Protokoll:
1207

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 1

  • date_rangeSitzungsnummer: 207

  • date_rangeDatum: 6. Mai 1952

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:31 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 19:49 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 207. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Mai 1952 8959 207. Sitzung Bonn, Dienstag, den 6. Mai 1952. Begrüßung des erstmalig anwesenden Abg. Dr. Keller 8960D Geschäftliche Mitteilungen . 8960D, 8961B, 8971C Begrüßung des Abg. Lausen nach Wiedergenesung 8961A Sperrfrist für Fragen der nächsten Fragestunde 8961A Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Zweiten Gesetz über die Finanzverwaltung 8961B Gesetz zur Ergänzung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes 8961B Gesetz 'zur Änderung des Gesetzes über Zulagen und Mindestleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung und zur Überleitung des Unfallversicherungsrechts im Lande Berlin 8961B Gesetz über das landwirtschaftliche Pachtwesen 8961B Kleine Anfrage Nr. 249 der Fraktion der SPD betr. Eigentumsfrage der deutschen Schwimmdocks (Nrn. 3180, 3260 der Drucksachen) 8961B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufnahme eines Kredits durch den Bund im Rahmen der von den Vereinigten Staaten gewährten Wirtschaftshilfe (Nr. 3333 der Drucksachen) 8961B Ausschußüberweisung 8961C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer von Vorschriften auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft (Nr. 3275 der Drucksachen) 8961C Ausschußüberweisung 8961C Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und - auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Osthandel (Nrn. 3282, 2935 der Drucksachen) 8961D Dr. Semler (CSU): als Berichterstatter 8961D schriftlicher Bericht 9011 Kalbitzer (SPD) 8962C Dr. von Merkatz (DP) 8964A Dr. Friedensburg (CDU) . . 8964C, 8966D Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 8965C Rische (KPD) 8966A Beschlußfassung 8967A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/DPB, FU betr. Untersuchung über deutsches Auslandsvermögen (Nr. 3327 der Drucksachen) . . 8967A Dr. Pfleiderer (FDP) 8967A Ausschußüberweisung 8967A Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/DPB eingebrachten 'Entwurfs eines Gesetzes zur Einfügung eines Art. 120a in das Grundgesetz (Nr 3334 der Drucksachen) 8967B Mellies (SPD) (zur Geschäftsordnung) 8967C Ausschußüberweisung 8967C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/DPB, FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz (LA-TZG) (Nr. 3330 der Drucksachen) . . . . 8967C Ausschußüberweisung 8967D Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich (Nrn. 1800, zu 1800 der Drucksachen); Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (17. Ausschuß) (Nrn. 3300, zu 3300 der Drucksachen, Umdruck Nr. 490; Änderungsantrag Umdrucke Nrn. 492 bis 496, 498 bis 506) 8967D Erklärungen: Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 8968A Renner (KPD) (zur Geschäftsordnung) 8969A, C Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FPD) 8969D Kriedemann '(SPD) 8970D Allgemeiner Bericht: Kunze (CDU): als Berichterstatter 8971C schriftlicher Bericht 9014 zur Geschäftsordnung, betr. Beratungs- und Abstimmungsverfahren: Kriedemann (SPD) 8975D Dr. Atzenroth (FDP) 8976A Einzelberatung: Erster Teil, §§ 1 bis 12: Matzner (SPD): als Berichterstatter 8976B schriftlicher Bericht 9018 als Abgeordneter 8987A Dr. Kather' (CDU) 8976B, 8982D Reitzner (SPD) 8977B Seuffert (SPD): zur Geschäftsordnung 8977C zur Sache 8978D, 8985B, 8986B Dr. von Golitschek (FDP) 8977D Ehren (CDU) 8978B Kunze (CDU) 8978C, 8983C, 8985B, 8985D Dr. Atzenroth (FDP) . . . . 8982B, 8986D Loritz (Fraktionslos) 8984A Kohl (Stuttgart) (KPD) 8985C, 8986A, 8988A Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) . 8985A, 8988D Abstimmungen 8977C, 8989A namentliche Abstimmung 8989D Zweiter Teil, §§ 13 bis 83: Atzenroth (FDP): als Berichterstatter 8990A schriftlicher Bericht 9020 als Abgeordneter . . . . 8996B, 8997D Seuffert (SPD): zur Sache 8991B, 8994C zur Abstimmung 9002B Zühlke (SPD) 8991C Kohl (Stuttgart) (KPD) 8992C Dr.-Ing. Decker (FU) . . . . 8993D, 8998C Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP): zur Sache 8994A zur Abstimmung 8995B Mertins (SPD) 8996A Müller (Frankfurt) (KPD) 8997A Dr. Solleder (CSU) 8997C Goetzendorff (Fraktionslos): zur Sache 8998A persönliche Bemerkung 9003A Kriedemann (SPD) 8998B Priebe (SPD) 8998C, 9000B Kunze (CDU) 8999A Dr. von Golitschek (FDP) 9000D - Renner (KPD) (zur Geschäftsordnung) 9001B Abstimmungen . 8995D, 9000D, 9001D, 9002C namentliche Abstimmung 8995B, C Weiterberatung vertagt 9003C Nächste Sitzung 9003C Zusammenstellung der namentlichen Abstimmungen über Änderungsanträge zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich: 1. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 11 (Umdruck Nr. 492 Ziffer 1) 9010 2. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 13 (Umdruck Nr. 492 Ziffer 2) 9010 3. über den Änderungsantrag der Fraktion der FU zu § 13 (Umdruck Nr. 495 Ziffer 1) 9010 Anlage 1: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Osthandel (Nrn. 2935, 3282 der Drucksachen) 9011 Anlage 2: Schriftlicher 'Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (17. Ausschuß) zum Entwurf eines 'Gesetzes über den Lastenausgleich (Nrn. 1800, 3300, zu 3300 'der Drucksachen) 9013 Kunze (CDU) 9014, 9046, 9047 Matzner (SPD) 9018 Dr. Atzenroth (FDP) 9020, 9030 Dr. Bucerius (CDU) 9024 Seuffert (SPD) 9024, 9033 Dr. von Golitschek (FDP) 9034 Schütz (CSU) 9035, 9036 Frau Dr. Weber (Essen) (CDU) . . . 9037 Ohlig (SPD) 9040 Dr. Meyer (Bremen) (SPD) 9041 Kriedemann (SPD) 9041 Farke (DP) 9042 Wackerzapp (CDU) 9044 Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Namentliche Abstimmungen über Änderungsanträge zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Allgemeinen Lastenausgleich 1. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 11 (Umdruck Nr. 492 Ziffer 1) 2. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu § 13 (Umdruck Nr. 492 Ziffer 2) 3. über den Änderungsantrag der Fraktion der FU zu § 13 (Umdruck Nr. 495 Ziffer 1) Name 1. 2. 3. Abstimmung CDU/CSU Dr. Adenauer krank krank krank Albers Nein Nein Nein Arndgen . . . . . . . . Nein Nein Nein Bauereisen Nein Nein Nein Bauknecht Nein Nein Nein Dr. Baur (Württemberg) . . . Nein Nein Nein Bausch Nein Nein Nein Becker (Pirmasens) Nein Nein Nein Blank (Dortmund) — — — Bodensteiner Nein Nein Nein Frau Brauksiepe Nein Nein — Dr. von Brentano . . . . . Nein Nein Nein Brese Nein Nein Nein Frau Dr. Brökelschen Nein Nein Nein Dr. Brönner Nein Nein — Brookmann Nein Nein Nein Dr. Bucerius Nein Nein Nein Frau Dietz Nein Nein Nein Dr. Dresbach Nein Nein — Eckstein — — — Dr. Edert enthalten Nein Nein Dr. Ehlers Nein Nein Nein Ehren Nein Nein Nein Dr. Erhard — — — Etzel (Duisburg) krank krank krank Etzenbach Nein Nein Nein Even Nein Nein Nein Feldmann Nein Nein Nein Dr. Fink Nein Nein Nein Dr. Frey Nein Nein Nein Fuchs Nein Nein Nein Dr. Freiherr von Fürstenberg . . Nein Nein Nein Fürst Fugger von Glött . . . Nein Nein Nein Funk Nein Nein Nein Gengler Nein Nein Nein Gerns Nein Nein Nein Dr. Gerstenmaier — — — Gibbert Nein Nein Nein Giencke Nein Nein Nein Dr. Glasmeyer . . . . . . . Nein Nein Nein Glüsing Nein Nein Nein Gockeln — -- — Dr. Götz Nein Nein Nein Frau Dr. Gröwel — Nein Nein Günther — — — Hagge Nein Nein Nein Frau Heiler Nein Nein Nein Heix Nein Nein Nein Dr. Henle Nein Nein Nein Hilbert Nein Nein Nein Höfler beurlaubt beurlaubt beurlaubt Hohl Nein Nein Nein Dr. Holzapfel — — — Hoogen Nein Nein Nein Hoppe — - Nein Name 1. 2. 3. Abstimmung Dr. Horlacher . . . . . . . Nein Nein Nein Horn Nein Nein Nein Huth Nein Nein Nein Dr. Jaeger (Bayern) Nein Nein Nein Junglas Nein Nein Nein • Kahn Nein Nein Nein Kaiser Nein Nein Nein Karpf Nein Nein Nein Dr. Kather Nein Nein Nein Kemmer Nein Nein Nein Kemper Ja Nein Nein Kern krank krank krank Kiesinger Nein Nein Nein Dr. Kleindinst Nein Nein Nein Dr. Köhler Nein Nein Nein Dr. Kopf Nein Nein Nein Kühling Nein Nein - Kuntscher Nein Nein Nein Kunze Nein Nein Nein Dr. Laforet Nein Nein Nein Dr. Dr. h. c. Lehr Nein — — Leibfried . . . . . . . . ' Nein Nein Nein Lenz Nein Nein Nein Leonhard Nein Nein Nein Lücke Nein Nein Nein Majonica Nein Nein Nein Massoth . . . . . . Nein Nein Nein Mayer (Rheinland-Pfalz) . . . Nein Nein Nein Mehs Nein Nein Nein Mensing beurlaubt beurlaubt beurlaubt Morgenthaler Nein Nein Nein Muckermann Nein Nein Nein Mühlenberg Nein Nein Nein Dr.Dr. Müller (Bonn) entschuldigt entschuldigt entschuldigt Müller-Hermann krank krank krank Naegel Nein Nein Nein Neber Nein Nein Nein Nellen Nein Nein Nein Neuburger Nein Nein Nein Nickl Nein Nein Nein Frau Niggemeyer Nein Nein, Nein Dr. Niklas — — — Dr. Oesterle Nein Nein Nein Dr. Orth beurlaubt beurlaubt beurlaubt Pelster Nein Nein Nein Pfender Nein Nein Nein Dr. Pferdmenges Nein Nein Nein Dr. Povel Nein Nein Nein Frau Dr. Probst Nein Nein Nein Dr. Pünder Nein Nein Nein Raestrup Nein Nein Nein Rahn Nein Nein Nein Frau Dr. Rehling Nein Nein Nein Frau Rösch beurlaubt beurlaubt beurlaubt Rümmele Nein Nein Nein Sabel . . Nein Nein Nein Schäffer . . Nein Nein Nein Scharnberg Nein Nein Nein Dr. Schatz . Nein Nein Nein Schill . . . . . . . . . Nein Nein Nein Schmitt (Mainz) Nein Nein Nein Schmitz Nein Nein Nein Schmücker Nein Nein Nein Dr. Schröder (Düsseldorf) . . . beurlaubt beurlaubt beurlaubt Schüttler . . . . . . . . Nein Nein Nein Schütz Nein Nein Nein Name 1. 2. 3. Abstimmung Schuler Nein Nein Nein Schulze-Pellengahr Nein Nein Nein Dr. Semler Nein Nein — Dr. Serres Nein Nein Nein Siebel Nein Nein Nein Dr. Solleder - Nein Nein Nein Spies Nein Nein Nein Graf von Spreti . . . . . . . Nein Nein Nein Stauch . . . . . . beurlaubt beurlaubt beurlaubt Frau Dr. Steinbiß . . . . . . Nein Nein Nein Storch . . . . . . . . . . — — Strauß Nein — - Struve . . . . . . . . . Nein Nein Nein Stücklen Nein Nein Nein Dr. Vogel beurlaubt beurlaubt beurlaubt Wacker . . . . . . . . . . Nein Nein Nein Wackerzapp beurlaubt beurlaubt beurlaubt Dr.Wahl Nein Nein Nein Frau Dr. Weber (Essen) . . . . Nein Nein Nein Dr. Weber (Koblenz) . . . . . Nein Nein Nein Dr. Weiß Nein Nein - Nein Winkelheide Nein Nein Nein Dr. Wuermeling , Nein Nein Nein SPD Frau Albertz . . . . . . . entschuldigt entschuldigt entschuldigt Frau Albrecht Ja Ja Ja Altmaier . . . . . . . . Ja Ja Ja Frau Ansorge Ja Ja Ja Dr. Arndt Ja Ja Ja Arnholz Ja Ja Ja Dr. Baade Ja Ja Ja Dr. Bärsch Ja Ja Ja Baur (Augsburg) .Ja Ja Ja Bazille , . . . krank krank krank Behrisch Ja Ja Ja Bergmann Ja Ja Ja Dr. Bergstraeßer . . . . . . • beurlaubt beurlaubt beurlaubt Berlin Ja Ja Nein Bettgenhäuser . . . . . . . - Ja Ja Ja Bielig Ja Ja Ja Birkelbach Ja Ja Ja Blachstein Ja Ja Ja Dr. Bleiß Ja Ja Ja Böhm Ja Ja Ja Dr. Brill Ja Ja Ja Bromme Ja Ja Ja Brünen Ja Ja Ja Cramer Ja Ja Ja Dannebom Ja Ja Ja Diel Ja Ja Ja Frau Döhring Ja Ja Ja Eichler Ja Ja Ja Ekstrand Ja Ja Ja Erler Ja Ja Ja Faller Ja Ja Ja Franke Ja Ja Ja Freidhof Ja Ja Ja Freitag beurlaubt beurlaubt beurlaubt Geritzmann Ja Ja Ja Gleisner Ja Ja Ja Görlinger Ja Ja Ja Graf Ja Ja Ja Dr. Greve Ja Ja Ja Dr. Gülich krank krank krank Happe Ja Ja Ja Name 1. 2. 3. Abstimmung Heiland Ja Ja Ja Hennig Ja Ja Ja Henßler krank krank krank Herrmann - — — Hoecker Ja Ja Ja Höhne Ja Ja Ja Frau Dr. Hubert Ja Ja Ja Imig . . . .. . . . . Ja Ja Ja Jacobi Ja -- — Jacobs beurlaubt beurlaubt beurlaubt Jahn entschuldigt entschuldigt entschuldigt Kalbfell krank krank krank Kalbitzer . . . . . . . Ja Ja Ja Frau Keilhack . . . . . . Ja Ja Ja Keuning Ja Ja Ja Kinat Ja Ja Ja Frau Kipp-Kaule Ja Ja Ja Dr. Koch Ja — — Frau Korspeter Ja Ja Ja Frau Krahnstöver Ja Ja Ja Dr. Kreyssig Ja Ja Ja Kriedemann Ja Ja Ja Kurlbaum Ja Ja Ja Lange Ja Ja Ja Lausen Ja Ja Ja Frau Lockmann Ja Ja Ja Ludwig Ja Ja Ja Dr. Luetkens Ja Ja Ja Maier (Freiburg) Ja Ja Ja Marx . . . . . . . . . Ja Ja Ja Matzner Ja Ja Ja Meitmann Ja Ja Ja Mellies Ja Ja Ja Dr. Menzel Ja Ja Ja Merten Ja Ja Ja Mertins Ja Ja Ja Meyer (Hagen) Ja Ja Ja Meyer (Bremen) Ja Ja Ja Frau Meyer-Laule Ja Ja Ja Mißmahl Ja Ja Ja Dr. Mommer . . . . . . . . Ja Ja Ja Dr, Mücke Ja Ja Ja Müller (Hessen) Ja Ja Ja Müller (Worms) Ja Ja Ja Frau Nadig Ja Ja Ja Dr. Nölting . . . . . . . Ja Ja Ja Nowack (Harburg) Ja Ja Ja Odenthal Ja Ja Ja Ohlig Ja Ja Ja Ollenhauer – - Ja Paul (Württemberg) _ Ja Ja Ja Peters Ja Ja Ja Pohle . . . . . . . . . . . Ja Ja Ja Dr. Preller Ja Ja Ja Priebe . . . . . . . Ja Ja Ja Reitzner Ja Ja Ja- Richter . . . . . . . . . . Ja Ja Ja Ritzel . . . . . . . . . . . Ja Ja Ja Ruhnke Ja Ja Ja Runge Ja Ja Ja Sander Ja Ja – Sassnick Ja Ja Ja Frau Schanzenbach Ja Ja Ja Dr. Schmid (Tübingen) . . • • • — — Dr. Schmidt (Niedersachsen) . Ja Ja Ja Dr. Schöne . . . . . . . . Ja Ja Ja Schoettle Ja Ja Ja Dr. Schumacher . . . . . . . krank krank krank Name 1. 2. 3. Abstimmung Segitz Ja Ja Ja Seuffert Ja Ja Ja Stech Ja Ja Ja Steinhörster . . . . . . . . Ja Ja Ja Stierle . . . . . . . . Ja Ja Ja Striebeck Ja Ja Ja Frau Strobel Ja Ja Ja Temmen Ja Ja Ja Tenhagen Ja Ja Ja Troppenz Ja Ja Ja Dr. Veit Ja Ja Ja Wagner — — — Wehner Ja Ja Ja Weinhold Ja Ja Ja Welke krank krank krank Weltner Ja Ja Ja Dr. Wenzel Ja Ja Ja Wönner Ja Ja Ja Zühlke Ja Ja Ja FDP Dr. Atzenroth Nein Nein Nein Dr. Becker (Hersfeld) Nein Nein Nein Dr. Blank (Oberhausen) . . . , Nein Nein Nein Blücher Nein Nein Nein Dannemann . . . . , Nein Nein Nein ,. Dr. Dehler Nein Nein — Dirscherl beurlaubt beurlaubt beurlaubt Euler krank krank krank Faßbender Nein Nein Nein Freudenberg beurlaubt beurlaubt beurlaubt Dr. Friedrich — — — Frühwald — — — Funcke - Nein Nein Nein Gaul Nein Nein Nein Dr. von Golitschek Nein Nein Nein Grundmann Nein enthalten Nein Dr. Hammer Nein Nein Nein Dr. Hasemann Nein Nein Nein Dr. Hoffmann (Lübeck) . . . . Nein Nein Nein Dr. Hoffmann (Schönau) . . . Nein Nein Nein Frau Hütter krank krank krank Frau Dr. Ilk Nein Nein Nein Juncker Nein Nein Nein Dr Kneipp Nein Nein Nein Kühn Nein Nein Nein Langer Nein — — Dr. Leuze Nein Nein Nein Dr. Luchtenberg Nein Nein Nein Margulies Nein Nein Nein Mauk Nein Nein Nein Mayer (Stuttgart) Nein Nein Nein Dr. Mende Nein Nein Nein Dr. Miessner Nein Nein Nein Neumayer Nein Nein Nein Dr. Dr. Nöll von der Nahmer Nein Nein Nein Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) . . — — Nein Onnen krank _ krank krank Dr. Pfleiderer Nein Nein Nein Dr. Preiß Nein Nein Nein Dr. Preusker Nein Nein Nein Rademacher Nein Nein Nein Rath Nein Nein Nein Dr. Freiherr von Rechenberg . krank krank krank Revenstorff Nein Nein Nein Dr. Schäfer Nein Nein Nein Dr. Schneider Nein Nein Nein Name 1. 2. 3. Abstimmung Stahl — Nein Nein Stegner Nein Nein Nein Dr. Trischler Nein Nein Nein Dr. Wellhausen Nein Nein Nein Wirths Nein Nein Nein Dr. Zawadil Nein Nein Nein DP-DPB Ahrens Nein Nein Nein Bahlburg entschuldigt entschuldigt entschuldigt Frau Bieganowski Nein Nein Nein Eickhoff Nein Nein Nein Ewers Nein Nein Nein Farke Nein Nein Nein Dr. Fricke entschuldigt entschuldigt entschuldigt Frommhold Nein Nein Nein Hellwege — Nein Nein Jaffé Nein Nein Nein Frau Kalinke entschuldigt entschuldigt entschuldigt Kuhlemann entschuldigt entschuldigt entschuldigt Dr. Leuchtgens Nein Nein Löfflad entschuldigt entschuldigt entschuldigt Matthes Nein Nein Nein Dr. von Merkatz Nein Nein Nein Dr. Mühlenfeld — – — Dr. Ott Nein enthalten enthalten Reindl Nein — Nein Schmidt (Bayern) Nein — Nein Schuster Nein Nein Nein Dr. Seebohm — — — Tobaben Nein Nein Nein Wallner entschuldigt entschuldigt entschuldigt Walter Nein Nein Nein Wittenburg Nein Nein Nein Wittmann Nein Nein Nein FU Freiherr von Aretin – enthalten Ja Frau Arnold Nein Nein Ja Dr Bertram Nein Nein Ja Dr Besold Nein enthalten Ja Clausen Nein Ja enthalten Dr -Ing Decker Nein enthalten Ja Determann Nein Nein Ja Eichner Nein enthalten Ja Dr Etzel (Bamberg) enthalten enthalten Ja Hoffmann (Lindlar) Nein Nein Ja Lampl Nein enthalten Ja Mayerhofer Nein Ja Ja Dr. Meitinger — — — Fürst zu Oettingen-Wallerstein beurlaubt beurlaubt beurlaubt Pannenbecker Nein Nein Ja Parzinger — Ja Ja Dr Reismann Nein Nein Ja Ribbeheger Nein Ja Ja Volkholz — — — Wartner — enthalten Ja Frau Wessel Nein Nein Ja Willenberg Nein Nein Ja Name 1. 2. 3. Abstimmung SPD Agatz Ja Ja Ja Fisch - Ja Ja Ja Gundelach Ja Ja Ja Harig Ja Ja Ja Kohl (Stuttgart) Ja Ja Ja Müller (Frankfurt) Ja Ja Ja Niebergall Ja Ja Ja Paul (Düsseldorf) Ja Ja Ja Reimann . . . . . . . . Ja Ja Ja Renner Ja -- — Rische - Ja Ja Ja Frau Strohbach entschuldigt entschuldigt entschuldigt Frau Thiele Ja Ja Ja Vesper entschuldigt entschuldigt entschuldigt Fraktionslos Aumer . . . . . . . . . Nein Nein Ja Donhauser Nein Nein Ja Dr. Dorls beurlaubt beurlaubt beurlaubt Fröhlich krank krank krank Goetzendorff enthalten Nein Nein Hedler enthalten Nein Nein Frau Jaeger (Hannover) . . . Nein Nein Nein Dr. Keller enthalten enthalten — Loritz enthalten Nein Nein Müller (Hannover) — — — von Thadden . . . . . . . . — Nein Nein Tichi krank krank krank Zusammenstellung der Abstimmungen: Abgegebene Stimmen . . . . . 327 2. Abstimmung 3. Abstimmung 1. Abstimmung 327 324 Davon: 126 126 141 Ja Nein. . . . . . . • • 195 191 181 Stimmenthaltung . . . 6 10 2 Zusammen wie oben • • • • 327 327 324 Anlage I zum Stenographischen Bericht der 207. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Osthandel (Nrn. 2935, 3282 der Drucksachen) Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Semler Der Antrag Nr. 2935 der Drucksachen wurde in der 186. Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 17. Januar 1952 an den Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten unter Beteiligung des Ausschusses für Außenhandelsfragen überwiesen. A. Es wurde festgestellt, daß die Bundesrepublik zunächst im Kreise der an der Embargo-Aktion beteiligten Nationen nicht gleichberechtigt war. Eine Gleichstellung wurde jedoch von der Bundesregierung im Laufe der gemeinsamen Arbeiten erreicht, bis auf zwei Gebiete, auf denen sie noch nicht vorhanden ist, a) bei den Grenzkontrollen, wo trotz Übertragung der Zuständigkeit auf deutsche Stellen immer wieder Eingriffe alliierter Besatzungsorgane erfolgen, b) bei den Verhandlungen und dem Abschluß von Handelsverträgen mit Staaten des Sowjetblocks. Die Bundesregierung erstrebt, im Zuge der gegenwärtigen Verhandlungen über die Ablösung des Besatzungsstatuts auch auf diesen beiden Ge-. bieten die uneingeschränkte Handlungsfreiheit zu erreichen. Indem die Bundesregierung die Einladung zur Teilnahme an der Embargo-Aktion annahm, hat sie es für notwendig und richtig erachtet, auch die politische Mitverantwortung z. B. für die Aufstellung von Vorbehaltslisten und ihre Anwendung zu übernehmen. B. Grundsätzlich haben die an der Aktion beteiligten Nationen gleiche Rechte und Pflichten. Bei der Bewilligung von Ausnahmen im Handel von Vorbehaltsgütern mit Staaten des Ostblocks, die aus begründeten Anlässen notwendig erschienen, ist die Bundesrepublik nicht schlechter gestellt als andere beteiligte Nationen. — Die Deutschland und anderen europäischen Ländern in Anbetracht ihrer geographischen Lage und des seit jeher intensiven Handelsverkehrs mit dem Osten zukommende besondere Stellung im Osthandel ist grundsätzlich anerkannt. C. Eine Reihe von Maßnahmen werden angewendet,- um die indirekten Ausfuhren von Vorbehaltsgütern in die Ostblockstaaten zu verhindern: Die Kontrollmöglichkeiten sind jedoch in verschiedenen Ländern begrenzt. — Die Bundesregierung hat alle Schritte unternommen, um diese Kontrollen für das Gebiet der Bundesrepublik wirksam zu gestalten. Insbesondere sind auch die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um den illegalen Handel zu unterbinden. D. In den Ausschußberatungen wurden Zweifel laut, ob die Embargo-Aktion den erhofften Erfolg gehabt hat. Es wurde festgestellt, daß trotz der Aktion in gewissem Umfange ein Ost-West-Handel mit Vorbehaltsgütern stattfindet. Es lagen Berichte vor, die sich mit der Steigerung der schwerindustriellen Erzeugung in der Sowjetunion befaßten. Es wurde auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die der Durchführung der Embargo-Aktion in den Staaten entgegenstehen, die dem Ostblock in Europa und Asien benachbart sind oder die, wie Österreich und Finnland, von beiden Seiten politisch und wirtschaftlich beeinflußt werden. E: Die Bereitschaft der Bundesregierung, im Rahmen der zwischen den westlichen Ländern getroffenen Vereinbarungen allseitig die wirtschaftliche Zusammenarbeit unter Beachtung der Gleichberechtigung und Berücksichtigung der gegenseitigen Interessen zu entwickeln, wurde ausdrücklich anerkannt. Es wurde festgestellt, daß die Durchführung dieser Politik bisher von der Sowjet-Union und ihren Satelliten verhindert wurde trotz der Erklärungen, die die Sowjet-Union z. B. in dem zitierten Artikel der „Istwestja" vom 7. August 1951 als angebliche Äußerung Stalins abgegeben hat. Man vermutet, daß die sogenannte „Weltwirtschafts-Konferenz", die für April 1952 nach Moskau einberufen ist, die Forderung nach Ausweitung des Ost-West-Handels stellen wird, wie dies bereits durch die E.C.E. geschehen ist. Man war der Ansicht, daß mit aller Deutlichkeit von deutscher Seite herausgestellt werden müßte, daß es Sache der Sowjets sei, die notwendigen Voraussetzungen hierfür herzustellen. Als solche Voraussetzungen wurden betrachtet: die Möglichkeit der Entsendung offizieller Handelsdelegationen; gleiche Stellung für solche deutschen Delegationen in den Ostblockstaaten, wie östliche Delegationen sie in der Bundesrepublik genießen; Niederlassungsrecht für Handelsvertretungen, Firmen und Kaufleute; ein wie im Westen üblicher Rechtsschutz. Der Ausschuß ist der Ansicht, daß die Teilnahme einzelner Deutscher an der Moskauer Konferenz den deutschen Interessen zuwiderläuft, da die Sowjet-Union bisher einen gleichberechtigten Handel mit der Bundesrepublik nicht zugelassen hat. F. Das gegenwärtige System der Handelsvertrags-Verhandlungen mit Ländern des Ostblocks wurde als unbefriedigend bezeichnet. Tatsächlich beruhen die derzeitigen Verträge auf Abmachungen, die von den Besatzungsmächten (JEIA) mit diesen Staaten seinerzeit getroffen wurden. — Wenn auch jetzt die Verhandlungen selbst von deutschen Dienststellen geführt werden, so bleibt doch die Rechtsgrundlage dieser Verträge noch ein Besatzungsrecht, das auf den übrigen Gebieten auch nach dem noch geltenden Besatzungsstatut nicht mehr besteht. G. Da der Handel aller Länder des Ostblocks durch Handelsmonopole ausgeübt wird, denen eine Vielzahl deutscher Handelspartner gegenübersteht, wird die Konkurrenz der Privatwirtschaft untereinander von den Handelsmonopolen zum Schaden der deutschen Wirtschaft und Politik ausgenutzt. Das bisherige System der durch das Bundeswirtschaftsministerium aufgestellten Festpreise bei Geschäften mit dem Osten genügt nicht, um die Überlegenheit der östlichen Handelsmonopole. auszugleichen. Von Regierungsseite wurde darauf hingewiesen, daß in anderen westlichen Ländern genau so über diesen Zustand geklagt würde. Bisher sei aber noch nirgends eine befriedigende Lösung gefunden worden. H. Es wurde die Frage gestellt, worin die Bundesregierung den politischen Erfolg der Embargo-Politik für Deutschland erblicke und weshalb sie die Verantwortung für diese Politik mit übernommen habe, solange sie in der Anwendung dieser Politik eingeengt sei. Der Vertreter der Bundesrepublik gab seiner Überzeugung Ausdruck, daß die Embargo-Politik bisher schon weitgehend die beabsichtigte Wirkung erzielt und damit zur Sicherung des Westens — einschließlich der Bundesrepublik — beigetragen habe. Zu dem zweiten Teil der Frage verwies er auf die gegebenen Bindungen, z. B. auch den Marshall-Plan, durch die die deutsche Politik zum Teil zwangsläufig orientiert wäre. Die Aufforderung zu verantwortlicher Mitarbeit in der Embargo-Aktion sei von der Bundesregierung auch um des-willen angenommen worden, um die Diskriminierung Deutschlands auf diesem Gebiet zu beseitigen. J. Es bestand Einverständnis im Ausschuß, daß die noch bestehenden Einengungen der deutschen Handlungsfreiheit bei der Kontrolle des Warenverkehrs und — soweit völkerrechtlich möglich — auch bei Abschluß von Handelsverträgen mit den Ostblockstaaten baldmöglichst beseitigt werden müßten. Bonn, den 4. April 1952 Dr. Semler Berichterstatter Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 207. Sitzung Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (17. Ausschuß) zum Entwurf eines Gesetzes über den Lastenausgleich (Nrn. 1800, 3300, zu Nr. 3300 der Drucksachen) Inhaltsverzeichnis Nr. Berichtsgegenstand Berichterstatter Seite 1 Allgemeiner Bericht Abg. Kunze 9014 2 Erster Teil (§§ 1-12) Abg. Matzner 9018 3 Vermögensabgabe (§§ 13-83) Abg. Dr. Atzenroth 9020 4 Vermögensteuer (§§ 84-123) Abg. Dr. Bucerius 9024 5 Währungsgewinnabgaben (§§ 124-226) Abg. Seuffert 9024 6 Vorschriften für mehrere oder alle Ausgleichsabgaben, Abzugsfähigkeit der Lastenausgleichsabgaben (§§ 227-241) Abg. Dr. Atzenroth 9030 7 Handelsrechtliche Bilanzierungsvorschriften Abg. Seuffert 9033 (§§ 242-250) 8 Allgemeine Vorschriften über die Ausgleichsleistungen, Schadensfeststellung Abg. Dr. von Golitschek 9034 (§§ 251-265) 9 Hauptentschädigung (§§ 266-275) Abg. Schütz 9035 10 Eingliederungsdarlehen (§§ 276-284) Abg. Schütz 9036 11 Kriegsschadenrente (§§ 285-315) Abg. Frau Dr. Weber (Essen) 9037 12 Hausratentschädigung (§§ 316-324) Abg. Ohlig 9040 13 Wohnraumhilfe (§§ 325-327) Abg. Meyer (Bremen) 9041 14 Härtefonds, Sonstige Förderungsmaßnahmen, Währungsausgleich (§§ 328-331) Abg. Kriedemann 9041 15 Organisation und Verwaltung des Ausgleichsfonds (§§ 332-351) Abg. Farke 9042 16 Verfahren Naturalausgleich (§§ 352-375) Abg. Wackerzapp 9044 17 Schlußvorschriften zu den Ausgleichsleistungen (§§ 376-384) Abg. Kunze 9046 18 Vierter Teil (§§ 385-400) Abg. Kunze 9047 1. Allgemeiner Bericht Berichterstatter: Abgeordneter Kunze Der Entwurf eines Allgemeinen Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache Nr. 1800) ist dem Bundestag von der Bundesregierung am 20.. Januar 1951 zugeleitet und vom Bundestag am 31. Januar 1951 in erster Lesung behandelt und dem Ausschuß für den Lastenausgleich überwiesen worden. Der Ausschuß für den Lastenausgleich hat den Entwurf seitdem in drei Lesungen beraten. Er hat mit der Erörterung von Teilgebieten eine Reihe von Unterausschüssen und kleineren Gremien beauftragt, so insbesondere die Unterausschüsse „Befreiungen" (Vorsitz: Abgeordneter Kunze), „Feststellung" (Vorsitz: Abgeordneter Wackerzapp), „Währungsgewinnabgaben" (Vorsitz: Abgeordneter Seuffert), „Altsparergesetz" (Vorsitz: Abgeordneter Dr. Atzenroth). Diese Unterausschüsse haben sich in zahlreichen Sitzungen mit den ihnen zur Prüfung zugeteilten Sondergebieten befaßt. Da eine Beratung des umfangreichen Gesetzeswerks im ganzen durch alle mitbeteiligten Ausschüsse dieses Hauses zu einer untragbaren Verzögerung geführt hätte, war schon bei der ersten Lesung im Plenum vorgesehen worden, daß der Entwurf nur dem Ausschuß für den Lastenausgleich überwiesen werden solle, daß dieser aber von Fall zu Fall die Vertreter anderer Ausschüsse zu seinen Beratungen zuziehen oder die Stellungnahme anderer Ausschüsse zu besonderen Fragen einholen solle. Dies ist geschehen; insbesondere haben zu einer Reihe von Fragen die Ausschüsse für Vertriebene, für Geld und Kredit und für den Wohnungsbau Stellung genommen. Der nunmehr 1 vom Ausschuß nach seiner 116. Sitzung dem Bundestag vorgelegte Entwurf (Drucksache Nr. 3300) faßt das Ergebnis aller Beratungen zusammen. Das Gesetzgebungswerk über den Lastenausgleich hat außerordentliche Bedeutung für die Geschädigten, die seit Jahren auf den Lastenausgleich warten, aber auch für die Abgabepflichtigen, denen hohe Vermögensbelastungen auf 30 Jahre auferlegt werden. Schon diese Tatsache zwang zu einer sehr gründlichen Beratung der umfangreichen und teilweise außerordentlich schwierigen Materie. Deswegen konnte der Ausschuß, trotz äußerster Beanspruchung der Arbeitskraft aller seiner Mitglieder, erst jetzt, nach 14 Monaten, dem Plenum seinen Vorschlag vorlegen. Die weit überwiegende Zahl der im Entwurf enthaltenen Einzelvorschriften ist vom Ausschuß einstimmig oder nahezu einstimmig gebilligt worden. Im Verlauf der weiteren Berichterstattung wird aber auch auf eine Reihe von Fragen mit teilweise grundsätzlicher Bedeutung hinzuweisen sein, über die Meinungsverschiedenheiten sich ergeben haben und zu denen der Ausschuß seine Entscheidung nur mit Mehrheit treffen konnte. Die nachfolgende Berichterstattung mußte darauf Rücksicht nehmen, daß ein erheblicher Teil der Mitglieder dieses Hauses bisher keine Gelegenheit hatte, sich mit den zahlreichen, oft sehr komplizierten Sonderproblemen des Lastenausgleichs im einzelnen zu befassen. Da es nicht möglich wäre, in der Berichterstattung alle Einzelfragen technischer Art zu berühren, mußte versucht werden, die leitenden Gedanken der vom Ausschuß vorgeschlagenen Regelung herauszuarbeiten und dabei gleichzeitig darauf hinzuweisen, an welchen Stellen und aus welchen Gründen der Ausschuß in seinen Beschlüssen von der Regierungsvorlage (Drucksache Nr. 1800) abgewichen ist. Diese Abweichungen sind so erheblich und haben die Gesamtstruktur des Entwurfs so verändert, daß von der Vorlage eines synoptischen Entwurfstextes abgesehen werden mußte; ein solcher Text wäre zu umfangreich und, auch wegen zahlreicher Umstellungen, zu unübersichtlich geworden. Es muß deshalb gebeten werden, die Drucksache Nr. 3300 in Vergleich mit der Drucksache Nr. 1800 zu setzen. (Zur Vermeidung von Verzögerungen ist bei Fertigstellung der Drucksache Nr. 3300 vom Drucksatz des zuletzt gefertigten „Zwischentextes", der auf den Ausschußberatungen in zweiter Lesung beruhte, ausgegangen worden. Hieraus erklärt sich, daß der Text verschiedentlich a-Paragraphen und gestrichene Paragraphen enthält. Die Bereinigung soll der Endredaktion überlassen bleiben.) Aufgabe des Lastenausgleichs ist es, den durch den Krieg und seine Folgen besonders Geschädigten Leistungen zu gewähren, die von der Wirtschaft des Bundesgebiets, nämlich von der Gesamtheit der Abgabepflichtigen und insbesondere der Vermögensbesitzer, aufgebracht werden müssen. Aus dieser Aufgabenstellung ergibt sich zwangsläufig die Aufteilung des Gesamtproblems in die beiden Teilprobleme der Aufbringung der Mittel für den Lastenausgleich und der Gewährung von Ausgleichsleistungen aus diesen Mitteln. Dieser Problemstellung entspricht die Gliederung des Gesetzes; zwischen einem Ersten Teil, der gemeinsame Grundsatzvorschriften enthält, und einem Vierten Teil, der die gemeinsamen Schlußvorschriften zusammenfaßt, stehen die beiden Hauptteile des Gesetzes: der Zweite Teil behandelt die Ausgleichsabgaben, der Dritte Teil die Ausgleichsleistungen. Von der Tatsache ausgehend, daß letzten Endes nur das in Form von Ausgleichsleistungen verteilt werden kann, was vorher durch Abgabenerhebung aufgebracht ist, hat sich der Ausschuß in Anlehnung an die Regierungsvorlage entschlossen, die Vorschriften über die Ausgleichsabgaben denjenigen über die Ausgleichsleistungen voranzustellen. In Übereinstimmung mit der Regierungsvorlage, aber auch mit den aus der Vergangenheit vorliegenden Beratungsergebnissen der Gutachterkommission für- den Lastenausgleich und des Wirtschaftsrates, war der Ausschuß der Auffassung, daß Grundlage für die Bemessung der Lastenausgleichsabgaben in erster Linie das über Krieg und Nachkriegszeit erhalten gebliebene Vermögen sein müsse und daß das Schwergewicht der Inanspruchnahme auf eine einmalige auf den Währungsstichtag abgestellte Vermögensabgabe zu legen sei. Nur dieser Grundsatz entspricht auch den Regelungen des Soforthilfegesetzes und des D-Mark-Bilanzgesetzes. In allen Beratungen über das D-Mark-Bilanzgesetz ist betont worden, daß die Ausnutzung der von der Wirtschaft geforderten und ihr zugebilligten Wertaufstockungsmöglichkeiten unvermeidlich entsprechend höhere Vermögensbelastungen beim Lastenausgleich nach sich ziehen werde und daß in dieser „Zweischneidigkeit" eine Bremse gegen wirtschaftlich und steuerpolitisch nicht gerechtfertigte Wertaufstockungen liege. Der Ausschuß hätte aber auch dann, wenn eine Vorentscheidung (Kunze) durch die beiden genannten Gesetze nicht vorgelegen hätte, trotz klarer Erkenntnis der mit einer einmaligen Vermögensabgabe unvermeidbar verbundenen Nachteile zu keinem anderen Ergebnis kommen können. Insbesondere hätte der Ersatz der einmaligen Vermögensabgabe durch eine hohe laufende Vermögensbesteuerung, für den sich zweifellos gewichtige Gründe anführen ließen, nicht nur den anläßlich des Erlasses des Soforthilfegesetzes abgegebenen Erklärungen des Gesetzgebers widersprochen, sondern auch den durch die Erfahrungen zweier Inflationen geschwächten Willen, durch Fleiß und Sparsamkeit neues Kapital zu bilden, lähmen müssen. Der Ausschuß hat sich daher der Regierungsvorlage angeschlossen und an einer einmaligen, grundsätzlich gleichmäßig auf 50 v. H. des am Währungsstichtag vorhandenen Vermögens bemessenen Vermögensabgabe als dem Mittelstück der Lastenausgleichsabgaben festgehalten. Bei der Vorbereitung der Regierungsvorlage war eingehend die Möglichkeit geprüft worden, die einmalige Vermögensabgabe auf den Grad der Vermögenserhaltung, d. h. auf einen Vergleich des am Währungsstichtag erhaltenen Vermögens mit dem Vermögen vom 1. Januar 1940 abzustellen und den Abgabesatz nach dem Erhaltungsgrad zu bemessen. Wenn eine solche Gestaltung der Abgabe durchführbar gewesen wäre, wären zwei Probleme nicht aufgetreten, mit denen das Gesetz nunmehr zwangsläufig belastet ist: die besondere Berücksichtigung von Kriegsschäden und die Erhebung von Abgaben zur Erfassung der Währungsgewinne. Ebenso wie die Bundesregierung und wie schon vorher der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen ist aber der Ausschuß zu dem Ergebnis gekommen, daß ein solcher allgemeiner Vermögensvergleich wegen des Fehlens ausreichender Unterlagen und wegen der ungeheuren verwaltungstechnischen Schwierigkeiten undurchführbar ist. Der Ausschuß war einheitlich der Auffassung, daß — angesichts der Unmöglichkeit eines allgemeinen Vermögensvergleichs — die Erhebung besonderer Währungsgewinnabgaben nicht nur berechtigt, sondern geradezu ein Gebot der Gerechtigkeit ist. Die Milliardenopfer, die zur Beseitigung des Geldüberhangs unerläßlich waren, sind allein von den Geldvermögensbesitzern aufgebracht worden. Die Sachwertbesitzer haben nichts dazu beigetragen; die Schuldnergewinne, die ihnen in Höhe von meist 90 v. H. ihrer Verbindlichkeiten durch die Währungsreform zugefallen sind, müssen daher mit vollem Recht für den Lastenausgleich in Anspruch genommen werden. Die Regierungsvorlage hatte die Erhebung von drei verschiedenen Währungsgewinnabgaben (Hypothekengewinnabgabe, Obligationengewinnabgabe, Kreditgewinnabgabe) vorgesehen. Der Ausschuß, der die Beratungen über diese Frage weitgehend dem Unterausschuß „Währungsgewinnabgabe" übertragen hatte, ist zu dem Ergebnis gekommen, daß Obligationengewinnabgabe und Kreditgewinnabgabe zu einer einheitlichen Kreditgewinnabgabe zusammengefaßt werden und daß die Hypothekengewinnabgabe für die gewerbliche Wirtschaft in diese Kreditgewinnabgabe einbezogen werden solle. Die rasche Durchführung des Lastenausgleichs ist von allergrößter Bedeutung. Es wäre deshalb höchst erwünscht, wenn die Entrichtung der Abgaben in möglichst kurzer Zeit vorgeschrieben werden könnte. Doch ist der Gedanke einer sofortigen Fälligstellung der Lastenausgleichsabgaben nach der nahezu einheitlichen Auffassung des Ausschusses utopisch. Der weit überwiegende Teil des abgabepflichtigen Vermögens besteht nicht in Geld oder sonstigen leicht teilbaren Wirtschaftgütern, sondern in wirtschaftlichen Einheiten, von denen nicht ohne weiteres Teile abgetrennt werden können und deren volkswirtschaftliche Leistungsmöglichkeit durch jeden Versuch einer Zerteilung entscheidend geschwächt würde. Der Ausschuß war daher, ebenso wie die Bundesregierung, der Auffassung, daß im Regelfall die Entrichtung der Lastenausgleichsabgaben aus der Substanz nicht erzwungen werden kann, wenn nicht Gefahren für die Gesamtwirtschaft herbeigeführt werden sollen, die den Nutzen des Lastenausgleichs weit überwiegen würden. Die Tilgung der Abgabeschulden muß daher auf einen längeren Zeitraum verteilt und die Bedingungen müssen so gestaltet werden, daß im Normalfall die Leistung der laufenden Zahlungen aus dem Ertrage möglich ist. Der Ausschuß hat deshalb entsprechend der Regierungsvorlage für die Tilgung der Vermögensabgabe einen Zeitraum von 30 Jahren (mit Einschluß der drei Soforthilfejahre) vorgesehen. Er hat dabei die Jahresleistungen, auch hierin im wesentlichen in Übereinstimmung mit der Regierungsvorlage, nach der durchschnittlichen Ertragsstärke der einzelnen Vermögenswerte abgestuft. Auch für die Währungsgewinnabgaben ist am Grundsatz der Verteilung der Tilgungsleistungen auf einen angemessenen Zeitraum festgehalten. Mit dem Wesen einer einmaligen Vermögensabgabe hängt es unvermeidbar zusammen, daß das jährliche Aufkommen allmählich zurückgehen muß, insbesondere weil die Leistungen bei manchen Abgabepflichtigen infolge Vermögensverfalls uneintreibbar werden. Die Regierungsvorlage hatte deshalb vorgesehen, daß zum Ausgleich der zu erwartenden Aufkommensminderung zusätzlich von dem Vermögen, das nicht der Vermögensabgabe unterliegt, eine laufende Vermögensteuer zugunsten des Ausgleichsfonds erhoben werden sollte. Betroffen hiervon wäre in erster Linie das erst nach der Währungsreform gebildete oder steuerlich erfaßbar gewordene Vermögen, ferner das von der Vermögensabgabe freigestellte Vermögen (z. B. Geldvermögen und Aktien), endlich dasjenige Vermögen, das wegen erlittener Kriegsschäden von der Stichtagsabgabe mehr oder weniger unbelastet bleibt. Die bisherige Ländervermögensteuer sollte, um eine Überbelastung zu vermeiden, während der Tilgungsdauer der Vermögensabgabe unerhoben bleiben. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich dieser Auffassung der Bundesregierung angeschlossen. Auch sie hält die Erhebung einer laufenden Vermögensteuer zugunsten des Ausgleichsfonds für unumgänglich notwendig, wenn die Ausgleichsleistungen in der vorgesehenen Form durchgeführt werden sollen. Sie glaubt auch, daß diese Regelung den Ländern, die derzeit die Vermögensteuer erheben, angesichts der Bedeutung des Lastenausgleichs für die Wiedereingliederung der Geschädigten und damit auch für die Stärkung der wirtschaftlichen und steuerlichen Leistungsfähigkeit zugemutet werden kann. Der Verzicht auf eine Vermögensteuer ist allerdings nicht das einzige Opfer, das den öffentlichen Haushalten des Bundes, der Länder und der Gemeinden zugemutet werden muß. Die Mehrheit des Ausschusses war der Auffassung, daß, soweit Befreiungen von der Vermögensabgabe erforderlich (Kunze) sind, grundsätzlich nicht die Person des Vermögensträgers, sondern der Verwendungszweck des Vermögens maßgebend sein soll und daß in Auswirkung dieses Grundsatzes das Vermögen tier öffentlichen Hand, soweit es in Wettbewerb mit privatem Vermögen steht, der Vermögensabgabe unterliegen muß. Ferner ergibt sich als Folge der Lastenausgleichsabgaben eine gewisse Minderung des Aufkommens an Einkommensteuer infolge der Abzugsfähigkeit der in den Jahresleistungen enthaltenen Zinsen. Außerdem hat die öffentliche Hand die Verwaltungskosten zu tragen, die sich im Zusammenhang mit der Erhebung der Ausgleichsabgaben und mit der Gewährung der Ausgleichsleistungen ergeben. Weiter sieht der Entwurf vor, daß die öffentliche Hand die in Auswirkung der Gewährung der Unterhaltshilfe ersparten Fürsorgeleistungen (jährlich 250 Millionen DM) dem Ausgleichsfonds erstattet. Endlich muß die öffentliche Hand die Teuerungszulagen zur Unterhaltshilfe bestreiten, die auf Grund besonderen Gesetzes neben der Unterhaltshilfe gewährt werden sollen. Die Belastungen, die der öffentlichen Hand insgesamt aus den aufgezählten Gründen im Zusammenhang mit dem Entwurf erwachsen, sind erheblich. Der Ausschuß hat sich gerade mit diesen Fragen sehr eingehend befaßt. Er ist — unter Ablehnung noch wesentlich weitergehender Forderungen — zu dem Ergebnis gekommen, daß die Übernahme der im Entwurf nunmehr enthaltenen Lasten angesichts der Bedeutung des Lastenausgleichs der öffentlichen Hand zugemutet« werden kann. Bei seinen Beratungen über die Gestaltung der Ausgleichsleistungen mußte sich der Ausschuß vor allem eingehend mit der Grundsatzfrage auseinandersetzen, inwieweit die Ausgleichsleistungen nach „quotalen", inwieweit nach „sozialen" Gesichtspunkten gestaltet werden sollen. Dabei sind unter quotalen Ausgleichsleistungen solche zu verstehen, die nach Art und Umfang überwiegend Entschädigungsleistungen für erlittene Vermögensverluste darstellen, während soziale Ausgleichsleistungen vorwiegend mit der Zielsetzung der Eingliederung der Geschädigten in den Wirtschaftsprozeß oder der Behebung sozialer Notstände bei den Geschädigten gegeben werden. Der Ausschuß war, insoweit in Übereinstimmung mit der Regierungsvorlage, der Auffassung, daß im Lastenausgleich versucht werden muß, beide Gesichtspunkte in einem angemessenen Verhältnis zu berücksichtigen, wobei der Schwerpunkt in den ersten Jahren auf den sozialen Leistungen, in den späteren Jahren auf den quotalen Leistungen zu liegen hat. Hinsichtlich der Gliederung der Ausgleichsleistungen an die Geschädigten hat der Ausschuß im wesentlichen die Vorschläge des Regierungsentwurfs übernommen, hinsichtlich ihrer Gestaltung im einzelnen jedoch zum Teil tiefgreifende Änderungen für notwendig gehalten. Der Ausschuß ist sich bewußt, daß diese Ausgleichsleistungen im Vergleich zu der Not der Geschädigten und im Vergleich zum Umfang der erlittenen Schäden bescheiden und teilweise geradezu unzulänglich erscheinen müssen. Er konnte sich aber der Notwendigkeit nicht entziehen, diese Ausgleichsleistungen im Einklang mit den Möglichkeiten auf der Abgabenseite zu halten; es wäre verantwortungslos gewesen, mehr zu versprechen, als später voraussichtlich geleistet werden kann. Im übrigen ist eine spätere Erhöhung der Ausgleichsleistungen ausdrücklich für den Fall vorgesehen, daß die Entwicklung des Aufkommens aus den Ausgleichsabgaben und die Ergebnisse der Schadensfeststellung dies gestatten werden. Im Mittelpunkt der Ausgleichsleistungen steht im Grundsatz die Hauptentschädigung als Abgeltung der erlittenen Vermögensschäden, neben ihr die Hausratentschädigung als Abgeltung der Vermögensschäden an Hausrat. Der Ausschuß hat auf Grund der Berechnungen über das voraussichtliche Gesamtaufkommen aus den Ausgleichabgaben geglaubt, gegenüber der Regierungsvorlage die Leistungen der Hauptentschädigung im Durchschnitt mäßig, die Sätze der Hausratentschädigung erheblich erhöhen zu können. Zur Versorgung der alten oder erwerbsunfähigen Geschädigten hatte die Regierungsvorlage eine Entschädigungsrente (nach der Höhe des Schadens) neben der Fürsorge vorgesehen. Der Ausschuß war einheitlich der Auffassung, daß die „Vollversorgung" der Geschädigten durch eine Sockelrente, entsprechend etwa der Unterhaltshilfe des Soforthilfegesetzes, nicht aufgegeben werden soll; die Haushalte der öffentlichen Hand sollen die Bestreitung der erhöhten, durch diesen Beschluß veranlaßten Aufwendungen durch einen Betrag, der ihren Ersparnissen an Fürsorgeaufwendungen entspricht, ermöglichen. Zu den Leistungen der Unterhaltshilfe sollen, wie bisher, aus dem allgemeinen Haushalt aufzubringende Teuerungszulagen nach einem Gesetzentwurf gewährt werden, der diesem Hause besonders vorgelegt worden ist. Geschädigte, die besonders hohe Schäden erlitten haben, sollen nach dem Ausschußbeschluß als „Aufstockung" zur Unterhaltshilfe eine besondere Entschädigungsrente erhalten, die sich im wesentlichen als Verzinsung und ratenweise Tilgung der Hauptentschädigung darstellt. Als besondere Ausgleichsleistungen sind ferner Wohnraumhilfe zur Wiederbeschaffung des verlorenen Wohnraums für Geschädigte, Leistungen aus einem Härtefonds, sonstige Förderungsmaßnahmen und Leistungen zum Währungsausgleich für Vertriebene vorgesehen. Hinsichtlich der Vorschriften über die Organisation der mit der Durchführung des Gesetzes beauftragten Behörden und über das für die Gewährung der Ausgleichsleistungen maßgebende Verfahren geht der Entwurf weitgehend von den in der Praxis bewährten Regelungen des Soforthilfegesetzes aus, die allerdings in vielen Punkten ergänzt und verfeinert werden mußten. Insbesondere war der Ausschuß einheitlich der Auffassung, daß eine einwandfreie und gleichmäßige Durchführung des Lastenausgleichs, da insoweit die Schaffung einer neuen Bundesbürokratie unzweckmäßig wäre, nur im Wege einer Auftragsverwaltung die Möglichkeit schafft, daß der Präsident des Bundesausgleichsamts durch Weisungen an die Landes- und Gemeindebehörden die gleichmäßige Durchführung des Gesetzes sicherstellt. Zur Ermöglichung dieser Auftragsverwaltung bedarf es jedoch einer Änderung des Grundgesetzes. Diesem Hause ist deshalb der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vorgelegt worden. Ein entsprechender Beschluß war vom Bundestag bereits anläßlich der Verabschiedung des Feststellungsgesetzes gefaßt, damals jedoch vom Bundesrat abgelehnt worden. Es ist aber anzunehmen, daß der Bundesrat im Zusammenhang mit der Vorlage des Gesetzes über den Lastenausgleich diese Frage neuerlich prüfen wird. Die Leistungen, die nach dem Entwurf von den Abgabepflichtigen zugunsten der Geschädigten auf- (Kunze) gebracht werden müssen, sind in ihrer Gesamtsumme zweifellos außerordentlich. Sie dürften in der Größenordnung von fast 60 Milliarden DM liegen. Für die Geschädigten, die auf rasche Leistungen angewiesen sind, ist es jedoch schmerzlich, daß diese Leistungen nur im Verlaufe eines Menschenalters aufgebracht werden können. Im Ausschuß bestand Übereinstimmung darüber, daß es entscheidend wichtig ist, alle Möglichkeiten einer Vorfinanzierung des Lastenausgleichs zu erschöpfen und hierfür erforderlichenfalls auch erhebliche Opfer zu bringen. Im Zusammenhang hiermit wird es auch unbedingt notwendig sein, alle Möglichkeiten einer unmittelbaren Sachleistung von Abgabepflichtigen an Geschädigte („Naturalausgleich") auszuschöpfen. Freilich war sich der Ausschuß darüber im klaren, daß die Möglichkeiten eines Naturalausgleichs, jedenfalls außerhalb des Bereichs der landwirtschaftlichen Siedlung, beschränkt sein werden. Der Ausschuß hat über die auf diesen Gebieten bestehenden Möglichkeiten, die teilweise von künftigen Entscheidungen abhängen, noch kein abschließendes Bild gewinnen können; besondere, im Auftrage des Ausschusses geführte Verhandlungen sind zur Zeit noch im Gange. Der Ausschuß hat es daher für richtig gehalten, im Entwurf auf diesem Gebiet nur Ermächtigungen vorzusehen (vgl. insbesondere die §§ 228, 229, 230, 375); die Frage, was auf Grund dieser Ermächtigungen getan werden kann, wird schon in nächster Zukunft und mit größtem Ernste geprüft werden müssen. Auf Grund von Vorlagen des Ausschusses für den Lastenausgleich sind von diesem Hause in letzter Zeit bereits zwei Sondergesetze beschlossen worden, die Teilprobleme im Bereiche des Lastenausgleichs regeln, nämlich das Feststellungsgesetz und das I) Gesetz über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener. In beiden Fällen war die Mehrheit des Ausschusses der Auffassung, daß zur Beschleunigung der Einleitung der Verfahren die zweifellos erheblichen technischen Bedenken, die gegen eine zeitliche Vorwegnahme solcher Sonderregelungen geäußert wurden, zurückgestellt werden mußten. Das Gesetz über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener ist am 1. April 1952, das Feststellungsgesetz am 24. April 1952 in Kraft getreten. Es ist entscheidend wichtig, daß die gesamte Gesetzgebung über den Lastenausgleich genau aufeinander abgestimmt ist. Unter Berücksichtigung der letzten Beratungsergebnisse zum Lastenausgleich mußten daher in den Schlußvorschriften des Lastenausgleichsgesetzes diese beiden Sondergesetze in einer Reihe von Punkten geändert werden. Das Lastenausgleichsgesetz soll im Bundesgebiet und in Berlin (West) so durchgeführt werden, daß beide Bereiche wie ein einheitliches Gebiet behandelt werden. Berlin (West) ist deshalb in den Entwurf im vollen Umfang eingebaut worden. Allerdings bedarf es zum Inkrafttreten des Gesetzes in Berlin (West) eines besonderen Beschlusses der für Berlin (West) zuständigen gesetzgebenden Körperschaft. Dies ist in § 399 des Entwurfs ausdrücklich vorgesehen. Über die zahlenmäßigen Auswirkungen des Entwurfs lassen sich naturgemäß nur Schätzungen geben. Diese Schätzungen sind vom Bundesfinanzministerium aufgestellt worden. Es ist zunächst auf die eingehenden Berechnungen und Schätzungen zur Regierungsvorlage (Seite 135 ff. der Drucksache Nr. 1800) zu verweisen. Doch haben sich die dort gegebenen Zahlen in Auswirkung der Ausschußbeschlüsse und auch auf Grund neuerer Unterlagen insbesondere über das Aufkommen aus der Soforthilfeabgabe nicht unerheblich verändert. I. Was die Gesamtbilanz des Ausgleichsfonds auf die Dauer von 30 Jahren angeht, kann davon ausgegangen werden, daß die Gesamteinnahmen des Ausgleichsfonds in diesem Zeitraum (einschließlich Berlin) einer Summe von 60 Milliarden DM nahekommen dürften. Die Gesamtausgaben (einschließlich Berlin) dürften, wenn zur Durchführung eines Altsparergesetzes nach § 391 insgesamt (einschließlich Zinsendienst) 5 Milliarden DM veranschlagt werden, um 54 Milliarden DM liegen. Die Differenz ist angesichts der Unsicherheiten, mit denen für den Zeitraum von 30 Jahren gerechnet werden muß, sehr gering. .Doch hat der Ausschuß geglaubt, Ausgleichsleistungen in diesem Umfang vorsehen zu dürfen, weil die Schätzungen vorsichtig gehalten sind. Eine verbindliche Erklärung, daß für den Gesamtzeitraum die vorgesehenen Ausgsleichsleistungen restlos aus dem Aufkommen werden geleistet werden können, läßt sich allerdings nicht abgeben. II. Von noch größerer Bedeutung als die Frage, wie sich die Gesamtbilanz des Ausgleichsfonds im Verlauf von 30 Jahren gestalten wird, ist aber zunächst die Frage, welche Ausgleichsleistungen in den nächsten Jahren bewirkt werden können. Hierzu ergibt sich im einzelnen folgendes: a) Das Aufkommen aus Ausgleichsabgaben ist veranschlagt mit Vermögensabgabe 1 220 Millionen DM Vermögensteuer 130„ „ Hypothekengewinnabgabe 330 „ „ Kreditgewinnabgabe 140 „ „ Zinsnachzahlung zur Kreditgewinnabgabe 40 „ „ Hinzu kommen: Zuschuß der öffentlichen Hand zur Kriegsschadenrente 250„ „ Rückflüsse aus Darlehen aus Soforthilfemitteln und Umstellungsgrundschulden 40„ „ 2 150 Millionen DM b) Aus diesem Aufkommen sind an festen Verpflichtungen schätzungsweise zu bestreiten: Kriegsschadenrente (Sockelrente) einschließlich Berlin 730 Millionen DM und Krankenversorgung; ohne Teuerungszuschläge, die nicht aus dem Ausgleichsfonds bestritten werden sollen (Derzeitiger Jahresbetrag der Unterhaltshilfe nach dem Soforthilfegesetz = 660 Millionen DM) Kriegsschadenrente (Entschädigungsrente) 150 „ „ Wohnraumhilfe 300 „ „ Währungsausgleich für Vertriebene 50„ „ Härtefonds und sonstige Förderungsmaßnahmen 150 „ „ 1 380 Millionen DM (Kunze) c) Nach dieser Berechnung würden in den ersten Jahren für die Eingliederungsdarlehen (die in diesen Jahren an die Stelle der Auszahlung der Hauptentschädigung treten) und für Hausratentschädigung 770 Millionen DM zur Verfügung stehen. Der Ausschuß war einheitlich der Auffassung, daß im Wege der Vorfinanzierung vor allem eine Erhöhung der Leistungen für Eingliederungsdarlehen erreicht werden muß. In der ersten Zeit nach Inkrafttreten des Gesetzes muß mit gewissen Stockungen aus Anlaß der Überleitung der Soforthilfeabgaben auf die Lastenausgleichabgaben gerechnet werden. Doch dürfte es sich hierbei um nicht allzu hohe kurzfristige kassenmäßige Ausfälle handeln, die durch kassenmäßige Überbrückungsmaßnahmen aufgefangen werden können. 2. Erster Teil (§§ 1-12) Berichterstatter: Abgeordneter Matzner Der Erste Teil des Gesetzes faßt diejenigen Vorschriften zusammen, die für den Zweiten und Dritten Teil des Gesetzes gemeinsam gelten; er enthält insbesondere auch die grundsätzlichen Vorschriften über die Schadenstatbestände. Der Ausschuß war der Auffassung, daß dem Gesetz im Hinblick auf seine Bedeutung eine kurze Präambel vorausgestellt werden müßte. In dieser soll schon die doppelte Aufgabe des Gesetzes zum Ausdruck kommen: Schäden abzugelten und die Geschädigten wieder in die wirtschaftliche Gemeinschaft einzugliedern. In diese Präambel ist wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung auch die in § 323 der Regierungsvorlage enthaltene Erklärung aufgenommen, daß die Gewährung und Annahme von Leistungen im Lastenausgleich keinen Verzicht auf die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rückgabe des von den Vertriebenen zurückgelassenen Vermögens bedeutet. Die §§ 1 und 2, die in programmatischer Form das Ziel des Lastenausgleichs und die leitenden Grundsätze für seine Durchführung aufzeigen, sind im wesentlichen gegenüber der Regierungsvorlage unverändert geblieben. Die §§ 3 und 4 haben keine materielle Bedeutung; sie geben — im Hinblick auf den großen Umfang des Gesetzes — einen kurzen Überblick über Ausgleichsabgaben und Ausgleichsleistungen. § 5 enthält die entscheidenden Grundsätze, die für den nach dem Gesetz zu schaffenden Ausgleichsfonds maßgebend sein sollen. Der Ausgleichsfonds soll ein vom Bundeshaushalt klar abgetrenntes Sondervermögen darstellen, dem in erster Linie die Ausgleichsabgaben, daneben aber auch gewisse andere Mittel zugeführt werden. Der Ausschuß hat beschlossen, daß in den Ausgleichsfonds auch die abschließend verbleibenden Spitzenbeträge aus der Wertpapierbereinigung und die den öffentlichen Haushalten durch die Erstellung von Wohnungen für Besatzungsangehörige zufallenden Vermögenswerte fließen sollen. In beiden Fällen handelt es sich um komplizierte und noch nicht abschließend überschaubare Tatbestände. Deshalb muß deren Einzelregelung besonderen Gesetzen vorbehalten bleiben. Der Ausgleichsfonds soll — den eindeutigen und bewährten Grundsätzen des Soforthilfegesetzes entsprechend — n u r der Gewährung von Ausgleichsleistungen an die Geschädigten dienen. Verwaltungskosten dürfen aus ihm nicht bestritten werden. Um diesen Grundsatz ausnahmslos zu ver- wirklichen, hat der Ausschuß die in der Regierungsvorlage enthaltene Vorschrift gestrichen, daß die aus der Verwaltung der Hypothekengewinnabgabe durch Institute entstehenden Unkosten zu Lasten des Ausgleichsfonds aufgebracht werden sollen. Aus dem Ausgleichsfonds sollen lediglich die beschränkten Unkosten, die insbesondere bei der Vergebung und Verwaltung von Darlehen an Geschädigte entstehen, geleistet werden. Solche Kosten würden sonst überlicherweise zu Lasten der Geschädigten gehen. Die Ermächtigung für die Bundesregierung, zur Vorfinanzierung von Ausgleichsleistungen Kredite bis zur Höhe von 5 Milliarden DM aufzunehmen, ist im § 6 bestehen geblieben. Der Ausschuß war der Ansicht, daß, trotz der dieser Absicht entgegenstehenden Schwierigkeiten, jedwede Möglichkeit ausgeschöpft werden muß. Im § 7 und dem neu eingefügten § 7 a stehen die für das ganze Gesetz maßgebenden Begriffsbestimmungen. Dies soll die Zitierung dieser Vorschriften an späterer Stelle erleichtern. Die §§ 8 bis 12 enthalten die grundsätzlichen Vorschriften über die im Lastenausgleich maßgeblichen Schadenstatbestände. Diese gelten besonders für die Entschädigungsseite, mit Einschränkungen aber auch für die Abgabenseite. Die im § 8 vorgenommene begriffliche Festlegung des Wortes „Vertriebener" entspricht vollständig dem' in Beratung stehenden Bundesvertriebenengesetz. Diese eindeutige Koordinierung soll nicht nur den Wirrwarr der verschiedenartigen seit 1945 entstandenen Flüchtlingsbegriffe beseitigen, sondern auch eine klare Verwaltungspraxis einleiten. Lediglich die im Bundesvertriebenengesetz vorgesehene Unterteilung in Vertriebene und Heimatvertriebe wurde nicht übernommen. Wesentlich ist, daß der Geschädigte das Vertreibungsschicksal erlitten haben muß. Voraussetzung ist daher der Verlust eines Wohnsitzes in den deutschen Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie oder in den Gebieten außerhalb des Deutschen Reichs (Gebietsstand vom 31. Dezember 1937), bei mehrfachem Wohnsitz der Verlust des Hauptwohnsitzes. Evakuierte sind im Regelfall nicht als Vertriebene anzusehen, da sie den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen am Ausgangsort beibehalten. haben; sie werden jedoch als Vertriebene behandelt, wenn aus den Umständen hervorgeht, das sie sich auch nach dem Kriege an ihrem Evakuierungsort in den Vertreibungsgebieten ständig niederlassen wollten. (Matzner) Als Vertriebene gelten auch alle die Personen, die schon nach dem 30. Januar 1933 infolge nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen ihre Heimat verlassen mußten. Damit ist die Möglichkeit geschaffen worden, den Verlust von Vermögen, das diese Personen in den Vertreibungsgebieten zurückgelassen haben, als Vertreibungsschaden anzuerkennen. Als Vertriebener gilt ferner, wer während des Krieges im Zuge der Maßnahmen des nationalsozialistischen Staates aus außerdeutschen oder von der Wehrmacht besetzten Gebieten umgesiedelt worden ist sowie wer nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen aus den Ländern jenseits des Eisernen Vorhangs noch ausgesiedelt worden ist oder wird. Der Begriff des Vertreibungsschadens ist nahezu wörtlich dem Feststellungsgesetz entnommen. Außer den nach dem Feststellungsgesetz feststellbaren Schädenan den dort bezeichneten Wirtschaftsgütern, insbesondere an Einheitswertvermögen und Hausrat sowie an privatrechtlichen geldwerten Ansprüchen und an Anteilen, umfaßt der Begriff des Vertreibungsschadens auch den Verlust von Wohnraum und den Verlust der beruflichen oder sonstigen Existenzgrundlage. Diese Erweiterung erscheint aus sozialen Gründen gerechtfertigt, da der Verlust von Wohnraum und beruflicher Existenz häufig mindestens ebenso schwer wiegt wie der Verlust von Vermögen. Daher soll er bei einer Reihe von Hilfen, die das Gesetz vorsieht, insbesondere bei den Eingliederungsdarlehen, bei der Kriegsschadenrente und bei der Wohnraumhilfe berücksichtigt werden. Nicht jeder Schaden, der Vertriebenen im Zusammenhang mit den gegen Deutsche gerichteten Vertreibungsmaßnahmen irgendwo in der Welt entstanden ist, ist ein Vertreibungsschaden. Es muß vielmehr ein räumlicher oder sachlicher Zusammenhang mit der individuellen Vertreibung des Geschädigten bestehen. Im Hinblick auf die engen kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen des ostdeutschen und des ost- und südosteuropäischen Raumes sollen Verluste in diesen Gebieten weitestgehend dem Vertriebenen als Vertreibungsschaden zugerechnet werden. Dagegen ist der Verlust, den z. B. ein schlesischer Flüchtling irgendwo in der Welt durch Beschlagnahme oder Liquidation des deutschen Auslandsvermögens erlitten hat, ebensowenig ein Vertreibungsschaden wie der entsprechende Verlust eines Einheimischen. Da den Vertriebenen häufig selbst nicht mit Sicherheit bekannt ist, in welchem Zustand sie ihr Eigentum zurückgelassen haben, und auch sonst unüberwindbare Beweisschwierigkeiten entstehen würden, wird einem Vertreibungsschaden ein etwa vorausgegangener Kriegssachschaden gleichgeachtet. Bei einem Umsiedler soll das Vermögen, das ihm als Ersatz für das in seinem Ursprungsland zurückgelassene Vermögen etwa zugeteilt worden ist, im Hinblick auf den völkerrechtlich sehr anfechtbaren Charakter dieses „Eigentums" unberücksichtigt bleiben; im übrigen werden Verluste des Umsiedlers ebenso wie die jedes anderen Vertriebenen als Vertreibungsschaden anerkannt. Der dem Entwurf zugrunde liegende Begriff des Kriegssachschadens ist aus der Kriegssachschädenverordnung von 1940 und dem Soforthilfegesetz entwickelt. Er entspricht nahezu wörtlich dem Begriff des Kriegssachschadens nach dem Feststellungsgesetz, nur daß — aus denselben Gründen wie beim Begriff des Vertreibungsschadens — der Wohnraum- und Existenzverlust hinzugekommen ist. Der Zeitraum, bis zu dem Kriegssachschäden bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen berücksichtigt werden können, ist aus Billigkeitsgründen ebenso wie nach dem Soforthilfegesetz bis zum 31. Juli 1945 erstreckt worden. Eine Berücksichtigung von Nutzungsschäden war ebensowenig möglich wie nach dem Soforthilfegesetz; die Schäden müssen vielmehr an der Sache selbst entstanden sein. Dagegen wird nach dem Entwurf einem Kriegssachschaden gleichgeachtet ein Schaden, der auf Grund behördlicher Maßnahmen im Zusammenhang mit den kriegerischen Ereignissen entstanden ist, z. B. ein Schaden durch Schaffung von Brandgassen bei der Bekämpfung von Großbränden. Der Begriff des Ostschadens ist dem Feststellungsgesetz entnommen. Es handelt sich hier im wesentlichen um Verluste, die der alteingesessenen Bevölkerung des Bundesgebiets in den deutschen Ostprovinzen entstanden sind, und zwar gleichviel, ob diese Verluste durch kriegerische Ereignisse oder durch Liquidation seitens der Staaten, die in diesen Gebieten die Verwaltung ausüben, verursacht sind. Die Berücksichtigung der Ostschäden im Lastenausgleich war bei den Beratungen des Ausschusses umstritten; sie erschien aber nach der Auffassung der Mehrheit des Ausschusses im Interesse einer möglichst gleichmäßigen Behandlung der alteingesessenen Bevölkerung mit den Vertriebenen als angemessen. 1 Sparerschäden werden nach dem Entwurf nur im beschränkten Umfang unmittelbar berücksichtigt, während die Frage einer Altsparerregelung im übrigen in den Schlußvorschriften (§ 391) behandelt wird. § 12 hat daher zunächst Bedeutung nur für die Kriegsschadenrente, die alten oder erwerbsunfähigen und bedürftigen Sparern gewährt werden soll. Gegenüber der Regierungsvorlage ist der Begriff in doppelter Beziehung geändert worden: Einerseits ist insoweit von einer Beschränkung auf Altsparguthaben, also am 1. Januar 1940 schon bestehende Guthaben, abgesehen worden, weil dies zu großen Schwierigkeiten im Beweisverfahren geführt hätte und weil bei dem in Frage kommenden Personenkreis ohnedies die Verluste überwiegend an Altsparguthaben entstanden sein dürften. Andererseits sind aber Verluste nach der jetzigen Fassung nur noch insoweit anerkannt, als es sich um Anlagen mit Sparcharakter (im wesentlichen außer Spareinlagen Wertpapiere, Guthaben aus Lebensversicherungsverträgen, Hypotheken) gehandelt hat, nicht aber um Girokonten, Kontokorrentkonten und ähnliche vorwiegend dem Zahlungsverkehr dienende Guthabensformen. Den Sparerschäden gleichgestellt sind entsprechend der Regierungsvorlage die Einstellung der Zahlung von Reichszuschüssen an Kleinrentner und der Zahlungen an Liquidationsgeschädigte. 3. Vermögensabgabe (§§ 13-83) Berichterstatter: D r. Atzenroth Bei der Gestaltung der Vorschriften über die Abgabepflicht zur Vermögensabgabe und über die Befreiungen von ihr hat sich der Ausschuß von dem Gedanken leiten lassen, daß im Interesse des Aufkommens und der steuerlichen Gerechtigkeit der Kreis der zu erfassenden Vermögen so weit wie möglich gezogen werden muß und daß, obwohl aus sozialen Gründen auf gewisse Befreiungen nicht verzichtet werden kann, diese nicht zu einer Verschiebung der Wettbewerbsverhältnisse führen dürfen. Der Ausschuß kam daher mit Mehrheit zu dem Ergebnis, daß einerseits die öffentliche Hand nicht nur mit ihren Betrieben gewerblicher Art und ihrem Grundvermögen, sondern auch mit ihrem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zur Vermögensabgabe herangezogen werden müsse, daß aber andererseits die aus sozialen Gründen gebotenen Vergünstigungen (z. B. bei den Versorgungs- und Verkehrsbetrieben) grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Person des Eigentümers zu gewähren seien. Als Bemessungsgrundlage sollen grundsätzlich das auf den Währungsstichtag für die Vermögensteuer 1949 ermittelte Vermögen und damit auch die dabei maßgebenden Einheitswerte dienen. Die Einheitswerte des Grundbesitzes (des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, des Grundvermögens, der Betriebsgrundstücke) sind zwar der Veränderung des Bestands an Fläche, Gebäuden und ähnlichen Veränderungen, insbesondere auf Grund des „Gesetzes betr. Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes auf den 21. Juni 1948", angepaßt, beruhen jedoch im übrigen — im Gegensatz zu den Einheitswerten für das Betriebsvermögen — auf der Wertgrundlage von 1935. Die Problematik dieses Maßstabes ist vom Ausschuß mit besonderer Sorgfalt gewürdigt worden, was die Einwände anlangt, daß die Einheitswerte ungleichmäßig, durch die Entwicklung überholt und oft zu niedrig seien. Eine andere Wertgrundlage steht jedoch nicht zur Verfügung. Dem Einwand, daß die Einheitswerte zu niedrig seien, durch einen Pauschalzuschlag Rechnung zu tragen, würde zwecklos sein und unnötige Verwaltungsarbeit bedeuten, da die Ausschußmehrheit eine Vermögensbelastung auf der Basis der gegenwärtigen Einheitswerte — im Hinblick auf die im übrigen bestehende hohe Besteuerung — nur in Höhe der vorgesehenen Jahresabgabesätze für tragbar gehalten hat, eine Erhöhung dieser Einheitswerte daher durch eine entsprechende Ermaßigung der Jahresabgabesätze ausgeglichen werden müßte. Für das Betriebsvermögen mit Ausnahme der Betriebsgrundstücke gelten diese Ausführungen nicht. Für das Betriebsvermögen ist durch § 7 des Vermögensteuerveranlagungsgesetzes vom 3. Juni 1949 eine Hauptfeststellung der Einheitswerte auf den 21. Juni 1948 angeordnet worden. Dabei ist die Maßgeblichkeit der DM-Bilanzwerte (§ 75 DMBG) von besonderer Bedeutung. Durch sie wirken sich die in den DM - Eröffnungsbilanzen vorgenommenen Wertaufstockungen auch auf die Bemessungsgrundlage für die Vermögensabgabe aus und werden zu einer erheblichen Erhöhung des Aufkommens gegenüber demjenigen der Soforthilfeabgabe führen, soweit die Vermögensabgabe auf Betriebsvermögen entfällt. Nachdem Millionen ihren Hausrat eingebüßt haben, ist die Forderung erhoben worden, die Vermögensabgabe auf den geretteten Hausrat auszudehnen. Die Erfüllbarkeit dieser Forderung ist deshalb vom Ausschuß mit besonderer Gründlichkeit geprüft worden. Es hat sich dabei jedoch leider gezeigt, daß die Forderung nicht erfüllt werden kann, wenn man eine außerordentlich umfangreiche und überwiegend unfruchtbare Verwaltungsarbeit und auch ein peinliches Eindringen in die persönliche Sphäre der Abgabepflichtigen vermeiden will; daß es hierzu nicht kommen dürfe, war die übereinstimmende Auffassung des Ausschusses. Die für eine pauschale Heranziehung des Hausrats erwogenen Vorschläge würden in sehr vielen Fällen zu einer Belastung auf Grund fiktiver, tatsächlich nicht vorhandener Werte führen. Die Geldvermögenswerte, hinsichtlich deren die Besitzer durch die Währungsreform bereits außerordentliche Opfer gebracht haben, sollen bis zu einem Betrag von 150 000 DM von der Abgabepflicht ausgenommen werden. Bezüglich der Frage, ob das Vermögen von Kapitalgesellschaften bei diesen selbst oder beim Anteilseigner herangezogen werden soll, stand es für den Ausschuß im Interesse der vollen Erfassung dieses Vermögens außer Frage, daß die Gesellschaften selbst zur Abgabe herangezogen werden müssen. Dann aber würde sich, wenn auch die Anteile an diesen Gesellschaften besteuert würden, eine doppelte Besteuerung desselben Vermögens ergeben. Die Mehrheit des Ausschusses hielt eine solche im Hinblick auf die steuerliche Gerechtigkeit, die niedrige Aktienrendite und die hohe im übrigen bestehende Besteuerung nicht für vertretbar. Von einer Heranziehung der Aktien, GmbH-Anteile usw. wurde daher abgesehen. Während zur Soforthilfeabgabe — wie zur Einkommensteuer und Vermögensteuer — die Eltern zusammen mit ihren minderjährigen Kindern zu veranlagen waren, ergab sich für die Vermögensabgabe im Hinblick auf ihre lange Laufzeit die Notwendigkeit, die Zusammenveranlagung auf die Ehegatten zu beschränken. Die am Währungsstichtag lebenden Kinder werden daher selbstandig zur Vermögensabgabe herangezogen, eine Regelung, die wegen der Gewährung von Freibeträgen für die Abgabepflichtigen günstig ist. Zur Entlastung kleiner Vermögensbesitzer hielt der Ausschuß einstimmig — in Übereinstimmung mit der Regierungsvorlage — eine Erhöhung des Freibetrags gegenüber dem für die Soforthilfeabgabe geltenden von 3 000 DM für angezeigt. Der Freibetrag ist nunmehr , auf 5 000 DM bemessen worden und soll für Vermögen bis zu 25 000 DM gelten; für Vermögen zwischen 25 000 und 35 000 DM wird er in Stufen abgebaut. — Der sozial schwierigeren Lage der Abgabepflichtigen mit minderjährigen Kindern kann bei einer einmaligen Vermögensabgabe, die für 30 Jahre erhoben wird, (Dr. Atzenroth) nicht durch Freibeträge für die am Stichtag unterhaltsbedürftigen Kinder Rechnung getragen werden. Der Ausschuß hat deshalb die Lage dieser Abgabepflichtigen durch eine gewisse Kinderermäßigung, die von den Jahresraten der Abgabe abzuziehen ist, berücksichtigt; die gleiche Ermäßigung ist für die Ehefrau vorgesehen. Schon der Frankfurter Wirtschaftsrat ist bei seinen Beratungen davon ausgegangen, daß die endgültige Lastenausgleichsregelung eine Vermögensabgabe in Höhe von 5 % vorsehen wird. Auch der Ausschuß hielt eine Belastung in dieser Höhe für notwendig. Er hat sich mit der Forderung, diese Abgabe — wenigstens von einer bestimmten Vermögensgrenze an — für sofort fällig zu erklären, eingehend beschäftigt, ist jedoch zu dem Ergebnis gekommen, daß sie insbesondere aus volkswirtschaftlichen Gründen unerfüllbar ist. Die Vermögensabgabe muß daher nach der Auffassung der Mehrheit des Ausschusses so gestaltet werden, daß ihre Raten normalerweise aus dem Ertrag des Vermögens gedeckt werden können. In dieser Erwägung ist der Ausschuß zu einer 30jährigen Laufzeit der Abgabe gelangt, innerhalb deren die Abgabeschuld zu Zinssätzen, die der durchschnittlichen Rendite der Vermögensarten angepaßt sind, zu verzinsen ist. Die für die 30jährige Laufzeit für Tilgung und Zins vorgeschriebenen Jahresabgabesätze sind demgemäß — bezogen auf die gesamte Abgabeschuld — auf 6 % für das Betriebsvermögen und die Geschäftsgrundstücke, 5 % für die zum Grundvermögen gehörigen gemischtgenutzten Grundstücke und 4 % für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe sowie für die zum Grundvermögen gehörigen Wohngrundstücke bemessen worden. Was die letzteren anlangt, ist eine Erhöhung auf 5 % durch Gesetz für den Fall in Aussicht gestellt werden, daß eine Änderung der gesetzlichen Mietzinsregelung eine solche Erhöhung tragbar erscheinen läßt; dabei ist die Mehrheit des Ausschusses davon ausgegangen, daß die zur Zeit für Altwohnungen in Aussicht genommene 10 %ige Mieterhöhung diese Voraussetzung noch nicht erfüllt. – Die wiederholt angeregte weitere Differenzierung der Jahresabgabesätze erschien dem Ausschuß ebensowenig tragbar wie die gleichfalls erhobene Forderung auf eine einheitliche Bemessung des Jahresabgabesatzes für alle Vermögensarten. Bei der Bemessung der Vermögensabgabe kommt der Frage, inwieweit dabei Kriegsschäden berücksichtigt werden können und sollen, besondere Bedeutung zu. Kriegsschäden drücken sich in der Abgabe ohne weiteres dadurch aus, daß das am Währungsstichtag nicht mehr vorhandene Vermögen auch nicht mehr von der Abgabe erfaßt wird. Von dieser selbstverständlichen Auswirkung der Kriegsschäden zu unterscheiden ist die Frage, inwieweit die Tatsache, daß der Abgabepflichtige früher ein höheres Vermögen gehabt hat und daß dieses infolge von Kriegsschäden weggefallen ist, durch eine Ermäßigung der Abgabe berücksichtigt werden soll. Diese Frage hat – wie bereits im Frankfurter Wirtschaftsrat — zu lebhaften Erörterungen geführt; bei der Soforthilfeabgabe wurden Kriegsschäden grundsätzlich nicht berücksichtigt. Die Frage ist besonders schwierig deswegen, weil die Auswirkungen der Kriegsschäden auf die wirtschaftliche Lage der Abgabepflichtigen außerordentlich verschieden sind. Einstimmig war der Ausschuß der Auffassung, daß ein einheitlicher Ermäßigungstarif, der ohne Rücksicht auf die Höhe des Restvermögens (Währungsstichtagsvermgens) anzuwenden wäre, nicht in Betracht kommt, daß also bei gleicher Schadenquote der Hundertsatz der Ermäßigung bei größeren Restvermögen kleiner sein muß als bei geringeren Restvermögen. Darüber jedoch, in welchen Stufen der Ermäßigungstarif bei größeren Restvermögen abzubauen ist, ob bei einer bestimmten Vermögensgrenze der Ermäßigungsbetrag erstarren soll oder ob solche Vermögen von der Ermäßigung sogar völlig auszunehmen sind, waren die Meinungen im Ausschuß geteilt. Nach der Auffassung, die von dem überwiegenden Teil des Ausschusses vertreten wurde, steht die bei der Vermögensabgabe zu gewährende Ermaßigung im engen Zusammenhang mit der nach dem Dritten Teil des Gesetzes zu erwartenden Hauptentschädigung; die Ermaßigung soll daher auch auf die Hauptentschädigung angerechnet werden. Bei der Gestaltung des Ermäßigungstarifs wurde daher, soweit möglich, auf die Höhe der zu erwartenden Hauptentschädigung Rücksicht genommen. Die Mehrheit des Ausschusses war jedoch der Auffassung, daß auch juristische Personen, denen kein Anspruch auf eine Hauptentschädigung zugebilligt wird, trotzdem von der Ermäßigung der Vermögensabgabe nicht ausgeschlossen werden dürften. Der im § 38 vorgeschlagene Ermäßigungstarif ist nach langwierigen Beratungen von der Mehrheit des Ausschusses beschlossen worden. Dabei wurde davon ausgegangen, daß die Ausfälle, zu denen diese Abgabeermäßigungen führen, die Summe von jährlich 100 Mio DM, die in der Regierungsvorlage (Begründung S. 137) dafür ausgeworfen waren, nicht übersteigen. Für den Fall, daß dies wider Erwarten doch eintreten sollte, ist eine Korrektur des Ermäßigungstarifs vorgesehen (§ 38 Abs. 4). Es ist angeregt worden, bei der Gestaltung des Ermäßigungstarifs für die Fälle, in denen bestimmte Gebiete ganz besonders unter den Kriegsereignissen zu leiden gehabt haben („Katastrophengebiete"), den in diesen Gebieten ansässigen Abgabepflichtigen oder belegenen Vermögen eine von dem normalen Ausmaß abweichende, höhere Kriegsschadenermäßigung zuzubilligen. Der Ausschuß hält diese Forderung für nicht gerechtfertigt. Auch in den Katastrophengebieten ist der Grad der Schädigung der Beteiligten oft unterschiedlich. Im übrigen ist z. B. bei Hausbesitzern mit derselben Schadenquote und demselben Restvermögen der Schaden meist deswegen nicht drückender, weil der Besitzer in einem solchen Gebiet wohnt oder dort das Grundstück hat. Ebenso umstritten wie der Ermäßigungstarif war die Frage, welche Schäden bei der Ermäßigung der Abgabe berücksichtigt werden sollen. Wegen des engen Zusammenhangs der Ermäßigung mit der Hauptentschädigung war der Ausschuß der Meinung, daß die Ermäßigung auf diejenigen Schäden beschränkt werden müsse, die zu einer Hauptentschädigung führen; in dieser Beziehung muß auf den Bericht zur Hauptentschädigung verwiesen werden. Die durch eine Ermäßigung der Vermögensabgabe zu berücksichtigenden Schäden sind daher die Vertreibungsschäden, die Kriegssachschäden und die Ostschäden. Die Härten, die sich aus dieser Beschränkung zweifellos ergeben (z. B. durch den Ausschluß von Währungsschäden, Aus. (Dr. Atzenroth) landsschäden Einheimischer usw.), sind im Ausschuß eingehend gewürdigt worden; sie müssen aber aus schwerwiegenden Gründen in Kauf genommen werden. Der Vorläufer der Vermögensabgabe ist die Soforthilfeabgabe, die nach dem Vermögensstand vom gleichen Stichtag für die Zeit vorn 1. April 1949 bis 31. März 1952 zu entrichten war. Die Anrechnung der Soforthilfeabgabe und der Zinsen und Tilgungsbeträge, die nach dem Hypothekensicherungsgesetz auf die Umstellungsgrundschulden zu leisten sind, auf die endgültigen Lastenausgleichsabgaben ist bereits im Soforthilfegesetz vorgesehen worden. Die Regierungsvorlage hatte hinsichtlich der allgemeinen Soforthilfeabgabe eine Anrechnung auf die Vermögensabgabe und hinsichtlich der Soforthilfesonderabgabe vom Vorratsvermögen eine Anrechnung auf eine in dem damaligen Entwurf als besondere Lastenausgleichsabgabe vorgesehene „Sonderabgabe vom Vorratsvermögen" vorgeschlagen. Die Mehrheit des Ausschusses war jedoch der Auffassung, daß auf die Vermögensabgabe nicht nur die allgemeine Soforthilfeabgabe, sondern auch die Soforthilfesonderabgabe angerechnet werden müsse; von der Anrechnung soll lediglich der Teil der letzteren ausgenommen werden, der auf nichtgewerbliches oder branchefremdes Vorratsvermögen entfällt. In der Frage, in welcher Weise die Anrechnung vorzunehmen ist, ist der Ausschuß nach eingenender Prufung zu dem Ergebnis gelangt, daß das in der Regierungsvorlage vorgesehene System der Anrechnung das zweckmaßigste ist (vgl. Begrundung S. 41 bis 43). Die drei Jahresraten der Soforthilfeabgabe konnen hiernach nicht — nach Art der Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer oder Vermogensteuer — auf die drei Jahresraten der Vermogensabgabe angerechnet werden; was fur die drei Soforthilfeabgabejahre entrichtet worden ist, muß vielmehr von der 50 %igen (gegebenenfails wegen Kriegsschaden ermaßigten) Vermögensabgabeschuld abgezogen werden. Auf den Betrag der Abgabeschuld, der nach ihrer Ermaßigung wegen Kriegsschaden und nach Anrechnung der Soforthilfeabgabe verbleibt, sind die oben erwahnten Jahresabgabesätze von 6 oder 5 oder 4 % anzuwenden. Dabei ergeben sich bei zusammengesetztem Vermögen (fur das nicht nur ein, sondern zwei oder drei Jahresabgabesatze anzuwenden sind) besondere Komplikationen in der Berechnung; der Ausschuß hat daher einer genauen Darstellung des Berechnungsgangs seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet (§ 28). Die Jahresabgabesätze sind auf der Grundlage eines 30jahrigen Tilgungszeitraums (Laufzeit) berechnet. Fur die Entrichtung der sich so ergebenden Betrage stehen jedoch nur noch 27 Jahre (1. April 1952 bis 31. März 1979) zur Verfügung. Die auf die ersten drei Jahre (1. April 1949 bis 31. März 1952) entfallenden Beträge müssen daher in den restlichen 27 Jahren nachentrichtet werden. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, zu den „Jahresgrundbeträgen", die sich auf Grund der vorgeschriebenen Jahresabgabesätze ergeben, einen Zuschlag von 3/27 = 1/9 zu erheben. Die Berechnung der endgültig zu leistenden Beträge verursacht hiernach leider eine nicht unerhebliche Verwaltungsarbeit. Der Ausschuß war sich dessen bewußt. Die Erschwerungen ergeben sich (4 jedoch zwangsläufig aus den Momenten, auf deren Berücksichtigung nach allseitiger Auffassung — auch der des Bundesrats — bei der Berechnung der Jahresleistungen nicht verzichtet werden konnte, vor allem aus der Notwendigkeit, die Jahresabgabesätze für die verschiedenen Vermögensarten verschieden zu bemessen, aus der Notwendigkeit, Kriegsschäden zu berücksichtigen, aus der Notwendigkeit, die Soforthilfeabgabe auf die Abgabeschuld anzurechnen, sowie daraus, daß die sich für den 30jährigen Zeitraum ergebenden Grundbeträge durch einen Zuschlag auf einen 27jährigen Zeitraum verteilt werden müssen. Die sich so ergebenden Jahresleistungen sind in der Zeit vom 1. April - 1952 bis 31. März 1979 in gleichen Vierteljahrsbeträgen zu entrichten. Die 50 %ige (gegebenenfalls wegen Kriegsschäden ermäßigte) Abgabeschuld, die den Ausgangspunkt für die Ermittlung der Vierteljahrsbeträge darstellt, verliert nach Berechnung dieser Vierteljahrsbeträge an Bedeutung. Die Schuld des Abgabepflichtigen besteht nunmehr in einer Verpflichtung zur Entrichtung der vorgeschriebenen Vierteljahrsbeträge in dem genannten Zeitraum; diese Verpflichtung hat also den Charakter einer Rentenverpflichtung. In den Fällen, in denen der Wert der Schuld an Vermögensabgabe für steuerliche Zwecke von Bedeutung ist (z. B. bei der Erbschaftsteuer in den Fällen, in denen der Todestag des Erblassers zwischen dem 21. Juni 1948 und dem Jahre 1978 liegt), kann grundsätzlich nicht auf die 50 %ige Abgabeschuld, sondern nur auf den jeweiligen Zeitwert dieser Rentenverpflichtung abgestellt werden; dieser Zeitwert ist nach den für derartige Fälle gültigen allgemeinen Vorschriften des Bewertungsgesetzes zu ermitteln (vgl. im übrigen § 69). Die Soforthilfeabgabe auf Grund des Soforthilfegesetzes ist, wie erwähnt, nur bis zum 31. März 1952 zu leisten. Vom 1. April 1952 an würde, wenn der Abgabebescheid zu diesem Zeitpunkt bereits vorläge, die Abgabe mit den endgültigen Vierteljahresbeträgen zu entrichten sein. Mit der Veranlagung der Vermögensabgabe wird jedoch erst im Winter 1952/53 begonnen werden können. Um eine Stockung in den Zahlungen zu vermeiden, mußten daher Vorauszahlungen vorgesehen werden. Als Grundlage für sie stand wiederum lediglich die Soforthilfeabgabe zur Verfügung. Es ist daher vorgesehen worden, daß der Abgabepflichtige bis zum Empfang des Abgabebescheids grundsätzlich Vorauszahlungen nach Maßgabe der Vorschriften über die allgemeine Soforthilfeabgabe zu entrichten hat. Er soll eine Herabsetzung der Vorauszahlungen auf den voraussichtlichen Vierteljahrsbetrag dann verlangen können, wenn er die Höhe dieses Betrags glaubhaft macht und dieser Betrag um mehr als 20 v. H. niedriger ist als der von ihm an sich zu leistende Vorauszahlungsbetrag. Es ist auch die Möglichkeit vorgesehen worden, daß der Bundesfinanzminister — nach dem Vorbild der Soforthilfeabgabe — eine Selbstberechnung des Vierteljahrsbetrages auf Grund eines amtlichen Vordrucks vorschreibt. Für die Fälle, in denen diese Berechnung zutreffend erscheint, sollen die sich aus ihr ergebenden Vierteljahrsbeträge als Vorauszahlungen entrichtet werden. Die Frage, in welcher Weise der Abgabeanspruch im Interesse des Aufkommens, insbesondere in den Fällen des Eigentumswechsels, nach dem Wäh- (Dr. Atzenroth) rungsstichtag zu sichern ist, ist im Ausschuß eingehend geprüft worden. Eine dingliche Sicherung des Abgabeanspruchs auf dem Grundbesitz des Abgabepflichtigen wurde fast einstimmig als unzweckmaßig bezeichnet. In dieser Erwägung ist bereits § 29 des Soforthilfegesetzes durch Gesetz vom 29. März 1951 aufgehoben worden. Die Vorschrift des § 29 ging noch von der Möglichkeit aus, daß die im Rahmen des endgültigen Lastenausgleichs zu erwartende Vermögensabgabe auf dem Grundbesitz des Abgabepflichtigen dinglich gesichert werden würde. Sie schuf für den Fall, daß es zu einer derartigen dinglichen Sicherung kommen sollte, die Möglichkeit, daß das Finanzamt sich für gewisse volkswirtschaftlich wichtige Investitionskredite verpflichtete, diesen im Falle ihrer dinglichen Sicherung den Vorrang vor der etwaigen künftigen Vermögensabgabe-Sicherung einzuräumen. An dem durch das Gesetz über die Aufhebung dieser Vorschrift zum Ausdruck gebrachten Standpunkt, daß von einer dinglichen Sicherung der Vermögensabgabe abzusehen ist, hat der Ausschuß festgehalten. Diese Auffassung war für die Gestaltung einer Reihe von Vorschriften des Gesetzentwurfs bestimmend, so z. B. für die Regelung über die Schuldübernahme und eine Anzahl von Vorschriften zur Sicherung des Abgabeanspruchs durch Inanspruchnahme anderer Personen als des ursprünglichen Abgabepflichtigen im Wege der Haftung oder durch die Anordnung der sofortigen Fälligkeit der Abgabe in besonderen Fällen. Von besonderer praktischer Bedeutung — vor allem für die nach dem 20. Juni 1948 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes eingetretenen Fälle — ist in diesem Zusammenhang die Frage, wer im Falle der Veräußerung eines Gegenstandes die auf ihn entfallende Abgabeschuld zu tragen hat. Durch eine Veräußerung wird an sich die Abgabeschuld des Veräußerers nicht berührt; statt des hingegebenen Sachwerts erhält er bei entgeltlicher Veräußerung einen anderen Wert z. B. Geld oder eine Geldforderung. Der Abgabepflichtige bleibt also trotz Veräußerung von Vermögen nach dem Währungsstichtag grundsätzlich Abgabeschuldner. Es ist daran gedacht worden, entsprechend dem Vorschlag des Bundesrats im Falle der entgeltlichen Veräußerung von bestimmten abgrenzbaren wirtschattlichen Einheiten. also insbesondere von Grundstücken oder Betrieben, den Erwerber neben dem Abgabepflichtigen für die anteilige Abgabeschuld haftbar zu machen und eine Entlassung des Veräußerers aus der Abgabeschuld oder des Erwerbers aus der Haftung in jedem dieser Fälle von der Entscheidung des Finanzamts abhängig zu machen. Der Ausschuß hat sich zu einer derartigen Regelung jedoch nicht entschließen können. Dem Vorschlag lag der Gedanke zugrunde, daß der Abgabeanspruch für den Fall, daß der Veräußerer den Verkaufserlös verbraucht oder dem steuerlichen Zugriff entzieht, gefährdet sei und daß der Abgabeanspruch durch eine Haftung des Erwerbers als des neuen Eigentümers des veräußerten Sachvermögens besser gesichert sei. Der Ausschuß sah diese Begründung für nicht durchschlagend an, weil auch der Erwerber (Eigentümer des Sachvermögens) bei der unterstellten Böswilligkeit dieselbe Möglichkeit habe, sein Vermögen der Besteuerung zu entziehen (z. B. durch Belastung von Grundbesitz bis zum Wert des Objekts). Außerdem würde eine derartige Regelung dem Verkehrsbedürfnis widersprechen und zu einer erheblichen Verwaltungserschwerung führen. Es müßte bei einer solchen Regelung, wie auch im Vorschlag des Bundesrats vorgesehen, die Möglichkeit vorgeschrieben werden, daß einer der beiden Beteiligten auf Antrag aus der Haftung entlassen werden muß. Die Finanzämter würden sich daher in allen diesen Fällen mit der Prüfung der Anträge auf Haftentlassung einer der vertragschließenden Parteien zu befassen haben. In dieser Erwägung ist der Ausschuß der grundsätzlichen Regelung der Regierungsvorlage gefolgt. Durch sie (§ 53) wird, wenn im Falle der Veräußerung von Vermögen der Erwerber die Abgabeschuld des Veräußerers ganz oder teilweise übernimmt, die Möglichkeit geschaffen, daß das Finanzamt auf gemeinsamen Antrag der Beteiligten die Schuldübernahme (die bis dahin nur eine Erfüllungsübernahme ist) genehmigt. Dazu ist das Finanzamt verpflichtet, wenn die Aussichten für die Verwirklichung des Abgabeanspruchs durch den Übergang der Abgabeschuld auf den Erwerber nicht wesentlich verschlechtert werden und der Ablösungswert der übernommenen Schuld die Hälfte des steuerlichen Zeitwerts des erworbenen Vermögens nicht übersteigt. Damit wird, wie dies dem Verkehrsbedürfnis entspricht, die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung soweit wie möglich auch für ihr Verhältnis gegenüber dem Finanzamt hinsichtlich des Abgabeanspruchs übernommen (§ 53). Für die Fälle der unentgeltlichen Vermögensübertragung war diese Regelung jedoch allein nicht brauchbar. Für Fälle dieser Art, in denen der Veräußerer sein Vermögen ohne Gegenleistung einem anderen überträgt, erschien es unerläßlich, grundsätzlich neben dem Abgabeschuldner auch den Erwerber haftbar zu machen (§ 54). Ähnliche Erwägungen waren für andere Vorschriften maßgebend, die zur Sicherung des Abgabeanspruchs die Haftung einer anderen Person neben der des Abgabepflichtigen vorsehen, so z. B. des Vermachtnisnehmers im Falle des Erwerbs auf Grund eines Vermächtnisses (§ 65) oder desjenigen, der im Falle bestimmter Liquidationen Vermögen als Abwicklungserlös empfangen hat (§ 46 Abs. 3). Die Veranlagung der Vermögensabgabe erfolgt, wie erwähnt, unter Zugrundelegung der persönlichen Verhältnisse am Währungsstichtag für einen Zeitraum von 30 Jahren. Der Gesetzgeber muß nach Auffassung des Ausschusses auf die Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen, die während eines so langen Zeitraums in vielfacher Beziehung möglich sind, in gewissen Fällen Rücksicht nehmen. So ist z. B. mit der Möglichkeit zu rechnen, daß in dieser Zeit eine am Stichtag bestehende Ehe durch Scheidung oder Tod ausgelost wird; für Fälle dieser Art wird eine Aufteilung der Abgabeschuld, zu der die beiden Ehegatten gemeinsam veranlagt worden sind, auf die beiden Ehegatten bzw. die Erben des verstorbenen Ehegatten nicht zu vermeiden sein (§ 60). Auch für die Fälle, in denen ein Abgabepflichtiger nach dem Währungsstichtag stirbt und von mehreren Erben beerbt wird, besteht das Bedürfnis der Aufteilung der Abgabeschuld. Andernfalls würden die Erben (gegebenenfalls wiederum deren Erben) während der ganzen Laufzeit der Abgabe als Gesamtschuldner für die Abgabeschuld haften. Auch für Fälle dieser Art sind daher Vorschriften über die Aufteilung der Vierteljahrsbeträge vorgesehen (§ 61). 4. Vermögensteuer (§§ 84-123) Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Bucerius Die Gründe, aus denen nach Auffassung der Mehrheit des Ausschusses auf die Inanspruchnahme der Vermögensteuer für den Lastenausgleich nicht verzichtet werden kann, sind bereits in dem allgemeinen Bericht dargestellt. Die Vermögensteuer soll als Lastenausgleichsabgabe vom 1. Januar 1953 bis zum 31. Dezember 1978 erhoben werden. Die- Regelung der Abgabepflicht entspricht derjenigen für das bisher geltende Vermögensteuerrecht. Die Frage, ob für die Gewährung von Befreiungen, wie das im Regierungsentwurf vorgeschlagen worden ist, im wesentlichen von der Regelung für die Vermögensabgabe ausgegangen werden soll oder ob auch hier eine Regelung nach dem Vorbild der bisherigen Vermögensteuer getroffen werden soll, hat der Ausschuß nach eingehenden Beratungen im letzteren Sinne entschieden. Damit werden auch die zur Vermögensteuer ergangenen Durchführungsverordnungen inhaltlich zu übernehmen sein, was durch die im Gesetzentwurf vorgesehene Ermächtigung zum Erlaß entsprechender Durchführungsverordnungen möglich sein wird. Der Ausschuß war mit Mehrheit der Meinung, daß im wesentlichen nur das nach dem Währungsstichtag neu gebildete Vermögen zur Vermögensteuer herangezogen werden könne, weil sonst die Belastung des am Währungsstichtag vorhandenen Vermögens unter Berücksichtigung der hohen im übrigen bestehenden Steuern auf die Dauer untragbar sein würde. Das hatte allerdings zur Folge, daß der bisherige Vermögensteuersatz von 0,75 v. T. und die Freibeträge einer Überprüfung unterzogen werden mußte. Der Ausschuß war überwiegend der Meinung, daß bei Heranziehung nur des neugebildeten und des von der Vermögensabgabe freigelassenen Vermögens, wie schon im Regierungsentwurf vorgesehen, eine Erhöhung der Vermögensteuer auf 1 v. H. und eine Halbierung der bisherigen Freibeträge erforderlich und auch tragbar sei. Das Ziel der Heranziehung nur des neu gebildeten und des von der Vermögensabgabe nicht erfaßten Vermögens wird nach der vorgeschlagenen Regelung dadurch erreicht, daß bei der Ermittlung des der Vermögensteuer unterliegenden Vermögens von dem nach den üblichen Grundsätzen berechneten Vermögen nicht der jeweilige Zeitwert der Vermögensabgabeschuld, sondern das Doppelte der Vermögensabgabeschuld abgezogen werden soll (§ 88). Der doppelte Abzug, der für die ganze Laufzeit der Vermögensteuer in seiner Höhe unvermindert bleibt, soll nach der vorgeschlagenen Regelung dem jeweiligen Abgabeschuldner zustehen. Bezüglich aller übrigen Bestimmungen schließen sich die für die Vermögensteuer als Lastenausgleichsabgabe vorgesehenen Vorschriften weitgehend an diejenigen an, die für die Ländervermögensteuer zur Zeit gelten. 5. Währungsgewinnabgaben (§§ 124-226) Berichterstatter: Abgeordneter S e u f f ert I. Allgemeines Zur Erfassung der durch die Währungsreform den Schuldnern zugeflossenen Schuldnergewinne für den Lastenausgleich — deren Heranziehung bereits im § 16 Abs. 3 des Umstellungsgesetzes als Aufgabe der deutschen Gesetzgebung neben den in § 29 des Umstellungsgesetzes erwähnten allgemeinen Lastenausgleichsmaßnahmen vorgesehen war — waren im Regierungsentwurf (Drucksache Nr. 1800) drei sogenannte Währungsgewinnabgaben vorgesehen. Die Hypothekengewinnabgabe sollte Schuldnergewinne aus Verbindlichkeiten, die mit Grundbesitz dinglich gesichert gewesen waren, erfassen, jedoch mit Ausnahme von Kontokorrentkrediten und ähnlichen Geschäftskrediten und Krediten, die in Schuldverschreibungen verbrieft waren. Diese Abgabe sollte dinglich gesichert werden, sie sollte wegen Kriegsschäden und zur Erleichterung von Wiederaufbau sowie wegen mangelnder Ertragsfähigkeit des Grundstücks gemindert und herabgesetzt werden können. Die Herabsetzung sollte an einen Vermögensvergleich, der sich auf das Gesamtvermögen des Abgabeschuldners bezogen hätte, nicht gebunden sein, dagegen sollten solche Schuldnergewinne mit anderweitigen Gläubigerverlusten des Abgabeschuldners nicht saldiert werden können. Die Obligationsgewinnabgabe sollte Schuldnergewinnen aus Verpflichtungen dienen, die in Schuldverschreibungen verbrieft waren, gleichgültig, ob die Ansprüche dinglich gesichert waren oder nicht. Hier sollte eine quotale Minderung durch einen Vermögensvergleich möglich sein, der sich auf das für die Obligationen haftende Betriebsvermögen bezog, jedoch keine Anrechnung dieser Schuldnergewinne mit anderweitigen Gläubigerverlusten des Betriebs. Eine etwa für die ursprüngliche Verpflichtung bestehende Sicherung sollte für die Abgabe aufrecht erhalten, im übrigen eine neue Sicherung jedoch nicht eingeführt werden. Bei der Kreditgewinnabgabe sollten die Schuldnergewinne der buchführenden land- und forstwirtschaftlichen und gewerblichen Betriebe erfaßt werden, jedoch erst nach Aufrechnung mit den Gläubigerverlusten der Betriebe. Eine Minderung an Hand eines Vermögensvergleichs und eine dingliche Sicherung waren für diese Abgabe nicht vorgesehen. Kennzeichnend für den Regierungsentwurf war, daß die Hypothekengewinnabgabe und die Obligationengewinnabgabe die Bindung (Seuffert) der Verpflichtung an ein bestimmtes Vermögensobjekt (Grundstück oder Betrieb) zugrunde legte und demgemäß die Höhe der Abgabe von einem auf dieses Objekt bezogenen Vermögensvergleich abhängig machte, während die Kreditgewinnabgabe nur die im Augenblick der Währungsreform entstandenen Gewinne und Verluste berücksichtigte. Der Bundesrat (Stellungnahme des Sonderausschusses Lastenausgleich beim Bundesrat vom 2. Januar 1951 zum vierten und fünften Abschnitt des Regierungsentwurfs) schlug demgegenüber vor, die Obligationen- und die Kreditgewinnabgabe in einer einheitlichen Abgabe zusammenzufassen, bei der sämtliche Schuldnergewinne und Gläubigerverluste gegeneinander aufrechenbar, Herabsetzungen auf Grund. eines Vermögensvergleichs jedoch nur für Dauerschulden (gleichgültig, ob diese in Schuldverschreibungen verbrieft waren oder nicht) zulässig sein sollten. Außerdem wurde vorgeschlagen, den der Abgabe zugrunde liegenden Gewinnsaldo um 90 vom Hundert der steuerlich anerkannten Betriebsverluste in der Zeit von 1945 bis 1948 zu vermindern, um damit Schuldner-gewinne aus Verbindlichkeiten auszuschalten, die am 20. Juni 1948 bestanden, jedoch nicht zur Erhöhung der Aktivposten geführt, sondern zur Deckung von Verlusten aus den Wirtschaftsverhältnissen nach dem Zusammenbruch gedient hatten. Der Ausschuß hat sich hinsichtlich des Systems der Hypothekengewinnabgabe im wesentlichen dem Regierungsentwurf angeschlossen, wie das auch der Bundesrat getan hatte. Bezüglich der Obligationengewinnabgabe und Kreditgewinnabgabe ist er den Vorschlägen des Bundesrates gefolgt und hat sie in einer einheitlichen Kreditgewinnabgabe zusammengefaßt. In beiden Fällen wurden jedoch eine Reihe von Veränderungen gutgeheißen, die durchweg zum einen Teil im Sinne eines Entgegenkommens gegenüber den Abgabepflichtigen, zum andern Teil im Sinne der Vereinfachung im Aufbau und bei der Erhebung der Abgabe lagen. Demgemäß stellt nunmehr die Hypothekengewinnabgabe eine dinglich gesicherte Last auf einem Grundstück dar, bei der der ursprüngliche Schuldnergewinn entsprechend den Kriegsschäden des Grundstücks gemindert wird und auch die Erhebung der Abgabe an den Ertrag des Grundstücks gebunden ist, jedoch kein Vermögensvergleich für das Gesamtvermögen des Schuldners — weder zugunsten noch zu Lasten des Schuldners — berücksichtigt wird und demgemäß auch keine Aufrechnung mit anderweitigen Gläubigerverlusten des Abgabeschuldners stattfindet. Die Kreditgewinnabgabe wird auf den Gewinnsaldo nach Aufrechnung der Gläubigergewinne mit den Schuldnerverlusten und nach Abzug der Betriebsverluste 1945 bis 1948 erhoben und kann durch einen auf das Betriebsvermögen beschränkten Vermögensvergleich quotal gemindert werden. Sie wird nicht dinglich gesichert. In der Abgrenzung der von den einzelnen Abgaben zu erfassenden Schuldnergewinne wurde ebenfalls wesentlich vom Regierungsentwurf abgewichen. Maßgebend war dabei der Gedanke, der Eigenart und wirtschaftlichen Grundlage des jeweiligen Schuldverhältnisses möglichst gerecht zu werden und andererseits die Erfassung von Schuldnergewinnen auszuschalten, bei denen durch großen verwaltungsmäßigen Aufwand nur geringes Aufkommen erwartet werden konnte. Demgemäß wurden sämtliche Verbindlichkeiten, die als Schulden eines der Kreditgewinnabgabe unterliegenden Betriebes anzusehen waren, der Kreditgewinnabgabe unterstellt und damit auch dort aus der Hypothekengewinnabgabe herausgenommen, wo sie dinglich gesichert waren. Der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Verbindlichkeiten und Forderungen eines Betriebes schien zwingender als die Abstellung auf die Tatsache, ob einige dieser Verbindlichkeiten dinglich gesichert waren oder nicht. Dagegen wurden Wohnungsunternehmen und reine Grundstücksgesellschaften, die trotz ihrer formalen Unternehmungsform insgesamt wirtschaftlich als Hausbesitzer anzusehen sind, aus der Kreditgewinnabgabe herausgenommen und auch mit ihren ungesicherten Dauerverbindlichkeiten der Hypothekengewinnabgabe zugewiesen. Auf die Erfassung sonstiger Schuldnergewinne — also solcher aus Verbindlichkeiten, die weder dinglich an Grundstücken gesichert, noch im Rahmen eines buchführenden Betriebs entstanden waren — hatte bereits der Regierungsentwurf verzichtet, weil die Schwierigkeiten der Ermittlung und der sonstige Verwaltungsaufwand hier voraussichtlich dem Aufkommen nicht entsprochen hätten. Der Ausschuß hat darüber hinaus auch von einer Erfassung der Gewinne aus dinglich nicht gesicherten Verbindlichkeiten buchführender land-und forstwirtschaftlicher Betriebe abgesehen, weil hier die Erfassung nur der dinglich gesicherten Verbindlichkeiten im Wege der Hypothekengewinnabgabe mehr Erfolg versprach als die Verrechnung mit dem Gewinnsaldo aus den übrigen Forderungen und Verbindlichkeiten. Die Frage, ob die teilweise Überleitung der Hypothekengewinnabgabe in die Kreditgewinnabgabe erhebliche Ausfälle für das Aufkommen mit sich bringen könne, ist im Ausschuß eingehend erörtert worden. Da einerseits das Aufkommen — insbesondere für die Kreditgewinnabgabe — nur geschätzt werden kann, andererseits im Einzelfall jeweils die eine oder andere Abgabeform für den Schuldner günstiger sein mag, kann zwar eine vollständig sichere Antwort auf diese Frage nicht gegeben werden; jedoch überzeugte sich der Ausschuß auf Grund einer Reihe von Erhebungen, die sich auch auf repräsentative Einzeluntersuchungen stützten, daß jedenfalls nicht davon gesprochen werden kann, eine Minderung des Gesamtaufkommens sei mit einiger Sicherheit zu erwarten. Dem Gesichtspunkt, ob die Gewinnabgabe im einen Fall dinglich gesichert ist oder im andern Fall zwar nicht diesen Vorzug genießt, dagegen als bilanzierte Geschäftsverbindlichkeit auszuweisen ist, konnte der Ausschuß für das Aufkommen keine wesentliche Bedeutung beimessen. II. Hypothekengewinnabgabe (§§ 124-190) Der Hypothekengewinnabgabe unterliegen die Schuldnergewinne aus Verbindlichkeiten, die an Grundstücken des Eigentümers dinglich gesichert waren, und aus solchen dinglichen Grundstücksrechten, denen keine persönlichen Verpflichtungen zugrunde lagen (§ 124), soweit das Grundstück im Bundesgebiet oder in West-Berlin gelegen und das Grundpfandrecht oder die Verbindlichkeit im Verhältnis vçn 10 RM zu 1 DM umgestellt worden ist. Der Abgabe unterliegen die Verbindlichkeiten nicht, wenn der Eigentümer der Kreditgewinnabgabe unterliegt oder ein Geldinstitut, ein Versicherungsunternehmen oder eine Bausparkasse ist (§ 130 Abs. 1 Ziff. 1 und 2). Den Grundstücken im Eigentum des Schuldners der Verbindlichkeit sind Grundstücke gleichgestellt, die einer mit ihm zur Vermögensteuer zusammen (Seuffert) veranlagten Person gehören, oder an denen das Grundpfandrecht im Hinblick auf seinen künftigen Eigentumserwerb bestellt worden ist (§ 124 Abs. 3). Bei Wohnungsunternehmen und Grundstücksgesellschaften, die nicht der Kredit-, sondern der Hypothekengewinnabgabe unterliegen, sind ungesicherte Dauerschulden den gesicherten Verbindlichkeiten gleichgestellt. Die nähere Abgrenzung erfolgt durch Rechtsverordnung (§ 125). Bei an Grundstücken gesicherten Verbindlichkeiten gibt es außer dem Fall der Umstellung 10:1 und dem Fall 1:1 — in welch letzterem kein Schuldnergewinn entsteht — den Fall, daß eine Umstellung überhaupt noch nicht eindeutig erfolgt ist, soweit es sich um Reichsmarkverbindlichkeiten gegenüber Angehörigen der Vereinten Nationen handelt. Diese Fälle sollen später durch Rechtsverordnung geregelt werden (§ 126). Die Definition für Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Grundpfandrechte findet sich in § 127. Die im Soforthilfegesetz und auch im Regierungsentwurf vorgesehene Erfassung von Schiffshypotheken ist mit Wirkung vom Inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes nicht mehr vorgesehen, da das Aufkommen gering, die wirtschaftliche Berechtigung zweifelhaft und die Erfassungsschwierigkeiten erheblich sind. Nicht unter die Abgabe fallen außer Schuldnergewinnen aus Verbindlichkeiten für öffentlich-rechtliche Abgaben, Gebühren usw., für die Grundstücke haften, solche Verbindlichkeiten, die lediglich durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen dingliche Sicherung erhalten haben, außerdem Siedlungszwischenkredite, Restverbindlichkeiten des Entschuldungsverfahrens, andere zur Weiterleitung bestimmte und tatsächlich weitergewährte Kredite sowie Verbindlichkeiten zwischen bei der Vermögensteuer zusammen veranlagten nahen Verwandten (§ ] 30 Abs. 1 Ziffern 3, 9, 4 bis 6 und 8). Ferner sind die Schuldnergewinne aus Verbindlichkeiten freigestellt, die zur Beseitigung eines Kriegsschadens am haftenden Grundstück eingegangen worden sind und deren Gegenwert hierzu vor dem 21. Juni 1948 tatsächlich verwendet worden ist (§ 130 Abs. 1 Ziff. 7). Dies erschien notwendig, weil ja hier das wiederhergestellte Grundstück zum Währungsstichtag mit seinem neuen Wert der Abgabe unterliegt, der Kriegsschaden dagegen nicht mehr zur Minderung einer Abgabe in Anspruch genommen werden kann. Die Abgabeschuld ist grundsätzlich der Unterschied zwischen dem Nennbetrag der Reichsmarkverbindlichkeit und dem Umstellungsbetrag in Deutscher Mark. Bei den für den Wohnungsbau gegebenen zinsverbilligten Förderungsdarlehen erschien jedoch einerseits eine Anpassung des Kapitalwertes dieser Verbindlichkeiten an den tatsächlichen Grundstückswert, andererseits eine Konsolidierung der variablen und an den Grundstücksertrag und die sonstigen Grundstückslasten gebundenen Verzinsung und Tilgung notwendig. Dies erfolgt in der Weise, daß die Abgabeschuld hier mit 9/10 des zwanzigfachen Nennbetrages der nach den am 31. März 1948 geltenden Bedingungen zu erbringenden Jahresleistungen abzüglich des abgerundeten Hundertsatzes, mit dem das Ausgangskapital bis zum 20. Juni 1948 bereits getilgt war, berechnet wird, wobei mindestens 1 1/2 % des Ausgangskapitals als Jahresleistung angesetzt wird. Diese Regelung begründet sich durch eingehende Untersuchung über die durchschnittlichen Bedingungen dieser Verbindlichkeiten in den einzelnen Ländern und den Stand ihrer Abwicklung am Währungsstichtag. Die so ermittelte Abgabeschuld wird gemäß § 133 gemindert, wenn das Grundstück von Kriegsschäden betroffen war, jedoch nur, wenn die Schadensquote (das Verhältnis des Einheitswertes vor dem Schadensfall zum Einheitswert am 20. Juni 1948) mehr als 10 % (bei über 70 % des Einheitswerts belasteten Grundstücken mehr als 5 %) beträgt. Abweichend vom Hypothekensicherungsgesetz wird die gesamte Schadensquote einschließlich des auf die 1/10 Restverbindlichkeiten entfallenden Teils zu Lasten der Hypothekengewinnabgabe übernommen. Eine weitere Abweichung besteht darin, daß die Minderung nicht wie bisher zunächst auf die an letzter Stelle gesicherten Verbindlichkeiten verrechnet, sondern anteilig auf sämtliche Verbindlichkeiten umgelegt wird. Jedoch werden bisher gewährte Verzichte auf Umstellungsgrundschulden mindestens aufrechterhalten, und der Abgabeschuldner kann auch eine für ihn bezüglich der Verzinsung und Tilgung günstigere Verteilung nach den bisherigen Vorschriften durch Antrag aufrechterhalten (§§ 133 Abs. 6 und § 140). Als Kriegsschaden im Sinne dieser Vorschriften gilt nicht nur der Kriegssachschaden, sondern auch der Kriegsfolgeschaden gemäß § 128. Bei Kriegsschäden nach dem Währungsstichtag wird nach den gleichen Grundsätzen verfahren mit der Maßgabe, daß die Minderung der Abgabe dann erst mit Wirkung vom Eintritt des Schadens erfolgt (§ 136). Ebenfalls im Anschluß an die bisherigen Vorschriften ist weiter ein Verzicht auf Abgabeschulden vorgesehen, wenn dies zum Wiederaufbau der belasteten und zerstörten Grundstücke notwendig erscheint. Die Notwendigkeit wird auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsberechnung nach der sogenannten Berechnungsverordnung vom 20. Dezember 1950 geprüft, welche grundsätzlich auch eine Verzinsung des Eigenkapitals beim Wiederaufbau vorsieht. Erfolgt der Wiederaufbau im Rahmen des öffentlich geförderten oder steuerbegünstigten Wohnungsbaues, so ist die vollständige Streichung der Abgabeschuld ohne Wirtschaftlichkeitsberechnung möglich. Diese Vorschriften gelten, wenn der Wiederaufbau bis zum 31. März 1956 durchgeführt wird. Diese Frist steht mit den Fristen des Wohnungsbaugesetzes im Einklang (§ 137). Auf die so festgestellten, eventuell geminderten Abgabeschulden sind bis zum 31. März 1952 die nach dem Hypothekensicherungsgesetz vorgeschriebenen Leistungen zu erbringen (§ 138). Bei den sogenannten spät valutierten Hypotheken, das sind Hypotheken, die erst nach dem 8. Mai 1945 aufgenommen worden sind, hat es bei diesen Leistungen sein Bewenden, es sei denn, daß es sich um Rest-Kaufgeld zum Erwerb des belasteten Grundstücks oder um einen anderen Kredit handelt, der zum Erwerb des Grundstücks aufgenommen wurde. Weitere Leistungen sind auf diese Abgabeschuld nicht zu erbringen (§ 134). Dies erschien richtig, weil mit solchen Krediten in bereits entwerteter Reichsmark kaum mehr entsprechende Sachwerte geschaffen werden konnten. Soweit solche Hypotheken zum Wiederaufbau beschädigter Grundstücke verwendet worden sind, sind die Schuldnergewinne — wie oben erwähnt — gänzlich abgabefrei. Ebenfalls mit Wirkung vom 1. April 1952 fallen weg die Leistungen auf Schiffspfandrechte (§ 167). Ist eine Umstellungsgrundschuld bisher bereits bei der Zwangsversteigerung ausgefallen, so ist auch die Abgabeschuld weggefallen (§ 144). Ab 1. April 1952 wird die Verzinsung und Tilgung der Abgabeschuld neu geregelt (§ 139). Auszugehen ist dabei von der Abgabeschuld, die nach (Seuffert) Abzug der vom 21. Juni 1948 bis zum 1. April 1952 erbrachten oder nach den bisherigen Vorschriften erlassenen Tilgungsbeträge verbleibt. Bei Tilgungshypotheken und bei Abzahlungshypotheken, bei denen die Bedingungen der Reichsmarkverbindlichkeit nicht mehr als jährlich 6 v. H. des Ausgangskapitals an Tilgung vorsehen oder bei denen bisher bereits Abzahlungen geleistet worden sind, verbleibt es dabei, daß als Leistungen auf die Abgabeschuld 9/10 der Leistungen nach den Bedingungen der Reichsmarkverbindlichkeit zu erfolgen haben. Es sind also jetzt im Gegensatz zur bisherigen Regelung in allen Fällen neben der Verzinsung auch Tilgungen vorgeschrieben. In allen anderen Fällen (Abzahlungshypotheken mit großen Abzahlungsraten, Fälligkeits- und Kündigungshypotheken) verbleibt es bei dem bisherigen Zinssatz. Die Tilgung wird so geregelt, daß sie zuzüglich ersparter Zinsen das Kapital bis zum 31. März 1979 tilgt. Der Abgabeschuldner kann jedoch binnen einer Frist die Aufrechterhaltung der bisherigen Bedingungen verlangen. Alle Kündigungshypotheken gelten als am 31. März 1952 gekündigt. Die zinsverbilligten Förderungsdarlehen, die nach § 132 Abs. 2 neu berechnet wurden, sind mit 4 % zu verzinsen und mit 2 % zu tilgen; jedoch kann der Tilgungssatz ermäßigt werden, wenn sonst die bisherige Jahresleistung überschritten würde. Die Nebenabreden der Reichsmarkverbindlichkeit, insbesondere für Verzugszinsen usw., werden aufrechterhalten, soweit nicht auf sie verzichtet wird (§ 141). Die Leistungen aus der Abgabeschuld können ferner auf Antrag erlassen werden, soweit sie nach Maßgabe der Ertragsberechnung aus Erträgen des Grundstücks nach Abzug der Bewirtschaftungskosten und der Zinsen für vorgehende Rechte Dritter nicht aufgebracht werden können (§ 163). Für die Ertragsberechnung ist grundsätzlich ebenfalls die Berechnungsverordnung maßgebend. Als vorgehende Rechte Dritter kommen in Betracht die Altrechte aus der Zeit vor dem Währungsstichtag und die Rechte, denen nach den bisherigen Bestimmungen oder nach § 149 des Gesetzes der Vorrang vor Umstellungsgrundschulden bzw. vor der Hypothekengewinnabgabe eingeräumt worden ist. Die Erlaßmöglichkeit ist beschränkt für unbebaute Grundstücke oder für solche, bei denen der Grundstücksertrag nicht vom Ertrag der anderweitigen Nutzung abzugrenzen ist. Statt des Erlasses fälliger Leistungen kann das Finanzamt eine Herabsetzung der Abgabeschuld unter Verlängerung der Tilgungsdauer anordnen (§ 163 Abs. 10). Der Erlaß kann im Wege der Stundung bis zu 3 Jahren im voraus vorweggenommen werden (§ 163 Abs. 9). Die Frage, ob auch hier ebenso wie bei der Herabsetzung der Abgabeschuld im Falle des Wiederaufbaues (§ 137) einer gewissen Verzinsung des Eigenkapitals der Vorrang vor der Hypothekengewinnabgabe eingeräumt werden könnte, ist nach eingehenden Erörterungen verneint worden, weil die Hypothekengewinnabgabe ebensowenig wie die früheren Verbindlichkeiten, aus denen sie hervorgegangen ist, einen solchen Vorrang zubilligen kann und weil dies zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung der Eigentümer von verschuldeten Grundstücken gegenüber denen von nicht verschuldeten Grundstücken mit gleich schlechter Ertragslage führen würde. Wo der Grundstücksertrag vom Eigentümer für eine bescheidene Lebensführung unerläßlich benötigt wird, greift überdies § 165 ein, wonach die fälligen Leistungen in diesem Falle gegebenenfalls gestundet oder erlassen werden können. Eine gleiche Möglichkeit ist kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Körperschaften für die Abgabe aus Grundstücken, die unmittelbar für mildtätige (nicht nur gemeinnützige) Zwecke benutzt werden, durch § 166 eingeräumt. Die Sicherung der Abgabe ist nach sehr eingehenden Erörterungen, zu denen zahlreiche Sachverständige zugezogen wurden, neu gestaltet worden. Bisher hatte jede Umstellungsgrundschuld den Rang der Reichsmarkverbindlichkeit, aus der sie entstanden war, so daß die Abgabe u. U. an sehr verschiedenen Stellen im Grundbuch gesichert war (sog. „Zebra-System"). Zur Erleichterung des Grundstücksverkehrs und zur Vereinfachung der Abwicklung ist nunmehr der dinglichen Sicherung der Abgabe ein einheitlicher Rang gegeben worden, und zwar der einer öffentlichen Last, die ohne Eintragung im Grundbuch auf dem Grundstück ruht (§ 145 Abs. 1). Der Grundstückseigentümer haftet persönlich lediglich für die während der Dauer seines Eigentums fälligen Leistungen (§ 145 Abs 3). Die Abgabeleistungen stehen jedoch den anderen öffentlichen Grundstückslasten im Range nach (§ 146 Abs. 1). Andererseits ist im Fall der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung Vorsorge dafür getragen, daß die öffentliche Last niemals den Ausfall von Altverbindlichkeiten (1/10 Verbindlichkeiten) und von solchen Rechten, denen der Vorrang vor der Last eingeräumt worden ist, verursachen kann (§ 147). Dieser Vorrang vor der öffentlichen Last ist auf Antrag im Grundbuch zu vermerken (§ 150). In gewissen Fällen sind dabei die alten Rechte wesentlich besser plaziert als bisher, indem sie nunmehr bei der Zwangsversteigerung der gesamten Abgabe vorgehen, während sie bisher den Umstellungsgrundschulden aus im Rang vor ihnen eingetragen gewesenen Verbindlichkeiten nachgehen. Der erwähnte Vorrang kann gemäß § 149 neuen Rechten eingeräumt werden, wenn sie für einen Kredit zur Errichtung von Neubauten, Wiederaufbauten oder zu notwendigen außerordentlichen Reparaturen am belasteten Grundstück bestellt werden und dadurch die Sicherheit der öffentlichen Last nicht gefährdet wird. Von der letzteren Bedingung ist abzusehen, wenn bis zum 31. März 1956 Gebäude errichtet werden, die zu mehr als 75 v. H. öffentlich geförderte oder steuerbegünstigte Wohnungen enthalten. Die dingliche Sicherung entfällt, wenn das Grundstück am 21. Juni 1948 einem Angehörigen der Vereinten Nationen gehörte und in der Zwischenzeit veräußert worden ist oder wenn aus sonstigen Gründen keine Umstellungsgrundschuld entstanden war. In diesem Falle ist die Abgabe eine persönliche Schuld des Schuldners der am 20. Juni 1948 umgestellten Reichsmarkverbindlichkeit (§ 151). Die bisherigen Umstellungsgrundschulden fallen mit Inkrafttreten des Gesetzes fort bzw. gehen in Eigentümergrundschulden über (§ 153). Die Paragraphen 154 bis 156 regeln die Rechtsbeziehungen zwischen dem Abgabeschuldner und persönlichen Schuldnern der umgestellten Reichsmarkverbindlichkeit, Nießbrauchern usw. und die Haftung bei Grundstücksverkäufen. Auf die Abgabe sind zunächst Vorauszahlungen auf Grund einer Selbstberechnung zu leisten (§ 166 b). In den Fällen, in denen bisher Leistungen nach dem Hypotheken-Sicherungsgesetz nicht eingezogen wurden, ist bis zum 30. September 1952 dem Finanzamt eine Erklärung abzugeben (§ 157). Im übrigen wird die Abgabeschuld durch Abgabe- (Seuffert) bescheid festgesetzt, der den Rechtsmitteln der Abgabeordnung unterliegt (§ 158). Streitigkeiten über den Rang eines bestehenbleibenden Rechts gegenüber der Abgabeschuld, über die bisherigen Bedingungen der Reichsmarkverbindlichkeit usw. sind jedoch im ordentlichen Rechtswege auszutragen. Das Finanzamt ist dem Grundstückseigentümer und den aus Rechten am Grundstück Berechtigten Auskunft über die Abgabeschuld und deren Grundlagen zu geben verpflichtet (§ 162). Zur Verwaltung der Abgaben, auch zu ihrer Einziehung, können andere Stellen als Finanzämter, also insbesondere Hypothekenbanken usw., herangezogen werden (§ 170). Sie erhalten dafür eine Vergütung, die von der Finanzverwaltung zu tragen ist. Die Sondervorschriften für Berlin-West (§ 173 bis 190) sind wegen der bisher abweichenden Einheitswertberechnung und der besonderen Gestaltung der Zwischenabgaben (Baunotabgabe, Grundpfandrechtumstellungsgesetz usw.) und wegen der teilweise abweichenden Stichtage der Währungsumstellung notwendig geworden. Materiell abweichend vom Recht des sonstigen Bundesgebiets ist wegen der besonderen Berliner Verhältnisse vorgesehen, daß der Vorrang vor der öffentlichen Last nach § 149 in Berlin-West auch solchen neuen Krediten eingeräumt werden kann, die zur Herstellung von Gebäuden auf anderen als dem belasteten Grundstück oder zur Gründung, Erhaltung oder Entwicklung eines gewerblichen oder wirtschaftlichen Betriebes oder eines freien Berufes in Berlin-West aufgenomen werden, wenn eine entsprechende Bescheinigung des Senators für Bau- und Wohnungswesen oder des Senators für Wirtschaft und Ernährung erteilt wird. III. Kreditgewinnabgabe Der Kreditgewinnabgabe unterliegen nunmehr alle gewerblichen Betriebe, die eine DMark-Eröffnungsbilanz aufzustellen verpflichtet sind oder sie freiwillig für die steuerliche Gewinnermittlung aufgestellt, d. h. von dem Vorteil der DMark-Eröffnungsbilanz Gebrauch gemacht haben. Ausgenommen sind Geldinstitute, Versicherungsunternehmen und Bausparkassen, für die andere Umstellungsvorschriften gelten. Bei Geldinstituten mit bankfremdem Geschäft ist nur das Bankgeschäft ausgenommen. Die Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts sind ausgenommen wegen der engen Verknüpfung ihrer Geldwirtschaft mit der des Besitzträgers, der seine Guthaben in der Währungsreform vollständig verloren hat. Von der Kreditgewinnabgabe ausgenommen sind ferner die Wohnungs- und Siedlungsunternehmen und Grundstücksgesellschaften sowie die buchfuhrenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, welche lediglich der Hypothekengewinnabgabe unterstellt werden. Die Gründe dafür sind bereits dargelegt worden. Diese Bestimmungen finden sich in § 191. Als wirtschaftliche Grundlage der Abgabe gilt jeweils der Gesamtbetrieb im Zusammenhang seiner Forderungen und Verbindlichkeiten und seines Sachvermögens. Die Abgabe geht deswegen von dem Gewinnsaldo aus, der sich nach Abzug der Gläubigerverluste von den Schuldnergewinnen des Betriebes ergibt. Über den Vorschlag des Bundesrats hinaus ist daneben eine quotale Minderung der Abgabe insgesamt vorgesehen, wenn sich aus dem Vermögensvergleich zwischen dem 1. Januar 1940 und 21. August 1948 eine Minderung der Betriebssubstanz im ganzen ergibt. Die Beschränkung dieser Minderung auf die Schuldnergewinne, die bei Dauerschulden entstanden sind, wurde fallen gelassen, weil die Abgrenzung der Dauerschulden im wirtschaftlichen Sinne und die Ausscheidung des auf sie entfallenden Anteils der Abgabe zu schwierig ist und nicht genügend lohnend erschien. Ebenfalls über den Vorschlag des Bundesrates hinaus wurde der Abzug der Betriebsverluste 1945 bis 1948, der aus den vom Bundesrat vorgebrachten Gründen zugelassen wurde, nicht nur in Höhe von 9/,o der Verluste, sondern in voller Höhe vorgesehen. Als Schuldnergewinn und Gläubigerverlust gilt dabei jeweils der Unterschied zwischen dem in der steuerlichen RMark-Schlußbilanz ausgewiesenen Reichsmarkwert Und dem in der steuerlichen DMark-Eröffnungsbilanz angesetzten DMarkwert (§§ 193 bis 194). Einzelne Schuldnergewinne, die keinem echten Vermögenszuwachs entsprechen, werden außer Betracht gelassen, so diejenigen aus Verbindlichkeiten eines Unternehmens gegenüber einer angeschlossenen Pensions- oder Unterstützungskasse, einer Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern und aus Verbindlichkeiten, die als verdecktes Stammkapital anzusehen sind. Das gleiche gilt für die entsprechenden Gläubigerverluste (§ 193 Abs. 3 Ziffern 1 bis 4, § 194 Abs. 3 Ziffern 1 bis 4). Besondere Schwierigkeiten machte die Behandlung der Vertragshilfefälle. Da die Gesichtspunkte der Vertragshilfeentscheidungen nicht durchweg dieselben sind wie diejenigen, die für eine Ermäßigung der Kreditgewinnabgabe in Betracht kommen konnten, erschien eine unmittelbare Bindung der Abgabe an die Vertragshilfeentscheidungen nicht möglich. Auf der anderen Seite haben die bisher ergangenen Vertragshilfeentscheidungen wohl in aller Regel die Erhebung einer Kreditgewinnabgabe nicht in Rechnung gestellt und müßten deswegen unter Umständen revidiert werden, wenn durch eine solche Abgabe die wirtschaftliche Lage des Schuldners verändert würde. In § 193 Abs. 3 Ziffer 5 ist deswegen vorgesehen, daß Schuldnergewinne aus einer vor Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtswirksam gewordenen Herabsetzung von Verbindlichkeiten im Wege der richterlichen Vertragshilfe (oder einer gleichzustellenden und anzuerkennenden Parteivereinbarung) nicht berücksichtigt werden. Wie weit entsprechende Herabsetzungen zu berücksichtigen sind, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes wirksam werden, soll erst durch Rechtsverordnung festgestellt werden. Diese Rechtsverordnung soll auch die Stellen erfassen, wo etwa ihrem Bestand und der Höhe nach umstrittene Reichsmarkverbindlichkeiten in besonderen Verfahren neu festgesetzt werden. wie es z B für die sog. reichsverbürgten Rüstungskredite in Aussicht genommen wird. Eine, genauere Regelung schien jetzt noch nicht möglich, weil zur Zeit der Gesetzesberatungen die endgültige Form des Vertragshilfegesetzes noch nicht feststand und die Verabschiedung des Lastenausgleichsgesetzes durch diese außerordentlich schwierigen Fragen nicht aufgehalten werden sollte. Bei den Gläubigerverlusten ist der Ansatz in der RMark-Schlußbilanz und der DMark-Eröffnungsbilanz maßgebend. Inwieweit Umstellungen auf Forderungen hierbei übertragen wurden und übertragen werden durften. richtet sich also nach der Entscheidung in der DMark-Eröffnungsbilanz und nach allgemeinem Bilanzrecht. Als Gläubigerver- (Seuffert) luste kommen auch in Betracht die Verluste aus Forderungen gegen das Reich usw., die nach § 14 Umstellungsgesetz nicht umgestellt wurden, jedoch mit Ausnahme der Forderungen auf Grund der Kriegssachschädenverordnung (§ 194 Abs. 3 Ziffer 5). In der britischen Zone sind solche Verluste teilweise bereits vor der RMark-Schlußbilanz abgezogen worden, was in den anderen Zonen steuerlich nicht möglich war. Sie können deswegen hier nicht mehr zur Minderung des Gewinnsaldos in Frage kommen. Der Ausschuß hat es — nach eingehenden Überlegungen — nicht für notwendig gehalten, auf diese Sonderfälle einzugehen, weil in diesen Fällen der Abzug der Gläubigerverluste bereits steuermindernd gewirkt hat oder doch im Rahmen des § 196 (Abzug der Betriebsverluste) bei der Abgabeberechnung zum Zuge kommt. Nach § 196 ist vom Gewinnsaldo abzugsfähig die Summe der Betriebsverluste vom 1. Januar 1945 bis 20. Juni 1948, soweit sie die Summe der Gewinne in der gleichen Zeit übersteigt. Entsprechend dem Vorschlag des Bundesrats ist dieser Pauschalabzug zugelassen worden, um Verbindlichkeiten aus der Abgabe auszuschalten, die nicht zur Substanzmehrung geführt haben, sondern nur Verluste decken mußten. Die nachträgliche Feststellung der wirklichen Verwendung bestimmter Kredite hätte jedoch ungemeine Schwierigkeiten aufgeworfen. Auch sollte ein Unternehmen, das eigene, vielleicht erst durch Veräußerung von Sachwerten beschaffte Mittel verwandt hat, nicht anders als ein solches behandelt werden, das fremde Mittel in Anspruch genommen hat. Deswegen hat sich der Ausschuß zu dem Vorschlag entschlossen, diese Betriebsverluste ganz allgemein zum Abzug zuzulassen. Die sonstigen Vermögensverluste des Betriebes werden quotal berücksichtigt, d. h. wenn der Vermögensvergleich zwischen dem 1. Januar 1940 und 21. Juni 1948 einen Vermögensrückgang um die Hälfte ergibt, wird auch die Kreditgewinnabgabe um die Hälfte ermäßigt (§ 197). Für den 'Vermögensvergleich sind maßgebend der Einheitswert vom 1. Januar 1940 und der Einheitswert vom 21. Juni 1948, welchem die DMark-Eröffnungsbilanz zugrunde liegt. - Zu- und Abrechnungen sind vorgesehen, um im Einheitswert nicht berücksichtigte Vermögensteile zu erfassen. Durch Zurechnung des Gewinnsaldos zum Anfangsvermögen wurde eine Doppelberücksichtigung der _Glaubigerverluste und der Betriebsverluste ausgeschlossen. Der Ausschuß war sich im klaren darüber, daß hierbei auch Vermögensverluste die Abgabe mindern, die nicht auf Kriegs- oder Kriegsfolgeschäden beruhen, hielt jedoch eine Einzelfeststellung über die Ursache der Vermögensverluste für verwaltungstechnisch nahezu undurchführbar. Die Inanspruchnahme des Vermögensvergleichs zur Minderung der Abgabe setzt voraus, daß der Betriebsinhaber — abgesehen von Erbschaftsfällen — während des ganzen Vergleichszeitraums derselbe geblieben oder wenigstens wirtschaftlich derselbe geblieben ist (§ 197 Abs. 2). Dies schließt Betriebe, die erst nach dem 1. Januar 1940 gegründet worden sind, von der Berücksichtigung etwaiger Vermögensverluste aus, jedoch müssen nach Auffassung des Ausschusses Härten, die sich daraus ergeben könnten, in Kauf genommen werden. Weitergehende Wünsche, insbesondere die vielfach verlangte volle Saldierungsmöglichkeit für alle Kriegsschäden, mußte der Ausschuß ablehnen, weil sie im Ergebnis die Abwälzung der vollen Verluste auf das Fremdkapital bedeutet hätten und damit eine völlig ungerechtfertigte Begünstigung der mit Fremdkapital arbeitenden Unternehmen gegenüber den nur oder überwiegend mit Eigenkapital arbeitenden bedeutet hätte. Auch die Einwände, die gegen die Zugrundelegung der DMarkEröffnungsbilanz für den Vermögensvergleich vorgebracht wurden, mußten zurückgewiesen werden, nachdem die Vorteile der DMark-Eröffnungsbilanz ja hinreichend bekannt sind und nachdem niemand geltend machen kann, daß die von ihm aufgestellte DMark-Eröffnungsbilanz sein Vermögen zu hoch ausweise. In §§ 198 und 199 ist die Zusammenfassung mehrerer Betriebe, die einer natürlichen Person oder einer Personengemeinschaft oder Körperschaft gehören, zur einheitlichen Veranlagung auf Antrag zugelassen. Bei der einheitlichen Veranlagung wird ein Gesamtgewinnsaldo für alle Betriebe sowie ein Gesamtsaldo aus den Betriebsverlusten und -gewinnen ermittelt und auch der Vermögensvergleich für die Gesamtheit der Betriebe durchgeführt. Der abgabepflichtige Gewinnsaldo wird dann auf die Betriebe aufgeteilt (§ 201). An Stelle der einheitlichen Veranlagung kann auch beantragt werden, die zwischen den einzelnen Betrieben bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten beiderseits außer Betracht zu lassen. Der Ausschuß ist bei der Zulassung solcher Zusammenfassungen ziemlich weit gegangen, mußte jedoch noch weitergehende Wünsche der Zusammenfassung wegen wirtschaftlicher Verbundenheit usw. ablehnen, da naturgemäß jede Aufrechnung von Gläubigerverlusten gegen Schuldnergewinne das Aufkommen der Abgabe erheblich in Mitleidenschaft zieht. Für die Kreditgewinnabgabe gelten Ehegatten, die zur Vermögensabgabe zusammen zu veranlagen sind, als eine Person (§ 200). Kinder werden mit Rucksicht auf die lange Laufzeit der Abgabe dagegen ebenso wie bei der Vermögensabgabe als fremde Personen behandelt. Der Freibetrag von 1000 DM (§ 202) schließt Fälle geringer Bedeutung aus. Die Abgabeschuld ist ab 1. Juli 1948 mit 4 % zu verzinsen und ab 1. Juli 1952 mit jährlich 3 % zuzüglich ersparter Zinsen zu tilgen (§ 205). Dies bedeutet eine Tilgung in etwa 21 1/2 Jahren. Die Jahresleistungen sind in vierteljahrlichen Teilbeträgen zu entrichten. Die auf die Zeit vom 1. Juli 1948 bis zum 30. Juni 1952 entfallenden Zinsen sind innerhalb von acht Jahren bis zum 30. Juni 1960 in Teilbeträgen nachzuentrichten (§ 206). An Stelle der dinglichen Sicherung, die auch dort wegfällt, wo bisher die RMark-Verbindlichkeiten dinglich gesichert waren, ist in einer Reihe von Fällen zur Sicherung des Aufkommens die sofortige Fälligkeit der Abgabe vorgesehen (Gefährdung des Abgabeanspruchs, Abwanderung, Auflösung des Betriebs, §§ 207 bis 209). Auch geht die Abgabeschuld bei Veräußerung des Betriebs grundsätzlich auf den Nachfolger über (§ 214). Die Abgabe hat das Konkursvorrecht -für öffentliche Abgaben; jedoch ist es bezüglich der Rückstände auf die in den beiden letzten Jahren vor Konkurseröfnung fällig gewordenen Betrage ausgedehnt und bezüglich der Fälligkeiten nach Konkurseröffnung auf 10 % der Abgabeschuld nach dem Stand vom 21. Juni 1948 beschränkt (§ 210). Auf die Abgabe sind zunächst Vorauszahlungen auf Grund einer Selbstberechnung zu leisten, (Seuffert) außerdem ist innerhalb einer noch zu bestimmenden Frist dem Finanzamt eine Erklärung abzugeben. Im übrigen wird die Abgabe durch Bescheid festgestellt (§§ 211, 212, 215). Die Sondervorschriften für Berlin-West mußten die besonderen Umstellungsvorschriften in Berlin-West und einige Abweichungen in den Steuervorschriften berücksichtigen. Deswegen konnte auch die Zusammenfassung von Betrieben im Bundesgebiet mit Betrieben in Berlin-West zur einheitlichen Veranlagung nicht vorgesehen werden. Jedoch können auf Antrag Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen solchen Betrieben bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen beiderseits außer Ansatz gelassen werden. Zinsen für die Zeit vom 1. Juli 1948 bis 30. Juni 1952 werden in Berlin nicht nacherhoben mit Rücksicht auf die höhere Vermögenssteuer und die Sonderabgaben auf Betriebsvermögen, die dort bereits erhoben worden sind. 6. Vorschriften für mehrere oder alle Ausgleichsabgaben, Abzugsfähigkeit der Lastenausgleichsabgaben (§§ 227-241) Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Atzenroth Der Fünfte Abschnitt enthält Vorschriften, die für mehrere oder alle im Gesetz behandelten Ausgleichsabgaben maßgebend sind und die infolgedessen zweckmäßigerweise zusammengefaßt werden. Es sind das einmal Vorschriften, die die Verwaltung der Abgaben angehen, sodann mehrere Vorschriften materieller Art, wie über die vorzeitige Ablösung der Ausgleichsabgaben, die Zulässigkeit der Tilgung durch Sachleistungen und gewisse Vergünstigungsmaßnahmen im Interesse der Eingliederung Vertriebener. Die Ausgleichsabgaben stellen ihrem Wesen nach zweifellos Steuern dar. § 231 des Entwurfs schreibt demgemäß vor, daß die Reichsabgabenordnung und ihre Nebengesetze auch für die Ausgleichsabgaben gelten. Die Verwaltung der Abgaben soll nach § 232 nach den gleichen Grundsätzen durchgeführt werden wie die Verwaltung der Umsatzsteuer. Das bedeutet, daß die oberste Sachleitung dem Bundesminister der Finanzen zusteht, während die Verwaltung in der Mittelinstanz durch den Oberfinanzpräsidenten in seiner Eigenschaft als Bundesbeamter und besondere ihm unterstellte Bundesbeamte erfolgt. In der unteren Instanz soll die Hilfe der Finanzämter, die ja reine Landesbehorden sind, gegen eine angemessene Entschädigung in Anspruch genommen werden. Für Berlin enthält § 232 a die erforderlichen Sondervorschriften. Die Anwendbarkeit der Reichsabgabenordnung führt grundsätzlich auch dazu, daß Abgaben gestundet oder erlassen werden können, wenn die wirtschaftliche Lage des Abgabepflichtigen das erfordert. Was allerdings einen Erlaß der Vermögensabgabe anlangt, so war sich die Mehrheit des Ausschusses der Folgen bewußt, die sich aus 48 des Entwurfs ergeben. Wenn hiernach den bedürftigsten Abgabepflichtigen (alten oder erwerbsunfähigen Personen mit geringem Einkommen und Vermögen) die Abgabe nicht erlassen, sondern nur gestundet werden darf, so ist daraus als Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, daß ein Erlaß der Abgabe im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage bei Leistungsfähigeren erst recht nicht in Betracht kommen kann. Es bleiben daher für einen Erlaß der Abgabe nur Fälle besonderer Art übrig, z. B. solche, in denen ein Erlaß nicht im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Abgabepflichtigen, sondern zur Beseitigung solcher objektiver Härten notwendig erscheint, die sich aus der Anwendung des Gesetzes ergeben, deren sich aber der Gesetzgeber offensichtlich nicht bewußt gewesen ist. Außerdem ist dabei auch an die Fälle eines außerordentlichen Vermögensverfalls nach dem Währungsstichtag gedacht worden. Auf diesen Erwägungen beruht die vom Ausschuß entsprechend den Anregungen des Bundesrats in den Entwurf aufgenommene Vorschrift des § 231 Abs. 4, nach der die Anwendung des § 131 der Abgabenordnung durch besondere Verwaltungsanordnung des Bundesministers der Finanzen geregelt werden soll. Die Frage, inwieweit Kriegsschäden bei der Bemessung der Abgaben berücksichtigt werden sollen, ist, wie in den Einzelberichten dargestellt, von dem Ausschuß ganz besonders sorgfältig geprüft worden. Wenn auch über das Ausmaß dieser Berücksichtigung Meinungsverschiedenheiten im Ausschuß bestanden, so war er doch in der Frage einig, daß über das Ausmaß der Gesetzgeber allein bestimmen soll. Deshalb kann eine Billigkeitsmaßnahme allein wegen der Tatsache, daß ein Abgabepflichtiger früher ein erheblich höheres, durch Kriegsschäden weggefallenes Vermögen gehabt hat, grundsätzlich nicht in Betracht kommen. Der Abgabepflichtige kann dann auch nicht mit dem Vorbringen gehört werden, er habe noch einen besonderen Investitionsbedarf zur Beseitigung der Kriegsschäden und dieser Bedarf habe den Vorrang vor der Entrichtung einer Ausgleichsabgabe. Diese Einschränkung stellt § 227 ausdrücklich klar. Er ermächtigt aber zugleich die Bundesregierung, Ausnahmen für Gruppen von Fällen zuzulassen, wenn der Grundsatz zu unbilligen Härten führen sollte. — Durch diese Regelung soll der Kriegsgeschädigte selbstverständlich keineswegs schlechter gestellt werden als der Nichtkriegsgeschädigte. Eine Billigkeitsmaßnahme, die im Hinblick auf die wirtschaftliche Notlage des Abgabepflichtigen geboten ist, darf naturgemäß deswegen nicht versagt werden, weil die Notlage auf Kriegsschäden zurückzuführen ist. Eine außerordentlich wichtige Frage ist die der vorzeitigen Ablösung der Ausgleichsabgaben. Je schneller die für die Ausgleichsleistungen erforderlichen Beträge dem Ausgleichsfonds zur Verfügung stehen, um so wirksamer kann alsbald geholfen werden. Der Ausschuß war sich darüber einig, daß deswegen besondere Maßnahmen notwendig sind, um einen Anreiz zur Ablösung der Abgaben vor (Dr. Atzenroth) Fälligkeit der einzelnen Raten zu geben. Dieser Anreiz muß nach Auffassung des Ausschusses dadurch geschaffen werden, daß die aus der Vermögensabgabe sich ergebende Verpflichtung zur Entrichtung von Vierteljahrsbeträgen durch Anwendung eines besonders günstigen Zinssatzes zu kapitalisieren ist. Die Höhe dieses Zinssatzes kann nicht für die ganze Geltungsdauer des Gesetzes im voraus festgelegt werden, weil die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere die Entwicklung des Kapitalmarktes und mithin der Zinsgestaltung nicht auf Jahrzehnte hinaus voraussehbar ist. Nach eingehenden Erörterungen glaubte aber die Mehrheit des Ausschusses, wenigstens für die Zeit bis Ende 1954 den bei der Kapitalisierung anzuwendenden Zinssatz festlegen zu sollen, und zwar auf 10 °/o. Die rechnerischen Einzelheiten sind in der vorgesehenen Rechtsverordnung klarzustellen. In runden Zahlen ergibt sich folgendes Bild: Angenommen, die Vermögensabgabeschuld betrage nach Ermäßigung wegen Kriegssachschäden und nach Anrechnung der Soforthilfeabgabe 15 000 DM. Die 27 Jahre laufende Jahresleistung beträgt dann a b c bei Betriebsvermögen und bei gemischtgenutzten bei Land- und sonstigem Grundstücken Fortswirtschaft Vermögen (5 % ± 3/27) und Wohngrundstucken (6 % ± 3/27) 833 DM (4 % + 3/27) 1000 DM 666 DM Der laufend zu entrichtende Vierteljahrsbetrag ist ein Viertel dieser Jahresleistung. Der Zeitwert der gesamten Abgabeleistung am 1. April 1952 beträgt bei einer Abzinsung mit 5,5 % — wie sie im Bewertungsgesetz für steuerliche Zwecke vorgeschrieben ist – im Falle a b c 14 000 DM 11 '700 DM 9300 DM Der bei einer zu entrichtende Ablösung in Betracht Ablösungswert beträgt im Falle kommende, bei 10 % Zwischenzinsen a b c 9300 DM 7700 DM 6200 DM Für Kleinbeträge an Abgabeschulden — das sind Abgaben mit einem Ablösungswert bis 100 bzw. bis 200 DM auf den 1. April 1952 —, an deren Ablösung ein Verwaltungsinteresse besteht, gibt § 228 a den Finanzämtern die Befugnis, sie im Abgabebescheid alsbald, d. h. binnen 3 Monaten bzw. hälftig binnen 3 und 9 Monaten fällig zu stellen. Dabei soll noch ein zusätzlicher Bonus in Höhe eines Fünftels des Ablösungswerts gewährt werden. Eine besonders schwierige Frage ist die Zulässigkeit von Naturalabgaben anstelle der grundsätzlich vorgeschriebenen Geldzahlungen. Die Frage ist seinerzeit schon für die Soforthilfeabgabe erörtert worden. Von der Möglichkeit der Leistung anderer wirtschaftlicher Werte als Geld ist bisher jedoch nur ein beschränkter Gebrauch gemacht worden. Der Abgabepflichtige, der einen — der 'Bodenreform nicht unterliegenden — landwirtschaftlichen Betrieb oder einen gewerblichen Betrieb an Heimatvertriebene veräußert oder langfristig verpachtet, ist unter bestimmten Voraussetzungen von der Soforthilfeabgabe freigestellt worden; außerdem ist zugelassen worden, daß die von der Bodenreform betroffenen Grundbesitzer die Soforthilfeabgabe unter gewissen Voraussetzungen mit den Wertpapieren entrichten, die sie als Entschädigung für das abgegebene Land erhalten. Es besteht Übereinstimmung, daß für den Lastenausgleich von allen Möglichkeiten Gebrauch gemacht werden muß, durch die seine Ziele schneller und befriedigender erreicht werden; auf der anderen Seite müssen die naheliegenden Gefahren, die sich bei Annahme von Sachwerten aufdrängen, ausgeschlossen werden. Zu einer unwirtschaftlichen Ansammlung eines „Trödelladens" beim Ausgleichsfonds darf es keinesfalls kommen. Die Zulassung der Hingabe von Gegenständen an Zahlungs Statt trägt immer die Gefahr in sich, daß der Abgabepflichtige möglichst solche Werte abstößt, die er am ehesten entbehren kann und die naturgemäß dann für den Fiskus nur schwer verwertbar sein würden. Diese Gefahr besteht auch bei der Hingabe von Grundbesitz, die insbesondere auf dem landwirtschaftlichen Sektor bedeutsam werden könnte. Hier kommt vielfach noch die weittragende Frage hinzu, ob und inwieweit auch bodenreformpflichtiges Land an Zahlungs Statt angenommen werden soll. Der Ausschuß hat den gesamten Fragenkomplex eingehend, auch unter Hinzuziehung von Sachverständigen, erörtert, ist aber zu dem Ergebnis gekommen, daß das Lastenausgleichsgesetz selber zu allen diesen Fragen noch nicht abschließend Stellung nehmen sollte. Die Fragen lassen sich im Augenblick kaum befriedigend beantworten, zumal auch die Bodenreformgesetzgebung noch nicht zu einem Abschluß gekommen ist; die Behandlung der Fragen im einzelnen würde zu einer nicht unerheblichen Verzögerung der Gesetzesverabschiedung führen. § 229 des Gesetzentwurfs weist deshalb die Regelung im einzelnen einer nach Inkrafttreten des Gesetzes zu erlassenden Rechtsverordnung zu. In dieser Rechtsverordnung soll auch zur Förderung der Eingliederung Geschädigter in die Landwirtschaft bestimmt werden können, daß Ausgleichsabgaben durch Hingabe von geeignetem Siedlungsland abgelöst werden können. Gleiches gilt für die Gewährung von Vergünstigungen im Falle der Veräußerung oder langfristigen Verpachtung landwirtschaftlicher oder gewerblicher Betriebe an Geschädigte. Um nun aber die Maßnahmen, die in dieser Beziehung im Rahmen der Soforthilfeabgabe getroffen worden sind, bei Inkrafttreten des Lastenausgleichs nicht abzustoppen, ist in den §§ 229 und 230 des Entwurfs zugleich vorgesehen, daß die bisherigen Vergünstigungen, die in den §§ 5 bis '7 der Zweiten Durchführungsverordnung zum steuerlichen Teil des Soforthilfegesetzes angeordnet worden sind, bis zum Erlaß der vorgesehenen neuen Rechtsverordnungen für die Vierteljahrsraten der Vermögensabgabe weiter gelten. Der Sechste Abschnitt des Zweiten Teils ist im Laufe der Ausschußberatungen neu eingefügt worden. Er faßt der Übersichtlichkeit halber die im Regierungsentwurf zumeist bei den einzelnen Abgaben enthalten gewesenen Bestimmungen über die Abzugsfähigkeit bzw. Nichtabzugsfähigkeit der Ausgleichsabgaben bei den arideren Abgaben und Steuern an einer Stelle zusammen. Dabei sind auch die Sonderbestimmungen für Berlin mit eingefügt. Hervorzuheben ist folgendes: Die Vermögensteuer für den am 1. Januar 1949 beginnenden Hauptveranlagungszeitraum wird nach dem Vermögensstande vom 21. Juni 1948 erhoben. (Dr. Atzenroth) Bei der Ermittlung des Gesamtvermögens auf diesen Tag wären normalerweise die Vermogensabgabe, die Hypothekengewinnabgabe und die Kreditgewinnabgabe, die einheitlich als am Währungsstichtag entstanden gelten, abzuziehen. Das würde dazu führen, daß mit der Veranlagung der Vermögensteuer 1949 bis zu der — wenigstens vorläufigen — Veranlagung der drei genannten Lastenausgleichsabgaben gewartet werden müßte; die Vermögensteuer für die Jahre 1949 und die folgenden Jahre würde dann erst in den Jahren 1953 und 1954 veranlagt werden können. Eine derartige Regelung wäre für die vermögensteuerpflichtigen Kreise wie für die Verwaltung unerträglich. Der Ausschuß schlägt daher vor, von dem Abzug der Vermögensabgabe, der Hypothekengewinnabgabe und der Kreditgewinnabgabe bei der Ermittlung des Gesamtvermögens für die Vermögensteuerveranlagung 1949 ff. abzusehen und als Ersatz dafür gewisse Hilfsbeträge zum Abzug zuzulassen: statt der Vermögensabgabe den Betrag von 35 % des auf den 21. _Juni 1948 ermittelten Gesamtvermögens und statt der Hypothekengewinnabgabe und der Kreditgewinnabgabe den Betrag der Umstellungsgrundschulden (§§ 233 und 235). Das auf den 21. Juni 1948 für die Vermögensteuer 1949 ff. ermittelte Gesamtvermögen ist nach § 18 zugleich grundsätzlich auch die Bemessungsgrundlage für die Vermögensabgabe. Dabei mußte selbstverständlich der Pauschalbetrag, der zur Abgeltung der Vermögensabgabe bei der Ermittlung dieses Gesamtvermögens abgezogen worden ist, dem Vermögen wieder hinzugerechnet werden. (§ 236 Nr. 1). Die rohe, für die Vermögensteuer erträgliche Methode der Berücksichtigung der Hypothekengewinnabgabe und der Kreditgewinnabgabe durch den Abzug der Umstellungsgrundschulden wäre bei der Vermögensabgabe im Hinblick auf ihre Höhe untragbar. Diese beiden Lastenausgleichsabgaben müssen daher für die Vermögensabgabe mit ihrem tatsächlichen Wert vom 21. Juni 1948 abgezogen werden (§ 236 Nr. 2). Die praktisch wohl wichtigste Frage ist die, ob und inwieweit die Vermögensabgabe bei der Einkommensermittlung abzugsfähig sein soll. Die auf die Vermögensabgabe zu entrichtende Vierteljahrsbeträge enthalten, wie in dem Bericht über die Vermögensabgabe näher dargelegt, neben der Tilgung einen Zinsanteil. Es ist ein von jeher unbetrittener Grundsatz des Einkommensteuerrechts, Zinsen als einkommensmindernd anzuerkennen. Die Mehrheit des Ausschusses war der Auffassung, daß an diesem Grundsatz auch für die Vermögensabgabe festzuhalten ist. Der Abzug des tatsächlichen Zinsanteils, der in jedem Vierteljahrsbetrag enthalten ist, machte deshalb Schwierigkeiten, weil hei der Vermögensabgabe — im Gegensatz zur Hypothekengewinnabgabe und Kreditgewinnabgabe — eine Aufspaltung der Leistungen in Tilgungs- und Zinsanteil unterbleibt. Für den Zinsanteil konnte daher nur ein Pauschalabzug bestimmt werden. Der Ausschuß schlägt — in Übereinstimmung mit der Regierungsvorlage — vor, ein Drittel der Vierteliahrsbeträge als bei der Einkommensermittlung abzugsfähig zu behandeln. Er ist sich darüber klar, daß diese rohe Regelung manche Wünsche unerfüllt läßt: Da sich der Zinsanteil der Leistungen mit zunehmender Tilgung verringert, hätte er an sich für den ersten Teil der Laufzeit höher als für spätere Teile festgesetzt werden müssen; da der Zinsanteil bei der 6 %igen Annuität (Betriebsvermögen) erheblich höher ist als bei der 4 %igen (Landwirtschaft, Wohnhausbesitz), hatte er an sich für die erste Gruppe entsprechend hoher als fur die zweite bestimmt werden müssen. Aus Grunden der-Verwaltungsvereinfachung mußte jedoch auf eine derartige individuelle Ausgestaltung verzichtet werden und eine hierdurch nochmals erhohte Belastung des Betriebsvermogens hingenommen werden. — Aus Grunden der Gleichmaßigkeit der Besteuerung soll die Vorschrift über die Abzugsfähigkeit eines Drittels der Vierteljahrsbetrage auch fur die Falle gelten, in denen die Abgabeschuld später von einem anderen übernommen wird, z. B. in Anrechnung auf den Kaufpreis für Vermogen, das der andere von dem Abgabepflichtigen erwirbt. Da die Vermogensabgabe eine Personensteuer ist, ist der Abzug des Drittels nicht als Betriebsausgabe oder als Werbungskosten, sondern als Sonderausgabe geltend zu machen. Nur bei Körperschaften, bei denen nach herrschender Meinung Sonderausgaben nicht möglich sind, ist der Abzug Betriebsausgabe. Diese verschiedene Regelung soll aber nichts an der Tatsache ändern, daß die Zinsen, soweit sie auf das Betriebsvermögen entfallen, echte Kosten darstellen. Ein Abzug bei der Einkommensermittlung kommt für die bei vorzeitiger Fälligkeit oder bei freiwilliger Ablösung zu entrichtenden Beträge naturgemaß nicht in Betracht, da der in diesen Fällen zu leistende Zeitwert oder Ablösungswert einen Zinsanteil nicht enthält (vgl. zu allem § 239 Abs. 1 Nr. 1). Bei der Hypothekengewinnabgabe und der Kreditgewinnabgabe ist die Frage der Abzugsfähigkeit nicht schwierig. Bei beiden Abgaben heben sich Zinsen und Tilgungsleistungen klar von einander ab. Nur die Zinsen sind steuerlich abzugsfahig (§ 239 Abs. 1 Nr. 3). i Die als Lastenausgleichsabgabe vorgesehene Vermögensteuer — einschließlich der Übergangsabgabe – soll bei der Einkommensteuer wie bisher behandelt werden, d. h. als Sonderausgabe abzugsfähig sein. Bei der Körperschaftsteuer kommt wie- bisher ein Abzug nicht in Betracht (§ 239 Abs. 1 Nr. 2). Bei der Gewerbesteuer kommt nach Ansicht der Mehrheit des Ausschusses weder ein Abzug unter dem Gesichtswinkel von Zinsen bei der Gewerbeertragsteuer noch ein Abzug der beiden Währungsgewinnabgaben beim Gewerbekapital in Betracht (§ 240 Abs. 1). Die Abgaben können mit Dauerschulden verglichen werden, die bei der Gewerbesteuer bekanntlich wie Eigenkapital behandelt werden. Eine weitere besondere einkommensteuerliche Vorschrift entspricht ebenfalls dem Regierungsentwurf. Es ist dies § 239 Abs. 3 des Entwurfs. Er hebt § 26 Abs. 2 des Soforthilfegesetzes rückwirkend auf. Diese Bestimmung erklarte Zinsen und Tilgungsbetrage aus Umstellungsgrundschulden, soweit sie auf die Soforthilfeabgabe angerechnet wurden, bei der Einkommensermittlung für nicht abzugsfähig; dagegen sollten die überschießenden Betrage, gleichviel, ob sie Zinsen oder Tilgungsleistungen waren, das Einkommen mindern. Die Bestimmung ließ sich schon immer schwer mit den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts vereinbaren und ist wohl nur daraus zu erklären, daß man im Jahre 1948, als das Soforthilfegesetz geschaffen wurde, noch keine endgültige Klarheit hatte über das Wesen und die abschließende Behandlung der Leistungen aus Umstellungsgrundschulden, die ja zunächst nur den Lastenausgleich sichern sollten. Nunmehr soll grundsätzlich mit (Dr. Atzenroth) Rückwirkung ab 1. April 1949 der Zustand hergestellt werden, der den einkommensteuerlichen Grundsätzen entspricht, d. h. es sollen nur die Zinsen abzugsfähig sein, diese aber dann ohne Rücksicht darauf, ob sie bei der Soforthilfeabgabe angerechnet worden sind oder nicht. Bereits seit 1950 ist übrigens in den Einkommensteuerrichtlinien durch Zulassung entsprechender Stundungen dieser Rechtsauffassung vorläufig Rechnung getragen. Soweit nach § 26 Abs. 2 des Soforthilfegesetzes bereits ein höherer Abzug bei der Einkommensteuerveranlagung zugelassen worden ist, soll es nach dem Gesetzentwurf für die Veranlagungszeiträume 1949 und 1950 allerdings bei dem höheren Abzug verbleiben, um nicht die Veranlagungen in großerem Umfange neu aufrollen zu müssen. 7. Handelsrechtliche Bilanzierungsvorschriften (§§ 242-250) Berichterstatter: Abgeordneter Seuffert Der Siebente Abschnitt des Zweiten Teils befaßt sich lediglich mit Vorschriften handels. rechtlicher Art. Die steuerlichen Vorschriften behandelt abschließend und sachlich völlig selbständig bereits der Sechste Abschnitt. Die bedeutsamste handelsrechtliche Frage ist die, ob die Vermögensabgabe bei den Kapitalgesellschaften als Passivposten ausgewiesen werden muß oder nicht. Nach dem DMark-Bilanzgesetz sind Verbindlichkeiten, die sich aus dem Lastenausgleich ergeben, in der DM-Eröffnungsbilanz nicht anzusetzen. Selbst die Umstellungsgrundschulden mußten nur vermerkweise unter dem Abschluß festgehalten werden (§ 14 Abs. 1 DMBG). In sehr vielen Fällen ist demgemäß bei der Neufestsetzung des Nennkapitals in den DM-Eröffnungsbilanzen die in Aussicht stehende Belastung mit Lastenausgleichsabgaben nicht berücksichtigt worden. Eine nachträgliche zwangsweise Einfügung der hohen Vermögensabgabe als Schuld würde vielfach zu wesentlichen Änderungen der Bilanz, vielleicht zu nicht unerheblichen Veränderungen des Nennkapitals führen. Der Kapitalmarkt würde dadurch zweifellos ungünstig beeinflußt werden. Bei Passivierung der Abgabe bestünde auch die Gefahr, daß ein höherer Gewinn verteilt wird. Rein juristisch ist zwar zweifellos die Vermögensabgabe eine passivierungspflichtige Verbindlichkeit; dies ist sowohl vom Regierungsentwurf wie vom Institut der Wirtschaftsprüfer anerkannt und hervorgehoben worden. Die erwähnten wirtschaftspolitischen und rechtlichen Erwägungen haben trotzdem den Ausschuß veranlaßt, von der Passivierungspflicht abzusehen. Maßgebend war dabei auch, daß die Frage der Passivierung oder Nichtpassivierung weder das Aufkommen des Lastenausgleichs noch die Sicherheit der Abgabe berührt, so daß in diesem Punkt wirtschaftlichen und handelsrechtlichen Erwägungen der Vorrang gegeben werden konnte. Die Abgabe muß aber zur Unterrichtung der Öffentlichkeit und der Gläubiger in der Bilanz mit ihrem jeweiligen Gegenwartswert ebenso wie der auf sie zu entrichtende Vierteljahresbetrag vermerkt werden. Dabei ist ein Zinsfuß von 4 1/2 % zugrunde zu legen; das ergibt, bemessen auf den Wahrungsstichtag, für den von einer 30jährigen Laufzeit der Abgabe auszugehen ist, einen Zeitwert von etwa 50 % des Vermogens (die Tatsache, daß die Entrichtung der nach Abrechnung der Soforthilfeabgabe verbleibenden Sofortabgabeschuld auf 27 Jahre zusammengezogen worden ist, hat auf diese Berechnung keinen Einfluß). Diese Bestimmungen finden sich in § 242 Abs. 1. Es bleibt den Gesellschaften jedoch unbenommen, einen Passivposten zu bilden. Sie dürfen aber auch nach § 242 Abs. 2 des Entwurfs eine „Rücklage für die Lastenausgleichs-Vermögensabgabe" bilden, die im wesentlichen zweckgebunden ist. Für Personengesellschaften (OH, KG) sowie für Einzelunternehmen kommt eine Passivierung der Vermögensabgabe in der Handelsbilanz grundsätzlich deswegen nicht in Betracht, weil die Vermögensabgabe als Personensteuer die einzelnen Mitunternehmer als Abgabepflichtige, nicht aber den Betrieb als solchen angeht. Die Kreditgewinnabgabe und die — bei gewerblichen Betrieben nur in Ausnahmefällen in Betracht kommende — Hypothekengewinnabgabe sind dagegen echte Betriebsschulden und müssen in jedem Falle, sowohl bei den Körperschaften als auch beim Einzelkaufmann und bei der Personengesellschaft, als Passivum ausgewiesen werden (§ 243). Die Passivierung und der Bilanzvermerk brauchen für die bereits durchgeführten Bilanzierungen nicht nachgeholt zu werden. Sie sind aber in jeder Bilanz, die nach dem Tage der Verkündung des Gesetzes aufgestellt wird, vorzunehmen. Es entfällt also die in § 14 Abs. 2 des DMark-Bilanzgesetzes vorgesehene Berichtigung der DM-Eröffnungsbilanz; diese Vorschrift muß deshalb aufgehoben werden (§ 249 Abs. 1). Zur Bildung der Passiven bzw. des Rücklagepostens können andere Rücklagen einschließlich der gesetzlichen Rücklage verwendet werden. Auch kann das Nennkapital — in erleichterter Form — herabgesetzt werden (§§ 244, 246). Notfalls kann ein Gegenposten auf der Aktivseite, der sogenannte Lastenausgleichsgegenposten, gebildet werden. Ein solcher Luftposten darf aber nur eingesetzt werden, um die Pflichtpassivierung der Kreditgewinnabgabe oder der Hypothekengewinnabgabe zu ermöglichen (§ 245). Für Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sind entsprechende — der besonderen Rechtsform angepaßte — Vorschriften vorgesehen. Es kann hier an Stelle einer Kapitalherabsetzung auf die Geschäftsguthaben der -am Wahrungsstichtag beteiligten Genossen zurückgegriffen werden (§ 244 Abs. 4). Für den Fall des Ausscheidens solcher Genossen regelt § 248 noch besonders die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens im Hinblick auf die den Genossen anteilig treffenden Lastenausgleichsabgaben. Die hierfur im DMark-Bilanzgesetz enthaltene Vorschrift des § 72 Abs. 2 Satz 2 muß nunmehr gestrichen werden (§ 249 Abs. 2). 8. Allgemeine Vorschriften über die Ausgleichsleistungen, Schadensfeststellung (§§ 251-265) Berichterstatter: Abgeordneter D r. von Golitschek Der Erste Abschnitt des Dritten Teils enthält die für den Dritten Teil grundlegenden Vorschriften über die Arten der Ausgleichsleistungen und die Voraussetzungen ihrer Gewährung. Die Gewährung von Ausgleichsleistungen setzt voraus, daß einer der vier in den §§ 9 bis 12 genannten Schadenstatbestände vorliegt; Schäden anderer Art, insbesondere solche von Sowjetzonenflüchtlingen, können nur in dem Rahmen der Vorschriften über den Härtefonds berücksichtigt werden. Der Entwurf geht also in Übereinstimmung mit- der Regierungsvorlage davon aus, daß eine Berücksichtigung samtlicher Kriegs- und Kriegsfolgeschäden in diesem Gesetz nicht möglich ist. Damit soll jedoch, wie sich auch aus § 392 des Entwurfs ergibt, nicht ausgeschlossen werden, daß im Wege der Gesetzgebung außerhalb des Lastenausgleichsgesetzes noch eine Regelung auch für andere Kriegs- und Kriegsfolgeschäden erfolgen wird. Die Vorschrift, wonach Ausgleichsleistungen auf Grund von Kriegssachschäden nur gewährt werden, wenn diese im Bundesgebiet oder in Berlin (West) entstanden sind, entspricht der Regelung, die bereits im Feststellungsgesetz getroffen ist. Im Hinblick auf die derzeit bestehenden staatsrechtlichen Verhältnisse und auf die begrenzte Wirtschaftskraft der Bundesrepublik ergab sich keine Möglichkeit, auch Schäden, die in der sowjetischen Besatzungszone entstanden sind, zu berücksichtigen. Dagegen werden Schäden in Berlin (West) solchen im Bundesgebiet gleichgestellt. Übereinstimmend mit der Regierungsvorlage unterscheidet der Entwurf zwischen Ausgleichsleistungen mit Rechtsanspruch und solchen ohne Rechtsanspruch. Auf Ausgleichsleistungen, die einen Vermögensverlust voraussetzen und der ersatzweisen Eigentumsbildung dienen sollen, wird ein Rechtsanspruch gewährt, so auf Hauptentschädigung, Hausratentschädigung und auf Entschädigung im Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener; ferner wird, obwohl hier ein Vermögensverlust nicht notwendig vorausgesetzt ist, ein Rechtsanspruch auf Kriegsschadenrente gewährt, um den Alten und Erwerbsunfähigen die Gewißheit zu geben, daß ihre Versorgung sichergestellt ist. Die übrigen Ausgleichsleistungen, die im wesentlichen der Eingliederung dienen und weniger Entschädigungscharakter als vielmehr eine soziale Zielsetzung haben, werden ohne Rechtsanspruch gewährt. Die Unterscheidung zwischen Ausgleichsleistungen mit und ohne Rechtsanspruch ist aber keine Bewertung ihrer Rangfolge und Bedeutung. Soweit ein Rechtsanspruch auf Ausgleichsleistungen gewährt wird, gilt dieser als mit dem 1. April 1952 in der Person des Geschädigten entstanden. Derselbe Stichtag wird, wie sich aus § 397 des Entwurfs ergibt, auch für das Feststellungsgesetz und das Währungsausgleichsgesetz für maßgebend erklärt. Die Bedeutung des Stichtags liegt darin, daß von diesem Zeitpunkt ab der Anspruch, wie bei den einzelnen Ausgleichsleistungen dargelegt wird, im Grundsatz nach den allgemeinen erbrechtlichen Vorschriften vererbt und übertragen werden kann, während bis dahin nur der unmittelbar Geschädigte und nach dessen Tod seine näheren Angehörigen sich auf den erlittenen Schaden berufen können. Da der Lastenausgleich seine beschränkten Mittel auf die betroffenen Menschen konzentrieren muß, beschränkt sich der Entwurf — in Anlehnung an die im Feststellungsgesetz vorgesehene Regelung — auf die Gewährung von Ausgleichsleistungen an natürliche Personen. Verluste Vertriebener sollen jedoch auch dann berücksichtigt werden, wenn sie in Anteilen an juristischen Personen bestehen, wie sich schon aus der Fassung der Schadenstatbestände im Ersten Teil des Entwurfs ergibt. Kriegssachschäden werden, wie bereits hervorgehoben, nach dem Grundsatz der belegenen Sache beurteilt; ein Rechtsanspruch auf Ausgleichsleistungen wegen solcher Schäden wird also dann und nur dann gewährt, wenn sie im Bundesgebiet oder in Berlin (West) entstanden sind, gleichviel, ob der Geschädigte im Bundesgebiet oder etwa in der sowjetischen Besatzungszone oder im Ausland wohnt. Dagegen erschien es, um eine unerwünschte Sogwirkung auf das Bundesgebiet auszuschließen, notwendig, die Geltendmachung eines Vertreibungsschadens und eines Ostschadens davon abhängig zu machen, daß der Geschädigte an einem bestimmten in der Vergangenheit liegenden Stichtag im Bundesgebiet oder in Berlin (West) ständigen Aufenthalt genommen hat. Als solcher ist nicht, wie im Soforthilfegesetz, der Währungsstichtag, sondern ein näher in der Gegenwart liegender Stichtag, der 31. Dezember 1950, gewählt worden, um Härten für Personen, die erst nachher zugezogen sind, möglichst auszuschließen. Ausnahmen von diesem Stichtag sind in Übereinstimmung mit dem Entwurf eines Bundesvertriebenengesetzes vorgesehen für später geborene Kinder, für Spätheimkehrer und Spätvertriebene, in gewissem Umfang für Personen, die im Wege der Familienzusammenführung in das Bundesgebiet zugezogen sind, sowie für Angehörige des öffentlichen Dienstes, insbesondere des diplomatischen und des konsularischen Dienstes, die bereits vor dem Stichtag ins Ausland versetzt worden sind. Dagegen hielt der Ausschuß in seiner Mehrheit es nicht für berechtigt, die weitergehenden Ausnahmen vom Stichtagsprinzip, die der Entwurf eines Bundesvertriebenengesetzes vorsah, in das Lastenausgleichsgesetz zu übernehmen. Dies gilt insbesondere für die Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Ausgleichsleistungen an solche – echten — Vertriebenen, die nachträglich wegen politischer Verfolgung die sowjetische Besatzungszone verlassen mußten; der Ausschuß war der Meinung, daß es nicht gerechtfertigt wäre, diese Personen günstiger zu behandeln als andere Sowjetzonenflüchtlinge, die nur im Rahmen des Härtefonds Berücksichtigung finden können. Im übrigen herrschte im Ausschuß die Auffassung vor, daß es keineswegs zwingend sei, Personen, denen aus menschlichen oder sozialen Gründen Betreuungsmaßnahmen im Rahmen des Vertriebenengestzes zuteil werden sollen, in jedem Falle darüber hinaus auch Rechtsansprüche im Lastenausgleichsgesetz zu gewähren. (Dr. von Golitschek) Daß Ausgleichsleistungen wegen erlittener Vertreibungsschäden nur an deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volkszugehörige gewährt werden können, ergibt sich aus der Natur der spezifisch gegen Deutsche gerichteten Vertreibungsmaßnahmen und aus dem hieraus entwickelten Begriff des Vertriebenen selbst. Im übrigen wird der Anspruch auf Ausgleichsleistungen ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Geschädigten gewährt; auch ein Ausländer oder Staatenloser erhält demnach wegen seiner im Bundesgebiet etwa entstandenen Kriegssachschäden einen Anspruch auf Ausgleichsleistungen, und zwar auch dann, wenn er im Ausland wohnt. Der die Feststellung von Schäden betreffende Teil des Gesetzes mußte gegenüber der Regierungsvorlage völlig neu gefaßt werden, weil insoweit nunmehr weitgehend das Feststellungsgesetz maßgebend ist. Der Entwurf sieht vor, daß Ausgleichsleistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, nur gewährt werden, wenn der Schaden festgestellt ist (§ 258). Soweit die Feststellung des Schadens nach dem Feststellungsgesetz möglich ist, ist sie für die Entschädigung verbindlich; für den Antrag auf Feststellung wird im Entwurf eine Ausschluß-frist (1 Jahr nach Inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes) festgesetzt (§ 259). In verschiedenen Fällen werden Ausgleichsleistungen (insbesondere Kriegsschadenrente) aber auch zur Abgeltung von Schäden gewährt, die nach dem Feststellungsgesetz nicht festgestellt werden, nämlich von Sparerschäden und von Schäden durch Verlust der beruflichen oder sonstigen Existenzgrundlage. Für beide Fälle enthält der Entwurf die erforderlichen Einzelvorschriften. Sparerschäden werden mit dem vollen rechnerischen Nennbetrag des Umstellungsverlustes angesetzt (§ 263). Bei Feststellung des Verlustes der beruflichen oder sonstigen Existenzgrundlage wird vom Durchschnittseinkommen der letzten Vorkriegsjahre (1937 — 1939) ausgegangen; der Ausschuß hat die Vorschrift dahin ergänzt, daß bei Kleinsteinkommen (früheres Einkommen bis 35 DM monatlich) und bei früherem Bezug von Fürsorgeleistungen ein feststellbarer Verlust der Existenzgrundlage nicht vorliegt (§ 262). 9. Hauptentschädigung (§§ 266-275) Berichterstatter: Abgeordneter Schütz Die Hauptentschädigung steht im Mittelpunkt der Ausgleichsleistungen insofern, als sie die „quotale" Abgeltung von Vermögensschäden — abgesehen von solchen an Hausrat — darstellt. Diese Vermögensschäden können (§§ 9 bis 11) als Vertreibungsschäden, Kriegssachschäden und Ostschäden am Einheitswertvermögen (Land- und Forstwirtschaftliches Vermögen, Grundvermögen und Betriebsvermögen) und an Gegenständen der Berufsausübung entstanden sein, daneben als Vertreibungsschäden und Ostschäden auch an geldwerten Ansprüchen und Beteiligungen (§ 266). Ausgenommen sind Schäden an Reichsmarkspareinlagen, für die Entschädigung im Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener gewährt wird. Auf die Hauptentschädigung hat der Geschädigte einen vermögensrechtlichen Anspruch, der frei vererblich und übertragbar, aber nicht pfändbar ist (§ 267). Nach dem Feststellungsgesetz wird nicht eine einheitliche Schadenssumme festgestellt, sondern jeder Schaden im einzelnen; außerdem werden auf dem Vermögen ruhende Schulden besonders festgestellt, soweit es sich nicht um Betriebsschulden handelt. Für die Entschädigung bestimmt § 268, wie solche Schulden zu berücksichtigen sind. Bei Vertreibungsschäden und Ostschäden hat sich der Ausschuß nach eingehenden Beratungen dem Vorschlag der Regierungsvorlage angeschlossen, den Vertriebenen auf land- und forstwirtschaftlichen Vermögen ruhende Schulden nur mit dem halben Nennbetrag vom Vermögen abzusetzen. Dieser Beschluß beruht auf einer Reihe von Gründen und geht von der Erkenntnis aus, daß eine völlig gerechte und dabei praktisch durchführbare Regelung nicht gefunden werden kann. Einerseits mußte anerkannt werden, daß die Einheitswerte vielfach, und zwar in einem von Fall zu Fall sehr unterschiedlichen Umfang, Abweichungen von den Verkehrswerten aufgewiesen haben. Ferner sind Schulden im Bundesgebiet durch die Währungsreform im Verhältnis 10 : 1 umgestellt, später allerdings meist durch Währungsgewinnabgaben neuerdings erfaßt worden. Endlich sind die Beweisschwierigkeiten für eine genaue Feststellung der Schulden besonders groß; die notwendig sich ergebenden Feststellungsschwierigkeiten werden aber desto größer, je größer die Auswirkung des Vorhandenseins von Schulden auf die Entschädigungsregelung ist. Bei Kriegssachschäden findet ein Schuldenabzug überhaupt nicht statt, weil ja der Kriegssachgeschädigte durch den Schaden zwar sein Vermögen, nicht aber seine Schulden verloren hat. Von dem Schaden werden lediglich diejenigen Beträge abgesetzt, um die später die vom Kriegssachgeschädigten geschuldete Hypothekengewinnabgabe wegen solcher Kriegsschäden vermindert worden ist. Geldansprüche der Bewohner des Bundesgebiets sind 1948 durch die Währungsreform im Verhältnis 10 : 1 oder 100 : 6,5 umgestellt worden. Dem mußte auch bei der Berücksichtigung von Geldansprüchen der Vertriebenen dadurch Rechnung getragen werden, daß solche Ansprüche bei der Entschädigungsregelung nur mit dem Umstellungssatz angesetzt werden. Die Hauptentschädigung soll mit einem Grundbetrag (§ 269) festgesetz werden. Über die Festlegung dieses Grundbetrages haben im Ausschuß sehr eingehende Beratungen stattgefunden. Sie bezogen sich vor allem darauf, ob für den Grundbetrag ein Höchstbetrag festgelegt werden solle und ob für die Ermittlung des Grundbetrages von einer Auf- und Abrundung der Schäden bzw. von der Bildung von Schadensgruppen ausgegangen werden solle. (Schütz) Die Regierungsvorlage war davon ausgegangen, daß höchstens ein Schaden von 150 000 RM bei der Hauptentschädigung berücksichtigt werden sollte; diesem Schaden sollte ein Grundbetrag von 15 000 DM entsprechen. Nach langen Beratungen hat sich die Mehrheit des Ausschusses dafür entschieden, von einer Begrenzung der Hauptentschädigung nach oben abzusehen, den Entschädigungshundertsatz aber bei höher werdenden Schäden immer mehr absinken zu lassen derart, daß 2 Millionen RM übersteigende Verluste nur noch mit einem Grundbetrag von 2 % des Schadens abgegolten werden. Im Zusammenhang hiermit ergab sich eine Änderung technischer Art derart, daß die Grundbeträge nicht mehr in absoluten Zahlen genannt, sondern in Prozenten des Schadensbetrags ausgedrückt werden. Dabei wird nach dem Anstoßsystem verfahren, d. h. die Entschädigung für höhere Schäden wird jeweils dem für geringere Schäden sich ergebenden Grundbetrag zugerechnet. Bei Ausrechnung beträgt — um einige Beispiele zu geben — der Entschädigungshundertsatz bei einem Schaden von 5000 RM etwa 50 v. H., von 20 000 RM etwa 30 v. H., von 50 000 RM etwa 17 v. H. und von 120 000 RM etwa 12 v. H. des Schadensbetrags. Die Regierungsvorlage hatte die Bildung von 15 Schadensgruppen vorgesehen; es sollten also, vorwiegend zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, die Schadensbeträge für die Berechnung des Grundbetrags verhältnismäßig weitgehend auf- und abgerundet werden. Der Bundesrat hatte eine noch weitergehende Zusammenfassung der Schadensgruppen (10) befürwortet. Bei den Ausschußberatungen haben sich über diese Frage längere Auseinandersetzungen ergeben, wobei die eine Seite eine mehr oder weniger weitgehende Auf- und Abrundung der Beträge zur Verfahrensvereinfachung befürwortete, die andere Seite aber die Meinung vertrat, daß durch die Auf- und Abrundung der Schäden sich Härten und Ungleichmäßigkeiten ergeben könnten, weil dann sich durch die „innere Degression" innerhalb der Schadensgruppen nicht unerhebliche Unterschiede für die Geschädigten ergeben könnten. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich abschließend dafür entschieden, von allen Vorschriften über eine Auf- und Abrundung der Schäden oder über die Bildung von Schadensgruppen abzusehen. Die Regierungsvorlage war von der Zuerkennung vorläufiger Grundbeträge ausgegangen und hatte vorgesehen, daß die endgültigen Grundbeträge durch ein binnen 5 Jahren zu erlassendes Gesetz festgelegt werden sollten. Der Ausschuß hatte Bedenken, daß bei dieser Fassung bei den Geschädigten die Befürchtung entstehen könnte, daß die endgültigen Grundbeträge auch geringer sein könnten als die vorläufigen Grundbeträge. Er hat deshalb beschlossen, die Grundbeträge jetzt schon als endgültige festzusetzen, aber festzulegen, daß durch ein spätestens bis zum 31. März 1957 zu erlassendes Gesetz bestimmt werden soll, ob und in welchem Umfang die Grundbeträge erhöht werden. Diese Vorschrift erscheint richtig, weil heute. weder die Ergebnisse der Schadensfeststellung, noch die kommende Entwicklung des Aufkommens aus den Ausgleichsabgaben bekannt sind. Daher muß bei der Bemessung der Grundbeträge vorsichtig verfahren werden. Es besteht aber die Möglichkeit, daß nach einigen Jahren auf Grund der dann vorliegenden genaueren Unterlagen eine Verbesserung der Entschädigungsleistungen vorgenommen werden kann. Aus dem Grundbetrag errechnet sich der dem Geschädigten tatsächlich zustehende Auszahlungsbetrag dadurch, daß den Vertriebenen und Evakuierten als „Entwurzelungszuschlag" zunächst 10 °/o hinzugerechnet werden. Ferner muß der Grundbetrag, wenn der unmittelbar Geschädigte verstorben und von mehreren beerbt ist, auf die Erben aufgeteilt werden. Entschädigungszahlungen nach der Kriegssachschädenverordnung werden auf ihn mit 10 v. H. angerechnet. Eine Vorschrift von entscheidender Wichtigkeit ist, daß nach § 272 Abs. 1 Nr.1 die Zuerkennung eines Grundbetrags insoweit nicht in Betracht kommt, als der Geschädigte unter Berücksichtigung dieses Grundbetrags mehr als 50 v. H. seines Vermögens vor der Schädigung sich erhalten würde. Der Lastenausgleich mutet den Abgabepflichtigen die Abgabe der Hälfte ihres Vermögens zu. Die Entschädigungsbeträge sollen deshalb, allerdings in vereinfachter Regelung, nicht dazu dienen, mehr als 50 v. H. des ursprünglichen Vermögens wiederherzustellen. Von großer Bedeutung ist ferner, daß die Geschädigten, insbesondere die Kriegssachgeschädigten, vielfach auch Entschädigungsleistungen in der Form erhalten, daß ihre Abgabeschuld (nach §§ 30 ff.) verringert wird. Diese Verringerung der Abgabeschuld ist eine besondere Form der Entschädigung; der Grundbetrag wird infolgedessen um den entsprechenden Betrag gekürzt (§ 272 Abs. 1 Nr. 3). Der Rechtsanspruch auf Hauptentschädigung wird vom 1. Januar 1953 ab mit 4 % jährlich verzinst; die Zinsbeträge wachsen dem Hauptanspruch zu (§ 274). Die Reihenfolge der Auszahlung der Ansprüche auf Hauptentschädigung bestimmt sich nach der sozialen und volkswirtschaftlichen Dringlichkeit (§ 275). Bis zu dem Erlaß des nach § 269 Abs. 2 vorbehaltenen Gesetzes wird jedoch Hauptentschädigung niemals als solche, sondern ausschließlich nach den für die Eingliederungsdarlehen geltenden Grundsätzen gewährt. 10. Eingliederungsdarlehen (§§ 276-284) Berichterstatter: Abgeordneter Schütz Im Ausschuß bestand Übereinstimmung darüber, daß mit der Auszahlung der Hauptentschädigung nicht ohne weiteres sofort begonnen werden kann, sondern daß besonders in den ersten Jahren die Gewährung von Leistungen auf das Ziel der Eingliederung der Geschädigten abgestellt sein muß. Die Regierungsvorlage hatte für diesen Zeitraum die Gewährung von Vorauszahlungen auf die Hauptentschädigung als „Eingliederungshilfe" vorgesehen. Der Ausschuß hat die Grundsätze dieser Regelung jedoch verändert, weil er der Auffassung war, daß die starre Bindung an die Grundbeträge der Hauptentschädigung es nicht in allen Fällen ermöglichen würde, das Eingliederungsziel zu er- (Schütz) reichen. Auf Grund dieser Beratungen sind an die Stelle der Eingliederungshilfe Eingliederungsdarlehen getreten, die nach der gesetzlichen Regelung sich den Bedürfnissen des Einzelfalles beweglicher anpassen können und die entweder unmittelbar an die einzelnen Geschädigten oder unter Zusammenfassung von Mitteln zur Beschaffung von Dauerarbeitsplätzen für Geschädigte gewährt werden sollen. Aus dieser doppelten Zielsetzung ergab sich eine Zweiteilung der Vorschriften über die Eingliederungsdarlehen. (Eingliederungsdarlehen bei Ostschäden sind nicht vorgesehen, weil in diesen Fällen kaum jemals durch die Schädigung die Existenz verlorengegangen ist.) Die Eingliederungsdarlehen an einzelne Geschädigte (Aufbaudarlehen) sollen im Regelfall die Eingliederung derjenigen Geschädigten ermöglichen oder erleichtern, die eine selbständige Existenz verloren haben und eine neue selbständige Existenz begründen wollen (§ 277). Ein besonders wichtiger Fall dieser Eingliederung wird die Ansiedlung der heimatvertriebenen Landwirte sein. Daneben können Aufbaudarlehen, um besonderen Bedürfnissen der Kriegssachgeschädigten Rechnung zu tragen, auch gewährt werden, um den Wiederaufbau zerstörten oder beschädigten Grundbesitzes zu ermöglichen. Endlich kann sich die Eingliederung auch in der besonderen Form des Baus einer Wohnung am Ort eines gesicherten Arbeitsplatzes vollziehen; hierfür sollen die Mittel in Höhe der erforderlichen Eigenleistung den Geschädigten zur Verfügung gestellt werden. Die Aufbaudarlehen werden zwar in der Regel Geschädigten zu gewähren sein, die Vermögensschäden erlitten haben. Doch ist dies nicht unbedingt erforderlich. Der Entwurf (§ 278) fordert nur, daß das Eingliederungsvorhaben dem Umfang der erlittenen Schädigung angemessen sein soll. Der Höchstbetrag eines Aufbaudarlehens soll 15 000 DM betragen. Wenn allerdings ein Anspruch auf Hauptentschädigung festgestellt ist oder nachträglich festgestellt wird, tritt an die Stelle der Darlehnsgewährung insoweit die endgültige Leistung an den Geschädigten; in diesen Fällen kann das Eingliederungsdarlehen über 15 000 DM hinaus bis zur Höhe des festgestellten Anspruchs auf Hauptentschädigung gegeben werden, vorausgesetzt, daß die Leistung in dieser Höhe durch den Eingliederungszweck geboten ist (§ 278). Das Aufbaudarlehen ist, soweit es sich nicht in Hauptentschädigung verwandelt, im Regelfall mit 3 v. H. zu verzinsen und in 10 Jahren zu tilgen. Ein sehr großer Teil der Geschädigten, insbesondere der Vertriebenen, hat die Existenzgrundlage verloren, ohne daß andere Vermögensschäden als Hausratschäden vorliegen würden. Die Eingliederung dieser Geschädigten muß vielfach nicht in der Form der Begründung eines selbständigen Berufes, sondern in der Beschaffung einer geeigneten Arbeitnehmertätigkeit erfolgen. Dies kann einerseits durch Bereitstellung einer Wohnung am Arbeitsort im Wege eines Aufbaudarlehns geschehen. Außerdem aber ist für diesen Fall vom Ausschuß (als zusätzliche Form der Eingliederung) die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen (durch Arbeitsplatzdarlehen) vorgesehen worden, wie sie übrigens bereits zur Zeit aus Soforthilfemitteln erfolgt. Allerdings hatte der Ausschuß zu berücksichtigen, daß solche Darlehen sich sehr eng mit allgemeinen wirtschaftspolitischen Aufgaben des Staates berühren, die üblicherweise aus Haushaltsmitteln zu erfüllen sind. Die Mehrheit des Ausschusses war deshalb der Auffassung, daß solche Arbeitsplatzdarlehen nur in beschränkter Höhe (bis höchstens 75 000 DM an einen Betrieb) gegeben werden dürfen und daß außerdem der das Darlehen übernehmende Betrieb selbst (nach näherer Maßgabe des § 282) geschädigt sein muß. Obwohl bei der Zielsetzung dieser Maßnahme der geschädigte Arbeitnehmer im Vordergrund steht, sollte doch auch dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die Darlehnsgewährung daneben auch für den Betrieb eine erhebliche Stärkung bedeuten kann. Um die besonders sorgfältige Auswahl der Betriebe und damit die Sicherheit der zu schaffenden Arbeitsplätze zu gewährleisten, hat der Ausschuß beschlossen, daß ein solches Darlehen nur gegeben werden darf, wenn ein Kreditinstitut die Bürgschaft in Höhe von 10 v. H. übernimmt. 11. Kriegsschadenrente (§§ 285-315) Berichterstatter: Abgeordnete Frau Dr. Weber (Essen) Die angemessene Form des Schadensausgleichs für alte und erwerbsunfähige Geschädigte, die ihre Alters- und Invaliditätsversorgung verloren haben, ist die Rente. Obwohl der Entwurf den Gedanken eines produktiven Lastenausgleichs stark betont, konnte doch aus sozialen und 'menschlichen Gründen nicht darauf verzichtet werden, für Alte und Erwerbunfähige eine solche Rente vorzusehen. Diese Rente kann grundsätzlich entweder in der Form einer Vollversorgung gewährt werden, die bei Personen, die hilfsbedürftig im Sinne der Fürsorgegrundsätze sind, im Grundsatz zugleich an die Stelle der öffentlichen Fürsorge tritt. Dieses Prinzip, das Entschädigung und Fürsorge verbindet, liegt der Unterhaltshilfe des Soforthilfegesetzes zugrunde. Die andere grundsätzliche Möglichkeit einer Versorgung besteht darin, den Geschädigten eine nach Schadenshöhe gestaffelte Rente zu gewähren, die für sich allein keine Vollversorgung bedeutet, die aber unabhängig von sonstigen Einkünften und unabhängig von der Fürsorge ausschließlich unter dem Gesichtspunkte der Entschädigung gewährt wird. Der Regierungsentwurf hat aus den in der Begründung zur Drucksache Nr. 1800 eingehend dargelegten Motiven den zweiten Weg gewählt und damit die Natur der vorgesehenen Rente als einer echten Entschädigung für erlittene Kriegsschäden betont. Die im Regierungsentwurf vorgesehene „Kriegsschadenrente" sollte nach Höhe und Schwere des Kriegsschadens differenziert und nach (Frau Dr. Weber [Essen]) Lebensalter gestaffelt sein. Da sonstige Einkünfte, wie insbesondere Rentenbezüge, Arbeitseinkommen, Miet- und Zinseinnahmen nicht angerechnet werden sollten, wäre auf diese Weise außerdem eine wesentliche Vereinfachung des Verfahrens erzielt worden. Gleichwohl hat der Lastenausgleichsausschuß sich nicht dazu entschließen können, insoweit der Regierungsvorlage zu folgen. Die Sätze der Kriegsschadenrente nach der Regierungsvorlage hätten den beschränkten finanziellen Möglichkeiten entsprechend so gering ausfallen müssen, daß die Geschadigten, sofern ihnen nicht neben der Kriegssonderrente noch andere Einkünfte zur Verfügung stehen, daneben öffentliche Fürsorge hätten in Anspruch nehmen müssen. Eine Rückverweisung der Masse der Geschädigten an die öffentliche Fürsorge erschien dem Ausschuß jedoch nicht tragbar. Der Ausschuß hat sich daher entschlossen, das Prinzip der Vollversorgung und das Prinzip der Entschädigung bei der Gestaltung der nunmehr vorgesehenen Kriegsschadenrente zu verbinden. Den Geschädigten soll zunächst als „sozialer Sockel" eine bescheidene Vollversorgung, die der Entwurf nach dem Vorbild des Soforthilfegesetzes als „Unterhaltshilfe" bezeichnet, garantiert werden. Wahlweise oder auch ergänzend zur Unterhaltshilfe ist eine „Entschädigungsrente" vorgesehen, die — insoweit in Anlehnung an das Prinzip des Regierungsentwurfs — sich nach der Höhe und Schwere des Kriegsschadens sowie nach dem Lebensalter des Geschädigten bestimmt. Der Begriff der Kriegsschadenrente nach dem vorliegenden Entwurf umfaßt sowohl die Unterhaltshilfe wie die Entschädigungsrente. Kriegsschadenrente wird zur Abgeltung von Vertreibungsschäden, Kriegssachschäden, Ostschäden und Sparerschäden gewahrt. Die Berücksichtigung der Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten bei der Kriegsschadenrente war von allem Anfang an selbstverstandlich. Uber die Einbeziehung der Ostgeschädigten waren die Meinungen des Ausschusses zunächst geteilt. Es wird sehr selten vorkommen, daß ein alteingesessener Bewohner des Bundesgebiets durch Verluste in den deutschen Ostprovinzen seine Altersversorgung eingebüßt hat; gerade in den verbleibenden wenigen Fällen würde der Ausschluß aber nach der überwiegenden Meinung des Ausschusses als Härte empfunden worden sein. Obwohl eine besondere Altsparerregelung in § 391 einem Sondergesetz vorbehalten bleibt, war es die allgemeine Auffassung des Ausschusses, daß den alten und erwerbsunfähigen Sparern schon jetzt in der Gestalt der Kriegsschadenrente eine bescheidene Versorgung gewährleistet werden müsse. Kriegsschadenrente erhält grundsätzlich nur der unmittelbar Geschädigte oder, falls dieser verstorben ist, seine Ehefrau. Die Beschränkung des Personenkreises erschien notwendig, um zu vermeiden, daß das beschränkte Aufkommen des Lastenausgleichs in Form von Renten für entfernte Angehörige des unmittelbar Geschädigten, die dessen Hauptentschädigungsanspruch erben, zur Verfügung gestellt werden muß. Eine Ausnahme besteht lediglich — in Anlehnung an die Regelung der Kleinrentnerhilfe nach dem ersten Weltkrieg — zu Gunsten der alleinstehenden Tochter eines Geschädigten, die bis zum Tode der Eltern für ihre Angehörigen hauswirtschaftliche Arbeiten geleistet hat und das durch die Schädigung betroffene Vermögen geerbt hätte. Voraussetzung der Kriegsschadenrente ist, daß der Geschädigte das 65., eine Frau das 60. Lebensjahr vollendet hat oder zu mehr als 50 v. H. erwerbsunfähig ist. Wer heute die Altersvoraussetzung noch nicht erfüllt, kann demnach noch 3 Jahre lang -in die Kriegsschadenrente „hineinwachsen"; eine Begrenzung des Zugangs war aus Gründen der Liquidität des Fonds notwendig und ist damit zu rechtfertigen, daß jüngere Personen sich nach der Schädigung im allgemeinen eine bescheidene Altersversorgung wieder haben schaffen können. Lebhaft diskutiert war im Ausschuß die Frage, ob es aus sozial- und arbeitspolitischen .Gründen nicht richtiger wäre, Erwerbsunfähigkeit nur dann anzunehmen, wenn der Geschädigte dauernd außerstande ist, ein Drittel der Einkünfte eines gesunden Menschen zu erwerben; der Ausschuß hat sich jedoch schließlich entschlossen, insoweit an den Grundsätzen des Sozialversicherungsanpassungsgesetzes im Rahmen des Lastenausgleichs nicht zu rühren. Weitere Voraussetzung der Kriegsschadenrente ist, daß dem Geschädigten nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen die Bestreitung des Lebensunterhalts nicht möglich oder zumutbar ist; das Nähere hierüber ist bei der Unterhaltshilfe und bei der Entschädigungsrente verschieden geregelt. Ein allgemeiner Grundsatz der Kriegsschadenrente des Entwurfs ist ferner, daß sie nicht nur zum Ausgleich von Vermögensschäden gewährt wird, sondern auch bei Verlust der beruflichen und sonstigen Existenzgrundlage. Obwohl der Lastenausgleich nach dem Grundgedanken des Entwurfs in erster Linie Vermögensverluste berücksichtigen soll, erschien es aus sozialen Gründen gerade bei der Kriegsschadenrente unerläßlich, auch den Existenzverlust als solchen zu berücksichtigen. Die Unterhaltshilfe des Entwurfs lehnt sich in ihren Voraussetzungen und in ihrer Höhe an die entsprechende Regelung des Soforthilfegesetzes an, enthält daneben aber gegenüber dem Soforthilfegesetz wesentliche Verbesserungen. Bei der Ermittlung des Einkommenshöchstbetrags bleiben sonstige Einkünfte des Geschädigten aus sozialen Gründen teilweise unberücksichtigt. Dies gilt zunächst für Unterhaltsleistungen von Verwandten und für karitative Leistungen sowie hinsichtlich der Freibeträge für Personen, die infolge von Kriegsbeschädigungen oder durch Unfallfolgen erwerbsbeschränkt sind. Bei der Anrechnung von Arbeitseinkommen ist eine gegenüber dem Soforthilfegesetz gerechtere Lösung gefunden worden, die das unbefriedigende Ergebnis vermeidet, daß Arbeitseinkommen bis zu einer bestimmten Höhe ganz freigestellt war, jedoch voll angerechnet wird, wenn diese Grenze überschritten ist. Eine Verbesserung gegenüber dem Soforthilfegesetz bedeutet es ferner, daß freiwillige Zuwendungen des Staates und freiwillige Leistungen, die mit Rücksicht auf ein früheres Dienst- oder Arbeitsverhältnis oder auf eine frühere selbständige Berufstätigkeit gewährt werden, insbesondere Werkspensionen und etwaige an ihre Stelle tretende staatliche Beihilfen, nicht oder nur in bescheidenem Umfang als Einkünfte angerechnet werden. Auch Einkünfte von Kindern werden günstiger behandelt, und zwar gleichviel, ob es sich um Rentenleistungen oder sonstige Einkünfte handelt. Durch die vorgesehenen Freistellungen könnten sich bei ihrem Zusammentreffen in Einzelfällen so erhebliche Gesamteinkünfte ergeben, daß es ge- (Frau Dr. Weber [Essen]) .rechtfertigt erschien, in § 294 Abs. 2 eine Auffanggrenze vorzusehen, die beim Doppelten des Einkommenshöchstbetrages liegt. Ein noch erhalten gebliebenes Vermögen des Geschädigten wird nur berücksichtigt, wenn es den Betrag von 5000 DM übersteigt und außerdem die Verwertung dieses Vermögens zumutbar ist. Auch diese Regelung bedeutet eine Verbesserung gegenüber dem Soforthilfegesetz, das grundsätzlich nur die Verwertung eines Vermögens bis zum Wert von 500 DM als nicht zumutbar erklärte. Die Sätze der Unterhaltshilfe sind dieselben wie nach dem Soforthilfegesetz. Jedoch ist darauf hinzuweisen, daß nach § 378 Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe vorgesehen sind; ein besonderes Gesetz hierüber wird gleichzeitig vorgelegt werden. Die Unterhaltshilfe wird grundsätzlich auf Lebenszeit gewährt (Leibrente), und zwar stets dann, wenn durch die Schädigung die Existenzgrundlage des Berechtigten auf die Dauer vernichtet worden ist. Die Unterhaltshilfe wird nur dann auf begrenzte Zeit gewährt, wenn das verlorene Vermögen so gering war, daß es ohnehin nicht eine dauernde Altersversorgung gesichert hätte. Für Vorzugsrentner, Liquidationsrentner des ersten Weltkriegs und Kleinrentner sieht der Entwurf eine Regelung vor, die im wesentlichen die früheren Leistungen wiederherstellt. Damit ist für einen kleinen Kreis überwiegend sehr alter Menschen, die meist durch zwei Geldentwertungen völlig verarmt sind, endlich eine im ganzen befriedigende Lösung gefunden worden. In weiten Kreisen der Geschädigten ist es als Mangel empfunden worden, daß das Soforthilfegesetz nicht ihre Versorgung auch in kranken Tagen vorgesehen hat. Der Entwurf sucht diesem Mangel abzuhelfen, indem nunmehr in umfassender Weise eine Krankenversorgung der Geschädigten allgemein sichergestellt wird. Diese Krankenversorgung stellt eine zusätzliche Leistung zu den Barbezügen der Unterhaltshilfe dar. Eine weitere soziale Verbesserung des Entwurfs ist es, daß für Empfänger von Unterhaltshilfe gegen einen geringfügigen Beitrag von 1 DM bzw. 0,50 DM monatlich ein Sterbegeld in Höhe-von je 240 DM für den Berechtigten und seinen Ehegatten gewährt wird. Die Entschädigungsrente des Entwurfs trägt anders als die Unterhaltshilfe reinen Entschädigungscharakter, wie schon der Name andeutet. Sie ist insofern der Kriegsschadenrente des Regierungsentwurfs vergleichbar. Entschädigungsrente wird in erster Linie zum Ausgleich von Vermögensverlusten gewährt. Um Härten bei dem Verlust eines höheren Einkommens zu vermeiden, sieht der Entwurf aber auch bei Verlust der beruflichen oder sonstigen Existenzgrundlage eine Entschädigungsrente vor, deren Höhe je nach dem durchschnittlichen Einkommen der Jahre 1937 bis 1939 in vier Stufen gestaffelt ist. Die Höhe der Entschädigungsrente bei Vermögensverlusten beträgt — gleichsam als Verzinsung der später zur Auszahlung kommenden Hauptentschädigung — 4 v. H. des Grundbetrags der Hauptentschädigung. Hierzu tritt bei Personen, die bereits das 65. Lebensjahr überschritten haben, je 1/2 v. H. für jedes weitere am 1. Januar 1952 vollendete Lebensjahr. Dieser weitere Zuschlag stellt eine vorausgenommene teilweise Tilgung der Hauptentschädigung für Personen dar, für die nach ihrem Alter eine Verweisung auf eine erst nach Jahren erfolgende Hauptentschädigung eine besondere Härte darstellen würde. Es hätte nahegelegen, die Gewährung von Entschädigungsrente nicht an die Voraussetzung eines Einkommenshöchstbetrages zu knüpfen. Diese Regelung war jedoch aus finanziellen Gründen nicht durchführbar. Der Einkommenshöchstbetrag ist aber in Anlehnung an die für die Abgabeseite geltenden Grundsätze verhältnismäßig hoch, nämlich mit 200 DM monatlich für den Berechtigten, mit 50 DM für die Ehefrau und mit 20 DM für jedes Kind, angesetzt worden. Als Auffanggrenze bei Zusammentreffen der Entschädigungsrente mit solchen Einkünften, die nach § 291 Abs. 2 grundsätzlich nicht oder nur teilweise berücksichtigt werden, hat der Ausschuß das Eineinhalbfache des Einkommenshöchstbetrages als angemessen betrachtet. Ertragloses Vermögen bleibt bei der Entschädigungsrente unberücksichtigt. Entschädigungsrente kann entweder neben der Unterhaltshilfe oder für sich allein gewährt werden. Wer Unterhaltshilfe bezieht, kann daneben Entschädigungsrente nur erhalten, wenn der Grundbetrag seiner Hauptentschädigung 5000 DM übersteigt oder wenn er den Verlust eines überdurchschnittlich hohen Einkommens geltend machen kann; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so gilt die Entschädigungsrente durch die Unterhaltshilfe als abgegolten. Entschädigungsrente allein werden vor allem diejenigen Personen beantragen können, deren sonstiges Einkommen den in § 291 vorgesehenen Höchstbetrag, bei Alleinstehenden also 70 DM, übersteigt, sowie Personen, für die der Auszahlungsbetrag der Unterhaltshilfe infolge Anrechnung sonstiger Einkünfte nur gering wäre. Da der Gewährung von Entschädigungsrente sonst eine genaue Schadensfeststellung vorausgehen müßte, sind Vorauszahlungen auf die Entschädigungsrente neben der Unterhaltshilfe vorgesehen, wenn der Berechtigte glaubhaft machen kann, daß ihm ein Vermögensschaden von mehr als 20 000 RM entstanden ist. In den Gemeinsamen Vorschriften über die Kriegsschadenrente (Unterhaltshilfe und Entschädigungsrente) wird neben einer Reihe technischer Einzelheiten vor allem der Beitrag der öffentlichen Haushalte und das Verhältnis der öffentlichen Fürsorge zur Unterhaltshilfe geregelt. Danach sollen die öffentlichen Haushalte zum Ausgleich der von ihnen ersparten Fürsorgeleistungen einen Betrag von zunächst je 250 Millionen DM jährlich aufbringen; in den Jahren ab 1957 verringert sich dieser Beitrag, da von da an mit einem Absinken der Zahl der Unterhaltshilfeempfänger zu rechnen ist. Bestimmend für diese Regelung war der Gedanke, daß es nicht Aufgabe des Lastenausgleichs sein kann, die Fürsorgehaushalte auf die Dauer zu entlasten, wie dies nach dem Soforthilfegesetz in vorläufiger Weise geschehen ist, und daß es auch nicht zu rechtfertigen wäre, ein aus dem Vermögen stammendes Aufkommen zu Lasten der produktiven Zwecke des Lastenausgleichs für eine Rente auszugeben, die jedenfalls zur Hälfte Sozialcharakter hat. Da nunmehr die Fürsorgehaushalte zur Unterhaltshilfe beitragen, ist abweichend von dem Soforthilfegesetz jetzt auch vorgesehen worden, daß der Anspruch auf Nachzahlungen an Unterhaltshilfe für einen Zeitraum, in dem der Fürsorge- (Frau Dr. Weber [Essen]) verband richtsatzmäßige Leistungen und Mietbeihilfen oder Pflege in einer Anstalt usw. gewährt hat, grundsätzlich auf den Fürsorgeverband übergeht. Soweit Berechtigte trotz Empfangs der Kriegsschadenrente einschließlich der Teuerungszuschläge hilfsbedürftig im Sinne der Fürsorgegrundsätze bleiben, was allerdings nur ausnahmsweise, insbesondere in Großstädten, vorkommen wird, gelten ergänzend die allgemeinen fürsorgerechtlichen Bestimmungen. 12. Hausratentschädigung (§§ 316-324) Berichterstatter: Abgeordneter Ohlig Die Hausratentschädigung soll, wie die Hauptentschädigung, einen Vermögensschaden abgelten. Es war vorgeschlagen worden, sie daher als besondere Ausgleichsleistung überhaupt zu beseitigen und in die Hauptentschädigung einzubeziehen. Der Ausschuß hat aber nach eingehenden Beratungen mit überwiegender Mehrheit beschlossen, entsprechend der Regelung der Regierungsvorlage eine besondere Hausratentschädigung vorzusehen. Die Gründe lagen vor allem darin, daß die Zahl der Empfänger der Hausratentschädigung weit größer ist als die Zahl der Empfänger der Hauptentschädigung; bei der Hausratentschädigung muß notwendig in besonderem Maße nach Pauschalierungsgrundsätzen verfahren werden, weil heute — 7 und 12 Jahre nach der Schädigung — kein genauer Nachweis über den verlorenen Hausrat, insbesondere von den Vertriebenen, mehr geführt werden könnte. Der Ausschuß ist aber zu dem Ergebnis gekommen, daß die in der Regierungsvorlage vorgesehenen Sätze der Hausratentschädigung (400 DM zuzüglich Familienzuschlag) nicht als ausreichend angesehen werden können. Er hat beschlossen, diese Sätze einerseits zu erhöhen, andererseits — im mäßigen Umfang — nach dem Ausmaß des erlittenen Schadens abzustufen. Ex hat dabei in Kauf genommen, daß durch die Erhöhung der Sätze der Zeitraum bis zur vollen Abwicklung der Hausratentschädigung, die j a ihrem Wesen nach möglichst rasch gewährt werden sollte, sich notwendig verlängern muß. Schon bei Beschlußfassung über das Feststellungsgesetz war bestimmt worden, daß — wegen der Unmöglichkeit der genauen Feststellung des verlorenen Hausrats im einzelnen — an die Stelle einer eigentlichen Schadensfeststellung der pauschalierte Ansatz eines nach dem früheren Einkommen oder Vermögen abgestuften Schadensbetrages treten soll; im Feststellungsgesetz sind vier Pauschalstufen vorgesehen. Der Ausschuß ist nunmehr zu dem Ergebnis gekommen, daß — mit Wirkung auch für das Feststellungsgesetz — im Interesse der dringlich gebotenen Erleichterung und Beschleunigung der verwaltungsmäßigen Durchführung der Entschädigung — nur von drei Schadensstufen ausgegangen werden soll, die (nach § 318) einem früheren Einkommen bis zu 4000 RM, bis zu 6500 RM und über 6500 RM oder den im Gesetz diesen Einkommen gleichgestellten Vermögensbeträgen entsprechen sollen. Die Entschädigungssätze für diese drei Stufen betragen 800, 1200 und 1400 DM; hierzu kommen für die Ehefrau und für minderjährige Kinder Familienzuschläge. Der Ausschuß hat mit Mehrheit beschlossen, den Entschädigungsanspruch nur dann anzuerkennen, wenn der Geschädigte im Durchschnitt der Jahre 1949 bi; 1951 nicht ein Einkommen von mehr als 10 000 DM und am 1. April 1949 nicht ein Vermögen von mehr als 35 000 DM gehabt hat; der Einkommensbetrag erhöht sich für die Ehefrau und für minderjährige Kinder (§ 316). Der Anspruch auf Hausratentschädigung kann, im Gegensatz zum Anspruch auf Hauptentschädigung, nur innerhalb des engeren Familienverbandes vererbt werden (§ 317). Auf den Anspruch werden Entschädigungszahlungen, insbesondere nach der Kriegssachschädenverordnung und nach dem Soforthilfegesetz, nach § 319 angerechnet. Während die Ansprüche auf Hauptentschädigung in einer Reihenfolge erfüllt werden, die sich nach sozialen und volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten bestimmt, richtet sich die Reihenfolge der Erfüllung der Ansprüche auf Hausratentschädigung nach sozialen Gesichtspunkten. Die Frage der Vorauszahlungen auf die Hausratentschädigung hat der Ausschuß in Abweichung von der Regierungsvorlage nach § 320 wie folgt geregelt: zunächst werden allen Geschädigten in der Reihenfolge der sozialen Dringlichkeit die Ansprüche auf Hausratentschädigung in der Höhe der ersten Stufe (also 800 DM zuzüglich der Familienzuschläge) erfüllt; zur Vermeidung einer Zersplitterung der Leistungen ist dieser Betrag in höchstens 2 Teilen auszubezahlen. Erst nach Befriedigung dieser Ansprüche werden für denjenigen Teil der Geschädigten, denen höhere Ansprüche zuerkannt sind, die Restbeträge ausbezahlt. Von einer gesetzlichen Vorschrift hinsichtlich einer Zweckbindung der Hausratentschädigung hat der Ausschuß nach eingehenden Beratungen mit Mehrheitsbeschluß abgesehen. Maßgebend war für die Auffassung der Mehrheit, daß es den Geschädigten unbenommen bleiben soll, die entsprechenden Mittel auch für die berufliche Eingliederung oder die Beschaffung von Wohnraum unter Zurückstellung ihrer Hausratbedürfnisse zu verwenden. 13. Wohnraumhilfe (§§ 325-327) Berichterstatter: Abgeordneter Meyer (Bremen) Bei den Ausschußberatungen bestand Übereinstimmung darüber, daß der Bau von Wohnungen für die Geschädigten eine der wichtigsten Eingliederungsaufgaben überhaupt darstellt. Diese Aufgabe hat angesichts der großen Zahl der Geschädigten, die noch in Notlagern oder sonst in menschenunwürdigen Unterkünften hausen müssen, größte soziale Bedeutung. Sie hat aber auch große volkswirtschaftliche Bedeutung deswegen, weil zahlreiche Geschädigte auf an sich vorhandenen Arbeitsplätzen die Arbeit deswegen nicht aufnehmen können, weil sie keine Wohnung am Arbeitsort finden. Die Wohnraumhilfe soll die Erstellung von Wohnungen für Geschädigte, die die Wohnung verloren haben und überhaupt noch nicht oder noch nicht am Arbeitsplatz eine Wohnung finden konnten, ermöglichen. Der Bau von Wohnungen für Geschädigte ist au c h eine Aufgabe der öffentlichen Haushalte; doch ist es zweifelsfrei, daß die finanziellen Mittel der öffentlichen Haushalte bis auf weiteres nicht ausreichen, um in den nächsten Jahren auch nur dem dringendsten Bedarf im Bereich des Wohnungsbaus gerecht zu werden, und daß deshalb eine Mitwirkung auch des Ausgleichsfonds bei der Durchführung dieser Aufgabe unerläßlich ist. Die Wohnraumhilfe wird derart gewährt, daß der Ausgleichsfonds nachrangige Förderungsdarlehen nach den Grundsätzen des Ersten Wohnungsbaugesetzes mit der Zweckbindung bereitstellt, daß die unter Zuhilfenahme dieser Darlehen geschaffenen Wohnungen ausschließlich Geschädigten zur Verfügung gestellt werden. Diese Darlehen sind von den ersten Darlehnsnehmern (im Hinblick auf das Erste Wohnungsbaugesetz in der Regel von den Ländern) dem Ausgleichsfonds gegenüber zu tilgen. Von der Forderung einer Verzinsung ist abgesehen worden, weil eine solche Verzinsung nach dem derzeitigen und voraussichtlich bis auf weiteres maßgebenden Stand der Baukosten einerseits, der für die Geschädigten tragbaren Mieten andererseits von den Geschädigten niemals in den Mieten auf- gebracht werden könnte und sich daher nur als neue zusätzliche Belastung der öffentlichen Haushalte dargestellt hätte. Leitender Grundsatz für den Einsatz der Mittel für Wohnraumhilfe ist, daß die Mittel so einzusetzen sind, daß der Bau einer möglichst. großen Zahl von Wohnungen für Geschädigte ermöglicht wird. Daneben ist bestimmt, daß als Bauträger Vertriebene und Kriegssachgeschädigte den Vorrang haben. Eine weitere Vorschrift, wonach außerdem diejenigen Fälle den Vorrang haben sollen, in denen die geförderten Wohnungen Eigentumswohnungen (in den verschiedenen rechtlich möglichen Formen) sind, ist bei den Beratungen gestrichen worden; insoweit könnte erforderlichenfalls der Präsident des Bundesausgleichsamts nach § 346 Abs. 1 Satz 1 bei der Darlehnsgewährung Näheres bestimmen. Bei der Beratung über diese Vorschriften bestand Klarheit darüber, daß die außerordentlich hohen Summen, die in den letzten Jahren — aus Soforthilfemitteln und Umstellungsgrundschulden zusammen — für den Wohnungsbau für Geschädigte bereitgestellt werden konnten (im letzten Jahre etwa 900 Millionen DM) in Zukunft nicht mehr werden erreicht werden können, weil sonst die Mittel insbesondere für Eingliederungsdarlehen und Hausratentschädigung zu sehr beschränkt werden müßten. Die Meinungen im Ausschuß darüber, wie hoch der Betrag für Wohnraumhilfe anzusetzen sei, waren jedoch geteilt. Die Regierungsvorlage hatte für diesen Zweck das Aufkommen aus der Hypothekengewinnabgabe bestimmt. Die Mehrheit des Ausschusses entschloß sich dazu, die Mittel für die Wohnraumhilfe auf (in den nächsten Jahren) jährlich 300 Millionen DM festzusetzen; ein Teil des Ausschusses hatte die Verwendung eines höheren Betrages für diesen Zweck gewünscht. Zu beachten ist, daß- weitere Mittel für den Wohnungsbau für die Geschädigten in nicht unerheblichem Umfang auch im Rahmen der Eingliederungsdarlehen bereitgestellt werden; doch handelt es sich insoweit nicht um nachrangige Förderungsdarlehen, sondern um die Bereitstellung der Eigenleistung, also um eine stärker auf den individuellen Fall abgestellte Leistung. 14. Härtefonds, Sonstige Förderungsmaßnahmen, Währungsausgleich (§§ 328-331) Berichterstatter: Abgeordneter Kriedemann Die Leistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz sind, sowohl was die persönlichen Voraussetzungen wie auch was die Form der Leistungen betrifft, genau festgelegt. Wegen der Beschränkung des Lastenausgleichsgesetzes auf den darin festgelegten Personenkreis und auf die darin festgelegten Schadenstatbestände ergeben sich Härten für solche Geschädigte und bei solchen Schadenstatbeständen, die im Gesetz nicht ausdrücklich berücksichtigt werden konnten, obwohl der Zusammenhang der Schädigung mit den Ereignissen der Kriegs- und Nachkriegszeit unbezweifelbar ist. Für den Ausgleich solcher Härten stellt der Entwurf Mittel in Form eines sogenannten Härtefonds zur Verfügung. Aus dem Härtefonds können die im Gesetz sonst genannten Leistungen solchen Personen gegeben werden, die einen Schaden erlitten haben, der den im Gesetz ausdrücklich berücksichtigten Schäden entspricht oder ähnlich ist und solchen, die dadurch in Notlage geraten sind, daß sie einen solchen Schaden erlitten haben. Ohne daß damit eine Benachteiligung einzelner Gruppen von Geschädigten beabsichtigt war, wurden diejenigen, die wegen einer ihnen drohenden unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben aus der sowjetischen Besatzungszone oder aus dem sowjetischen Sektor von Berlin geflüchteten Personen im Abs. 1 des § 328 ausdrücklich erwähnt. Mit dem Härtefonds sollen die Möglichkeiten ausgebaut werden, die im § 73 des (Kriedemann) Soforthilfegesetzes bereits enthalten waren. Der Ausschuß war sich klar darüber, daß der § 328 den dringenden Forderungen nicht in vollem Umfange entspricht, die auf Schaffung von klaren Rechtsansprüchen insbesondere zugunsten der Ostzonenflüchtlinge immer wieder erhoben worden sind. Wegen einer Reihe von schwerwiegenden Gründen hat er sich aber nicht entschließen können, über die Formulierungen des § 328 hinauszugehen. Abgesehen von dem Umstand, daß die in der sowjetischen Besatzungszone eingetretenen Schäden in ihrer Rechtsnatur außerordentlich unterschiedlich sind, waren auch die politischen Konsequenzen zu bedenken, die sich aus einer Einbeziehung der Ostzonenflüchtlinge ergeben müßten. Nähere Bestimmungen über die Leistungen aus dem Härtefonds sowie über die Voraussetzungen ihrer Inanspruchnahme in das Gesetz aufzunehmen, erschien wegen der Vielfalt der Fälle weder zweckmäßig noch möglich. Solche Einzelheiten sind deshalb einer Rechtsverordnung überlassen worden, in deren Rahmen die individuelle Einzelregelung Sache des Präsidenten des Bundesausgleichsamts ist. In Auswertung der mit dem Soforthilfegesetz gemachten guten Erfahrungen sollen neben den Regelleistungen, die das Gesetz den darin berücksichtigten Geschädigten zuerkennt, weitere Leistungen für die wirtschaftliche und soziale Förderung der Geschädigten gegeben werden. Der Ausschuß hat die Aufgaben, zu deren Erfüllung Mittel bereitgestellt werden sollen, genau umschrieben. Mit der Maßgabe, daß diese Mittel ausschließlich Geschädigten zugute kommen müssen, sollen sie eingesetzt werden für Berufsausbildung und Umschulung, für die Errichtung von Heim- und Ausbildungsstätten und für den Aufbau für Einrichtungen der Wohlfahrtspflege. Die Einzelregelung ist auch hier Sache des Präsidenten des Bundesausgleichsamtes, der für seine Entscheidungen der Zustimmung des Kontrollausschusses bedarf. Durch eine Bestimmung, über die an anderer Stelle berichtet werden wird, ist dafür Sorge getragen, daß dem Härtefonds und den eben behandelten Förderungsmaßnahmen so viel Mittel aus den Einnahmen zugunsten des Lastenausgleichs zur Verfügung stehen, wie es nach Abwägen der verschiedenen Aufgaben, die im Rahmen dieses Gesetzes erfüllt werden müssen, möglich erscheint. Die Übernahme von Bürgschaften zwecks Erleichterung der Kreditversorgung der Geschädigten regelt § 330. Da den Geschädigten in der Regel die für die Kreditgewährung sonst üblichen Sicherheiten fehlen, bietet die Möglichkeit einer Bürgschaft seitens des Fonds gegenüber den Kreditgebern zweifellos eine wesentliche Hilfe bei der Neugründung von Existenzen und der wirtschaftlichen Stärkung von Unternehmungen Geschädigter. Der Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener gehört zweifellos zu den Aufgaben, deren Lösung dem Lastenausgleich obliegt, unbeschadet der Tatsache, daß die einzelnen Bestimmungen für diesen Währungsausgleich in einem selbständigen Gesetz bereits getroffen worden sind. Dieser Zusammenhang wird dadurch verdeutlicht, daß die für diesen Währungsausgleich erforderlichen Mittel aus dem Lastenausgleichsfonds aufgebracht werden. Da zur Zeit noch nicht zu übersehen ist, welche Aufwendungen im ganzen erforderlich sein werden und in welchem Zeitraum die Durchführung dieser Maßnahme abgeschlossen werden kann, wird im Rahmen des Lastenausgleichs (§ 350) festgelegt, daß für die Erfüllung der in § 331 noch einmal ausdrücklich erwähnten Verpflichtungen jährlich mindestens 50 Millionen DM bis zur Befriedigung aller mit dem Gesetz vom 27. März 1952 gegründeten Ansprüche bezahlt werden müssen. 15. Organisation und Verwaltung des Ausgleichsfonds (§§ 332-351) Berichterstatter: Abgeordneter Farke Die Organisation für die Durchführung der Entschädigungsmaßnahmen einschließlich der Feststellungsarbeiten ist im elften Abschnitt des vorliegenden Gesetzentwurfes in den §§ 332 bis 344 geregelt. Die hier getroffene Regelung entspricht im Grundsatz dem Vorbild der Organisation des Soforthilfegesetzes, die sich eingespielt und im wesentlichen bewährt hat. Einzige Bundesbehörde ist wiederum die zentrale Ausgleichsbehörde, die jetzt Bundesausgleichsamt heißt. Im übrigen obliegt die Durchführung den Ländern im Auftrage des Bundes. Im Interesse einer einheitlichen Handhabung erschien es unumgänglich, dem Präsidenten des Bundesausgleichsamtes die Möglichkeit zu geben, allgemeine Verwaltungsanordnungen zu erlassen und in Ausübung seiner Sachaufsicht den Landesausgleichsämtern Weisungen zu erteilen. Diese, im wesentlichen aus dem Regierungsentwurf übernommene und im Ausschuß eingehend beratene Regelung bedingt eine Änderung des Grundgesetzes, da die Begründung einer Auftragsverwaltung für Zwecke des Lastenausgleichs im Grundgesetz nicht vorgesehen ist. Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes, der die Einfügung eines Art. 120 a in das Grundgesetz vorsieht, ist dem Bundestag gleichzeitig vorgelegt worden. Er hat denselben Wortlaut wie das Gesetz, das bereits am 13. Dezember 1951 von diesem Hohen Hause mit verfassungsändernder Mehrheit verabschiedet worden ist, jedoch nicht die Zustimmung des Bundesrates gefunden hat. Nach der Begründung, die der Bundesrat damals für seine ablehnende Haltung gegeben hat, kann erwartet werden, daß er nunmehr, nachdem ihm die Gesetzgebung über den Lastenausgleich insgesamt vorliegt, sich der Notwendigkeit einer derartigen Verfassungsänderung nicht mehr verschließen wird. Die nach dem Grundgesetz an sich mögliche Begründung einer bundeseigenen Verwaltung auf Landes- und Kreisebene verbietet sich (Farke) aus politischen und finanziellen Gründen von selbst. Aber auch der bei den Beratungen des Entwurfes eingehend erörterte Weg, den Schwierigkeiten durch eine Verwaltungsvereinbarung mit den Ländern zu begegnen, eignet sich nach Auffassung des Ausschusses nicht für ein Gesetz, das voraussichtlich auf Jahrzehnte hinaus Geltung haben soll, ganz abgesehen davon, daß es verwaltungsmäßig nicht unbedenklich erschiene, im Wege einer Verwaltungsvereinbarung eine mit den Vorschriften des Grundgesetzes nicht in Einklang. stehende Regelung zu treffen. Schon gegen den förmlichen Abschluß einer kurzfristigen Verwaltungsvereinbarung haben einzelne Länder bei den Verhandlungen mit der Bundesregierung über die Durchführung des Feststellungsgesetzes Bedenken geäußert; um so weniger würde es den Landesregierungen möglich sein, die Durchführung eines auf lange Dauer berechneten Gesetzes im Wege einer Verwaltungsvereinbarung sicherzustellen. Da die Länder die Vorschriften des Dritten Teils dieses Gesetzes nicht ausschließlich durch eigene Behörden werden durchführen können, ist auch die Möglichkeit einer Auftragsverwaltung der Länder gegenüber den Gemeinden und Gemeindeverbänden ausdrücklich vorgesehen. Die Stellung des Bundesausgleichsamtes war im Ausschuß Gegenstand eingehender Beratungen. Damit diese Zentralbehörde die zur Durchführung ihrer, Aufgaben notwendige selbständige Stellung erhielt, war angeregt worden, ihr den Charakter einer obersten Bundesbehörde zu geben. Hiervon ist jedoch abgesehen worden, da das Grundgesetz, außer dem Bundeskanzleramt und dem Bundesrechnungshof, oberste Bundesbehörde nur in der Form von Bundesministerien kennt und weil aus einer organisatorischen Regelung, die dem Bundesausgleichsamt die Stellung eines Bundesministeriums eingeräumt hätte, erhebliche Zuständigkeitsschwierigkeiten entstanden wären. Die im Entwurf vorgesehene Stellung des Bundesausgleichsamtes als einer selbständigen Bundesoberbehörde entspricht den Vorschriften des Grundgesetzes; die besondere Stellung dieser Behörde kommt an zahlreichen Stellen des Entwurfs zum Ausdruck, so insbesondere in der Gestaltung der Sachaufsicht, welche die Bundesregierung durch Richtlinien ausübt, in einer Beteiligung des Präsidenten des Bundesausgleichsamtes an der Gestaltung dieser Richtlinien und in einem umfassenden Weisungsrecht gegenüber den nachgeordneten Behörden. Die Stellung des Präsidenten des Bundesausgleichsamtes ist ferner noch dadurch besonders hervorgehoben, daß er auf Vorschlag der Bundesregierung nach Anhörung des Bundesrates durch den Bundespräsidenten ernannt und entlassen wird; die Beteiligung der Länder im Wege der Anhörung des Bundesrates erschien dem Ausschuß auch deshalb richtig, weil die im Entwurf vorgesehene Auftragsverwaltung ein besonders enges Vertrauensverhältnis zwischen den Ländern und dem Leiter der Bundesbehörde voraussetzt. Bei dem Bundesausgleichsamt sollen — ebenso wie nach dem Soforthilfegesetz beim Hauptamt für Soforthilfe — ein Kontrollausschuß und ein Ständiger Beirat gebildet werden. Nach dem Regierungsentwurf war eine Zusammenfassung dieser beiden Gremien vorgesehen; der Ausschuß hat sich hierzu jedoch nicht entschließen können, da die Regelung des Soforthilfegesetzes sich insoweit bewährt hat. Abweichend von der Regierungsvorlage, die die Wahl von 12 Mitgliedern durch den Bundestag, die Wahl von 6 weiteren Mitgliedern durch den Bundesrat und die Ernennung von 6 Mitgliedern durch die Bundesregierung vorgesehen hatte, sieht der Entwurf die paritätische Wahl von Mitgliedern durch den Bundestag und die Länderparlamente vor, wobei für den Fall der Verminderung der Zahl der Länder besondere Vorschriften getroffen sind. Da die Bundesregierung nach dem Entwurf weitgehende Möglichkeiten hat, im Wege des Erlasses von Richtlinien auf die Verwaltung des Ausgleichsfonds einzuwirken, hielt es der Ausschuß für ausreichend, daß Vertreter der Bundesregierung als Sachverständige an den Beratungen des Kontrollausschusses ohne Stimmrecht teilnehmen. Die Bundesregierung soll außerdem im Ständigen Beirat durch 8 Sachverständige vertreten sein. Im übrigen besteht der Ständige Beirat aus Vertretern der Geschädigten. Trotz gewisser Bedenken in bezug auf die Arbeitsfähigkeit des Gremiums, das dann nahezu 30 Köpfe umfaßt, schlägt der Ausschuß vor, je 2 Geschädigte durch die Länderparlamente wählen zu lassen, um auf diese Weise eine gleichmäßige Berücksichtigung der Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten im Ständigen Beirat zu ermöglichen. Die Einrichtung von Ausgleichsämtern, Ausgleichsausschüssen und Landesausgleichsämtern entspricht der bisherigen Organisation nach dem Soforthilfegesetz. Die Einrichtung besonderer Zuteilungsausschüsse auf Landesebene, wie sie die Regierungsvorlage vorgesehen hatte, hielt der Ausschuß nicht für erforderlich. Die Beschwerdeausschüsse des Entwurfes sind, im Unterschied zu den Ausschüssen gleichen Namens im Soforthilfegesetz, Verwaltungsbehörden, nicht Verwaltungsgerichte; sie sollen, um eine größere, den örtlichen Verhältnissen angepaßte Beweglichkeit zu erhalten, im Grundsatz nicht bei den Landesausgleichsämtern, sondern für den Bereich eines Stadt- oder Landkreises oder mehrere Kreise, also bei einer der beteiligten Kreisverwaltungen oder beim Regierungspräsidenten gebildet werden. Die Einrichtung von Beschwerdeausschüssen war notwendig, um eine Verwaltungsinstanz zu schaffen, die auch die Ermessensentscheidungen der Behörden und Ausschüsse erster Instanz nachprüfen kann. Die rechtsprechende Tätigkeit, die zur Durchführung eines rechtsförmlichen Verfahrens bei Gewährung von Ausgleichsleistungen erforderlich ist, soll, abweichend vom Soforthilfegesetz, aber übereinstimmend mit der Regierungsvorlage, nicht mehr durch besondere Verwaltungsgerichte, sondern durch die allgemeinen Verwaltungsgerichte der Länder und durch das Bundesverwaltungsgericht ausgeübt werden. Auch die Vorschriften über die Verwaltung des Ausgleichsfonds im 12. Abschnitt des vorliegenden Gesetzentwurfes lehnen sich in den §§ 345 bis 351 in weitem Umfang an die entsprechenden Vorschriften des Soforthilfegesetzes an, die sich im ganzen bewährt haben. Die Richtlinien der Bundesregierung für die Verwaltung und für die Verwendung der Mittel des Ausgleichsfonds erhalten besonderes Gewicht dadurch, daß sie nunmehr mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden sollen. In dem allerdings mehr theoretischen Fall eines Konfliktes zwischen Bundesausgleichsamt und Kontrollausschuß hat die Bundesregierung die Möglichkeit, mit Zustimmung des Bundesrates die (Parke) Durchführung einer vom Präsidenten des Bundesausgleichsamtes beabsichtigten Maßnahme sicherzustellen, um einen Verwaltungsstillstand zu vermeiden. Im übrigen hat der Kontrollausschuß die sich schon aus seinem Namen ergebende Aufgabe, die Verwaltung des Ausgleichsfonds zu überwachen. Verfügungen des Präsidenten des Bundesausgleichsamtes über Mittel des Ausgleichsfonds und damit im Zusammenhang stehende Weisungen bedürfen seiner Zustimmung. Der Ständige Beirat hat, wie ebenfalls schon sein Name sagt, beratende Funktion; er soll außerdem nach dem Entwurf die Möglichkeit haben, seine Auffassung in den Sitzungen des Kontrollausschusses durch einen besonderen Berichterstatter zur Geltung zu bringen. Die Vertreter der Interessen des Ausgleichsfonds, die an die Stelle der bisherigen Beauftragten des Hauptamtes für Soforthilfe treten, sollen wie bisher in ihrem Bereich darüber wachen, daß über Mittel des Ausgleichsfonds nicht gesetzwidrig und mißbräuchlich verfügt wird. Einige Sondervorschriften über die Verwendung der Mittel sollen kraft Gesetzes sicherstellen, daß die nicht mit Rechtsanspruch vorgesehenen Ausgleichsleistungen jeweils in demjenigen Verhältnis zu dem Gesamtumfang der Mittel gewährt werden, wie es der Gesamtkonzeption des Entwurfes entspricht. Sie sollen außerdem eine frühzeitige Planung für die Verwaltung des Ausgleichsfonds ermöglichen. So sieht der Entwurf vor,, daß für Zwecke der Wohnraumhilfe bis 1956 jährlich ein fester Betrag von 300 Millionen DM, der in den folgenden 10 Rechnungsjahren sich jeweils um 10 v. H. ermäßigt, bereitzustellen ist. Der Ausschuß war sich darüber klar, daß der Wohnungsbau, der bisher aus Soforthilfemitteln in weitem Umfange gefördert worden ist, durch eine Beschränkung der Lastenausgleichsmittel auf den genannten Betrag vor die schwierige Frage gestellt wird, wie er den entscheidenden Ausfall decken und die Verkürzung des Gesamtbauvolumens vermeiden kann. Er kam aber mit Mehrheit zu der Auffassung, daß eine weitere Dotierung des Wohnungsbaues aus Lastenausgleichsmitteln nicht möglich sei, da sonst für den eigentlichen Entschädigungszweck keine Mittel mehr zur Verfügung gestanden hätten. Für den Härtefonds und für sonstige Förderungsmaßnahmen sind auf die Dauer von 10 Jahren zusammen 12 v. H. des Aufkommens der Vermögensabgabe und der Vermögensteuer vorgesehen. Auch hier war sich der Ausschuß darüber klar, daß diese Mittel nur bei sparsamster Verwendung ausreichen werden, um den umfassenden Aufgaben, die hier gestellt sind, auch nur einigermaßen gerecht zu werden. Die vorgesehene Begrenzung der Mittel ergab sich aber zwingend aus der Konkurrenz mit den anderen festgelegten Aufgaben des Lastenausgleichs. Da die für den Härtefonds und für die sonstigen Förderungsmaßnahmen bestimmten Mittel zusammengefaßt sind, wird es Sache der Richtlinien der Bundesregierung sein, sicherzustellen, daß Härtefonds und sonstige Förderungsmaßnahmen bei der Durchführung in einem angemessenen Verhältnis berücksichtigt werden. Die Vorschrift, daß der Ausgleichsfonds mit Zustimmung der Bundesregierung Bürgschaften bis zu einem Gesamtbetrag von 1 Milliarde DM übernehmen kann, gibt die Möglichkeit, unter Inanspruchnahme verhältnismäßig bescheidener Mittel des Ausgleichsfonds, die für Rückstellungszwecke benötigt werden, zum Zwecke der Eingliederung der Geschädigten ergänzende Maßnahmen zu treffen. Die Bereitstellung der für die Durchführung des Währungsausgleichsgesetzes benötigten Mittel aus dem Ausgleichsfonds soll die nachträgliche „Aufwertung" von Sparguthaben Vertriebener ermöglichen, eine Maßnahme, über deren Notwendigkeit bei Verabschiedung des Währungsausgleichsgesetzes Einverständnis bestanden hat. Die Vorschriften über die haushaltsmäßige sowie kassen- und rechnungsmäßige Verwaltung des Ausgleichsfonds erklären im Grundsatz die Vorschriften der Reichshaushaltsordnung für anwendbar, tragen aber den besonderen Verhältnissen Rechnung, die sich aus der Rechtsnatur des Ausgleichsfonds als eines Sondervermögens des Bundes ergeben. l6. Verfahren, Naturalausgleich (§§ 352-375) Berichterstatter: Abgeordneter Wackerzapp Die Verfahrensvorschriften des Entwurfs fassen in einem Ersten Titel diejenigen allgemeinen Vorschriften zusammen, die sowohl für das rechtsförmliche Verfahren über die Gewährung von Ausgleichsleistungen mit Rechtsanspruch wie auch für das Verwaltungsverfahren bei Gewährung von fakultativen Hilfen gelten; der Zweite Titel enthält die speziellen Vorschriften für das rechtsförmliche Verfahren bei Hauptentschädigung, Kriegsschadenrente und Hausratentschädigung, während der Dritte und Vierte Titel Sondervorschriften für das Verfahren bei Eingliederungsdarlehen, Hausrathilfe, Leistungen aus dem Härtefonds und auf Grund sonstiger Förderungsmaßnahmen sowie über das Verfahren bei der Wohnraumhilfe enthalten. Soweit die Verfahrensvorschriften von dem Regierungsentwurf abweichen, sind diese Abweichungen teils durch die Änderung der materiellen Vorschriften des Entwurfs über die Ausgleichsleistungen veranlaßt, teilweise auch durch das Bestreben des Ausschusses, das Verfahren möglichst zu vereinfachen. Die allgemeinen Vorschriften sind in weitem Umfang aus den entsprechenden Vorschriften des Feststellungsgesetzes übernommen, auf dessen Begründung — zu Drucksache Nr. 2810 — Bezug genommen wird. Dies gilt insbesondere für die Vorschriften über die Antragstellung und die weitere Behandlung der Anträge, über die Vertretung und die Ausschließung von der Mitwirkung am Verfahren sowie über die Beweiserhebung, die von Amts wegen erfolgt, unter Ausschluß eides- (Wackerzapp) stattlicher Erklärungen sowie des Parteieids, und die Beweiswürdigung. Da sich der Antragsteller im Verfahren vor den Ausgleichsbehörden und den bei diesen gebildeten Ausschüssen grundsätzlich beliebig vertreten lassen kann, erschien es dem Ausschuß richtig, eine besondere Zulassungs- und Gebührenregelung im Wege der Rechtsverordnung vorzusehen. In bezug auf die Gebühren und Kosten des Verfahrens trifft der Entwurf eine Regelung, die den Antragsteller mit Gebühren und Kosten des Verfahrens normalerweise überhaupt nicht, im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten nur in sehr geringfügigem Maße belastet. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und der Beschleunigung ist bestimmt, daß das Verfahren über die Zuerkennung von solchen Ausgleichsleistungen, deren Gewährung von der Feststellung eines Schadens nach dem Feststellungsgesetz abhängt, mit dem Feststellungsverfahren verbunden werden soll. Das Verfahren zur Verwirklichung von Ausgleichsansprüchen ist verschieden geregelt, je nachdem, ob es sich um Rechtsansprüche handelt, die nach Art, Maß und Voraussetzungen derart konkretisiert und individualisiert worden sind, daß über sie nach richterlichen Grundsätzen und Methoden entschieden werden kann (Hauptentschädigung, Kriegsschadenrente, Hausratentschädigung), oder ob es um Ansprüche geht, deren Erfüllung über die individuelle Sphäre hinaus sehr maßgeblich durch soziale, allgemein-wirtschaftliche und staatspolitische Gesichtspunkte bestimmt wird (Eingliederungsdarlehen, Hausrathilfe, Leistungen aus dem Härtefonds und auf Grund sonstiger Förderungsmaßnahmen). Hier können die Entscheidungen nur im elastischen Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen der zuständigen Behörden getroffen werden. Unter Berücksichtigung der wesensverschiedenen Art dieser beiden Gruppen von Ansprüchen ist daher der Gang des Verfahrens für die beiden Gruppen verschieden gestaltet worden. Soweit es sich um Rechtsansprüche handelt, ist auch das Verfahren ein rechtsförmliches. Aus Gründen der Rechtssicherheit und um den Wünschen der Geschädigten nach Beteiligung ihrer Vertreter im Verfahren möglichst entgegenzukommen, hat sich der Ausschuß entschlossen, schon in erster Instanz grundsätzlich den Ausschuß selbst entscheiden zu lassen; der Leiter des Ausgleichsamts soll nur dann an Stelle des Ausschusses entscheiden können, wenn er dem Antrag in vollem Umfang entsprechen will, oder wenn sich der Antragsteller mit dem Inhalt der beabsichtigten Entscheidung einverstanden erklärt hat. Besondere Bedeutung hat der Ausschuß der Möglichkeit beigemessen, einen Teilbescheid zu erlassen, wenn die Voraussetzungen hierfür, aber noch nicht für den Erlaß eines Gesamtbescheids vorliegen. Die Entscheidung soll also nicht zu Lasten des Antragstellers dadurch verzögert werden, daß über Teile des Antrags noch Beweis erhoben werden muß, während im übrigen der Antrag entscheidungsreif ist. Gegen den Bescheid erster Instanz ist förmliche Beschwerde an einen Beschwerdeausschuß zugelassen, der anders als nach dem Soforthilfegesetz nicht als Verwaltungsgericht, sondern als , Verwaltungsbehörde entscheidet und daher auch die Zweckmäßigkeit der Vorentscheidung nachprüfen kann. Gegen den Beschluß des Beschwerdeausschusses ist Anfechtungsklage beim allgemeinen Verwaltungsgericht vorgesehen, wobei sich das Verfahren nach den für die Verwaltungsgerichte der Länder maßgebenden Vorschriften richtet. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes kann Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden. Die Möglichkeit der Revision soll in erster Linie der Einheitlichkeit der Rechtsprechung dienen, nachdem dem individuellen Rechtsschutzbedürfnis bereits im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren und verwaltungsgerichtlichem Verfahren Rechnung getragen worden ist. Der Ausschuß hat daher keine Bedenken gehabt, die Revision an die Voraussetzung zu knüpfen, daß das Verwaltungsgericht sie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen hat. Dem Einwand, daß es mit rechtsstaatlichen Grundsätzen kaum vereinbar sei, wenn eine Instanz sozusagen in eigener Sache über die Nachprüfbarkeit ihrer Entscheidung selbst befinde, wird dadurch begegnet, daß die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden kann. Auch bedarf es dann keiner besonderen Zulassung, ,wenn ausschließlich wesentliche Verfahrensmängel gerügt werden. Diese Regelung steht mit dem Entwurf eines Gesetzes über das Bundesverwaltungsgericht in Einklang. Der Ausschuß hat auch eingehend erwogen, ob es nicht möglich wäre, das Rechtsmittelverfahren noch weiter zu vereinfachen und zu verkürzen, um eine Instanzenhäufung zu vermeiden. Insbesondere ist die Frage geprüft worden, ob nicht die förmliche Beschwerde und die Klage vor dem Verwaltungsgericht nur wahlweise zugelassen werden könnte. Die Zulassung einer Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht, bevor noch einer Verwaltungsinstanz die Möglichkeit einer Nachprüfung gegeben gewesen wäre, würde aber allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungsgerichtsbarkeit widersprechen. Dagegen ist die Berufung gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes erster Instanz ausgeschlossen worden, so daß das Bundesverwaltungsgericht nur im Wege der Sprungrevision angegangen werden kann. Bei den dargelegten starken rechtsstaatlichen Sicherungen konnte die Wiederaufnahme des Verfahrens auf ganz besondere Ausnahmefälle beschränkt werden. Voraussetzung ist entweder, daß der Geschädigte eine Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihm günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde, oder aber umgekehrt, daß die Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausgleichsleistung nachträglich wegfallen, weil Vermögen, auf dessen Verlust diese Gewährung beruhte, dem Geschädigten zurückerstattet wird; der letzte Fall kann praktisch werden, wenn einem Vertriebenen z. B. in Südafrika oder in Südamerika beschlagnahmtes Vermögen, das bereits als Verlust festgestellt worden ist, nachträglich freigegeben wird. Für das Verfahren bei Ausgleichsleistungen, auf die ein Rechtsanspruch nicht besteht, wie bei Eingliederungsdarlehen, Hausrathilfe (also den Vorauszahlungen auf die Hausratentschädigung), den Leistungen aus dem Härtefonds und auf Grund sonstiger Förderungsmaßnahmen, sieht der Entwurf stark vereinfachte Bestimmungen vor. Grundsätzlich entscheidet der Leiter des Ausgleichsamts nach Anhörung des Ausgleichsausschusses durch Bescheid, gegen den die Entscheidung des Beschwerdeausschusses angerufen werden kann, wogegen eine weitere Beschwerde nicht zulässig ist. Es erwies sich aber nach den Erfahrungen beim Soforthilfegesetz als notwendig, den Präsidenten des Bundesausgleichsamts zu ermächtigen, das Ver- (Wackerzapp) fahren mit Zustimmung des Kontrollausschusses abweichend zu regeln, wobei jedoch die Anhörung von Vertretern der Geschädigten und die Nachprüfbarkeit der Entscheidung durch eine Instanz als Mindestvoraussetzungen vorgeschrieben sind. Zweck und Ziel ist, einerseits den Geschädigten vor der Gefahr willkürlicher Verwaltungsakte zu schützen, auf der andern Seite aber auch eine elastische und den Bedürfnissen der Praxis Rechnung tragende Durchführung der ihrer Natur nach sehr verschiedenen Förderungsmaßnahmen zu ermöglichen. Über das Verfahren bei der Wohnraumhilfe ist im Zusammenhang mit dieser berichtet worden (§§ 325 ff.). Die Frage des Naturalausgleichs (§ 375) ist bereits im allgemeinen Bericht kurz berührt worden. Es erschien dem Ausschuß besonders wichtig, daß jeder mögliche Weg beschritten wird, um unmittelbare Sachleistungen von den Abgabepflichtigen an die Geschädigten zu bewirken. Allerdings führten die Beratungen zu dem Ergebnis, daß es nicht möglich sein wird, solche Sachleistungen durch gesetzliche Vorschrift zu erzwingen, etwa durch Auferlegung höherer als der normalen Abgabesätze des § 26 in solchen Fällen, in denen wegen der Größe oder der Zusammensetzung des abgabepflichtigen Vermögens eine sofortige Naturalleistung theoretisch möglich erscheint. Die Befürchtung war nicht von der Hand zu weisen, daß das Gros der Pflichtigen aus Billigkeitsgründen die Befreiung von der Naturalleistungspflicht beantragen würde, was eine unfruchtbare Verwaltungsarbeit zur Folge haben müßte. Mit um so größerem Nachdruck hat aber dafür der Ausschuß die Notwendigkeit betont, die Abgabepflichtigen in geeigneter Weise zu Naturalleistungen dadurch anzureizen, daß ihnen in solchen Fällen besondere Vorteile und Vergünstigungen bei der Anrechnung auf ihre Abgabeschuld gewährt werden. Es ist ein besonders dringendes Anliegen, den Entschädigungsberechtigten baldmöglichst und unmittelbar zu Sachbesitz und Produktionsmitteln zu verhelfen, was im System der ratenweisen Abgabe im allgemeinen nur mit Verzögerung und komplizierten Hilfskonstruktionen möglich ist. Die Regierungsvorlage hatte eine verhältnismäßig eingehende Regelung des Naturalausgleichs durch Zuteilung von „Zertifikaten" vorgesehen. Der Ausschuß hat diese Vorschriften gestrichen, weil sie ihm zu starr und zu wenig den vielfachen Besonderheiten angepaßt erschienen, mit denen etwa im Bereich der landwirtschaftlichen Siedlung, der gewerblichen Beteiligungen usw. gerechnet werden muß. Er war sich andererseits auch bewußt, daß die zu treffende Regelung elastisch gehalten werden muß und voraussichtlich unter Berücksichtigung der jeweils gesammelten Erfahrungen von Zeit zu Zeit zu ändern sein wird. Der Ausschuß hat daher beschlossen, die Einzelregelung über den Naturalausgleich einer Rechtsverordnung zu überlassen. Die entsprechende Vorschrift ist in einen besonderen Abschnitt nach dem Verfahrensteil aufgenommen worden, weil in dieser Rechtsverordnung insbesondere auch Verfahrensbestimmungen zu treffen sein werden. Die Rechtsverordnung wird gleichmäßig (nach § 229) Vorschriften für die Entrichtung von Ausgleichsabgaben und (nach § 375) über die Gewährung von Ausgleichsleistungen durch Sachleistungen enthalten müssen. 17. Schlußvorschriften zu den Ausgleichsleistungen (§§ 376-384) Berichterstatter: Abgeordneter Kunze Der Fünfzehnte Abschnitt des Dritten Teils enthält eine Reihe von unter sich nicht zusammenhängenden sonstigen Vorschriften zur Durchführung des Dritten Teils (Ausgleichsleistungen) und die hierzu notwendigen Überleitungsvorschriften. Die Pflicht zu ehrenamtlicher Mitarbeit, die das Gesetz festlegt, entspricht der großen sozialen Bedeutung des Lastenausgleichs. Ehrenamtliche Mitarbeit, insbesondere als Beisitzer in den Ausgleichsausschüssen und in den Beschwerdeausschüssen, kann nur aus wichtigen Gründen abgelehnt werden. Der Erlaß näherer Anordnungen hierüber bleibt den Ländern überlassen. Hinsichtlich der Gewährung von Fahrtkosten, Tage- und Übernachtungsgeldern sowie des Ersatzes des Verdienstausfalls an die Beisitzer der Ausschüsse erschien es zweckmäßig, einheitlich die für Schöffen und Geschworene geltenden Vorschriften für anwendbar zu erklären. Die Vorschrift, wonach jede Gebietskörperschaft im Grundsatz die bei ihr entstandenen Verwaltungskosten selbst trägt, entspricht der Regelung des Soforthilfegesetzes; es erschien jedoch angemessen, die Kosten der Heimatauskunftstellen auf den Bund zu übernehmen, wie dies auch bereits bei Verabschiedung des Feststellungsgesetzes in Aussicht genommen war. Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe sollen im Rahmen eines Sondergesetzes gewährt werden, das gleichzeitig vorgelegt wird. Die Einarbeitung dieses Gesetzes in das Lastenausgleichsgesetz selbst erschien nicht zweckmäßig, da es sich um soziale Zuschläge handelt, deren Dauer und Höhe naturgemäß nicht auf Jahrzehnte hinaus festgelegt werden kann. Die Überleitung der Behördenorganisation ist so geregelt, daß bis zur tatsächlichen Errichtung der nach diesem Gesetz zuständigen Behörden und Ausschüsse die Soforthilfebehörden und -ausschüsse deren Geschäfte wahrzunehmen haben. (Kunze) Bei der Überleitung anhängiger Verfahren in das nach diesem Gesetz vorgesehene Verfahren war darauf Rücksicht zu nehmen, daß die Geschädigten in ihren Rechten nicht verkürzt und Verzögerungen möglichst vermieden werden. Die bei dem Spruchsenat für Soforthilfe zur Zeit noch anhängigen sehr zahlreichen Rechtsbeschwerden sollen im Grundsatz zunächst den nach diesem Gesetz zuständigen Beschwerdeausschüssen zugeleitet werden, damit diese prüfen können, ob der Rechtsbeschwerde nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Spruchsenats für Soforthilfe abgeholfen werden kann; ist dies nicht der Fall, so wird die Rechtsbeschwerde als Revision im Sinne der Vorschriften dieses Gesetzes behandelt. Es erschien nicht zweckmäßig, den bestehenden Spruchsenat für Soforthilfe selbst auf Jahre hinaus mit der Abwicklung dieser Fälle zu beauftragen, da sonst die Gefahr bestanden hätte, daß sich in sachlich gleichartigen Fragen eine verschiedene Rechtsprechung zweier oberer Bundesgerichte ergeben hätte. Zur Zeit bestehen neben dem Soforthilfefonds, den der Präsident des Hauptamts für Soforthilfe verwaltet, noch drei Soforthilfefonds der Länder in der französischen Besatzungszone sowie ein besonderer Soforthilfefonds für den bayerischen Kreis Lindau. Die Überführung dieser Soforthilfefonds auf den Ausgleichsfonds ergibt sich notwendig aus der Zielsetzung des Gesetzes. Da bei Erlaß des Soforthilfegesetzes Sondergesetze für politisch Verfolgte und Spätheimkehrer noch nicht bestanden, war das Soforthilfegesetz für diese Personenkreise zunächst in die Lücke getreten, obwohl es sich dabei von vornherein nicht um eine Aufgabe des Lastenausgleichs gehandelt hat. Inzwischen ist das Heimkehrergesetz ergangen, das die Versorgung der Heimkehrer sicherstellen soll, wenn es auch in seiner derzeitigen Fassung noch nicht allen Wünschen entspricht. Dagegen fehlt es zur Zeit noch an einer umfassenden Wiedergutmachungsgesetzgebung der Länder oder des Bundes für politisch Verfolgte. Bis zum Erlaß einer solchen Gesetzgebung war daher übergangsweise vorzusehen, daß politisch Verfolgte bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen Sozialleistungen nach diesem Gesetz erhalten können, um zu vermeiden, daß für den verhältnismäßig kleinen, aber sehr bedürftigen Kreis von Personen, die für solche Sozialleistungen in Frage kommen, eine Verschlechterung gegenüber dem jetzigen Rechtsstand eintritt. Im Rahmen dieser Überleitungsvorschrift wurde gleichzeitig durch Verlegung des Wohnsitzstichtags in die unmittelbare Gegenwart eine Lücke geschlossen, die schon bisher stark empfunden wurde, da bei politisch Verfolgten, die sich in Emigration befanden, aus visumsrechtlichen Gründen eine Rückkehr bis zum Währungsstichtag häufig gar nicht möglich war. Durch die weiteren Überleitungsvorschriften soll sichergestellt werden, daß der Anschluß der Leistungen der Soforthilfe an die entsprechenden Leistungen des Lastenausgleichs in einer Weise vollzogen wird, die Härten für die Geschädigten vermeidet. Bis zum Erlaß der notwendigen Rechtsverordnung hierüber soll der Präsident des Bundesausgleichsamts in der Lage sein Soforthilfeleistungen, insbesondere Unterhaltshilfe weiter zu gewähren. Die Sondervorschriften für Berlin sollen die Durchführung des Dritten Teils dieses Gesetzes im Lande Berlin in Anpassung an die dort bestehenden besonderen Verhältnisse ermöglichen. 18. Vierter Teil (§§ 385-400) Berichterstatter: Abgeordneter Kunz e Die gemeinsamen Schlußvorschriften des Vierten Teils enthalten einzelne Bestimmungen, die sowohl für die Aufbringungsseite wie auch für die Entschädigungsseite Bedeutung haben. Daß Schäden und Verluste an Vermögensgegenständen, die in Ausnutzung von Maßnahmen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erworben worden sind, im Lastenausgleich in keiner Weise berücksichtigt werden können, entspricht der allgemeinen Überzeugung. Der Regierungsentwurf hatte von Entschädigungen und Vergünstigungen alle Nutznießer ausgeschlossen, die derartige Vermögensgegenstände erworben haben. Der Ausschuß hielt es demgegenüber für richtig, die Ausschließung auf Schäden zu beschränken, die an den unrechtmäßig erworbenen Vermögensgegenständen selbst entstanden sind, da es ihm zu weitgehend erschien, bei solchen Personen auch Schäden an Vermögen auszuschließen, die sie in einwandfreier Weise erworben haben, zumal wenn nur ein ganz geringer Teil des beschädigten oder verlorenen Besitzes auf unrechtmäßige Art erworben worden war. Der Entwurf enthält keine eigenen Strafbestimmungen für den Fall unrichtiger oder unvollständiger Angaben. Er hält es vielmehr in Übereinstimmung mit der Regierungsvorlage für ausreichend, aber auch für notwendig, für diesen Fall einen Ausschluß von Ausgleichsleistungen und Vergünstigungen vorzusehen. Im einzelnen entspricht die Vorschrift der Regelung des Feststellungsgesetzes. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Folgen einer Ausschließung für die Betroffenen sind Verfahrensvorschriften vorgesehen, die sicherstellen, daß wirklich nur in begründeten Fällen eine Ausschließung erfolgt. Die Vorschriften über die Vertragshilfe, den Vollstreckungsschutz wegen alter Verbindlichkeiten sowie über den Schutz wegen Inanspruchnahme von Fürsorgeleistungen sollen verhindern, daß durch Maßnahmen von dritter Seite das Hauptziel des Gesetzes, die Neubegründung oder Sicherung der Existenz der Geschädigten gefährdet würde. Der Ausschuß war sich darüber klar, daß die Ausgleichsleistungen, die im vorliegenden Entwurf (Kunze) vorgesehen sind, für sich allein häufig noch nicht ausreichen, um den Geschädigten eine neue Lebensgrundlage zu geben. Förderungsmaßnahmen, welche zum Zwecke der Eingliederung von Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten durch Haushaltsmittel durchgeführt werden, sollen daher durch dieses Gesetz nicht berührt werden; die Anordnung ergänzender Maßnahmen, insbesondere auch zur Förderung des Naturalausgleichs, bleibt den Gebietskörperschaften vorbehalten. Die Regierungsvorlage des Lastenausgleichsgesetzes hatte in den Schlußvorschriften (§ 325) vorgesehen, daß die etwaige Zuerkennung von Anspruchen wegen Vermögensschäden einer großen Zahl weiterer durch Kriegsschäden betroffener Personen und insbesondere auch eine über die Regelung des Lastenausgleichsgesetzes hinausgehende besondere Gesetzgebung zugunsten der Altsparer vorbehalten bleibe. Der Ausschuß hat die Fassung dieser Vorschrift nicht für zweckmäßig gehalten und geändert. In § 392 des Entwurfs ist nunmehr vorgesehen, daß eine besondere gesetzliche Regelung für Kriegs- und Kriegsfolgeschäden, die in diesem Gesetz nicht berücksichtigt sind, vorbehalten bleibt. Es handelt sich dabei insbesondere um Liquidationsschäden, um Reparationsschäden, um Besatzungsschäden und um ähnliche Schäden. Von einer Aufzählung dieser Schäden ist aber im einzelnen abgesehen worden, weil der Ausschuß nicht Hoffnungen erwecken will, ohne daß sich schon heute überblicken läßt, ob und inwieweit diese Hoffnungen später erfüllt werden können. Die Frage einer Altsparerregelung ist i § 391 besonders behandelt. Es ist dort gesagt, dal eine — über die bei Sparerschäden nach dem Entwurf schon vorgesehene Kriegsschadenrente hinausgehende — Altsparerregelung nicht ausgeschlossen wird und daß im Falle einer solchen Regelung Mittel hierfür aus dem Ausgleichsfonds zur Verfügung gestellt werden. Der Ausschuß war der Auffassung, daß eine Altsparerregelung trotz der sehr großen zu überwindenden Schwierigkeiten, insbesondere auch technischer Art, dringend geboten ist und im unmittelbaren Anschluß an das Lastenausgleichsgesetz beraten werden soll. Den formellen Auftrag zur Beratung dieser Frage hat der Ausschuß schon dadurch erhalten, daß ihm der Initiativentwurf eines Altsparergesetzes (Drucksache Nr. 1874) vom Bundestag zur Beratung überwiesen ist. Der zur Durchführung eines solchen Altsparergesetzes etwa erforderliche Bedarf an Mitteln ist in der finanziellen Gesamtplanung für den Ausgleichsfonds bereits einbezogen. Der Ausschuß war allerdings einheitlich der Auffassung, daß die Bereitstellung solcher Mittel in bar in den nächsten Jahren — im Hinblick auf die vordringliche Aufgabe der Eingliederung der Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten — noch nicht möglich sein wird, sondern daß zunächst die auf Grund einer Altsparerregelung sich ergebenden Entschädigungsguthaben nur derart werden verzinst werden können, daß die Zinsen dem Anspruch zuwachsen. Der Ausschuß war der Meinung, daß der Ausgleichsfonds, der die Erträge der Währungsgewinnabgaben für sich in Anspruch nimmt, eine Verpflichtung zur Bereitstellung von Mitteln für ein Altsparergesetz nicht wohl bestreiten kann; allerdings ist die Frage, ob die Mittel hierfür ausschließlich durch den Ausgleichsfonds aufgebracht werden sollen, bei Formulierung des § 391 offen geblieben. Es ist auch die Möglichkeit geprüft worden, die Altsparerregelung unmittelbar in das Lastenausgleichsgesetz einzuarbeiten; . hierfür hätte vor allem gesprochen, daß dann für die Altsparer der Wille des Gesetzgebers, sie im Lastenausgleich mit zu berücksichtigen, am deutlichsten klargestellt gewesen wäre. Doch mußte hierauf verzichtet werden, weil ein solcher Entschluß wegen der Schwierigkeiten der Altsparer-frage das ganze Lastenausgleichsgesetz noch um eine Reihe von Monaten verzögert hätte. Die zahlreichen im Gesetz vorgesehenen Rechtsverordnungen bedürfen ausnahmslos der Zustimmung des Bundesrats; der Ausschuß konnte sich diesem Wunsch des Bundesrats schon deswegen nicht entziehen, weil das Gesetz überwiegend durch Landesbehörden durchgeführt wird und der Bundesrat deswegen auch an der Regelung im einzelnen entscheidend interessiert ist. Die Schlußvorschriften enthalten ferner, neben kleineren aus technischen Gründen gebotenen Änderungen des Erbschaftsteuergesetzes, des Einkommensteuergesetzes und des Wohnungsbaugesetzes, zahlreiche Änderungen des Feststellungsgesetzes (§ 397) und des Gesetzes über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener (§ 397 a). Diese Änderungen waren erforderlich, weil die beiden genannten Gesetze mit dem Lastenausgleichsgesetz in engstem Zusammenhang stehen und in ihrer Formulierung völlig mit dem Lastenausgleichsgesetz abgestimmt sein müssen; bei der Beratung des Lastenausgleichsgesetzes und auch auf Grund der weiteren Beratungen über ein Vertriebenengesetz haben sich aber, nach Beschlußfassung über diese beiden kleineren Gesetze, noch Ergänzungen und Änderungen ergeben, die für alle Gesetze im Bereich des Lastenausgleichs gleichmäßig gelten sollen. Das Lastenausgleichsgesetz soll im Bundesgebiet und in Berlin derart gelten, daß beide Bereiche wie ein einheitliches Gebiet behandelt werden. Es soll also für beide Bereiche gemeinsam nur ein Ausgleichsfonds gebildet werden. Schadenstatbestände in beiden Bereichen sollen gleichmäßig berücksichtigt werden. Soweit es auf den Aufenthalt von Geschädigten ankommt, soll der Aufenthalt in beiden Bereichen dieselbe Bedeutung haben. Die Regelung für Berlin (West) ist deshalb in den vorgelegten Entwurf in vollem Umfang eingearbeitet. Zur Inkraftsetzung des Gesetzes für Berlin (West) bedarf es aber noch eines Beschlusses der für das Land Berlin zuständigen gesetzgebenden Körperschaft (§ 399). Das Gesetz soll nach § 400 am Tage seiner Verkündung in Kraft treten. Der Ausschuß war aber der Auffassung, daß im Grundsatz die Lastenausgleichsregelung die vorläufige Soforthilferegelung rückwirkend vom 1. April 1952 an ablösen soll. Deshalb ist in § 400 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Vorschriften unberührt bleiben, nach denen Rechtsansprüche auf Ausgleichsleistungen mit Wirkung vom 1. April 1952 ab als entstanden gelten (so insbesondere § 225). Ferner soll auch für die Vermögensabgabe gelten, daß sie ab 1. April 1952 nach den Grundsätzen des neuen Gesetzes (vergl. insbesondere §§ 39, 41 und 42) geregelt wird. Der Ausschuß hat erwogen, mit Rücksicht hierauf das ganze Gesetz als mit Wirkung vom 1. April 1952 ab in Kraft getreten zu erklären und die Ausnahmen hiervon in § 400 aufzuzählen. Es hat sich aber ergeben, daß § 400 bei einer solchen Fassung sehr umfangreich und unübersichtlich hätte werden müssen.
Gesamtes Protokol
Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120700000
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 207. Sitzung des Deutschen Bundestages.
Ich begrüße den an Stelle des verstorbenen Abgeordneten Paschek in den Bundestag eingetretenen Abgeordneten Dr. Keller und wünsche ihm eine erfolgreiche Arbeit in unserem Hause.
Ich bitte den Herrn Schriftführer, die entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.

Josef Spies (CSU):
Rede ID: ID0120700100
Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach: Abgeordneter Tichi für weitere acht Wochen wegen Krankheit, Abgeordnetet Stauch für sechs Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme, Abgeordneter Kern für fünf Wochen ab 28. April wegen Krankheit, Abgeordneter Dr. Gülich für vier Wochen ab 29. April wegen Krankheit, Abgeordnete Frau Hütter für vier Wochen ab 24. April wegen Krankheit, Abgeordneter Freitag für zwei Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme, Abgeordneter Dr. Freiherr von Rechenberg für zwei Wochen wegen Krankheit, Abgeordneter Welke für zwei Wochen wegen Krankheit.


(Spies)

Der Präsident hat Urlaub erteilt für vier Tage den Abgeordneten Fürst zu Oettingen-Wallerstein, Wackerzapp, Lemmer, Dr. Schröder (Düsseldorf), Dirscherl, Dr. Orth, Frau Rösch, Mensing; für drei Tage dem Abgeordneten Höfler; für zwei Tage den Abgeordneten Dr. Dorls, Dr. Bergstraeßer, Jacobs.
Entschuldigt sind die Abgeordneten Dr. Preller, Wallner, Löfflad, Dr. Fricke, Kuhlemann, Frau Kalinke, Frau Strohbach, Vesper, Jahn, Dr. Dr. Müller (Bonn), Bahlburg, Frau Albertz.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120700200
Meine Damen und Herren, ich darf annehmen, daß das Haus mit der Erteilung des Urlaubs, soweit er über eine Woche hinausgeht, einverstanden ist.
Ich bin eben erst darüber unterrichtet worden, daß der Abgeordnete Lausen nach schwerer Erkrankung nach neun Monaten wieder an den Sitzungen des Hauses teilnimmt. Ich begrüße ihn herzlich. (Beifall.)

Weiter weise ich darauf hin, daß die nächste Fragestunde laut Vereinbarung im Ältestenrat am 28. Mai, 13 Uhr 30, stattfinden soll. Letzter Termin für die Einreichung der Fragen bei der Korrekturabteilung ist der 23. Mai, 12 Uhr.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden wie üblich ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Deutsche Bundesrat hat in seiner Sitzung am 25. April 1952 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen:
Zweites Gesetz über die Finanzverwaltung;
Gesetz zur Ergänzung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes;
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Zulagen und Mindestleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung und zur Überleitung des Unfallversicherungsrechtes im Lande Berlin.
Er hat weiter beschlossen, hinsichtlich des
Gesetzes über das landwirtschaftliche Pachtwesen zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes einberufen wird.
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat die Kleine Anfrage Nr. 249 der Fraktion der SPD betreffend Eigentumsfrage der deutschen Schwimmdocks (Drucksache Nr. 3180) beantwortet. Sein Schreiben vom 24. April 1952 wird als Drucksache Nr. 3260 vervielfältigt.
Ich bin im übrigen gebeten worden, bekanntzugeben, daß der Sonderausschuß von Abgeordneten der Koalitionsparteien nicht um 16 Uhr im Museum Koenig, sondern um 16 Uhr 30 im Bundeshaus zusammentritt.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufnahme eines Kredits durch den Bund im Rahmen der von den Vereinigten Staaten gewährten Wirtschaftshilfe (Nr. 3333 der Drucksachen).
Die Regierung verweist auf die schriftliche Begründung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, in der ersten Beratung keine Aussprache stattfinden zu lassen. — Das Haus ist damit einverstanden.
Ich darf Ihnen vorschlagen, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuß

(Abg. Mellies: Auswärtige Angelegenheiten, federführend!)

— ja, einmal an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, dann an den Ausschuß für ERP-Fragen zu überweisen. Federführend soll also
— das ist offenbar die Meinung des Hauses — der auswärtige Ausschuß sein.

(Zustimmung. — Abg. Dr. Wellhausen: Bitte auch an den Finanzund Steuerausschuß!)

— Der Herr Vorsitzende des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen legt Wert darauf, daß der Gesetzentwurf auch dem Ausschuß für Finanz-und Steuerfragen zur Mitberatung überwiesen wird. Sollen wir darüber eine Abstimmung stattfinden lassen, oder können wir uns darüber verständigen?

(Zustimmung.)

— Das Haus ist mit den beantragten Überweisungen einverstanden; die Überweisung ist erfolgt.
Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
zur Verlängerung der Geltungsdauer von
Vorschriften auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft (Nr. 3275 der Drucksachen).
Auch hier verweist die Regierung auf die schriftliche Begründung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine Aussprache auch in diesem Falle zu verzichten. — Das Haus ist damit einverstanden.
Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik zu überweisen. — Das Haus ist mit dieser Überweisung einverstanden; sie ist erfolgt.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten (7. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Osthandel (Nrn. 3282, 2935 der Drucksachen).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Semler. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen. Es liegt schon ein schriftlicher Bericht *) vor Ihnen; Herr Abgeordneter Dr. Semler wird ihn kurz mündlich erläutern.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Aussprachezeit von 60 Minuten vor. — Das Haus ist damit einverstanden.

Dr. Johannes Semler (CSU):
Rede ID: ID0120700300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der SPD auf Drucksache Nr. 2935 hat dem Außenpolitischen Ausschuß und dem Handelspolitischen Ausschuß zur Beratung vorgelegen. Das Ergebnis der Beratungen finden Sie in dem schriftlichen Bericht vom 4. April 1952, der Ihnen vorliegt. Beide Ausschüsse haben die in der Interpellation behandelten Fragen sowohl nach der politischen wie nach der wirtschaftlichen Seite hin geprüft. Dabei ist eingehend die Organisation des Systems der sogenannten Embargo-Aktion besprochen worden. In dieser Embargo-Aktion sind im ganzen 12 Staaten vereinigt, unter denen sich die Bundesrepublik befindet. Die Bundesrepublik war eingeladen worden, an dieser Aktion teilzunehmen. Sie hat diese Einladung angenommen, und der Vertreter der Bundesregierung hat vor dem Ausschuß auf Befragen erklärt, daß die Bundesregierung sich auch entschlossen habe, die politische Verantwortung für diese Embargo-Aktion mit zu übernehmen. Diese Haltung der Bundesregierung
') siehe Anlagen 1 Seite 9011,


(Dr. Semler)

wurde den Ausschüssen gegenüber damit begründet, daß die allgemeine Linie der Politik der Bundesregierung in Verbindung mit den westlichen Nationen diese Beteiligung rechtfertige, insbesondere im Hinblick und in Durchführung der mit den Vereinigten Staaten getroffenen Abmachungen über die Marshallplan-Hilfe.
Gleichzeitig hat sich der Ausschuß sehr eingehend mit der Frage befaßt, welche Stellung Deutschland im Kreise der übrigen an der Aktion beteiligten Nationen innehat. Es konnte festgestellt werden, daß die Gleichberechtigung, die zweifellos zu Beginn der Beteiligung Deutschlands nicht vorhanden war, von der Bundesregierung schrittweise im Zuge der weiteren Verhandlungen erreicht werden konnte, bis auf zwei Punkte, die Sie in dem schriftlichen Bericht finden. Einer dieser Punkte scheint nunmehr einer für die Bundesrepublik befriedigenden Regelung entgegenzugehen.
Der zweite Punkt bezieht sich auf das schwierige Thema des Abschlusses handelsvertraglicher Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik und den Staaten hinter dem Eisernen Vorhang. Die bisherigen handelsvertraglichen Vereinbarungen gehen auf Verträge zurück, die die seinerzeitigen Militärregierungen bzw. die JEIA mit diesen Staaten abgeschlossen hat. Da die Bundesrepublik bisher die Anerkennung durch die Staaten hinter dem Eisernen Vorhang nicht erhalten hat, muß sich auch der Abschluß handelspolitischer Vereinbarungen weiterhin auf diese Grundverträge stützen. Der Ausschuß schlägt Ihnen den Antrag, den Sie zu diesem Punkt in dem schriftlichen Bericht finden, zur Annahme vor.
Eingehend ist die Frage behandelt worden, welche Wirkung die Embargo-Aktion praktisch hätte. Dem Ausschuß ist eine ganze Anzahl von Unterlagen vorgelegt worden. Es sind erhebliche Zweifel zum Ausdruck gekommen, ob die Embargo-Aktion in der Tat den seinerzeit gedachten Erfolg gehabt hat. Diesen Zweifeln gibt der Ausschuß in seinem Bericht Ausdruck. Eine andere Frage ist es — auch diese Frage wurde sehr eingehend geprüft —, ob Deutschland im Rahmen der Embargo-Aktion nicht nur gleiche Pflichten, sondern auch gleiche Rechte hat. Die Zahlen, die bekannt sind, deuten darauf hin, daß 'Deutschland bei der sehr strikten Innehaltung aller Bestimmungen, die sich die Bundesregierung offensichtlich auch nach dem Eindruck des Ausschusses zur Pflicht gemacht hat, im Gegensatz zu anderen beteiligten Nationen im Ost-West-Handel besonders ungünstig abgeschnitten hat. Der Ausschuß hat den dringenden Wunsch, daß die Bundesregierung darauf hinwirkt - soweit es die Sicherheit Deutschlands zuläßt und im Rahmen der mit den übrigen westlichen Nationen gemeinsam geführten Politik —, daß ein baldiger Abbau der Vorbehaltslisten erfolgt, nicht nur damit der besonders für Deutschland seit jeher wichtige Ost-West-Handel von deutscher Seite ungehindert wieder aufgenommen werden kann, sondern vor allem auch, weil der Ausschuß der Meinung ist, daß eine solche Neuentwicklung des Ost-West-Handels dazu beitragen kann, die gespannte politische Atmosphäre zwischen Westen und Osten zu entgiften.
Was nun die Behandlung der Ausnahmeanträge anlangt, die von sämtlichen Staaten dauernd gestellt werden, so haben wir im Ausschuß nicht feststellen können, daß in formaler Hinsicht Deutschland schlechter als andere Staaten behandelt ist.
Lebhafte Kritik wurde an dem Verfahren innerhalb Deutschlands hinsichtlich der Behandlung von Ausfuhranträgen geübt. Hier hat die Bundesregierung seit der Einbringung der Interpellation zu einem Teil bereits Abhilfe schaffen können; zu einem Teil finden Sie in unseren Anträgen entsprechende Anregungen an die Bundesregierung.
Ich bitte Sie im Namen der beiden Ausschüsse, die Anträge der Ausschüsse, die Sie in dem schriftlichen Bericht unter a) bis d) verzeichnet finden, anzunehmen.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120700400
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Besprechung im Rahmen der Redezeit von 60 Minuten.
Das Wort hat der Abgeordnete Kalbitzer.

Hellmut Kalbitzer (SPD):
Rede ID: ID0120700500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir nehmen mit Genugtuung davon Kenntnis, daß der Außenpolitische Ausschuß sich in dieser spannungsreichen Frage einmütig zu einem Antrag an das Plenum entschlossen hat. Dieser Antrag wurde bei seiner Veröffentlichung einigen Mißdeutungen in der Öffentlichkeit ausgesetzt. Um diese Mißdeutungen richtigzustellen, ist es notwendig, kurz auf sie einzugehen. Die Stellungnahme des Ausschusses ist überhaupt nicht anläßlich der Moskauer Weltwirtschaftskonferenz herausgegeben worden. Es ist ein rein zeitlicher Zufall. Schon Ende vorigen Jahres hat meine Fraktion den entsprechenden Antrag eingebracht und dem Plenum die Stellungnahme, wie sie der Ausschuß hier einmütig beschlossen hat, vorgeschlagen.
Die andere Mißdeutung in der Presse und in der sonstigen Öffentlichkeit beruht darauf, daß man sagt, man wolle und man brauche in Deutschland den Osthandel auf jeden Fall und man brauche diesen Osthandel durch private Initiative. Dieses Argument der privaten Initiative ist ja auch auf der sogenannten Moskauer Weltwirtschaftskonferenz forciert worden, indem die russische Staatswirtschaft westliche Privatunternehmer eingeladen hat, um diese dafür zu erwärmen, daß die westliche Privatwirtschaft Vorspanndienste für die russische Staatswirtschaft leiste. Wir sind nicht dieser Meinung. Voraussetzung für die Verstärkung des west-östlichen Handels ist vielmehr, daß die Gleichwertigkeit des Handels auf jeden Fall garantiert wird. Das ist nicht möglich, wenn die östliche Staatswirtschaft, natürlich zentral geplant, ihre Einfuhren und Ausfuhren dirigiert und auf der westlichen Seite der private Unternehmer, allein nach seinem persönlichen Geschäftserfolg berechnend, nun den Handel fördert. Es würde dahin kommen, daß man Maschinen gegen Kaviar eintauscht, und das kann nicht der Sinn und Zweck der westlichen Wirtschaft sein, wenn sie sich, wie wir es vorschlagen, mit dem Osten handelsmäßig mehr vereint, als es in den letzten Jahren der Fall gewesen ist. Gegen ein Staatshandelsmonopol des Ostens hilft nur eine gleichwertige Organisation des Westens. Insofern halten wir es auch für verständlich, daß die westlichen Haupthandelsländer sich in Paris zu einer gemeinsamen Organisation zur Überwachung des westlichen Handelns mit dem Osten zusammengeschlossen haben. Denn jede östliche Wirtschaft ist a priori, ob mit oder ohne ausdrückliche Organisation, in gleicher Weise von vornherein dirigiert.
Was die Moskauer Weltwirtschaftskonferenz anlangt, so möchten wir besonders darauf hinweisen, daß die dort von östlicher, von russischer, chine-


(Kalbitzer)

sischer und anderer Seite vorgebrachten Offerten noch wenige Wochen vorher in einem entsprechenden Ausschuß der Europawirtschaftskommission der Vereinten Nationen, der ECE, in Genf durch den Herrn russischen Delegierten Arkadijew ausdrücklich abgelehnt worden waren. Außerdem aber hatten die Russen und alle anderen östlichen Handelspartner nicht erst auf dieser Weltwirtschaftskonferenz, sondern durch die bestehenden Handelsverträge zwischen Ost und West jederzeit in den langen Jahren Gelegenheit, diese Handelsofferten, die sie in Moskau propagandistisch vorgebracht haben, zu machen. Insofern ist faktisch in Moskau nichts Neues gewesen, sondern es ist dort nur eine neue Propagandamethode praktiziert worden.
Wir haben in Moskau etwas Neues in bezug auf die Bundesrepublik gehört, und zwar, daß die russische Regierung jetzt auch bereit sei, mit der Bundesrepublik selber Handel zu treiben. Wir begrüßen diese Anerkennung der wirtschaftlichen Verbindung zwischen Ost und West von der russischen Seite, möchten aber — und das ist mit der wesentliche Sinn des hier vorliegenden Antrags — von vornherein die Bedingungen klarmachen. Sie gehen dahin, von vornherein Handelsbeauftragte mit gleichen Rechten wechselseitig anzuerkennen. Es soll also nicht in der Weise verfahren werden, daß private deutsche Unternehmer in Moskau den Mund wässerig gemacht bekommen mit Luft-Aufträgen und dann nicht zwischen deutschen westlichen Wirtschaftsnotwendigkeiten und Propaganda unterscheiden können.
Unser Vorschlag geht deshalb darauf hinaus, daß man ohne diese auf der Weltwirtschaftskonferenz praktizierte Propaganda die Herstellung korrekter Handelsbeziehungen fördert. Dazu gehört nach Lage der Dinge natürlich, daß die Bundesrepublik auch in formaler Hinsicht ein gleichwertiger Handelspartner gegenüber der Sowjetunion wird.
Auf der andern Seite sind in der Öffentlichkeit Stimmen laut geworden, die grundsätzlich jeden Osthandel ablehnen wollten und so weit gegangen sind, zu sagen, daß wir mit diesem Vorschlag auf Forcierung des Osthandels unsere in Rußland befindlichen Kriegsgefangenen verrieten oder, anders ausgedrückt, daß wir damit den Todfeind — wie man sagt — der westlichen Welt stärkten. Beides ist nicht der Fall, und beides ist selbstverständlich nicht beabsichtigt. In der Vergangenheit sind Kriege sehr oft Handelskriege gewesen. Worauf es uns ankommt, ist, daß es in diesem Fall jedenfalls nicht an uns liegen soll, wenn sich die westöstlichen Beziehungen weiter verschärfen, sondern daß, soweit es in unseren Kräften hier im Parlament steht, diese Gegensätze gemildert werden.
Das weitere Argument, das vor allen Dingen von amerikanischer Seite nach Deutschland und in den ganzen Westen sehr aktiv propagandistisch hineingebracht wird, ist, daß wir mit dem west-östlichen Handel die russische Kriegsmacht stärkten, die dann ihrerseits den Westen bedrohe. Ich glaube, gegen dieses vorwiegend amerikanische Argument hilft am besten, den gegenwärtigen Präsidenten der Vereinigten Staaten, Mr. Truman, zu zitieren. Am 2. Juni 1951 hat er gesagt:
Wir unterbinden den Handel mit dem Osten nicht vollständig, durch den sich die freie Welt wichtige Rohstoffe wie Kohle, Holz, Manganerz, Chrom, Asbest und andere knappe Waren beschafft.
Das sagt mehr als alle Propaganda, daß der westöstliche Handelsaustausch auch für den Westen wesentliche wirtschaftliche und auch kriegsstrategische Vorteile hat. Ein Embargo des Rußlandhandels kann die russische Kriegsmacht deshalb nicht schwächen, weil gerade die wichtigsten sogenannten strategischen Güter durch dieses Embargo zwar der Form nach, aber nicht de facto erfaßt werden. Wir haben eine Überzahl von Beweisen, daß gerade diese wichtigsten Rohstoffe, die im Westen wie im Osten gleichmäßig knapp sind, in jedem Fall den Weg über die russische Grenze gefunden haben und daß von allen westlichen Ländern mit baren Dollars gekauft worden ist bzw. durch Gegenlieferung anderer wichtiger Waren wichtige Rohstoffe auch nach dem Westen hereingeholt worden sind.
Es ist auch nicht so, daß man feststellen könnte, daß durch dieses Warenembargo die kriegswichtigen Produkte im Osten verknappen und eine russische Rüstung dadurch geschwächt wird, sondern man muß feststellen, daß im Westen wie im Osten, gerade je kriegswichtiger die Rohstoffe sind, sie auch auf beiden Seiten um so knapper sind und beide Weltmächte gleichmäßig versuchen, im andern Teil der Welt gerade an diese knappen Rohstoffe heranzukommen. Eine Normalisierung der Handelsbeziehungen könnte deshalb nur gute Wirkungen sowohl für die politischen Beziehungen als auch im Hinblick auf das Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen im Osten haben. Ich möchte noch ausdrücklich betonen, daß dieser Beschluß nicht in der Weise mißdeutet werden kann, daß wir uns hierdurch mit dem Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen und mit dem Schicksal der Deutschen in den Konzentrationslagern der Ostzone in irgendeiner Weise abfinden. Unsere Forderung richtet sich nicht nur an die deutsche Bundesregierung, sondern im wesentlichen auch mit an die beiden hauptsächlich in Frage kommenden Weltmächte.
Es ist notwendig, daß die Vereinigten Staaten ihre Illusionen aufgeben, als könne man durch eine Blockade das russische Reich in die Knie zwingen. Das ist bisher nicht der Fall gewesen, und es ist eine wirtschaftliche Tatsache, daß die Russen autark sind und ihr Land groß genug ist, um das, was ihnen der Westen nicht liefert, sich entweder illegal zu beschaffen oder im eigenen Lande herzustellen. Ja, wir müssen sogar beobachten, daß wichtige Produkte aus dem Westen, die dem Osten vorenthalten werden, nach der Errichtung neuer Industriezweige und der Aufnahme neuer Produktionen im Osten selber hergestellt werden und somit den Handelsaustausch der Welt schmälern.
An die Russen haben wir insbesondere die Forderung zu richten, sie mögen es nicht bei den Moskauer Proklamationen, die den Handel mit der Bundesrepublik betreffen, als bloßer Propaganda bewenden lassen, sondern sich entschließen, wirklich bevollmächtigte Handelsvertretungen zwischen Westen und Osten mit gleichen Rechten und gleichen Aufgaben auszutauschen. Die Russen mögen sich entschließen, diese Frage nicht zu einer Propagandafrage zu machen, sondern sie auch in Rußland so ernst zu behandeln, wie wir sie von deutscher Seite aus behandeln möchten. Man würde die Ansätze zu einer Normalisierung der Beziehungen schwächen, wenn man diese Frage durch Propaganda in ein falsches Licht rückte.
Unsere Bundesregierung erklärte in ihrer Stellungnahme, daß sie die Grundsätze, die der Ausschuß aufgestellt habe — sich nämlich für einen


(Kalbitzer)

korrekten West-Ost-Handel einzusetzen —, bejahe. Bisher konnte festgestellt werden, daß die Bundesrepublik den illegalen Handel mit Erfolg bekämpft und eingeschränkt hat. Aber wir konnten bisher nicht feststellen, daß sie sich bei dem Embargo-Ausschuß in Paris — in dem sie, wie die Regierungsvertreter aussagten, gleichberechtigtes Mitglied ist — dafür einsetzt, daß die Vorbehaltslisten für den Osthandel für alle Länder gleichmäßig eingeschränkt werden, d. h. daß der Ost-West-Handel nicht zu einem Konkurrenzkampf zwischen westlichen Ländern wird, die mit allen möglichen offenen und verdeckten Methoden versuchen, dem anderen westlichen Handelspartner den Rang abzulaufen. Die Bundesregierung möge sich in diesem Ausschuß dafür einsetzen, daß die Normalisierung des Handels vom Westen aus in der Form gefördert wird, daß die Vorbehaltslisten überprüft und für alle Länder gleichmäßig wirksam zusammengeschnitten werden.
In diesem Sinne unterstützen wir den Antrag des Ausschusses.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120700600
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Merkatz.

Dr. Hans-Joachim von Merkatz (CDU):
Rede ID: ID0120700700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde unterstützen den Antrag des Ausschusses. Er enthält alle wesentlichen Elemente — wie auch von dem Herrn Vorredner erläutert —, die wir als eine Einleitung zur Normalisierung der Handelsbeziehungen mit den Staaten des Ostblocks betrachten können. Wir treten für diese Normalisierung unter der Voraussetzung ein, daß es korrekte Beziehungen sind. Dabei lassen wir uns von dem Gedanken leiten, daß gerade in der gegenwärtigen Situation und der Entwicklung, die sich aus ihr ergeben kann, jede Verschärfung vermieden werden muß. Allerdings vergessen wir nicht das grundsätzliche Anliegen, daß eine Voraussetzung für die Möglichkeit solcher Beziehungen die Herausgabe der immer noch festgehaltenen Kriegsgefangenen sein sollte.
Den Gedanken der Normalisierung der Beziehungen wird man auch dadurch zu fördern haben — wie es im Ausschußantrag gefordert worden ist —, daß das alliierte Mitbestimmungsrecht bei den Handelsverträgen mit den Ostblockstaaten abgeschafft wird. Wir empfehlen der Regierung, sich nur solchen Bestimmungen zu unterwerfen, wie sie auch den westlichen Staaten auferlegt sind.
Meine politischen Freunde billigen ausdrücklich die Beteiligung der Bundesregierung an der Embargo-Politik, die der westlichen Welt aufgezwungen worden ist. Wir möchten hierbei aber dem Grundsatz Ausdruck geben: Entweder eine einheitliche Embargo-Politik oder keine Embargo-Politik, weil nur eine einheitliche Embargo-Politik die Wirksamkeit dieser Politik zu fördern vermag. Voraussetzung dazu ist eine einheitliche Durchführung der Bestimmungen in den westlichen Ländern, und zwar eine einheitliche Durchführung in der Tat und im Geist. Es muß verhindert werden, daß bei der Anwendung der Bestimmungen gemogelt wird. Nur bei einer vollkommenen Geschlossenheit der westlichen Front kann das mit der Embargo-Politik erstrebte Ziel erreicht werden.
Ich wiederhole: Meine politischen Freunde billigen den vom Ausschuß vorgeschlagenen Antrag.

(Beifall bei der DP.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120700800
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Friedensburg.

Dr. Ferdinand Friedensburg (CDU):
Rede ID: ID0120700900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn sich die deutsche Öffentlichkeit der ganzen ernsten Dringlichkeit des hier erörterten Problems noch nicht bewußt ist, so liegt es daran, daß wir infolge der allgemeinen Wirtschaftsumstände der westlichen Welt die Sorgen um den Absatz nicht so kennen, wie es in anderen Zeiten der Fall gewesen ist. Wir wollen uns aber daran erinnern, welche Bedeutung einmal der Ost-West-Handel im Rahmen der deutschen Volkswirtschaft gehabt hat. Die schwere Wirtschaftskrise von 1931/32/33 hätte wahrscheinlich noch ganz andere Ausmaße angenommen, wenn damals nicht die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und dem Osten einen verhältnismäßig günstigen und beharrlichen Stand behauptet hätten. Wir können uns aber darauf wohl nicht verlassen. Wir wollen sogar hoffen, daß der Nachholbedarf des Krieges und die ungewöhnliche außenpolitische Lage, die die jetzige Konjunktur verursachen, in nicht zu ferner Zeit einmal ein Ende finden, und wir müssen uns klar sein, daß unsere Industrie dann vielleicht vor ähnlichen Absatzsorgen stehen wird, wie wir sie nach dem ersten Weltkriege zeitweilig gekannt haben.
Unter diesen Umständen verdient die hier behandelte Angelegenheit ernsteste Aufmerksamkeit. Wir halten die Empfehlungen des Ausschusses für durchaus zutreffend, treten ihnen bei und sind auch mit dem Bericht, der uns erstattet worden ist, im allgemeinen einverstanden. Aber, meine Damen und Herren, bei der großen und — ich wiederhole es — ernsten Bedeutung der Angelegenheit sind vielleicht noch einige Ergänzungen unerläßlich.
Der Herr Berichterstatter hat gemäß den schriftlichen Ausführungen des Berichtes festgestellt, daß Deutschland in der Durchführung des Embargos nicht benachteiligt sei. Das gilt nur formell. In der Sache können wir gar nicht anders als mit Bedauern feststellen, daß Deutschland in dieser Hinsicht diskriminiert ist, und zwar sehr erheblich diskriminiert ist. Ich möchte dem Hohen Hause hierzu einige Zahlen mitteilen, die, glaube ich, ebenso grotesk wie erschreckend sind. Die westeuropäischen Länder haben im letzten Jahre mit den Ostblockländern Außenhandel getrieben, der insgesamt, in Dollarwert umgerechnet, annähernd wieder den Stand von 1938 erreicht hat; in der Einfuhr, haben wir ausgerechnet, 89 % des Standes von 1938, in der Ausfuhr 107 %.

(Abg. Dr. Wuermeling: Hört! Hört!)

Dagegen hat Deutschland, die Bundesrepublik, in der Einfuhr nur 13 % und in der Ausfuhr 26 % des Vorkriegsstandes erreicht, also ein Abstand, wie er ärger nicht gedacht werden kann.
Nun haben bei dieser Steigerung die skandinavischen Länder den Hauptanteil, den Löwenanteil davongetragen. Aber selbst Großbritannien, das ja doch als eine der politisch tragenden Mächte noch ganz anders an der Durchführung des Embargos interessiert sein sollte, ist im Verkehr mit den Ostblockstaaten in der Einfuhr heute nahezu auf dem Vorkriegsstande angelangt und in der Ausfuhr auch bereits auf 53 %, also doppelt so hoch wie Deutschland. Italien hat den Vorkriegsstand überschritten.
Unter diesen Umständen sind wir ein wenig in Sorge, ob die Feststellung genügt, daß formalrechtlich alles in Ordnung ist. Wir wollen hier nicht in


(Dr. Friedensburg)

die Erörterung der etwas schwierigen Frage eintreten, woran es denn liegt, daß Deutschland trotz der scheinbaren formalen Gleichberechtigung praktisch so weit zurückbleibt. Aber ich glaube, es genügt, allein an diese Zahlen zu erinnern, um unserer Bundesregierung nahezulegen, doch nicht nur auf die De-jure- sondern auf die De-facto-
Gleichstellung künftig zu achten und dafür zu sorgen, daß auch namentlich in der Durchführung der Kontrolle, die j a leider noch nicht in unseren Händen liegt, mit gleichem Maß gemessen wird. Ich kann meinen beiden Herren Vorrednern in dieser Frage nur zustimmen.
Meine Damen und Herren! Ich mochte selbstverständlich daran erinnern, daß wir, wie das j a auch schon vom Kollegen Kalbitzer geschehen ist, dieses Problem nicht ganz ohne Rücksicht auf die gesamtpolitische Lage behandeln können. Es liegt nun einmal das Mißverständnis nahe, als sollten wir mehr oder weniger jetzt ein Opfer der neuen Propagandawelle werden, die vom Osten aus gestartet wird, um vielleicht auch gerade mittels der Anreize des gesteigerten Außenhandels Zwietracht zwischen die Westmächte zu säen. Das müssen wir selbstverständlich im Auge behalten. Aber wenn wir mit allem Nachdruck und mit größter Festigkeit darauf bestehen, zum mindesten nicht schlechter behandelt zu werden als die anderen, und wenn die Wiederherstellung unserer Souveränität auch auf diesem Gebiete nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem Inhalt nach verwirklicht werden soll, so kann uns, glaube ich, niemand nachsagen, wir wollten damit die Solidarität des Westens, an der auch wir selbstverständlich festhalten, irgendwie beeinträchtigen.
Eine Bemerkung des Herrn Kollegen Kalbitzer von der sozialdemokratischen Fraktion nötigt mich zu einem gewissen Vorbehalt. Ich weiß nicht, wie er es verstanden wissen will; aber man könnte daraus lesen, als wenn wir gegenüber der straffen und einheitlichen Handelsorganisation, die der Osten in den Beziehungen uns gegenüber zur Geltung bringen kann, eine, wie er sagte, gleichwertige Handelsorganisation aufbauen sollten. Ich hoffe, die sozialdemokratischen Kollegen wünschen nicht, daß wir nun, aus an sich begreiflicher Sorge, auch in einen staatlich gelenkten Außenhandel eintreten. Das könnte bei manchen praktischen Verhandlungen gegenüber dem Osten vorübergehend Erleichterungen bringen. Aber wir würden das Wirtschaftssystem, an dem wir festzuhalten wünschen, das sich in seinen Erfolgen i a auch so glänzend bewährt, gefährden, wenn wir an eine solche Lösung herangehen wollten.
Jedenfalls wünschen 'wir unter keinen Umständen eine doppelte Moral. Es ist unbestritten festgestellt worden, daß wir einen Teilaußenhandel mit den Ostblockländern über die Staaten des Westens hinweg betreiben. Der Ostasiatische Verein hat festgestellt, daß im Jahre 1951 für 205 Millionen deutsche Waren nach China gegangen sind, und zwar ausschließlich über die Länder des Westens, darunter auch über die Vereinigten Staaten. Das ist ein Zustand, der unter keinen Umständen andauern darf. Abgesehen von der darin liegenden Unmoral und der Ungehörigkeit gegenüber einem ebenbürtigen Partner hier in der westlichen Zivilisation liegt es doch praktisch auch so, daß der ganze Zwischengewinn, den man auf 10 bis 15 % bemessen kann, uns auf diese Weise verlorengeht, d. h. daß wir nicht den Nutzen aus dem Handel haben, den andere Leute einstecken. Das bedeutet
eine schwere Sonderbelastung für unsere Wirtschaft, die wir nicht haben wollen.
Wir wünschen selbstverständlich auch — und das möchte ich noch zum Schluß betonen —, gerade von dieser Seite her zu einer Überbrückung der unseligen Kluft, zu einer Entspannung in den Beziehungen zwischen Ost und West beizutragen. Wir sind nun einmal die Hauptleidtragenden an dieser Spannung; wir sind deshalb auch am meisten daran interessiert, daß sie gemildert wird. Wir Deutschen sind auch nach unserer geographischen Lage gerade am meisten an den handelsmäßigen Ost-West-Beziehungen interessiert. Für die Stadt Berlin, für die ich hier im Hause zu sprechen habe, ist es geradezu eine Lebensfrage, daß der Ost-West-Handel wieder auf legale und vernünftige Weise in Gang kommt.
Es ist einmal gesagt worden: Wenn die Waren nicht mehr über die Grenzen gehen, dann werden bald die Armeen über die Grenzen marschieren. — Wir haben den größten Wunsch, daß ein solcher Zustand beseitigt wird und daß Deutschland aus seinem Fleiß und seiner Tüchtigkeit — gerade auch gegenüber dem Osten — seinen Nutzen ziehen kann.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120701000
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.

Dr. Ludwig Erhard (CDU):
Rede ID: ID0120701100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung bekennt sich selbstverständlich zu den hier vertretenen und ausgearbeiteten Grundsätzen. Insoweit ist zu dem hier Ausgeführten vom Standpunkt der Bundesregierung nichts hinzuzufügen. Die letzten Ausführungen aber, glaube ich, bedürfen einer — ich will nicht sagen: Richtigstellung, denn die Zahlen sind selbstverständlich richtig — doch etwas andersartigen Beleuchtung. Mein Herr Vorredner verglich den Handel mit den Ostblockstaaten vom vergangenen Jahr mit dem vom Jahre 1938. Ich glaube, dieser Vergleich kann zu keinen zutreffenden Ergebnissen führen; denn das deutsche Reichsgebiet im Jahre 1938 ist, wie wir alle wissen, rein größenordnungsmäßig etwas anderes gewesen. In diesem Jahre waren wir in unserem Außenhandel von der übrigen Welt bereits, wenn nicht gerade abgeschnitten, aber doch stark behindert, und unsere ganzen außenwirtschaftlichen Energien waren sehr stark auf den Südostraum verlagert, häufig sogar unter gewissem politischen Druck.
Ich glaube, der richtige Vergleichsmaßstab ist der, wenn wir sehen: Wie hat sich der Außenhandel unserer europäischen Nachbarn mit den Ostblockstaaten und den Satellitenstaaten im Jahre 1951 gestaltet, und wie war unser eigenes Außenhandelsvolumen selbst? — England hatte im Jahre 1951 in diesen ganzen Staatenkomplex einschließlich der Sowjetunion für 360 Millionen DM exportiert, Italien für 250 Millionen DM, Frankreich für 130 Millionen DM, Belgien für 150 Millionen DM. Wir selber hatten zu dieser Zeit keine Beziehungen mit der Sowjetunion, auch nicht mit Rumänien und nicht mit Bulgarien. Trotzdem hat der deutsche Außenhandel mit den Reststaaten des Ostblocks 300 Millionen DM ausgemacht. Wenn wir also einmal von der Sowjetunion absehen, mit der wir eben aus verständlichen Gründen noch nicht zu Wirtschaftsbeziehungen gelangten, so steht Deutschland im Jahre 1951 in seinen Exporten nach den Ostblockländern sogar an erster Stelle der


(Bundeswirtschaftsminister Dr. Erhard)

übrigen europäischen Länder. Das -soll also, wie gesagt, keine Berichtigung sein, sondern nur eine Beleuchtung des Tatbestandes unter einem, wie ich glaube, realistischeren Aspekt.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120701200
Das Wort hat der Abgeordnete Rische.

Friedrich Rische (KPD):
Rede ID: ID0120701300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gab heute erstaunlich viele gute Argumente für eine normale Angelegenheit, wie sie nun einmal der Ost-West-Handel darstellt. Wir können eine ganze Reihe dieser Argumente nur unterstützen, da uns selbstverständlich die Lage in der westdeutschen Wirtschaft nicht unbekannt

(Aha! in der Mitte)

und das Drängen vernünftiger Kreise in der Wirtschaft auf einen ungehinderten Handel mit den Staaten des Ostens eben eine nationale Angelegenheit erstrangiger Bedeutung ist. Ich möchte hinzufügen: So wie man den Ost-West-Handel mit guten Argumenten forcieren muß, so muß man von dieser Stelle aus auch bald eine Lanze brechen für den ungehinderten innerdeutschen Handel, der uns doch zunächst einmal besonders naheliegt und der eine Brücke sein kann für die ungehinderte Entfaltung des Handels mit den Ländern des Ostens.

(Zuruf von der SPD: Wem sagen Sie das?)

Herr Friedensburg hat hier, so möchte ich sagen, auch die richtige Antwort erteilt, indem er sagte: Wenn die Waren nicht mehr über die Grenzen gehen, werden bald die Armeen folgen. — Ich möchte sagen: Die Situation ist in der Tat heute derart, daß wir uns auch von dieser Seite her um ein vernünftiges wirtschaftliches, freundschaftliches Verhältnis zu den Völkern des Ostens bemühen müssen.
Nun zu diesem schriftlichen Bericht. Hier wird ausdrücklich noch einmal unterstrichen, daß der Bundestag und die Bundesregierung die diskriminierende Embargo-Politik durchführen sollen, eine Politik, die uns im Zuge des Marshallplans und — man muß hinzufügen — jetzt verstärkt auch im Zuge des Generalvertrages oktroyiert werden soll. Hier steht einfach die Frage: Entweder ist man für dieses unsinnige Embargo, oder man ist dagegen. Man kann nicht für den ungehinderten Ost-West-Handel sein, wenn man der Embargo-Politik auch nur in einer einzigen Hinsicht hier in Westdeutschland Tor und Tür öffnet; denn diese Embargo-Politik ist ja gerade diejenige, die uns daran hindert, mit den Völkern des Ostens aus wirtschaftlichen Interessen heraus vernünftigen Handel zu treiben. Darum sind auch die auf Seite 2 des schriftlichen Berichts angeführten Argumente gegen die internationale Wirtschaftskonferenz in Moskau in keiner Weise stichhaltig.. Herr Kalbitzer dürfte zur Genüge wissen — und er hat auch einige vernünftige Argumente hierfür gebracht —,

(Lachen bei der SPD)

daß es die Aufgabe dieser Konferenz war, nicht Propaganda zu verkünden, sondern vernünftige Wege Schritt für Schritt zu eröffnen, um den Handel unter den Völkern wieder aufzunehmen. Alle diese Vorbehalte, die hier formuliert worden sind, alle diese Dinge, die man von der Seite des Ostens aus abbauen soll, bestehen überhaupt nicht. Es wäre im wirtschaftlichen Interesse der Bundesrepublik gewesen, wenn, offiziell durch die Regierung unterstützt, eine starke westdeutsche Delegation nach Moskau gefahren wäre, und ich bin mir dessen gewiß: sie wäre mit einer Reihe noch
größerer Aufträge zurückgekommen, und heute könnten wir eventuell schon in der glücklichen Lage sein, diese Verträge hier im Parlament zu ratifizieren.

(Beifall bei der KPD.)

Meine Damen und Herren, ich bin darum der Meinung, daß die Frage .des Ost-West-Handels trotz aller guten Argumente, die heute hier vorgebracht worden sind, nicht so behandelt werden kann, wie es in dem vorliegenden schriftlichen Bericht geschieht. Wir sollten sehen, daß auch der Versuch, über den sogenannten Generalvertrag Freiheit im Ost-West-Handel zu bekommen, von vornherein scheitern muß; denn der Generalvertrag ist ein einziges Embargo gegen die Politik ganz Deutschlands und ein Embargo gegen das Wiedererstehen der Einheit Deutschlands und damit auch von vornherein das größte Hindernis für die Entfaltung eines ungehinderten Ost-West-Handels nach allen Richtungen.

(Sehr wahr! bei der KPD.)

Auf der Moskauer Wirtschaftskonferenz sind in der Rede des Vorsitzenden der sowjetischen Handelskammer, Nesterow, ganz konkrete Vorschläge über den Warenaustausch mit Westdeutschland gemacht worden. Sie wissen ganz genau, daß die Sowjetunion vorgeschlagen hat, Getreide, Holz, Mangan- und Chromerz, Erdölerzeugnisse und andere Waren zu liefern. Meine Damen und Herren, das sind Waren, die man allgemein als kriegswichtige, strategische Waren betrachtet, und wir sind der Meinung, daß der Hinweis im Bericht auf das Embargo und die Notwendigkeiten der Verteidigung absolut unzulässig ist.
Nun noch ein Wort zum Schluß. In den wirtschaftlichen Leitsätzen der Sowjetnote sind genaue Bestimmungen über die Freiheit der deutschen Wirtschaft enthalten. Wer den Ost-West-Handel will, muß den Friedensvertrag wollen. Ich möchte im Hinblick auf die gleich beginnende Debatte über den Lastenausgleich hinzufügen: für die gesamte deutsche Wirtschaft, für Hunderttausende deutscher Arbeiter, für die Flüchtlinge und Umsiedler ist der Ost-West-Handel der besten Lastenausgleich.

(Beifall bei der KPD.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120701400
Das Wort hat noch einmal der Abgeordnete Dr. Friedensburg.

Dr. Ferdinand Friedensburg (CDU):
Rede ID: ID0120701500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen, die unser kommunistischer Kollege gemacht hat, deuten gerade die Gefahr an, mit der wir in dieser Angelegenheit zu rechnen haben. Gerade das, was er will, wollen wir nämlich nicht, daß irgendeine Verbindung zwischen diesen nüchternen wirtschaftlichen Dingen und seinen großen politischen Zielen hergestellt wird. Es ist ja höchst bezeichnend, daß er sofort auf den Generalvertrag kommt, wenn wir uns über eine vernünftige Handelspolitik unterhalten,

(Zurufe von der KPD)

und wenn Sie meinen, daß da ein unlösbarer Gegensatz besteht, so habe ich eben die Sorge, daß es Ihnen nicht auf eine Normalisierung der Beziehungen, sondern auf die Durchsetzung bestimmter politischer Aufgaben ankommt. Sie werden uns, die wir diese Arbeit vernünftig, ruhig und gelassen machen wollen, die Sache nur erschweren, wenn Sie derartige Reden halten.
Was den Herrn Wirtschaftsminister betrifft, so möchte ich nicht die Gelegenheit benutzen, mich


(Dr. Friedensburg)

mit ihm wissenschaftlich auseinanderzusetzen. Aber, Herr Wirtschaftsminister, das Jahr 1938 ist in meinem Sinne doch ein brauchbares Vergleichsjahr gewesen; denn die Zeit der guten Handelsbeziehungen zur Sowjetunion war 1938 schon vorbei. Damals waren sie lange nicht mehr so intensiv wie in den letzten Jahren der Weimarer Republik.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120701600
Damit, meine Damen und Herren, ist die Besprechung beendet. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Auswärtigen Ausschusses auf Drucksache Nr. 3282 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen ist dieser Antrag angenommen worden.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/DPB, FU (BP-Z) betreffend Untersuchung über deutsches Auslandsvermögen (Nr. 3327 der Drucksachen).
Herr Abgeordneter Dr. Pfleiderer wünscht das Wort zu nehmen.

Dr. Karl Georg Pfleiderer (FDP):
Rede ID: ID0120701700
Herr Präsident! Im Namen der antragstellenden Fraktionen möchte ich den Antrag stellen, die Drucksache Nr. 3327 ohne Aussprache an den Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten zu überweisen und in die Beratungen erst einzutreten, wenn der Bericht des Ausschusses dem Hause vorliegt.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120701800
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag gehört. Wünscht jemand, das Wort dazu zu nehmen? — Das ist nicht der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die entsprechend dem Antrag des Herrn Abgeordneten damit einverstanden sind, daß dieser Antrag ohne Aussprache dem Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten überwiesen wird, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; die Überweisung ist erfolgt. Damit ist Punkt 4 der Tagesordnung ebenfalls erledigt.
Ich rufe auf Punkt 5:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP/DPB eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einfügung eines Art. 120 a in das Grundgesetz (Nr. 3334 der Drucksachen).
Ist eine Begründung beabsichtigt? — Offenbar nicht. Der Ältestenrat schlägt Ihnen Verzicht auf eine Aussprache vor.
Ich bitte die Damen und Herren, die damit einverstanden sind, daß dieser Gesetzentwurf ohne Aussprache dem Ausschuß für den Lastenausgleich überwiesen wird, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; die Überweisung ist erfolgt.

(Abg. Mellies: Herr Präsident, er muß aber an den Rechtsausschuß! — Abg. Kunze: Er ist ja im Rechtsausschuß schon in dieser Fassung verabschiedet!)

— Meine Damen Herren, ich hatte vorgeschlagen, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für den Lastenausgleich zu überweisen; meinen Sie: nur dem Rechtsausschuß, oder auch dem Rechtsausschuß?

(Abg. Mellies: Mindestens „auch"!)

— Also: federführend dem Ausschuß für den Lastenausgleich und mitberatend dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht.

(Abg. Kunze: Die Vorlage entspricht dem einstimmigen Beschluß des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht!)

— Um so einfacher ist es, Herr Kollege, sie zu überweisen; dann wird er ja keine Veranlassung haben, etwas zu ändern.

(Zuruf des Abg. Mellies.)

— Herr Kollege Mellies zur Frage der Überweisung!

Wilhelm Mellies (SPD):
Rede ID: ID0120701900
Meine Damen und Herren, etwas Systematik muß in unserer Arbeit doch wohl liegen! Wenn wir hier einen Gesetzentwurf haben, der eine Verfassungsänderung bedingt, dann ist wohl der Rechtsausschuß der zuständige Ausschuß, an den der Antrag zunächst überwiesen werden muß. Der Lastenausgleichsausschuß kann dann mitberatend beteiligt sein. Ich stelle einen entsprechenden Antrag.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120702000
Meine Damen und Herren, es geht um die Frage, welcher Ausschuß federführend ist. Es liegt der Antrag vor — Herr Kollege Kunze, ich nehme an, Sie wollen diesen Antrag stellen —: Lastenausgleichsausschuß federführend und Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht mitberatend. Ich bitte die Damen und Herren, die dafür sind, daß der Lastenausgleichsausschuß federführend ist, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit. Dann darf ich unterstellen, daß der Rechtsausschuß federführend und der Lastenausgleichsausschuß mitberatend sein soll; diese Einigkeit haben wir hergestellt.
Ich rufe nun Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP/DPB, FU (BP-Z) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Teuerungszuschläge zur Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz (LA-TZG) (Nr. 3330 der Drucksachen).
Eine Begründung ist auch hier nicht vorgesehen. Wird eine andere Überweisung als die an den Lastenausgleichsausschuß für nötig gehalten?

(Widerspruch in der Mitte.)

— In dieser Frage offenbar nicht. Ich darf unterstellen, daß das Haus mit der Überweisung dieses Gesetzentwurfs an den Ausschuß für den Lastenausgleich einverstanden ist. — Das ist der Fall.
Ich komme zu Punkt 7 der Tagesordnung: Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich (Nrn. 1800, zu 1800 der Drucksachen); Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (17. Ausschuß) (Nrn. 3300, zu 3300 der Drucksachen, Umdruck Nr. 490).
Berichterstatter:
Abgeordneter Kunze (Allgemeiner Bericht),

(Erster Teil §§ 1-12)

Abgeordneter Dr. Atzenroth (Zweiter Teil
§§ 13-83, 227-241),
Abgeordneter Dr. Bucerius (Zweiter Teil §§ 84-123),

(Zweiter Teil §§ 124-226, 242-250)

Abgeordneter Dr. von Golitschek (Dritter Teil §§ 251-265),

(Dritter Teil §§ 266-284)



(Präsident Dr. Ehlers)

Abgeordnete Frau Dr. Weber (Essen) (Dritter Teil §§ 285-315),

(Dritter Teil §§ 316-324)

Abgeordneter Meyer (Bremen) (Dritter Teil
§§ 325-327),

(Dritter Teil §§ 328-331)

Abgeordneter Farke (Dritter Teil
§§ 332-351),

(Dritter Teil §§ 352-375)

Abgeordneter Kunze (Dritter und Vierter Teil §§ 376-400),
Änderungsanträge Umdruck Nrn. 492, 493, 494, 495, 496, 498, 499, 500, 501, 502, 503, 504, 505, 506.

(Erste Beratung: 115. Sitzung.)

Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, daß die Berichterstattung, soweit sie noch mündlich erfolgt, jeweils zu Beginn der verschiedenen Teile und Abschnitte des Gesetzes gegeben wird. — Sie sind damit einverstanden.
Zu Beginn der zweiten Beratung, die wir nicht mit einer 'allgemeinen Besprechung beginnen wollen — die allgemeine Besprechung soll in der dritten Beratung stattfinden —, wünscht der Herr Stellvertreter des 'Bundeskanzlers eine Erklärung abzugeben.
Blücher. Stellvertreter des Bundeskanzlers: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler würde den größten Wert darauf gelegt haben, beim Beginn der zweiten Lesung dieses Gesetzes selber für die Regierung zu sprechen. Das ist bei der Bedeutung ides Gesetzes selbstverständlich und erst recht bei idem Gewicht, das der Herr Bundeskanzler immer — und vor allen Dingen in diesem Augenblick — diesem Gesetz beigelegt hat.

(Lachen bei der KPD.)

Sie wissen, daß er seit einigen Tagen erkrankt ist, und infolgedessen hat die Regierung heute morgen eine Erklärung verabschiedet, die ich Ihnen bekanntzugeben habe.
Das Gesetz, in dessen zweite Lesung Idas Hohe Haus heute eintritt, ist von der Bundesregierung von jeher als eine Aufgabe von außergewöhnlicher Bedeutung betrachtet worden. Das Gesetz will der sittlichen Verpflichtung ides ganzen Volkes Ausdruck geben,

(Zuruf des Abg. Renner)

die Lasten des Krieges und seiner Folgen gemeinsam zu tragen.

(Abg. Renner: Wie billig!)

Es wird für die Dauer eines Menschenalters für einen sehr erheblichen Teil der Bevölkerung die Lebensbedingungen bestimmen und für einen weiteren sehr großen Teil einschneidende Wirkungen haben. Seine Bedeutung liegt in gleicher Weise auf politischem, sozialem, wirtschaftlichem und und finanziellem Gebiet. Die Bundesregierung ist der Überzeugung, daß der Lastenausgleich ebenso einen Beitrag 'zur Befriedung des gesamten sozialen und wirtschaftlichen 'Gefüges der westeuropäischen Welt bedeutet wie eine Leistung, die der unmittelbaren militärischen Verteidigung dient.

(Hört! Hört! bei der KPD.)

Sie begrüßt es deshalb auch, daß bereits jetzt in Aussicht genommen ist, West-Berlin in vollem Umfang in dieses Gesetz einzubeziehen.
Die vielseitige Bedeutung des Gesetzes und seine Ausstrahlungen auf die mannigfaltigsten Lebensgebiete haben zeitraubende Vorarbeiten und sehr eingehende Beratungen im Ausschuß erforderlich gemacht. Die Schwierigkeit der Materie führte zu Verzögerungen, die von der hierüber nicht voll unterrichteten Öffentlichkeit oft beklagt wurden. Die Bundesregierung teilt aber die Auffassung des Ausschusses, daß das Gesetzgebungswerk nunmehr abgeschlossen werden muß und daß Verfeinerungen und Verbesserungen, die auch nach Auffassung der Bundesregierung wünschenswert wären, späteren Ergänzungsgesetzen vorbehalten bleiben müssen.

(Sehr gut! in der Mitte. — Abg. Renner: Nach einem Menschenalter!)

Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß die Durchführung dieses Gesetzes an die Behörden, die es durchzuführen haben, ganz außerordentliche Anforderungen stellen wird. Sie spricht die Erwartung aus, daß die Behörden sich mit voller Kraft der Aufgabe widmen werden.
Der Gesetzentwurf mutet der abgabepflichtigen Wirtschaft ebenso wie den öffentlichen Haushalten Opfer zu, die nach der überwiegenden Auffassung des Ausschusses und der Bundesregierung das Äußerste darstellen, was unter Berücksichtigung der im übrigen bestehenden Belastungen zur Zeit noch tragbar erscheint.

(Zuruf des Abg. Renner.)

Bis zu dieser äußersten Grenze der jetzt möglichen Belastung zu gehen, erschien im Hinblick auf die Notlage der Geschädigten unbedingt notwendig.
Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß dieses Gesetz auch in seiner nunmehr dem Hohen Haus vorliegenden Fassung weder die Geschädigten noch die Abgabepflichtigen voll befriedigt. Das liegt im Wesen der gestellten einmaligen Aufgabe. Das Gesetz verlangt Einsicht und Opfer auf beiden Seiten und kann nur dann zur vollen Wirkung gelangen, wenn die innere Bereitschaft dazu auch auf beiden Seiten vorhanden ist.
Das Gesetz strebt an, einen Teil der Abgabebeträge voraus verfügbar zu machen, indem es Vergünstigungen bei vorzeitiger Zahlung der Abgabe gewährt und die Durchführung eines Naturalausgleichs fördert. Über diese Maßnahmen hinaus sieht die Bundesregierung es als ihre Aufgabe an, dem Lastenausgleichsfonds in den ersten Jahren zusätzliche Mittel für die Vorfinanzierung der produktiven Eingliederung der Geschädigten zur Verfügung zu stellen, und zwar möglichst durch innere und äußere Anleihen des Lastenausgleichsfonds unter der Bürgschaft des Bundes.
Soweit Mittel des Lastenausgleichs nicht mehr im alten Umfange für den Sozialen Wohnungsbau verfügbar sind, ist die Bundesregierung gewillt, für die Sicherung der Mittel für den Sozialen Wohnungsbau alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
Die Bundesregierung spricht die Hoffnung aus, daß aus einer Steigerung der deutschen Wirtschaftskraft später Mittel zur Verbesserung des Gesetzes gewonnen werden können. Die Bundesregierung hofft zuversichtlich, daß durch dieses Gesetz und durch die zusätzlichen Bemühungen aller Beteiligten das Ziel des Gesetzgebungswerkes erreicht wird: zu seinem Teil zur inneren Befriedung unseres Volkes und zur Festigung seines gesellschaftlichen Gefüges beizutragen.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der KPD.)



Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120702100
Meine Damen und Herren, ich wies darauf hin, daß eine allgemeine Besprechung nicht stattfinden sollte. Ich bin darüber unterrichtet worden, daß Herr Abgeordneter Nöll von der Nahmer für die Fraktionen der Regierungskoalition eine Erklärung abzugeben wünscht und daß auch von Herrn Abgeordneten Kriedemann beabsichtigt ist, eine Erklärung abzugeben. Darf ich Ihnen vorschlagen, daß mit dieser Abgabe der Erklärungen die Einleitung der zweiten Besprechung dann beendet ist, so daß wir in die Einzelbesprechung eintreten können. Darf ich die Meinung des Hauses dahin feststellen, damit wir nicht zu einer ungemäßen — —

(Abg. Renner: Allgemeine Aussprache, nicht wahr?)

— Wir haben keine allgemeine Aussprache, Herr Abgeordneter Renner. Sie findet bei der dritten Beratung statt. Ich habe mir wiederholt gestattet, das entsprechend unserer Geschäftsordnung vorzuschlagen.

(Abg. Renner: Dann bitte ich ums Wort zur Geschäftsordnung!)

— Zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Renner das Wort.

Heinz Renner (KPD):
Rede ID: ID0120702200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach unserer Geschäftsordnung hat das Haus das Recht, nach einer Regierungserklärung eine Aussprache zu fordern. Nach unserer Geschäftsordnung besteht aber keine Möglichkeit, nur einigen oder einer Fraktion des Hauses dieses Recht zu geben. Wenn schon eine Aussprache zu einer Regierungserklärung hier stattfinden soll,

(Zuruf des Abg. Ewers)

dann hat das ganze Haus, haben alle Fraktionen und Gruppen dieses Hauses das Recht, zu dieser Regierungserklärung Stellung zu nehmen. Ich nehme an, daß Sie Ihre eigene Geschäftsordnung nicht biegen oder brechen wollen, um zu erreichen, daß zu dieser sehr diskutablen Regierungserklärung nur der eine pro und der andere contra reden kann.

(Zurufe von der Mitte.)

Also ich beantrage, nach der Geschäftsordnung eine freie allgemeine Aussprache zu dieser Regierungserklärung zuzulassen.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120702300
Herr Abgeordneter Renner, Sie haben uns auf die Geschäftsordnung verwiesen. Ich muß leider diesen Hinweis zurückgeben. Nach
48 Abs. 3 der Geschäftsordnung ist eine Besprechung über eine Regierungserklärung nur dann möglich, wenn 30 anwesende Abgeordnete sie fordern und wenn diese Erklärung außerhalb der Tagesordnung abgegeben wird. Sie können hier nicht unterstellen, daß eine zu einer Beratung eines Gesetzes in der zweiten Lesung abgegebene Regierungserklärung außerhalb der Tagesordnung stattfindet. Es steht dem_ Hause frei, nach § 80 der Geschäftsordnung zu Beginn der zweiten Beratung eine allgemeine Besprechung zuzulassen. Ich habe das Haus gefragt, ob es das wünscht, und das Haus hat seine Meinung dahin zum Ausdruck gebracht, daß es das nicht wünscht. Darf ich noch einmal feststellen: Es wird keine allgemeine Besprechung in der zweiten Beratung gewünscht?

(Abg. Renner: Zur Geschäftsordnung!)

— Herr Abgeordneter Renner zur Geschäftsordnung.

Heinz Renner (KPD):
Rede ID: ID0120702400
Herr Präsident, es tut mir sehr leid, daß ich mir erlauben muß, Ihre Auslegung der Geschäftsordnung in etwa anzuzweifeln. Sie haben hier ausdrücklich gesagt, daß zu dieser Erklärung der Regierung ein Sprecher der CDU,

(Widerspruch in der Mitte)

ein Sprecher der Koalition und ein Sprecher der SPD das Wort haben sollen.

(Abg. Kunze: Sie haben nicht zugehört!)

Aber Sie lassen nur das zu, was Ihnen in den Kram
paßt, meine Herren. Hier handelt es sich darum,
daß die Regierung eine Erklärung abgegeben hat
und daß jede Fraktion und jede Gruppe das Recht
haben muß, zu dieser Erklärung etwas zu sagen;
oder Sie mißbrauchen Ihre eigene Geschäftsordnung.

(Lebhafte Zurufe: Nein!)

— Nun j a, Ihr Nein beweist nicht, daß ich Unrecht habe; Ihr Nein beweist nur, daß Sie Ihre eigene Geschäftsordnung nach Belieben biegen oder brechen.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120702500
Herr Abgeordneter Renner, ich stelle fest, daß Sie mit dieser Behauptung nicht nur den Präsidenten — ich würde es ertragen —, sondern das ganze Haus beleidigt haben. Ich rufe Sie zur Ordnung.
Meine Damen und Herren, ich frage noch einmal formell: wird von dem Hause eine allgemeine Besprechung in der zweiten Beratung gewünscht?

(Zurufe: Nein!)

Wer wünscht sie?

(Abg. Renner: Wir wünschen sie!)

— Das ist außer der kommunistischen Gruppe niemand. Ich stelle also fest, daß eine allgemeine Besprechung nicht stattfindet.

(Abg. Reimann: Das ist ein schönes Vorspiel für den Lastenausgleich, was Sie da machen!)

Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Nöll von der Nahmer.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0120702600
Meine Damen und Herren! Namens der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP habe ich folgende Erklärung zur zweiten Beratung des Lastenausgleichsgesetzes abzugeben.
Seit Jahren warten Millionen Mitbürger auf einen Ausgleich ihrer materiellen Verluste, die sie in besonders großem Umfang durch den unglückseligen Krieg und die an ihn anschließende Vertreibung aus der angestammten Heimat sowie die großen Kriegssachschäden betroffen haben. Vorschläge aller im Wirtschaftsrat vertretenen Fraktionen, die Lastenausgleichsfrage zusammen mit der Währungsreform 1948 zu lösen, wurden von den Besatzungsmächten abgelehnt. Das daraufhin ergangene Soforthilfegesetz konnte nur den Versuch einer ersten Hilfe bedeuten.
Dem Hohen Hause ist mit dem Lastenausgleich eine gesetzgeberische Aufgabe gestellt worden, für die es in der bisherigen Wirtschaftsgeschichte keinen Vergleich gibt. Nach dem Umfang der aufzubringenden und zu verteilenden Mittel gehört der Lastenausgleich zu den größten Wirtschafts- und Finanztransaktionen der Geschichte. Am 31. Januar 1951 wurde nach der ersten Lesung der Regierungsentwurf dem Lastenausgleichsausschuß zur Beratung überwiesen. Erstes Gebot für die Ausschußarbeit war, eine gründliche Prüfung des


(Dr. Dr. Nöll von der Nahmer)

Entwurfs vorzunehmen, dabei aber raschmöglichst den Abschluß der Arbeiten im Interesse sowohl der Geschädigten wie der zur Aufbringung der Mittel Heranzuziehenden nicht aus dem Auge zu lassen.
Über die Zweckmäßigkeit der in noch nicht 15monatiger intensivster Arbeit gefundenen Lösungen bestehen auch innerhalb der Fraktionen der Regierungsparteien bei manchen Punkten Meinungsverschiedenheiten. Je mehr die Beratungen sich mit den großen Einzelfragen befaßten, um so deutlicher wurde sichtbar, wie mit dieser Gesetzesvorlage, welche ohne vergleichbare Vorgänge ist, politisches und wirtschaftliches Neuland betreten wird. Erst durch die praktische Durchführung werden zuverlässige Urteile über die Zweckmäßigkeit einzelner Vorschläge gestattet und damit die Grundlage für Möglichkeit und Notwendigkeit von Änderungen gegeben.
Äußerer Umfang, die Fülle der Probleme, technische Schwierigkeiten, Bedeutung und Notwendigkeit rascher Verabschiedung des großen Gesetzeswerkes zwingen nach Ansicht der Regierungskoalition zur Anwendung eines besonderen parlamentarischen Verfahrens. Die von keinem Mitglied des Ausschusses geleugneten Unzulänglichkeiten des Gesetzes können kaum durch Anträge während der Plenarberatungen beseitigt werden.

(Lebhafter Widerspruch links. — Abg. Mellies: Das ist aber eine komische Auffassung!)

Das Gesetzeswerk bildet ein einheitliches Ganze; Änderungen eines Teils beeinflussen zwangsläufig das Ganze und zwingen in ihrer Folge zu Änderungen auch anderer Abschnitte der Vorlage. Die Materie ist so schwierig, daß es für die einzelnen Mitglieder des Hauses kaum möglich ist, sich während der Debatte im Plenum ein gesichertes Urteil über Zweckmäßigkeit, Tragweite und Konsequenz etwa gestellter Änderungsanträge zu bilden.

(Lebhafte Zurufe von der SPD und KPD. — Abg. Mellies: Das ist aber allerlei, was Sie da sagen!)

Die Annahme von Änderungsanträgen — unter Umständen durch Zufallsmehrheiten — kann das ganze Gesetzeswerk ernstlich gefährden.

(Sehr richtig! rechts.)

In der Erkenntnis der Notwendigkeit einer beschleunigten Verabschiedung sind sich aber alle Fraktionen einig. Eine Rückverweisung des Entwurfs zur Beratung aller Änderungsanträge würde jedoch eine von den Betroffenen nicht verstandene und eine nicht zu verantwortende Verzögerung bedeuten. Die Fraktionen der Regierungsparteien haben daher von der Einreichung von Änderungsanträgen für die zweite und dritte Lesung abgesehen. Darüber hinaus hat auch die große Mehrheit der Fraktionsmitglieder in Würdigung der dargelegten Erwägungen trotz oft schwerwiegender Bedenken gegen einzelne Entscheidungen auf Änderungsanträge verzichtet. Sie werden sich darauf beschränken, bei der Beratung der einzelnen Paragraphen auf Verbesserungsmöglichkeiten als Material für die spätere Gesetzgebung hinzuweisen.

(Lebhafte Zurufe links.)

Die Regierungkoalition wird außerdem selbstverständlich zu den von anderen Fraktionen gestellten
Änderungsanträgen Stellung nehmen und die Anträge und Anregungen der Opposition nach den gleichen Grundsätzen behandeln wie die aus ihren eigenen Reihen.

(Abg. Blachstein: Großzügig!)

So behalten sich die Fraktionen der Regierungsparteien die Einbringung von Novellen zum jetzt beschleunigt zu verabschiedenden Gesetz ausdrücklich vor.

(Erneute Zurufe links.)

Insbesondere werden sie sich für eine beschleunigte Beratung des dem Ausschuß bereits vorliegenden Altsparergesetzes einsetzen. Die Frage der Vorfinanzierung als eine der Kernfragen der gestellten Aufgabe wird besonders behandelt und mit allen nur möglichen Mitteln gefördert.
Die Regierungsparteien werden daher alle Anträge, auch die von Mitgliedern der Regierungsparteien, im gegenwärtigen Stadium der Beratungen ablehnen.

(Lachen bei der SPD und Rufe: Hört! Hört!)

Sie erklären ausdrücklich, daß sie sämtliche Anträge, die aus ihren Reihen angeregt oder gestellt worden sind, nach Verabschiedung des Gesetzes erneut einbringen werden mit der Maßgabe, daß der Ausschuß zu prüfen hat, ob und inwieweit den Anträgen in einer Novelle Rechnung getragen werden kann. Sie werden bereit sein, bei dem gleichen Verfahren anderer Fraktionen nach gleichen Grundsätzen vorzugehen und der Ausschußüberweisung zuzustimmen.
Die Regierungsparteien haben die Überzeugung, daß die schnellste Verabschiedung des Gesetzes der beste Weg ist, um sowohl den Empfangenden wie den Abgebenden Klarheit zu verschaffen und die entscheidenden Verbesserungen gegenüber dem Soforthilfegesetz wirksam werden zu lassen.

(Unruhe links. — Glocke des Präsidenten.)

Der Entwurf bedeutet nach Ansicht der Regierungsparteien einen weiteren Schritt vorwärts auf dem steinigen Weg, der unser Volk aus dem trostlosen Chaos der Kriegs- und ersten Nachkriegszeit herausführt.

(Lebhafte Zurufe links.)

Der Bundesrat wird sich nach Überzeugung der Regierungsparteien dieser Erkenntnis nicht verschließen.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Mellies: Der Vorsitzende hat ihn ja sehr freundlich eingeladen!)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120702700
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann, ebenfalls zu einer formulierten Erklärung der sozialdemokratischen Fraktion.

Herbert Kriedemann (SPD):
Rede ID: ID0120702800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Fraktion habe ich Ihnen vor Beginn der zweiten Lesung folgende Erklärung bekanntzugeben.
Die Sozialdemokratische Partei hat seit der Währungsreform wiederholt dargelegt, wie wichtig die baldige Verabschiedung eines Lastenausgleichsgesetzes ist. Die sozialdemokratische Fraktion hat seit Bestehen dieses Bundestags durch ihre Anträge mehrfach versucht, die Angelegenheit zu beschleunigen, die unserer Meinung nach in einem der ersten Gesetze von diesem Hause hätte geregelt werden müssen

(Sehr richtig! bei der SPD)



(Kriedemann)

und trotz der Schwierigkeiten der Materie hätte geregelt werden können angesichts der guten Vorbereitungen durch den Wirtschaftsrat und die von ihm eingesetzten Arbeitsausschüsse.
Leider ging der Gesetzentwurf dem Bundestag erst Anfang 1951 zu. Offenbar ist es nicht eher möglich gewesen, ' die Widersprüche zwischen den Wahlversprechungen und den Absichten der die Bundesregierung tragenden Parteien in eine Regierungsvorlage zu verstecken. Auch die Nachrichten, die über gegensätzliche Auffassungen der Kabinettsmitglieder untereinander in die Öffentlichkeit gedrungen sind, beweisen, wie hart der Kampf zwischen den Wünschen der abgabepflichtigen Kreise und den dringenden Forderungen der Geschädigten, soweit sie auf die Parteien der Bundesregierung ihre Hoffnung gesetzt haben, gewesen ist. Diese Gegensätze haben auch die rasche Meinungsbildung auf seiten der Regierungsparteien verhindert, die zur beschleunigten Durchführung der Ausschußberatungen notwendig gewesen wäre, wodurch diese Beratungen über vierzehn Monate verlängert worden sind.
Mit dem neuerlichen Appell, dieses Gesetz zu verabschieden, ohne noch Anträge zu stellen oder sich mit Anträgen auseinandersetzen zu wollen — ein Gesetz, von dem man weiß, daß selbst die Mehrheit der Regierungskoalition ihm lieber nicht zustimmen würde —, ist eine neuerliche Verzögerung, ist ein neuer Versuch gemacht, wieder einmal keine Entscheidung zu treffen und dieselbe hinauszuschieben. Dadurch wird man der Stimmung bei den Vertriebenen und Geschädigten aber in keiner Weise gerecht; dadurch wird man auch nicht den Notwendigkeiten gerecht, die für unser Wirtschaftsleben mit dem Lastenausgleich zusammenhängen. Wir bedauern, daß die Vertriebenen und Geschädigten immer wieder über den wahren Sachverhalt irregeführt werden. Mit aller Entschiedenheit sprechen wir aus, daß ein solch schwachmütiges Ausweichen der Lage nicht gerecht wird und daß die Empörung immer nur wachsen kann.
Wir lehnen es ab, dieses Spiel mitzuspielen. Den Geschädigten kann nur durch Leistungen geholfen werden. Diese Leistungen sind nur möglich, wenn man auch den Mut hat, das erhalten gebliebene Vermögen in einem entsprechenden Umfang zu belasten. Nicht in den verschiedensten Versprechungen, in Zukunft das tun zu wollen, was zu tun man heute ablehnt, liegt der Wert dieses Gesetzes, sondern nur in dem, was heute und in den nächsten Tagen hier tatsächlich beschlossen wird.

(Beifall bei der SPD.)

Wir werden uns in unseren Anträgen bemühen, der Mehrheit dieses Hauses eine tragfähige Grund-. Lage für einen Lastenausgleich vorzulegen, wie er unter den gegebenen Verhältnissen erreicht werden kann und erreicht werden muß. Niemand wird die Mehrheit von der Verpflichtung befreien, sich mit diesen Anträgen auseinanderzusetzen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120702900
Meine Damen und Herren, damit sind die vorgesehenen Erklärungen beendet.
Ich darf darauf hinweisen, daß im Umdruck Nr. 490 zu Drucksache Nr. 3300 Änderungen des Berichts des Ausschusses für den Lastenausgleich enthalten sind, die auf den Beschluß des Ausschusses zurückgehen. Ich bitte also, bei der Einsichtnahme in die Druckachen Nrn. 3300 und zu 3300 den Umdruck Nr. 490 gleichzeitig heranzuziehen.
Wir kommen damit zur Berichterstattung. Den allgemeinen Bericht*) erstattet der Vorsitzende des Lastenausgleichsausschusses, Herr Abgeordneter Kunze.
Ich darf Sie, meine Damen und Herren, darauf hinweisen, daß im Ältestenrat vorgesehen war, die zweite Beratung abends jeweils bis etwa 8 Uhr fortzusetzen. Darf ich annehmen, daß das Haus mit dieser Regelung einverstanden ist? — Das ist der Fall.
Bitte, Herr Abgeordneter Kunze!

Johannes Kunze (CDU):
Rede ID: ID0120703000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich entsprechend dem Beschluß des Ausschusses den allgemeinen Bericht gebe, so ist es nicht meine Aufgabe, in die Fülle der Einzelheiten einzutreten, sondern Ihnen lediglich die großen Linien vorzutragen, in denen sich die Ausschußberatungen bewegt haben, und Ihnen zu zeigen, welcher Mittel wir uns bedient haben, um zur Erkenntnis des richtigen Weges zu kommen.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120703100
Herr Abgeordneter Kunze, darf ich einen Augenblick unterbrechen. Ich habe leider übersehen, darauf hinzuweisen, daß der Haushaltsausschuß gleich zu einer kurzen dringenden Besprechung zusammentreten soll, und zwar in dem Saal, der bisher 02 hieß; mir ist im Augenblick nicht bekannt, wie er jetzt heißt. — Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Johannes Kunze (CDU):
Rede ID: ID0120703200
Erlauben Sie mir zur Einleitung eine grundsätzliche Bemerkung. Dem Ausschuß und den Ausschußmitgliedern sind in der Zeit der Beratung eine unendliche Fülle von Eingaben, Denkschriften, Entschließungen, Kundgebungen und Anträgen zugegangen. Diese Eingaben, Anträge und Kundgebungsergebnisse haben in den letzten Wochen einen Umfang angenommen, der für uns alle ein sehr ernstes Problem aufwirft, .nämlich die Frage, ob der Bundestag erkennt, daß es nicht seine Aufgabe ist, Interessentengruppen zu ihrem vermeintlichen Recht zu verhelfen,

(Abg. Renner: Was haben wir mit dem Volk zu tun, Herr Kunze! Dieser „Interessentenhaufen"!)

sondern daß der Bundestag und jeder Bundestagsabgeordnete sieht, daß er seinen Blick auf das Ganze zu richten hat.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Ich darf Ihnen sagen, daß alle Mitglieder des Ausschusses in den nahezu 15monatigen Beratungen sich dieser Verantwortung, den Blick auf das Ganze zu richten, immer bewußt gewesen sind und daß auch da, wo grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten aufgetreten sind, es niemals ein Abgeordneter an der Bereitschaft, auf das Ganze zu sehen, hat fehlen lassen. Es ist verständlich, daß der eine Abgeordnete stärker auf die eine Seite und der andere stärker auf die andere Seite sieht. Aber wir haben es in den 15monatigen Beratungen — und das sei dem Hohen Hause und auch der deutschen Öffentlichkeit, die in dieser Stunde mit Millionen Menschen horcht und wartet, was hier beraten und geredet wird, gesagt — an dieser sachlichen Bereitschaft, aufeinander zu hören, nicht fehlen lassen. Es scheint mir — erlauben Sie mir, das abschließend zur Einleitung zu sagen — von einer eminent wichtigen Bedeutung zu sein, wie die öffentliche Meinungsbildung in einer Demokratie beeinflußt,
s) Schriftlicher Bericht siehe Anlage 2 Seite 9014.


(Kunze)

geprägt und geformt wird. Wir sind in der von mir schon zitierten Gefahr, von lauter Interessentengruppen angesprochen zu werden. Jede der Interessentengruppen sieht nur ihr eigenes Interesse. Ich habe einmal die Ergebnisse all der Anträge von Interessentengruppen zusammengestellt,

(Zuruf von der KPD: Wer ist das? Pferdmenges!)

die in den letzten Wochen auf meinen Schreibtisch gekommen sind. Wären wir bereit, zu diesen Forderungen einfach ja zu sagen, dann hätten wir schlicht eine Milliarde an Einnahmen weniger und eine Milliarde an Ausgaben mehr.
Es wird in diesen Tagen die Aufgabe des Hohen Hauses sein, den Weg zu prüfen, über den der Ausschuß 15 Monate beraten hat. Über diese Ausschußberatungen gedenke ich Ihnen in großen Zügen zu berichten.
Die uns gestellte Aufgabe ist von vornherein, auch ohne daß ernsthafte Einsprüche im Ausschuß laut geworden sind, bewußt begrenzt worden. Wir sind uns darüber klar gewesen, daß es nicht Aufgabe des Ausschusses für den Lastenausgleich sein kann, in dieser Gesetzesvorlage die Unsumme aller Kriegsfolgen zu regeln. Es gibt eine Fülle von Kriegsfolgen, die in diesem Gesetz nicht angesprochen und geregelt werden, praktisch zum großen Teil deshalb, weil sie für eine Regelung noch gar nicht reif sind. Lassen Sie mich nur auf zwei Beispiele hinweisen, die in der Öffentlichkeit immer wieder diskutiert werden, aber aus mangelndem Verständnis für die Möglichkeiten, die dem Deutschen Bundestag gegenwärtig gegeben sind, zu mißverständlichen und falschen Forderungen führen.
Ich verweise einmal auf folgende Forderung: die Auslandsvermögen sollen als entschädigungsberechtigte Verluste in den Ausgleich dieses Gesetzes , einbezogen werden. Daß das gar nicht möglich ist in einem Augenblick, in dem die Bundesregierung über die Gesamtfrage der Auslandsschulden und des Auslandsvermögens verhandelt, müßte jedem Einsichtigen deutlich sein. Wir würden ja in dem Moment, in dem wir die Auslandsguthaben in diesem Gesetz berücksichtigten, der Bundesregierung die Hypothek auferlegen, daß die Mächte, bei denen diese Guthaben vorhanden und einstweilen beschlagnahmt sind, erklären würden: Durch dieses Gesetz habt ihr ja selbst kundgetan, daß ihr eure Ansprüche bereits abgeschrieben und aufgegeben habt! Darum haben wir auch bewußt in der Präambel, die im Ausschuß einmütig angenommen worden ist, und zwar in Abs. 2, den Anspruch auf das verlorengegangene Gut in der Heimat der Vertriebenen statuiert, um zu verhindern, daß uns dieser Vorwurf gemacht wird.
Das zweite Beispiel sind die immer wieder an uns herankommenden Forderungen der Besatzungsgeschädigten. Der Ausschuß hat über diese Dinge beraten, hat sich aber nicht imstande gesehen, die Besatzungsschäden bereits in diesem Gesetz grundsätzlich anzuerkennen und zu ordnen, weil wir nämlich nach dem Besatzungsstatut, unter dem wir gegenwärtig noch stehen, die verschiedenartigsten Ländergesetze oder militärgesetzliche Bestimmungen haben, weil die Entschädigungen oder die nichtgezahlten Entschädigungen in den Ländern vollkommen verschieden sind und weil erst nach Aufhebung des Besatzungsstatuts und nach Wiedergewinnung der deutschen Souveränität ein einheitliches Bundesrecht geschaffen und auch die
Lösung dieser von uns als sehr wichtig anerkannten Frage in Angriff genommen werden kann.
So haben wir uns bewußt — entsprechend der Regierungsvorlage — beschränkt auf die Fliegergeschädigten als Kriegssachgeschädigte, auf die Heimatvertriebenen, auf die Währungsgeschädigten, soweit sie auf eine Kriegsschadenrente Anspruch erheben können, und haben das Altsparergesetz in Aussicht gestellt, für welches der § 391 die Angelbestimmung ist bzw. — ich pflege gern zu sagen — der Haken in die Wand geschlagen ist oder geschlagen wird, damit wir die Frage, die wir lösen wollen, auch wirklich lösen können. Wir haben dann nach langer, eingehender Prüfung auch den von der Mehrheit des Ausschusses als berechtigt anerkannten Forderungen bezüglich der in den Gebieten jenseits der Oder-Neiße innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstand vom 31. Dezember 1937 entstandenen Kriegssachschäden als sogenannten Ostschäden zum Zuge verholfen. Über die ersteren Punkte hat im Ausschuß Einmütigkeit bestanden, über den letzten Punkt, die Ostschäden — das geht auch aus den Änderungsanträgen hervor, die dem Hohen Hause vorliegen — nicht.
Lassen Sie mich nun in ganz kurzen Worten versuchen, zwei große Linien zu ziehen, Ihnen einmal das Gebiet der Arbeit zu skizzieren und zu umreißen, über das im Ausschuß Einmütigkeit oder Einstimmigkeit geherrscht hat, und Ihnen zum andern zu ' sagen, wo die entscheidenden Differenzpunkte zwischen den Auffassungen der Mehrheit und der Minderheit liegen. Es wird der Einzelberatung überlassen bleiben müssen, auf diese Dinge einzugehen. Ich glaube aber, daß es im Rahmen eines allgemeinen Berichts erforderlich und auch zweckmäßig ist, diese Dinge darzustellen, damit das Verständnis für diese Dinge in der Einzelberatung gefördert wird.
Rein äußerlich gesehen sind wir über die ersten Abschnitte — Präambel, Grundsätze und Begriffsbestimmungen — zu einer einmütigen Entscheidung gekommen. Wir haben den schriftlichen Bericht, den zu diesem Punkte Herr Kollege Matzner erstattet hat, mit dem Ausschuß für Heimatvertriebene abgestimmt, um einheitliche Begriffe in die Gesetzgebung zu bringen und mit den verschiedenartigen Begriffen und Auslegungsmöglichkeiten in den mancherlei Gesetzen Schluß zu machen.
Was Vermögensabgabe angeht — ich schalte aus die Fragen der Ostschäden und ich schalte aus die Fragen der Berücksichtigung von Kriegssachschäden nach § 38; davon wird zu reden sein —, so ist im Ausschuß Einmütigkeit gewesen bezüglich der Grundsätze der Vermögensabgabe, der sozialen. Freigrenzen, der Möglichkeiten, bei geringen Vermögen im Alter zu stunden. Über die Vermögensteuer gingen die Auffassungen insoweit auseinander, als die sozialdemokratischen Fraktionsvertreter die Auffassung vertraten, die Vermögensteuer ist eine Ländersteuer. Ich werde auf dieses Problem zu sprechen kommen, wenn ich auf die Gegensätze zu sprechen komme. Sonst hat man sich über den gesetzestechnischen Teil der Vermögensteuer einmütig verständigt. Bei der Hypothekengewinnabgabe und Kreditgewinnabgabe ist nach sehr langen und sehr sorgfältigen Beratungen in einem Unterausschuß, zu dem die besten Sachkenner der Fraktionen dieses Hauses hinzugezogen worden sind, volle Einmütigkeit und im Ausschuß volle Einstimmigkeit über die gesamten Bestimmungen erzielt worden.


(Kunze)

Von Wichtigkeit ist auch, daß im Ausschuß niemals eine Differenz gewesen ist wegen der Behandlung Berlins, d. h. der jetzt bereits zu vollziehenden Einbeziehung Berlins in den Lastenausgleich, und daß ebenso Einstimmigkeit in allen Punkten über die für die Reichshauptstadt in ihrer besonderen Situation erforderlichen Sondervorschriften erzielt worden ist. Die Gesetzgebung Berlins hat jahrelang weitestgehend nach anderen Vorschriften erfolgen müssen als die in der Bundesrepublik. Wir haben eine andere Form der Hypothekengewinnabgabe gekannt; wir haben in Berlin kein Soforthilfegesetz gekannt. Infolgedessen war es notwendig, eine Fülle von Sonderbestimmungen jeweils an die einzelnen Abschnitte des Gesetzes anzuhängen. Darüber ist im Ausschuß immer volle Übereinstimmung, nicht nur der Mitglieder des Deutschen Bundestages, sondern auch mit den Repräsentanten des Berliner Abgeordnetenhauses und des Berliner Magistrats, erzielt worden. Es gibt keinen Differenzpunkt bezüglich Berlins.
Bei den Ausgleichsleistungen ist Übereinstimmung im Grundsatz erzielt über die Eingliederungsdarlehen, d. h. darüber, daß wir in den ersten Jahren bis zur Feststellung der Hauptentschädigung die Eingliederung in Form von Eingliederungsdarlehen geben wollen. Darüber gab es im Ausschuß keine Differenz. Die Frage, bis zu welcher Höhe das gehen soll, hat vorübergehend zu Differenzen geführt, die aber dann zum Schluß beseitigt wurden.
Bezüglich der Bestimmungen über die Kriegsschadenrente, die gegenüber der Regierungsvorlage entscheidend geändert worden sind, hat im Ausschuß Übereinstimmung bestanden. Wir waren miteinander im Ausschuß der Auffassung — die auch in der ersten Lesung im Plenum des Bundestages von allen Sprechern der Fraktionen dieses Hohen Hauses zum Ausdruck gebracht wurde —, wir können jetzt nicht ungefähr eine Million Menschen in die öffentliche Fürsorge zurückschieben und ihnen, wenn sie Vermögensverlust oder Einkommensverlust wegen der Aufgabe ihrer Existenz infolge der Vertreibung erlitten haben, eine Zusatzrente geben, sondern wir müssen ihnen in der Kriegsschadenrente die. volle Versorgung geben. Daraus entspringt — und hier, ich deute das nur an, ist ein Gegensatz zwischen der Opposition und der Mehrheit des Ausschusses — naturgemäß die Forderung, daß das nachgewiesenermaßen an Fürsorgeleistungen der öffentlichen Hand — des Bundes, der Länder und der Gemeinden — Eingesparte dem Ausgleichsstock zugeführt wird, weil wir sonst von dem von allen Fraktionen anerkannten Grundsatz abgewichen wären und, ohne einen Anspruch auf eine Hauptentschädigung anzuerkennen, rein sozial einen Ausgleich gemacht und den quotalen Gedanken völlig abgeschrieben hätten. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen.
Auch über die Zusatzrente für verlorengegangenes Vermögen oder für verlorengegangene Existenz auf der Basis des Einkommens ist im Ausschuß Einmütigkeit erzielt worden.

(Vizepräsident Dr. Schmid übernimmt den Vorsitz.)

Bezüglich der Wohnraumhilfe war der Ausschuß in zwei Punkten einmütig gleicher Auffassung, a) in der grundsätzlichen Bejahung der Notwendigkeit, für diesen Zweck Mittel zur Verfügung zu stellen, b) nach langen Überlegungen und Beratungen in der Bejahung der Notwendigkeit — die bei
der ganzen Gestaltung des sozialen Wohnungsbaus zwangsläufig bedingt ist —, auf eine Verzinsung dieser vorübergehend zu bewilligenden Darlehen für den sozialen Wohnungsbau Verzicht zu leisten. Der Ausschuß war sich auch einig in der Beschlußfassung, daß eine Tilgung dieser für den sozialen Wohnungsbau gegebenen Darlehen so erfolgen muß, daß bis 1979, d. h. bis zum Auslaufen dieses Gesetzes, die Darlehen getilgt sind. Es bleibt der Rechtsverordnung überlassen, das im einzelnen zu ordnen. Kein Mensch kann das heute im Gesetz ordnen, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse in den nächsten Jahren uns gar nicht bekannt sind. Darum ist der Weg der Rechtsverordnung gewählt worden, wie überhaupt in vielen Punkten naturgemäß dieser Weg erforderlich war. Ich darf ausdrücklich darauf hinweisen, daß bei allen Rechtsverordnungen entsprechend dem Grundgesetz die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist.
Auch über Härtefonds und sonstige Förderungsmaßnahmen bestand im Ausschuß Übereinstimmung. Dabei sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Ausschuß sich mit der Frage der Behandlung der Sowjetzonenflüchtlinge sehr lange und sehr eingehend befaßt hat. In einem Unterausschuß sind die Vertreter der betreffenden Organisationen gehört worden. Ich habe die Gelegenheit gehabt, zusammen mit den Lastenausgleichsexperten des Berliner Abgeordnetenhauses in Berlin mit den Organisationen zu verhandeln. Als Ergebnis ist übereinstimmend festgestellt worden, daß wir mit einer schematischen Gleichstellung aller Ostzonenflüchtlinge mit den. Heimatvertriebenen jenseits Oder-Neiße oder aus sonstigen Gebieten außerhalb des Deutschen Reiches nicht zu Rande kommen können, sondern daß wir auf dem Wege einer Rechtsverordnung, insonderheit durch Bewilligung von Leistungen bis zur Höhe der im Gesetz für die Heimatvertriebenen und Kriegssachgeschädigten bewilligten Vergütungssätze in erster Linie denjenigen unter den Ostzonenflüchtlingen helfen müssen, deren Schicksal dem der Heimatvertriebenen ähnlich oder gleich ist. Ich darf Ihnen an zwei Beispielen aufzeigen, wie unerhört schwierig diese Frage ist und daß sie nur auf dem Wege einer sorgfältigen Prüfung und von Verhandlungen mit den beteiligten Organisationen durch Rechtsverordnung lösbar ist. Es ist kein Heimatvertriebener im Sinne des Gesetzes, der nach jener schrecklichen Brandnacht in Dresden zu den 35 000 Menschen gehörte, die von der Straße weg zur Bahn geschafft und in Viehwagen in den Raum Hamburg und Schleswig-Holstein gebracht wurden. Und doch ist das Schicksal dieser 35 000 Menschen zweifelsohne dem der Heimatvertriebenen zumindest ähnlich. Oder ich denke bei dieser schwierigen Frage an Städte wie etwa Frankfurt an der Oder als Musterbeispiel. Die Oder fließt mitten durch die Stadt Frankfurt. Jenseits der Oder gewohnt haben heißt herausgeworfen und Heimatvertriebener sein; diesseits der Oder gewohnt haben heißt Bewohner der Sowjetzone gewesen sein. Wir können nicht hingehen und jetzt schematisch sagen: Frankfurt an der Oder wird selbstverständlich als ein Ganzes behandelt. Daß muß geprüft werden, damit auf diese Art und Weise das Maximum an Gerechtigkeit in den Grenzen des Möglichen erreicht werden kann. Darum dieser Härtefonds, der in Verbindung mit den Mitteln für sonstige Forderungsmaßnahmen nach den Voranschlägen für die ersten zehn Jahre etwa 150 Millionen DM pro Jahr bringen wird und der insonderheit für diese Zwecke zur Verfügung steht.


(Kunze)

Über den Währungsausgleich für .Sparguthaben Vertriebener brauchen wir nicht mehr zu reden. Das Gesetz ist in Kraft. Der Ausschuß hat zum Schluß einmütig beschlossen, es bei der jetzigen Vorlage, 50 Millionen DM pro Jahr, zu belassen. Überlegungen, daß man eine bestimmte Jahresfrist festlegen sollte, sind von der überwiegenden Mehrheit abgelehnt worden, weil wir die Größe x noch nicht kennen. Sie wissen, daß Bemühungen im Gange sind, zugunsten der Heimatvertriebenen, denen bei der Vertreibung die Unterlagen etwa für Sparguthaben abhanden gekommen oder weggenommen worden sind, gegebenenfalls auch durch internationale Beziehungen Auszüge der Sparkonten, soweit sie hier noch nicht vorhanden sind, zu erlangen und so das Maximum an Feststellungsmöglichkeiten zu erreichen. Solange wir diese Größe x nicht kennen, können wir auch keine Jahresfrist setzen und sagen: „innerhalb von fünf Jahren". Wir müssen bei der Begrenztheit der Mittel am Anfang einen festen Haushaltsplan haben, damit wir, den Blick auf das Ganze gerichtet, nach dem Grade sozialer Dringlichkeit und, volkswirtschaftlicher Zweckmäßigkeit zur Verteilung der Mittel kommen.
Über die technischen Dinge der allgemeinen Verfahrensvorschriften brauche ich nichts zu sagen. Hier hat der Ausschuß bis auf wenige, unwesentliche Dinge die Ihnen vorliegende Drucksache Nr. 3300 in völliger Übereinstimmung verabschiedet.
Lassen Sie mich nun auf die grundsätzlichen Differenzpunkte hinweisen. Der erste grundsätzliche Differenzpunkt betrifft die Frage der. Behandlung der öffentlichen Hand auf der Abgabenseite im Lastenausgleich. Die Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion haben grundsätzlich den Standpunkt vertreten, daß die öffentliche Hand aus dem Lastenausgleich herauszulassen sei. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß nicht nach dem Träger oder Eigentümer des Vermögens, sondern nach der Zweckbestimmung des Vermögens zu fragen sei und daß unter diesem Gesichtspunkt die Frage der Belastung auch der öffentlichen Hand zu prüfen sei. Sie finden die entsprechenden Bestimmungen im Gesetz, wobei ich ausdrücklich darauf hinweise, daß die sozialdemokratische Fraktion an diesem Standpunkt nicht in allen Punkten stur und unbelehrbar festgehalten hat, sondern es gibt durchaus eine Reihe — —

(Lachen bei der SPD.)

— Herr Kollege Seuffert, wir haben in diesen Punkten ja immer eine ausgezeichnete Möglichkeit der Verständigung und Aussprache gehabt; dafür bin ich dankbar. Wir waren uns aber darin einig, daß es grotesk wäre, beispielsweise eine im Eigentum der öffentlichen Hand befindliche Ziegelei zu befreien und die danebenliegende private Ziegelei, die mit der erstgenannten in echtem Wettbewerb steht, zu belasten. Die gleichen Gedanken liegen auch dem interfraktionellen Antrag auf Einschiebung der §§ 20 a und 49 a zugrunde, der heute von allen Fraktionen eingebracht worden ist.
Die zweite Differenz, bei der die Regierungsparteien ihren Standpunkt zur Geltung gebracht haben, bestand in der Frage der Freistellung von Aktien und sonstigen am Währungsstichtag an den Börsen, sei es im amtlichen Verkehr, sei es im freien Verkehr, gehandelten Wertpapieren. Die Mehrheit war der Meinung, wenn das Vermögen an der Quelle am zweckmäßigsten erfaßt wird, ist es unlogisch, es hinterher da, wo es aufgeteilt ist, noch einmal zur Abgabe heranzuziehen. Über diese
Dinge ist in der weiten Öffentlichkeit — verzeihen Sie den Ausdruck! — unendlich viel Unsinn geschrieben und geredet worden. Man ging bei der Diskussion dieser Frage von der Kursentwicklung seit dem Währungsstichtag, von den 1:1-Umstellungen aus und machte sich gar nicht klar, daß es nicht primär auf den Kurs, sondern, auf lange Sicht gesehen, auf den Ertrag des Vermögens ankommt. Das ist der eine Gedanke, der die Mehrheit veranlaßt hat, eine Heranziehung dieser Wertpapiere nicht vorzusehen. Der zweite Gedanke war der, diese Frage bewußt bis zur Beratung des Altsparergesetzes zurückzustellen, um dort zu prüfen, ob nicht auf anderen, wirtschaftlich tragbaren Wegen eine echte Lösung dieser Frage erfolgen kann. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich entschlossen, zunächst auf die Einbeziehung dieses Vermögens zu verzichten, weil es, wie gesagt, bereits an der Quelle mit 50 v. H. belastet ist.
Eine der schwierigen Fragen, die erst ganz zum Schluß, in der dritten Lesung, aufgeworfen wurde, ist die Frage der Behandlung des Kirchenvermögens. Erlauben Sie mir, Ihnen dazu ganz kurz das Entscheidende zu sagen, was die Regierungsparteien bewogen hat, die im § 15 Ziffer 15 des Gesetzes enthaltene Freistellung vorzusehen. Die Mehrheit des Ausschusses ist von dem Gesichtspunkt ausgegangen, daß das gesamte Kirchenvermögen, soweit es zweckgebunden ist, sowieso der Allgemeinheit und keinem sonstigen Zweck dient und daß wir da, wo es sich um stiftisch gebundenes Vermögen handelt, nach den Grundsätzen der Gemeinnützigkeitsverordnung den Ertrag dieses stiftungsgebundenen Vermögens für den Zweck, den der Stifter als Auflage gegeben hat, brauchen. Ich darf das an einem Beispiel erläutern. Es hat etwa vor einigen hundert Jahren irgend jemand einen großen Waldbesitz einem Kloster gestiftet mit der Auflage, aus dem Ertrag Waisenhäuser zu errichten und bedürftige Waisenkinder zu erziehen. Würden wir jetzt sagen, dieses Vermögen ziehen wir heran, würden wir dieser Stiftung die Hälfte ihrer Einnahmen nehmen und eine Verlagerung auf die öffentliche Wohlfahrt vornehmen, weil ja das Vermögen zur Hälfte verlorengegangen ist.
Die Mehrheit des Ausschusses hat sich auch davon leiten lassen, daß bei den Kirchen wie bei den gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Stiftungen, Einrichtungen, Vereinen und Vermögensmassen mit dem Währungsstichtag sämtliche Geldvermögen verlorengegangen sind und daß nach der Lastenausgleichskonzeption auch keinerlei Entschädigung für juristische Personen in Frage kommt. Ich darf Ihnen nur ein Beispiel nennen. Nach einer sorgfältig angestellten Statistik beläuft sich die Summe aller Kriegs- und Währungsschäden, die der evangelischen Kirche in der Inneren Mission und der katholischen Kirche im Deutschen Caritasverband entstanden sind, auf nahezu 1 Milliarde DM. Das Geld ist restlos verloren. Die Aufgaben, die diesen Einrichtungen zugewiesen sind — ob es sich um Arbeiterwohlfahrt, die aus dem Nichts wieder anfangen mußte, ob es sich um das Deutsche Rote Kreuz oder um kirchliche Organisationen handelt —, sind aber durch den Zusammenbruch in ungeheuerem Umfang gewachsen. Die Einrichtungen, die jenseits von Oder und Neiße waren, liegen in Trümmern oder sind in anderen Händen. Die Menschen, die zu versorgen waren, sind ins Bundesgebiet herübergekommen und standen und stehen heute noch vor den Toren dieser großen Einrichtungen, die sich ihrer Aufgabe alle — ohne


(Kunze)

Unterschied, welche Organisation es ist — nicht entziehen dürfen. Auch deshalb war die Mehrheit für Freistellung.
Der nächste Punkt der Differenzen war die Frage, ob bei der Vermögensabgabe ein Abzug von Zinsen erfolgen soll oder nicht. Die Mehrheit des Ausschusses vertritt den Standpunkt, daß es ganz logisch ist: wenn ich 50 % des Vermögens als eine Vermögensabgabe rechne und diese Vermögensabgabe zum Teil mit Zinsen und zum Teil mit Tilgungsbeträgen als Annuitäten behandle, dann muß ich auch nach allgemein geltendem Steuerrecht den auf den Zins entfallenden Teil bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer abzugsfähig machen. Die Minderheit im Ausschuß war der Auffassung, daß keinerlei Abzugsfähigkeit vorgesehen werden sollte.
Der vorletzte Punkt der Differenzen war die Frage der Unbegrenztheit des Schadensanerkenntnisses. Die Regierungsvorlage hatte ursprünglich fünfzehn Stufen bis zu 150 000 DM vorgesehen. Die Bundesratsstellungnahme ging auf 100 000 DM zurück. Die Mehrheit der Koalitionsparteien glaubte sich dem Grundsatz der Anerkennung des Privateigentums als einem Prinzip nicht verschließen zu dürfen, aber den berechtigten sozialen Belangen dadurch Rechnung tragen zu sollen, daß der Prozentsatz der Entschädigung desto geringer wird, je höher der festgestellte und anerkannte Vermögensverlust ist. Über diese Dinge kann man verschiedener Auffassung sein. Es wird ja Gelegenheit sein, zu den verschiedenen Anträgen hierzu zu sprechen. Ich habe Ihnen nur den Gesamtbericht zu geben, damit Sie sehen, in welchen Linien sich die Beratungen bewegt haben.
Der letzte Punkt, der meines Erachtens nicht von entscheidender Bedeutung ist, ist die Frage der Arbeitsplatzbeschaffungsdarlehen. Lassen Sie mich an dieser Stelle eine grundsätzliche Bemerkung machen. Es ist überaus interessant für denjenigen, der in den Ausschußberatungen wirklich aktiv mitgearbeitet hat — das haben ja die ordentlichen Mitglieder und ihre Stellvertreter wahrlich unter Beweis gestellt, wenn Sie sich die Protokolle der über 220 Sitzungen und Unterausschußsitzungen zu gegebener Stunde einmal vornehmen und verarbeiten wollen —, auf die Tatsache zu stoßen, daß ungefähr jedes Ressort glaubte seine Sonderproblematik in den Lastenausgleich hineinbringen zu müssen. Bei vollem Verständnis etwa für die berechtigten Belange, die Sozialversicherung finanziell zu fundieren, haben wir uns im Ausschuß auf den Standpunkt gestellt: so wichtig das ist, kann es doch nicht auf Kosten des Lastenausgleichs geschehen. So wichtig Arbeitsplatzbeschaffung ist, in erster Linie ist das eine Aufgabe der allgemeinen Wirtschaftspolitik und nicht der Lastenausgleichspolitik. Wer im Ausschuß mitarbeitet, weiß, wie lange wir darüber diskutiert haben. Es ist eine durchaus ernsthafte Frage, die ja noch zu Erörterungen führen wird, ob die jetzt gefundene Lösung auf die Dauer gesehen die zweckmäßigste ist oder ob wir nicht auf Grund der zu sammelnden Erfahrungen zu besseren Lösungen kommen werden.
Lassen Sie mich damit meinen Generalbericht schließen. Ich möchte Ihnen eins sagen. Wenn wir jetzt in die Einzelberatung eintreten, sehe ich mit großer Sorge, daß von Gruppen oder einzelnen Abgeordneten, die überhaupt nicht an der Ausschußarbeit teilgenommen haben,

(Abg. Dr. von Brentano: Sehr richtig!)

Anträge kommen, von denen die Ausschußmitglieder — auch wenn wir verschiedener Auffassung sind — nur sagen können: Das ist wirklich von keinerlei Sachkenntnis getrübt!

(Abg. Dr. von Brentano: Sehr gut!)

Wir werden, wenn solche Dinge kommen — und ich zweifle nicht daran —, ohne Unterschied der Fraktionen zu diesen Methoden der Behandlung einer der schwierigsten Vorlagen, die dieses Haus zu verabschieden hat, entsprechend Stellung zu nehmen haben. Es ist das Anliegen des Ausschusses, daß unsere Beratungen im Plenum — aufbauend auf der Gesetzesvorlage, wie wir sie unter sorgfältiger Prüfung aller Änderungsanträge erarbeitet haben — in Sachlichkeit verlaufen, damit die deutsche Öffentlichkeit sieht: Der Deutsche Bundestag ist sich seiner Verantwortung für die Lösung dieser Aufgabe bewußt!

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120703300
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, ehe ich dem Herrn Berichterstatter zu dem ersten Abschnitt das Wort erteile, mache ich Ihnen einen Vorschlag zum Verfahren. Ich glaube nicht, daß es gut wäre, wenn wir bei jedem einzelnen Paragraphen abstimmten. Ich schlage Ihnen folgendes Verfahren vor: Wir stimmen jeweils ab, nachdem die Anträge zu den Paragraphen gestellt sind, die in einem Abschnitt zusammengehören. Das würde bedeuten, daß wir die erste Abstimmung vornehmen nach § 12, die zweite nach § 83, die dritte nach § 123 usw. Ich werde dafür sorgen, daß die Damen und Herren, die außerhalb des Saales sind, rechtzeitig herbeigerufen werden.
Im übrigen glaube ich, daß die einzelnen Berichterstatter, die vorgesehen sind und von mir aufgerufen werden, Gelegenheit bekommen sollen, entweder ihren Bericht zu erstatten oder auf den schriftlichen Bericht zu verweisen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann zur Geschäftsordnung.

Herbert Kriedemann (SPD):
Rede ID: ID0120703400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, hier liegt ein kleines Mißverständnis vor. Wir sind zweifellos alle daran interessiert, bei einem möglichst vollbesetzen Hause zur Abstimmung zu kommen. Wir sind auch alle an einem Verfahren der Abstimmung interessiert, das den Überblick einigermaßen erleichtert. Es gibt ganz zweifellos einige Abschnitte, die so eng zusammenhängen, daß man über die in ihnen enthaltenen Paragraphen am Ende der Beratung dieses Abschnitts und der dazu gestellten Anträge hintereinander abstimmen sollte. Es gibt aber auch Abschnitte, die sich zweifellos nicht nur wegen ihrer Länge, sondern auch wegen der Kompliziertheit ihrer Probleme zu diesem Verfahren nicht eignen und bei denen eine Abstimmung am Ende des ganzen Abschnittes über sämtliche Paragraphen vielen derjenigen, die hier abstimmen müssen, die Bedeutung der einzelnen Abänderungen jedes einzelnen Paragraphen einfach nicht klar genug in Erscheinung treten läßt. Ich glaube, wir werden uns von Fall zu Fall darüber verständigen müssen, ob im Zusammenhang abgestimmt werden kann oder ob über einzelne Anträge unmittelbar nach Rede und Widerrede abgestimmt werden muß.


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120703500
Ich glaube, daß sich das aus der Verhandlung ergeben wird. Vorerst werde ich nach dem Vorschlage verfahren, den ich Ihnen gemacht habe.
Herr Abgeordneter Atzenroth zur Geschäftsordnung!

Dr. Karl Atzenroth (FDP):
Rede ID: ID0120703600
Meine Damen und Herren, bei aller Würdigung des Bestrebens unserer Kollegen, die nicht an den eingehenden Vorarbeiten teilgenommen haben, sich irgendwie zu entlasten, kann ich aber doch dem Vorschlag nicht zustimmen. Denn wie soll ein Abgeordneter, der mit seiner Stimmabgabe doch eine große und wichtige Entscheidung trifft, diese Entscheidung richtig treffen, wenn er die Begründung eines Änderungsantrags nicht mit angehört hat? Das ist unmöglich. Wir müssen meiner Ansicht nach zum mindesten den Paragraphen, zu dem Änderungsanträge gestellt und begründet worden sind oder gegen den gesprochen worden ist, anschließend an diese Rede und Widerrede auch zur Abstimmung bringen.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120703700
Keine weiteren Wortmeldungen zur Geschäftsordnung. — Ich glaube, bei meinem Vorschlag bleiben zu sollen

(Zustimmung. — Abg. Kriedemann: Von Fall zu Fall!)

mit der Maßgabe, daß wir, wenn die Bedeutung
einer Debatte zu einem Abänderungsantrag es
notwendig macht, unmittelbar abstimmen werden.

(Zuruf von der CDU: Von Fall zu Fall! — Abg. Dr. von Brentano: Selbstverständlich!)

Ich erteile das Wort zur Berichterstattung dem Abgeordneten Matzner.

Oskar Matzner (SPD):
Rede ID: ID0120703800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf als erster Einzelberichterstatter darauf hinweisen, daß ich zu der Drucksache Nr. 3300 einen schriftlichen Bericht*) erstattet habe und mich daher auf diesen beziehen kann. Ich möchte im Augenblick — wenn es nicht in der Debatte notwendig ist — diesem schriftlichen Bericht nichts hinzufügen. Ich hoffe, Sie haben ihn alle gründlich gelesen.

(Abg. Kunze: Selbstverständlich!)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120703900
Ich danke dem Herrn Berichterstatter besonders für diesen Bericht.
Wir treten ein in die Einzelberatung des Ersten Teils, Erster Abschnitt: Grundsätze.
Zunächst die Präambel. Hierzu ist ein Antrag des Abgeordneten Dr. Kather angekündigt. Sie finden ihn auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 1. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Kather:

Dr. Linus Kather (CDU):
Rede ID: ID0120704000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stehe hier, um einen Änderungsantrag zu begründen und die Annahme dieses Antrags von Ihnen zu erbitten. Das zwingt mich, doch einmal zu der merkwürdigen Situation Stellung zu nehmen, die durch die Erklärung geschaffen worden ist, die namens der Mehrheitsparteien, der Regierungsparteien, abgegeben worden ist.

(Abg. Kriedemann: Darunter auch Ihre Partei!)

— Jawohl, das ist ja allgemein bekannt, Herr Kriedemann.

(Abg. Kriedemann: Das kann nicht oft genug wiederholt werden!)

S) siehe Seite 9018.
Meine Damen und Herren! Ich halte ein solches Verfahren für völlig unmöglich. Es ist unmöglich, eine siebentägige Debatte zur zweiten und dritten Lesung eines Gesetzes anzuberaumen und dann aber zu sagen: Geändert wird nichts mehr. Ich glaube, man hat sich die Konsequenzen einer solchen Haltung überhaupt gar nicht richtig überlegt. Im übrigen muß ich auch bezweifeln — jedenfalls für meine Fraktion —, daß ein solcher Beschluß gefaßt worden ist.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Zwar ist darüber gesprochen und den Herren Fraktionsvorsitzenden wohl ein Auftrag gegeben worden, in dieser Richtung noch einmal zu verhandeln; eine endgültige Entscheidung darüber ist nicht gefallen. Dieses Verfahren halte ich auch deshalb um so weniger für tragbar, als gerade auch eine erhebliche Anzahl von Änderungsanträgen von Mitgliedern dieser Fraktionen gestellt worden ist.
Nun zu dem Antrag, den ich jetzt zu begründen habe. Er bezieht sich auf die Präambel des Gesetzes und geht dahin, den Abs. 1 der Präambel zu streichen. Dieser Absatz 1 lautet folgendermaßen

(Abg. Hilbert: Wir kennen ihn ja!) ,

— aber vielleicht doch nicht alle, Herr Hilbert —: In Anerkennung des Anspruchs der durch den Krieg und seine Folgen besonders betroffenen Bevölkerungsteile auf einen die Grundsätze der sozialen Gerechtigkeit und die volkswirtschaftlichen Möglichkeiten berücksichtigenden Ausgleich von Lasten und auf die zur Eingliederung der Geschädigten notwendigen Hilfe usw.
Meine Damen und Herren! Hier ist absichtlich vermieden, von dem Rechtsanspruch der Geschädigten zu sprechen. Die Geschädigten sind aber der Auffassung, daß sie einen solchen Rechtsanspruch haben. Die Bundesregierung hat in der Begründung zum Gesetz ausgeführt, daß in manchen Fällen ein Rechtsanspruch gewährt wird. Das setzt . also voraus, daß dieser Anspruch noch nicht besteht, er also noch nicht vorhanden ist. Dieselbe Auffassung kommt auch im Abs. 1 der Präambel zum Ausdruck.
Hier ist ganz bestimmt nicht der Ort, langatmige juristische Ausführungen darüber zu machen, ob ein solcher Rechtsanspruch gegeben ist. Letzten Endes ist auch der Bundestag nicht in der Lage, das zu entscheiden. Er kann einen Rechtsanspruch geben, aber er kann nicht feststellen, ob er schon besteht oder ob er nicht besteht. Das können letztlich nur die höchsten Gerichte, insbesondere das Bundesverfassungsgericht. Wir verlangen deshalb auch nicht, daß hier der Rechtsanspruch expressis verbis anerkannt wird, obwohl wir allerdings der Auffassung sind, daß man an dieses Gesetz eigentlich nicht hätte herangehen sollen, ohne sich völlige Klarheit über diese Frage zu verschaffen; denn es ist ganz selbstverständlich, daß ich anders handeln kann, wenn ich der Überzeugung bin, einer rechtlichen Pflicht nicht unterworfen zu sein, als wenn ich der Ansicht bin, bestehende Rechtsansprüche befriedigen zu müssen.
Deshalb möchte ich nur einige kurze Hinweise machen; zunächst einmal auf die Lage der Bombengeschädigten. Wir stehen vor der Tatsache, daß ein Mann, der z. B. im Jahre 1943 in Hamburg ausgebombt worden ist, gegebenenfalls seine volle Entschädigung bekommen hat, und daß einer, der


(Dr. Kather)

1945 dasselbe Schicksal erlitten hat, nun vor der Rechtsauffassung steht: Du hast nicht denselben Rechtsanspruch, den der Mann hatte, der im Jahre 1943 geschädigt wurde. Sie kennen alle die alte Auffassung der Vertriebenen, daß sie mit ihrem Hab und Gut letzten Endes praktisch Reparationen für das ganze deutsche Volk bezahlt haben. Wir haben zwar noch keinen Friedensschluß, aber wir werden ihn eines Tages haben, und je nach dem Schicksal, das unsere Heimat dann erleidet, wird über diese Frage endgültig entschieden werden.
Der tatsächliche Zustand ist aber der, daß das Vermögen, das im Osten, in unserer Heimat zurückgeblieben ist, dort vom Feinde beschlagnahmt und praktisch natürlich auch auf die Leistungen des deutschen Volkes angerechnet ist. Letzten Endes vertreten wir die Ansicht, daß aus dem Naturrecht heraus auf Grund der Gesamthaftung eines Volkes für einen Krieg, der gemeinsam geführt und verloren worden ist, ein Anspruch gegeben ist. Ich glaube, man kann sich auch grundsätzlich zu der Auffassung bekennen, daß man mit Präambeln möglichst sparsam umgehen sollte und in einer Präambel nur das aufnehmen müßte, was a) unentbehrlich und b) unzweifelhaft richtig ist. Das ist beides hier nicht gegeben.
Deshalb bitte ich Sie namens der Antragsteller, dem Antrage auf Streichung des Abs. 1 zuzustimmen. Der zweite Absatz muß aus Gründen, die ich hier nicht anzuführen brauche, bestehen bleiben.

(Abg. Kriedemann: Also doch Präambel!)

— Ja, sparsam!

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120704100
Wortmeldungen hierzu? — Das Wort hat der Abgeordnete Reitzner.

Richard Reitzner (SPD):
Rede ID: ID0120704200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt gesagt worden, daß der vorliegende Entwurf ohne Änderungsanträge angenommen werden soll. Wir halten diesen Vorgang für sehr bedenklich. Ich glaube auch, daß in diesem Zusammenhang die Annahme oder Ablehnung der Präambel erwogen werden muß. Mir ist jetzt ein englisches Wort eingefallen, das für die Haltung der Regierungsparteien und für diese Präambel und dieses Gesetz zutreffend ist. Mir scheint nämlich, diese Gesetzesvorlage mit der Präambel ähnelt, um es im englischen Original zu sagen, dem Wort: Like a dinner-gong with no dinner to follow, d. h.: Man schlägt auf den Dinner-Gong, und es folgt kein Essen. Das ist die Präambel.
Ich stimme mit dem Kollegen K a t h e r in einem überein, daß man versuchen sollte, vom moralischen Standpunkt her und vom Standpunkt der Gesamthaftung der deutschen Nation für den verlorenen Hitler-Krieg her die Gesamthaftung festzusetzen, aber nicht in einem Rechtsanspruch vor dem Gesetz, sondern in einer späteren Zusage.

(Zuruf von der CDU: Das Essen soll später stattfinden!)

Ich glaube daher, daß die SPD der Präambel heute nicht zustimmen kann; wir werden uns der Stimme enthalten, und zwar aus folgendem Grunde: Wir werden vor der dritten Lesung ja Gelegenheit haben, zu sehen, ob das Gesetz das hält, was im ersten Absatz der Präambel steht, ob wir vor allem die Gelegenheit haben, festzustellen, daß die Grundsätze der sozialen Gerechtigkeit verwirklicht werden. Die Präambel verspricht im ersten Absatz ja allerhand; sie verspricht vor allem auch den Geschädigten und jenen durch den Krieg besonders betroffenen Bevölkerungsteilen einen Ausgleich
der Lasten und einen Anspruch auf Hilfe für die Eingliederung der Geschädigten. Es wird sich im Laufe der Beratungen und der Abstimmungen in der zweiten und dritten Lesung zeigen, ob die Mehrheit dieses Hauses bereit ist, diese theoretischen Anerkennungen auch in der Praxis durchzuführen.
Deshalb erkläre ich im Namen meiner Parteifreunde, daß wir dem Antrage des Kollegen Kather weder zustimmen noch ihn ablehnen, sondern daß wir uns der Stimme enthalten, aber unseren Standpunkt vor der dritten Lesung nach den Erfahrungen der Debatte und der Abstimmungen klar formulieren werden.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120704300
Weitere Wortmeldungen zu dem Antrage des Kollegen Dr. Kather zur Präambel liegen nicht vor. Dann rufe ich auf: § 1, — Wortmeldungen liegen nicht vor, § 2, —§ 3.

(Abg. Seuffert: Anträge!)

— Über den § 3 kann erst abgestimmt werden, wenn über § 124 abgestimmt worden ist, d. h. über die Anträge Umdruck Nr. 496 Ziffer 9 b und Umdruck Nr. 499 Ziffer 1.
Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Seuffert!

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0120704400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es liegen zum § 3 zwei Anträge vor, einmal der Antrag des Kollegen Goetzendorff und ein Antrag des Kollegen Dr. Kather. Ich glaube, wir sollten die Dinge im Sachzusammenhang behandeln, sonst kommen wir bei der Beratung ganz durcheinander. Ich würde vorschlagen, daß diese Anträge jetzt eingebracht und begründet werden.

(Abg. Kunze: Vom Kollegen Kather liegt doch keiner vor! — Zuruf von der SPD: Natürlich!)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120704500
Anträge liegen vor
zu § 124, und zwar Umdruck Nr. 496 unter 9 a
und b und Umdruck Nr. 499 Ziffer 1.

(Abg. Seuffert: Ziffer 9 des Antrages Kather ist ein Antrag zu § 3! — Abg. Kriedemann: Und Umdruck Nr. 499 Ziffer 1 „Der § 3 wird wie folgt neu gefaßt ...."!)

Der Antrag Kather kann erst beschieden werden, wenn feststeht, ob im Vollzuge der Anträge Goetzendorff die Paragraphen gestrichen werden, die beanstandet sind. Aus dem Grunde kann man über den § 3 erst entscheiden, wenn die Anträge zu § 124 beschieden sind.

(Abg. Seuffert: Man kann genau im Gegenteil auch sagen: Es muß jetzt hier in § 3 gestrichen werden. — Abg. Dr. Atzenroth: Die Reihenfolge muß innegehalten werden!)

Wenn das Haus der Meinung ist, können wir die Anträge auch gleich beim § 3 behandeln und besprechen. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kather zu seinem Antrag Nr. 496 Ziffer 9 b.

(Abg. Dr. Kather: Erst Goetzendorff!)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Golitschek.

Dr. Hubertus von Golitschek (FDP):
Rede ID: ID0120704600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Unterzeichner des Änderungsantrages auf Umdruck Nr. 496 habe ich Ihnen vorzuschlagen, dem § 3 einen zweiten Absatz mit dem Wortlaut hinzuzufügen:



(Dr. von Golitschek)

Die Bestimmungen über die Hypothekengewinnabgabe und über die Kreditgewinnabgabe regelt ein besonderes Gesetz.
Im Zusammenhang damit muß folgerichtig auch in Abs. 1 bei den Ziffern 3 und 4 die Zitierung der Paragraphen entfallen.
Die Verhandlungen im Lastenausgleichsausschuß haben bereits gezeigt, wie schwierig diese Materie der Hypothekengewinnabgabe bzw. der Kreditgewinnabgabe ist. Ein Unterausschuß hat monatelang über diesen Abschnitt beraten, und der Gesamtausschuß ist nicht in der Lage gewesen, die Bedenken, die von einzelnen Fraktionen auch bei der Beratung des Gesamtausschusses geäußert worden sind, irgendwie zu zerstreuen, sollte nicht der Fall eintreten, daß dadurch die Vorlage des gesamten Gesetzes im Plenum verspätet erfolgen würde.
Ich möchte nur einige Punkte andeuten, bei denen uns eine Reform wichtig erscheint. Dies ist einerseits eine Abstimmung der Bestimmungen über diese beiden Abgaben mit denen über die übrigen Abgaben. Andererseits müßten noch die Frage der Befreiung, die Frage der Saldierung und die Frage der Verzinsungssätze besprochen werden. Es ist unmöglich, im Rahmen der Beratungen im Plenum die notwendigen Korrekturen zu erarbeiten, und es erscheint daher den Antragstellern wichtig, dem Ausschuß die Möglichkeit zu geben, diese Materie noch einmal gründlich durchzuarbeiten und dann ein neues Gesetz vorzulegen. Wir haben nicht die Befürchtung, daß dadurch das Lastenausgleichsgesetz irgendwie verzögert und der Lastenausgleichsfonds geschmälert werden würde; denn wir stellen ja gleichzeitig auch den
Antrag, Nr. 2 des § 398 zu streichen, d. h. das Gesetz zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich vom 2. September 1948 zunächst bestehen zu lassen. Gleichzeitig haben wir auch nicht die Befürchtung, daß sich etwa in der Verwaltung Schwierigkeiten zeigen könnten; denn gerade dieses Gesetz vom 2. September 1948 wird ja von den Verwaltungsbehörden bereits praktiziert Es kann sich unserer Meinung nach bei den Beratungen im Lastenausgleichsausschuß über diese beiden Gewinnabgaben höchstens um eine Verzögerung dieser Bestimmungen für die Dauer von drei Monaten handeln. Wir bitten Sie daher, unserm Antrag zuzustimmen.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120704700
Zur Begründung des Antrags Umdruck Nr. 499 Ziffer 1 der Abgeordnete Goetzendorff. — Er ist nicht im Saal. Eine besondere Einbringung ist wohl auch nicht erforderlich; denn der Antrag ist wörtlich derselbe wie der, der soeben begründet worden ist.

(Abg. Kunze: Er ist abgeschrieben!)

Ich habe bisher keinen Unterschied feststellen können.

(Abg. Kunze: Es ist auch keiner da!) Das Wort hat der Abgeordnete Ehren.


Hermann Ehren (CDU):
Rede ID: ID0120704800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben zu unserer Verwunderung festgestellt, daß der Abgeordnete Goetzendorff eine Anzahl Änderungsanträge gestellt hat, die wörtlich den Änderungsanträgen der Abgeordneten Kather und Genossen gleichen. Des weiteren möchte ich grundsätzlich in aller Öffentlichkeit einmal feststellen, daß Herr Goetzendorff, soweit ich das übersehen kann, nicht an einer einzigen Sitzung des Lastenausgleichsausschusses teilgenommen hat,

(lebhafte Zurufe links)

obgleich er Gelegenheit hatte, an jeder teilzunehmen. Mit noch größerer Verwunderung müssen wir feststellen, daß er Anträge einbringt und es dann nicht einmal für notwendig hält, bei so wichtigen Verhandlungen im Saale anwesend zu sein.

(Beifall rechts.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120704900
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.

Johannes Kunze (CDU):
Rede ID: ID0120705000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antragsteller sind sich der Tragweite ihres Antrags nach meiner Überzeugung nicht bewußt.

(Zuruf rechts: Doch!)

In dem Augenblick, in dem wir dem Antrag stattgeben würden, Herr von Golitschek, könnten wir das ganze Lastenausgleichsgesetz an den Ausschuß zurückverweisen.

(Abg. Dr. von Golitschek: Stimmt ja gar nicht!) Sie müßten dann statt der Hypothekengewinnabgabe, die Sie durch ein Sondergesetz regeln wollen, auf Aufrechterhaltung des Gesetzes zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich bestehen wollen. Sie wollen dies so lange in Kraft lassen. Es stimmt aber überhaupt nicht mit dem Lastenausgleichsgesetz überein. So können Sie doch nicht manipulieren! Zweitens drängen Sie mit uns allen gemeinsam nach einem möglichst hohen Aufkommen in den ersten Jahren, und dann wollen Sie im ersten Jahre de facto auf den größten Teil des Aufkommens aus der Kreditgewinnabgabe verzichten.


(Abg. Dr. von Golitschek: Das stimmt ja gar nicht!)

Wir haben im Ausschuß nahezu ein halbes Jahr lang mit den besten Experten über dieser Frage gesessen und haben uns einstimmig zu dieser Lösung bekannt. In der Erkenntnis, daß hier Spezialfragen vorliegen, über die wirklich nur Spezialkenner reden können, hat sich der Gesamtausschuß von dem Vorsitzenden des Unterausschusses, dem Kollegen Seuffert, einen eingehenden Bericht erstatten lassen. Er hat den Bericht zur Kenntnis genommen; er hat Fragen gestellt, wo Zweifel aufgetaucht sind, und er hat zum Schluß im Vertrauen auf die von den besten Fachleuten dieses Ausschusses aus allen Fraktionen gemachten Vorschläge zugestimmt. Jetzt kommt eine ganz kleine Gruppe und beantragt, das zu streichen. Wenn wir mit diesen Methoden anfangen, meine Damen und Herren, dann weiß ich nicht, wie wir mit dieser Vorlage überhaupt fertig werden wollen. Ich denke bei jedem Wort, daß hier geredet wird, daran, daß Millionen und aber Millionen Menschen darauf warten, daß wir fertig werden. Ich bitte darum, den Antrag abzulehnen.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120705100
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0120705200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 3, den wir soeben besprechen, gibt Gelegenheit und Veranlassung, sich einmal im ganzen als Grundlage für die Beratungen insgesamt mit der Bilanz des Lastenausgleichs zu beschäftigen— ich möchte sagen: mit der wahren


(Seuffert)

1 Bilanz und nicht mit der Bilanz der Versprechungen und Erwartungen und unverbindlichen Zusagen, die wir langsam bis oben hinauf satt haben —, mit der wahren Bilanz, die in diesem Paragraphen wenigstens gegliedert zusammengestellt ist und danach aus vier Abgaben besteht, die für den Lastenausgleich erhoben werden.
Diese Zusammenstellung ergibt nicht ganz das richtige Bild; denn wenn die wahre Bilanz hier aufgeführt wäre, so müßten neben diesen Abgaben ein Zuschuß der öffentlichen Hand von 250 Millionen DM im Jahre, der sich in seiner Größenordnung neben den Abgaben durchaus sehen lassen kann, und weitere Zuschüsse stehen. Es müßte hier oder an einer anderen Stelle immerhin stehen, daß ein Teil der Abgaben auf dem Umwege über die Steueranrechnung dem Abgabepflichtigen aus dem öffentlichen Haushalt wieder erstattet wird. Erst wenn Sie das zusammenhalten, sehen Sie die wahre Bilanz des Lastenausgleichs.
Von den hier aufgezählten vier Abgaben sind die zwei letzten, die Hypothekengewinnabgabe und die Kreditgewinnabgabe, von den soeben eingebrachten Anträgen berührt worden. Ich versage es mir, auf diese Anträge näher einzugehen; ich kann sie kaum ernst nehmen. Ich glaube wirklich, daß, selbst. bei der Behandlungsweise für diese zweite Beratung, die hier vorgeschlagen worden ist, dieses Haus sich doch nicht darauf einlassen kann, mit der Verabschiedung von Gesetzen zu warten, bis gewisse Leute diese Gesetze verstanden haben oder verstehen wollen. Man könnte vielleicht noch sagen, daß durch eine Fortführung des Hypothekensicherungsgesetzes einstweilen die Hypothekengewinnabgabe ohne Schaden für den Anfall ersetzt werden könnte. Aber auch dem müßte entgegengehalten werden, daß wir uns weiß Gott nicht ein halbes Jahr lang damit beschäftigt haben, die Hypothekengewinnabgabe in eine bessere Form zu bringen, und damit vielen berechtigten Wünschen entgegengekommen sind, um dann nur zu erleben, daß man, weil man sich das noch einmal überlegen wolle, die Sache zurückstellt. Ich muß sagen: das ist erstaunlich!
Andererseits ist erstaunlich, daß ausgerechnet Leute, die vorgeben, in erster Linie Interessen der Geschädigten zu vertreten, die Erhebung einer so ertragreichen Abgabe, einer ansonsten einstimmig beschlossenen Abgabe wie der Kreditgewinnabgabe ersatzlos zurückstellen wollen und damit die Schnelligkeit und die Größe des Aufkommens im Lastenausgleich sehr erheblich vermindern wollen. Es sind das Anträge von Leuten, die an den Arbeiten des Ausschusses tatsächlich nicht teilgenommen haben und offenbar auch nicht teilnehmen wollen.

(Abg. Dr. von Golitschek: Aber wir haben teilgenommen! — Zuruf rechts: Herr Wackerzapp!)

Deshalb muß ich schon sagen — Herr Golitschek, bei Ihnen kann ich das nicht sagen —, aber zwischen Herrn Goetzendorff und Herrn Dr. Kather ist, weiß Gott, da kein Unterschied!

(Abg. Kriedemann: Sehr richtig! — Abg. Kunze: Herr Kather ist ja nicht Mitglied des Ausschusses!)

- Herr Goetzendorff ist an sich auch nicht Mitglied des Ausschusses. Herr Goetzendorff als eine Art Privatabgeordneter hat ja vielleicht bestimmte Schwierigkeiten, aber immerhin ist Herr Dr. Kather Mitglied einer großen Fraktion und in
einem großen Verband tätig und hätte genau so gut Gelegenheit gehabt wie jeder andere Abgeordnete dieses Hohen Hauses, der sich mit diesen Problemen beschäftigt, sich damit zu befassen, wenn die Arbeit geleistet wird, und nicht hinterher mit Anträgen zu kommen und einfach zu sagen: Ich habe das noch nicht verstanden, oder: Ich will es mir noch einmal überlegen!

(Beifall bei der SPD.)

Mit der an zweiter Stelle genannten Abgabe, mit der Vermögensteuer, möchte ich mich im einzelnen noch beschäftigen. Die Sozialdemokratie hat immer zu erkennen gegeben, daß sie der Einbeziehung der Vermögensteuer, die eine Ländersteuer ist, in die Lastenausgleichsabgabe des Bundes grundsätzliche Bedenken gegenüberstellt. Ich möchte in diesem Zusammenhang einige Ausführungen über die Gesamtbilanz machen, die mir angezeigt zu sein scheinen. Das Gesamtaufkommen des Lastenausgleichs wird jetzt auf etwa 2,1 Milliarden DM jährlich veranschlagt, wie Sie aus dem schriftlichen Bericht ersehen. Von Regierungsseite selber ist ausgesprochen worden, daß dieses Aufkommen als unzureichend angesehen wird. Sie müssen aber dabei wissen — und das scheint mir der entscheidende Punkt zu sein —, daß selbst von diesem Aufkommen ein Drittel nicht von den Abgabepflichtigen, sondern von der öffentlichen Hand, vom allgemeinen Steuerhaushalt, beigesteuert wird. Das ist eine Erscheinung, die uns sehr zu denken geben sollte und deren Ursachen wir nachgehen müssen.
Die Tatsache, daß ein unzureichendes Aufkommen nur durch derart umfangreiche Zuschüsse der öffentlichen Hand erreicht werden kann, die Tatsache, daß es nicht gelungen ist, aus der Belastung des abgabepflichtigen Vermögens ein zureichendes Aufkommen zu erzielen, ist das Ergebnis der Entwicklung der Ausschußberatungen. Über die Grundlagen dieser Entwicklung kann ich Ihnen keinen besseren und in manchen entscheidenden Punkten leider keinen zutreffenderen Bericht geben, als ihn uns ein sehr geschätztes Mitglied, der Herr Kollege Atzenroth, in der beachtlichen Zeitschrift „Der Arbeitgeber" gegeben hat. Darf ich Ihnen mitteilen, was Herr Kollege Atzenroth auf Seite 289 dieser Zeitschrift vom April 1952 ausführt. Er sagt:
Der Lastenausgleichsausschuß setzt sich nämlich aus 28 Mitgliedern des Bundestages zusammen, von denen man wohl sagen kann, daß nur 3 eine echte Verbindung zur Wirtschaft und ein echtes Verständnis für deren Belange haben.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Es ist nicht gesagt, wer außer dem Kollegen Atzenroth, der wahrscheinlich dazu gehört, mit diesen dreien gemeint ist.

(Abg. Kriedemann: Den Eindruck habe ich nicht!)

Wir stehen vollkommen außer Verdacht, damit gemeint zu sein, denn Sie fahren fort, Herr Kollege Atzenroth:
Ihnen gegenüber
nämlich denen, die Verständnis für die Wirtschaft haben —
steht die ziemlich geschlossene Gruppe von 11 Mitgliedern der Opposition
— nun, wir legen weder auf gute noch auf schlechte Zensuren von Ihnen Wert, Herr Dr. Atzenroth, es geht aber weiter: —


(Seuffert)

und die ebenso geschlossene Gruppe,
— die Ihnen gegenüber also kein Gefühl und kein Verständnis für die Wirtschaft hat —
die von Koalitionsparteien in den Ausschuß entstandt wurde, eine Gruppe von Vertretern der Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten, die ich auf etwa acht Personen schätzen möchte.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Hinzu kommen noch einige Landwirte.
— Das versteht sich am Rande. —

(Heiterkeit. — Abg. Kriedemann: Das ist der Lastenausgleichsausschuß, von einem seiner Mitglieder geschildert!)

— Das ist, wie gesagt, der Lastenausgleichsausschuß, von einem seiner Mitglieder geschildert.
Und nun in folgenden lapidaren Sätzen des Ergebnis zusammengefaßt:
Für die Vertreter der Wirtschaft
— diese drei —
war es außerordentlich schwer, als Grundsatz zunächst einmal den generellen Standpunkt durchzusetzen, daß jede Belastung des Vermögens an der Grenze halt machen muß, wo die Ertragsfähigkeit aufhört.
— Es gibt ja auch eine gewisse Forderung von Substanzabgabe usw. —
Heute können wir sagen, daß sich dieser Standpunkt durchgesetzt hat, daß an ihm nicht mehr gerüttelt werden kann.
Endlich einmal jemand, der sagt, daß er mit diesem Gesetz das erreicht hat, was er haben wollte.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

Sehen Sie, meine Damen und Herren, wenn man das erreichen will und das erreicht hat und dann mit einem Aufkommen von 2,1 oder 2,2 Milliarden in der Öffentlichkeit aufmarschieren will, was muß man dann tun? Dann muß man sich andere Leute suchen, die das Geld zahlen, das die Abgabepflichtigen für das abgabepflichtige Vermögen nicht zahlen wollen. Das hat man auch in ausreichendem Maße getan.
Sehen wir uns einmal diese 2,1 Milliarden näher an. Da stecken laut § 315 250 Millionen an Zuschuß des Bundes und der Länder drin. Wir haben dazu unsere Anträge gestellt. Es steckt die den Ländern weggenommene Steuer drin, die in dem Umfang, wie sie hier erhoben wird, 130 Millionen aus der Steuerkraft der Länder wegnimmt — verfassungswidrig. Es steckt drin die Abgabe der öffentlichen Hand für ihr Vermögen, ihr Grundvermögen, ihr land- und forstwirtschaftliches Vermögen, eine Abgabe, die der Herr Bundesfinanzminister in der letzten Ausschußsitzung auf etwa 120 Millionen jährlich beziffert hat. Ich halte diese Ziffer für zu niedrig, denn die Zahlen, die uns vorliegen, ergeben, daß allein für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen der öffentlichen Hand 104 Millionen im Jahr anfallen müssen.

(Abg. Dr. Bucerius: Dann wird das Aufkommen j a höher werden, Herr Seuffert!)

— Die sind in Ihrem Aufkommen drin.

(Abg. Dr. Bucerius: Nein, dann nicht!)

— In Ihrem Aufkommen, in Ihren 2,1 Milliarden Herr Dr. Bucerius, sind sie drin. Das ist doch wohl verständlich.

(Abg. Dr. Bucerius: Nein!)

Die Abzugsfähigkeit von einem Drittel der Abgaben, die Anrechnung bei der Steuer, kostet Ihnen eine Ziffer, die ich mal ganz gering — diejenigen, die die Ziffern kennen, werden mir zugeben, daß es ein geringer Ansatz ist — mit 160 Millionen im Jahre ansetzen will. Das ist auch eine Zahl, die von der Finanzverwaltung stammt. Das sind insgesamt 660 Millionen, so daß die Behauptung wohl gerechtfertigt ist, daß das Aufkommen des Lastenausgleichs zu einem guten Drittel aus der öffentlichen Hand gezahlt wird, davon 500 Millionen durch direkte Abgaben und Zuschüsse bzw. durch Abtretung der Vermögensteuer und 160 Millionen durch Übernahme der Leistungen der Abgabepflichtigen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer durch Steuerabzug.

(Abg. Dr. Becker [Hersfeld: Wenn Sie alles sozialisiert haben!)

Meine Damen und Herren, reden wir doch einmal deutsch. Was heißt das, daß die öffentlichen Haushalte diese Summen in den Lastenausgleich zahlen? Wer sind denn die öffentlichen Haushalte? Die öffentlichen Haushalte sind alle Steuerzahler und alle Nichtsteuerzahler, insbesondere alle diejenigen, die kein Vermögen haben, das dem Lastenausgleich unterliegen könnte. Die Leistungen der öffentlichen Haushalte werden zu 60 % — das ist nun einmal heute die Zahl — aus der Umsatzsteuer, aus den Verbrauchsteuern und Zöllen gedeckt, d. h. aus den Steuern, die jedermann zahlt, auch der Rentner, auch der, der nicht einmal eine Lohnsteuer zahlt. Sie werden zu weiteren 40 % zu einem erheblichen Teil von den Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen gezahlt. Diese Ziffern bedeuten nichts anderes, als daß zu einem Drittel der Nichtabgabepflichtige, der Geschädigte, der Vertriebene selbst durch Erhöhung seiner Steuerleistungen oder durch Wegfall der Leistungen der öffentlichen Hand, die ihm sonst zustehen, den Lastenausgleich an Stelle der Abgabepflichtigen zahlt.
Nun, meine Damen und Herren, was ich bis jetzt aufgeführt habe, sind durchaus nicht alle Leistungen der öffentlichen Hand, alle Leistungen des Steuerzahlers, alle Leistungen, die neben der Abgabe des abgabepflichtigen Vermögens für den Lastenausgleich liegen, sondern es kommt noch eine Reihe von Dingen dazu. Es kommt noch die in diesem Gesetz vorgesehene Übergangsabgabe dazu, d. h. der Versuch, die bereits erhobene Vermögensteuer für die letzten zwei Jahre den Ländern nachträglich zugunsten des Lastenausgleichs wieder wegzunehmen, ein Versuch, der praktisch so aussichtslos ist, daß man es bisher nicht einmal gewagt hat, diese Übergangsabgabe in die Bilanz des Lastenausgleichs einzusetzen. Immerhin, es steht auf dem Papier und im Gesetz und würde einige hundert Millionen ausmachen.
Es kommen weiter dazu die Teuerungszuschläge, die infolge der Preisentwicklung und der Wirtschaftspolitik von den öffentlichen Haushalten gezahlt werden müssen, Zuschläge zu den Renten des Lastenausgleichs, 190 Millionen DM jahrlich. Es kommen dazu die Leistungen der Krankenversorgung, die zu einem großen Teil von den öffentlichen Haushalten übernommen werden; es kommen die Verwaltungskosten des Lastenausgleichs dazu, und Sie können auch hier mit einem Betrag von 100 Millionen und mehr im Jahre rechnen. Es kommen weitere Steuerverluste dazu durch Abzug der Zinsen der Hypothekengewinnabgabe und der Kreditgewinnabgabe sowie der Vermögenssteuer des Lastenausgleichs. Es kommt hinzu, wie Sie


(Seuffert)

eben von seiten der Regierung hier und wie wir im Ausschuß von dem Herrn geschäftsführenden Minister für den Wohnungsbau gehört haben, daß durch die jetzt vorgesehene Gestaltung dieses Gesetzes im Wohnungsbauprogramm des Bundes ein Loch von 400 Millionen DM jährlich entsteht, das durch andere Leistungen des Bundes, d. h. durch zusätzliche Leistungen ausgefüllt werden muß. In dieser Höhe etwa muß die Fortführung des Wohnungsbaues für Flüchtlinge außerhalb des Lastenausgleichs finanziert werden, wenn das durchgeführt wird, was in. dem Gesetzentwurf vorgesehen ist.
Ich glaube, wenn Sie alle diese Punkte zusammennehmen, können Sie ruhig sagen, daß sie, abgesehen von den vorhin von mir angesprochenen Punkten, weitere 700 Millionen DM ausmachen, so daß, wenn ich die letzten Punkte jetzt außerhalb der Betrachtung lasse, die Frage nicht etwa die ist, ob der Steuerzahler an Stelle des Abgabepflichtigen 700 Millionen oder null DM im Jahre leisten soll, sondern die ist, ob er 700 Millionen oder 1400 Millionen DM leisten soll, eben deswegen, weil die Abgabe nicht zureichend ist bzw. für Dinge verwandt wird, für die sie jetzt noch nicht verwandt werden sollte.
All das, meine Damen und Herren, reicht aber nach Ansicht derjenigen, die den vorliegenden Entwurf unterstützen, noch nicht aus. Diese Zuschüsse der öffentlichen Hand sind noch nicht als zureichend empfunden worden, den Abgabepflichtigen, ihre „schwere" Last zu erleichtern. Man hat den Ländern die Vermögensteuer zwar ganz weggenommen, erhebt sie aber in einer Art und Weise, daß sie, wie gesagt, 130 Millionen DM erbringt, während sie bei einer vernünftigen und normalen Erhebung ohne die exorbitanten Ermäßigungen, die man für abgabepflichtiges Vermögen geschaffen hat, 240 Millionen DM mehr im Jahre brächte. Man hat zwar kurioserweise die Vermögensteuer für die kleinen Leute durch Herabsetzung der Freigrenzen wesentlich verschärft,

(Hört! Hört! bei der SPD)

hat sich aber ebenso kurioserweise nicht mehr getraut, den Leuten zuzumuten, die Vermögensteuer neben der Lastenausgleichsabgabe zu zahlen, obwohl sie bisher die Vermögensteuer sehr wohl neben der Soforthilfeabgabe gezahlt haben und zahlen konnten.
Fassen Sie das alles zusammen! Wie ist die Situation? Die Belastung durch den Lastenausgleich ist - das kann im Grunde wohl ausgesprochen werden - in allem Durchschnitt niedriger als die Belastung durch die Soforthilfeabgabe. Die Ermäßigung der Abgabesätze, die entgegenkommenden Berechnungen in allen möglichen Punkten lassen es zu, das auszusprechen. Es kommt hinzu, daß jetzt dieser niedrigen Belastung keine Vermögensteuer mehr zur Seite steht, während sie bisher mitgetragen wurde und sehr wohl getragen werden konnte.
Man stellt von seiten der Wirtschaftssachverständigen, Herr Dr. Atzenroth, ständig die Behauptung auf, daß die Grenze der Ertragsfähigkeit erreicht sei. Nun, ich will mich gar nicht in einen Streit darüber einlassen, ob für eine Vermögensabgabe überhaupt die Grenze der Ertragfähigkeit maßgebend ist und ob man von einer Vermögensabgabe sprechen kann, wenn man die Grenze der Ertragsfähigkeit maßgebend sein läßt. Trotz aller Aufforderungen ist uns aber bisher nichts Stichhaltiges über diese Grenze der Ertragsfähigkeit vorgetragen worden. Herr Kollege Kunze, Sie haben der Bundespressekonferenz Ertragsberechnungen übergeben. Ich möchte Ihnen dazu sagen: wir werden uns über die Ertragsberechnungen nie verständigen können, wenn bei diesen Berechnungen immer wieder darauf bestanden wird, abgabepflichtiges Vermögen und rentierendes und verdienendes Vermögen einfach gleichzusetzen. Es ist doch für denjenigen, der die Wirtschaftslage eingermaßen kennt, vollkommen klar, daß heute in der Wirtschaft ein ganz großer Prozentsatz, unter Umständen sogar noch einmal soviel mehr an Vermögen verdient, mehr als das, was am 21. 6. 48 vorhanden war und mit der Abgabe belegt ist. Sie kennen ganz genau die Milliardenzahlen der Investitionen in den letzten Jahren und wissen ganz genau, daß ein sehr großer Teil dieser Investitionen nicht durch Aufnahme von fremden Mitteln, sondern aus Eigenfinanzierung vorgenommen worden ist. (Zuruf von der Mitte: Gott sei Dank!)

Sie können also nicht davon ausgehen, daß Sie einfach eine Rendite auf das abgabepflichtige Vermögen rechnen, sondern das Vermögen, auf das Sie die Rendite rechnen müssen, ist bis doppelt so hoch wie das abgabepflichtige Vermögen. Auch derjenige Vermögenszuwachs, der durch Aufnahme von Fremdmitteln finanziert worden ist, verdient mehr, als was die Fremdmittel kosten, als was das Kapital kostet. Ich glaube also, wir werden zu richtigen Berechnungen erst kommen, wenn wir das Verhältnis zwischen abgabepflichtigem und rentierendem und verdienendem Vermögen richtig erkennen und zugrunde legen.
Man hat nun, da man die berühmte Schonung der Wirtschaft wollte, die erwähnten Zuschüsse der öffentlichen Hand in das Leistungsaufkommen einbezogen. Man ist durch die Ermäßigung der Vermögensteuer um 240 Millionen DM entgegengekommen und hat die restlichen 130 Millionen DM auch den Ländern weggenommen. Man will den Ländern und dem Bund, der ja mitbeteiligt ist, durch die Abzugsfähigkeit von einem Drittel der Abgabe an Steuerkraft weitere 160 Millionen jährlich wegnehmen. Das Fazit ist folgendes: An direkten Zuschüssen zum Aufkommen des Lastenausgleichs werden von den Ländern erfordert 130 Millionen DM Vermögensteuer, 250 Millionen DM Zuschuß nach § 315, mindestens 120 Millionen DM
wahrscheinlich wesentlich mehr — Abgaben des öffentlichen Vermögens zum Lastenausgleich, zusammen 500 Millionen. Darüber hinaus hat Man, um die Last der Abgabepflichtigen zu erleichtern, den Ländern zugemutet, eine Vermögensteuer von weiteren 240 Millionen DM nicht zu erheben, die gezahlt werden könnten, die aber auch nicht für den Lastenausgleich erhoben werden, sondern die den Leuten überhaupt geschenkt werden.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Weiter mutet man den Ländern zu, durch den Abzug des Drittels der Abgabe der Einkommen- und Körperschaftsteuer eine Schmälerung des Aufkommens um mindestens 150 bis 160 Millionen DM jährlich in Kauf zu nehmen. Das kommt zusammen auf 890 oder 900 Millionen DM jährlich heraus. 500 Millionen direkte Zuschüsse zum Aufkommen des Lastenausgleichs, eine weitere Schwächung der Steuerkraft der Länder und des Bundes zur Schonung der Abgabepflichtigen im Betrage von etwa 400 Millionen DM!
Meine Damen und Herren, ich glaube, Sie sollten sich klar darüber sein, daß es vollkommen aussichtslos ist, eine derartige Bilanz gegenüber dem


(Seuffert)

Verantwortungsbewußtsein der öffentlichen Haushalte, die hier die Interessen der Steuerzahler zu vertreten haben, durchzudrücken. Sie haben bisher nicht den geringsten Versuch gemacht, im Bundestag und im Bundesrat eine tragfähige Grundlage für diese Konzeption zu bekommen. Sie müssen wissen, daß die Einbeziehung der Vermögensteuer in den Lastenausgleich, wie sie hier vorgesehen ist, eine Verfassungsänderung erfordert. Das, was in diesem Gesetz versucht ist, nämlich die Vermögensteuer der Länder außer Hebung zu setzen und dafür eine Vermögensteuer des Bundes zu erheben und dann zu behaupten, das sei etwas anderes als eine Änderung der Verfassungsbestimmung, nach der die Vermögensteuer für die Länder und nicht für den Bund erhoben wird, – diese Argumentation, glaube ich, wird Ihnen kein Verfassungsgerichtshof abnehmen.

(Sehr wahr! bei der SPD.)

Ich glaube, Sie sollten sich längst darüber klargeworden sein, daß ohne die Voraussetzung einer Verfassungsänderung, die Sie in diesem Punkt noch nicht einmal beantragt haben, die Durchführung dieser Konzeption nicht möglich ist. Diese Voraussetzung muß im Bundesrat geschaffen werden. Ich glaube nicht, meine Damen und Herren, daß Sie weiterhin darauf bestehen können, den Ländern 'an direkten Zuschüssen 500 Millionen zu nehmen und gleichzeitig den Steuerzahlern eine weitere Schwächung um 400 Millionen zugunsten der Abgabepflichtigen zuzumuten. Nehmen Sie, meine Damen und Herren, die Geschenke, die Sie hier auf Kosten der Steuern den Abgabepflichtigen gemacht haben, erst zurück! Zeigen Sie Ihren Willen, eine richtige Vermögensteuer zu erheben, wie es tragbar ist und wie es sich ohne die künstlichen Befreiungen, die eingebaut worden sind, von selbst ergibt! Darauf zielen unsere Anträge, die wir Ihnen hier im einzelnen vorgelegt haben.
Wenn man dann eine solche Gesamtbilanz ansieht, so könnte man sich vielleicht denken, daß Möglichkeiten zu einer wirklich tragbaren Grundlage gegeben seien. Sie können aber nicht auf allem bestehen. Sie können nicht die 400 Millionen und die 500 Millionen zugleich nehmen. Aus diesen Gründen und aus den Überlegungen, die ich Ihnen eben vorgetragen habe, haben wir darauf verzichtet, zu der Frage der Vermögensteuer in diesem Stadium der Beratungen endgültig Stellung zu nehmen. Wir behalten uns das für die dritte Lesung vor. Wir wollen das Ergebnis unserer Anträge abwarten und Ihnen Gelegenheit geben, Ihren ernstlichen Willen zu zeigen, in dieser Frage zu einem Erfolg zu kommen. Denn Sie müssen genau so wissen wie wir, - daß man mit dem Bundesrat, mit den Ländern, die für die Steuerzahler verantwortlich sind, zu einer Grundlage kommen muß und daß man diese Geschenke, die man hier den Abgabepflichtigen macht, nicht aufrechterhalten kann.
In diesem Sinne verweisen wir Sie auf die Anträge, die wir zu den einzelnen Punkten gestellt haben, und stellen zu dem § 3 in dieser Lesung keinen Antrag.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120705300
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.

Dr. Karl Atzenroth (FDP):
Rede ID: ID0120705400
Meine Damen und Herren! Herr Kollege S e u f f e r t war so liebenswürdig, mich zu zitieren, und ich muß mich in der Tat berichtigen. Denn gerade Herr Kollege Seuffert hat
in den Ausschußberatungen außerordentlich viel
Verständnis für die Belange der Wirtschaft gezeigt.

(Lachen bei der SPD.)

Wir waren immer darüber einig, daß mit diesen Sätzen die Grenze des Tragbaren erreicht worden sei. Bei den Abstimmungen habe ich eigentlich in diesem Punkte immer die Unterstützung von Herrn Seuffert gefunden.

(Hört! Hört! rechts.)

Wir waren nicht einig in der Frage, in welchem Umfang oder ob wir überhaupt Mittel der öffentlichen Hand in den Lastenausgleich einbeziehen müssen.

(Zuruf des Abg. Schoettle.)

— Zu dieser Frage, Herr Kollege, möchte ich auch ausführlich Stellung nehmen. Aber ich kann es nicht in diesem Stadium. Denn ich muß zu dem nächsten Punkt zunächst einmal als Berichterstatter meinen Bericht, der sich gerade darauf erstreckt, sachlich abgeben

(Heiterkeit)

— allgemein abgeben — und kann dann erst meine persönliche Meinung vortragen.

(Heiterkeit und lebhafte Zurufe von der SPD.)

Ich habe mich hier nicht zu einer Kontroverse mit Herrn Seuffert gemeldet, sondern zu den Anträgen zu § 3. Ausgerechnet da bin ich wieder mit Herrn Seuffert einig. Auch ich möchte den Herren Antragstellern den Rat geben, diese Anträge nicht zu verfolgen. Denn die Anträge, die sie da gestellt haben, richten sich doch in erster Linie gegen die Kreise, deren Interessen sie vertreten. Wir haben im Ausschuß tatsächlich ernsthaft und sachlich um diese Hypothekengewinnabgabe und die Kreditgewinnabgabe gerungen und wir sind — wieder einmal einstimmig; auch da waren wir mit Herrn Seuffert einer Meinung — im Wege des Kompromisses zu dieser Formulierung gekommen.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß es Ihnen in den drei Monaten, die Sie jetzt beanspruchen, gelingen wird, die Änderungen herbeizuführen, die Sie in den nun abgelaufenen ebenfalls drei Monaten, in denen Sie diese Formulierung ja schon kennen, uns nicht haben vorlegen können. Ich bin der Überzeugung, daß mit diesen Anträgen gerade den Interessen der Kreise, die hier in Frage kommen und die Sie vertreten, am meisten geschadet wird, und beide Teile, sowohl diejenigen, die abgeben müssen, als auch diejenigen, die nun diese Leistungen bekommen sollen, werden weiter dadurch geschädigt, daß eine erneute Verzögerung eintritt. Alle sind daran interessiert, endlich einmal Klarheit zu bekommen. Wir müssen alles daran setzen, daß dieses Gesetz endlich verabschiedet wird und daß sowohl die abgabepflichtigen Vermögensbesitzer als auch die empfangsberechtigten Geschädigten Klarheit über das erhalten, was sie von dem Gesetz zu erwarten haben.
Deswegen bitte ich, die Anträge, die zu § 3 gestellt sind, abzulehnen.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120705500
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kather.

Dr. Linus Kather (CDU):
Rede ID: ID0120705600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anträge, deretwegen Herr Seuffert so einige freundliche Vokabeln an meine Adresse gerichtet hat, sind nicht auf meine Anregung hin gestellt worden. Ich kann vielmehr sagen, daß alle diese Anträge, die ich als erster unterzeichnet habe, von dem Lastenausgleichsaus-


(Dr. Kather)

schuß des BVD erarbeitet worden sind, dem auch drei Mitglieder des Lastenausgleichsausschusses des Bundestages angehört haben. Diese Anregung ist also nicht von mir, sondern von anderer Seite gekommen, und zwar gerade von den Herren, die Sie ausgenommen haben, Herr Seuffert, von Herrn von Golitschek, glaube ich, und sogar von Herrn Nöll von der Nahmer.

(Zuruf rechts: Wackerzapp! — Zuruf des Abg. Mellies.)

— Gut, Herr Mellies, ich stimme Ihnen bei. Aber nun will ich Ihnen einmal etwas sagen. Die Herren haben ihren Wunsch, diese Anträge einzubringen, mit der Sorge begründet, daß in diesen doch etwas summarischen Beratungen eine so äußerst komplizierte Materie mehr oder weniger untergehen bzw. nicht mit der Sorgfalt behandelt werde, die sie mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten erfordert. Ich darf darauf hinweisen, daß das Notariat ganz erhebliche Bedenken erhoben hat z. B. hinsichtlich der öffentlichen Last und hinsichtlich des Umstandes, daß der gute Glaube des Grundbuchs dadurch gefährdet werde. Dieses Argument ist vorgebracht worden neben anderen, und deshalb sind diese Anträge aufgenommen worden. Die Herren werden ja selber noch ihre Meinung dazu sagen. Bei der Hypothekengewinnabgabe war eine Minderung des Aufkommens nicht zu befürchten. Im 'übrigen sollte sie in Kauf genommen und möglichst schnell durch Verabschiedung eines Gesetzes vermindert werden.
Aber, meine Damen und Herren, ist das nun ein Grund, mit derartigen Vorwürfen und Anwürfen zu kommen? Wenn Herr Seuffert anderer Meinung ist, kann er es ruhig sagen. Führt er uns wirklich beachtliche Gründe an, so ist es gar nicht
ausgeschlossen, daß wir sagen: wir nehmen den Antrag zurück. Wogegen ich mich aber wenden muß, Herr Seuffert, ist, daß Sie hier sagen: Erstens, man himmt die Anträge nicht ernst, und zweitens, wir können nicht warten, bis gewisse Leute, die das Gesetz nicht verstanden haben, dahinterkommen! Sie haben von Leuten gesprochen, die vorgeben, die Geschädigten zu vertreten und die an den Arbeiten nicht teilgenommen haben, und Sie haben es letzten Endes für richtig gehalten, mich in dieser Hinsicht mit Herrn Goetzendorff zu vergleichen. Herr Seuffert, wir stehen vor einer Aufgabe, auf die das ganze deutsche Volk sieht. Glauben Sie, es dient der Sache oder es dient Ihnen oder Ihrer Partei, wenn wir nun sieben Tage in diesem Ton miteinander verkehren? Ich will mich gegen diese Vorwürfe nicht verteidigen. Ich will nur zu der immer wieder vorgetragenen Behauptung, ich hätte an den Sitzungen des Ausschusses nicht genügend teilgenommen und dürfe daher gewissermaßen nicht mitreden, eines sagen: Wenn man das bis ins letzte überspitzt, dann dürften wohl nur die Herren mitreden, die an dem sechs- oder siebenköpfigen Ausschuß teilgenommen haben. Ich habe immerhin, wenn ich konnte, teilgenommen. Es kommt j a auch vor, daß andere Leute einmal nicht da sind. Ich habe in der letzten Zeit sechs Wochen lang fast ganztägig an den Koalitionsbesprechungen teilgenommen.

(Abg. Schoettle: Das ist nicht sehr ermutigend!)

— Vielleicht! — Ich bin Vorsitzender eines andern großen Ausschusses. Ich glaube nicht, daß es der Übung des Hauses entspricht, dann solche Vorwürfe zu erheben. Außerdem bin ich ja nicht Mitglied des Lastenausgleichsausschusses, und zwar bin ich aus
Verantwortungsbewußtsein nicht hineingegangen, weil ich wußte, daß ich nicht ständig dabei sein konnte. Schließlich klagen wir alle über Überarbeitung; doch wir wollen niemals bei dem andern anerkennen, daß er wirklich das Seine tut. Das aber darf ich wohl für mich in Anspruch nehmen. Ich würde deshalb doch bitten: lassen wir solche Spitzfindigkeiten weg und unterhalten wir uns ruhig und sachlich! Wir kommen schneller voran und dienen der Sache.

(Abg. Mellies: Wenn Sie sich das nur immer merken würden! — Abg. Dr. Kather: Bitte, Sie bleiben mir aber die Beispiele dafür schuldig! — Abg. Kriedemann: Das ist nur eine Tatsachenfeststellung, gar keine Spitzfindigkeit!)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120705700
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.

Johannes Kunze (CDU):
Rede ID: ID0120705800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Seuffert einzugehen. Es scheint mir zweckmäßig zu sein, das dann zu tun, wenn wir bei dem betreffenden Teil des Gesetzes sind. Ich möchte vielmehr nur auf eines hinweisen: sollen wir uns, nachdem der Ausschuß einen einstimmigen Beschluß gefaßt hat, jetzt in einer stundenlangen Debatte nur deshalb, weil ein von der Mehrheit des Ausschusses für falsch gehaltener Antrag hier wieder eingebracht und begründet wird, von der Linie unserer Beratungen ablenken lassen? Ich habe mir erlaubt, dem Herrn Präsidenten eine Übersicht über das Ergebnis der Abstimmung, im Ausschuß zu jedem einzelnen Paragraphen in dritter Lesung zu übergeben. Ich hatte die Hoffnung, wir würden mit diesem Teil, den §§ 1 bis 12, sehr fix fertig werden.

(Abg. Seuffert: Ah, woher denn!)

Wollten wir jetzt mit dieser Methode fortfahren, dann würde ich vorschlagen: richten wir uns doch darauf ein, daß wir die nächsten drei Wochen Dauerplenum machen!
Ich möchte dann nur noch zu einem etwas sagen, Herr Kollege Kather. Sechs Monate lang — das habe ich schon als Berichterstatter ausgeführt, und ich habe es vorhin noch einmal erwähnt — haben sich die ersten Fachleute dieses Hohen Hauses unter Hinzuziehung von x Sachverständigen des Hauses, von Vertretern aller in Frage kommenden Sachverständigenorganisationen, Hypothekenbankorganisationen, Sparkassenorganisationen usf. usf. mit der Materie der Kreditgewinnabgabe und Hypothekengewinnabgabe befaßt und sind zu dem vorliegenden Ergebnis gekommen. Der Weg, den Sie jetzt vorschlagen und durch Ihre Freunde begründen lassen, ist ein Irrweg! Er bedeutet im Ergebnis die Unmöglichkeit der Verabschiedung des Lastenausgleichs, weil das Gesetz zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich vom 2. September 1948 in die Konzeption, die wir im LAG hier vor uns haben, nicht paßt.

(Abg. Dr. von Golitschek: Das stimmt doch nicht!)

— Herr Kollege, Sie haben j a im Ausschuß nicht mitgearbeitet. Fragen Sie Ihren Fraktionskollegen, der links von Ihnen sitzt; der wird Ihnen etwas anderes sagen.

(Abg. Dr. von Golitschek: Im Ausschuß habe ich doch mitgearbeitet!)



(Kunze)

— Sie rollen die ganzen Dinge, die in diesem Fachausschuß eingehendst und grundlichst beraten worden sind, wieder auf und sind nach sechs Monaten nicht weiter, als wir auch gekommen sind; und die Kreditgewinnabgabe geht uns mit 170 Millionen DM pro Jahr für die Dauer der Zurücksetzung dieser Dinge verloren. Das verträgt sich doch nicht mit den berechtigten Forderungen der Vorfinanzierung und der Erhöhung des Aufkommens. Darum bitte ich, entweder den Antrag zurückzuziehen oder den Antrag zu § 3 abzulehnen und § 3 entsprechend dem einstimmigen Beschluß des Ausschusses anzunehmen. Der Ausschußbeschluß war zu den §§ 1 bis 4 einstimmig, zu § 5, mit Ausnahme von Abs. 5 einstimmig, zu § 6, § 7, § 7 a, §§ 8 bis 10 einstimmig. Bei § 11 ist eine Differenz; die wird durch einen Antrag geklärt werden. Der Beschluß zu § 12 war wiederum einstimmig. Sollen wir jetzt am Anfang, wo wir die Regularien vorbereiten, schon in eine Diskussion der Grundsatzproblematik eintreten, zu der wir doch später an Hand der Anträge zu den einzelnen Abschnitten ohnehin kommen? Ich bitte doch sehr, zu versuchen, etwas Ordnung in unsere Beratungen zu bekommen.

(Zuruf: Abstimmen! — Abg. Mellies: Sie wissen doch, welcher Unfug mit den Anträgen von Kather und Genossen draußen im Lande angerichtet wird! — Zuruf von der Mitte: Stimmen wir doch ab!)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120705900
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.

Alfred Loritz (WAV):
Rede ID: ID0120706000
Meine Damen und Herren! Was uns hier als Produkt des Ausschusses für den Lastenausgleich vorliegt, ist beinahe ein dickes ) Buch, und ich möchte wetten, daß von den anwesenden Herren nur ein geringer Teil überhaupt die Möglichkeit hat, die ganze Tragweite dessen zu übersehen, was in diesen Hunderten von Einzelparagraphen in juristisch teilweise außerordentlich anfechtbaren — —

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120706100
Herr Abgeordneter Loritz, wir haben keine Generaldebatte; Sie haben das Wort zu § 3!

Alfred Loritz (WAV):
Rede ID: ID0120706200
Ja, ich weiß! — in juristisch oft außerordentlich anfechtbaren Formulierungen enthalten ist.

(Zuruf rechts: Außer Ihnen versteht's keiner!) Meine Damen und Herren, die Debatte zu § 3, in dem bekanntlich erschopfend aufgezählt ist, was alles zur Ausgleichsabgabe herangezogen wird, bietet mir Gelegenheit, eines zu diesem Gesetzentwurf zu sagen: Man hat entgegen dem, was ich schon in der ersten Lesung vorgeschlagen habe,


(Zuruf: § 3!)

geflissentlich wiederum die Hauptsache nicht getan: namlich dort die Gelder tur den Lastenausgleich herzunehmen und dort zugunsten der Heimatvertriebenen und Fliegergeschadigten die Gewinne wegzunehmen, wo sie in großtem Umfange gemacht worden sind und heute noch vorhanden sind. Man hat in § 3 eine einmalige Vermögensabgabe, eine ergänzende Vermogensteuer und Sonderabgaben auf Gewinne aus Schulden, für die Grundpfandrechte bestellt worden sind, und auf Schuldnergewipne für gewerbliche Betriebe eingeführt. Man hat aber geflissentlich Abstand genommen von einer Aktiensteuer, die die unerhört hohen Gewinne erfaßt hätte, die durch die Großaktionäre seit der Währungsreform gemacht worden sind. Oder soll ich Ihnen vielleicht einige Detailangaben hier machen? Soll ich Ihnen sagen, daß Aktien, die kurz nach der Währungsreform auf 15 oder 17 DM standen, heute auf 150, ja 200 DM im Kurse stehen?! Soll ich Ihnen ausrechnen, welch schamlose Gewinne hier gemacht wurden, nicht bloß auf Kosten der ganzen Volkswirtschaft, sondern genau so auf Kosten derjenigen, die durch diesen „Lastenausgleich" belastet werden, obgleich sie nicht mehr dazu herangezogen werden sollten, wie z. B. kleine Hausbesitzer mit teilweise sehr verwahrlosten Häusern oder kleinè Gewerbetreibende? Meine Damen und Herren, von dieser Aktiensteuer hat leider hier kein Mensch gesprochen. Man hat vergessen, diese Gewinne hier heranzuziehen.

(Abg. Kunze: Kommt noch!)

Und doch wäre das eine der größten Einnahmequellen für den Ausgleichsfonds geworden! Man hat ebenso vergessen, die ungeheuren Exportgewinne heranzuziehen, die von gewissen Unternehmungen in den letzten Jahren gemacht worden sind. Nichts ist hier an Anträgen von seiten der Regierungsmehrheit oder von sonst einer Fraktion des Hauses gestellt worden.
Es ist in der mir zugebilligten kurzen Redezeit von 5 Minuten

(Zuruf von der Mitte: Gott sei Dank!)

unmöglich, Ihnen im einzelnen klarzulegen, wie
man die Aktiengewinne erfassen könnte. Ich habe
über die Grundsätze hierzu schon gesprochen. Es
ist geradezu unglaublich, daß noch niemand in diesem Hause den Mut gefunden hat, den Finger da
draufzuzeigen, um eine Heranziehung dieser schamlosen Übergewinne zugunsten des Lastenausgleichs
zu fordern. Hier würden Beträge zur Verfügung
stehen, die die Milliardengrenze weit überschreiten,
Beträge, die sofort verfügbar gemacht werden
könnten. Man lasse diese Großaktionäre einen
Teil ihrer Aktien an den Lastenausgleichsfonds abliefern und gebe diese abgelieferten Aktien den
Lastenausgleichsberechtigten! Auf diese Weise wird
man einen allzu starken Kursdruck auf den Aktienmärkten verhüten. Man ist an diese Probleme überhaupt nicht herangegangen. Ja, Herr Abgeordneter
Kunze, Sie können ruhig mit dem Kopfe wackeln!

(Heiterkeit.)

Niemand im Ausschuß hat es gewagt, dieses heiße Eisen' anzulangen. Warum? Weil gewisse Kreise sich die Sympathie der Großaktionäre nicht verscherzen wollten!
Lassen Sie mich hier bereits bei der Debatte zu § 3 das eine sagen: Dieser Lastenausgleich ist zwar ein voluminöser Gesetzeswälzer geworden; was aber für die Heimatvertriebenen herauskommen wird, das ist ein ganz klein wenig, ein Krümlein Brot, und nicht mehr. Warum haben Sie, meine Herren Abgeordneten, nicht dort die Vermögen für den Ausgleichfonds gesucht, wo sie in großem Umfange noch vorhanden sind? Ich hoffe, das Volk wird Ihnen auf diese Kernfrage, die Sie nicht beantwortet haben, die Quittung noch rechtzeitig erteilen!

(Lachen und Zurufe.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120706300
Weitere Wortmeldungen zu § 3 liegen nicht vor.
§ 4 — keine Wortmeldungen, — § 5, — § 6, — § 7, — § 7 a, — § 7 b.

(Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer: Darf ich ums Wort bitten!)



(Vizepräsident Dr. Schmid)

— Das Wort hat der Abgeordnete Nöll von der Nahmer.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0120706400
Meine Damen und Herren! Ich bin hier in einer etwas schwierigen Lage. Ich muß zu § 7 b leider feststellen, daß die Fassung, die in unserer Berichtigung enthalten ist, rechtlich unmöglich ist. Als wir die Vorlage im Ausschuß behandelten, habe ich sofort 'darauf hingewiesen — 'ich hatte damals keinen Gesetzestext zur Verfügung —, daß die Fassung nicht stimmt. Eine „Deutsche Mark der Bank deutscher Länder" gibt es nicht. Ich habe gebeten, die Formulierung noch einmal durch das Ministerium nachprüfen zu lassen. Anscheinend ist das aber nicht geschehen. Wenn man überhaupt — ob das nötig ist, lasse ich dahingestellt — die Deutsche Mark hier noch einmal besonders definieren will, muß man sich natürlich an die Legaldefinition der Deutschen Mark halten. Diese findet sich in § 1 des Währungsgesetzes, des Ersten Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens. In § 1 dieses Gesetzes heißt es:
Mit Wirkung vom 21. Juni 1948 gilt die Deutsche-Mark-Währung. Ihre Rechnungseinheit bildet die ' Deutsche Mark, die in hundert Deutsche Pfennig eingeteilt ist.
Also kann man den § 7 b doch wohl nur so fassen: Deutsche Mark im Sinne dieses Gesetzes ist die Deutsche Mark gemäß § 1 des Ersten Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens (Währungsgesetz).
Ich halte mich an die Koalitionsvereinbarung und will keinen Antrag stellen. Es handelt sich lediglich um eine Redaktionsfrage. Ich darf vielleicht anregen, daß der Herr Ausschußvorsitzende die Fassung des § 7 b bis zur dritten Lesung noch durch einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen klarstellt. Wir können die Fassung so nicht lassen, da im Währungsgesetz die Deutsche Mark klar definiert ist.

(Abg. Mellies: Aber seien Sie doch nicht so schüchtern und prüde und stellen Sie doch wenigstens so einen Antrag!)

— Das kann ich nicht auf Grund der Koalitionsvereinbarungen, an die ich mich halte.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120706500
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.

Johannes Kunze (CDU):
Rede ID: ID0120706600
Die Formulierung des § 7 b ist das Ergebnis der Beratungen mit -der Währungsabteilung des Finanzministeriums

(Hört! Hört! bei der SPD)

und der Bank deutscher Länder, die übereinstimmend erklären, das ist die gesetzlich allein mögliche Form. Ich habe entsprechend dem Beschluß des Ausschusses geglaubt, mich mit dieser Prüfung durch die Währungsabteilung des Bundesfinanzministeriums und die Bank deutscher Länder begnügen zu 'dürfen, und habe von der Erlaubnis Gebrauch gemacht, es nicht ändern zu lassen.

(Abg. Schoettle: Zu was haben Sie denn die Professoren der Finanzwissenschaft?)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120706700
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0120706800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind durchaus damit einverstanden, daß die Sache bis zur dritten Lesung noch einmal nachgeprüft wird. Meines Wissens liegen die Dinge doch wie folgt. Wenn wir von unserer Gesetzgebung ausgehen, gibt es natürlich nur eine Deutsche Mark. Diese braucht man nicht „Deutsche Mark der Bank deutscher Lander" zu nennen. Es gibt aber doch in der Welt noch eine Währung, die sich „Deutsche Mark" nennt. Das ist die Währung der sogenannten Deutschen 'Demokratischen Republik, eine Einheit, die wir sonst 'in Gesetzen gelegentlich als „Ostmark" oder „DM-Ost" bezeichnen. Ich glaube, aus diesem Grunde hat man hier klargestellt, daß es die Deutsche Mark unserer Währung ist.

(Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer: Nur müssen wir uns dann an die Legaldefinition halten. Sind Sie nicht auch der Ansicht?)

— Das braucht ja keine Legaldefinition zu sein; es braucht nur etwas zu sein, bei dem man weiß, was gemeint ist.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120706900
Weitere Wortmeldungen zu § 7 b hegen nicht vor.
§ 8. Hier ist ein Antrag der KPD auf Umdruck Nr. 498 Ziffer 1 gestellt.
Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.

Rudolf Kohl (KPD):
Rede ID: ID0120707000
Herr Präsident! Meine Damen und herren! Der Herr Kollege Kunze hat in seinem allgemeinen Bericht eine Definition des Begriffes Lastenausgleich gegeben. Er hat sinngemäß ausgeführt, daß der Lastenausgleich alle diejengen oder wenigstens den größten Teil derjenigen erfassen soll, die durch den Krieg und seine Folgen geschädigt worden sind. Darunter fallen nach unserer Auffassung ebenfalls die Evakuierten, die 'in diesem Gesetz praktisch nicht berücksichtigt sind. Wir haben uns deshalb auch im Interesse der Klarheit erlaubt, zu § 8 einen Abänderungsantrag vorzuschlagen, der lautet:
Darunter fallen auch Personen, die, um den
Kriegseinwirkungen zu entgehen, in die in
Satz 1 genannten Gebiete evakuiert worden
sind oder dort Aufnahme gesucht haben.
Wir beantragen zu gleicher Zeit die Streichung des letzten Satzes von § 8 Abs. 1, der sagt, wer unter diesen Personenkreis fällt. Die Begriffsbestimmung des letzten Satzes ist nach meiner Meinung unlogisch. Wenn dieser Satz so stehenbleibt, schaffen Sie die Voraussetzung dafür, daß all die Herren, die zur Durchsetzung nationalsozialistischer Politik in diese Gebiete abgeschoben worden sind und die Absicht hatten, nach dem gewünschten deutschen Sieg in diesen Gebieten weiterhin das nationalsozialistische Gedankengut zu verbreiten — ich unterstelle Ihnen das nicht —, entschädigt werden können und einen Anspruch auf Leistungen aus dem Lastenausgleich haben.
Ich bitte Sie also, im Interesse der Klarheit unserem Antrag zuzustimmen, den letzten Satz von § 8 Abs. 1 zu streichen und dafür die Evakuierten hereinzunehmen, die zweifelsohne ein Anrecht haben, in diesem Falle mit berücksichtigt zu werden.

(Beifall bei der KPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120707100
Weitere Wortmeldungen? — Herr Abgeordneter Kunze!

Johannes Kunze (CDU):
Rede ID: ID0120707200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, zu jedem Änderungsantrag von den 35 der Gruppe der Kom-


(Kunze)

munistischen Partei zu reden; das scheint mir die Mehrzahl dieser Anträge nicht wert zu sein. Aber wenn ein solcher Antrag kommt, dann möchte ich dem Kollegen Kohl doch raten, die Gesetzesvorlage etwas genauer und intensiver zu studieren. Dann sieht er nämlich, daß das Problem der Evakuierten durchaus von uns angefaßt worden ist und daß wir das, was in die Ostzone, in die Sowjetzone evakuiert worden ist, nach den Grundsätzen des Härteparagraphen behandeln. Wir haben sehr genau überlegt, wo wir die Grenze ziehen, wo wir den Evakuierten dem Heimatvertriebenen gleichstellen. Im übrigen entspricht § 8 in seiner Formulierung den übereinstimmenden Ergebnissen der Beratungen des Vertriebenenausschusses und des Ausschusses für den Lastenausgleich, an denen sämtliche Fachressorts teilgenommen haben. Ich bitte, den Antrag abzulehnen.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120707300
Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.

Rudolf Kohl (KPD):
Rede ID: ID0120707400
Meine Damen und Herren! Ich kann mich der Auslegung des Herrn Kollegen Kunze nicht anschließen. Ich bestreite nicht, daß Sie versucht haben, die Frage der Evakuierten irgendwie anzufassen. Aber, Herr Kollege Kunze, ich glaube, daß der Lastenausgleich — und wir haben das in den entsprechenden Anträgen niedergelegt — auf einem Rechtsanspruch beruhen soll. Wir können uns nicht damit einverstanden erklären, daß man die Evakuierten der Gnade der Bürokratie überläßt und sie einfach — in Form irgendeines Almosens — aus dem Härtefonds entschädigt. Wir wünschen die Einbeziehung der Evakuierten, die einen Rechtsanspruch darauf haben, im Lastenausgleich mit verankert zu werden. Deswegen glaube ich, eben weil ich das Gesetz sehr gut gelesen habe, daß unser Antrag zu Recht besteht und Sie die Verpflichtung haben, diesen Personenkreis mit hereinzunehmen und durch die Streichung des letzten Satzes von § 8 Abs. 1 den Personenkreis, den ich vorhin skizziert habe, aus dem Gesetz herauszulassen.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120707500
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0120707600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege von der KPD kann nicht mit Recht sagen, daß sein Antrag ein Antrag zugunsten der Evakuierten sei. Darum handelt es sich ja gar nicht. Gemeint sind in diesem Antrag, wenn man schon von Evakuierten spricht, lediglich die Leute, die ausgerechnet seinerzeit einmal in die Ostgebiete evakuiert waren. Von den anderen Evakuierten, deren Lage und deren mangelnde Unterstützung durch die öffentliche Hand ein Problem bildet, das wir durchaus sehen, spricht er gar nicht. Es handelt sich hier doch ganz einfach um die gesetzesmäßige Abgrenzung des Begriffes „Heimatvertriebener" und des Begriffes „anderer Geschädigter". Der grundlegende Unterschied zwischen einem Vertriebenen und einem sonstigen Geschädigten ist doch der, daß der Vertriebene zu dem Schaden, den er sonst erlitten hat, auch seine Heimat verloren hat. Der Satz, den dieser Antrag hier streichen will, gibt doch nur die Unterscheidung von Leuten, die drüben einen Wohnsitz hatten oder zu begründen im Begriff waren und infolgedessen ihre Heimat dort hatten und als Vertriebene verloren haben, und Leuten, die sich aus irgendeinem Kriegsgrund dort aufgehalten haben
und deswegen nicht in diesem Sinne als Vertriebene mit Heimatverlust angesehen werden können. Es ist also ganz falsch, hier davon zu sprechen, daß das ein Antrag ist, der die Evakuierten betrifft.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120707700
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
§ 9. — Keine Wortmeldungen.
§ 10. Hier ist ein Antrag Goetzendorff angekündigt, Umdruck Nr. 499 Ziffer 2. Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Goetzendorff.

Günter Goetzendorff (WAV):
Rede ID: ID0120707800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um einen Lastenausgleich, der überwiegend auf den Vermögensabgaben fundiert ist. Man muß sich bei der Entschädigung von Verlusten notwendigerweise an Vermögen im Sinne des Bewertungsgesetzes halten. Ich bin daher der Meinung, daß wir Kriegssachschäden, die sich durch Beschädigung, Zerstörung oder behördliche Beschlagnahme von Sachen ergeben haben, nicht im Lastenausgleich entschädigen sollten.
Es war vorhin vergeblich Aufregung entstanden, daß ich nicht erschienen war. Ich hatte mich beim Herrn Präsidenten entschuldigt, da ich einen wichtigen Prozeß in Köln hatte. Wenn gesagt wurde, daß ich bei den Sitzungen des Lastenausgleichsausschusses nicht dabei war, so möchte ich dazu nur folgende Erklärung abgeben: wir unabhängigen Abgeordneten sind gewöhnt, uns meistens nur aus den Drucksachen und aus der Presse zu informieren, da man uns tatsächlich die Teilnahme an den Sitzungen der Ausschüsse unmöglich macht.

(Lebhafter Widerspruch in der Mitte. — Zuruf: Warum denn nicht?)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120707900
Weitere Wortmeldungen zu § 10? — Herr Abgeordneter Atzenroth!

Dr. Karl Atzenroth (FDP):
Rede ID: ID0120708000
Meine Damen und Herren! Herr Kollege Nöll von der Nahmer hat schon die Absicht der Koalitionsparteien angekündigt, zu gewissen Punkten keine Änderungsanträge zu stellen, aber ihre Bemerkungen oder Bedenken hier bekanntzugeben, damit eventuell in der erwarteten Novelle eine Berichtigung vorgenommen werden kann.
Ich möchte hier zu § 10 eine solche Anmerkung vorbringen. In § 10 ist der 31. Juli 1945 als der Stichtag festgelegt worden, bis zu dem die Anerkennung als . Kriegssachschäden erfolgt. Es besteht eine gewisse Differenz gegenüber dem alliierten Gesetz Nr. 63, das sich mit Demontageschäden beschäftigt. In diesem Gesetz ist der 31. August, — also ein Monat später — als das Ende der Kriegshandlungen bezeichnet worden. Ich möchte eben nur die Anmerkung vorbringen, daß wir diese Frage in einer späteren Novelle eventuell berücksichtigen können.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120708100
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
§ 11. Hier sind zwei Anträge angekündigt, ein Antrag der SPD-Fraktion Umdruck Nr. 492 Ziffer 1, und ein Antrag der KPD, Umdruck Nr. 498 Ziffer 2.
Das Wort hat der Abgeordnete Matzner.


Oskar Matzner (SPD):
Rede ID: ID0120708200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei § 11 werden wir zum erstenmal erleben, daß wir darauf eingehen sollen, wie hier das Aufkommen für den Lastenausgleich wesentlich gekürzt werden kann. Wir haben über die sogenannten Ostschäden im Rahmen der Debatte -über das Feststellungsgesetz eingehend gesprochen, und Sie kennen unsere Stellungnahme. Für die aber, 'die vielleicht nicht ganz im klaren sind, was die Aufnahme dieses § 11 bedeutet, möchte ich rückblickend kurz erklären: es handelt sich hier keineswegs um Schäden, die vielleicht in der Ostzone entstanden sind. Die sind ja bewußt auf den Härtefonds verwiesen, soweit es sich um Personen handelt, die aus politischen Gründen hierher gekommen sind und auf die das Notaufnahmegesetz zutrifft. Hier handelt es sich um Schäden, die Bewohnern des Bundesgebiets — nicht in allen Vertreibungsgebieten, sondern nur in den Gebieten östlich der Oder-Neiße — innerhalb 'der Grenzen des Deutschen Reichs mit dem Stand vom 31. Dezember 1937 entstanden sind.
Es wurde darauf hingewiesen, daß durch die Aufnahme dieser Ostschäden wieder eine gewisse Parität zwischen Kriegssachgeschädigten und Heimatvertriebenen hergestellt werden soll. Ich will mich in aller Kürze bemühen, Ihnen zu beweisen, daß das keineswegs der Fall sein kann. Wenn Sie Schäden berücksichtigen wollen — sowohl für die Bilanzierung der Abgabeseite als auch für die spätere Hauptentschädigung oder sonstige Leistungen —, so können 'Sie, wenn Sie gerecht bleiben wollen, nicht bei diesen Schäden stehenbleiben. Sie müssen dann alle Schäden, die Bewohner der Bundesrepublikirgendwo erlitten haben — meinetwegen ein der Tschechoslowakei oder in den Südostgebieten oder in anderen Vertreibungsgebieten, wozu ja auch 'die meisten Länder dieser Erde gehören —, anrechnen. Darin liegt schon eine Ungerechtigkeit, wenn Sie das nicht tun.
Zum zweiten muß aber klar herausgestellt werden, daß es sich bei dieser Anerkennung der Ostschäden und 'dem begünstigten Personenkreis, um den es sich hier handelt, um eine kleine Gruppe dreht, nämlich um jene Gruppe, die im Bundesgebiet wohnte und in 'der Lage war, dort Kapital anzulegen, oder es aus irgendwelchen Gründen getan hat. Über die Höhe dieser Anlage war man im Ausschuß nicht ganz einer Meinung, und zwar nicht nur zwischen Regierung und Opposition, sondern auch innerhalb der Regierungsparteien. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, daß der Herr Kollege Nöll von der Nahmer von der bedeutenden Verflechtung der Ruhrindustrie mit der oberschlesischen Industrie gesprochen hat und daß er dadurch beweisen wollte, wie wichtig es ist, gerade diesen Faktor zu berücksichtigen, d. h. also, daß man beim erhaltenen Vermögen — es handelt sich um keine kleinen Vermögen, die hier im Bundesgebiet abgabepflichtig sind — doch nicht ohne weiteres jene Schäden streichen kann, die die Leute dort drüben gehabt haben. Sie erkennen schon daraus, um was für eine Gruppe es sich handelt und daß sie nicht die Masse der Geschädigten ausmacht. Der normale Kriegssachgeschädigte in Westdeutschland wird in den seltensten Fällen einen solchen Ostschaden noch zusätzlich nachweisen können.
Zur Umreißung dieser kleinen Gruppe kommt noch hinzu, daß wir ja auch, wenn wir diesen § 11 aufrechterhalten, direkte Spekulationen mit begünstigen. Man hat uns 'z. B. einen Fall erklärt — und zwar war es ein Kollege dieses Hauses, der
diesen speziellen Fall wußte —, wo sich einer, der viel Geld hatte, in Ostpreußen einen großen Waldbesitz angekauft hat. Das sollen wir jetzt, weil er das Geld damals so anlegen wollte, in diesem Lastenausgleich irgendwie honorieren?
Das waren die Gründe, mit denen ich mich auseinandersetzen mußte. Es erscheint mir aber wesentlich, und ich bedaure, daß auch diejenigen, die sich als die berufenen Vertreter der Heimatvertriebenen, gestützt auf große Verbände, bezeichnen, nicht auf den Gedanken kommen, dort einzugreifen, wo man das Aufkommen für den Lastenausgleich bedeutend schmälern will. Wir haben uns doch von Anfang an, als wir uns noch kompromißbereit gegenüberstanden — das wurde bald durch Ihre einheitlichen Beschlüsse geändert, eben Ihre Grundsätze durchzusetzen —, darauf beschränkt, bewußt die Personengruppen eng zu umreißen und nicht allzu große Ausweitungen vorzunehmen, eben wegen dieser Personengruppen. Das haben Sie damals im Feststellungsgesetz und auch bei den Beratungen dieses Gesetzes vollständig fallengelassen. Die Schätzungen über diesen Ausfall sind sehr verschieden. Ich habe mich heute noch sehr bemüht, von Experten genaue Zahlen zu bekommen; das schwimmt aber vollständig. Man kann sich heute noch gar keine Vorstellung machen, wie groß dieser Ausfall sein wird, zumindest geht er bis zu 400 Millionen DM im Gesamtaufkommen.

(Abg. Kunze: 100-Millionen-Plafond, Herr Kollege! — ,Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer: Sie vergessen § 38!)

— Das ist doch die Anerkennung der Kriegssachschäden!

(Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer: Und der Ostschäden!)

— Aber Sie müssen doch damit rechnen — und da habe ich mich auch informiert —, daß das auch auf der Leistungsseite eine gewisse Rolle spielen kann. Wenn Sie jedenfalls bei 100 Millionen bleiben würden, so muß ich schon einmal sagen, daß es mir ziemlich leichtfertig vorkommt, wenn man sagt, das sind „nur" 100 Millionen. Ich glaube, wir haben verlernt, mit kleinen Zahlen zu rechnen. Wenn das „nur" 100 Millionen sind, Herr Kollege Nöll von der Nahmer, so sind das immerhin 3 Millionen jährlich, und wenn Sie das auf die möglichen Leistungen für die Hausratshilfe oder für Eingliederungsdarlehen umrechnen, so hängt eine ganz hübsche Anzahl von Existenzen daran. Wir wenden uns gegen jede Schmälerung des Aufkommens. Wir haben uns, weil wir mit 'beiden Füßen auf der Erde stehen, nicht dagegen gewandt, daß wir die Aufbringungsseite so beließen, wie sie die Regierungsgrundsätze vorschlugen, weil auch wir die natürlichen Grenzen kennen, die hier gegeben sind. Aber wenn es sich darum handelt — das meinte wohl Herr Kollege Dr. Atzenroth, und das ging aus dem Artikel hervor, der vorhin zitiert wurde —, daß hier den Wünschen der Wirtschaft weitgehend Rechnung getragen wurde, dann können wir uns nicht damit einverstanden erklären, daß vom Lastenausgleich ohne zwingenden Grund zur Erleichterung der schon ohnehin nicht so schwer betroffenen Abgabeseite bedeutende Summen weggenommen werden.
Gewiß, Härten werden auch dann vorkommen, wenn Sie unseren Antrag zu § 11 annehmen. Um Härten 'kommen wir bei diesem Gesetz überhaupt nicht herum. Denn ziehen Sie die Grenze, wo Sie wollen; es entstehen Härten. Aber die größte Härte entsteht dann, wenn Sie unserem Antrag nicht zu-


(Matzner)

stimmen, den § 11 aus diesem Gesetz als systemwidrig herauszunehmen.
Ich möchte Sie deshalb bitten, in diesem Fall, in diesem ersten Fall, wo es sich um die Erhöhung des Aufkommens handelt, d. h. im negativen Sinne um die Verhinderung der Schmälerung des Aufkommens, Ihren Beschluß, Iden Sie gefaßt haben, in dieser zweiten und dritten Lesung keinen Änderungsantrag anzunehmen, doch zu revidieren. Sie haben von einer Novelle gesprochen. Das bringen Sie in der Novelle dann nicht mehr heraus. Sie können jetzt nicht Hoffnungen erwecken und sie dann durch einen Federstrich wieder beseitigen. Dazu müssen Sie jetzt den Mut haben im Interesse der großen Leistungen, die wir in diesem Lastenausgleich zu erfüllen haben. Im. Interesse dieser Leistungen möchte ich zum Schluß sagen, daß meine Fraktion hei dieser ersten großen materiellen Entscheidung durch mich namentliche Abstimmung beantragt.

(Beifall bei der SPD. — Gegenruf und Lachen in der Mitte.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0120708300
Das Wort hat der Abgeordnete Kohl.

Rudolf Kohl (KPD):
Rede ID: ID0120708400
Meine Damen und Herren! Wir haben bereits bei der Verabschiedung des Feststellungsgesetzes auf die Unmöglichkeit hingewiesen, die sogenannten Ostschäden in das Gesetz mit aufzunehmen, und auch damals die Streichung beantragt. Bei dem Feststellungsgesetz begründeten wir unsere damalige Haltung mit der sozialen Unmöglichkeit, einen Begriff in das Gesetz einzubauen, der eigentlich in ein solches Gesetz gar nicht hineingehört. Herr Dr. Nöll von der Nahmer war damals der Begründer des Antrags, und soweit ich mich entsinnen kann, hat er auch im Ausschuß diese Auffassung vertreten. Er hat sinngemäß ausgeführt, daß eine ganze Reihe von Aktienbesitzern, die ihren ständigen Wohnsitz in Westdeutschland haben, durch den Ausgang des Krieges im Osten geschädigt worden sind und deswegen einen Anspruch auf Entschädigung aus dem Lastenausgleich erhalten müssen.

(Vizepräsident Dr. Schäfer übernimmt den Vorsitz.)

Die Kreise, um die es sich dabei handelt, sitzen zum übergroßen Teil — und auch hier kann ich mich auf die Ausführungen des Herrn Dr. Nöll von der Nahmer in seiner Begründung stützen — in der Schwerindustrie an der Ruhr und haben in den früheren Jahrzehnten auf Grund ihrer geschäftlichen Transaktionen in den Ostgebieten Werte und Fabriken erworben, die ihnen als sogenannte Verzahnung mit ihrem im Westen befindlichen Besitz notwendig erschienen. Der § 11 spricht ausdrücklich davon, daß es sich hier zum überwiegenden Teil um eine Entschädigungszahlung handelt, die durch , Vermögensentziehung oder als Kriegssachschaden entstanden ist. Hinzu kommt, daß die Frage der Vermögensentziehung in diesen Gebieten — und ich glaube, darauf sollte man besonderen Wert legen, um die Unmöglichkeit dieses Paragraphen unter Beweis zu stellen — in ihrer Regelung nur einem kommenden Friedensvertrag vorbehalten bleiben kann und rein sachlich schon deshalb aus dem Rahmen des Lastenausgleichs überhaupt herausfällt. Nicht uninteressant wäre es, auf die Forderungen der gewerblichen Wirtschaft hinzuweisen, die sich auf die in § 11 festgelegten Ostschäden stützen und die darüber
hinaus auch noch die Entschädigung ihrer Auslandschäden haben wollen, die eine Entschädigung für die Schäden haben wollen die sie in der Deut- schen Demokratischen Republik durch Enteignung erlitten haben. Diese Forderungen wünscht man so, wie sie lauten, ebenfalls eindeutig in den Lastenausgleich einzubauen.
Man muß deshalb mit aller Deutlichkeit bei der Behandlung des § 11 herausstellen: Die D-Mark-Eröffnungsbilanzen haben eindeutig erwiesen, daß die großen Aktiengesellschaften, die nach § 11 für Verluste in den Ostgebieten — soweit sie dort Besitz hatten — entschädigt werden sollen, durch .das Währungsgesetz nicht ärmer geworden sind. Herr Kollege Kunze hat in seinem allgemeinen Bericht schon nachzuweisen versucht, daß gerade die Ergebnisse der DMark-Eröffnungsbilanzen eindeutig eine Schmälerung des Besitzes nachgewiesen haben. Wir werden im Laufe der Debatte noch Gelegenheit haben, auf diese Frage weiter einzugehen und den Gegenbeweis dafür zu erbringen. Das Vermögen — das kann man bereits heute feststellen — dieser Kreise blieb zum überwiegenden Teil ganz erhalten und nur zum kleineren Teil erfuhr es Abwertungen, die im Verhältnis zu den abgewerteten Geldern der Sparer als geringfügig zu bezeichnen sind. Kriegs- und Währungsgewinne konnten sich unangefochten über die Währungsreform hinüberretten. Wird dieser § 11 so, wie er sich in der Vorlage befindet, angenommen, so bedeutet das eine Belohnung für die Währungsgewinnler. Sie schaffen damit keinen Lastenausgleich für die wirklich Geschädigten, sondern einen Lastenausgleich für die Gewinner in diesem Krieg.

Dr. Hermann Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0120708500
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Nöll von der Nahmer.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0120708600
Meine Damen und Herren! Vom Herrn Kollegen Matzner ist schon richtig darauf hingewiesen worden, daß wir dieses ganze Problem bereits beim Feststellungsgesetz ausführlich nach der grundsätzlichen Seite hin diskutiert haben. Damals habe ich wohl auch die Auffassungen meiner Freunde zu dieser Frage dargelegt. Ich darf zunächst noch einmal zur Klarstellung eins betonen: Das Problem der Ostschäden hat einmal für die Kompensationen Bedeutung; das ist richtig hervorgehoben worden. Die juristischen Personen haben bekanntlich überhaupt keinen Anspruch auf Entschädigung. Für sie hat also die Anerkennung von Ostschäden nur die Bedeutung, daß sie sie zur sogenannten Kompensation im Sinne des § 38 heranziehen können. Nun darf ich bitten, sich doch den § 38 noch einmal genau anzusehen. Wir haben dort ausdrücklich die Begrenzung auf 100 Millionen. Meine Damen und Herren, über diese Summe gehen wir ja auf keinen Fall hinaus, ob nun die Ostschäden anerkannt werden oder nicht.

(Abg. Dr. von Brentano: Richtig!)

Auf der anderen Seite kann ich aber schon so viel verraten, daß nachher von anderen Freunden zu § 38 gefordert werden wird, daß diese 100 Millionen auch tatsächlich für Kompensationen verausgabt werden sollen.
Ich stelle also zunächst einmal fest, daß durch die Hereinnahme der Ostschäden, soweit es sich um reine Kompensationen bei den juristischen Personen handelt, irgendeine zusätzliche Belastung für den Lastenausgleichsfonds nicht entsteht.


(Dr. Dr. Noll von der Nahmer)

Und nun die Entschädigungsfrage. Mir liegen da nicht so sehr die Dinge der Großindustrie am Herzen, sondern etwa ein Tatbestand, von dem ich auch im Ausschuß ausging. Ein Lokomotivführer, der berühmte Lokomotivführer unserer Beispiele, wird vor 1945 von Breslau nach Köln versetzt. Er hat in Breslau ein kleines Haus. Meine Damen und Herren, dieser Mann würde, wenn Sie die Ostschäden nicht berücksichtigen, überhaupt keinerlei Anspruch auf irgendwelche Entschädigung haben. Wer weiß, wie außerordentlich eng z. B. die Wirtschaftsbeziehungen und insbesondere auch der Effektenabsatz von Schlesien zu Westdeutschland waren, der kann sich nicht mit dem Gedanken abfinden, daß diese Eigentumsansprüche der hier alteingesessenen Bevölkerung, die im Rahmen des früheren Deutschen Reiches Vermögensanlagen im deutschen Osten erwarb, ohne jede Entschädigung bleiben sollen. Ich glaube und darf hier wohl im Namen der drei Koalitionsparteien sprechen, daß es sich hier für uns um eine grundsätzliche Eigentumsfrage handelt. Wir möchten auch bei den Ostschäden diesen Gedanken sehr nachdrücklich betonen. Wir begrüßen den Antrag auf namentliche Abstimmung. Wir können den Änderungsanträgen ebensowenig wie in den anderen Fällen zustimmen.

Dr. Hermann Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0120708700
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist also die Aussprache über § 11 geschlossen.
Ich rufe nun auf § 12. Dazu liegen Änderungsanträge nicht vor. Das Wort ist nicht gewünscht.
— Damit ist die Aussprache zum Ersten Teil des Gesetzes abgeschlossen.
Wir kommen nun zu 'den Abstimmungen. Ich rufe die einzelnen Anträge auf.
Zunächst liegt zur Präambel der Antrag Dr. Kather auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 1 vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nun über die Präambel nach den Beschlüssen des Ausschusses abstimmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf § 1. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, 'die Hand zu erheben. — Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 2. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Einstimmig angenommen!

(Zurufe von der KPD: Nein!)

— Nein, bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 3. Dazu liegt ein Änderungsantrag vor auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 9 b und Nr. 499 Ziffer 1. Sie sind gleichlautend. Ich bitte diejenigen, die den Änderungsanträgen zustimmen, die Hand zu heben.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit. Die Änderungsanträge sind abgelehnt.
Wir stimmen nun über den § 3 ab. Ich bitte diejenigen, die dem Paragraphen in der Fassung der Vorlage zustimmen, die Hand 'zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
§ 4. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. —Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 5. — Ich glaube, ich kann die Paragraphen, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, zusammen zur Abstimmung stellen.

(Zustimmung.)

—§5,-6,,—.7,-7a,—(Abg. Kunze: Und 7 b!)

— und 7 b. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen 'zustimmen, die Hand zu heben.
— Ich bitte 'um die 'Gegenprobe. — Enthaltungen? —Bei einigen Enthaltungen angenommen.
§ 8. Dazu liegt der Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 498 vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Ich lasse nun über § 8 abstimmen. Ich bitte diejenigen, die § 8 zustimmen, die Hand zu heben.

(Abg. Dr. Atzenroth: Abänderung Umdruck 490!)

— Der Umdruck Nr. 490 ist ja eine Berichtigung, die bereits in den Text aufgenommen ist.

(Abg. Kunze: Generell!)

Also wir stimmen jetzt über § 8 ab. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen wenige Stimmen angenommen.
§ 9. Ich bitte 'diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
— Soviel ich sehen kann, bei einzelnen Enthaltungen angenommen.
Zu § 10 liegt der Änderungsantrag Goetzendorff auf Umdruck Nr. 499 Ziffer 2 vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, 'die Hand zu heben. - Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen die Stimme des Antragstellers oder gegen wenige Stimmen abgelehnt.

(Heiterkeit.)

Dann stimmen wir über § 10 ab. Ich bitte diejenigen, die § 10 in der Fassung des Ausschusses annehmen, die Hand zu heben. — Das ist zweifellos die Mehrheit; angenommen.
§ 11. Dazu ist beantragt, über 'den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 1 namentlich abzustimmen. Dieser Antrag ist ausreichend unterstützt. Ich bitte also, die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich bitte die Herren Schriftführer, mit der Einsammlung der Stimmzettel zu beginnen.

(Einsammeln der Abstimmungskarten.)

— Meine Damen und Herren, damit kein Irrtum entsteht, mache ich darauf aufmerksam, daß über den Änderungsantrag 'der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 1 abgestimmt wird.
Meine 'Damen und Herren, ich bitte, die Stimmabgabe zu beschleunigen.
Meine Damen und Herren, sind die Stimmen allseits abgegeben? — Dann ist die Abstimmung geschlossen.

(Auszählen der Abstimmungskarten.)

Meine Damen und Herren, das vorläufige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung: Mit Ja haben gestimmt 126, mit Nein 196, enthalten 6 und eine ungültige Stimme. Damit ist der Antrag abgelehnt.
*) Vgl. das endgültige Ergebnis Seite 9010.


(Vizepräsident Dr. Schäfer)

Der Antrag der KPD Umdruck Nr. 498 Ziffer 2 hatte den gleichen Inhalt und verfolgte das gleiche Ziel; er darf damit gleichzeitig auch als abgelehnt gelten.
Ich rufe nun § 11 auf. Ich bitte diejenigen, die dem § 11 zustimmen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Paragraph ist angenommen.
Ich rufe nun § 12 auf und bitte diejenigen, die zustimmen, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, ist die Beratung und Abstimmung über den Ersten Teil beendet.
Wir kommen zum Zweiten Teil, §§ 13 bis 83. Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth.

Dr. Karl Atzenroth (FDP):
Rede ID: ID0120708800
Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen über die Abgabe zu berichten, die das Kernstück auf der Aufbringungsseite ist, die Vermögensabgabe. In meinem Schriftlichen Bericht habe ich nähere Erläuterungen über die einzelnen Paragraphen gegeben. Ich halte es aber doch für notwendig, auch hier noch einmal auf grundsätzliche Dinge einzugehen, die zum Verständnis der Ausschußarbeit bekannt sein müssen.
Der Ausschuß war sich von Anfang an darüber klar, daß bei allem Bestreben, das Aufkommen so hoch wie möglich zu bemessen, eine große volkswirtschaftliche Verantwortung vor ihm stand. Durch die Lastenausgleichsabgaben darf auf keinen Fall die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft in Frage gestellt werden; denn was nützt das größte Aufkommen, wenn die Quelle, aus der es gespeist werden soll, nach kurzer Zeit versiegen würde? Hinzu käme, daß die Übertragung von so gewaltigen Vermögensmassen — es handelt sich innerhalb von 30 Jahren um mehr als 60 Milliarden D-Mark — ein unerhört schwieriges innerdeutsches Transferproblem aufwirft, dessen Folgen für unsere Wirtschaftsstruktur wir heute noch nicht in vollem Umfange übersehen können. Gegen eine kleine Minderheit im Ausschuß mußte aus solchen Erwägungen heraus der Gedanke einer sofortigen Fälligkeit fallengelassen werden. Auch die Vorschläge über einen möglichst weit ausgedehnten Naturalausgleich erwiesen sich bald als undurchführbar. Vermögen besteht eben meistens nicht aus leicht trennbaren Gütern, die nach. Belieben so oder so verteilt werden können. Es beruht vielmehr auf komplizierten Zusammenhängen, die fast immer das Ergebnis langjähriger Arbeit und .damit die Grundlagen von Leistungen und Einkommen bilden.
Von einzelnen Gruppen ist auch der Gedanke an den Ausschuß herangetragen worden, die Abgabe im Wege eines Vermögensvergleichs zu erheben. Auch dieser Vorschlag ist eingehend diskutiert und bearbeitet worden; es sind Sachverständige der verschiedensten Richtungen gehört worden. Der Ausschuß ist nach eingehenden Beratungen zu der Überzeugung gekommen, daß ein solcher Vermögensvergleich nicht durchführbar ist. Diese Ansicht ist dann noch bei den Verhandlungen über die Kreditgewinnabgabe bestätigt worden, bei der ja in kleinem Rahmen ein solcher Vermögensvergleich durchgeführt werden soll. Dort haben sich die Schwierigkeiten auf dem kleinen Raum so kraß gezeigt, daß sie auf der breiten Ebene der gesamten Abgabe einfach nicht zu bewältigen gewesen wären.
Das Einkommen zum Maßstab der Abgabepflicht zu machen, verbot sich schon deshalb, weil diese Steuerquelle zur Deckung der laufenden Staatsausgaben verwendet werden muß und bis an die äußerste Grenze angespannt ist.
Der Ausschuß ist zu dem Beschluß gekommen, das Vermögen am Währungsstichtag zur Grundlage der Abgabe zu machen und die Veränderungen, die sich danach ergeben haben, sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht unbeachtet zu lassen. Das hat eine Reihe von wichtigen Folgen. Zunächst einmal ist betont die bekannte Schere festgelegt worden, d. h. derjenige, der die Vorteile in Anspruch nimmt, die ihm das D-Mark-Bilanzgesetz bietet, und der durch Aufstockung von Bilanzwerten in den Genuß von Vorteilen bei der Einkommensteuer gelangt, muß auf der anderen Seite erhöhte Abgaben beim Lastenausgleich in Kauf nehmen.
Obgleich in § 22 für Demontagefälle noch die Möglichkeit einer nachträglichen Bilanzberichtigung geschaffen worden ist, sind noch Schwierigkeiten offen geblieben, von denen ich zwei Gruppen hier ganz besonders herausstellen möchte. Es handelt sich einmal um die Demontageschäden, die nach der Währungsreform eingetreten sind, und zweitens um die Realrechte und Realkonzessionen der Apotheken, die nach dem 1. Januar 1950 ihren Wert verloren haben, in den Fällen, in denen eine nachträgliche Bilanzänderung nicht zumutbar ist. Hier soll also jetzt von Gegenständen, die nicht mehr vorhanden sind — und zwar durch Maßnahmen des Staates oder der Besatzungsmächte — noch 27 Jahre lang eine Abgabe entrichtet werden. Das ist zweifellos eine unbillige Härte, die sich aber aus der ganzen Gestaltung des Gesetzes ergibt. Der Bundesfinanzminister, der j a eine billige Regelung der Demontage- und Besatzungsschäden zugesagt hat, muß diese Härten durch entsprechende Maßnahmen steuerlicher Art beseitigen.
Die Höhe der Abgabe sollte ursprünglich für alle Vermögensbesitzer gleich sein. Da aber, wie ich schon vorhin ausgeführt habe, im allgemeinen die Aufbringung aus dem Ertrag möglich sein sollte, hat man schließlich drei in der wirtschaftlichen Struktur verschiedene Gruppen gebildet und die Abgabe der Höhe nach gestaffelt. Der Ausschuß war sich darüber klar, daß auch diese Gruppen in sich große Verschiedenheiten aufweisen. Er konnte sich aber zu einer weitergehenden Unterteilung nicht entschließen.
Am stärksten belastet wird das gewerbliche Betriebsvermögen. Hier beträgt die Vermögensabgabe tatsächlich nicht 50 %, sondern mindestens 58 %; denn wenn jemand 30 Jahre lang 3 % abgeben muß, sind das 90 %. Wenn davon ein- Drittel als Zinsen gilt, so verbleibt noch 60 % reine Abgabe. Durch die Anrechnung der Soforthilfeabgaben vermindert sich dieser Satz von 60 % auf 57 bis 59, also im Durchschnitt auf 58 %.
Beim Haus- und Grundbesitz befindet sich der Teil, dessen Mieten noch immer der Zwangswirtschaft unterliegen, in einer besonders schwierigen Lage. Dem ist dadurch Rechnung getragen worden, daß der ursprüngliche Abgabesatz für den Hausbesitz von 5 % für diesen Kreis auf 4 % ermäßigt worden ist, solange diese Bewirtschaftung der Mieten anhält. Es ist im Ausschuß klar zum Ausdruck gebracht worden, daß nicht etwa die jetzt vorgesehene 10%ige Mietpreiserhöhung eine Heraufsetzung des Abgabesatzes zur Folge haben könnte.


(Dr. Atzenroth)

Der Abgabesatz von 4 % für die Landwirtschaft wurde von einer großen Mehrheit als angemessen betrachtet.
Ganz allgemein war die Mehrheit des Ausschusses der Ansicht, daß die Abgabesätze hoch sind und die Grenze des volkswirtschaftlich Tragbaren erreicht haben. Die Berechnung der Jahresleistungen unter Anrechnung der Soforthilfezahlungen, der Zusammenrechnungen, Befreiungen usw. ist im Gesetz noch sehr kompliziert und deswegen nicht voll befriedigend. Wir haben hier eine Berichtigung erhalten; sie bringt eine große Vereinfachung, ist aber noch immer nicht ohne weiteres für jeden Abgabepflichtigen verständlich.
Einen breiten Raum in den Beratungen hat zunächst die Frage der Befreiungen eingenommen. Hierüber hat Kollege Kunze schon ausführlich berichtet. Der Ausschuß war mit Mehrheit der Ansicht, daß die Befreiungen nicht nach dem Vermögensbesitzer errechnet und festgelegt werden sollen, sondern daß als Befreiungsgründe nur sachliche Voraussetzungen gelten, die sich aus der Art des Vermögens ergeben. Wie schon Herr Kunze ausgeführt hat, hat demgegenüber eine Minderheit gefordert, daß das Vermögen der öffentlichen Hand und anderer Organisationen grundsätzlich befreit wird. Über Einzelheiten dieses § 15, der die Befreiung regelt, wird wahrscheinlich noch im Rahmen der Änderungsanträge, die hier in größerer Zahl vorliegen, gesprochen werden.
Eine Befreiung des ausländischen Vermögens aus Gründen der Nationalität des Besitzers ist einstimmig abgelehnt worden.
Lebhafte Debatten hat es auch über die Frage der Anrechnung erlittener Kriegsschäden bei der Vermögensabgabe gegeben. Die Ausschußfassung stellt hier wieder ein mit großer Mehrheit angenommenes Kompromiß dar. Da vom Finanzministerium von Anfang an aus dieser Anrechnung mit einem Einnahmeausfall von 100 Millionen DM, wenigstens im ersten Jahr, gerechnet worden ist, bestehen Zweifel, ob diese Anrechnung sowohl nach oben als auch nach unten Geltung haben soll. Ich nehme an, daß noch entsprechende Anträge im Plenum gestellt werden.
Ich darf mich auf diese Bemerkungen beschränken. Im übrigen habe ich in dem Schriftlichen Bericht zu jedem einzelnen Paragraphen weitere Erläuterungen gegeben.

Dr. Hermann Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0120708900
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.

(Abg. Seuffert: Zur Berichterstattung!) — Das Wort hat Herr Abgeordneter Seuffert.


Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0120709000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Berichterstatter hat soeben davon gesprochen, es sei im Ausschuß klar zum Ausdruck gebracht worden, daß die jetzt vorgesehene 10%oige Mieterhöhung keinen Anlaß zur Anwendung der Klausel gebe, wonach die Abgabe des Haus- und Grundbesitzes erhöht werden könne. Wenn eine solche Meinung im Ausschuß ausgesprochen worden ist, woran ich mich nicht erinnern kann, so kann das nur von einer Seite geschehen sein. Der Bericht kann nicht unwidersprochen so aufgefaßt werden, als ob der Ausschuß eine solche Meinung ausgesprochen habe. Im übrigen ist es ja noch viel zu unklar, ob, wann und unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen eine solche Mieterhöhung eintritt, als daß jemand eine verbindliche Meinung darüber äußern könnte.

Dr. Hermann Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0120709100
Wir treten nun in die 1 Einzelberatung ein.
Ich rufe § 13 auf. Dazu liegt eine Reihe von Änderungsanträgen vor: ein Änderungsantrag der SPD Umdruck Nr. 492 Ziffer 2, einer der Föderalistischen Union Umdruck Nr. 495 Ziffer 1 und einer der KPD Umdruck Nr. 498 Ziffer 3 a, b und c.
Wird zur Begründung der Änderungsanträge das Wort gewünscht? — Das Wort hat Herr Abgeordneter Zühlke.

Ernst Zühlke (SPD):
Rede ID: ID0120709200
Meine Damen und Herren! In § 13 ist die unbeschränkte Abgabepflicht geregelt. Unter f) finden wir die Regelung, daß die Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Ausnahme ihrer nach g) selbständig abgabepflichtigen Betriebe gewerblicher Art unbeschränkt abgabepflichtig sind. Wir haben in der vorhergegangenen Debatte, die praktisch eine Grundsatzdebatte war, schon über die Frage gesprochen. Ich will hier nicht darauf eingehen, inwieweit in dem nachfolgenden § 15 die Frage der Befreiung von der Vermögensabgabe geregelt wird. Auch von den Paragraphen will ich nichts erwähnen, die von der Saldierung oder Stundung oder gar von dem Erlaß der Vermögensabgabe handeln. Auch darüber will ich jetzt nicht sprechen, wieweit die nachfolgenden Paragraphen noch sonstige Erleichterungen bringen. Es wurde von diesem Platz aus auch schon mit Zahlenmaterial auf die Frage eingegangen.
Ich greife jetzt die Belastung des öffentlichen Vermögens nach § 13 f) heraus. Hier wurde gesagt, daß diese Belastung, die man auf 120 Millionen DM schätze, von einigen noch nicht in der vollen Höhe anerkannt werde. Wir haben festgestellt, daß für die Abgabepflichtigen insgesamt etwa 660 Millionen DM aus öffentlichen Mitteln kommen. Diese 660 Millionen DM sind zirka 40 % der Vermögensabgabe. Um das schärfer zu umreißen und das mit einem vulgären Wort auszudrücken, will ich sagen: es leisten nun diejenigen Bürger der deutschen Bundesrepublik, die zugleich Anspruch auf Leistungen haben und noch andere Dinge bei einer andersartigen Gestaltung des Gesetzes für sich erhoffen, 40 % der Mittel selber, die sie als Entschadigung für sich beanspruchen. Das heißt, auf die Person abgestellt, ein Heimatvertriebener zahlt, wenn er nicht den Nachweis wesentlicher Vermögensverluste erbringen kann, seine Hausratentschädigung durch seine eigene Steuerleistung. Er trägt also im Grunde genommen seinen eigenen Lastenausgleich selbst.
Darüber, inwieweit nun das Verlangen, das Vermögen der öffentlichen Hand von der Abgabe zu befreien, berechtigt ist oder nicht, ist im Ausschuß hart gerungen worden. Wir haben dort gehört, daß öffentliches Vermögen auch in Wettstreit mit den privatwirtschaftlichen Unternehmungen treten müsse, daß es vom Konkurrenzkampf in der allgemeinen Wirtschaft nicht auszunehmen sei und dieselben Voraussetzungen erfüllen müsse wie privatwirtschaftliche Unternehmungen. Dieser Grundsatz wäre richtig, wenn man sagen könnte, das öffentliche Vermögen diene nur der Nutzung durch den Bürgermeister oder die Stadträte einer Gemeindeverwaltung. Aber dieser Bürgermeister und die Stadträte sind nicht Genossenschaften oder Aktiengesellschaften oder sonstige juristische Personen. Vielmehr wird das öffentliche Vermögen, speziell in den Gemeinden, doch überwiegend nicht für Verwaltungsausgaben wie Gehaltszahlungen verwendet, sondern die Gemeinden und die Län-


(Zühlke)

der haben aus ihm die eigenen Leistungen für die Kriegsschäden und all die anderen Schäden, die sie erlitten haben, zu tragen.
Wir wissen doch genau, daß die Gemeinden in der Währungsreform kein Kopfgeld bekommen haben, daß sie also praktisch mit Null angefangen haben. All die Dinge sind uns bekannt. Ich möchte nur darauf hinweisen, was einzelne Städte, Gemeinden oder Länder alles aus dem öffentlichen Vermögen zu leisten haben. Ich möchte jetzt nicht einen Katalog all dieser Dinge aufzählen. Aber ich denke direkt an mein eigenes Gebiet, das so dicht an der Zonengrenze liegt. Hier muß heute die Frage durchgesprochen werden, ob der Irrsinn dieser Zonengrenze nicht durch die Schaffung anderer Verkehrswege ausgeglichen werden kann. Ich will nicht nur von meinem eigenen Gebiet reden. Aber es gibt eine unendliche Zahl von Grenzgebieten, in denen Eisenbahn und Straßen heute einfach durch die Zonengrenze unterbrochen sind und in denen Landkreise, Gemeinden oder auch die Länder, soweit ihre Zuständigkeit in Betracht kommt, von sich aus neue Straßen bauen müssen, um der in diesem Zipfel wohnenden Wirtschaft überhaupt Möglichkeiten des Anschlusses zu geben. Die Mittel, die überwiegend Erträgnisse aus Gemeindewäldern, Staatsforsten oder ähnlichen Betrieben sind, können nicht einfach für den Lastenausgleich herangezogen werden. Wir müssen den Gemeinden oder den Ländern auf diesem Gebiet die nötigen Voraussetzungen schaffen. Das brauche ich doch an dieser Stelle nicht zu erzählen, darüber ist im Ausschuß ausreichend diskutiert worden: Kanalisation, sozialer Wohnungsbau, kulturelle Einrichtungen! Sie wissen doch genau, meine Damen und Herren, daß kulturelle Einrichtungen wie Schulen eine reine Angelegenheit der Länder bzw. der Gemeinden sind. Wer draußen in den Gemeinden über Schulbauten diskutieren muß, muß sich auch darüber unterhalten, wo die Mittel für den Schulneubau, -ausbau oder -aufbau hergeholt werden. Wir haben nicht nur im bayerischen Raum, glaube ich, sondern auch im fränkischen Raum und darüber hinaus bis nach dem hohen Norden diese ganzen Probleme als Kommunalpolitiker immer wieder zu diskutieren.
Aus dieser Motivierung ist der Antrag, den wir stellen, nach dem das öffentliche Vermögen grundsätzlich von der Abgabepflicht befreit werden soll, ein ganz berechtigtes Verlangen. Es ist allerdings von unserem Kollegen, dem Vorsitzenden des Lastenausgleichsausschusses, Herrn Kunze, hier gesagt worden, daß dann z. B. eine städtische Ziegelei aus dem Konkurrenzkampf herauskomme. Ich würde von mir aus sagen: dieses Beispiel wirkt nicht so stark, daß man deshalb sagen könnte, dann müsse das öffentliche Vermögen, die städtische Ziegelei, mit hereingeholt werden. Ich erinnere daran, Herr Kollege Kunze, daß auch das Hofbräuhaus in München zum Lastenausgleich und auch schon zur Soforthilfeabgabe herangezogen wird. Wir wissen, wie weit die Möglichkeiten gehen, und wir haben ja in § 13 Abs. 1 Ziffer 2 Buchstabe g die Formulierung gefunden, daß die Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts unbeschränkt zur Abgabepflicht herangezogen werden. Wir wollen nur diejenigen Betriebe oder öffentlichen Vermögen aus der Ausgleichsabgabe freilassen, die direkt für die öffentliche Nutzung und .für die öffentlichen Bedürfnisse herangezogen werden.
Man könnte zum Abschluß vielleicht noch einiges dazu sagen. Aber in der Begründung ist über das öffentliche Vermögen reichlich gesprochen worden. Wir wissen viel zu gut, daß auch in den Kreisen der Regierungsparteien der Gedanke der Freistellung des öffentlichen Vermögens sehr ernsthaft diskutiert worden ist. Wir alle, die wir in den 15 Monaten im Ausschuß gearbeitet haben, sind davon überzeugt, daß die im Verhältnis zum Soforthilfegesetz stärkere Heranziehung des öffentlichen Vermögens nichts anderes ist als die Schonung des Privatvermögens. Es bedeutet einen Einnahmeausfall, der jetzt durch die öffentliche Hand zusätzlich gedeckt werden soll.
Aus diesen Gründen bitten wir, unseren Antrag nicht nur wohlwollend zu überprüfen, sondern ihm auch die Zustimmung zu geben. Er bezweckt, das öffentliche Vermögen für eine öffentliche Angelegenheit freizuhalten und die Frage der Abgabepflicht zum Lastenausgleich allein aus den privatwirtschaftlichen Verhältnissen heraus zu steuern.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Hermann Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0120709300
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kohl.

Rudolf Kohl (KPD):
Rede ID: ID0120709400
Meine Damen und Herren! Wir haben uns gestattet, zu dem § 13 den Antrag einzubringen, zu Abs. 1 Nr. 2 den Buchstaben f und den Buchstaben g zu streichen, und darüber hinaus einen Zusatzantrag, der besagt:
Das im Gebiet der Bundesrepublik und in Berlin (West) investierte Auslandsvermögen unterliegt der unbeschränkten Abgabepflicht.
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth, hat zwar ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das Auslandsvermögen nach der gegenwärtigen Fassung des Gesetzes mit in Betracht gezogen ist. Aber die Erklärung des Herrn Kollegen Atzenroth genügt nicht. Wir sind vielmehr der Meinung, daß man die Dinge im Gesetz eindeutig verankern muß, vor allen Dingen auch deshalb, weil gerade in den letzten Tagen eine sehr interessante Mitteilung durch die Presse ging, die sich sehr eingehend mit der Heranziehung des in Westdeutschland investierten Auslandsvermögens für die Zwecke des Lastenausgleichs beschäftigte. Ich darf dabei vielleicht die „Frankfurter Allgemeine" zitieren, die am 5. Mai dieses Jahres unter der Überschrift „Wirtschaftliche Bedenken zum Generalvertrag" darauf hinweist, indem sie wörtlich schreibt:
Dies trifft u. a. für den Lastenausgleich zu. Wie
aus amerikanischer Quelle verlautet, sollen die
in alliiertem Besitz befindlichen deutschen
Werke auf sechs Jahre vom Lastenausgleich
befreit bleiben. In parlamentarischen Kreisen
ist man überrascht, daß die deutschen Unterhändler aus dem Auswärtigen Amt offenbar
dieser alliierten Forderung nicht widersprochen
hätten.
Auf diese Art und Weise erfährt man wenigstens etwas von dem Inhalt des Generalvertrages, der also auch in engem Zusammenhang mit dem Gesetz über den Lastenausgleich betrachtet werden muß.
Wir sagen also: nach dem vorliegenden Gesetzentwurf genügt die einfache Formulierung, wie sie hier festgelegt ist, nicht, um ausdrücklich die Sicherung zu treffen, daß auch das ausländische Kapital, das in Deutschland investiert ist, für den Lastenausgleich mit herangezogen wird. Es besteht keinerlei sachlich berechtigter Grund dafür, das


(Kohl [Stuttgart])

ausländische Kapital von der Lastenausgleichsabgabe in irgendeiner Form zu befreien, auch nicht in der Form, daß man die Befreiung bereits jetzt in Zusatzverträgen zum Generalvertrag festgelegt hat. Man kann sich nicht auf den Standpunkt stellen, das in Deutschland investierte ausländische Kapital bringe für den Lastenausgleich nicht wesentliche Mittel auf, so daß also das Aufkommen praktisch die Belastung dieses ausländischen Kapitals nicht lohne.
Wir haben die Tatsache zu verzeichnen, daß auch jetzt die Interessenverflechtungen wieder stark wirksam geworden sind; eine Erscheinung, die man in Deutschland auch nach dem ersten Weltkrieg beobachten konnte. Von einer ganzen Reihe westdeutscher Unternehmungen ist allgemein bekannt, daß ihr Kapital sich ganz oder teilweise in ausländischer Hand befindet. Man braucht dabei nur hinzuweisen auf die Verbindung zwischen der AEG und Osram zu General Electric oder auf die Verbindung zwischen Standard Company mit Lorenz und Mix & Genest zu International Telephone and Telegraph oder die Verbindung zwischen Opel und General Motors und der Firma Ford oder von Margarine-Union und Sunlicht zwischen Unilever Company und andere mehr. In dem von mir bereits zitierten Bericht sind eine ganze Reihe anderer ausländischer Unternehmungen mit herangezogen, die über gewaltige Kapitalmengen verfügen und die nach dieser Bestimmung des Zusatzvertrages zum Generalvertrag praktisch von der Erfassung für den Lastenausgleich freibleiben werden.

(Zuruf des Abg. Kunze.)

— Herr Kollege Kunze, wenn Sie das bezweifeln, müssen Sie die Zeitung nehmen! - Man weiß auf der andern Seite, daß bedeutende westdeutsche Unternehmungen wie z. B. Singer, Kodak usw. von ihren ausländischen Stammhäusern gleichen Namens beherrscht werden. Trotz des bis zum Jahre 1950 formal bestehenden Verbotes wurden Mittel und Wege gefunden, um ausländisches Kapital nach Deutschland einzuschleusen und hier festzulegen. Bezeichnend ist dabei, daß nach Aufhebung dieses Verbots im Jahre 1950 eine neue Gründungswelle von Unternehmungen mit ausländischer Beteiligung in Westdeutschland sichtbar geworden ist, die sich vorläufig allerdings noch um kleinere und mittlere Unternehmungen gruppiert.
Die Regierung Adenauer hat durch die sogenannte Kleine Steuerreform vom April 1950 die westdeutschen Unternehmungen mit ausländischer Beteiligung steuerrechtlich den entsprechenden deutschen Großsteuerpflichtigen gleichgestellt und damit die Voraussetzungen für ein starkes Auslandsinteresse an direkten Investitionen in Deutschland geschaffen. Der § 13 dieses Gesetzes nimmt deutlich sichtbar auf dieses Bestreben der Bundesregierung Bezug, indem er das ausländische Kapital von der Lastenausgleichsabgabe befreit, um damit das Auslandsinteresse an neuen direkten Investitionen zu heben.
Eine wesentliche Quelle für die Zunahme ausländischen Kapitals im westdeutschen Unternehmungskapitel sind die Restitutionen, d. h. die Rückerstattungen von Vermögenswerten an die früheren Eigentümer. Darunter fallen einige bedeutende Firmen wie z. B. der Bankhauskonzern Hertie und die zur gleichen Branche gehörige Merkur-AG. (Schockengruppe) und die Bank für Brauindustrie, die einen erheblichen Teil der Brauindustrie in
Westdeutschland kontrolliert. Der Gesamtumfang der Restitutionen wird nach Mitteilung der Westdeutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau auf einige Milliarden D-Mark geschätzt. Die „Süddeutsche Zeitung" schätzt ihn beispielsweise auf 10 Milliarden, die „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung" sogar auf 10 bis 12 Milliarden. Nach den vorliegenden statistischen Unterlagen sind in 1241 westdeutschen Unternehmungen ausländische Beteiligungen nachweisbar. Dabei ist es nicht unwesentlich, zu erwähnen, daß 36% dieser ausländischen Beteiligungen sich in den Händen der Amerikaner befinden.

(Hört! Hört! bei der KPD.)

Wir verlangen weiter in § 13, daß die Streichung der Buchstaben f und g im Abs. 2 durchgeführt wird. Denn wenn Sie diesen Paragraphen in der vorliegenden Fassung annehmen, führt das zu einer weiteren ungerechten Belastung der Geschädigten selbst. Die Heranziehung der Körperschaften des öffentlichen Rechts, auch der Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts, führt in der Endkonsequenz zu einer Erhöhung der Preise auf den kommunalen Verkehrsmitteln, für Strom, Gas, Wasser usw. Die Anspruchsberechtigten, die genau wie jeder andere Steuerzahler dieser Preisbildung unterworfen sind, müssen also ihren Anspruch durch die aufgezeigte Preiserhöhung selbst bezahlen.
Die Gemeinden selbst leiden unter der fortschreitenden Aushöhlung ihrer finanziellen Grundlage, die einen Grad erreicht hat, der die Durchführung wichtiger Aufgaben, vor allem sozialpolitischer Art, den Gemeinden unmöglich macht. Man darf nicht vergessen, daß große Teile des Finanzbedarfs der Gemeinden bereits durch den Art. 131 in Anspruch genommen sind, daß weiterhin eine ganze Reihe von Ausgleichsabgaben die Finanzen der Gemeinden belasten. Den Gemeinden bleibt zwangsläufig gegenüber den hier geplanten neuen Belastungen nur der eine Weg, entweder Erhöhungen der Gemeindesteuern durchzuführen oder die Preise für Gas, Strom, Wasser usw. zu erhöhen.
Wir sagen deshalb, daß diese beiden Paragraphen gestrichen werden müssen. Denn die Durchführung des Lastenausgleichs auch nach der finanziellen Seite ist eine Angelegenheit des Bundes und nicht eine Angelegenheit der Gemeindefinanzen, die man bei Bestehenlassen dieser Paragraphen -auf das stärkste belastet. Wir ersuchen Sie deshalb, unserem Antrag auf Streichung dieser beiden Paragraphen Ihre Zustimmung zu geben.

(Beifall bei der KPD.)


Dr. Hermann Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0120709500
Das Wort hat Harr Abgeordneter Dr. Decker.

Dr. Hugo Decker (FU):
Rede ID: ID0120709600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Antrag zu § 13 bezweckt die Wiederherstellung der Regierungsvorlage. Wir wollen Vermögen herausgenommen sehen, die nicht wirtschaftlicher Natur sind, weil ihr Verwendungszweck kein betont wirtschaftlicher ist. Es handelt sich vor allem um Vermögen, die für den öffentlichen Dienst genutzt werden, um Vermögen, die gebraucht werden für Zwecke des Gottesdienstes und der religiösen Unterweisung, und um Vermögen, die für Verwaltungszwecke öffentlichrechtlicher Religionsgesellschaften unmittelbar genutzt werden. Wir legen Wert auf das Wort „unmittelbar", weil wir glauben, dadurch eine Siche-


(Dr.-Ing. Decker)

rung gegen Mißbrauch eingefügt zu haben. — Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer: Das ist ja § 15, Herr Kollege!)


Dr. Hermann Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0120709700
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. — Doch! Das Wort hat Herr Abgeordneter Kunze.

(Abg. Kunze: Es kommt erst § 13!)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Nöll von der Nahmer. — Ich wäre aber dankbar, meine Damen und Herren, wenn ich die Wortmeldungen rechtzeitig bekommen könnte.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0120709800
Meine Damen und Herren, nur ganz kurz zu den Anträgen zu § 13. Es ist ganz klar, daß hier die großen grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten zum Austrag kommen. Wir haben uns im Ausschuß sehr eingehend über das ganze Pro und Contra einer Heranziehung der öffentlichen Vermögen zum Lastenausgleich unterhalten. Für die Heranziehung zum Lastenausgleich spricht zunächst ein psychologischer Grund! Wenn wir genötigt sind, auch an die kleinen Familienvermögen heranzugehen, dann ist es psychologisch nicht richtig, wenn man das große öffentliche Vermögen nicht auch heranzieht.

(Abg. Mellies: Na, so ein Vergleich ist einem Professor der Finanzwissenschaft wirklich nicht erlaubt!)

— Herr Kollege Mellies, ich spreche hier nicht als Professor der Finanzwissenschaft! Ich habe darauf hinweisen müssen, daß selbstverständlich bei dieser Diskussion auch psychologische Momente eine Rolle gespielt haben.

(Abg. Mellies: Auch für einen Psychologen ist ein solcher Vergleich nicht erlaubt!)

— Er wird aber leider in der Praxis angestellt, und wir müssen uns nach dem Leben richten, wie es ist, und nicht nach einer Welt, wie wir sie uns in unseren Wünschen vorstellen.

(Abg. Mellies: Sagen Sie doch, was Sie wirklich wollen!)

Meine Damen und Herren, es geht um ein Objekt von ungefähr 120 Millionen DM. Wenn wir auf diese Summe verzichten, entsteht ein entsprechendes Loch.

(Abg. Kriedemann: Streichen Sie doch den § 11 mit den Ostschäden, dann haben Sie das Geld ja!)

Nun sagt man: „Dann belastet die Vermögen höher!" Aber das ist ja wieder der Punkt, wo die großen Meinungsverschiedenheiten

(Zuruf von der SPD: Wo Sie empfindlich sind!) und wo bestimmte Grenzen bestehen. Also müssen wir im Interesse des Aufkommens Wert darauf legen, daß das öffentliche Vermögen in dem Umfange herangezogen wird, wie wir das in § 13 getan haben. Darauf hinweisen möchte ich insbesondere, daß bei dieser Heranziehung des öffentlichen Vermögens immerhin in § 15 Ziffer 1 eine sehr erhebliche Ausnahme gemacht ist. Wir sind keineswegs doktrinär gewesen. Aber dort, wo die öffentlichen Betriebe und Vermögen in Wettbewerb mit den privaten stehen, wo öffentliche Landwirtschaft mit privater Landwirtschaft konkurriert, wo private Forsten mit den öffentlichen Forsten in Wettbewerb stehen und gleich hohe Preise für das Holz vereinnahmen, da sind wir allerdings der Ansicht — und hier haben wir auch 'die Finanzwissenschaft auf unserer Seite —, daß in diesen Fällen auch die Belastungen gleich groß sein müssen. Diese Gesichtspunkte neben dem des Aufkommens haben uns veranlaßt, der Regelung wie sie im § 13 vorliegt, 'zuzustimmen. Wir können uns also nicht mit den vorliegenden Änderungsanträgen einverstanden erklären und bitten schon im Interesse des Aufkommens, es bei der vom Ausschuß vorgeschlagenen Regelung zu belassen.


Dr. Hermann Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0120709900
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.

(Abg. Kunze: Verzichte!)

— Er verzichtet.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0120710000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird leider wahrscheinlich verlorene Zeit sein, sich zum soundsovielten Male mit dem Herrn Kollegen Nöll von der Nahmer darüber zu unterhalten, daß das öffentliche Vermögen das Vermögen derjenigen Leute ist, die sonst kein Vermögen haben.

(Zustimmung bei der SPD. — Zurufe von der FDP: Nein, nein!)

Worauf es in dieser Kontroverse ankommt, Herr Kollege Nöll von der Nahmer, das haben Sie ja mit erfreulicher Deutlichkeit gesagt: Wenn Sie es vom öffentlichen Vermögen nicht nehmen, müssen Sie es vom anderen Vermögen nehmen. Das hat auch Ihr Kollege Atzenroth in dem vorhin zitierten Bericht mit erfreulicher Deutlichkeit gesagt. Er hat in der Zeitschrift „Der Arbeitgeber" gesagt: „Der Bundesrat verweigert seine Zustimmung dazu, daß diese 600 Millionen DM aus Etatsmitteln in den Lastenausgleich fließen" — sehr mit Recht, weil der Steuerzahler damit nichts zu tun haben soll. Sie haben es ja gesagt und Sie haben es wieder gesagt, Herr Nöll von der Nahmer: „Wenn dieser Zuschuß nicht hineinkommt, so bleiben nur zwei Möglichkeiten, entweder die Leistungen, zu kürzen oder das Aufkommen aus der Wirtschaft zu erhöhen: wir haben uns davon überzeugt, daß letzteres nicht möglich ist." Das waren aber bloß die drei Sachverständigen, die sich davon überzeugt haben, wir nicht. Wir wollen uns doch nichts darüber vormachen, daß es sich hier nicht um theoretische Fragen handelt, sondern um eine einfache Entlastung der Abgabepflichtigen auf Kosten des allgemeinen Steuerzahlers.

(Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer: Um grundsätzliche politische Auffassungen geht es hier!)

Wir beantragen, daß über die verschiedenen Anträge zu § 13 jetzt abgestimmt wird. Durch diese Abstimmung kann für die Behandlung der Anträge zu § 15 die Grundlage geschaffen werden, die uns vielleicht weitere Erörterungen dort erspart.
Zu den einzelnen Anträgen darf ich folgendes sagen. Unser Antrag zu Buchstabe f liegt Ihnen vor. Der Antrag der Föderalistischen Union geht weniger weit, liegt aber auch in unserer Richtung. Die Kommunistische Partei hat beantragt, Buchstabe g zu streichen. Es ist bekannt, daß die vollständige Herausnahme auch der gewerblichen Betriebe der öffentlichen Hand ein alter Wunsch unserer Fraktion ist. Wenn wir uns entschlossen haben, in der zweiten Lesung keinen derartigen Antrag zu stellen, um einmal zu prüfen, wie eigentlich die Mehrheitsverhältnisse hier sind, so kann


(Seuffert)

uns auch der kommunistische Antrag davon für diese Lesung nicht abhalten. Wir werden uns deswegen zu diesem Antrag der Stimme enthalten.
Was den zweiten kommunistischen Antrag anlangt, so ist es allerdings recht schwer, sich etwas dabei zu denken. Da ist von Auslandsvermögen die Rede, das im Bundesgebiet investiert ist. Im allgemeinen nennt man Auslandsvermögen Vermögen, das sich im Ausland und nicht im Inland befindet. Gemeint ist anscheinend Ausländervermögen, das hier im Inland investiert ist. Boshafterweise und ohne Rücksicht auf die Gefühle der KPD nennt das Steuerrecht so etwas Inlandsvermögen und nicht Auslandsvermögen. Im übrigen ist es ganz klar und deutlich und niemals bezweifelt worden, daß diese sämtlichen Vermögen der Abgabepflicht unterliegen, und zwar im Sinne des Steuerrechts mit der beschränkten Steuerpflicht. Das ist für dieses Vermögen etwas ungünstiger; denn bei der beschränkten Steuerpflicht gibt es eine Reihe von Vergünstigungen nicht, die bei der unbeschränkten Steuerpflicht in Frage kommen. Der Herr Kollege Kohl hat sehr harte Worte für die Ausländer gefunden, die ihr Vermögen hier angelegt haben. Sein Antrag würde dieses Ausländervermögen besser stellen, als es nach der heutigen Gesetzesvorlage der Fall ist. Wir vermögen daher leider diesem Antrag nicht zu folgen.

Dr. Hermann Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0120710100
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit kommen wir zur Abstimmung.

(Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer: Zur Abstimmung!)

— Das Wort zur Abstimmung hat Herr Abgeordneter Dr. Nöll von der Nahmer.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0120710200
Meine Damen
und Herren! Die Koalitionsfraktionen legen Wert
darauf, daß über diese Frage, bei der es um ganz

(Zuruf von der SPD: Ganz ausgezeichnet! Abg. Mellies: Sie wollten doch keinen Antrag stellen, Herr Nöll von der Nahmer. — Abg. Dr. Dr. Nöll von der Nahmer: Auf solche Geschäftsordnungsanträge bezieht sich die Koalitionsvereinbarung wirklich nicht! — Zuruf von der SPD: Darauf werden vor allem die Steuerzahler in den Ländern Wert legen!)


Dr. Hermann Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0120710300
Es ist der Antrag auf namentliche Abstimmung gestellt. Er ist genügend unterstützt. Wir kommen also zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 2.
Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.

(Einsammeln der Abstimmungskarten.)


(Abg. Dr. Friedensburg: Haben wir Berliner wieder unsere eigene Abstimmung?)

— Das ist nicht gewünscht worden.
Meine Damen und Herren, sind noch Abgeordnete im Saal, die ihre Stimmzettel nicht abgegeben haben?

(Unruhe.)

Ich bitte doch, die Stimmabgabe zu beschleunigen.

(Pause.)

Sind noch Stimmzettel rückständig?

(Zurufe: Ist erledigt! — Weitere Zurufe.)

— Meine Damen und Herren, ich muß ja nun die Abstimmung schließen. Ich weiß natürlich, daß eine Reihe von Sitzungen zur Zeit im Hause stattfinden.

(Abg. Schoettle: Wir können doch nicht den ganzen Nachmittag mit einer Abstimmung zubringen!)

— Die Signalanlage hat teilweise nicht funktioniert.
Sind noch Stimmzettel rückständig?

(Zurufe: Nein!)

— Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.

(Auszählen der Abstimmungskarten.)

Das vorläufige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung: Ja 127; Nein 192; enthalten 10. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nun zum Änderungsantrag der Föderalistischen Union

(Abg. Seuffert: Antrag auf namentliche Abstimmung!)

auf Umdruck Nr. 495 Ziffer 1. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. — Im Namen der Fraktion?

(Zustimmung bei der SPD.)

Damit ist der Antrag ausreichend unterstützt. Meine Damen und Herren, wir müssen also über diesen Antrag namentlich abstimmen. Ich bitte die Herren Schriftführer

(Abg. Kunze: Tiber welchen Antrag?)

mit dem Sammeln der Stimmzettel zu beginnen. Es handelt sich um den Antrag der Föderalistischen Union Umdruck Nr. 495 Ziffer 1.

(Abg. Kunze: Auch ablehnen! — Einsammeln der Abstimmungskarten.)

Haben Mitglieder des Hauses ihre Stimmzettel noch nicht abgegeben? — Dann ist die Abstimmung geschlossen.

(Auszählung der Abstimmungskarten.)

Das vorläufige Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung: Ja 140, Nein 185, 2 Enthaltungen. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nun zu dem Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 498, Ziffer 3 a, b, c. Ich bitte diejenigen, die diesem Änderungsantrag zustimmen, die Hand zu heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wir stimmen nun ab über § 13 in der Fassung des Ausschusses. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu 'heben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — § 13 ist angenommen.
Ich rufe nun auf § 14. Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu heben. — Das ist die Mehrheit. Angenommen.
Nun kommen wir zu § 15. Dazu liegen eine Reihe von Änderungsanträgen vor. Ich rufe sie noch einmal auf: Antrag der SPD auf Umdruck Nr. 492, Ziffer 3 a, b, Änderungsantrag Strauß und Genossen auf Umdruck Nr. 494, ein Änderungsantrag der Föderalistischen Union auf Umdruck Nr. 495, ein Änderungsantrag der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 3 c, ein Änderungsantrag Dr. Kather auf Umdruck Nr. 496 Ziffer 2, ein Änderungsantrag Goetzendorff auf Umdruck Nr. 499 Ziffer 3 a und b,
*) Vergl. das endgültige Ergebnis Seite 9010.


(Vizepräsident Dr. Schäfer)

ein Änderungsantrag der KPD auf Umdruck Nr. 498 Ziffer 4 und ein Änderungsantrag Dr. Atzenroth Ziffer 1.
Wer wünscht das Wort zur Begründung der Änderungsanträge? — Herr Abgeordneter Mertins.

Arthur Mertins (SPD):
Rede ID: ID0120710400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, den Antrag der Fraktion 'der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 3 a zu begründen. Wir bezwecken mit diesem Antrag die Befreiung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens der öffentlichen Hand von der Abgabe. Wir haben hier in diesem Hohen Hause vor vielleicht einer Stunde eine Abstimmung über § 11 gehabt. Mit diesem § 11, der in der jetzigen Fassung in der Vorlage stehengeblieben ist, haben wir den Ausgleichsfonds um mehr als 100 Millionen DM geschmälert. Ich bin nicht Professor wie Herr Nöll von der Nahmer; ich kann nur mit meinem gewöhnlichen Verstand an diese Dinge herangehen. Allerdings ist dieser Verstand etwas kritisch, weil ich Heimatvertriebener bin und weil ich aufpasse, daß mir und meinen Leidensgefährten nicht Steine statt Brot gegeben werden. Das Beispiel, das Herr Professor Nöll von der Nahmer hier 'zur Begründung angeführt hat und aus dem sich ergeben soll, daß es eine, sagen wir einmal, beinahe soziale Maßnahme sei, die Ostschäden zu berücksichtigen, scheint mir doch nicht sehr stichhaltig zu sein. Der Lokomotivführer, der angeblich nach dem Westen versetzt worden ist und dann sein Häuschen im Osten verloren hat, müßte ja in hunderttausendfacher Gestalt auftreten, wenn sein Vermögensverlust auch nur annähernd ins Gewicht fallen würde. Ich glaube, Sie sagen „Lokomotivführer", Herr Nöll von der Nahmer, und meinen doch mehr die Ruhrindustriellen, die mit ganz beträchtlichen Werten an der oberschlesischen Industrie beteiligt waren;

(Sehr wahr! bei der SPD)

denn nur dann kann ja diese Summe von über 100 Millionen zusammenkommen, wenn dies en Leuten gestattet wird, mit ihren Verlusten im Osten aufzurechnen.
Dort haben Sie also 100 Millionen DM zugunsten der Besitzenden,

(Abg. Schütz: Nicht 100 Millionen!)

und zwar der Schwerbesitzenden in Westdeutschland verschenkt.

(Widerspruch in der Mitte und rechts.)

Bei unserem Antrag handelt es sich wohl auch um eine Minderung des Lastenausgleichfonds, aber zugunsten der öffentlichen Hand. Sie legen in diesem Gesetz Befreiungen für Kirchen und gemeinnützige Anstalten aller Art fest. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Ist denn der Staat, ist die Gemeinde nicht wirklich gemeinnütziger als alle nur erdenklichen Vereinigungen sonstiger Art?

(Zuruf von der CDU: Das ist Auffassungssache! — Weitere Zurufe.)

Der Staat und die Gemeinden sind von uns zur Wohlfahrt aller geschaffen worden, und die Wohlfahrt aller wird am besten durch uns selbst wahrgenommen, durch unsere Parlamente, die das Vermögen der Allgemeinheit verwalten. Die Aufgaben des Staates und der Gemeinden müssen so oder so erfüllt werden. Nehmen Sie dem Staat oder den Gemeinden etwas von ihrem Vermögen, das der Erfüllung dieser Aufgaben dient, fort, so muß dieser Verlust selbstverständlich durch Steuern wieder ersetzt werden. Wir kennen aber die jetzige
unsoziale Steuergesetzgebung, die gerade den Ärmsten am meisten trifft.

(Widerspruch bei den Regierungsparteien.) — Meine Damen und Herren, wir haben uns doch oft genug im Steuerausschuß darüber unterhalten. Es ist doch ein öffentliches Geheimnis, daß der größte Teil des Steueraufkommens in Deutschland, in dieser Bundesrepublik, aus der Belastung der breiten Kreise der arbeitenden Bevölkerung stammt. Wir kennen ferner den schlechten Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, und ich habe mich gar nicht gewundert, als ich sah, daß der Herr Finanzminister bei dem Antrag zu § 13 f mit Nein gestimmt hat; denn er hat natürlich als Bundesfinanzminister ein gewisses Interesse daran, seine Kasse nicht schmälern zu lassen. Aber den letzten beißen die Hunde, wenn das Vermögen der öffentlichen Hand geschmälert wird, und das sind die Länder, die Gemeinden und die Kreise, die dann nach neuen Quellen suchen müssen, wenn sie ihren Aufgaben gerecht werden wollen.

Das Resultat meiner Überlegungen ist' also, daß Sie die Abgabepflicht wieder einmal auf die wirtschaftlich Schwachen verlagern wollen. Sollten 'wir den Staat nicht zum mindesten mit den Körperschaften gleichsetzen, die Sie nachher begünstigen wollen, der Kirche und den anderen gemeinnützigen Anstalten? Das öffentliche Vermögen ist kein Privatvermögen, das man ohne weiteres zum Lastenausgleich heranziehen kann. Die öffentliche Hand hat andere Aufgaben. Gerade die Befreiung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, die unser . Antrag bezweckt, zeigt ganz deutlich den Unterschied zwischen dem privaten und dem öffentlichen Vermögen. Hier handelt es sich um die Sicherstellung des Siedlungslandes und der Siedlungsaufgaben der Länder und Gemeinden.

(Widerspruch in der Mitte.)

Hier handelt es sich um die Sicherung der Ernährung; hier handelt es sich um die Aufforstung und die Verhinderung der Versteppung; hier handelt es sich um die Förderung der Gesundheit. Meine Damen und Herren, Sie mögen „Na, na" rufen, soviel Sie wollen; aber ein Vertriebener, der hier wieder Boden fassen soll, wird es sich schwer überlegen, welcher Anschauung er in dieser Richtung den Vorzug geben will. Etwa so, wie man einem Kind zu Weihnachten einen Ball gibt und ihn nach Weihnachten wieder wegnimmt, so gibt man hier auf der einen Seite dem Lastenausgleichsfonds etwas und holt es auf der andern Seite von den wirtschaftlich Schwachen wieder herein. Wir bitten Sie daher, den Antrag, den wir gestellt haben, anzunehmen, damit die öffentliche Hand in der Lage ist, ihre Aufgaben weiter zu erfüllen.

(Beifall bei der SPD.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0120710500
Weitere Wortmeldungen? — Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Darf ich bitten, meine Damen und Herren, daß die Antragsteller, die noch begründen wollen, mir schon ihre Namen mitteilen.

Dr. Karl Atzenroth (FDP):
Rede ID: ID0120710600
Meine Damen und Herren! Gerade bei der Frage der Befreiung des forstwirtschaftlichen Vermögens zeigt sich doch mit aller Deutlichkeit, wie richtig die Fassung ist, die die Regierungsmehrheit im Ausschuß gefunden hat. Es ist völlig undenkbar, daß der gleiche Forst im Privatbesitz mit der Abgabe belastet und, wenn


(Dr. Atzenroth)

er im Besitz der öffentlichen Hand, etwa im Besitz
der Kommunen ist, von der Abgabe befreit wird.

(Zustimmung in der Mitte.)

Beide sind in ihrer ganzen Wirtschaftslage völlig gleichgeartet, aufforsten müssen beide, den Ertrag haben beide in der gleichen Höhe, und ihr rein wirtschaftliches Denken hat sich gerade in dem letzten Jahr deutlich bewiesen; denn die Forsten in öffentlicher Hand sind in ihrer Preisgestaltung nicht etwa milder und vorsorglicher gewesen. Sie haben bei der Bemessung ihrer Preise in keiner Weise die Aufgaben in den Vordergrund gestellt, die sie angeblich im Interesse der Öffentlichkeit haben. Sie waren in sehr guter und heftiger Konkurrenz in der Preisgestaltung nach oben. Mein Kollege Becker machte mich eben darauf aufmerksam, daß gerade diese Kreise in früheren Jahrzehnten ihre Bereitwilligkeit zur Hilfe dadurch ausgedrückt haben, daß sie den Flüchtlingen damals das Bauholz kostenlos geliefert oder ihnen sonst Hilfe geleistet haben.

(Widerspruch bei der SPD.)

Es wäre also gerade der entgegengesetzte Standpunkt, wenn sie sich jetzt weigern, sich an dieser Hilfeleistung in irgend einer Weise zu beteiligen.

(Zurufe von der SPD: Faule Ausrede! — Der redet ja an den Dingen vorbei!)


Dr. Hermann Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0120710700
Das Wort hat der Abgeordnete Müller.

Oskar Müller (KPD):
Rede ID: ID0120710800
Meine Damen und Herren! Es ist geradezu erstaunlich — oder vielleicht auch nicht erstaunlich —, mit welcher Konsequenz die Manager dieses Gesetzes es verstanden haben, die Unschuldigen zu bestrafen und die Schuldigen zu schonen.

(Lachen in der Mitte.)

Wenn sie in der Ziffer 1 des vorliegenden § 15, der von Befreiungen von der Vermögensabgabe spricht, ausdrücklich festlegen, daß Berufsvertretungen und Berufsverbände nicht befreit sein sollen, dann führen sie einen Schlag gegen diejenigen, die in erster Linie den Kampf gegen den Hitlerfaschismus und den Krieg geführt haben,

(Widerspruch und Zurufe von der Mitte)

die also am wenigsten verantwortlich dafür sind, daß ein solches Gesetz nötig wurde. Hunderttausende von Gewerkschaftlern waren es doch, die sich gegen das eingesetzt haben, was der Hitlerfaschismus verbrochen hat. Hunderttausende und Millionen von Kriegsopfern, Waisen und Witwen sind ja die Folge dieses Verbrechens gewesen. Und nun wollen Sie deren Organisationen von der Befreiung von der Vermögensabgabe ausschließen! Ich glaube, Herr Kunze, schlimmer kann sich wohl der rote Faden, von dem Sie heute einmal gesprochen haben, durch das gesamte Gesetz nicht hindurchziehen als dadurch, daß diese Menschen bzw. ihre Organisationen noch belastet werden.

(Erneuter Widerspruch in der Mitte.)

Wir haben infolgedessen den Antrag gestellt, in Ziffer 1 des § 15 den letzten Satz zu streichen und ausdrücklich festzulegen, daß auch die gewerkschaftlichen Berufsvertretungen und die sozialpolitischen Interessenverbände in die nach dem Gesetz möglichen Befreiungen einbezogen werden. Ich glaube, es müßte eine Selbstverständlichkeit für Sie sein, diesem unserem Antrag zuzustimmen.

(Abg. Kunze: Das ist ein Irrglaube!)

— Daß Sie anders entscheiden werden, das wissen wir!

Dr. Hermann Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0120710900
Das Wort. hat der Abgeordnete Solleder.

Dr. Max Solleder (CSU):
Rede ID: ID0120711000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Umdruck Nr. 494 wird beantragt, in § 15 Abs. 1 folgendes aufzunehmen: Befreit sind
Unternehmen, die durch Staatsverträge verpflichtet sind, die Erträge ihres Vermögens zur Aufbringung der Mittel für die Errichtung von Bundeswasserstraßen zu verwenden, solange das Vermögen der Unternehmen aus- schließlich diesem Zweck dient.
Es handelt sich dabei ausschließlich um die RheinMain-Donau-AG. und die Neckar-AG. Diesen beiden Gesellschaften wurden seinerzeit Konzessionsrechte unter der Bedingung eingeräumt, daß die Erträgnisse aus der Verwertung der Wasserkräfte ausschließlich für den Ausbau der Großschiffahrt Verwendung finden müssen Diese Gesellschaften sind daher nicht in der Lage, ihre Erträgnisse etwa selber zu verwerten, sondern sie müssen sie diesem gemeinnützigen Zwecke zuführen.

(Präsident Dr. Ehlers übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die zeitliche Begrenzung der Befreiungsvorschrift trägt den Bedenken des Finanzministeriums Rechnung, daß demgemäß der § 6 des Bewertungsgesetzes entsprechend Berücksichtigung findet. Es handelt sich also hierbei um ein gemeinnütziges Unternehmen, und es ist daher angemessen, daß ein entsprechender Absatz an dieser Stelle in das Gesetz eingefügt wird.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120711100
Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.

Dr. Karl Atzenroth (FDP):
Rede ID: ID0120711200
Meine Damen und Herren! Ich habe den Antrag gestellt, in § 15 Abs. 1 Ziffer 17 hinter die Worte „der Sozialversicherung" die weiteren Worte einzufügen: „und die kassenärztlichen Vereinigungen". Ich ergänze den Antrag dahin, nicht nur zu sagen: „die kassenärztlichen Vereinigungen", sondern auch: „die kassenzahnärztlichen und die kassendentistischen Vereinigungen", und ich begründe ihn wie folgt.
Bei der Währungsreform hat sich bei diesen kassenärztlichen Vereinigungen der Zustand herausgestellt, daß ihnen kurz vor der Währungsreform Gelder in außerordentlich großer Zahl zuflossen, weil alle Krankenkassen und andere Zahlungsverpflichtete ihre Zahlungen noch vor der Währungsreform in R-Mark leisteten. Da aber diese Beträge auf Grund der ganzen Struktur dieser Vereinigungen nicht rechtzeitig an die Mitglieder dieser Vereinigungen abgeführt werden konnten, befanden sich im Besitz dieser kassenärztlichen und zahnärztlichen Vereinigungen hohe Geldbeträge, die der Abwertung verfielen. Nun sollen nach dem augenblicklichen Stand des Gesetzes die zum großen Teil auf 6,5°A abgewerteten Beträge noch einmal zum Lastenausgleich herangezogen werden. Das soll durch diesen Antrag verhindert werden. Sie sollen von der Abgabe befreit werden.
Eine Begründung findet mein Antrag auch darin, daß wir das sonstige Vermögen sowieso bis zu einem Betrage von 150 000 DM von der Abgabe befreien, immer aus dem Gedanken heraus, daß jemand, der schon 94,5 % seines Vermögens ein-


(Dr. Atzenroth)

gebüßt hat, nicht noch einmal zum Lastenausgleich herangezogen werden soll. Um das in diesem Falle zu verhindern, habe ich diesen Antrag gestellt. Ich bitte um Annahme.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120711300
Das Wort hat der Abgeordnete Goetzendorff.

Günter Goetzendorff (WAV):
Rede ID: ID0120711400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Antrag gestellt, die Ziffer 1 in § 15 zu streichen, weil ich der Meinung bin, daß Post und Bundesbahn durch die Währungsreform ohnehin ein gutes Geschäft gemacht haben und einen großen Teil ihrer Schulden losgeworden sind. Wenn sie abgabefrei bleiben sollten, wären sie Nutznießer der Geldreform, und die Geschädigten würden das als unmoralisch empfinden.
Ich habe einen zweiten Änderungsantrag gestellt, der besagt, daß das Vermögen der Kirche, Soweit es nicht für mildtätige oder karitative Zwecke verwendet werden soll, auch der Abgabepflicht unterliegen soll. Ich bin der Ansicht, auch die Kirche soll beisteuern, das Elend der Vertriebenen gutzumachen. Die Kirche hat oft riesige Besitztümer; es wäre recht und billig, wenn sie mit einem Teil dieses riesigen Besitzes durch den Lastenausgleich auch den Ärmsten der Armen hilft und damit ein praktisches Christentum beweist.

(Abg. Kunze: Haben Sie noch nicht gehört, daß die Kirche das pausenlos tut?)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120711500
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.

Herbert Kriedemann (SPD):
Rede ID: ID0120711600
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch ein paar Bemerkungen zu unserem Antrag unter Ziffer 3 a. Ich mache sie deshalb, weil es sich hier wirklich um eine Sache von großer Tragweite für die öffentlichen Haushalte und von erheblicher Auswirkung für die Aufgaben handelt, deren Erledigung die öffentlichen Haushalte nun einmal zu finanzieren haben. Ich will nicht den Versuch machen, Herrn Kollegen Atzenroth hier zu überzeugen, nachdem es uns im Ausschuß nicht gelungen ist und er selber schon in dem von Herrn Seuffert zitierten Artikel einige Erklärungen dafür beizusteuern versucht. Er ist nun einmal davon überzeugt, daß der öffentliche Forstbesitz keine Schonung verdient; denn die Leute hätten Holz an Möbelhändler usw. auch nicht billiger verkauft und deswegen verdienten sie keine Schonung.
Ich möchte diejenigen, meine Damen und Herren, die nicht so davon überzeugt sind, daß ihre Vertreter im Ausschuß der Weisheit letzten Schluß gefunden haben und die hier nicht alles so schlucken wollen, wie es vom Ausschuß serviert worden ist, sondern die die Bereitschaft haben, die Dinge mit eigenem Verstand anzusehen, hier darauf aufmerksam machen, daß es nicht etwa darum geht, die Gleichheit der Konkurrenz zwischen dem privaten und dem öffentlichen Forst zu sichern, oder um ähnliche Dinge. Es handelt sich auch nicht etwa um die Preise, sondern es handelt sich um das, was aus den Einnahmen aus den öffentlichen Forsten bisher gemacht worden ist und was daraus nicht mehr gemacht werden kann, wenn diese Einnahmen nun zum Lastenausgleich herangezogen werden.

(Sehr richtig! bei der SPD.) Nur darum handelt es sich. Derjenige, der den öffentlichen Haushalten das, was ihnen bisher für die Erfüllung von anderen Aufgaben zur Verfügung gestanden hat, im Interesse des Lastenausgleichs wegnimmt, nimmt ihnen die Möglichkeit, die vielen anderen sozialen Aufgaben, die im Zweifelsfalle der Hilfe für die Schwachen, die Vertriebenen am meisten dienen. Er nimmt es, um Ansprüche zu befriedigen, auf deren sehr zweifelhaften Rechtsgrund wir bei anderen Paragraphen noch zu sprechen kommen werden.

Bitte, überlegen Sie sich das, wenn Sie über unseren Antrag entscheiden. Lassen Sie sich nicht einreden, daß es hier um irgendwelche Konkurrenzfragen geht.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120711700
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Decker.

Dr. Hugo Decker (FU):
Rede ID: ID0120711800
Unser Antrag zu § 15 Abs. l deckt sich wörtlich mit dem Antrag der SPD und mit dem Antrag Strauß, Dr. Solleder. Wir verzichten daher auf eine besondere Begründung, bitten aber, über diese drei Anträge im ganzen abzustimmen.

(Abg. Kunze: Nein, getrennt!)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120711900
Das Wort hat der Abgeordnete Priebe.

Moritz-Ernst Priebe (SPD):
Rede ID: ID0120712000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Abs. 1 Ziffer 15 des § 15 werden die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften sowie Körperschaften, Personenvereinigungen usw., die ausschließlich und unmittelbar kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen, von der Abgabepflicht ausgenommen. Es gibt keinen Abgeordneten in diesem Hause, der nicht die außerordentlich segensreiche Arbeit dieser Einrichtungen anerkennt und der es nicht begrüßen würde, wenn man den Kirchen und den Wohlfahrtsorganisationen mehr Mittel als bisher zur Verfügung stellen könnte, um die leider nicht abreißende Not wirksam zu bekämpfen. Wenn meine Fraktion dennoch in dem Ihnen vorliegenden Änderungsantrag die Forderung aufstellt, daß ein Teil des Vermögens dieser Körperschaften zur Abgabe herangezogen wird, tut sie es aus folgenden Gründen.
Sie meint, daß die öffentliche Hand genau so gemeinnützig zu handeln versucht, wie es diese Organisationen tun, und daß sich eine Schmälerung des Vermögens bei der öffentlichen Hand genau so nachteilig für die Allgemeinheit auswirkt wie bei den Wohlfahrtsorganisationen, der Caritas und der Inneren Mission. Sie glaubt also, aus Gründen der Gerechtigkeit, um die öffentliche Hand und die hier genannten Körperschaften gleichzustellen, beide gleichermaßen heranziehen zu dürfen. Außerdem meinen wir, daß doch durch den Lastenausgleich ein gewisser Teil der Notleidenden aus seiner elenden Lage herausgehoben werden soll, so daß sich die Aufgaben der Wohlfahrtsorganisationen und Kirchen wenigstens zu einem kleinen Teil verringern werden.
Schließlich gibt es für mich persönlich noch einen besonders gewichtigen Grund, den Antrag meiner Fraktion zu unterstützen. Ich meine, daß diejenigen, die die Forderung der Nächstenliebe an die Menschen herantragen, die auch für die Durchführung des Lastenausgleichs eintreten, die das bekannte Wort „einer trage des andern Last" ver-


(Priebe)

künden, sich durch diese Forderung ganz besonders angesprochen, ganz besonders getroffen fühlen und bereit sein müssen, zu ihrem Teil zu der großen Lösung dieses schwierigen Problems beizutragen.
So bittet meine Fraktion das Hohe Haus, unsere Gründe zu billigen, anzuerkennen, sich zu eigen zu machen und unserem Antrag zuzustimmen, daß die Vermögensteile, die nicht unmittelbar gemeinnützigen, wohltätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, für den Lastenausgleich mit herangezogen werden.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120712100
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.

Johannes Kunze (CDU):
Rede ID: ID0120712200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu den verschiedenen Änderungsanträgen zu § 15 drei Dinge sagen.
Ich stimme dem Kollegen Decker völlig zu, daß die übereinstimmenden Anträge seiner Fraktion, der SPD-Fraktion und eines Teils unserer Fraktion, der CSU, betreffend die Schiffahrtsstraßen zur Abstimmung zusammengefaßt werden sollen.
Dann haben wir als zweites Entscheidendes die Frage der Belastung oder Befreiung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens. Auch da scheint es mir richtig zu sein, die Diskussion über diese Frage nicht auf die Problematik des Ertrags zu lenken. Es scheint mir aber falsch zu sein, eine Behauptung unwidersprochen zu lassen, der schon im Ausschuß sehr oft widersprochen worden ist, nämlich daß man die öffentliche Hand generell und grundsätzlich als das Gemeinnützigste von allem darstellt.

(Sehr gut! rechts. — Abg. Kriedemann: Was ist sie denn sonst?!)

Das ist mit der Wirklichkeit des Geschehens einfach nicht vereinbar.

(Erneute Zustimmung rechts. — Widerspruch bei der SPD.)

Ich bitte Sie doch gütigst, meine Damen und Herren, sich einmal die Haushalte der Länder anzusehen, in welchem Milliardenumfang ordentliche Steuermittel für wirtschaftliche Kredite Verwendung finden

(Hört! Hört! rechts)

und wie — ich sage das als Vertreter meiner Fraktion — auf kaltem Wege Sozialisierungspolitik getrieben wird.

(Beifall bei den Regierungsparteien. —Widerspruch und Zurufe von der SPD.) Dagegen wehren wir uns, meine Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, mit aller Entschiedenheit.


(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien. — Lebhafte Zurufe von der SPD. — Abg. Mellies: Meinen Sie Nordrhein-Westfalen, Herr Kunze?!)

— Ich denke auch an Nordrhein-Westfalen. Ich habe die Haushalte aller Länder einer sehr sorgfältigen Prüfung daraufhin unterzogen und stelle Ihnen das gesamte Material jederzeit gern zur Verfügung.
Ich sagte eben, daß nun die öffentliche Hand als das Gemeinnützigste von allem dargestellt wird. Und dann wird von dem Kollegen Priebe bei der Begründung des Antrags ausgeführt, warum man die Kirchen und gemeinnützigen Träger genau so
wie die öffentliche Hand belasten soll mit der Einschränkung, wie sie auch in dem Antrag des Kollegen Kather und Genossen und in dem Antrag des Herrn Abgeordneten Goetzendorff gemacht wird. Sie sollen aber alle, unbeschadet der jeweiligen Formulierungen im Endziel zum gleichen Ergebnis führen. Meine Damen und Herren, ich habe kein Verständnis dafür, daß man uns hier mit einem Bibelwort kommt, einer müsse des andern Last tragen, infolgedessen müßten die Kirchen an der Spitze der Abgabepflichtigen stehen. Was machen denn die gemeinnützigen Einrichtungen, was machen denn die stiftungsgebundenen kirchlichen Vermögen anders als des andern Last tragen?!

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Lebhafte Zurufe von der SPD.)

Meine Damen und Herren, ich wage für mich in Anspruch zu nehmen, daß ich auf diesem Gebiet durch meine Lebensarbeit eine große Erfahrung besitze. Die Zahl der Heimatvertriebenen, die bei mir zu Hause durchgegangen sind und Hilfe gesucht haben, liegt bei über hunderttausend.

(Abg. Kriedemann: Und bei den Gemeinden?!)

— Die Gemeinden haben da, wo sie nicht fertigwerden konnten, ihre Leute weitestgehend nach Bethel abgeschoben, daß wir helfen sollten.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Lebhafte Zurufe von der SPD.)

Ich darf zum zweiten darauf hinweisen, daß diesen Organisationen, von denen Sie reden, wenn Sie den § 15 Abs. 1 Ziffer 15 ändern wollen, ihr gesamtes Geldvermögen am Währungsstichtag plötzlich abhanden gekommen ist.

(Abg. Kriedemann: Und bei der öffentlichen Hand?!)

Sie haben keine Erstausstattung bekommen. (Abg. Arnholz: Die Gemeinden auch nicht!)

— Die Gemeinden haben eine Erstausstattung bekommen, entschuldigen Sie, und die Gemeinden haben die Möglichkeiten des Steuerrechts, die Möglichkeiten des horizontalen Finanzausgleichs, kurzum, ganz andere Möglichkeiten.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Nehmen Sie den gemeinnützigen Einrichtungen — auch der Arbeiterwohlfahrt — diese Freiheiten weg, dann nehmen Sie ihnen die Hälfte ihrer Arbeitsmöglichkeit und schieben sie damit zwangsläufig auf die öffentliche Wohlfahrt ab.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Und als letztes, meine Damen und Herren: Herr Kollege Priebe, ich weiß nicht, woher Sie — das müßten Sie doch wissen — den Glauben nehmen, daß, wenn jetzt der Lastenausgleich anrollte, die auf die kirchlichen Institutionen und die freien gemeinnützigen Einrichtungen zukommende Not sich so ernsthaft verringern würde. Wissen Sie denn nichts von der riesengroßen Not, in der die Leute heute noch sitzen, weil wir ihnen auch durch den Lastenausgleich zum großen Teil nicht helfen können? Wenn wir dem Alleinstehenden durch den Lastenausgleich mit der Teuerungszulage 85 DM Unterhaltshilfe geben, und Sie ziehen für ihn ein bescheidenes Taschengeld ab und geben ihm die Chance, daß er noch ganz bescheiden für Kleidung und Schuhwerk sorgen kann, dann sind Sie längst in der Debetzone angelangt. Die öffentliche Hand
— ich bitte das mit großem Ernst zu hören — erspart allein durch die Tätigkeit der Liebesarbeit


(Kunze)

der beiden Kirchen und ihrer kirchlichen Organisationen mehr als eine halbe Milliarde DM im Jahr.

(Hört! Hört! rechts.)

Wo wären wir in unserer Krankenpflege, wenn es nicht die freien gemeinnützigen und kirchlichen Krankenhäuser in Deutschland gäbe!

(Beifall in der Mitte.)

Sehen Sie sich doch bitte einmal die Haushaltspläne der öffentlichen Hand an! Dann werden Sie doch zugeben müssen, daß nirgendwo billiger gearbeitet wird als da, wo sich die freiwilligen Kräfte — unbeschadet konfessioneller Bindungen — aus innerster Berufung zu diesem Dienst zusammenfinden

(erneuter Beifall in der Mitte)

und dadurch dem Staat Lasten auch finanzieller Art abnehmen, die sie sonst, wenn Sie Ihre Idee durchführten und Ihre Anträge angenommen würden, auf anderem Wege, wesentlich teurer, aus. den durch die Steuerzahler aufgebrachten Mitteln bezahlen müßten.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Wenn am Anfang der Kollege Mertins ergreifend über die unsoziale Steuerpolitik und darüber gesprochen hat, daß die breite Masse der arbeitenden Schicht diese Dinge bezahlen müsse, dann stehe ich fassungslos vor solch einer Erklärung

(Sehr richtig! in der Mitte)

und muß ehrlich sagen: Wie kann man, von so wenig Wirklichkeitskenntnis getrübt, eine solche Aussage machen?
Ich beantrage namens meiner Freunde, die Anträge auf Befreiung der öffentlichen. Hand abzulehnen, und ich beantrage, auch die Änderung in § 15 Abs. 1 Ziffer 15 abzulehnen.

(Abg. Mellies: Sind schon geschäftsordnungsmäßig erledigt!)

Ich nehme meinerseits zu der Frage der beiden großen Schiffahrtsstraßen deshalb keine Stellung, weil ich mich auf Grund der mir von einem Staatsrechtler von Format gemachten Gutachten persönlich davon überzeugt habe, daß der Ausschuß hier zu einer Fehlentscheidung gekommen ist. Ich werde mir also — —

(Abg. Kriedemann: Der Ausschuß sind Sie und Ihre Mehrheit!)

- Entschuldigen Sie, selbst wir und die Mehrheit können zu neuen Erkenntnissen kommen.

(Abg. Kriedemann: Wenn Sie das mal überall täten! — Abg. Schütz: Warum so böse, Herr Kriedemann? — Weitere Zurufe.)

Wir haben noch niemals bestritten, daß auch wir zu neuen Erkenntnissen zu kommen ehrlich bereit sind.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120712300
Das Wort hat noch einmal der Abgeordnete Priebe.

Moritz-Ernst Priebe (SPD):
Rede ID: ID0120712400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kunze, ich glaube, vorhin bei der Begründung meines Antrages einleitend gesagt zu haben, wie sehr wir die Arbeit der Kirche und der Wohlfahrtsorganisationen zu würdigen wissen und wie gern wir bereit wären, irgendwelchen Wegen zuzustimmen, um diesen Einrichtungen noch größere Tätigkeitsmöglichkeiten zu geben. Aber, Herr Kollege Kunze, wenn Sie vorhin hier erklärt haben, daß die Wohlfahrtsorganisationen und Kirchen die Gemeinden so ungemein stark hätten entlasten müssen und immer noch entlasten müßten in bezug auf Krankenhäuser usw.,

(Zuruf von der Mitte: Das stimmt doch!) dann verstehe ich nicht, wie man vorhin mit der Mehrheit dieses Hauses unseren Antrag, die Gemeindevermögen nicht zu schmälern, ablehnen konnte.


(Sehr richtig! bei der SPD.)

Das begreife ich nicht; da sehe ich einen Widerspruch.

(Zuruf von der SPD: Wo bleibt die Logik?) Ich begreife es nicht, daß man auf der einen Seite den Körperschaften der öffentlichen Hand die Möglichkeit nehmen will und sich auf der anderen Seite darüber beklagt, daß das Ausmaß der Arbeit für die Wohlfahrtsorganisationen und Kirchen zu groß sei.


(Sehr gut! bei der SPD.)

Diesen Widerspruch kann ich mir nicht erklären. Ich bitte Sie, genau so, wie ich den Standpunkt der Vertreter kirchlicher Körperschaften und Wohlfahrtsorganisationen voll und ganz verstehe, wie ich es begreife, daß Sie sich mit allen Kräften für diese Arbeit einsetzen, wie ich es begreife, daß man Mittel schaffen möchte, um diese Arbeit auszudehnen und besser leisten zu können, es auch zu verstehen, wenn ich persönlich — und ich habe vorhin gesagt: persönlich — mich als Christ durch die Forderungen angesprochen fühle, die wir nach außen tragen. Ich glaube, alle Christen sollten diese Forderungen als Fragen betrachten, auf die sie persönlich die Antwort geben können, die sich mit ihrem Gewissen vereinbaren läßt.

(Beifall bei 'der SPD. — Abg. Kunze: Völlig einverstanden, Herr Kollege Priebe!)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120712500
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. von Golitschek.

Dr. Hubertus von Golitschek (FDP):
Rede ID: ID0120712600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Änderungsantrag in Punkt 2 des Umdrucks Nr. 496 hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Antrag der SPD. Ich glaube, ich brauche die Begründung nicht zu wiederholen, denn in diesem Punkt decken sich unsere Auffassungen im wesentlichen. In einem Punkt jedoch weicht unser Antrag ab, und zwar in der Behandlung des Vermögens, das mildtätigen Zwecken dient. Wir sind der Auffassung, daß Vermögen, welches mildtätigen Zwecken dient, auch dann befreit werden sollte, wenn es nicht unmittelbar diesen Zwecken dient. Es könnte sich die Frage erheben, warum Vermögen, das mildtätigen Zwecken, und Vermögen, das gemeinnützigen Zwecken dient, unterschiedlich behandelt werden soll. Der grundsätzliche Unterschied liegt nach unserer Meinung darin: ein mildtätiger Zweck setzt voraus, daß der Personenkreis, der durch diese Organisation betreut wird, betreuungswürdig, bedürftig, hilfsbedürftig ist, während bei gemeinnützigen Zwecken diese Voraussetzung nicht unbedingt zutreffen muß. Insofern weicht unser Antrag ab, und ich bitte, diesem Antrag zuzustimmen.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120712700
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu § 15.
Wir haben über folgende Anträge abzustimmen: zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD, Umdruck Nr. 492 Ziffer 3 a zum § 15 Abs. 1 Nr. 1


(Präsident Dr. Ehlers)

Satz 1. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; ,der Antrag ist abgelehnt.
Zu dem Antrag der kommunistischen Fraktion, Umdruck Nr. 498 Ziffer 4, hat die kommunistische Gruppe — ich bitte um Entschuldigung —

(Heiterkeit)

namentliche Abstimmung beantragt. Ich frage, ob 50 Abgeordnete den Antrag unterstützen.

(Abg. Schoettle: Wir unterstützen! — Abg. Kunze: Warum denn? — Abg. Schoettle: Jawohl!)

Meine Damen und Herren, ich frage: wer unterstützt den Antrag auf namentliche Abstimmung? — Das sind keine 50 Abgeordnete; namentliche Abstimmung findet nicht statt.

(Abg. Renner: Wieso? — Ein Teil der Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion erhebt die Hände. — Lebhafte AhaRufe von den Regierungsparteien. — Unruhe.)

— Meine Damen und Herren, es bedarf keiner Aufregung. Ich habe gefragt; es haben sich keine 50 Abgeordneten gemeldet. Wir können doch darüber keine zweimalige Abstimmung stattfinden lassen.

(Sehr richtig! in der Mitte und rechts. — Widerspruch links. — Zurufe von der KPD.)

— Wir haben ja doch wahrscheinlich im Laufe dieser Debatte noch öfter Gelegenheit zu namentlicher Abstimmung.

(Lebhafte Zurufe von der KPD. — Abg. Renner: Ich bitte ums Wort zur Geschäftsordnung!)

— Ich bin in der Abstimmung, Herr Abgeordneter Renner!

(Abg. Renner: Herr Präsident, zur Abstimmung!)

— Zur Abstimmung gibt es auch nicht das Wort.

(Abg. Renner: Ich habe gebeten, mir zur Geschäftsordnung das Wort zu geben!)

— Ich bin nicht dazu verpflichtet, aber ich tue es.

(Abg. Renner: Wenn Sie durch die Abstimmungskästen alles verbauen lassen, können Sie das nicht sehen, was auf der linken Seite vorgeht! Sonst sind Sie doch viel wachsamer nach links!)

— Herr Abgeordneter Renner, seien Sie so liebenswürdig, das Wort zu nehmen! Ich erteile Ihnen ja eben das Wort zur Geschäftsordnung!

(Heiterkeit und Zurufe.)


Heinz Renner (KPD):
Rede ID: ID0120712800
Meine Damen und Herren! Es war bisher in diesem Hause immer Brauch, bei Abstimmungen dieser Art zu fragen, ob der Antrag unterstützt wird.

(Zurufe von der Mitte: Ist doch geschehen!)

— Das ist auch heute geschehen.

(Zurufe von der Mitte: Na also!)

Aus der sozialdemokratischen Fraktion haben sich unserer Überzeugung nach genügend Hände erhoben.

(Widerspruch in der Mitte. — Abg. Kunze: Später, beim zweiten Mal!)

Außerdem ist es bisher Brauch gewesen, bei solchen Abstimmungen die ganze Zahl der betreffenden Fraktion mitzuzählen.

(Widerspruch in der Mitte und rechts.)

Auf jeden Fall ist bei der klar gestellten Frage des Herrn Präsidenten sichtbar geworden, daß mehr als 50 Abgeordnete diesen Antrag unterstützen.

(Zurufe von der Mitte: Nein! — Das Gegenteil!) Diese Tatsache nun aus der Welt schaffen zu wollen dadurch, daß man erklärt: es gibt vielleicht im Laufe des Abends — um 8 Uhr soll Schluß gemacht werden, nebenbei bemerkt —


(Zuruf von der Mitte: „Im Laufe der Debatte", ist gesagt worden!)

noch eine Möglichkeit, eine zweite namentliche Abstimmung herbeizuführen, schafft doch nicht unser Recht aus der Welt, zu diesem konkreten Antrag eine namentliche Abstimmung zu beantragen und darauf zu bestehen, daß sie auch durchgeführt wird. Der Herr Präsident muß wissen und hat sicher erkannt, daß auch dieser Antrag durch mehr als 50 Abgeordnete dieses Hauses unterstützt worden ist.

(Lebhafte Zurufe von der Mitte: Nein!)

— Wenn Sie „Nein" schreien, hat das doch nur den einen Zweck, diesen Tatbestand zu verhüllen; aus der Welt schaffen können Sie ihn durch Ihr „Nein" nicht.

(Zuruf von der Mitte: Doch!)

Also ich bitte den Herrn Präsidenten, das Ergebnis der Abstimmung,

(Zuruf von der Mitte: Welcher Abstimmung?) als er die Frage klar gestellt hat, gelten zu lassen, und ich bitte die Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, dazu beizutragen, daß bei diesem Punkt die namentliche Abstimmung durchgeführt werden kann.


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120712900
Meine Damen und Herren, ich weise die Vorwürfe des Herrn Abgeordneten Renner, daß' ich eine falsche Feststellung getroffen hätte, zurück.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich habe die klare Frage gestellt: wird der Antrag auf namentliche Abstimmung unterstützt? — und habe, nachdem sich nicht 50 Abgeordnete gemeldet haben, festgestellt, daß der Antrag nicht hinreichend unterstützt ist. Eine Erklärung, daß eine ganze Fraktion den Antrag unterstützt, ist nicht abgegeben worden. Darüber sind wir uns einig. Ich habe damit keine Veranlassung, diese Entscheidung zu berichtigen.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Gruppe der Kommunistischen Partei.

(Abg. Paul [Düsseldorf] : Bruch der Geschäftsordnung! — Unruhe.)

— Von wem stammte dieser Einwurf?

(Abg. Paul [Düsseldorf]:: I c h habe diesen Zwischenruf gemacht!)

— Herr Abgeordneter Paul, ich verstand „Bruch der Geschäftsordnung". Ich rufe Sie zur Ordnung, Herr Abgeordneter Paul.

(Lachen bei der KPD. — Zuruf rechts: _ Kaum der Mühe wert!)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, die Sie dem Antrag der Gruppe der Kommunistischen Partei, Umdruck Nr. 498 Ziffer 4, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —

(Aha-Rufe links.)



(Präsident Dr. Ehlers)

Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit, der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Goetzendorff, Umdruck Nr. 499 Ziffer 3 a betreffend § 15 Abs. 1. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, — —

(Abg. Dr. von Golitschek: Der ist gleichlautend mit Nr. 496!)

— Herr Abgeordneter von Golitschek, ich bitte freundlichst, darauf hinweisen zu dürfen, daß ich bei Ziffer 3 a des Antrags des Abgeordneten Goetzendorff bin. Sie sprechen von 3 b — Wir sind uns inzwischen einig geworden.
Ich bitte die Damen und Herren, die für den Antrag des Abgeordneten Goetzendorff zu 3 a, betreffend Nr. 2, § 15, Abs. 1 sind, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen wenige Stimmen abgelehnt.
Meine Damen und Herren, zu Umdruck Nr. 492 Ziffer 3 b schlage ich Ihnen vor, daß wir über den Antrag der SPD, den Antrag der Abgeordneten Strauß, Dr. Solleder und Genossen — Umdruck Nr. 494 — und den Antrag der Föderalistischen Union — Umdruck Nr. 495 Ziffer 2 — gemeinsam abstimmen, unabhängig von der Frage, ob das Ziffer 6 oder Ziffer 11 a wird, wenn das angenommen würde; ich glaube, darüber könnte man sich verständigen. Sind Sie damit einverstanden?

(Zustimmung.)

Ich bitte die Damen und Herren, die diesen drei
Anträgen — insofern einem einheitlichen Antrage
— zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Bei wenigen Enthaltungen gegen wenige Stimmen angenommen.
Darf ich jetzt die Frage stellen, ob es als Ziffer

(Zurufe: Der Schlußredaktion überlassen! — Vom Ausschuß bis zur dritten Lesung klären lassen!)

— Bis zur dritten Lesung wird das vom Ausschuß geklärt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Dr. Kather und Genossen Umdruck Nr. 496 Ziffer 2 und den Antrag des Herrn Abgeordneten Goetzendorff Umdruck Nr. 499 Ziffer 3 b.

(Abg. Seuffert: Zur Abstimmung!)

— Zur Abstimmung Herr Abgeordneter Seuffert.

Walter Seuffert (SPD):
Rede ID: ID0120713000
Meine Damen und Herren! Es ist außerordentlich schwer zu sagen, welcher von den beiden Anträgen — unsere Fassung oder die Fassung des Antrags Dr. Kather und Genossen und Goetzendorff — der weitergehende ist. Praktisch dürften sie auf dasselbe hinauslaufen. Der Unterschied, der bei der sogenannten und unmittelbaren Benutzung für mildtätige Zwecke gemacht ist, scheint mir kaum ins Gewicht zu fallen; denn gerade eine Benutzung für mildtätige Zwecke kann j a wohl immer nur unmittelbar sein. Im übrigen gilt das, was hier auf etwas andere Weise ausgedrückt ist, auch bei unserem Antrag. Denn es ist auch in diesem ausdrücklich gesagt, daß sogenannte Geschäftsbetriebe — was nicht Erwerbsbetriebe sein müssen! —, die nach der Gemeinnützigkeitsverordnung steuerfrei bleiben können oder steuerunschädlich sind, ebenfalls hier abgabefrei sind. Das ganze bedeutet nur eine Anpassung der hier
geltenden Befreiungen an die Befreiungen des öffentlichen Vermögens selbst unter Benutzung der Ausdrücke und feststehenden Regeln der Gemeinnützigkeitsverordnung. Ich würde es, damit nicht widersprechende Abstimmungen erfolgen und damit nicht ein mißverständliches Abstimmungsergebnis herauskommt, begrüßen, wenn die Antragsteller des Umdrucks Nr. 499 und des Antrags Dr. Kather und Genossen sich unserem Antrag anschlössen, der eigentlich nur den einen Vorzug hat, daß die geläufigen Begriffe der Gemeinnützigkeitsverordnung hier verwandt werden.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120713100
Darf ich die Antragsteller fragen, ob sie mit dieser Regelung einverstanden sind. — Herr Abgeordneter Dr. Kather ist einverstanden, — Herr Abgeordneter Goetzendorff ebenfalls. Ich darf dann feststellen, daß wir lediglich über den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 492 Ziffer 3 c abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Dieses Abstimmungsergebnis ist zweifelhaft. Ich bitte Sie freundlichst, das im Wege des Hammelsprungs zu klären. Wer für den SPD-Antrag ist, muß den Saal durch die Ja-Tür betreten.
Ich darf Sie bitten, im Interesse der Beschleunigung den Saal möglichst bald zu räumen.

(Die Abgeordneten verlassen den Saal.) Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.


(Wiedereintritt und Zählung der Abgeordneten.)

Ich bitte, die Abstimmung zu schließen.
Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Für den Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei haben 153 Abgeordnete gestimmt, dagegen 165, bei einer Enthaltung. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Atzenroth betreffend Ziffer 17. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Atzenroth, nach dem in Ziffer 17 die Worte „und die kassenärztlichen Vereinigungen" eingefügt werden sollen, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Damit komme ich zur Abstimmung über § 15 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 15 in der Ausschußfassung mit Berücksichtigung der Änderung, die auf Antrag der Herren Abgeordneten Solleder und Genossen, der Föderalistischen Union und der Abgeordneten der SPD-Fraktion angenommen ist, zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. § 15 ist angenommen.
Ich rufe auf § 16. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich rufe auf § 17. — Ebenfalls keine Wortmeldungen.
Ich bitte die Damen und Herren, die beiden Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. Die beiden Paragraphen sind angenommen.
Ich komme zum Zweiten Titel. Die Berichterstattung ist auch für diesen Titel erfolgt. Ich rufe auf § 18, Bemessungsgrundlage. — Keine Wortmeldungen. § 18 a. — Keine Wortmeldungen. § 18 b — Ebenfalls keine Wortmeldungen.


(Präsident Dr. Ehlers)

Ich bitte die Damen und Herren, die den drei aufgerufenen Paragraphen 18, 18 a und 18 b zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. Die drei Paragraphen sind angenommen.
Meine Damen und Herren, wünschen Sie, daß wir § 19 noch in Angriff nehmen?

(Lebhafter Widerspruch.)

— Offenbar besteht nicht der Wunsch.
Der Abgeordnete Goetzendorff wünscht noch das Wort zu einer persönlichen Bemerkung.

Günter Goetzendorff (WAV):
Rede ID: ID0120713200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Ehr en hat seiner Verwunderung darüber Ausdruck verliehen, daß ich eine Anzahl Änderungsanträge gestellt habe, die wörtlich den Anträgen der Abgeordneten Kather und Genossen gleichen. Als Vertriebener hätte Kollege Ehren sich eigentlich nicht wundern, sondern freuen sollen, daß ich einige Forderungen des BvD, die ich ebenfalls anerkenne, auch zu meinen eigenen erhoben habe.

(Unruhe.)

Wenn der Kollege Ehren weiter sagt, daß ich nicht an einer einzigen Sitzung des Ausschusses für den Lastenausgleich teilgenommen habe, so ist festzustellen, daß er wahrscheinlich in der Diätenliste nachgesehen hat.

(Anhaltende Unruhe und Zurufe.)

In dieser stehe ich aber nicht verzeichnet. Die unabhängigen Abgeordneten erhalten nämlich kein Sitzungsgeld von 30 DM für eine Ausschußsitzung. Wenn er in der Anwesenheitsliste nachgeschaut hätte, hätte er mich öfters verzeichnet gefunden.

(Abg. Kemmer: Zweimal! — Anhaltende Zurufe und Unruhe.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0120713300
Meine Damen und Herren, nachdem Sie diese persönliche Erklärung zur Kenntnis genommen haben, berufe ich die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, 9 Uhr, zur Fortsetzung der zweiten Beratung des Lastenausgleichsgesetzes und schließe die 207. Sitzung des Deutschen Bundestags.