immer zu erkennen gegeben, daß sie der Einbeziehung der Vermögensteuer, die eine Ländersteuer ist, in die Lastenausgleichsabgabe des Bundes grundsätzliche Bedenken gegenüberstellt. Ich möchte in diesem Zusammenhang einige Ausführungen über die Gesamtbilanz machen, die mir angezeigt zu sein scheinen. Das Gesamtaufkommen des Lastenausgleichs wird jetzt auf etwa 2,1 Milliarden DM jährlich veranschlagt, wie Sie aus dem schriftlichen Bericht ersehen. Von Regierungsseite selber ist ausgesprochen worden, daß dieses Aufkommen als unzureichend angesehen wird. Sie müssen aber dabei wissen — und das scheint mir der entscheidende Punkt zu sein —, daß selbst von diesem Aufkommen ein Drittel nicht von den Abgabepflichtigen, sondern von der öffentlichen Hand, vom allgemeinen Steuerhaushalt, beigesteuert wird. Das ist eine Erscheinung, die uns sehr zu denken geben sollte und deren Ursachen wir nachgehen müssen.
Die Tatsache, daß ein unzureichendes Aufkommen nur durch derart umfangreiche Zuschüsse der öffentlichen Hand erreicht werden kann, die Tatsache, daß es nicht gelungen ist, aus der Belastung des abgabepflichtigen Vermögens ein zureichendes Aufkommen zu erzielen, ist das Ergebnis der Entwicklung der Ausschußberatungen. Über die Grundlagen dieser Entwicklung kann ich Ihnen keinen besseren und in manchen entscheidenden Punkten leider keinen zutreffenderen Bericht geben, als ihn uns ein sehr geschätztes Mitglied, der Herr Kollege Atzenroth, in der beachtlichen Zeitschrift „Der Arbeitgeber" gegeben hat. Darf ich Ihnen mitteilen, was Herr Kollege Atzenroth auf Seite 289 dieser Zeitschrift vom April 1952 ausführt. Er sagt:
Der Lastenausgleichsausschuß setzt sich nämlich aus 28 Mitgliedern des Bundestages zusammen, von denen man wohl sagen kann, daß nur 3 eine echte Verbindung zur Wirtschaft und ein echtes Verständnis für deren Belange haben.
Es ist nicht gesagt, wer außer dem Kollegen Atzenroth, der wahrscheinlich dazu gehört, mit diesen dreien gemeint ist.
Wir stehen vollkommen außer Verdacht, damit gemeint zu sein, denn Sie fahren fort, Herr Kollege Atzenroth:
Ihnen gegenüber
nämlich denen, die Verständnis für die Wirtschaft haben —
steht die ziemlich geschlossene Gruppe von 11 Mitgliedern der Opposition
— nun, wir legen weder auf gute noch auf schlechte Zensuren von Ihnen Wert, Herr Dr. Atzenroth, es geht aber weiter: —
und die ebenso geschlossene Gruppe,
— die Ihnen gegenüber also kein Gefühl und kein Verständnis für die Wirtschaft hat —
die von Koalitionsparteien in den Ausschuß entstandt wurde, eine Gruppe von Vertretern der Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten, die ich auf etwa acht Personen schätzen möchte.
Hinzu kommen noch einige Landwirte.
— Das versteht sich am Rande. —
— Das ist, wie gesagt, der Lastenausgleichsausschuß, von einem seiner Mitglieder geschildert.
Und nun in folgenden lapidaren Sätzen des Ergebnis zusammengefaßt:
Für die Vertreter der Wirtschaft
— diese drei —
war es außerordentlich schwer, als Grundsatz zunächst einmal den generellen Standpunkt durchzusetzen, daß jede Belastung des Vermögens an der Grenze halt machen muß, wo die Ertragsfähigkeit aufhört.
— Es gibt ja auch eine gewisse Forderung von Substanzabgabe usw. —
Heute können wir sagen, daß sich dieser Standpunkt durchgesetzt hat, daß an ihm nicht mehr gerüttelt werden kann.
Endlich einmal jemand, der sagt, daß er mit diesem Gesetz das erreicht hat, was er haben wollte.
Sehen Sie, meine Damen und Herren, wenn man das erreichen will und das erreicht hat und dann mit einem Aufkommen von 2,1 oder 2,2 Milliarden in der Öffentlichkeit aufmarschieren will, was muß man dann tun? Dann muß man sich andere Leute suchen, die das Geld zahlen, das die Abgabepflichtigen für das abgabepflichtige Vermögen nicht zahlen wollen. Das hat man auch in ausreichendem Maße getan.
Sehen wir uns einmal diese 2,1 Milliarden näher an. Da stecken laut § 315 250 Millionen an Zuschuß des Bundes und der Länder drin. Wir haben dazu unsere Anträge gestellt. Es steckt die den Ländern weggenommene Steuer drin, die in dem Umfang, wie sie hier erhoben wird, 130 Millionen aus der Steuerkraft der Länder wegnimmt — verfassungswidrig. Es steckt drin die Abgabe der öffentlichen Hand für ihr Vermögen, ihr Grundvermögen, ihr land- und forstwirtschaftliches Vermögen, eine Abgabe, die der Herr Bundesfinanzminister in der letzten Ausschußsitzung auf etwa 120 Millionen jährlich beziffert hat. Ich halte diese Ziffer für zu niedrig, denn die Zahlen, die uns vorliegen, ergeben, daß allein für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen der öffentlichen Hand 104 Millionen im Jahr anfallen müssen.
— Die sind in Ihrem Aufkommen drin.
— In Ihrem Aufkommen, in Ihren 2,1 Milliarden Herr Dr. Bucerius, sind sie drin. Das ist doch wohl verständlich.
Die Abzugsfähigkeit von einem Drittel der Abgaben, die Anrechnung bei der Steuer, kostet Ihnen eine Ziffer, die ich mal ganz gering — diejenigen, die die Ziffern kennen, werden mir zugeben, daß es ein geringer Ansatz ist — mit 160 Millionen im Jahre ansetzen will. Das ist auch eine Zahl, die von der Finanzverwaltung stammt. Das sind insgesamt 660 Millionen, so daß die Behauptung wohl gerechtfertigt ist, daß das Aufkommen des Lastenausgleichs zu einem guten Drittel aus der öffentlichen Hand gezahlt wird, davon 500 Millionen durch direkte Abgaben und Zuschüsse bzw. durch Abtretung der Vermögensteuer und 160 Millionen durch Übernahme der Leistungen der Abgabepflichtigen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer durch Steuerabzug.
Meine Damen und Herren, reden wir doch einmal deutsch. Was heißt das, daß die öffentlichen Haushalte diese Summen in den Lastenausgleich zahlen? Wer sind denn die öffentlichen Haushalte? Die öffentlichen Haushalte sind alle Steuerzahler und alle Nichtsteuerzahler, insbesondere alle diejenigen, die kein Vermögen haben, das dem Lastenausgleich unterliegen könnte. Die Leistungen der öffentlichen Haushalte werden zu 60 % — das ist nun einmal heute die Zahl — aus der Umsatzsteuer, aus den Verbrauchsteuern und Zöllen gedeckt, d. h. aus den Steuern, die jedermann zahlt, auch der Rentner, auch der, der nicht einmal eine Lohnsteuer zahlt. Sie werden zu weiteren 40 % zu einem erheblichen Teil von den Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen gezahlt. Diese Ziffern bedeuten nichts anderes, als daß zu einem Drittel der Nichtabgabepflichtige, der Geschädigte, der Vertriebene selbst durch Erhöhung seiner Steuerleistungen oder durch Wegfall der Leistungen der öffentlichen Hand, die ihm sonst zustehen, den Lastenausgleich an Stelle der Abgabepflichtigen zahlt.
Nun, meine Damen und Herren, was ich bis jetzt aufgeführt habe, sind durchaus nicht alle Leistungen der öffentlichen Hand, alle Leistungen des Steuerzahlers, alle Leistungen, die neben der Abgabe des abgabepflichtigen Vermögens für den Lastenausgleich liegen, sondern es kommt noch eine Reihe von Dingen dazu. Es kommt noch die in diesem Gesetz vorgesehene Übergangsabgabe dazu, d. h. der Versuch, die bereits erhobene Vermögensteuer für die letzten zwei Jahre den Ländern nachträglich zugunsten des Lastenausgleichs wieder wegzunehmen, ein Versuch, der praktisch so aussichtslos ist, daß man es bisher nicht einmal gewagt hat, diese Übergangsabgabe in die Bilanz des Lastenausgleichs einzusetzen. Immerhin, es steht auf dem Papier und im Gesetz und würde einige hundert Millionen ausmachen.
Es kommen weiter dazu die Teuerungszuschläge, die infolge der Preisentwicklung und der Wirtschaftspolitik von den öffentlichen Haushalten gezahlt werden müssen, Zuschläge zu den Renten des Lastenausgleichs, 190 Millionen DM jahrlich. Es kommen dazu die Leistungen der Krankenversorgung, die zu einem großen Teil von den öffentlichen Haushalten übernommen werden; es kommen die Verwaltungskosten des Lastenausgleichs dazu, und Sie können auch hier mit einem Betrag von 100 Millionen und mehr im Jahre rechnen. Es kommen weitere Steuerverluste dazu durch Abzug der Zinsen der Hypothekengewinnabgabe und der Kreditgewinnabgabe sowie der Vermögenssteuer des Lastenausgleichs. Es kommt hinzu, wie Sie
eben von seiten der Regierung hier und wie wir im Ausschuß von dem Herrn geschäftsführenden Minister für den Wohnungsbau gehört haben, daß durch die jetzt vorgesehene Gestaltung dieses Gesetzes im Wohnungsbauprogramm des Bundes ein Loch von 400 Millionen DM jährlich entsteht, das durch andere Leistungen des Bundes, d. h. durch zusätzliche Leistungen ausgefüllt werden muß. In dieser Höhe etwa muß die Fortführung des Wohnungsbaues für Flüchtlinge außerhalb des Lastenausgleichs finanziert werden, wenn das durchgeführt wird, was in. dem Gesetzentwurf vorgesehen ist.
Ich glaube, wenn Sie alle diese Punkte zusammennehmen, können Sie ruhig sagen, daß sie, abgesehen von den vorhin von mir angesprochenen Punkten, weitere 700 Millionen DM ausmachen, so daß, wenn ich die letzten Punkte jetzt außerhalb der Betrachtung lasse, die Frage nicht etwa die ist, ob der Steuerzahler an Stelle des Abgabepflichtigen 700 Millionen oder null DM im Jahre leisten soll, sondern die ist, ob er 700 Millionen oder 1400 Millionen DM leisten soll, eben deswegen, weil die Abgabe nicht zureichend ist bzw. für Dinge verwandt wird, für die sie jetzt noch nicht verwandt werden sollte.
All das, meine Damen und Herren, reicht aber nach Ansicht derjenigen, die den vorliegenden Entwurf unterstützen, noch nicht aus. Diese Zuschüsse der öffentlichen Hand sind noch nicht als zureichend empfunden worden, den Abgabepflichtigen, ihre „schwere" Last zu erleichtern. Man hat den Ländern die Vermögensteuer zwar ganz weggenommen, erhebt sie aber in einer Art und Weise, daß sie, wie gesagt, 130 Millionen DM erbringt, während sie bei einer vernünftigen und normalen Erhebung ohne die exorbitanten Ermäßigungen, die man für abgabepflichtiges Vermögen geschaffen hat, 240 Millionen DM mehr im Jahre brächte. Man hat zwar kurioserweise die Vermögensteuer für die kleinen Leute durch Herabsetzung der Freigrenzen wesentlich verschärft,
hat sich aber ebenso kurioserweise nicht mehr getraut, den Leuten zuzumuten, die Vermögensteuer neben der Lastenausgleichsabgabe zu zahlen, obwohl sie bisher die Vermögensteuer sehr wohl neben der Soforthilfeabgabe gezahlt haben und zahlen konnten.
Fassen Sie das alles zusammen! Wie ist die Situation? Die Belastung durch den Lastenausgleich ist - das kann im Grunde wohl ausgesprochen werden - in allem Durchschnitt niedriger als die Belastung durch die Soforthilfeabgabe. Die Ermäßigung der Abgabesätze, die entgegenkommenden Berechnungen in allen möglichen Punkten lassen es zu, das auszusprechen. Es kommt hinzu, daß jetzt dieser niedrigen Belastung keine Vermögensteuer mehr zur Seite steht, während sie bisher mitgetragen wurde und sehr wohl getragen werden konnte.
Man stellt von seiten der Wirtschaftssachverständigen, Herr Dr. Atzenroth, ständig die Behauptung auf, daß die Grenze der Ertragsfähigkeit erreicht sei. Nun, ich will mich gar nicht in einen Streit darüber einlassen, ob für eine Vermögensabgabe überhaupt die Grenze der Ertragfähigkeit maßgebend ist und ob man von einer Vermögensabgabe sprechen kann, wenn man die Grenze der Ertragsfähigkeit maßgebend sein läßt. Trotz aller Aufforderungen ist uns aber bisher nichts Stichhaltiges über diese Grenze der Ertragsfähigkeit vorgetragen worden. Herr Kollege Kunze, Sie haben der Bundespressekonferenz Ertragsberechnungen übergeben. Ich möchte Ihnen dazu sagen: wir werden uns über die Ertragsberechnungen nie verständigen können, wenn bei diesen Berechnungen immer wieder darauf bestanden wird, abgabepflichtiges Vermögen und rentierendes und verdienendes Vermögen einfach gleichzusetzen. Es ist doch für denjenigen, der die Wirtschaftslage eingermaßen kennt, vollkommen klar, daß heute in der Wirtschaft ein ganz großer Prozentsatz, unter Umständen sogar noch einmal soviel mehr an Vermögen verdient, mehr als das, was am 21. 6. 48 vorhanden war und mit der Abgabe belegt ist. Sie kennen ganz genau die Milliardenzahlen der Investitionen in den letzten Jahren und wissen ganz genau, daß ein sehr großer Teil dieser Investitionen nicht durch Aufnahme von fremden Mitteln, sondern aus Eigenfinanzierung vorgenommen worden ist.
Sie können also nicht davon ausgehen, daß Sie einfach eine Rendite auf das abgabepflichtige Vermögen rechnen, sondern das Vermögen, auf das Sie die Rendite rechnen müssen, ist bis doppelt so hoch wie das abgabepflichtige Vermögen. Auch derjenige Vermögenszuwachs, der durch Aufnahme von Fremdmitteln finanziert worden ist, verdient mehr, als was die Fremdmittel kosten, als was das Kapital kostet. Ich glaube also, wir werden zu richtigen Berechnungen erst kommen, wenn wir das Verhältnis zwischen abgabepflichtigem und rentierendem und verdienendem Vermögen richtig erkennen und zugrunde legen.
Man hat nun, da man die berühmte Schonung der Wirtschaft wollte, die erwähnten Zuschüsse der öffentlichen Hand in das Leistungsaufkommen einbezogen. Man ist durch die Ermäßigung der Vermögensteuer um 240 Millionen DM entgegengekommen und hat die restlichen 130 Millionen DM auch den Ländern weggenommen. Man will den Ländern und dem Bund, der ja mitbeteiligt ist, durch die Abzugsfähigkeit von einem Drittel der Abgabe an Steuerkraft weitere 160 Millionen jährlich wegnehmen. Das Fazit ist folgendes: An direkten Zuschüssen zum Aufkommen des Lastenausgleichs werden von den Ländern erfordert 130 Millionen DM Vermögensteuer, 250 Millionen DM Zuschuß nach § 315, mindestens 120 Millionen DM
wahrscheinlich wesentlich mehr — Abgaben des öffentlichen Vermögens zum Lastenausgleich, zusammen 500 Millionen. Darüber hinaus hat Man, um die Last der Abgabepflichtigen zu erleichtern, den Ländern zugemutet, eine Vermögensteuer von weiteren 240 Millionen DM nicht zu erheben, die gezahlt werden könnten, die aber auch nicht für den Lastenausgleich erhoben werden, sondern die den Leuten überhaupt geschenkt werden.
Weiter mutet man den Ländern zu, durch den Abzug des Drittels der Abgabe der Einkommen- und Körperschaftsteuer eine Schmälerung des Aufkommens um mindestens 150 bis 160 Millionen DM jährlich in Kauf zu nehmen. Das kommt zusammen auf 890 oder 900 Millionen DM jährlich heraus. 500 Millionen direkte Zuschüsse zum Aufkommen des Lastenausgleichs, eine weitere Schwächung der Steuerkraft der Länder und des Bundes zur Schonung der Abgabepflichtigen im Betrage von etwa 400 Millionen DM!
Meine Damen und Herren, ich glaube, Sie sollten sich klar darüber sein, daß es vollkommen aussichtslos ist, eine derartige Bilanz gegenüber dem
Verantwortungsbewußtsein der öffentlichen Haushalte, die hier die Interessen der Steuerzahler zu vertreten haben, durchzudrücken. Sie haben bisher nicht den geringsten Versuch gemacht, im Bundestag und im Bundesrat eine tragfähige Grundlage für diese Konzeption zu bekommen. Sie müssen wissen, daß die Einbeziehung der Vermögensteuer in den Lastenausgleich, wie sie hier vorgesehen ist, eine Verfassungsänderung erfordert. Das, was in diesem Gesetz versucht ist, nämlich die Vermögensteuer der Länder außer Hebung zu setzen und dafür eine Vermögensteuer des Bundes zu erheben und dann zu behaupten, das sei etwas anderes als eine Änderung der Verfassungsbestimmung, nach der die Vermögensteuer für die Länder und nicht für den Bund erhoben wird, – diese Argumentation, glaube ich, wird Ihnen kein Verfassungsgerichtshof abnehmen.
Ich glaube, Sie sollten sich längst darüber klargeworden sein, daß ohne die Voraussetzung einer Verfassungsänderung, die Sie in diesem Punkt noch nicht einmal beantragt haben, die Durchführung dieser Konzeption nicht möglich ist. Diese Voraussetzung muß im Bundesrat geschaffen werden. Ich glaube nicht, meine Damen und Herren, daß Sie weiterhin darauf bestehen können, den Ländern 'an direkten Zuschüssen 500 Millionen zu nehmen und gleichzeitig den Steuerzahlern eine weitere Schwächung um 400 Millionen zugunsten der Abgabepflichtigen zuzumuten. Nehmen Sie, meine Damen und Herren, die Geschenke, die Sie hier auf Kosten der Steuern den Abgabepflichtigen gemacht haben, erst zurück! Zeigen Sie Ihren Willen, eine richtige Vermögensteuer zu erheben, wie es tragbar ist und wie es sich ohne die künstlichen Befreiungen, die eingebaut worden sind, von selbst ergibt! Darauf zielen unsere Anträge, die wir Ihnen hier im einzelnen vorgelegt haben.
Wenn man dann eine solche Gesamtbilanz ansieht, so könnte man sich vielleicht denken, daß Möglichkeiten zu einer wirklich tragbaren Grundlage gegeben seien. Sie können aber nicht auf allem bestehen. Sie können nicht die 400 Millionen und die 500 Millionen zugleich nehmen. Aus diesen Gründen und aus den Überlegungen, die ich Ihnen eben vorgetragen habe, haben wir darauf verzichtet, zu der Frage der Vermögensteuer in diesem Stadium der Beratungen endgültig Stellung zu nehmen. Wir behalten uns das für die dritte Lesung vor. Wir wollen das Ergebnis unserer Anträge abwarten und Ihnen Gelegenheit geben, Ihren ernstlichen Willen zu zeigen, in dieser Frage zu einem Erfolg zu kommen. Denn Sie müssen genau so wissen wie wir, - daß man mit dem Bundesrat, mit den Ländern, die für die Steuerzahler verantwortlich sind, zu einer Grundlage kommen muß und daß man diese Geschenke, die man hier den Abgabepflichtigen macht, nicht aufrechterhalten kann.
In diesem Sinne verweisen wir Sie auf die Anträge, die wir zu den einzelnen Punkten gestellt haben, und stellen zu dem § 3 in dieser Lesung keinen Antrag.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Herr Kollege S e u f f e r t war so liebenswürdig, mich zu zitieren, und ich muß mich in der Tat berichtigen. Denn gerade Herr Kollege Seuffert hat
in den Ausschußberatungen außerordentlich viel
Verständnis für die Belange der Wirtschaft gezeigt.
Wir waren immer darüber einig, daß mit diesen Sätzen die Grenze des Tragbaren erreicht worden sei. Bei den Abstimmungen habe ich eigentlich in diesem Punkte immer die Unterstützung von Herrn Seuffert gefunden.
Wir waren nicht einig in der Frage, in welchem Umfang oder ob wir überhaupt Mittel der öffentlichen Hand in den Lastenausgleich einbeziehen müssen.
— Zu dieser Frage, Herr Kollege, möchte ich auch ausführlich Stellung nehmen. Aber ich kann es nicht in diesem Stadium. Denn ich muß zu dem nächsten Punkt zunächst einmal als Berichterstatter meinen Bericht, der sich gerade darauf erstreckt, sachlich abgeben
— allgemein abgeben — und kann dann erst meine persönliche Meinung vortragen.
Ich habe mich hier nicht zu einer Kontroverse mit Herrn Seuffert gemeldet, sondern zu den Anträgen zu § 3. Ausgerechnet da bin ich wieder mit Herrn Seuffert einig. Auch ich möchte den Herren Antragstellern den Rat geben, diese Anträge nicht zu verfolgen. Denn die Anträge, die sie da gestellt haben, richten sich doch in erster Linie gegen die Kreise, deren Interessen sie vertreten. Wir haben im Ausschuß tatsächlich ernsthaft und sachlich um diese Hypothekengewinnabgabe und die Kreditgewinnabgabe gerungen und wir sind — wieder einmal einstimmig; auch da waren wir mit Herrn Seuffert einer Meinung — im Wege des Kompromisses zu dieser Formulierung gekommen.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß es Ihnen in den drei Monaten, die Sie jetzt beanspruchen, gelingen wird, die Änderungen herbeizuführen, die Sie in den nun abgelaufenen ebenfalls drei Monaten, in denen Sie diese Formulierung ja schon kennen, uns nicht haben vorlegen können. Ich bin der Überzeugung, daß mit diesen Anträgen gerade den Interessen der Kreise, die hier in Frage kommen und die Sie vertreten, am meisten geschadet wird, und beide Teile, sowohl diejenigen, die abgeben müssen, als auch diejenigen, die nun diese Leistungen bekommen sollen, werden weiter dadurch geschädigt, daß eine erneute Verzögerung eintritt. Alle sind daran interessiert, endlich einmal Klarheit zu bekommen. Wir müssen alles daran setzen, daß dieses Gesetz endlich verabschiedet wird und daß sowohl die abgabepflichtigen Vermögensbesitzer als auch die empfangsberechtigten Geschädigten Klarheit über das erhalten, was sie von dem Gesetz zu erwarten haben.
Deswegen bitte ich, die Anträge, die zu § 3 gestellt sind, abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anträge, deretwegen Herr Seuffert so einige freundliche Vokabeln an meine Adresse gerichtet hat, sind nicht auf meine Anregung hin gestellt worden. Ich kann vielmehr sagen, daß alle diese Anträge, die ich als erster unterzeichnet habe, von dem Lastenausgleichsaus-
schuß des BVD erarbeitet worden sind, dem auch drei Mitglieder des Lastenausgleichsausschusses des Bundestages angehört haben. Diese Anregung ist also nicht von mir, sondern von anderer Seite gekommen, und zwar gerade von den Herren, die Sie ausgenommen haben, Herr Seuffert, von Herrn von Golitschek, glaube ich, und sogar von Herrn Nöll von der Nahmer.
— Gut, Herr Mellies, ich stimme Ihnen bei. Aber nun will ich Ihnen einmal etwas sagen. Die Herren haben ihren Wunsch, diese Anträge einzubringen, mit der Sorge begründet, daß in diesen doch etwas summarischen Beratungen eine so äußerst komplizierte Materie mehr oder weniger untergehen bzw. nicht mit der Sorgfalt behandelt werde, die sie mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten erfordert. Ich darf darauf hinweisen, daß das Notariat ganz erhebliche Bedenken erhoben hat z. B. hinsichtlich der öffentlichen Last und hinsichtlich des Umstandes, daß der gute Glaube des Grundbuchs dadurch gefährdet werde. Dieses Argument ist vorgebracht worden neben anderen, und deshalb sind diese Anträge aufgenommen worden. Die Herren werden ja selber noch ihre Meinung dazu sagen. Bei der Hypothekengewinnabgabe war eine Minderung des Aufkommens nicht zu befürchten. Im 'übrigen sollte sie in Kauf genommen und möglichst schnell durch Verabschiedung eines Gesetzes vermindert werden.
Aber, meine Damen und Herren, ist das nun ein Grund, mit derartigen Vorwürfen und Anwürfen zu kommen? Wenn Herr Seuffert anderer Meinung ist, kann er es ruhig sagen. Führt er uns wirklich beachtliche Gründe an, so ist es gar nicht
ausgeschlossen, daß wir sagen: wir nehmen den Antrag zurück. Wogegen ich mich aber wenden muß, Herr Seuffert, ist, daß Sie hier sagen: Erstens, man himmt die Anträge nicht ernst, und zweitens, wir können nicht warten, bis gewisse Leute, die das Gesetz nicht verstanden haben, dahinterkommen! Sie haben von Leuten gesprochen, die vorgeben, die Geschädigten zu vertreten und die an den Arbeiten nicht teilgenommen haben, und Sie haben es letzten Endes für richtig gehalten, mich in dieser Hinsicht mit Herrn Goetzendorff zu vergleichen. Herr Seuffert, wir stehen vor einer Aufgabe, auf die das ganze deutsche Volk sieht. Glauben Sie, es dient der Sache oder es dient Ihnen oder Ihrer Partei, wenn wir nun sieben Tage in diesem Ton miteinander verkehren? Ich will mich gegen diese Vorwürfe nicht verteidigen. Ich will nur zu der immer wieder vorgetragenen Behauptung, ich hätte an den Sitzungen des Ausschusses nicht genügend teilgenommen und dürfe daher gewissermaßen nicht mitreden, eines sagen: Wenn man das bis ins letzte überspitzt, dann dürften wohl nur die Herren mitreden, die an dem sechs- oder siebenköpfigen Ausschuß teilgenommen haben. Ich habe immerhin, wenn ich konnte, teilgenommen. Es kommt j a auch vor, daß andere Leute einmal nicht da sind. Ich habe in der letzten Zeit sechs Wochen lang fast ganztägig an den Koalitionsbesprechungen teilgenommen.
— Vielleicht! — Ich bin Vorsitzender eines andern großen Ausschusses. Ich glaube nicht, daß es der Übung des Hauses entspricht, dann solche Vorwürfe zu erheben. Außerdem bin ich ja nicht Mitglied des Lastenausgleichsausschusses, und zwar bin ich aus
Verantwortungsbewußtsein nicht hineingegangen, weil ich wußte, daß ich nicht ständig dabei sein konnte. Schließlich klagen wir alle über Überarbeitung; doch wir wollen niemals bei dem andern anerkennen, daß er wirklich das Seine tut. Das aber darf ich wohl für mich in Anspruch nehmen. Ich würde deshalb doch bitten: lassen wir solche Spitzfindigkeiten weg und unterhalten wir uns ruhig und sachlich! Wir kommen schneller voran und dienen der Sache.
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Seuffert einzugehen. Es scheint mir zweckmäßig zu sein, das dann zu tun, wenn wir bei dem betreffenden Teil des Gesetzes sind. Ich möchte vielmehr nur auf eines hinweisen: sollen wir uns, nachdem der Ausschuß einen einstimmigen Beschluß gefaßt hat, jetzt in einer stundenlangen Debatte nur deshalb, weil ein von der Mehrheit des Ausschusses für falsch gehaltener Antrag hier wieder eingebracht und begründet wird, von der Linie unserer Beratungen ablenken lassen? Ich habe mir erlaubt, dem Herrn Präsidenten eine Übersicht über das Ergebnis der Abstimmung, im Ausschuß zu jedem einzelnen Paragraphen in dritter Lesung zu übergeben. Ich hatte die Hoffnung, wir würden mit diesem Teil, den §§ 1 bis 12, sehr fix fertig werden.
Wollten wir jetzt mit dieser Methode fortfahren, dann würde ich vorschlagen: richten wir uns doch darauf ein, daß wir die nächsten drei Wochen Dauerplenum machen!
Ich möchte dann nur noch zu einem etwas sagen, Herr Kollege Kather. Sechs Monate lang — das habe ich schon als Berichterstatter ausgeführt, und ich habe es vorhin noch einmal erwähnt — haben sich die ersten Fachleute dieses Hohen Hauses unter Hinzuziehung von x Sachverständigen des Hauses, von Vertretern aller in Frage kommenden Sachverständigenorganisationen, Hypothekenbankorganisationen, Sparkassenorganisationen usf. usf. mit der Materie der Kreditgewinnabgabe und Hypothekengewinnabgabe befaßt und sind zu dem vorliegenden Ergebnis gekommen. Der Weg, den Sie jetzt vorschlagen und durch Ihre Freunde begründen lassen, ist ein Irrweg! Er bedeutet im Ergebnis die Unmöglichkeit der Verabschiedung des Lastenausgleichs, weil das Gesetz zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich vom 2. September 1948 in die Konzeption, die wir im LAG hier vor uns haben, nicht paßt.
— Herr Kollege, Sie haben j a im Ausschuß nicht mitgearbeitet. Fragen Sie Ihren Fraktionskollegen, der links von Ihnen sitzt; der wird Ihnen etwas anderes sagen.
— Sie rollen die ganzen Dinge, die in diesem Fachausschuß eingehendst und grundlichst beraten worden sind, wieder auf und sind nach sechs Monaten nicht weiter, als wir auch gekommen sind; und die Kreditgewinnabgabe geht uns mit 170 Millionen DM pro Jahr für die Dauer der Zurücksetzung dieser Dinge verloren. Das verträgt sich doch nicht mit den berechtigten Forderungen der Vorfinanzierung und der Erhöhung des Aufkommens. Darum bitte ich, entweder den Antrag zurückzuziehen oder den Antrag zu § 3 abzulehnen und § 3 entsprechend dem einstimmigen Beschluß des Ausschusses anzunehmen. Der Ausschußbeschluß war zu den §§ 1 bis 4 einstimmig, zu § 5, mit Ausnahme von Abs. 5 einstimmig, zu § 6, § 7, § 7 a, §§ 8 bis 10 einstimmig. Bei § 11 ist eine Differenz; die wird durch einen Antrag geklärt werden. Der Beschluß zu § 12 war wiederum einstimmig. Sollen wir jetzt am Anfang, wo wir die Regularien vorbereiten, schon in eine Diskussion der Grundsatzproblematik eintreten, zu der wir doch später an Hand der Anträge zu den einzelnen Abschnitten ohnehin kommen? Ich bitte doch sehr, zu versuchen, etwas Ordnung in unsere Beratungen zu bekommen.
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
Meine Damen und Herren! Was uns hier als Produkt des Ausschusses für den Lastenausgleich vorliegt, ist beinahe ein dickes ) Buch, und ich möchte wetten, daß von den anwesenden Herren nur ein geringer Teil überhaupt die Möglichkeit hat, die ganze Tragweite dessen zu übersehen, was in diesen Hunderten von Einzelparagraphen in juristisch teilweise außerordentlich anfechtbaren — —
Herr Abgeordneter Loritz, wir haben keine Generaldebatte; Sie haben das Wort zu § 3!
Ja, ich weiß! — in juristisch oft außerordentlich anfechtbaren Formulierungen enthalten ist.
Meine Damen und Herren, die Debatte zu § 3, in dem bekanntlich erschopfend aufgezählt ist, was alles zur Ausgleichsabgabe herangezogen wird, bietet mir Gelegenheit, eines zu diesem Gesetzentwurf zu sagen: Man hat entgegen dem, was ich schon in der ersten Lesung vorgeschlagen habe,
geflissentlich wiederum die Hauptsache nicht getan: namlich dort die Gelder tur den Lastenausgleich herzunehmen und dort zugunsten der Heimatvertriebenen und Fliegergeschadigten die Gewinne wegzunehmen, wo sie in großtem Umfange gemacht worden sind und heute noch vorhanden sind. Man hat in § 3 eine einmalige Vermögensabgabe, eine ergänzende Vermogensteuer und Sonderabgaben auf Gewinne aus Schulden, für die Grundpfandrechte bestellt worden sind, und auf Schuldnergewipne für gewerbliche Betriebe eingeführt. Man hat aber geflissentlich Abstand genommen von einer Aktiensteuer, die die unerhört hohen Gewinne erfaßt hätte, die durch die Großaktionäre seit der Währungsreform gemacht worden sind. Oder soll ich Ihnen vielleicht einige Detailangaben hier machen? Soll ich Ihnen sagen, daß Aktien, die kurz nach der Währungsreform auf 15 oder 17 DM standen, heute auf 150, ja 200 DM im Kurse stehen?! Soll ich Ihnen ausrechnen, welch schamlose Gewinne hier gemacht wurden, nicht bloß auf Kosten der ganzen Volkswirtschaft, sondern genau so auf Kosten derjenigen, die durch diesen „Lastenausgleich" belastet werden, obgleich sie nicht mehr dazu herangezogen werden sollten, wie z. B. kleine Hausbesitzer mit teilweise sehr verwahrlosten Häusern oder kleinè Gewerbetreibende? Meine Damen und Herren, von dieser Aktiensteuer hat leider hier kein Mensch gesprochen. Man hat vergessen, diese Gewinne hier heranzuziehen.
Und doch wäre das eine der größten Einnahmequellen für den Ausgleichsfonds geworden! Man hat ebenso vergessen, die ungeheuren Exportgewinne heranzuziehen, die von gewissen Unternehmungen in den letzten Jahren gemacht worden sind. Nichts ist hier an Anträgen von seiten der Regierungsmehrheit oder von sonst einer Fraktion des Hauses gestellt worden.
Es ist in der mir zugebilligten kurzen Redezeit von 5 Minuten
unmöglich, Ihnen im einzelnen klarzulegen, wie
man die Aktiengewinne erfassen könnte. Ich habe
über die Grundsätze hierzu schon gesprochen. Es
ist geradezu unglaublich, daß noch niemand in diesem Hause den Mut gefunden hat, den Finger da
draufzuzeigen, um eine Heranziehung dieser schamlosen Übergewinne zugunsten des Lastenausgleichs
zu fordern. Hier würden Beträge zur Verfügung
stehen, die die Milliardengrenze weit überschreiten,
Beträge, die sofort verfügbar gemacht werden
könnten. Man lasse diese Großaktionäre einen
Teil ihrer Aktien an den Lastenausgleichsfonds abliefern und gebe diese abgelieferten Aktien den
Lastenausgleichsberechtigten! Auf diese Weise wird
man einen allzu starken Kursdruck auf den Aktienmärkten verhüten. Man ist an diese Probleme überhaupt nicht herangegangen. Ja, Herr Abgeordneter
Kunze, Sie können ruhig mit dem Kopfe wackeln!
Niemand im Ausschuß hat es gewagt, dieses heiße Eisen' anzulangen. Warum? Weil gewisse Kreise sich die Sympathie der Großaktionäre nicht verscherzen wollten!
Lassen Sie mich hier bereits bei der Debatte zu § 3 das eine sagen: Dieser Lastenausgleich ist zwar ein voluminöser Gesetzeswälzer geworden; was aber für die Heimatvertriebenen herauskommen wird, das ist ein ganz klein wenig, ein Krümlein Brot, und nicht mehr. Warum haben Sie, meine Herren Abgeordneten, nicht dort die Vermögen für den Ausgleichfonds gesucht, wo sie in großem Umfange noch vorhanden sind? Ich hoffe, das Volk wird Ihnen auf diese Kernfrage, die Sie nicht beantwortet haben, die Quittung noch rechtzeitig erteilen!
Weitere Wortmeldungen zu § 3 liegen nicht vor.
§ 4 — keine Wortmeldungen, — § 5, — § 6, — § 7, — § 7 a, — § 7 b.
— Das Wort hat der Abgeordnete Nöll von der Nahmer.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Ich bin hier in einer etwas schwierigen Lage. Ich muß zu § 7 b leider feststellen, daß die Fassung, die in unserer Berichtigung enthalten ist, rechtlich unmöglich ist. Als wir die Vorlage im Ausschuß behandelten, habe ich sofort 'darauf hingewiesen — 'ich hatte damals keinen Gesetzestext zur Verfügung —, daß die Fassung nicht stimmt. Eine „Deutsche Mark der Bank deutscher Länder" gibt es nicht. Ich habe gebeten, die Formulierung noch einmal durch das Ministerium nachprüfen zu lassen. Anscheinend ist das aber nicht geschehen. Wenn man überhaupt — ob das nötig ist, lasse ich dahingestellt — die Deutsche Mark hier noch einmal besonders definieren will, muß man sich natürlich an die Legaldefinition der Deutschen Mark halten. Diese findet sich in § 1 des Währungsgesetzes, des Ersten Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens. In § 1 dieses Gesetzes heißt es:
Mit Wirkung vom 21. Juni 1948 gilt die Deutsche-Mark-Währung. Ihre Rechnungseinheit bildet die ' Deutsche Mark, die in hundert Deutsche Pfennig eingeteilt ist.
Also kann man den § 7 b doch wohl nur so fassen: Deutsche Mark im Sinne dieses Gesetzes ist die Deutsche Mark gemäß § 1 des Ersten Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens .
Ich halte mich an die Koalitionsvereinbarung und will keinen Antrag stellen. Es handelt sich lediglich um eine Redaktionsfrage. Ich darf vielleicht anregen, daß der Herr Ausschußvorsitzende die Fassung des § 7 b bis zur dritten Lesung noch durch einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen klarstellt. Wir können die Fassung so nicht lassen, da im Währungsgesetz die Deutsche Mark klar definiert ist.
— Das kann ich nicht auf Grund der Koalitionsvereinbarungen, an die ich mich halte.
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Die Formulierung des § 7 b ist das Ergebnis der Beratungen mit -der Währungsabteilung des Finanzministeriums
und der Bank deutscher Länder, die übereinstimmend erklären, das ist die gesetzlich allein mögliche Form. Ich habe entsprechend dem Beschluß des Ausschusses geglaubt, mich mit dieser Prüfung durch die Währungsabteilung des Bundesfinanzministeriums und die Bank deutscher Länder begnügen zu 'dürfen, und habe von der Erlaubnis Gebrauch gemacht, es nicht ändern zu lassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind durchaus damit einverstanden, daß die Sache bis zur dritten Lesung noch einmal nachgeprüft wird. Meines Wissens liegen die Dinge doch wie folgt. Wenn wir von unserer Gesetzgebung ausgehen, gibt es natürlich nur eine Deutsche Mark. Diese braucht man nicht „Deutsche Mark der Bank deutscher Lander" zu nennen. Es gibt aber doch in der Welt noch eine Währung, die sich „Deutsche Mark" nennt. Das ist die Währung der sogenannten Deutschen 'Demokratischen Republik, eine Einheit, die wir sonst 'in Gesetzen gelegentlich als „Ostmark" oder „DM-Ost" bezeichnen. Ich glaube, aus diesem Grunde hat man hier klargestellt, daß es die Deutsche Mark unserer Währung ist.
— Das braucht ja keine Legaldefinition zu sein; es braucht nur etwas zu sein, bei dem man weiß, was gemeint ist.
Weitere Wortmeldungen zu § 7 b hegen nicht vor.
§ 8. Hier ist ein Antrag der KPD auf Umdruck Nr. 498 Ziffer 1 gestellt.
Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.
Herr Präsident! Meine Damen und herren! Der Herr Kollege Kunze hat in seinem allgemeinen Bericht eine Definition des Begriffes Lastenausgleich gegeben. Er hat sinngemäß ausgeführt, daß der Lastenausgleich alle diejengen oder wenigstens den größten Teil derjenigen erfassen soll, die durch den Krieg und seine Folgen geschädigt worden sind. Darunter fallen nach unserer Auffassung ebenfalls die Evakuierten, die 'in diesem Gesetz praktisch nicht berücksichtigt sind. Wir haben uns deshalb auch im Interesse der Klarheit erlaubt, zu § 8 einen Abänderungsantrag vorzuschlagen, der lautet:
Darunter fallen auch Personen, die, um den
Kriegseinwirkungen zu entgehen, in die in
Satz 1 genannten Gebiete evakuiert worden
sind oder dort Aufnahme gesucht haben.
Wir beantragen zu gleicher Zeit die Streichung des letzten Satzes von § 8 Abs. 1, der sagt, wer unter diesen Personenkreis fällt. Die Begriffsbestimmung des letzten Satzes ist nach meiner Meinung unlogisch. Wenn dieser Satz so stehenbleibt, schaffen Sie die Voraussetzung dafür, daß all die Herren, die zur Durchsetzung nationalsozialistischer Politik in diese Gebiete abgeschoben worden sind und die Absicht hatten, nach dem gewünschten deutschen Sieg in diesen Gebieten weiterhin das nationalsozialistische Gedankengut zu verbreiten — ich unterstelle Ihnen das nicht —, entschädigt werden können und einen Anspruch auf Leistungen aus dem Lastenausgleich haben.
Ich bitte Sie also, im Interesse der Klarheit unserem Antrag zuzustimmen, den letzten Satz von § 8 Abs. 1 zu streichen und dafür die Evakuierten hereinzunehmen, die zweifelsohne ein Anrecht haben, in diesem Falle mit berücksichtigt zu werden.
Weitere Wortmeldungen? — Herr Abgeordneter Kunze!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, zu jedem Änderungsantrag von den 35 der Gruppe der Kom-
munistischen Partei zu reden; das scheint mir die Mehrzahl dieser Anträge nicht wert zu sein. Aber wenn ein solcher Antrag kommt, dann möchte ich dem Kollegen Kohl doch raten, die Gesetzesvorlage etwas genauer und intensiver zu studieren. Dann sieht er nämlich, daß das Problem der Evakuierten durchaus von uns angefaßt worden ist und daß wir das, was in die Ostzone, in die Sowjetzone evakuiert worden ist, nach den Grundsätzen des Härteparagraphen behandeln. Wir haben sehr genau überlegt, wo wir die Grenze ziehen, wo wir den Evakuierten dem Heimatvertriebenen gleichstellen. Im übrigen entspricht § 8 in seiner Formulierung den übereinstimmenden Ergebnissen der Beratungen des Vertriebenenausschusses und des Ausschusses für den Lastenausgleich, an denen sämtliche Fachressorts teilgenommen haben. Ich bitte, den Antrag abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.
Meine Damen und Herren! Ich kann mich der Auslegung des Herrn Kollegen Kunze nicht anschließen. Ich bestreite nicht, daß Sie versucht haben, die Frage der Evakuierten irgendwie anzufassen. Aber, Herr Kollege Kunze, ich glaube, daß der Lastenausgleich — und wir haben das in den entsprechenden Anträgen niedergelegt — auf einem Rechtsanspruch beruhen soll. Wir können uns nicht damit einverstanden erklären, daß man die Evakuierten der Gnade der Bürokratie überläßt und sie einfach — in Form irgendeines Almosens — aus dem Härtefonds entschädigt. Wir wünschen die Einbeziehung der Evakuierten, die einen Rechtsanspruch darauf haben, im Lastenausgleich mit verankert zu werden. Deswegen glaube ich, eben weil ich das Gesetz sehr gut gelesen habe, daß unser Antrag zu Recht besteht und Sie die Verpflichtung haben, diesen Personenkreis mit hereinzunehmen und durch die Streichung des letzten Satzes von § 8 Abs. 1 den Personenkreis, den ich vorhin skizziert habe, aus dem Gesetz herauszulassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege von der KPD kann nicht mit Recht sagen, daß sein Antrag ein Antrag zugunsten der Evakuierten sei. Darum handelt es sich ja gar nicht. Gemeint sind in diesem Antrag, wenn man schon von Evakuierten spricht, lediglich die Leute, die ausgerechnet seinerzeit einmal in die Ostgebiete evakuiert waren. Von den anderen Evakuierten, deren Lage und deren mangelnde Unterstützung durch die öffentliche Hand ein Problem bildet, das wir durchaus sehen, spricht er gar nicht. Es handelt sich hier doch ganz einfach um die gesetzesmäßige Abgrenzung des Begriffes „Heimatvertriebener" und des Begriffes „anderer Geschädigter". Der grundlegende Unterschied zwischen einem Vertriebenen und einem sonstigen Geschädigten ist doch der, daß der Vertriebene zu dem Schaden, den er sonst erlitten hat, auch seine Heimat verloren hat. Der Satz, den dieser Antrag hier streichen will, gibt doch nur die Unterscheidung von Leuten, die drüben einen Wohnsitz hatten oder zu begründen im Begriff waren und infolgedessen ihre Heimat dort hatten und als Vertriebene verloren haben, und Leuten, die sich aus irgendeinem Kriegsgrund dort aufgehalten haben
und deswegen nicht in diesem Sinne als Vertriebene mit Heimatverlust angesehen werden können. Es ist also ganz falsch, hier davon zu sprechen, daß das ein Antrag ist, der die Evakuierten betrifft.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
§ 9. — Keine Wortmeldungen.
§ 10. Hier ist ein Antrag Goetzendorff angekündigt, Umdruck Nr. 499 Ziffer 2. Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Goetzendorff.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um einen Lastenausgleich, der überwiegend auf den Vermögensabgaben fundiert ist. Man muß sich bei der Entschädigung von Verlusten notwendigerweise an Vermögen im Sinne des Bewertungsgesetzes halten. Ich bin daher der Meinung, daß wir Kriegssachschäden, die sich durch Beschädigung, Zerstörung oder behördliche Beschlagnahme von Sachen ergeben haben, nicht im Lastenausgleich entschädigen sollten.
Es war vorhin vergeblich Aufregung entstanden, daß ich nicht erschienen war. Ich hatte mich beim Herrn Präsidenten entschuldigt, da ich einen wichtigen Prozeß in Köln hatte. Wenn gesagt wurde, daß ich bei den Sitzungen des Lastenausgleichsausschusses nicht dabei war, so möchte ich dazu nur folgende Erklärung abgeben: wir unabhängigen Abgeordneten sind gewöhnt, uns meistens nur aus den Drucksachen und aus der Presse zu informieren, da man uns tatsächlich die Teilnahme an den Sitzungen der Ausschüsse unmöglich macht.
Weitere Wortmeldungen zu § 10? — Herr Abgeordneter Atzenroth!
Meine Damen und Herren! Herr Kollege Nöll von der Nahmer hat schon die Absicht der Koalitionsparteien angekündigt, zu gewissen Punkten keine Änderungsanträge zu stellen, aber ihre Bemerkungen oder Bedenken hier bekanntzugeben, damit eventuell in der erwarteten Novelle eine Berichtigung vorgenommen werden kann.
Ich möchte hier zu § 10 eine solche Anmerkung vorbringen. In § 10 ist der 31. Juli 1945 als der Stichtag festgelegt worden, bis zu dem die Anerkennung als . Kriegssachschäden erfolgt. Es besteht eine gewisse Differenz gegenüber dem alliierten Gesetz Nr. 63, das sich mit Demontageschäden beschäftigt. In diesem Gesetz ist der 31. August, — also ein Monat später — als das Ende der Kriegshandlungen bezeichnet worden. Ich möchte eben nur die Anmerkung vorbringen, daß wir diese Frage in einer späteren Novelle eventuell berücksichtigen können.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
§ 11. Hier sind zwei Anträge angekündigt, ein Antrag der SPD-Fraktion Umdruck Nr. 492 Ziffer 1, und ein Antrag der KPD, Umdruck Nr. 498 Ziffer 2.
Das Wort hat der Abgeordnete Matzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei § 11 werden wir zum erstenmal erleben, daß wir darauf eingehen sollen, wie hier das Aufkommen für den Lastenausgleich wesentlich gekürzt werden kann. Wir haben über die sogenannten Ostschäden im Rahmen der Debatte -über das Feststellungsgesetz eingehend gesprochen, und Sie kennen unsere Stellungnahme. Für die aber, 'die vielleicht nicht ganz im klaren sind, was die Aufnahme dieses § 11 bedeutet, möchte ich rückblickend kurz erklären: es handelt sich hier keineswegs um Schäden, die vielleicht in der Ostzone entstanden sind. Die sind ja bewußt auf den Härtefonds verwiesen, soweit es sich um Personen handelt, die aus politischen Gründen hierher gekommen sind und auf die das Notaufnahmegesetz zutrifft. Hier handelt es sich um Schäden, die Bewohnern des Bundesgebiets — nicht in allen Vertreibungsgebieten, sondern nur in den Gebieten östlich der Oder-Neiße — innerhalb 'der Grenzen des Deutschen Reichs mit dem Stand vom 31. Dezember 1937 entstanden sind.
Es wurde darauf hingewiesen, daß durch die Aufnahme dieser Ostschäden wieder eine gewisse Parität zwischen Kriegssachgeschädigten und Heimatvertriebenen hergestellt werden soll. Ich will mich in aller Kürze bemühen, Ihnen zu beweisen, daß das keineswegs der Fall sein kann. Wenn Sie Schäden berücksichtigen wollen — sowohl für die Bilanzierung der Abgabeseite als auch für die spätere Hauptentschädigung oder sonstige Leistungen —, so können 'Sie, wenn Sie gerecht bleiben wollen, nicht bei diesen Schäden stehenbleiben. Sie müssen dann alle Schäden, die Bewohner der Bundesrepublikirgendwo erlitten haben — meinetwegen ein der Tschechoslowakei oder in den Südostgebieten oder in anderen Vertreibungsgebieten, wozu ja auch 'die meisten Länder dieser Erde gehören —, anrechnen. Darin liegt schon eine Ungerechtigkeit, wenn Sie das nicht tun.
Zum zweiten muß aber klar herausgestellt werden, daß es sich bei dieser Anerkennung der Ostschäden und 'dem begünstigten Personenkreis, um den es sich hier handelt, um eine kleine Gruppe dreht, nämlich um jene Gruppe, die im Bundesgebiet wohnte und in 'der Lage war, dort Kapital anzulegen, oder es aus irgendwelchen Gründen getan hat. Über die Höhe dieser Anlage war man im Ausschuß nicht ganz einer Meinung, und zwar nicht nur zwischen Regierung und Opposition, sondern auch innerhalb der Regierungsparteien. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, daß der Herr Kollege Nöll von der Nahmer von der bedeutenden Verflechtung der Ruhrindustrie mit der oberschlesischen Industrie gesprochen hat und daß er dadurch beweisen wollte, wie wichtig es ist, gerade diesen Faktor zu berücksichtigen, d. h. also, daß man beim erhaltenen Vermögen — es handelt sich um keine kleinen Vermögen, die hier im Bundesgebiet abgabepflichtig sind — doch nicht ohne weiteres jene Schäden streichen kann, die die Leute dort drüben gehabt haben. Sie erkennen schon daraus, um was für eine Gruppe es sich handelt und daß sie nicht die Masse der Geschädigten ausmacht. Der normale Kriegssachgeschädigte in Westdeutschland wird in den seltensten Fällen einen solchen Ostschaden noch zusätzlich nachweisen können.
Zur Umreißung dieser kleinen Gruppe kommt noch hinzu, daß wir ja auch, wenn wir diesen § 11 aufrechterhalten, direkte Spekulationen mit begünstigen. Man hat uns 'z. B. einen Fall erklärt — und zwar war es ein Kollege dieses Hauses, der
diesen speziellen Fall wußte —, wo sich einer, der viel Geld hatte, in Ostpreußen einen großen Waldbesitz angekauft hat. Das sollen wir jetzt, weil er das Geld damals so anlegen wollte, in diesem Lastenausgleich irgendwie honorieren?
Das waren die Gründe, mit denen ich mich auseinandersetzen mußte. Es erscheint mir aber wesentlich, und ich bedaure, daß auch diejenigen, die sich als die berufenen Vertreter der Heimatvertriebenen, gestützt auf große Verbände, bezeichnen, nicht auf den Gedanken kommen, dort einzugreifen, wo man das Aufkommen für den Lastenausgleich bedeutend schmälern will. Wir haben uns doch von Anfang an, als wir uns noch kompromißbereit gegenüberstanden — das wurde bald durch Ihre einheitlichen Beschlüsse geändert, eben Ihre Grundsätze durchzusetzen —, darauf beschränkt, bewußt die Personengruppen eng zu umreißen und nicht allzu große Ausweitungen vorzunehmen, eben wegen dieser Personengruppen. Das haben Sie damals im Feststellungsgesetz und auch bei den Beratungen dieses Gesetzes vollständig fallengelassen. Die Schätzungen über diesen Ausfall sind sehr verschieden. Ich habe mich heute noch sehr bemüht, von Experten genaue Zahlen zu bekommen; das schwimmt aber vollständig. Man kann sich heute noch gar keine Vorstellung machen, wie groß dieser Ausfall sein wird, zumindest geht er bis zu 400 Millionen DM im Gesamtaufkommen.
— Das ist doch die Anerkennung der Kriegssachschäden!
— Aber Sie müssen doch damit rechnen — und da habe ich mich auch informiert —, daß das auch auf der Leistungsseite eine gewisse Rolle spielen kann. Wenn Sie jedenfalls bei 100 Millionen bleiben würden, so muß ich schon einmal sagen, daß es mir ziemlich leichtfertig vorkommt, wenn man sagt, das sind „nur" 100 Millionen. Ich glaube, wir haben verlernt, mit kleinen Zahlen zu rechnen. Wenn das „nur" 100 Millionen sind, Herr Kollege Nöll von der Nahmer, so sind das immerhin 3 Millionen jährlich, und wenn Sie das auf die möglichen Leistungen für die Hausratshilfe oder für Eingliederungsdarlehen umrechnen, so hängt eine ganz hübsche Anzahl von Existenzen daran. Wir wenden uns gegen jede Schmälerung des Aufkommens. Wir haben uns, weil wir mit 'beiden Füßen auf der Erde stehen, nicht dagegen gewandt, daß wir die Aufbringungsseite so beließen, wie sie die Regierungsgrundsätze vorschlugen, weil auch wir die natürlichen Grenzen kennen, die hier gegeben sind. Aber wenn es sich darum handelt — das meinte wohl Herr Kollege Dr. Atzenroth, und das ging aus dem Artikel hervor, der vorhin zitiert wurde —, daß hier den Wünschen der Wirtschaft weitgehend Rechnung getragen wurde, dann können wir uns nicht damit einverstanden erklären, daß vom Lastenausgleich ohne zwingenden Grund zur Erleichterung der schon ohnehin nicht so schwer betroffenen Abgabeseite bedeutende Summen weggenommen werden.
Gewiß, Härten werden auch dann vorkommen, wenn Sie unseren Antrag zu § 11 annehmen. Um Härten 'kommen wir bei diesem Gesetz überhaupt nicht herum. Denn ziehen Sie die Grenze, wo Sie wollen; es entstehen Härten. Aber die größte Härte entsteht dann, wenn Sie unserem Antrag nicht zu-
stimmen, den § 11 aus diesem Gesetz als systemwidrig herauszunehmen.
Ich möchte Sie deshalb bitten, in diesem Fall, in diesem ersten Fall, wo es sich um die Erhöhung des Aufkommens handelt, d. h. im negativen Sinne um die Verhinderung der Schmälerung des Aufkommens, Ihren Beschluß, Iden Sie gefaßt haben, in dieser zweiten und dritten Lesung keinen Änderungsantrag anzunehmen, doch zu revidieren. Sie haben von einer Novelle gesprochen. Das bringen Sie in der Novelle dann nicht mehr heraus. Sie können jetzt nicht Hoffnungen erwecken und sie dann durch einen Federstrich wieder beseitigen. Dazu müssen Sie jetzt den Mut haben im Interesse der großen Leistungen, die wir in diesem Lastenausgleich zu erfüllen haben. Im. Interesse dieser Leistungen möchte ich zum Schluß sagen, daß meine Fraktion hei dieser ersten großen materiellen Entscheidung durch mich namentliche Abstimmung beantragt.
Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.
Meine Damen und Herren! Wir haben bereits bei der Verabschiedung des Feststellungsgesetzes auf die Unmöglichkeit hingewiesen, die sogenannten Ostschäden in das Gesetz mit aufzunehmen, und auch damals die Streichung beantragt. Bei dem Feststellungsgesetz begründeten wir unsere damalige Haltung mit der sozialen Unmöglichkeit, einen Begriff in das Gesetz einzubauen, der eigentlich in ein solches Gesetz gar nicht hineingehört. Herr Dr. Nöll von der Nahmer war damals der Begründer des Antrags, und soweit ich mich entsinnen kann, hat er auch im Ausschuß diese Auffassung vertreten. Er hat sinngemäß ausgeführt, daß eine ganze Reihe von Aktienbesitzern, die ihren ständigen Wohnsitz in Westdeutschland haben, durch den Ausgang des Krieges im Osten geschädigt worden sind und deswegen einen Anspruch auf Entschädigung aus dem Lastenausgleich erhalten müssen.
Die Kreise, um die es sich dabei handelt, sitzen zum übergroßen Teil — und auch hier kann ich mich auf die Ausführungen des Herrn Dr. Nöll von der Nahmer in seiner Begründung stützen — in der Schwerindustrie an der Ruhr und haben in den früheren Jahrzehnten auf Grund ihrer geschäftlichen Transaktionen in den Ostgebieten Werte und Fabriken erworben, die ihnen als sogenannte Verzahnung mit ihrem im Westen befindlichen Besitz notwendig erschienen. Der § 11 spricht ausdrücklich davon, daß es sich hier zum überwiegenden Teil um eine Entschädigungszahlung handelt, die durch , Vermögensentziehung oder als Kriegssachschaden entstanden ist. Hinzu kommt, daß die Frage der Vermögensentziehung in diesen Gebieten — und ich glaube, darauf sollte man besonderen Wert legen, um die Unmöglichkeit dieses Paragraphen unter Beweis zu stellen — in ihrer Regelung nur einem kommenden Friedensvertrag vorbehalten bleiben kann und rein sachlich schon deshalb aus dem Rahmen des Lastenausgleichs überhaupt herausfällt. Nicht uninteressant wäre es, auf die Forderungen der gewerblichen Wirtschaft hinzuweisen, die sich auf die in § 11 festgelegten Ostschäden stützen und die darüber
hinaus auch noch die Entschädigung ihrer Auslandschäden haben wollen, die eine Entschädigung für die Schäden haben wollen die sie in der Deut- schen Demokratischen Republik durch Enteignung erlitten haben. Diese Forderungen wünscht man so, wie sie lauten, ebenfalls eindeutig in den Lastenausgleich einzubauen.
Man muß deshalb mit aller Deutlichkeit bei der Behandlung des § 11 herausstellen: Die D-Mark-Eröffnungsbilanzen haben eindeutig erwiesen, daß die großen Aktiengesellschaften, die nach § 11 für Verluste in den Ostgebieten — soweit sie dort Besitz hatten — entschädigt werden sollen, durch .das Währungsgesetz nicht ärmer geworden sind. Herr Kollege Kunze hat in seinem allgemeinen Bericht schon nachzuweisen versucht, daß gerade die Ergebnisse der DMark-Eröffnungsbilanzen eindeutig eine Schmälerung des Besitzes nachgewiesen haben. Wir werden im Laufe der Debatte noch Gelegenheit haben, auf diese Frage weiter einzugehen und den Gegenbeweis dafür zu erbringen. Das Vermögen — das kann man bereits heute feststellen — dieser Kreise blieb zum überwiegenden Teil ganz erhalten und nur zum kleineren Teil erfuhr es Abwertungen, die im Verhältnis zu den abgewerteten Geldern der Sparer als geringfügig zu bezeichnen sind. Kriegs- und Währungsgewinne konnten sich unangefochten über die Währungsreform hinüberretten. Wird dieser § 11 so, wie er sich in der Vorlage befindet, angenommen, so bedeutet das eine Belohnung für die Währungsgewinnler. Sie schaffen damit keinen Lastenausgleich für die wirklich Geschädigten, sondern einen Lastenausgleich für die Gewinner in diesem Krieg.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Nöll von der Nahmer.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Vom Herrn Kollegen Matzner ist schon richtig darauf hingewiesen worden, daß wir dieses ganze Problem bereits beim Feststellungsgesetz ausführlich nach der grundsätzlichen Seite hin diskutiert haben. Damals habe ich wohl auch die Auffassungen meiner Freunde zu dieser Frage dargelegt. Ich darf zunächst noch einmal zur Klarstellung eins betonen: Das Problem der Ostschäden hat einmal für die Kompensationen Bedeutung; das ist richtig hervorgehoben worden. Die juristischen Personen haben bekanntlich überhaupt keinen Anspruch auf Entschädigung. Für sie hat also die Anerkennung von Ostschäden nur die Bedeutung, daß sie sie zur sogenannten Kompensation im Sinne des § 38 heranziehen können. Nun darf ich bitten, sich doch den § 38 noch einmal genau anzusehen. Wir haben dort ausdrücklich die Begrenzung auf 100 Millionen. Meine Damen und Herren, über diese Summe gehen wir ja auf keinen Fall hinaus, ob nun die Ostschäden anerkannt werden oder nicht.
Auf der anderen Seite kann ich aber schon so viel verraten, daß nachher von anderen Freunden zu § 38 gefordert werden wird, daß diese 100 Millionen auch tatsächlich für Kompensationen verausgabt werden sollen.
Ich stelle also zunächst einmal fest, daß durch die Hereinnahme der Ostschäden, soweit es sich um reine Kompensationen bei den juristischen Personen handelt, irgendeine zusätzliche Belastung für den Lastenausgleichsfonds nicht entsteht.
Und nun die Entschädigungsfrage. Mir liegen da nicht so sehr die Dinge der Großindustrie am Herzen, sondern etwa ein Tatbestand, von dem ich auch im Ausschuß ausging. Ein Lokomotivführer, der berühmte Lokomotivführer unserer Beispiele, wird vor 1945 von Breslau nach Köln versetzt. Er hat in Breslau ein kleines Haus. Meine Damen und Herren, dieser Mann würde, wenn Sie die Ostschäden nicht berücksichtigen, überhaupt keinerlei Anspruch auf irgendwelche Entschädigung haben. Wer weiß, wie außerordentlich eng z. B. die Wirtschaftsbeziehungen und insbesondere auch der Effektenabsatz von Schlesien zu Westdeutschland waren, der kann sich nicht mit dem Gedanken abfinden, daß diese Eigentumsansprüche der hier alteingesessenen Bevölkerung, die im Rahmen des früheren Deutschen Reiches Vermögensanlagen im deutschen Osten erwarb, ohne jede Entschädigung bleiben sollen. Ich glaube und darf hier wohl im Namen der drei Koalitionsparteien sprechen, daß es sich hier für uns um eine grundsätzliche Eigentumsfrage handelt. Wir möchten auch bei den Ostschäden diesen Gedanken sehr nachdrücklich betonen. Wir begrüßen den Antrag auf namentliche Abstimmung. Wir können den Änderungsanträgen ebensowenig wie in den anderen Fällen zustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist also die Aussprache über § 11 geschlossen.
Ich rufe nun auf § 12. Dazu liegen Änderungsanträge nicht vor. Das Wort ist nicht gewünscht.
— Damit ist die Aussprache zum Ersten Teil des Gesetzes abgeschlossen.
Wir kommen nun zu 'den Abstimmungen. Ich rufe die einzelnen Anträge auf.
Zunächst liegt zur Präambel der Antrag Dr. Kather auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 1 vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nun über die Präambel nach den Beschlüssen des Ausschusses abstimmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf § 1. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, 'die Hand zu erheben. — Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 2. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Einstimmig angenommen!
— Nein, bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 3. Dazu liegt ein Änderungsantrag vor auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 9 b und Nr. 499 Ziffer 1. Sie sind gleichlautend. Ich bitte diejenigen, die den Änderungsanträgen zustimmen, die Hand zu heben.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit. Die Änderungsanträge sind abgelehnt.
Wir stimmen nun über den § 3 ab. Ich bitte diejenigen, die dem Paragraphen in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand 'zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
§ 4. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. —Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 5. — Ich glaube, ich kann die Paragraphen, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, zusammen zur Abstimmung stellen.
—§5,-6,,—.7,-7a,—
— und 7 b. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen 'zustimmen, die Hand zu heben.
— Ich bitte 'um die 'Gegenprobe. — Enthaltungen? —Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 8. Dazu liegt der Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 498 vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich lasse nun über § 8 abstimmen. Ich bitte diejenigen, die § 8 zustimmen, die Hand zu heben.
— Der Umdruck Nr. 490 ist ja eine Berichtigung, die bereits in den Text aufgenommen ist.
Also wir stimmen jetzt über § 8 ab. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen wenige Stimmen angenommen.
§ 9. Ich bitte 'diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
— Soviel ich sehen kann, bei einzelnen Enthaltungen angenommen.
Zu § 10 liegt der Änderungsantrag Goetzendorff auf Umdruck Nr. 499 Ziffer 2 vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, 'die Hand zu heben. - Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen die Stimme des Antragstellers oder gegen wenige Stimmen abgelehnt.
Dann stimmen wir über § 10 ab. Ich bitte diejenigen, die § 10 in der Fassung des Ausschusses annehmen, die Hand zu heben. — Das ist zweifellos die Mehrheit; angenommen.
§ 11. Dazu ist beantragt, über 'den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 1 namentlich abzustimmen. Dieser Antrag ist ausreichend unterstützt. Ich bitte also, die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich bitte die Herren Schriftführer, mit der Einsammlung der Stimmzettel zu beginnen.
— Meine Damen und Herren, damit kein Irrtum entsteht, mache ich darauf aufmerksam, daß über den Änderungsantrag 'der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 1 abgestimmt wird.
Meine 'Damen und Herren, ich bitte, die Stimmabgabe zu beschleunigen.
Meine Damen und Herren, sind die Stimmen allseits abgegeben? — Dann ist die Abstimmung geschlossen.
Meine Damen und Herren, das vorläufige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung: Mit Ja haben gestimmt 126, mit Nein 196, enthalten 6 und eine ungültige Stimme. Damit ist der Antrag abgelehnt.
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 9010.
Der Antrag der KPD Umdruck Nr. 498 Ziffer 2 hatte den gleichen Inhalt und verfolgte das gleiche Ziel; er darf damit gleichzeitig auch als abgelehnt gelten.
Ich rufe nun § 11 auf. Ich bitte diejenigen, die dem § 11 zustimmen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Paragraph ist angenommen.
Ich rufe nun § 12 auf und bitte diejenigen, die zustimmen, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, ist die Beratung und Abstimmung über den Ersten Teil beendet.
Wir kommen zum Zweiten Teil, §§ 13 bis 83. Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen über die Abgabe zu berichten, die das Kernstück auf der Aufbringungsseite ist, die Vermögensabgabe. In meinem Schriftlichen Bericht habe ich nähere Erläuterungen über die einzelnen Paragraphen gegeben. Ich halte es aber doch für notwendig, auch hier noch einmal auf grundsätzliche Dinge einzugehen, die zum Verständnis der Ausschußarbeit bekannt sein müssen.
Der Ausschuß war sich von Anfang an darüber klar, daß bei allem Bestreben, das Aufkommen so hoch wie möglich zu bemessen, eine große volkswirtschaftliche Verantwortung vor ihm stand. Durch die Lastenausgleichsabgaben darf auf keinen Fall die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft in Frage gestellt werden; denn was nützt das größte Aufkommen, wenn die Quelle, aus der es gespeist werden soll, nach kurzer Zeit versiegen würde? Hinzu käme, daß die Übertragung von so gewaltigen Vermögensmassen — es handelt sich innerhalb von 30 Jahren um mehr als 60 Milliarden D-Mark — ein unerhört schwieriges innerdeutsches Transferproblem aufwirft, dessen Folgen für unsere Wirtschaftsstruktur wir heute noch nicht in vollem Umfange übersehen können. Gegen eine kleine Minderheit im Ausschuß mußte aus solchen Erwägungen heraus der Gedanke einer sofortigen Fälligkeit fallengelassen werden. Auch die Vorschläge über einen möglichst weit ausgedehnten Naturalausgleich erwiesen sich bald als undurchführbar. Vermögen besteht eben meistens nicht aus leicht trennbaren Gütern, die nach. Belieben so oder so verteilt werden können. Es beruht vielmehr auf komplizierten Zusammenhängen, die fast immer das Ergebnis langjähriger Arbeit und .damit die Grundlagen von Leistungen und Einkommen bilden.
Von einzelnen Gruppen ist auch der Gedanke an den Ausschuß herangetragen worden, die Abgabe im Wege eines Vermögensvergleichs zu erheben. Auch dieser Vorschlag ist eingehend diskutiert und bearbeitet worden; es sind Sachverständige der verschiedensten Richtungen gehört worden. Der Ausschuß ist nach eingehenden Beratungen zu der Überzeugung gekommen, daß ein solcher Vermögensvergleich nicht durchführbar ist. Diese Ansicht ist dann noch bei den Verhandlungen über die Kreditgewinnabgabe bestätigt worden, bei der ja in kleinem Rahmen ein solcher Vermögensvergleich durchgeführt werden soll. Dort haben sich die Schwierigkeiten auf dem kleinen Raum so kraß gezeigt, daß sie auf der breiten Ebene der gesamten Abgabe einfach nicht zu bewältigen gewesen wären.
Das Einkommen zum Maßstab der Abgabepflicht zu machen, verbot sich schon deshalb, weil diese Steuerquelle zur Deckung der laufenden Staatsausgaben verwendet werden muß und bis an die äußerste Grenze angespannt ist.
Der Ausschuß ist zu dem Beschluß gekommen, das Vermögen am Währungsstichtag zur Grundlage der Abgabe zu machen und die Veränderungen, die sich danach ergeben haben, sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht unbeachtet zu lassen. Das hat eine Reihe von wichtigen Folgen. Zunächst einmal ist betont die bekannte Schere festgelegt worden, d. h. derjenige, der die Vorteile in Anspruch nimmt, die ihm das D-Mark-Bilanzgesetz bietet, und der durch Aufstockung von Bilanzwerten in den Genuß von Vorteilen bei der Einkommensteuer gelangt, muß auf der anderen Seite erhöhte Abgaben beim Lastenausgleich in Kauf nehmen.
Obgleich in § 22 für Demontagefälle noch die Möglichkeit einer nachträglichen Bilanzberichtigung geschaffen worden ist, sind noch Schwierigkeiten offen geblieben, von denen ich zwei Gruppen hier ganz besonders herausstellen möchte. Es handelt sich einmal um die Demontageschäden, die nach der Währungsreform eingetreten sind, und zweitens um die Realrechte und Realkonzessionen der Apotheken, die nach dem 1. Januar 1950 ihren Wert verloren haben, in den Fällen, in denen eine nachträgliche Bilanzänderung nicht zumutbar ist. Hier soll also jetzt von Gegenständen, die nicht mehr vorhanden sind — und zwar durch Maßnahmen des Staates oder der Besatzungsmächte — noch 27 Jahre lang eine Abgabe entrichtet werden. Das ist zweifellos eine unbillige Härte, die sich aber aus der ganzen Gestaltung des Gesetzes ergibt. Der Bundesfinanzminister, der j a eine billige Regelung der Demontage- und Besatzungsschäden zugesagt hat, muß diese Härten durch entsprechende Maßnahmen steuerlicher Art beseitigen.
Die Höhe der Abgabe sollte ursprünglich für alle Vermögensbesitzer gleich sein. Da aber, wie ich schon vorhin ausgeführt habe, im allgemeinen die Aufbringung aus dem Ertrag möglich sein sollte, hat man schließlich drei in der wirtschaftlichen Struktur verschiedene Gruppen gebildet und die Abgabe der Höhe nach gestaffelt. Der Ausschuß war sich darüber klar, daß auch diese Gruppen in sich große Verschiedenheiten aufweisen. Er konnte sich aber zu einer weitergehenden Unterteilung nicht entschließen.
Am stärksten belastet wird das gewerbliche Betriebsvermögen. Hier beträgt die Vermögensabgabe tatsächlich nicht 50 %, sondern mindestens 58 %; denn wenn jemand 30 Jahre lang 3 % abgeben muß, sind das 90 %. Wenn davon ein- Drittel als Zinsen gilt, so verbleibt noch 60 % reine Abgabe. Durch die Anrechnung der Soforthilfeabgaben vermindert sich dieser Satz von 60 % auf 57 bis 59, also im Durchschnitt auf 58 %.
Beim Haus- und Grundbesitz befindet sich der Teil, dessen Mieten noch immer der Zwangswirtschaft unterliegen, in einer besonders schwierigen Lage. Dem ist dadurch Rechnung getragen worden, daß der ursprüngliche Abgabesatz für den Hausbesitz von 5 % für diesen Kreis auf 4 % ermäßigt worden ist, solange diese Bewirtschaftung der Mieten anhält. Es ist im Ausschuß klar zum Ausdruck gebracht worden, daß nicht etwa die jetzt vorgesehene 10%ige Mietpreiserhöhung eine Heraufsetzung des Abgabesatzes zur Folge haben könnte.
Der Abgabesatz von 4 % für die Landwirtschaft wurde von einer großen Mehrheit als angemessen betrachtet.
Ganz allgemein war die Mehrheit des Ausschusses der Ansicht, daß die Abgabesätze hoch sind und die Grenze des volkswirtschaftlich Tragbaren erreicht haben. Die Berechnung der Jahresleistungen unter Anrechnung der Soforthilfezahlungen, der Zusammenrechnungen, Befreiungen usw. ist im Gesetz noch sehr kompliziert und deswegen nicht voll befriedigend. Wir haben hier eine Berichtigung erhalten; sie bringt eine große Vereinfachung, ist aber noch immer nicht ohne weiteres für jeden Abgabepflichtigen verständlich.
Einen breiten Raum in den Beratungen hat zunächst die Frage der Befreiungen eingenommen. Hierüber hat Kollege Kunze schon ausführlich berichtet. Der Ausschuß war mit Mehrheit der Ansicht, daß die Befreiungen nicht nach dem Vermögensbesitzer errechnet und festgelegt werden sollen, sondern daß als Befreiungsgründe nur sachliche Voraussetzungen gelten, die sich aus der Art des Vermögens ergeben. Wie schon Herr Kunze ausgeführt hat, hat demgegenüber eine Minderheit gefordert, daß das Vermögen der öffentlichen Hand und anderer Organisationen grundsätzlich befreit wird. Über Einzelheiten dieses § 15, der die Befreiung regelt, wird wahrscheinlich noch im Rahmen der Änderungsanträge, die hier in größerer Zahl vorliegen, gesprochen werden.
Eine Befreiung des ausländischen Vermögens aus Gründen der Nationalität des Besitzers ist einstimmig abgelehnt worden.
Lebhafte Debatten hat es auch über die Frage der Anrechnung erlittener Kriegsschäden bei der Vermögensabgabe gegeben. Die Ausschußfassung stellt hier wieder ein mit großer Mehrheit angenommenes Kompromiß dar. Da vom Finanzministerium von Anfang an aus dieser Anrechnung mit einem Einnahmeausfall von 100 Millionen DM, wenigstens im ersten Jahr, gerechnet worden ist, bestehen Zweifel, ob diese Anrechnung sowohl nach oben als auch nach unten Geltung haben soll. Ich nehme an, daß noch entsprechende Anträge im Plenum gestellt werden.
Ich darf mich auf diese Bemerkungen beschränken. Im übrigen habe ich in dem Schriftlichen Bericht zu jedem einzelnen Paragraphen weitere Erläuterungen gegeben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
— Das Wort hat Herr Abgeordneter Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Berichterstatter hat soeben davon gesprochen, es sei im Ausschuß klar zum Ausdruck gebracht worden, daß die jetzt vorgesehene 10%oige Mieterhöhung keinen Anlaß zur Anwendung der Klausel gebe, wonach die Abgabe des Haus- und Grundbesitzes erhöht werden könne. Wenn eine solche Meinung im Ausschuß ausgesprochen worden ist, woran ich mich nicht erinnern kann, so kann das nur von einer Seite geschehen sein. Der Bericht kann nicht unwidersprochen so aufgefaßt werden, als ob der Ausschuß eine solche Meinung ausgesprochen habe. Im übrigen ist es ja noch viel zu unklar, ob, wann und unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen eine solche Mieterhöhung eintritt, als daß jemand eine verbindliche Meinung darüber äußern könnte.
Wir treten nun in die 1 Einzelberatung ein.
Ich rufe § 13 auf. Dazu liegt eine Reihe von Änderungsanträgen vor: ein Änderungsantrag der SPD Umdruck Nr. 492 Ziffer 2, einer der Föderalistischen Union Umdruck Nr. 495 Ziffer 1 und einer der KPD Umdruck Nr. 498 Ziffer 3 a, b und c.
Wird zur Begründung der Änderungsanträge das Wort gewünscht? — Das Wort hat Herr Abgeordneter Zühlke.
Meine Damen und Herren! In § 13 ist die unbeschränkte Abgabepflicht geregelt. Unter f) finden wir die Regelung, daß die Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Ausnahme ihrer nach g) selbständig abgabepflichtigen Betriebe gewerblicher Art unbeschränkt abgabepflichtig sind. Wir haben in der vorhergegangenen Debatte, die praktisch eine Grundsatzdebatte war, schon über die Frage gesprochen. Ich will hier nicht darauf eingehen, inwieweit in dem nachfolgenden § 15 die Frage der Befreiung von der Vermögensabgabe geregelt wird. Auch von den Paragraphen will ich nichts erwähnen, die von der Saldierung oder Stundung oder gar von dem Erlaß der Vermögensabgabe handeln. Auch darüber will ich jetzt nicht sprechen, wieweit die nachfolgenden Paragraphen noch sonstige Erleichterungen bringen. Es wurde von diesem Platz aus auch schon mit Zahlenmaterial auf die Frage eingegangen.
Ich greife jetzt die Belastung des öffentlichen Vermögens nach § 13 f) heraus. Hier wurde gesagt, daß diese Belastung, die man auf 120 Millionen DM schätze, von einigen noch nicht in der vollen Höhe anerkannt werde. Wir haben festgestellt, daß für die Abgabepflichtigen insgesamt etwa 660 Millionen DM aus öffentlichen Mitteln kommen. Diese 660 Millionen DM sind zirka 40 % der Vermögensabgabe. Um das schärfer zu umreißen und das mit einem vulgären Wort auszudrücken, will ich sagen: es leisten nun diejenigen Bürger der deutschen Bundesrepublik, die zugleich Anspruch auf Leistungen haben und noch andere Dinge bei einer andersartigen Gestaltung des Gesetzes für sich erhoffen, 40 % der Mittel selber, die sie als Entschadigung für sich beanspruchen. Das heißt, auf die Person abgestellt, ein Heimatvertriebener zahlt, wenn er nicht den Nachweis wesentlicher Vermögensverluste erbringen kann, seine Hausratentschädigung durch seine eigene Steuerleistung. Er trägt also im Grunde genommen seinen eigenen Lastenausgleich selbst.
Darüber, inwieweit nun das Verlangen, das Vermögen der öffentlichen Hand von der Abgabe zu befreien, berechtigt ist oder nicht, ist im Ausschuß hart gerungen worden. Wir haben dort gehört, daß öffentliches Vermögen auch in Wettstreit mit den privatwirtschaftlichen Unternehmungen treten müsse, daß es vom Konkurrenzkampf in der allgemeinen Wirtschaft nicht auszunehmen sei und dieselben Voraussetzungen erfüllen müsse wie privatwirtschaftliche Unternehmungen. Dieser Grundsatz wäre richtig, wenn man sagen könnte, das öffentliche Vermögen diene nur der Nutzung durch den Bürgermeister oder die Stadträte einer Gemeindeverwaltung. Aber dieser Bürgermeister und die Stadträte sind nicht Genossenschaften oder Aktiengesellschaften oder sonstige juristische Personen. Vielmehr wird das öffentliche Vermögen, speziell in den Gemeinden, doch überwiegend nicht für Verwaltungsausgaben wie Gehaltszahlungen verwendet, sondern die Gemeinden und die Län-
der haben aus ihm die eigenen Leistungen für die Kriegsschäden und all die anderen Schäden, die sie erlitten haben, zu tragen.
Wir wissen doch genau, daß die Gemeinden in der Währungsreform kein Kopfgeld bekommen haben, daß sie also praktisch mit Null angefangen haben. All die Dinge sind uns bekannt. Ich möchte nur darauf hinweisen, was einzelne Städte, Gemeinden oder Länder alles aus dem öffentlichen Vermögen zu leisten haben. Ich möchte jetzt nicht einen Katalog all dieser Dinge aufzählen. Aber ich denke direkt an mein eigenes Gebiet, das so dicht an der Zonengrenze liegt. Hier muß heute die Frage durchgesprochen werden, ob der Irrsinn dieser Zonengrenze nicht durch die Schaffung anderer Verkehrswege ausgeglichen werden kann. Ich will nicht nur von meinem eigenen Gebiet reden. Aber es gibt eine unendliche Zahl von Grenzgebieten, in denen Eisenbahn und Straßen heute einfach durch die Zonengrenze unterbrochen sind und in denen Landkreise, Gemeinden oder auch die Länder, soweit ihre Zuständigkeit in Betracht kommt, von sich aus neue Straßen bauen müssen, um der in diesem Zipfel wohnenden Wirtschaft überhaupt Möglichkeiten des Anschlusses zu geben. Die Mittel, die überwiegend Erträgnisse aus Gemeindewäldern, Staatsforsten oder ähnlichen Betrieben sind, können nicht einfach für den Lastenausgleich herangezogen werden. Wir müssen den Gemeinden oder den Ländern auf diesem Gebiet die nötigen Voraussetzungen schaffen. Das brauche ich doch an dieser Stelle nicht zu erzählen, darüber ist im Ausschuß ausreichend diskutiert worden: Kanalisation, sozialer Wohnungsbau, kulturelle Einrichtungen! Sie wissen doch genau, meine Damen und Herren, daß kulturelle Einrichtungen wie Schulen eine reine Angelegenheit der Länder bzw. der Gemeinden sind. Wer draußen in den Gemeinden über Schulbauten diskutieren muß, muß sich auch darüber unterhalten, wo die Mittel für den Schulneubau, -ausbau oder -aufbau hergeholt werden. Wir haben nicht nur im bayerischen Raum, glaube ich, sondern auch im fränkischen Raum und darüber hinaus bis nach dem hohen Norden diese ganzen Probleme als Kommunalpolitiker immer wieder zu diskutieren.
Aus dieser Motivierung ist der Antrag, den wir stellen, nach dem das öffentliche Vermögen grundsätzlich von der Abgabepflicht befreit werden soll, ein ganz berechtigtes Verlangen. Es ist allerdings von unserem Kollegen, dem Vorsitzenden des Lastenausgleichsausschusses, Herrn Kunze, hier gesagt worden, daß dann z. B. eine städtische Ziegelei aus dem Konkurrenzkampf herauskomme. Ich würde von mir aus sagen: dieses Beispiel wirkt nicht so stark, daß man deshalb sagen könnte, dann müsse das öffentliche Vermögen, die städtische Ziegelei, mit hereingeholt werden. Ich erinnere daran, Herr Kollege Kunze, daß auch das Hofbräuhaus in München zum Lastenausgleich und auch schon zur Soforthilfeabgabe herangezogen wird. Wir wissen, wie weit die Möglichkeiten gehen, und wir haben ja in § 13 Abs. 1 Ziffer 2 Buchstabe g die Formulierung gefunden, daß die Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts unbeschränkt zur Abgabepflicht herangezogen werden. Wir wollen nur diejenigen Betriebe oder öffentlichen Vermögen aus der Ausgleichsabgabe freilassen, die direkt für die öffentliche Nutzung und .für die öffentlichen Bedürfnisse herangezogen werden.
Man könnte zum Abschluß vielleicht noch einiges dazu sagen. Aber in der Begründung ist über das öffentliche Vermögen reichlich gesprochen worden. Wir wissen viel zu gut, daß auch in den Kreisen der Regierungsparteien der Gedanke der Freistellung des öffentlichen Vermögens sehr ernsthaft diskutiert worden ist. Wir alle, die wir in den 15 Monaten im Ausschuß gearbeitet haben, sind davon überzeugt, daß die im Verhältnis zum Soforthilfegesetz stärkere Heranziehung des öffentlichen Vermögens nichts anderes ist als die Schonung des Privatvermögens. Es bedeutet einen Einnahmeausfall, der jetzt durch die öffentliche Hand zusätzlich gedeckt werden soll.
Aus diesen Gründen bitten wir, unseren Antrag nicht nur wohlwollend zu überprüfen, sondern ihm auch die Zustimmung zu geben. Er bezweckt, das öffentliche Vermögen für eine öffentliche Angelegenheit freizuhalten und die Frage der Abgabepflicht zum Lastenausgleich allein aus den privatwirtschaftlichen Verhältnissen heraus zu steuern.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kohl.
Meine Damen und Herren! Wir haben uns gestattet, zu dem § 13 den Antrag einzubringen, zu Abs. 1 Nr. 2 den Buchstaben f und den Buchstaben g zu streichen, und darüber hinaus einen Zusatzantrag, der besagt:
Das im Gebiet der Bundesrepublik und in Berlin investierte Auslandsvermögen unterliegt der unbeschränkten Abgabepflicht.
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth, hat zwar ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das Auslandsvermögen nach der gegenwärtigen Fassung des Gesetzes mit in Betracht gezogen ist. Aber die Erklärung des Herrn Kollegen Atzenroth genügt nicht. Wir sind vielmehr der Meinung, daß man die Dinge im Gesetz eindeutig verankern muß, vor allen Dingen auch deshalb, weil gerade in den letzten Tagen eine sehr interessante Mitteilung durch die Presse ging, die sich sehr eingehend mit der Heranziehung des in Westdeutschland investierten Auslandsvermögens für die Zwecke des Lastenausgleichs beschäftigte. Ich darf dabei vielleicht die „Frankfurter Allgemeine" zitieren, die am 5. Mai dieses Jahres unter der Überschrift „Wirtschaftliche Bedenken zum Generalvertrag" darauf hinweist, indem sie wörtlich schreibt:
Dies trifft u. a. für den Lastenausgleich zu. Wie
aus amerikanischer Quelle verlautet, sollen die
in alliiertem Besitz befindlichen deutschen
Werke auf sechs Jahre vom Lastenausgleich
befreit bleiben. In parlamentarischen Kreisen
ist man überrascht, daß die deutschen Unterhändler aus dem Auswärtigen Amt offenbar
dieser alliierten Forderung nicht widersprochen
hätten.
Auf diese Art und Weise erfährt man wenigstens etwas von dem Inhalt des Generalvertrages, der also auch in engem Zusammenhang mit dem Gesetz über den Lastenausgleich betrachtet werden muß.
Wir sagen also: nach dem vorliegenden Gesetzentwurf genügt die einfache Formulierung, wie sie hier festgelegt ist, nicht, um ausdrücklich die Sicherung zu treffen, daß auch das ausländische Kapital, das in Deutschland investiert ist, für den Lastenausgleich mit herangezogen wird. Es besteht keinerlei sachlich berechtigter Grund dafür, das
ausländische Kapital von der Lastenausgleichsabgabe in irgendeiner Form zu befreien, auch nicht in der Form, daß man die Befreiung bereits jetzt in Zusatzverträgen zum Generalvertrag festgelegt hat. Man kann sich nicht auf den Standpunkt stellen, das in Deutschland investierte ausländische Kapital bringe für den Lastenausgleich nicht wesentliche Mittel auf, so daß also das Aufkommen praktisch die Belastung dieses ausländischen Kapitals nicht lohne.
Wir haben die Tatsache zu verzeichnen, daß auch jetzt die Interessenverflechtungen wieder stark wirksam geworden sind; eine Erscheinung, die man in Deutschland auch nach dem ersten Weltkrieg beobachten konnte. Von einer ganzen Reihe westdeutscher Unternehmungen ist allgemein bekannt, daß ihr Kapital sich ganz oder teilweise in ausländischer Hand befindet. Man braucht dabei nur hinzuweisen auf die Verbindung zwischen der AEG und Osram zu General Electric oder auf die Verbindung zwischen Standard Company mit Lorenz und Mix & Genest zu International Telephone and Telegraph oder die Verbindung zwischen Opel und General Motors und der Firma Ford oder von Margarine-Union und Sunlicht zwischen Unilever Company und andere mehr. In dem von mir bereits zitierten Bericht sind eine ganze Reihe anderer ausländischer Unternehmungen mit herangezogen, die über gewaltige Kapitalmengen verfügen und die nach dieser Bestimmung des Zusatzvertrages zum Generalvertrag praktisch von der Erfassung für den Lastenausgleich freibleiben werden.
— Herr Kollege Kunze, wenn Sie das bezweifeln, müssen Sie die Zeitung nehmen! - Man weiß auf der andern Seite, daß bedeutende westdeutsche Unternehmungen wie z. B. Singer, Kodak usw. von ihren ausländischen Stammhäusern gleichen Namens beherrscht werden. Trotz des bis zum Jahre 1950 formal bestehenden Verbotes wurden Mittel und Wege gefunden, um ausländisches Kapital nach Deutschland einzuschleusen und hier festzulegen. Bezeichnend ist dabei, daß nach Aufhebung dieses Verbots im Jahre 1950 eine neue Gründungswelle von Unternehmungen mit ausländischer Beteiligung in Westdeutschland sichtbar geworden ist, die sich vorläufig allerdings noch um kleinere und mittlere Unternehmungen gruppiert.
Die Regierung Adenauer hat durch die sogenannte Kleine Steuerreform vom April 1950 die westdeutschen Unternehmungen mit ausländischer Beteiligung steuerrechtlich den entsprechenden deutschen Großsteuerpflichtigen gleichgestellt und damit die Voraussetzungen für ein starkes Auslandsinteresse an direkten Investitionen in Deutschland geschaffen. Der § 13 dieses Gesetzes nimmt deutlich sichtbar auf dieses Bestreben der Bundesregierung Bezug, indem er das ausländische Kapital von der Lastenausgleichsabgabe befreit, um damit das Auslandsinteresse an neuen direkten Investitionen zu heben.
Eine wesentliche Quelle für die Zunahme ausländischen Kapitals im westdeutschen Unternehmungskapitel sind die Restitutionen, d. h. die Rückerstattungen von Vermögenswerten an die früheren Eigentümer. Darunter fallen einige bedeutende Firmen wie z. B. der Bankhauskonzern Hertie und die zur gleichen Branche gehörige Merkur-AG. und die Bank für Brauindustrie, die einen erheblichen Teil der Brauindustrie in
Westdeutschland kontrolliert. Der Gesamtumfang der Restitutionen wird nach Mitteilung der Westdeutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau auf einige Milliarden D-Mark geschätzt. Die „Süddeutsche Zeitung" schätzt ihn beispielsweise auf 10 Milliarden, die „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung" sogar auf 10 bis 12 Milliarden. Nach den vorliegenden statistischen Unterlagen sind in 1241 westdeutschen Unternehmungen ausländische Beteiligungen nachweisbar. Dabei ist es nicht unwesentlich, zu erwähnen, daß 36% dieser ausländischen Beteiligungen sich in den Händen der Amerikaner befinden.
Wir verlangen weiter in § 13, daß die Streichung der Buchstaben f und g im Abs. 2 durchgeführt wird. Denn wenn Sie diesen Paragraphen in der vorliegenden Fassung annehmen, führt das zu einer weiteren ungerechten Belastung der Geschädigten selbst. Die Heranziehung der Körperschaften des öffentlichen Rechts, auch der Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts, führt in der Endkonsequenz zu einer Erhöhung der Preise auf den kommunalen Verkehrsmitteln, für Strom, Gas, Wasser usw. Die Anspruchsberechtigten, die genau wie jeder andere Steuerzahler dieser Preisbildung unterworfen sind, müssen also ihren Anspruch durch die aufgezeigte Preiserhöhung selbst bezahlen.
Die Gemeinden selbst leiden unter der fortschreitenden Aushöhlung ihrer finanziellen Grundlage, die einen Grad erreicht hat, der die Durchführung wichtiger Aufgaben, vor allem sozialpolitischer Art, den Gemeinden unmöglich macht. Man darf nicht vergessen, daß große Teile des Finanzbedarfs der Gemeinden bereits durch den Art. 131 in Anspruch genommen sind, daß weiterhin eine ganze Reihe von Ausgleichsabgaben die Finanzen der Gemeinden belasten. Den Gemeinden bleibt zwangsläufig gegenüber den hier geplanten neuen Belastungen nur der eine Weg, entweder Erhöhungen der Gemeindesteuern durchzuführen oder die Preise für Gas, Strom, Wasser usw. zu erhöhen.
Wir sagen deshalb, daß diese beiden Paragraphen gestrichen werden müssen. Denn die Durchführung des Lastenausgleichs auch nach der finanziellen Seite ist eine Angelegenheit des Bundes und nicht eine Angelegenheit der Gemeindefinanzen, die man bei Bestehenlassen dieser Paragraphen -auf das stärkste belastet. Wir ersuchen Sie deshalb, unserem Antrag auf Streichung dieser beiden Paragraphen Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat Harr Abgeordneter Dr. Decker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Antrag zu § 13 bezweckt die Wiederherstellung der Regierungsvorlage. Wir wollen Vermögen herausgenommen sehen, die nicht wirtschaftlicher Natur sind, weil ihr Verwendungszweck kein betont wirtschaftlicher ist. Es handelt sich vor allem um Vermögen, die für den öffentlichen Dienst genutzt werden, um Vermögen, die gebraucht werden für Zwecke des Gottesdienstes und der religiösen Unterweisung, und um Vermögen, die für Verwaltungszwecke öffentlichrechtlicher Religionsgesellschaften unmittelbar genutzt werden. Wir legen Wert auf das Wort „unmittelbar", weil wir glauben, dadurch eine Siche-
rung gegen Mißbrauch eingefügt zu haben. — Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. — Doch! Das Wort hat Herr Abgeordneter Kunze.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Nöll von der Nahmer. — Ich wäre aber dankbar, meine Damen und Herren, wenn ich die Wortmeldungen rechtzeitig bekommen könnte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, nur ganz kurz zu den Anträgen zu § 13. Es ist ganz klar, daß hier die großen grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten zum Austrag kommen. Wir haben uns im Ausschuß sehr eingehend über das ganze Pro und Contra einer Heranziehung der öffentlichen Vermögen zum Lastenausgleich unterhalten. Für die Heranziehung zum Lastenausgleich spricht zunächst ein psychologischer Grund! Wenn wir genötigt sind, auch an die kleinen Familienvermögen heranzugehen, dann ist es psychologisch nicht richtig, wenn man das große öffentliche Vermögen nicht auch heranzieht.
— Herr Kollege Mellies, ich spreche hier nicht als Professor der Finanzwissenschaft! Ich habe darauf hinweisen müssen, daß selbstverständlich bei dieser Diskussion auch psychologische Momente eine Rolle gespielt haben.
— Er wird aber leider in der Praxis angestellt, und wir müssen uns nach dem Leben richten, wie es ist, und nicht nach einer Welt, wie wir sie uns in unseren Wünschen vorstellen.
Meine Damen und Herren, es geht um ein Objekt von ungefähr 120 Millionen DM. Wenn wir auf diese Summe verzichten, entsteht ein entsprechendes Loch.
Nun sagt man: „Dann belastet die Vermögen höher!" Aber das ist ja wieder der Punkt, wo die großen Meinungsverschiedenheiten
und wo bestimmte Grenzen bestehen. Also müssen wir im Interesse des Aufkommens Wert darauf legen, daß das öffentliche Vermögen in dem Umfange herangezogen wird, wie wir das in § 13 getan haben. Darauf hinweisen möchte ich insbesondere, daß bei dieser Heranziehung des öffentlichen Vermögens immerhin in § 15 Ziffer 1 eine sehr erhebliche Ausnahme gemacht ist. Wir sind keineswegs doktrinär gewesen. Aber dort, wo die öffentlichen Betriebe und Vermögen in Wettbewerb mit den privaten stehen, wo öffentliche Landwirtschaft mit privater Landwirtschaft konkurriert, wo private Forsten mit den öffentlichen Forsten in Wettbewerb stehen und gleich hohe Preise für das Holz vereinnahmen, da sind wir allerdings der Ansicht — und hier haben wir auch 'die Finanzwissenschaft auf unserer Seite —, daß in diesen Fällen auch die Belastungen gleich groß sein müssen. Diese Gesichtspunkte neben dem des Aufkommens haben uns veranlaßt, der Regelung wie sie im § 13 vorliegt, 'zuzustimmen. Wir können uns also nicht mit den vorliegenden Änderungsanträgen einverstanden erklären und bitten schon im Interesse des Aufkommens, es bei der vom Ausschuß vorgeschlagenen Regelung zu belassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
— Er verzichtet.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird leider wahrscheinlich verlorene Zeit sein, sich zum soundsovielten Male mit dem Herrn Kollegen Nöll von der Nahmer darüber zu unterhalten, daß das öffentliche Vermögen das Vermögen derjenigen Leute ist, die sonst kein Vermögen haben.
Worauf es in dieser Kontroverse ankommt, Herr Kollege Nöll von der Nahmer, das haben Sie ja mit erfreulicher Deutlichkeit gesagt: Wenn Sie es vom öffentlichen Vermögen nicht nehmen, müssen Sie es vom anderen Vermögen nehmen. Das hat auch Ihr Kollege Atzenroth in dem vorhin zitierten Bericht mit erfreulicher Deutlichkeit gesagt. Er hat in der Zeitschrift „Der Arbeitgeber" gesagt: „Der Bundesrat verweigert seine Zustimmung dazu, daß diese 600 Millionen DM aus Etatsmitteln in den Lastenausgleich fließen" — sehr mit Recht, weil der Steuerzahler damit nichts zu tun haben soll. Sie haben es ja gesagt und Sie haben es wieder gesagt, Herr Nöll von der Nahmer: „Wenn dieser Zuschuß nicht hineinkommt, so bleiben nur zwei Möglichkeiten, entweder die Leistungen, zu kürzen oder das Aufkommen aus der Wirtschaft zu erhöhen: wir haben uns davon überzeugt, daß letzteres nicht möglich ist." Das waren aber bloß die drei Sachverständigen, die sich davon überzeugt haben, wir nicht. Wir wollen uns doch nichts darüber vormachen, daß es sich hier nicht um theoretische Fragen handelt, sondern um eine einfache Entlastung der Abgabepflichtigen auf Kosten des allgemeinen Steuerzahlers.
Wir beantragen, daß über die verschiedenen Anträge zu § 13 jetzt abgestimmt wird. Durch diese Abstimmung kann für die Behandlung der Anträge zu § 15 die Grundlage geschaffen werden, die uns vielleicht weitere Erörterungen dort erspart.
Zu den einzelnen Anträgen darf ich folgendes sagen. Unser Antrag zu Buchstabe f liegt Ihnen vor. Der Antrag der Föderalistischen Union geht weniger weit, liegt aber auch in unserer Richtung. Die Kommunistische Partei hat beantragt, Buchstabe g zu streichen. Es ist bekannt, daß die vollständige Herausnahme auch der gewerblichen Betriebe der öffentlichen Hand ein alter Wunsch unserer Fraktion ist. Wenn wir uns entschlossen haben, in der zweiten Lesung keinen derartigen Antrag zu stellen, um einmal zu prüfen, wie eigentlich die Mehrheitsverhältnisse hier sind, so kann
uns auch der kommunistische Antrag davon für diese Lesung nicht abhalten. Wir werden uns deswegen zu diesem Antrag der Stimme enthalten.
Was den zweiten kommunistischen Antrag anlangt, so ist es allerdings recht schwer, sich etwas dabei zu denken. Da ist von Auslandsvermögen die Rede, das im Bundesgebiet investiert ist. Im allgemeinen nennt man Auslandsvermögen Vermögen, das sich im Ausland und nicht im Inland befindet. Gemeint ist anscheinend Ausländervermögen, das hier im Inland investiert ist. Boshafterweise und ohne Rücksicht auf die Gefühle der KPD nennt das Steuerrecht so etwas Inlandsvermögen und nicht Auslandsvermögen. Im übrigen ist es ganz klar und deutlich und niemals bezweifelt worden, daß diese sämtlichen Vermögen der Abgabepflicht unterliegen, und zwar im Sinne des Steuerrechts mit der beschränkten Steuerpflicht. Das ist für dieses Vermögen etwas ungünstiger; denn bei der beschränkten Steuerpflicht gibt es eine Reihe von Vergünstigungen nicht, die bei der unbeschränkten Steuerpflicht in Frage kommen. Der Herr Kollege Kohl hat sehr harte Worte für die Ausländer gefunden, die ihr Vermögen hier angelegt haben. Sein Antrag würde dieses Ausländervermögen besser stellen, als es nach der heutigen Gesetzesvorlage der Fall ist. Wir vermögen daher leider diesem Antrag nicht zu folgen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit kommen wir zur Abstimmung.
— Das Wort zur Abstimmung hat Herr Abgeordneter Dr. Nöll von der Nahmer.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen
und Herren! Die Koalitionsfraktionen legen Wert
darauf, daß über diese Frage, bei der es um ganz
Es ist der Antrag auf namentliche Abstimmung gestellt. Er ist genügend unterstützt. Wir kommen also zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 2.
Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.
— Das ist nicht gewünscht worden.
Meine Damen und Herren, sind noch Abgeordnete im Saal, die ihre Stimmzettel nicht abgegeben haben?
Ich bitte doch, die Stimmabgabe zu beschleunigen.
Sind noch Stimmzettel rückständig?
— Meine Damen und Herren, ich muß ja nun die Abstimmung schließen. Ich weiß natürlich, daß eine Reihe von Sitzungen zur Zeit im Hause stattfinden.
— Die Signalanlage hat teilweise nicht funktioniert.
Sind noch Stimmzettel rückständig?
— Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Das vorläufige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung: Ja 127; Nein 192; enthalten 10. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nun zum Änderungsantrag der Föderalistischen Union
auf Umdruck Nr. 495 Ziffer 1. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. — Im Namen der Fraktion?
Damit ist der Antrag ausreichend unterstützt. Meine Damen und Herren, wir müssen also über diesen Antrag namentlich abstimmen. Ich bitte die Herren Schriftführer
mit dem Sammeln der Stimmzettel zu beginnen. Es handelt sich um den Antrag der Föderalistischen Union Umdruck Nr. 495 Ziffer 1.
Haben Mitglieder des Hauses ihre Stimmzettel noch nicht abgegeben? — Dann ist die Abstimmung geschlossen.
Das vorläufige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung: Ja 140, Nein 185, 2 Enthaltungen. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nun zu dem Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 498, Ziffer 3 a, b, c. Ich bitte diejenigen, die diesem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wir stimmen nun ab über § 13 in der Fassung des Ausschusses. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu 'heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — § 13 ist angenommen.
Ich rufe nun auf § 14. Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit. Angenommen.
Nun kommen wir zu § 15. Dazu liegen eine Reihe von Änderungsanträgen vor. Ich rufe sie noch einmal auf: Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 492, Ziffer 3 a, b, Änderungsantrag Strauß und Genossen auf Umdruck Nr. 494, ein Änderungsantrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 495, ein Änderungsantrag der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 3 c, ein Änderungsantrag Dr. Kather auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 2, ein Änderungsantrag Goetzendorff auf Umdruck Nr. 499 Ziffer 3 a und b,
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9010.
ein Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 498 Ziffer 4 und ein Änderungsantrag Dr. Atzenroth Ziffer 1.
Wer wünscht das Wort zur Begründung der Änderungsanträge? — Herr Abgeordneter Mertins.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, den Antrag der Fraktion 'der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 3 a zu begründen. Wir bezwecken mit diesem Antrag die Befreiung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens der öffentlichen Hand von der Abgabe. Wir haben hier in diesem Hohen Hause vor vielleicht einer Stunde eine Abstimmung über § 11 gehabt. Mit diesem § 11, der in der jetzigen Fassung in der Vorlage stehengeblieben ist, haben wir den Ausgleichsfonds um mehr als 100 Millionen DM geschmälert. Ich bin nicht Professor wie Herr Nöll von der Nahmer; ich kann nur mit meinem gewöhnlichen Verstand an diese Dinge herangehen. Allerdings ist dieser Verstand etwas kritisch, weil ich Heimatvertriebener bin und weil ich aufpasse, daß mir und meinen Leidensgefährten nicht Steine statt Brot gegeben werden. Das Beispiel, das Herr Professor Nöll von der Nahmer hier 'zur Begründung angeführt hat und aus dem sich ergeben soll, daß es eine, sagen wir einmal, beinahe soziale Maßnahme sei, die Ostschäden zu berücksichtigen, scheint mir doch nicht sehr stichhaltig zu sein. Der Lokomotivführer, der angeblich nach dem Westen versetzt worden ist und dann sein Häuschen im Osten verloren hat, müßte ja in hunderttausendfacher Gestalt auftreten, wenn sein Vermögensverlust auch nur annähernd ins Gewicht fallen würde. Ich glaube, Sie sagen „Lokomotivführer", Herr Nöll von der Nahmer, und meinen doch mehr die Ruhrindustriellen, die mit ganz beträchtlichen Werten an der oberschlesischen Industrie beteiligt waren;
denn nur dann kann ja diese Summe von über 100 Millionen zusammenkommen, wenn dies en Leuten gestattet wird, mit ihren Verlusten im Osten aufzurechnen.
Dort haben Sie also 100 Millionen DM zugunsten der Besitzenden,
und zwar der Schwerbesitzenden in Westdeutschland verschenkt.
Bei unserem Antrag handelt es sich wohl auch um eine Minderung des Lastenausgleichfonds, aber zugunsten der öffentlichen Hand. Sie legen in diesem Gesetz Befreiungen für Kirchen und gemeinnützige Anstalten aller Art fest. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Ist denn der Staat, ist die Gemeinde nicht wirklich gemeinnütziger als alle nur erdenklichen Vereinigungen sonstiger Art?
Der Staat und die Gemeinden sind von uns zur Wohlfahrt aller geschaffen worden, und die Wohlfahrt aller wird am besten durch uns selbst wahrgenommen, durch unsere Parlamente, die das Vermögen der Allgemeinheit verwalten. Die Aufgaben des Staates und der Gemeinden müssen so oder so erfüllt werden. Nehmen Sie dem Staat oder den Gemeinden etwas von ihrem Vermögen, das der Erfüllung dieser Aufgaben dient, fort, so muß dieser Verlust selbstverständlich durch Steuern wieder ersetzt werden. Wir kennen aber die jetzige
unsoziale Steuergesetzgebung, die gerade den Ärmsten am meisten trifft.
— Meine Damen und Herren, wir haben uns doch oft genug im Steuerausschuß darüber unterhalten. Es ist doch ein öffentliches Geheimnis, daß der größte Teil des Steueraufkommens in Deutschland, in dieser Bundesrepublik, aus der Belastung der breiten Kreise der arbeitenden Bevölkerung stammt. Wir kennen ferner den schlechten Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, und ich habe mich gar nicht gewundert, als ich sah, daß der Herr Finanzminister bei dem Antrag zu § 13 f mit Nein gestimmt hat; denn er hat natürlich als Bundesfinanzminister ein gewisses Interesse daran, seine Kasse nicht schmälern zu lassen. Aber den letzten beißen die Hunde, wenn das Vermögen der öffentlichen Hand geschmälert wird, und das sind die Länder, die Gemeinden und die Kreise, die dann nach neuen Quellen suchen müssen, wenn sie ihren Aufgaben gerecht werden wollen.
Das Resultat meiner Überlegungen ist' also, daß Sie die Abgabepflicht wieder einmal auf die wirtschaftlich Schwachen verlagern wollen. Sollten 'wir den Staat nicht zum mindesten mit den Körperschaften gleichsetzen, die Sie nachher begünstigen wollen, der Kirche und den anderen gemeinnützigen Anstalten? Das öffentliche Vermögen ist kein Privatvermögen, das man ohne weiteres zum Lastenausgleich heranziehen kann. Die öffentliche Hand hat andere Aufgaben. Gerade die Befreiung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, die unser . Antrag bezweckt, zeigt ganz deutlich den Unterschied zwischen dem privaten und dem öffentlichen Vermögen. Hier handelt es sich um die Sicherstellung des Siedlungslandes und der Siedlungsaufgaben der Länder und Gemeinden.
Hier handelt es sich um die Sicherung der Ernährung; hier handelt es sich um die Aufforstung und die Verhinderung der Versteppung; hier handelt es sich um die Förderung der Gesundheit. Meine Damen und Herren, Sie mögen „Na, na" rufen, soviel Sie wollen; aber ein Vertriebener, der hier wieder Boden fassen soll, wird es sich schwer überlegen, welcher Anschauung er in dieser Richtung den Vorzug geben will. Etwa so, wie man einem Kind zu Weihnachten einen Ball gibt und ihn nach Weihnachten wieder wegnimmt, so gibt man hier auf der einen Seite dem Lastenausgleichsfonds etwas und holt es auf der andern Seite von den wirtschaftlich Schwachen wieder herein. Wir bitten Sie daher, den Antrag, den wir gestellt haben, anzunehmen, damit die öffentliche Hand in der Lage ist, ihre Aufgaben weiter zu erfüllen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Wortmeldungen? — Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Darf ich bitten, meine Damen und Herren, daß die Antragsteller, die noch begründen wollen, mir schon ihre Namen mitteilen.
Meine Damen und Herren! Gerade bei der Frage der Befreiung des forstwirtschaftlichen Vermögens zeigt sich doch mit aller Deutlichkeit, wie richtig die Fassung ist, die die Regierungsmehrheit im Ausschuß gefunden hat. Es ist völlig undenkbar, daß der gleiche Forst im Privatbesitz mit der Abgabe belastet und, wenn
er im Besitz der öffentlichen Hand, etwa im Besitz
der Kommunen ist, von der Abgabe befreit wird.
Beide sind in ihrer ganzen Wirtschaftslage völlig gleichgeartet, aufforsten müssen beide, den Ertrag haben beide in der gleichen Höhe, und ihr rein wirtschaftliches Denken hat sich gerade in dem letzten Jahr deutlich bewiesen; denn die Forsten in öffentlicher Hand sind in ihrer Preisgestaltung nicht etwa milder und vorsorglicher gewesen. Sie haben bei der Bemessung ihrer Preise in keiner Weise die Aufgaben in den Vordergrund gestellt, die sie angeblich im Interesse der Öffentlichkeit haben. Sie waren in sehr guter und heftiger Konkurrenz in der Preisgestaltung nach oben. Mein Kollege Becker machte mich eben darauf aufmerksam, daß gerade diese Kreise in früheren Jahrzehnten ihre Bereitwilligkeit zur Hilfe dadurch ausgedrückt haben, daß sie den Flüchtlingen damals das Bauholz kostenlos geliefert oder ihnen sonst Hilfe geleistet haben.
Es wäre also gerade der entgegengesetzte Standpunkt, wenn sie sich jetzt weigern, sich an dieser Hilfeleistung in irgend einer Weise zu beteiligen.
Das Wort hat der Abgeordnete Müller.
Meine Damen und Herren! Es ist geradezu erstaunlich — oder vielleicht auch nicht erstaunlich —, mit welcher Konsequenz die Manager dieses Gesetzes es verstanden haben, die Unschuldigen zu bestrafen und die Schuldigen zu schonen.
Wenn sie in der Ziffer 1 des vorliegenden § 15, der von Befreiungen von der Vermögensabgabe spricht, ausdrücklich festlegen, daß Berufsvertretungen und Berufsverbände nicht befreit sein sollen, dann führen sie einen Schlag gegen diejenigen, die in erster Linie den Kampf gegen den Hitlerfaschismus und den Krieg geführt haben,
die also am wenigsten verantwortlich dafür sind, daß ein solches Gesetz nötig wurde. Hunderttausende von Gewerkschaftlern waren es doch, die sich gegen das eingesetzt haben, was der Hitlerfaschismus verbrochen hat. Hunderttausende und Millionen von Kriegsopfern, Waisen und Witwen sind ja die Folge dieses Verbrechens gewesen. Und nun wollen Sie deren Organisationen von der Befreiung von der Vermögensabgabe ausschließen! Ich glaube, Herr Kunze, schlimmer kann sich wohl der rote Faden, von dem Sie heute einmal gesprochen haben, durch das gesamte Gesetz nicht hindurchziehen als dadurch, daß diese Menschen bzw. ihre Organisationen noch belastet werden.
Wir haben infolgedessen den Antrag gestellt, in Ziffer 1 des § 15 den letzten Satz zu streichen und ausdrücklich festzulegen, daß auch die gewerkschaftlichen Berufsvertretungen und die sozialpolitischen Interessenverbände in die nach dem Gesetz möglichen Befreiungen einbezogen werden. Ich glaube, es müßte eine Selbstverständlichkeit für Sie sein, diesem unserem Antrag zuzustimmen.
— Daß Sie anders entscheiden werden, das wissen wir!
Das Wort. hat der Abgeordnete Solleder.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Umdruck Nr. 494 wird beantragt, in § 15 Abs. 1 folgendes aufzunehmen: Befreit sind
Unternehmen, die durch Staatsverträge verpflichtet sind, die Erträge ihres Vermögens zur Aufbringung der Mittel für die Errichtung von Bundeswasserstraßen zu verwenden, solange das Vermögen der Unternehmen aus- schließlich diesem Zweck dient.
Es handelt sich dabei ausschließlich um die RheinMain-Donau-AG. und die Neckar-AG. Diesen beiden Gesellschaften wurden seinerzeit Konzessionsrechte unter der Bedingung eingeräumt, daß die Erträgnisse aus der Verwertung der Wasserkräfte ausschließlich für den Ausbau der Großschiffahrt Verwendung finden müssen Diese Gesellschaften sind daher nicht in der Lage, ihre Erträgnisse etwa selber zu verwerten, sondern sie müssen sie diesem gemeinnützigen Zwecke zuführen.
Die zeitliche Begrenzung der Befreiungsvorschrift trägt den Bedenken des Finanzministeriums Rechnung, daß demgemäß der § 6 des Bewertungsgesetzes entsprechend Berücksichtigung findet. Es handelt sich also hierbei um ein gemeinnütziges Unternehmen, und es ist daher angemessen, daß ein entsprechender Absatz an dieser Stelle in das Gesetz eingefügt wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Ich habe den Antrag gestellt, in § 15 Abs. 1 Ziffer 17 hinter die Worte „der Sozialversicherung" die weiteren Worte einzufügen: „und die kassenärztlichen Vereinigungen". Ich ergänze den Antrag dahin, nicht nur zu sagen: „die kassenärztlichen Vereinigungen", sondern auch: „die kassenzahnärztlichen und die kassendentistischen Vereinigungen", und ich begründe ihn wie folgt.
Bei der Währungsreform hat sich bei diesen kassenärztlichen Vereinigungen der Zustand herausgestellt, daß ihnen kurz vor der Währungsreform Gelder in außerordentlich großer Zahl zuflossen, weil alle Krankenkassen und andere Zahlungsverpflichtete ihre Zahlungen noch vor der Währungsreform in R-Mark leisteten. Da aber diese Beträge auf Grund der ganzen Struktur dieser Vereinigungen nicht rechtzeitig an die Mitglieder dieser Vereinigungen abgeführt werden konnten, befanden sich im Besitz dieser kassenärztlichen und zahnärztlichen Vereinigungen hohe Geldbeträge, die der Abwertung verfielen. Nun sollen nach dem augenblicklichen Stand des Gesetzes die zum großen Teil auf 6,5°A abgewerteten Beträge noch einmal zum Lastenausgleich herangezogen werden. Das soll durch diesen Antrag verhindert werden. Sie sollen von der Abgabe befreit werden.
Eine Begründung findet mein Antrag auch darin, daß wir das sonstige Vermögen sowieso bis zu einem Betrage von 150 000 DM von der Abgabe befreien, immer aus dem Gedanken heraus, daß jemand, der schon 94,5 % seines Vermögens ein-
gebüßt hat, nicht noch einmal zum Lastenausgleich herangezogen werden soll. Um das in diesem Falle zu verhindern, habe ich diesen Antrag gestellt. Ich bitte um Annahme.
Das Wort hat der Abgeordnete Goetzendorff.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Antrag gestellt, die Ziffer 1 in § 15 zu streichen, weil ich der Meinung bin, daß Post und Bundesbahn durch die Währungsreform ohnehin ein gutes Geschäft gemacht haben und einen großen Teil ihrer Schulden losgeworden sind. Wenn sie abgabefrei bleiben sollten, wären sie Nutznießer der Geldreform, und die Geschädigten würden das als unmoralisch empfinden.
Ich habe einen zweiten Änderungsantrag gestellt, der besagt, daß das Vermögen der Kirche, Soweit es nicht für mildtätige oder karitative Zwecke verwendet werden soll, auch der Abgabepflicht unterliegen soll. Ich bin der Ansicht, auch die Kirche soll beisteuern, das Elend der Vertriebenen gutzumachen. Die Kirche hat oft riesige Besitztümer; es wäre recht und billig, wenn sie mit einem Teil dieses riesigen Besitzes durch den Lastenausgleich auch den Ärmsten der Armen hilft und damit ein praktisches Christentum beweist.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch ein paar Bemerkungen zu unserem Antrag unter Ziffer 3 a. Ich mache sie deshalb, weil es sich hier wirklich um eine Sache von großer Tragweite für die öffentlichen Haushalte und von erheblicher Auswirkung für die Aufgaben handelt, deren Erledigung die öffentlichen Haushalte nun einmal zu finanzieren haben. Ich will nicht den Versuch machen, Herrn Kollegen Atzenroth hier zu überzeugen, nachdem es uns im Ausschuß nicht gelungen ist und er selber schon in dem von Herrn Seuffert zitierten Artikel einige Erklärungen dafür beizusteuern versucht. Er ist nun einmal davon überzeugt, daß der öffentliche Forstbesitz keine Schonung verdient; denn die Leute hätten Holz an Möbelhändler usw. auch nicht billiger verkauft und deswegen verdienten sie keine Schonung.
Ich möchte diejenigen, meine Damen und Herren, die nicht so davon überzeugt sind, daß ihre Vertreter im Ausschuß der Weisheit letzten Schluß gefunden haben und die hier nicht alles so schlucken wollen, wie es vom Ausschuß serviert worden ist, sondern die die Bereitschaft haben, die Dinge mit eigenem Verstand anzusehen, hier darauf aufmerksam machen, daß es nicht etwa darum geht, die Gleichheit der Konkurrenz zwischen dem privaten und dem öffentlichen Forst zu sichern, oder um ähnliche Dinge. Es handelt sich auch nicht etwa um die Preise, sondern es handelt sich um das, was aus den Einnahmen aus den öffentlichen Forsten bisher gemacht worden ist und was daraus nicht mehr gemacht werden kann, wenn diese Einnahmen nun zum Lastenausgleich herangezogen werden.
Nur darum handelt es sich. Derjenige, der den öffentlichen Haushalten das, was ihnen bisher für die Erfüllung von anderen Aufgaben zur Verfügung gestanden hat, im Interesse des Lastenausgleichs wegnimmt, nimmt ihnen die Möglichkeit, die vielen anderen sozialen Aufgaben, die im Zweifelsfalle der Hilfe für die Schwachen, die Vertriebenen am meisten dienen. Er nimmt es, um Ansprüche zu befriedigen, auf deren sehr zweifelhaften Rechtsgrund wir bei anderen Paragraphen noch zu sprechen kommen werden.
Bitte, überlegen Sie sich das, wenn Sie über unseren Antrag entscheiden. Lassen Sie sich nicht einreden, daß es hier um irgendwelche Konkurrenzfragen geht.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Decker.
Unser Antrag zu § 15 Abs. l deckt sich wörtlich mit dem Antrag der SPD und mit dem Antrag Strauß, Dr. Solleder. Wir verzichten daher auf eine besondere Begründung, bitten aber, über diese drei Anträge im ganzen abzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Priebe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Abs. 1 Ziffer 15 des § 15 werden die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften sowie Körperschaften, Personenvereinigungen usw., die ausschließlich und unmittelbar kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen, von der Abgabepflicht ausgenommen. Es gibt keinen Abgeordneten in diesem Hause, der nicht die außerordentlich segensreiche Arbeit dieser Einrichtungen anerkennt und der es nicht begrüßen würde, wenn man den Kirchen und den Wohlfahrtsorganisationen mehr Mittel als bisher zur Verfügung stellen könnte, um die leider nicht abreißende Not wirksam zu bekämpfen. Wenn meine Fraktion dennoch in dem Ihnen vorliegenden Änderungsantrag die Forderung aufstellt, daß ein Teil des Vermögens dieser Körperschaften zur Abgabe herangezogen wird, tut sie es aus folgenden Gründen.
Sie meint, daß die öffentliche Hand genau so gemeinnützig zu handeln versucht, wie es diese Organisationen tun, und daß sich eine Schmälerung des Vermögens bei der öffentlichen Hand genau so nachteilig für die Allgemeinheit auswirkt wie bei den Wohlfahrtsorganisationen, der Caritas und der Inneren Mission. Sie glaubt also, aus Gründen der Gerechtigkeit, um die öffentliche Hand und die hier genannten Körperschaften gleichzustellen, beide gleichermaßen heranziehen zu dürfen. Außerdem meinen wir, daß doch durch den Lastenausgleich ein gewisser Teil der Notleidenden aus seiner elenden Lage herausgehoben werden soll, so daß sich die Aufgaben der Wohlfahrtsorganisationen und Kirchen wenigstens zu einem kleinen Teil verringern werden.
Schließlich gibt es für mich persönlich noch einen besonders gewichtigen Grund, den Antrag meiner Fraktion zu unterstützen. Ich meine, daß diejenigen, die die Forderung der Nächstenliebe an die Menschen herantragen, die auch für die Durchführung des Lastenausgleichs eintreten, die das bekannte Wort „einer trage des andern Last" ver-
künden, sich durch diese Forderung ganz besonders angesprochen, ganz besonders getroffen fühlen und bereit sein müssen, zu ihrem Teil zu der großen Lösung dieses schwierigen Problems beizutragen.
So bittet meine Fraktion das Hohe Haus, unsere Gründe zu billigen, anzuerkennen, sich zu eigen zu machen und unserem Antrag zuzustimmen, daß die Vermögensteile, die nicht unmittelbar gemeinnützigen, wohltätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, für den Lastenausgleich mit herangezogen werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu den verschiedenen Änderungsanträgen zu § 15 drei Dinge sagen.
Ich stimme dem Kollegen Decker völlig zu, daß die übereinstimmenden Anträge seiner Fraktion, der SPD-Fraktion und eines Teils unserer Fraktion, der CSU, betreffend die Schiffahrtsstraßen zur Abstimmung zusammengefaßt werden sollen.
Dann haben wir als zweites Entscheidendes die Frage der Belastung oder Befreiung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens. Auch da scheint es mir richtig zu sein, die Diskussion über diese Frage nicht auf die Problematik des Ertrags zu lenken. Es scheint mir aber falsch zu sein, eine Behauptung unwidersprochen zu lassen, der schon im Ausschuß sehr oft widersprochen worden ist, nämlich daß man die öffentliche Hand generell und grundsätzlich als das Gemeinnützigste von allem darstellt.
Das ist mit der Wirklichkeit des Geschehens einfach nicht vereinbar.
Ich bitte Sie doch gütigst, meine Damen und Herren, sich einmal die Haushalte der Länder anzusehen, in welchem Milliardenumfang ordentliche Steuermittel für wirtschaftliche Kredite Verwendung finden
und wie — ich sage das als Vertreter meiner Fraktion — auf kaltem Wege Sozialisierungspolitik getrieben wird.
Dagegen wehren wir uns, meine Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, mit aller Entschiedenheit.
— Ich denke auch an Nordrhein-Westfalen. Ich habe die Haushalte aller Länder einer sehr sorgfältigen Prüfung daraufhin unterzogen und stelle Ihnen das gesamte Material jederzeit gern zur Verfügung.
Ich sagte eben, daß nun die öffentliche Hand als das Gemeinnützigste von allem dargestellt wird. Und dann wird von dem Kollegen Priebe bei der Begründung des Antrags ausgeführt, warum man die Kirchen und gemeinnützigen Träger genau so
wie die öffentliche Hand belasten soll mit der Einschränkung, wie sie auch in dem Antrag des Kollegen Kather und Genossen und in dem Antrag des Herrn Abgeordneten Goetzendorff gemacht wird. Sie sollen aber alle, unbeschadet der jeweiligen Formulierungen im Endziel zum gleichen Ergebnis führen. Meine Damen und Herren, ich habe kein Verständnis dafür, daß man uns hier mit einem Bibelwort kommt, einer müsse des andern Last tragen, infolgedessen müßten die Kirchen an der Spitze der Abgabepflichtigen stehen. Was machen denn die gemeinnützigen Einrichtungen, was machen denn die stiftungsgebundenen kirchlichen Vermögen anders als des andern Last tragen?!
Meine Damen und Herren, ich wage für mich in Anspruch zu nehmen, daß ich auf diesem Gebiet durch meine Lebensarbeit eine große Erfahrung besitze. Die Zahl der Heimatvertriebenen, die bei mir zu Hause durchgegangen sind und Hilfe gesucht haben, liegt bei über hunderttausend.
— Die Gemeinden haben da, wo sie nicht fertigwerden konnten, ihre Leute weitestgehend nach Bethel abgeschoben, daß wir helfen sollten.
Ich darf zum zweiten darauf hinweisen, daß diesen Organisationen, von denen Sie reden, wenn Sie den § 15 Abs. 1 Ziffer 15 ändern wollen, ihr gesamtes Geldvermögen am Währungsstichtag plötzlich abhanden gekommen ist.
Sie haben keine Erstausstattung bekommen.
— Die Gemeinden haben eine Erstausstattung bekommen, entschuldigen Sie, und die Gemeinden haben die Möglichkeiten des Steuerrechts, die Möglichkeiten des horizontalen Finanzausgleichs, kurzum, ganz andere Möglichkeiten.
Nehmen Sie den gemeinnützigen Einrichtungen — auch der Arbeiterwohlfahrt — diese Freiheiten weg, dann nehmen Sie ihnen die Hälfte ihrer Arbeitsmöglichkeit und schieben sie damit zwangsläufig auf die öffentliche Wohlfahrt ab.
Und als letztes, meine Damen und Herren: Herr Kollege Priebe, ich weiß nicht, woher Sie — das müßten Sie doch wissen — den Glauben nehmen, daß, wenn jetzt der Lastenausgleich anrollte, die auf die kirchlichen Institutionen und die freien gemeinnützigen Einrichtungen zukommende Not sich so ernsthaft verringern würde. Wissen Sie denn nichts von der riesengroßen Not, in der die Leute heute noch sitzen, weil wir ihnen auch durch den Lastenausgleich zum großen Teil nicht helfen können? Wenn wir dem Alleinstehenden durch den Lastenausgleich mit der Teuerungszulage 85 DM Unterhaltshilfe geben, und Sie ziehen für ihn ein bescheidenes Taschengeld ab und geben ihm die Chance, daß er noch ganz bescheiden für Kleidung und Schuhwerk sorgen kann, dann sind Sie längst in der Debetzone angelangt. Die öffentliche Hand
— ich bitte das mit großem Ernst zu hören — erspart allein durch die Tätigkeit der Liebesarbeit
der beiden Kirchen und ihrer kirchlichen Organisationen mehr als eine halbe Milliarde DM im Jahr.
Wo wären wir in unserer Krankenpflege, wenn es nicht die freien gemeinnützigen und kirchlichen Krankenhäuser in Deutschland gäbe!
Sehen Sie sich doch bitte einmal die Haushaltspläne der öffentlichen Hand an! Dann werden Sie doch zugeben müssen, daß nirgendwo billiger gearbeitet wird als da, wo sich die freiwilligen Kräfte — unbeschadet konfessioneller Bindungen — aus innerster Berufung zu diesem Dienst zusammenfinden
und dadurch dem Staat Lasten auch finanzieller Art abnehmen, die sie sonst, wenn Sie Ihre Idee durchführten und Ihre Anträge angenommen würden, auf anderem Wege, wesentlich teurer, aus. den durch die Steuerzahler aufgebrachten Mitteln bezahlen müßten.
Wenn am Anfang der Kollege Mertins ergreifend über die unsoziale Steuerpolitik und darüber gesprochen hat, daß die breite Masse der arbeitenden Schicht diese Dinge bezahlen müsse, dann stehe ich fassungslos vor solch einer Erklärung
und muß ehrlich sagen: Wie kann man, von so wenig Wirklichkeitskenntnis getrübt, eine solche Aussage machen?
Ich beantrage namens meiner Freunde, die Anträge auf Befreiung der öffentlichen. Hand abzulehnen, und ich beantrage, auch die Änderung in § 15 Abs. 1 Ziffer 15 abzulehnen.
Ich nehme meinerseits zu der Frage der beiden großen Schiffahrtsstraßen deshalb keine Stellung, weil ich mich auf Grund der mir von einem Staatsrechtler von Format gemachten Gutachten persönlich davon überzeugt habe, daß der Ausschuß hier zu einer Fehlentscheidung gekommen ist. Ich werde mir also — —
- Entschuldigen Sie, selbst wir und die Mehrheit können zu neuen Erkenntnissen kommen.
Wir haben noch niemals bestritten, daß auch wir zu neuen Erkenntnissen zu kommen ehrlich bereit sind.
Das Wort hat noch einmal der Abgeordnete Priebe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kunze, ich glaube, vorhin bei der Begründung meines Antrages einleitend gesagt zu haben, wie sehr wir die Arbeit der Kirche und der Wohlfahrtsorganisationen zu würdigen wissen und wie gern wir bereit wären, irgendwelchen Wegen zuzustimmen, um diesen Einrichtungen noch größere Tätigkeitsmöglichkeiten zu geben. Aber, Herr Kollege Kunze, wenn Sie vorhin hier erklärt haben, daß die Wohlfahrtsorganisationen und Kirchen die Gemeinden so ungemein stark hätten entlasten müssen und immer noch entlasten müßten in bezug auf Krankenhäuser usw.,
dann verstehe ich nicht, wie man vorhin mit der Mehrheit dieses Hauses unseren Antrag, die Gemeindevermögen nicht zu schmälern, ablehnen konnte.
Das begreife ich nicht; da sehe ich einen Widerspruch.
Ich begreife es nicht, daß man auf der einen Seite den Körperschaften der öffentlichen Hand die Möglichkeit nehmen will und sich auf der anderen Seite darüber beklagt, daß das Ausmaß der Arbeit für die Wohlfahrtsorganisationen und Kirchen zu groß sei.
Diesen Widerspruch kann ich mir nicht erklären. Ich bitte Sie, genau so, wie ich den Standpunkt der Vertreter kirchlicher Körperschaften und Wohlfahrtsorganisationen voll und ganz verstehe, wie ich es begreife, daß Sie sich mit allen Kräften für diese Arbeit einsetzen, wie ich es begreife, daß man Mittel schaffen möchte, um diese Arbeit auszudehnen und besser leisten zu können, es auch zu verstehen, wenn ich persönlich — und ich habe vorhin gesagt: persönlich — mich als Christ durch die Forderungen angesprochen fühle, die wir nach außen tragen. Ich glaube, alle Christen sollten diese Forderungen als Fragen betrachten, auf die sie persönlich die Antwort geben können, die sich mit ihrem Gewissen vereinbaren läßt.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. von Golitschek.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Änderungsantrag in Punkt 2 des Umdrucks Nr. 496 hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Antrag der SPD. Ich glaube, ich brauche die Begründung nicht zu wiederholen, denn in diesem Punkt decken sich unsere Auffassungen im wesentlichen. In einem Punkt jedoch weicht unser Antrag ab, und zwar in der Behandlung des Vermögens, das mildtätigen Zwecken dient. Wir sind der Auffassung, daß Vermögen, welches mildtätigen Zwecken dient, auch dann befreit werden sollte, wenn es nicht unmittelbar diesen Zwecken dient. Es könnte sich die Frage erheben, warum Vermögen, das mildtätigen Zwecken, und Vermögen, das gemeinnützigen Zwecken dient, unterschiedlich behandelt werden soll. Der grundsätzliche Unterschied liegt nach unserer Meinung darin: ein mildtätiger Zweck setzt voraus, daß der Personenkreis, der durch diese Organisation betreut wird, betreuungswürdig, bedürftig, hilfsbedürftig ist, während bei gemeinnützigen Zwecken diese Voraussetzung nicht unbedingt zutreffen muß. Insofern weicht unser Antrag ab, und ich bitte, diesem Antrag zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu § 15.
Wir haben über folgende Anträge abzustimmen: zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD, Umdruck Nr. 492 Ziffer 3 a zum § 15 Abs. 1 Nr. 1
Satz 1. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; ,der Antrag ist abgelehnt.
Zu dem Antrag der kommunistischen Fraktion, Umdruck Nr. 498 Ziffer 4, hat die kommunistische Gruppe — ich bitte um Entschuldigung —
namentliche Abstimmung beantragt. Ich frage, ob 50 Abgeordnete den Antrag unterstützen.
Meine Damen und Herren, ich frage: wer unterstützt den Antrag auf namentliche Abstimmung? — Das sind keine 50 Abgeordnete; namentliche Abstimmung findet nicht statt.
— Meine Damen und Herren, es bedarf keiner Aufregung. Ich habe gefragt; es haben sich keine 50 Abgeordneten gemeldet. Wir können doch darüber keine zweimalige Abstimmung stattfinden lassen.
— Wir haben ja doch wahrscheinlich im Laufe dieser Debatte noch öfter Gelegenheit zu namentlicher Abstimmung.
— Ich bin in der Abstimmung, Herr Abgeordneter Renner!
— Zur Abstimmung gibt es auch nicht das Wort.
— Ich bin nicht dazu verpflichtet, aber ich tue es.
— Herr Abgeordneter Renner, seien Sie so liebenswürdig, das Wort zu nehmen! Ich erteile Ihnen ja eben das Wort zur Geschäftsordnung!
Meine Damen und Herren! Es war bisher in diesem Hause immer Brauch, bei Abstimmungen dieser Art zu fragen, ob der Antrag unterstützt wird.
— Das ist auch heute geschehen.
Aus der sozialdemokratischen Fraktion haben sich unserer Überzeugung nach genügend Hände erhoben.
Außerdem ist es bisher Brauch gewesen, bei solchen Abstimmungen die ganze Zahl der betreffenden Fraktion mitzuzählen.
Auf jeden Fall ist bei der klar gestellten Frage des Herrn Präsidenten sichtbar geworden, daß mehr als 50 Abgeordnete diesen Antrag unterstützen.
Diese Tatsache nun aus der Welt schaffen zu wollen dadurch, daß man erklärt: es gibt vielleicht im Laufe des Abends — um 8 Uhr soll Schluß gemacht werden, nebenbei bemerkt —
noch eine Möglichkeit, eine zweite namentliche Abstimmung herbeizuführen, schafft doch nicht unser Recht aus der Welt, zu diesem konkreten Antrag eine namentliche Abstimmung zu beantragen und darauf zu bestehen, daß sie auch durchgeführt wird. Der Herr Präsident muß wissen und hat sicher erkannt, daß auch dieser Antrag durch mehr als 50 Abgeordnete dieses Hauses unterstützt worden ist.
— Wenn Sie „Nein" schreien, hat das doch nur den einen Zweck, diesen Tatbestand zu verhüllen; aus der Welt schaffen können Sie ihn durch Ihr „Nein" nicht.
Also ich bitte den Herrn Präsidenten, das Ergebnis der Abstimmung,
als er die Frage klar gestellt hat, gelten zu lassen, und ich bitte die Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, dazu beizutragen, daß bei diesem Punkt die namentliche Abstimmung durchgeführt werden kann.
Meine Damen und Herren, ich weise die Vorwürfe des Herrn Abgeordneten Renner, daß' ich eine falsche Feststellung getroffen hätte, zurück.
Ich habe die klare Frage gestellt: wird der Antrag auf namentliche Abstimmung unterstützt? — und habe, nachdem sich nicht 50 Abgeordnete gemeldet haben, festgestellt, daß der Antrag nicht hinreichend unterstützt ist. Eine Erklärung, daß eine ganze Fraktion den Antrag unterstützt, ist nicht abgegeben worden. Darüber sind wir uns einig. Ich habe damit keine Veranlassung, diese Entscheidung zu berichtigen.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Gruppe der Kommunistischen Partei.
— Von wem stammte dieser Einwurf?
— Herr Abgeordneter Paul, ich verstand „Bruch der Geschäftsordnung". Ich rufe Sie zur Ordnung, Herr Abgeordneter Paul.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, die Sie dem Antrag der Gruppe der Kommunistischen Partei, Umdruck Nr. 498 Ziffer 4, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —
Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit, der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Goetzendorff, Umdruck Nr. 499 Ziffer 3 a betreffend § 15 Abs. 1. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, — —
— Herr Abgeordneter von Golitschek, ich bitte freundlichst, darauf hinweisen zu dürfen, daß ich bei Ziffer 3 a des Antrags des Abgeordneten Goetzendorff bin. Sie sprechen von 3 b — Wir sind uns inzwischen einig geworden.
Ich bitte die Damen und Herren, die für den Antrag des Abgeordneten Goetzendorff zu 3 a, betreffend Nr. 2, § 15, Abs. 1 sind, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen wenige Stimmen abgelehnt.
Meine Damen und Herren, zu Umdruck Nr. 492 Ziffer 3 b schlage ich Ihnen vor, daß wir über den Antrag der SPD, den Antrag der Abgeordneten Strauß, Dr. Solleder und Genossen — Umdruck Nr. 494 — und den Antrag der Föderalistischen Union — Umdruck Nr. 495 Ziffer 2 — gemeinsam abstimmen, unabhängig von der Frage, ob das Ziffer 6 oder Ziffer 11 a wird, wenn das angenommen würde; ich glaube, darüber könnte man sich verständigen. Sind Sie damit einverstanden?
Ich bitte die Damen und Herren, die diesen drei
Anträgen — insofern einem einheitlichen Antrage
— zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Bei wenigen Enthaltungen gegen wenige Stimmen angenommen.
Darf ich jetzt die Frage stellen, ob es als Ziffer
— Bis zur dritten Lesung wird das vom Ausschuß geklärt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Dr. Kather und Genossen Umdruck Nr. 496 Ziffer 2 und den Antrag des Herrn Abgeordneten Goetzendorff Umdruck Nr. 499 Ziffer 3 b.
— Zur Abstimmung Herr Abgeordneter Seuffert.
Meine Damen und Herren! Es ist außerordentlich schwer zu sagen, welcher von den beiden Anträgen — unsere Fassung oder die Fassung des Antrags Dr. Kather und Genossen und Goetzendorff — der weitergehende ist. Praktisch dürften sie auf dasselbe hinauslaufen. Der Unterschied, der bei der sogenannten und unmittelbaren Benutzung für mildtätige Zwecke gemacht ist, scheint mir kaum ins Gewicht zu fallen; denn gerade eine Benutzung für mildtätige Zwecke kann j a wohl immer nur unmittelbar sein. Im übrigen gilt das, was hier auf etwas andere Weise ausgedrückt ist, auch bei unserem Antrag. Denn es ist auch in diesem ausdrücklich gesagt, daß sogenannte Geschäftsbetriebe — was nicht Erwerbsbetriebe sein müssen! —, die nach der Gemeinnützigkeitsverordnung steuerfrei bleiben können oder steuerunschädlich sind, ebenfalls hier abgabefrei sind. Das ganze bedeutet nur eine Anpassung der hier
geltenden Befreiungen an die Befreiungen des öffentlichen Vermögens selbst unter Benutzung der Ausdrücke und feststehenden Regeln der Gemeinnützigkeitsverordnung. Ich würde es, damit nicht widersprechende Abstimmungen erfolgen und damit nicht ein mißverständliches Abstimmungsergebnis herauskommt, begrüßen, wenn die Antragsteller des Umdrucks Nr. 499 und des Antrags Dr. Kather und Genossen sich unserem Antrag anschlössen, der eigentlich nur den einen Vorzug hat, daß die geläufigen Begriffe der Gemeinnützigkeitsverordnung hier verwandt werden.
Darf ich die Antragsteller fragen, ob sie mit dieser Regelung einverstanden sind. — Herr Abgeordneter Dr. Kather ist einverstanden, — Herr Abgeordneter Goetzendorff ebenfalls. Ich darf dann feststellen, daß wir lediglich über den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 3 c abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Dieses Abstimmungsergebnis ist zweifelhaft. Ich bitte Sie freundlichst, das im Wege des Hammelsprungs zu klären. Wer für den SPD-Antrag ist, muß den Saal durch die Ja-Tür betreten.
Ich darf Sie bitten, im Interesse der Beschleunigung den Saal möglichst bald zu räumen.
Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich bitte, die Abstimmung zu schließen.
Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Für den Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei haben 153 Abgeordnete gestimmt, dagegen 165, bei einer Enthaltung. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Atzenroth betreffend Ziffer 17. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Atzenroth, nach dem in Ziffer 17 die Worte „und die kassenärztlichen Vereinigungen" eingefügt werden sollen, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Damit komme ich zur Abstimmung über § 15 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 15 in der Ausschußfassung mit Berücksichtigung der Änderung, die auf Antrag der Herren Abgeordneten Solleder und Genossen, der Föderalistischen Union und der Abgeordneten der SPD-Fraktion angenommen ist, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. § 15 ist angenommen.
Ich rufe auf § 16. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich rufe auf § 17. — Ebenfalls keine Wortmeldungen.
Ich bitte die Damen und Herren, die beiden Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. Die beiden Paragraphen sind angenommen.
Ich komme zum Zweiten Titel. Die Berichterstattung ist auch für diesen Titel erfolgt. Ich rufe auf § 18, Bemessungsgrundlage. — Keine Wortmeldungen. § 18 a. — Keine Wortmeldungen. § 18 b — Ebenfalls keine Wortmeldungen.
Ich bitte die Damen und Herren, die den drei aufgerufenen Paragraphen 18, 18 a und 18 b zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. Die drei Paragraphen sind angenommen.
Meine Damen und Herren, wünschen Sie, daß wir § 19 noch in Angriff nehmen?
— Offenbar besteht nicht der Wunsch.
Der Abgeordnete Goetzendorff wünscht noch das Wort zu einer persönlichen Bemerkung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Ehr en hat seiner Verwunderung darüber Ausdruck verliehen, daß ich eine Anzahl Änderungsanträge gestellt habe, die wörtlich den Anträgen der Abgeordneten Kather und Genossen gleichen. Als Vertriebener hätte Kollege Ehren sich eigentlich nicht wundern, sondern freuen sollen, daß ich einige Forderungen des BvD, die ich ebenfalls anerkenne, auch zu meinen eigenen erhoben habe.
Wenn der Kollege Ehren weiter sagt, daß ich nicht an einer einzigen Sitzung des Ausschusses für den Lastenausgleich teilgenommen habe, so ist festzustellen, daß er wahrscheinlich in der Diätenliste nachgesehen hat.
In dieser stehe ich aber nicht verzeichnet. Die unabhängigen Abgeordneten erhalten nämlich kein Sitzungsgeld von 30 DM für eine Ausschußsitzung. Wenn er in der Anwesenheitsliste nachgeschaut hätte, hätte er mich öfters verzeichnet gefunden.
Meine Damen und Herren, nachdem Sie diese persönliche Erklärung zur Kenntnis genommen haben, berufe ich die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, 9 Uhr, zur Fortsetzung der zweiten Beratung des Lastenausgleichsgesetzes und schließe die 207. Sitzung des Deutschen Bundestags.