Protokoll:
11104

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 11

  • date_rangeSitzungsnummer: 104

  • date_rangeDatum: 28. Oktober 1988

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 12:43 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/104 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz) (Drucksache 11/2387) b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Ausbau des Schienenwegenetzes der Deutschen Bundesbahn (Drucksache 11/2410) c) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (Drucksache 11/2411) d) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (Drucksache 11/2412) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Stückgutfracht 88 (Drucksachen 11/785, 11/1509) f) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Abkopplung Wiesbadens vom IC-Netz der Deutschen Bundesbahn (Drucksachen 11/1124, 11/1665) g) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Beabsichtigte Auflösung von Tarifpunkten im Wagenladungsverkehr der Deutschen Bundesbahn (Drucksachen 11/857, 11/1750) h) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Schnellbahnverbindung Köln-Paris (Drucksachen 11/387 (neu), 11/1961) i) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN: Schienenausbaustrecke Dortmund-Kassel zu dem Antrag der Abgeordneten Urbaniak, Daubertshäuser, Amling, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Schnellbahnverbindung Dortmund-Kassel zu dem Antrag der Abgeordneten Tillmann, Straßmeir, Dr. Pohlmeier, weiterer Abgeordneter und der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP: Ausbau des DB-Abschnitts Paderborn-Kassel (Drucksachen 11/1154, 11/1414, 11/1690, 11/2331) j) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zu einem europäischen Netz für Hochgeschwindigkeitszüge (Drucksachen 11/935, 11/2587) k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Wieczorek-Zeul, Daubertshäuser, II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 Antretter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: IC-Anbindung Wiesbaden (Drucksache 11/1616) 1) Beratung des Antrags der Abgeordneten Daubertshäuser, Antretter, Bamberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: DB-Strecke Ruhr-Sieg/RheinSieg (Drucksache 11/2694) m) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN: Ausbau und Verbesserung der Ruhr-Sieg- und Rhein-Sieg-Strecke (Drucksache 11/3072) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags der Abgeordneten Weiss (München), Frau Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN: Vorschläge der Koalitionsarbeitsgruppe Bahn zur Sanierung der Deutschen Bundesbahn (Drucksache 11/3162) Straßmeir CDU/CSU 7165 A Daubertshäuser CDU/CSU 7166 C Kohn FDP 7169A Weiss (München) GRÜNE 7171D, 7188A, 7193C Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . . 7173B Dr. Jobst CDU/CSU 7176D Haar SPD 7178D Gries FDP 7180D Frau Wollny GRÜNE 7182 B Jung (Limburg) CDU/CSU 7184 A Kretkowski SPD 7185 B Bauer CDU/CSU 7189B Antretter SPD 7191 A Böhm (Melsungen) CDU/CSU 7192 D Tagesordnungspunkt 19: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht des Bundesministers für das Post-und Fernmeldewesen über die Erschließung des Zonenrandgebietes im Bereich des Post- und Fernmeldewesens (Drucksachen 10/6790, 11/2294) Böhm (Melsungen) CDU/CSU 7194 B Büchler (Hof) SPD 7195B Wolfgramm (Göttingen) FDP 7197 A Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . 7197D Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 7199A Seidenthal SPD 7200 D Dr. Hennig, Parl. Staatssekretär BMB . 7202A Nächste Sitzung 7203 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 7205* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zum Punkt 16 der Tagesordnung (Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Untersuchungshaft) 7205* C Anlage 2a Amtliche Mitteilungen 7206* B Anlage 3 Zahl der Aussiedler seit 1983, die Arbeit aufgenommen haben oder arbeitslos gemeldet sind MdlAnfr 8 21.10.88 Drs 11/3166 Hinsken CDU/CSU SchrAntw PStSekr Vogt BMA 7206* D Anlage 4 Auflösung der Generalvertretungen für den Güterverkehr der Bundesbahn, insbesondere in Bamberg MdlAnfr 11, 12 21.10.88 Drs 11/3166 Verheugen SPD SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 7207* A Anlage 5 Beschleunigung der Bauarbeiten an stark befahrenen Autobahnstrecken, insbesondere an der A8 am Irschenberg MdlAnfr 15, 16 21.10.88 Drs 11/3166 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Schulte BMV . . . 7207* B Anlage 6 Auswirkungen des niederländischen Einspruchs gegen das Abkommen zur Verminderung der Salzeinleitungen durch die elsässischen Kaliminen in den Rhein MdlAnfr 17, 18 21.10.88 Drs 11/3166 Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gröbl BMU 7207* D Anlage 7 Beseitigung von Klärschlämmen nach dem Verbot der Verwendung als Düngemittel; Erprobung des Schwelbrennverfahrens als Alternative zur Müllverbrennung MdlAnfr 19, 20 21.10.88 Drs 11/3166 Grünbeck FDP SchrAntw PStSekr Gröbl BMU 7208* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 III Anlage 8 Frühere Unregelmäßigkeiten in der Dienstführung der beiden in Untersuchungshaft genommenen Beamten des Bundesministeriums für Forschung und Technologie; Gründe für die Versetzung eines Beamten aus dem Ministerbüro MdlAnfr 24, 25 21.10.88 Drs 11/3166 Vosen SPD SchrAntw PStSekr Dr. Probst BMFT . . . 7209* A Anlage 9 Verantwortliche Vorgesetzte im Bundesministerium für Forschung und Technologie im Zusammenhang mit der Festnahme von zwei Beamten MdlAnfr 26, 27 21.10.88 Drs 11/3166 Fischer (Homburg) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Probst BMFT . . . 7209* B Anlage 10 Förderung des Exports von Hochtemperatur-atomreaktoren MdlAnfr 29 21.10.88 Drs 11/3166 Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE SchrAntw PStSekr Dr. Probst BMFT . . . 7209* D Anlage 11 Im Rahmen des Moskau-Besuchs von Bundeskanzler Dr. Kohl vorgesehene Nukleargeschäfte und -vereinbarungen MdlAnfr 30 21.10.88 Drs 11/3166 Brauer GRÜNE SchrAntw PStSekr Dr. Probst BMFT . . . 7210* A Anlage 12 Ermöglichung der Einreise des wegen Mordes im Zweiten Weltkrieg in der Sowjetunion in Abwesenheit zum Tode verurteilten Boleslav Maikowskis in die Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 31 21.10.88 Drs 11/3166 Dr. Emmerlich SPD SchrAntw StMin Schäfer AA 7210* B Anlage 13 Interventionen für die Freilassung der in Afghanistan festgehaltenen Deutschen seit dem 13. Oktober 1988 MdlAnfr 32 21.10.88 Drs 11/3166 Gansel SPD SchrAntw StMin Schäfer AA 7210* C Anlage 14 Verhandlungen mit der CSSR über die Wiedereröffnung des Grenzübergangs Waldsassen und die Neueinrichtung des Grenzübergangs Waidhaus MdlAnfr 35 21.10.88 Drs 11/3166 Stiegler SPD SchrAntw StMin Schäfer AA 7211* A Anlage 15 Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts betr. § 55 des Beamtenversorgungsgesetzes; Härtefallregelung MdlAnfr 36, 37 21.10.88 Drs 11/3166 Müller (Wesseling) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . . 7211* C Anlage 16 Ausstehende Entscheidung über den Asylantrag des wegen Mordes im Zweiten Weltkrieg in der Sowjetunion in Abwesenheit zum Tode verurteilten Boleslav Maikowskis MdlAnfr 38 21.10.88 Drs 11/3166 Dr. Emmerlich SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . . 7211* D Anlage 17 Zahl der jährlich in der Bundesrepublik Deutschland verkauften Goldmünzen MdlAnfr 39 21.10.88 Drs 11/3166 Uldall CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . . 7211* D Anlage 18 Höhe der Strukturhilfen an die einzelnen Bundesländer im Falle des Verzichts auf die Sonderzuweisung an Rheinland-Pfalz sowie die Sockelbeträge und bei Anwendung der Kriterien Bruttoinlandsprodukt, Arbeitslosenquote und Sozialhilfelasten im Landesdurchschnitt MdlAnfr 40 21.10.88 Drs 11/3166 Hüser GRÜNE SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . . 7212* A Anlage 19 Ergebnis und Konsequenzen des Modellversuchs in Grafenwöhr über Schießlärm MdlAnfr 41 21.10.88 Drs 11/3166 Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . . 7212* C Anlage 20 Schaffung neuer Arbeitsplätze an Stahlstandorten und Bereitstellung öffentlicher Mittel zur Finanzierung von Sozialplänen an IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 gesichts der günstigen Auftrags- und Ertragslage der deutschen Stahlindustrie MdlAnfr 42 21.10.88 Drs 11/3166 Dr. Lammert CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Wartenberg BMWi 7212* D Anlage 21 Genehmigung des Exports von Mulitisensorplattformen durch die Firma MBB nach Südafrika angesichts des vereinbarten Rüstungsembargos und der Bedenken des Auswärtigen Amtes MdlAnfr 43, 44 21.10.88 Drs 11/3166 Frau Olms GRÜNE SchrAntw PStSekr Dr. von Wartenberg BMWi 7213* A Anlage 22 Genehmigungen für Exporte nach dem Außenwirtschaftsgesetz in den Iran und Irak in den letzten sechs Monaten MdlAnfr 45 21.10.88 Drs 11/3166 Gansel SPD SchrAntw PStSekr Dr. Riedl BMWi . . . . 7213* C Anlage 23 Zugang zu den EG-Märkten für landwirtschaftliche Produkte aus Entwicklungsländern MdlAnfr 46 21.10.88 Drs 11/3166 Kroll-Schlüter CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Riedl BMWi . . . . 7213* D Anlage 24 Abgabe an die Filmförderungsanstalt durch private Fernsehanbieter MdlAnfr 47, 48 21.10.88 Drs 11/3166 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD SchrAntw PStSekr Dr. Riedl BMWi . . . . 7214* A Anlage 25 Bemühungen der Bundesregierung um Ansiedlung eines neuen Ford-Motorwerks in der Bundesrepublik Deutschland in Konkurrenz zu Großbritannien MdlAnfr 49 21.10.88 Drs 11/3166 Schreiner SPD SchrAntw PStSekr Dr. Riedl BMWi . . . . 7214* C Anlage 26 Annahme der Möglichkeiten des Rahmenplans der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" 1988 bis 1991 bezüglich der Flächenstillegung zur Mengenbegrenzung durch die Landwirte in den einzelnen Bundesländern MdlAnfr 50, 51 21.10.88 Drs 11/3166 Dr. Hitschler FDP SchrAntw PStSekr Dr. von Geldern BML . 7214* D Anlage 27 Markt für landwirtschaftliche Produkte aus Entwicklungsländern MdlAnfr 52 21.10.88 Drs 11/3166 Kroll-Schlüter CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Geldern BML . 7216* B Anlage 28 Regelung der Bestandsobergrenzen bei der Tierhaltung in EG-Ländern; Überprüfung der EG-Statistiken zur Vermeidung von Getreidemanipulationen MdlAnfr 53, 54 21.10.88 Drs 11/3166 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Geldern BML . 7216* D Anlage 29 Plakatwerbung der Bundeswehr für eine „Vorführung von gepanzerten Gefechtsfahrzeugen der ehemaligen Wehrmacht in der Bewegung" am „Tag der gepanzerten Kampftruppen" in Munster MdlAnfr 55, 56 21.10.88 Drs 11/3166 Frau Bulmahn SPD SchrAntw PStSekr Dr. Würzbach BMVg . 7217* C Anlage 30 Ausstellung und Vorführung von Waffen der ehemaligen Wehrmacht anläßlich des „Tages der gepanzerten Kampftruppen" und ähnlicher Vorfälle MdlAnfr 57, 58 21.10.88 Drs 11/3166 Frau Fuchs (Verl) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Würzbach BMVg . 7217* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 7163 104. Sitzung Bonn, den 28. Oktober 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 28. 10. Austermann 28. 10. Frau Beck-Oberdorf 28. 10. Dr. von Bülow 28. 10. Clemens 28. 10. Frau Conrad 28. 10. Frau Dempwolf 28. 10. Frau Eid 28. 10. Frau Fuchs (Köln) 28. 10. Frau Garbe 28. 10. Gattermann 28. 10. Frau Geiger 28. 10. Dr. Geißler 28. 10. Dr. Glotz 28. 10. Dr. Göhner 28. 10. Dr. Häfele 28. 10. Dr. Hauff 28. 10. Dr. Haussmann 28. 10. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 28. 10. Hiller (Lübeck) 28. 10. Dr. Jahn (Münster) 28. 10. Kalb 28. 10. Dr. Kappes 28. 10. Dr. Köhler (Wolfsburg) 28. 10. Kolb 28. 10. Koschnick 28. 10. Dr. Kreile 28. 10. Leonhart 28. 10. Frau Dr. Martiny-Glotz 28. 10. Dr. Mechtersheimer 28. 10. Dr. Mertens (Bottrop) 28. 10. Dr. Mitzscherling 28. 10. Dr. Müller * 28. 10. Nagel 28. 10. Frau Pack * 28. 10. Paintner 28. 10. Peter (Kassel) 28. 10. Pfeifer 28. 10. Rawe 28. 10. Repnick 28. 10. Reuschenbach 28. 10. Frau Rock 28. 10. Schäfer (Mainz) 28. 10. Schanz 28. 10. Frau Schmidt (Nürnberg) 28. 10. von Schmude 28. 10. Dr. Schneider (Nürnberg) 28. 10. Frau Schoppe 28. 10. Seesing 28. 10. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 28. 10. Dr. Soell * 28. 10. Dr. Stavenhagen 28. 10. Frau Steinhauer 28. 10. Stobbe 28. 10. Frau Dr. Timm 28. 10. Frau Trenz 28. 10. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Vahlberg 28. 10. Frau Dr. Vollmer 28. 10. Vosen 28. 10. Dr. Waffenschmidt 28. 10. Dr. von Wartenberg 28. 10. Dr. Wieczorek 28. 10. von der Wiesche 28. 10. Wissmann 28. 10. Zierer 28. 10. Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zum Punkt 16 der Tagesordnung (Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Untersuchungshaft) *) : Marschewski (CDU/CSU): Die Diskussion über die Untersuchungshaft ist schon seit langem ein bedeutendes kriminalpolitisches Feld legislatorischer und wissenschaftlicher Bemühungen des Strafprozesses: Und auch an dieser Stelle habe wir schon mehrfach hierüber diskutiert. Die Begründung hierfür liegt auf der Hand: Die Anordnung der Untersuchungshaft ist auf der einen Seite der schwerstmöglichste staatliche Eingriff in die Rechte einer „unbescholtenen" Person. Andererseits aber schützt diese Anordnung den staatlichen Strafanspruch und ermöglicht schließlich die Verwirklichung der mit der Strafe verfolgten Zwecke. Gerade hier liegt die Begründung der intensiven und zeitaufwendigen Diskussionsphase der Koalition: Wir nehmen Grundgesetz und internationales Recht sehr ernst: Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Niemand darf willkürlich festgenommen oder in Haft gehalten werden. Deswegen auch die bekannte Aussage des Deutschen Anwaltvereins: Wird denn wirklich bei uns zu schnell verhaftet und zu lange eingesperrt? Richtig ist, daß die Dauer der Untersuchungshaft mit durchschnittlich 114 Tagen im europäischen Vergleich immer noch zu hoch ist. Richtig ist auch, daß nicht einmal bei der Hälfte der Fälle, in denen Fluchtgefahr wegen der Höhe der Straferwartung Anlaß für einen Haftbefehl war, das Verfahren mit einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr abgeschlossen wurde. Und nachdenklich stimmt auch, daß höchstens in einem Viertel der Fälle die U-Haft ausgesetzt, also Haftverschonung angeordnet wurde. Wir haben im Referentenentwurf des BMJ Lösungsvorschläge unterbreitet: Wir werden den Freiheitsanspruch des Bürgers sichern, wir werden aber auch die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege beachten. Nun zu den wesentlichsten Positionen des vorliegenden Gesetzentwurfes: *) Siehe 103. Sitzung, Seite 7157 C 7206* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 1. Voraussetzung der U-Haft soll nach dem Gesetzentwurf der GRÜNEN eine zu erwartende vollstreckbare Freiheitsstrafe sein, die auf Grund ihrer Höhe nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Mit dieser, ich meine, unklaren Formulierung will der Entwurf auf die konkrete Straferwartung abstellen: Dies ist zu weitgehend. Denn es würde bedeuten, daß in allen Zweifelsfällen, in denen ungewiß ist, welche Strafe später in der Hauptverhandlung verhängt werden wird, von einer Anordnung der U-Haft abgesehen werden müßte. Und solche Zweifelsfälle dürften doch bei einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe die Regel sein! 2. Nach Ihrem Entwurf soll der besondere Haftgrund der Tatschwere bei Tötungsdelikten und in Fällen anderer Schwerkriminalität gestrichen werden. Dieser Auffassung können wir nicht folgen. Der Haftgrund der Tatschwere hat erhebliche praktische Bedeutung; er dient der Sicherung des Rechtsfriedens; er ist vom Bundesverfassungsgericht als mit dem Grundgesetz in jeder Hinsicht vereinbar anerkannt worden. Wenn DIE GRÜNEN übrigens in diesem Zusammenhang ohne jegliche Begründung den Wegfall der U-Haft für die „Bildung terroristischer Vereinigungen" (§ 129a StGB) vorsehen, so erinnert mich dies an Äußerungen ihrer Kollegin Ditfurth, die neulich den Terror und den Schrecken offensichtlich herbeirief. Dies ist keine Antwort unseres Rechtsstaates auf die fortdauernde Herausforderung durch Gewalt und Terrorismus. Diese Koalition ist fest entschlossen, die Herrschaft des Rechts zu gewährleisten. Wir werden die Freiheit der Bürger und deren friedliches Zusammenleben schützen und der Gewalt in allen Erscheinungsformen entgegentreten. Die kurze Zeit erlaubt mir nicht, mich an dieser Stelle noch ausgiebiger mit Ihrem Gesetzentwurf auseinanderzusetzen. Ich denke dabei an die Einschränkungen der Voraussetzungen der Fluchtgefahr oder an die obligatorische Haftprüfung bereits nach 14 Tagen. Ich habe aber die Hoffnung, daß diese Diskussion mit dazu beiträgt, die Haftzahlen erneut zu reduzieren, wie dies in der unmittelbaren Vergangenheit bereits geschehen ist. Denn es bleibt dabei: Das Strafrecht und seine Anwendung sind der „Seismograph der Staatsverfassung". Wir werden diesem strafrechtlichen Imperativ unter Berücksichtigung der durch die Göttinger Studie festgestellten Rechtswirklichkeit in den anstehenden Ausschußberatungen höchste Beachtung schenken. Anlage 2a Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 14. Oktober 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1988 (Nachtragshaushaltsgesetz 1988) Gesetz zu dem Abkommen vom 5. Mai 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Östlich des Uruguay zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen Gesetz zu dem Vertrag vom 29. Oktober 1985 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko über die Rechtshilfe und Rechtsauskunft in Zivil- und Handelssachen Gesetz zu dem Zusatzvertrag vom 21. Oktober 1986 zum Auslieferungsvertrag vom 20. Juni 1978 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Innenausschuß Drucksache 11/2736 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/2070 Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Drucksache 11/2724 Nr. 30, 32 Drucksache 11/2841 Nr. 18 Drucksache 11/2899 Nr. 3.28 Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Vogt auf die Frage des Abgeordneten Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 11/3166 Frage 8): Wie viele Aussiedler, die in diesem Jahr in die Bundesrepublik Deutschland gekommen sind, haben bereits eine Arbeit aufgenommen bzw. sind als arbeitslos gemeldet (jeweils in absoluten Zahlen und prozentual), und wie lauten die Vergleichszahlen seit 1983? Die Statistiken über die Erwerbstätigen und die Beschäftigten enthalten keine Angaben über die Aussiedler. Ich kann daher nicht sagen, wie viele 1988 schon eine Arbeit aufgenommen haben. Die Zahl der arbeitslosen Aussiedler wird bisher bei den Bestandserhebungen im September jeden Jahres gesondert erfaßt. Über die diesjährige Erhebung liegen noch keine Ergebnisse vor. In den vergangenen Jahren seit 1983 lauten die Zahlen wie folgt: Im September 1983 waren 35 536 Aussiedler arbeitslos; im September 1984 33 452; im September 1985 30 326; im September 1986 29 831; im September 1987 36 579. Der Anteil an der Gesamtarbeitslosigkeit betrug zuletzt 1,7 v. H. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 7207 Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Verheugen (SPD) (Drucksache 11/3166 Fragen 11 und 12): Aus welchen betriebswirtschaftlichen Gründen ist die Auflösung von Generalvertretungen für den Güterverkehr der Deutschen Bundesbahn beschlossen worden, besonders die Auflösung der Generalvertretung Bamberg? Wie sollen die derzeitigen Mitarbeiter der Generalvertretungen für den Güterverkehr der Deutschen Bundesbahn künftig eingesetzt werden, besonders die der Generalvertretung Bamberg? Zu Frage 11: Die künftige Trennung des Absatzbereichs (Verkaufsbereichs) in den Regionen nach Personenverkehr und Güterverkehr soll wirtschaftliche und leistungsfähige Organisationseinheiten schaffen. Die Deutsche Bundesbahn hat hierfür unter anderem Umsatzzahlen zugrunde gelegt, die von den derzeitigen Generalvertretungen Güterverkehr nicht erfüllt werden (z. B. 125 Millionen realer Jahresumsatz). Dies erfordert eine Straffung der bisherigen 47 Generalvertretungen Güterverkehr auf künftig 37. Im Bezirk der Bundesbahndirektion Nürnberg sind deshalb künftig anstelle von bisher fünf nur noch vier Generalvertretungen Güterverkehr vorgesehen. Die Entscheidung für die Standorte Bamberg—Hof hat der Vorstand wie folgt begründet: 1. Nach den Rahmenbedingungen kann für den Raum Bamberg—Hof nur ein Standort für eine Generalvertretung Güterverkehr vorgesehen werden. 2. Die Region Hof liegt sehr weit entfernt von der dominierenden Wirtschaft- und Verkehrsachse Würzburg—Nürnberg—Regensburg und besitzt wichtige Schienenübergänge zur DDR und nach Osteuropa (Grenzspeditionen). 3. Bamberg liegt dagegen noch im Einzugsbereich der vorstehend genannten Achse und ist von Nürnberg aus schneller erreichbar. Zu Frage 12: Bei den aufzulösenden Generalvertretungen Güterverkehr wird zunächst lediglich der Leiter entfallen; weitere Dienstposteneinsparungen lassen sich noch nicht übersehen. Die Deutsche Bundesbahn wird in jedem Einzelfall für eine sozialverträgliche Weiterbeschäftigung am bisherigen Beschäftigungsort oder am Sitz der aufnehmenden Generalvertretung sorgen. In einigen Fällen wird die Deutsche Bundesbahn übergangsweise bis Ende 1990 Stadtbüros am bisherigen Standort einrichten. So wird sie für die nicht der Generalvertretung Güterverkehr Hof zugeordneten östlichen Verkaufsbezirke ein Büro der Generalvertretung Güterverkehr Nürnberg vorsehen. Anlage 5 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Engelsberger (CDU/ CSU) (Drucksache 11/3166 Fragen 15 und 16) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß es an der A 8 München—Salzburg am Irschenberg durch die dort bereits seit längerem bestehende Baustelle zu erheblichen Staus kommt, und wann soll die Baumaßnahme endgültig abgeschlossen sein? Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, auf überdurchschnittlich stark befahrenen Straßenabschnitten die Bauzeit möglichst kurz zu halten, und ist eventuell daran gedacht, durch Überstunden bzw. Schichtarbeit eine Reduzierung zu erreichen? Zu Frage 15: Ja; am 24. Oktober 1988 wurden die Bauarbeiten beendet. Zu Frage 16: Die Bundesregierung hat einvernehmlich mit den Ländern Richtlinien herausgegeben, nach denen Bauarbeiten so zu planen sind, daß der Verkehrsfluß möglichst nur kurze Zeit beeinträchtigt wird. Die Bautermine werden entsprechend kurz festgelegt. In der Regel wird während der Sommerzeit in verlängerten Arbeitsschichten gearbeitet. Die Bundesregierung hat ferner festgelegt, daß die Baufirmen bei der Vergabe Nebenangebote, die eine weitere Verkürzung der vorgegebenen Arbeitszeit ermöglichen, abgeben dürfen. Für eine Verkürzung der Arbeitszeit werden gegebenenfalls auch höhere Kosten in Kauf genommen. Die Länder sind aufgefordert worden, ausdrücklich solche Nebenangebote von den Bietern anzufordern. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gröbl auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Schröder (Freiburg) (CDU/CSU) (Drucksache 11/3166 Fragen 17 und 18): Welche Auswirkungen hat nach Kenntnis der Bundesregierung der Einspruch der Niederlande gegen das „Rheinsalzabkommen" zur Verminderung der Salzeinleitung in den Rhein durch die elsässischen Kaliminen bei Mülhausen? Sind nach Kenntnis der Bundesregierung damit alle bisherigen Pläne und Möglichkeiten zu einer baldigen Reduzierung der Salzeinleitung in den Rhein durch die elsässischen Kaliminen auf Dauer weggefallen, und welche Folgerungen zieht die Bundesregierung hieraus? Nachdem die Niederlande bei der 9. RheinministerKonferenz am 11. Oktober 1988 die von Frankreich vorgeschlagenen Modalitäten und die Finanzierung abgelehnt haben, wird die 2. Phase, nämlich die weitere Verringerung der Chloridbelastung aus den elsässischen Kaliminen um 40 kg/sek. nicht fristgerecht am 5. Januar 1989 beginnen können. Frankreich hat — im Benehmen mit der IKSR und den Vertragsstaaten — alle möglichen Lösungen des Problems untersucht und im „Globalplan" vom Juni 7208* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 d. J. diejenige Lösung vorgeschlagen, die nach seiner Ansicht allein in technischer, finanzieller und ökologischer Sicht durchführbar sei. Die französische Regierung hat dargelegt, daß wegen der Proteste der elsässischen Bevölkerung eine Aufhaldung auf Dauer ebenso ausscheide wie die Versenkung in den Untergrund. Der eingehend überprüfte Bahntransport mit anschließender Versenkung in der Nordsee bei Dünkirchen begegne aus Gründen des Schutzes der Nordsee Bedenken des Vereinigten Königreiches und vor allem Belgiens, aber auch der Niederlande, die auf die im Salz enthaltenen nicht unerheblichen Mengen an Verunreinigungen hingewiesen hätten. Die schrittweise Einleitung in den Rhein ab 1998 sei ökologisch zu verkraften, weil etwa ab diesem Zeitpunkt die Kaliproduktion in den elsässischen Kaliminen abnehmen werde. In jedem Falle werde Frankreich seine Verpflichtung erfüllen, nämlich die Salzfracht entsprechend 60 kg/s zu verringern. Zu mehr allerdings habe sich Frankreich auch nicht verpflichtet, weshalb eine schrittweise Einleitung des aufgehaldeten Salzes ab Ende der 90er Jahre rechtmäßig sei. Ein Versatzbau sei aus technischen Gründen nicht durchführbar und sei aus Gründen des geringen Volumens nicht geeignet, das Problem zu lösen. Nach Art. 2 des Chloridübereinkommens hat Frankreich allein das Recht und die Pflicht, Vorschläge zur Lösung der 2. Phase zu unterbreiten. Diese Vorschläge bedürfen der Zustimmung aller Vertragsparteien. Die niederländische Zustimmung fehlt. Die französische Regierung hat erklärt, daß sie ihre Pflicht mit Vorlage des Globalplanes als erfüllt ansehe und keine weiteren Vorschläge ausarbeiten und vorlegen wolle, weil es keine bessere und vor allem keine billigere Lösung gebe. Bereits die billigste Lösung sei einem Vertragsstaat zu teuer. Dies bedeutet nach vorläufiger Einschätzung der Bundesregierung, daß es schwierig werden dürfte, doch noch für die Durchführung der 2. Phase eine einvernehmliche Lösung zu finden. Wenn aber die weitere Reduzierung der Salzeinleitungen aus den elsässischen Kaliminen nicht realisiert werden kann und — folgt man dem niederländischen Argument — das Chloridproblem am Rhein nicht mehr vordringlich ist, dann macht es weder finanziell noch umweltpolitisch einen Sinn, bei den kleineren Salzeinleitungen an der gesamten übrigen Rheinstrecke gemäß Art. 6 des Vertrages nach Möglichkeiten der Verringerung zu suchen, da hier die Salzreduzierung je nach Art des Abwassers (z. B. Bergbauabwässer) erheblich schwieriger und damit noch weitaus teurer ist. In der Rheinministerkonferenz am 11. Oktober 1988 wurde u. a. auch einvernehmlich festgestellt, daß ein Ansteigen der Salzeinleitungen vermieden werden solle (stand-still). Die Minister der Rheinministerkonferenz beschlossen am 11. Oktober 1988 bis 30. Juni 1989 die neu entstandene Lage zu prüfen. Dies wird bilateral und im Rahmen der internationalen Rheinschutz-Kommission geschehen. Vorbehaltlich der erforderlichen Überprüfung der möglichen Optionen des weiteren Vorgehens geht die Bundesregierung derzeit davon aus, daß der zwischen den Parteien geplante Briefwechsel die Möglichkeit eröffnet, die weitere Durchführung des Chloridübereinkommens einvernehmlich zu regeln. Sollte dies wider Erwarten bis 30. Juni 1989 nicht möglich sein, wird auch die im Vertrag vorgesehene Anrufung eines Schiedsgerichts von der Bundesregierung zu prüfen sein. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gröbl auf die Fragen des Abgeordneten Grünbeck (FDP) (Drucksache 11/3166 Fragen 19 und 20) : Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung zur künftigen Beseitigung von Klärschlämmen, wenn — wie Umweltbundesamt und Bundesgesundheitsamt fordern — die Verwendung als Düngemittel in der Landwirtschaft nicht mehr zulässig sein soll? Hat die Bundesregierung Entscheidungen zur praktischen Erprobung des Schwelbrennverfahrens als Alternative zur Müllverbrennung getroffen? Zu Frage 19: Nach Auffassung der Bundesregierung kommen als Möglichkeiten für die Klärschlammentsorgung außerhalb der Landwirtschaft derzeit nur die Verbrennung und die Deponierung in Betracht. Auf diesen Sachverhalt habe ich bereits in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 28. September 1988 hingewiesen. (Plenarprotokoll 11/96, Seite 6535, Frage 14). Kurzfristig wird, wenn ausreichende Kapazitäten zur Verbrennung nicht zur Verfügung stehen, die Deponierung erfolgen müssen. Darüber hinaus sind möglichst schnell die Kapazitäten zur thermischen Verwertung zu erweitern. Im Hinblick auf den ohnehin bestehenden Bedarf für weitere Hausmüllverbrennungsanlagen erscheint es der Bundesregierung zweckmäßig und wirtschaftlich, in kombinierten Verfahren Hausmüll und Klärschlamm zugleich zu verbrennen. Nach Schätzungen der Bundesregierung wird dies eine Erweiterung der Verbrennungskapazität auf 110 000 t/p.a. zur Folge haben müssen. Das dafür erforderliche Investitionsvolumen wird eine Größenordnung von 275 Millionen DM erreichen. Zu Frage 20: Nein. Die Bundesregierung ist allerdings grundsätzlich bereit, eine Anlage nach dem Schwelbrennverfahren im Entsorgungsmaßstab zu fördern. Vor einer endgültigen Förderentscheidung ist durch den Anbieter des Verfahrens der Nachweis zu erbringen, daß eine zu errichtende Modellanlage ausgereift ist und einen zuverlässigen Betrieb erwarten läßt. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28, Oktober 1988 7209* Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Probst auf die Fragen des Abgeordneten Vosen (SPD) (Drucksache 11/3166 Fragen 24 und 25): Sind die beiden wegen des Verdachts von Finanzmanipulationen in Untersuchungshaft genommenen Beamten des Bundesministeriums für Forschung und Technologie schon früher wegen Unregelmäßigkeiten in ihrer Dienstführung aufgefallen, und wenn ja, mit welchen? Ist es zutreffend, daß einer der beiden Beamten zuvor im Ministerbüro gearbeitet hat, und wenn ja, warum ist er versetzt worden? Die Ermittlungen zu dem von Ihnen angesprochenen Vorgang laufen noch. Sie werden daher verstehen, daß ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Einzelheiten gehen kann. Ich habe jedoch außer Ihnen den Vorsitzenden des FT-Ausschusses, die Obleute der Fraktionen im FT-Ausschuß, die für den Einzelplan des BMFT zuständigen Berichterstatter des Haushaltsausschusses sowie den Präsidenten des Bundesrechnungshofs vorab vertraulich informiert und ihnen zugesagt, sie auch weiter auf dem laufenden zu halten. Zu Frage 24: Die beiden Beamten sind nicht schon früher wegen Unregelmäßigkeiten in ihrer Dienstführung auf gef allen. Es hat lediglich in beiden Fällen je ein disziplinarisches Vorermittlungsverfahren gegeben. Die Verfahren wurden 1982 bzw. 1987 gemäß § 27 Bundesdisziplinarordnung eingestellt. Die Beamten gelten damit insoweit als unbescholten. Zu Frage 25: Einer der beiden Beamten war vom 6. Mai 1985 bis zum 5. April 1988 als Sachbearbeiter (gehobener Dienst) im Ministerbüro eingesetzt. Er hat sich von dort aus auf eine intern ausgeschriebene Position in der Vorprüfungsstelle beworben und ist aufgrund seiner Bewerbung mit Wirkung vom 6. April 1988 umgesetzt worden. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Probst auf die Fragen des Abgeordneten Fischer (Homburg) (SPD) (Drucksache 11/3166 Fragen 26 und 27): Welche Verantwortlichkeiten vorgesetzter Beamter im Bundesministerium für Forschung und Technologie sieht die Bundesregierung im Fall der beiden inhaftierten Beamten? In welchen Positionen und nach welchen Regelwerken haben die beiden inhaftierten Beamten im Bundesministerium für Forschung und Technologie gearbeitet? Die Ermittlungen zu dem von Ihnen angesprochenen Vorgang laufen noch. Sie werden daher verstehen, daß ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Einzelheiten gehen kann. Ich habe jedoch den Vorsitzenden des FT-Ausschusses, die Obleute der Fraktionen im FT-Ausschuß, die für den Einzelplan des BMFT zuständigen Berichterstatter des Haushaltsausschusses sowie den Präsidenten des Bundesrechnungshofs vorab vertraulich informiert und ihnen zugesagt, sie auch weiter auf dem laufenden zu halten. Zu Frage 26: Nach derzeitigem Erkenntnisstand liegt ein Fehlverhalten der Vorgesetzten der beiden Verdächtigen nicht vor. Zu Frage 27: Einer der beiden Verdächtigen war im Haushaltsreferat des BMFT auf den Gebieten Steuerung des Gesamtvollzugs, Jahresrechnung u. a. tätig. Seiner Tätigkeit hatte er die einschlägigen haushaltsrechtlichen Bestimmungen zugrunde zu legen, zu nennen sind insbesondere die Bundeshaushaltsordnung mit Vorläufigen Verwaltungsvorschriften, Haushaltsgesetz mit Einzelplan 30 sowie die jährlichen Haushaltsführungsanordnungen von BMF und BMFT. Der erst seit wenigen Monaten in der Vorprüfungsstelle tätige Verdächtige war im wesentlichen mit Prüfungsaufgaben auf den Gebieten Personal und institutionelle Förderung befaßt. Auch für seine Tätigkeit waren die bereits genannten haushaltsrechtlichen Regelungen maßgeblich, zusätzlich war insbesondere die Vorprüfungsordnung des Bundes zu beachten. Zum konkreten Fall kann allerdings bereits gesagt werden, daß die von Ihnen angesprochene Manipulation nicht durch Ausnutzung rechtlicher Spielräume erfolgte, sondern daß vielmehr versucht wurde, ein nicht ordnungsgemäßes Vorgehen durch Fälschungen zu verdecken. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Probst auf die Frage des Abgeordneten Dr. Daniels (Regensburg) (GRÜNE) (Drucksache 11/3166 Frage 29): Ist in dieser Legislaturperiode geplant, den Export von Hochtemperaturatomreaktoren (HTR) zu fördern und zu genehmigen, und mit welchen Staaten werden diesbezügliche Kontakte unterhalten? Soweit dem BMFT bekannt, unterhält die deutsche Industrie wegen eines eventuellen Exports von Hochtemperaturreaktoren Kontakte mit Japan, den USA, der Volksrepublik China, Indonesien und der Schweiz. Insbesondere ist hinzuweisen auf die am vergangenen Montag zwischen Vertretern der deutschen Industrie und der sowjetischen Seite abgeschlossene Wirtschaftsvereinbarung. Der BMFT plant weder in dieser noch in der nächsten Legislaturperiode, den Export von Hochtemperaturreaktoren finanziell zu fördern. Sollte ein Antrag auf Genehmigung des Exports eines Hochtemperaturreaktors gestellt werden, wird die Bundesregierung ihn nach dem jeweils geltenden Recht prüfen, wofür in erster Linie der BMWi zuständig ist. 7210* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Probst auf die Frage des Abgeordneten Brauer (GRÜNE) (Drucksache 11/3166 Frage 30) : Welche Geschäfte und Vereinbarungen sollen im Rahmen des Moskau-Besuches von Bundeskanzler Kohl im einzelnen im Nuklearbereich abgeschlossen und unterzeichnet werden, und welche Gegenleistungen werden von sowjetischer Seite für bundesdeutsche Nukleartechnologie erbracht werden? Deutsche Firmen haben einen Vorvertrag über die industrielle Zusammenarbeit bei Planung und Bau von Hochtemperaturreaktoren kleiner Leistung in der UdSSR abgeschlossen. Vorgesehen ist der Bau einer großtechnischen HTR-Versuchsanlage und deren Weiterentwicklung mit dem Ziel, die Austrittskühlmitteltemperatur von 750 °C schrittweise auf 950 °C zu erhöhen. Diese Weiterentwicklung soll ggf. durch ein gemeinsames Forschungs- und Entwicklungsprogramm begleitet werden. In diesem Sinn haben der Bundesminister für Forschung und Technologie und das Staatskomitee für die Nutzung der Atomenergie der UdSSR eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet. Ihre Zusammenarbeit soll im Gleichklang mit der Verwirklichung der Industrieverträge durchgeführt werden. Das Projekt würde ein Vorhaben im Sinne des Abkommens über wissenschaftlichtechnische Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie vom 22. April 1987 sein. Die Kosten für die im Rahmen der FuE-Zusammenarbeit zu erbringenden Leistungen werden die deutsche und die sowjetische Seite jeweils selbst tragen. Welche Gegenleistungen von sowjetischer Seite darüber hinaus, insbesondere im Rahmen der industriellen Zusammenarbeit, ggf. zu erbringen sein werden, wird in den über die Abwicklung des Vorhabens in der nächsten Zeit zu schließenden Durchführungsvereinbarungen zu regeln sein. Anlage 12 Antwort des Staatsministers Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Dr. Emmerlich (SPD) (Drucksache 11/3166 Frage 31): Auf Grund welcher Umstände ist dem wegen Massenmordes, begangen während des Zweiten Weltkrieges in der Sowjetunion, in Abwesenheit zum Tode verurteilten Boleslav Maikowskis, der seit 1945 in den USA gelebt hatte, nachdem der oberste Gerichtshof der USA nach zehnjährigem Verfahren 1986 seine Deportation in die Sowjetunion verfügt hatte, die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland und der Aufenthalt in ihr bis zum heutigen Tage möglich gewesen, und hat besagter Boleslav Maikowskis in der Bundesrepublik Deutschland auf Grund seiner Verurteilung einen Asylantrag gestellt? Gegen Maikowskis, der 1951 aus der Bundesrepublik Deutschland in die USA ausgewandert war und dort bis zuletzt gelebt hat, haben die Justizbehörden der USA ein Verfahren zur Ausweisung und Abschiebung durchgeführt, in dem Maikowskis unterlag. Maikowskis war 1965 in der Sowjetunion in der Abwesenheit zum Tode verurteilt worden, wo er im Fall einer Abschiebung mit dem Vollzug der Todesstrafe rechnen müßte. Einem Antrag des Maikowskis gegenüber der Bundesrepublik Deutschland als seinem früheren Aufenthaltsland auf dauernde Übernahme gemäß § 22 Ausländergesetz wurde nicht stattgegeben. Maikowskis erhielt auf späteren Antrag, der mit der Notwendigkeit der Regelung rechtlicher Angelegenheiten in Deutschland begründet war, einen Besucher-Sichtvermerk, der auf drei Monate befristet war. Von der Stadt Münster wurde das Auswärtige Amt davon unterrichtet, daß Maikowskis in Münster einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter gestellt habe. Maikowskis befindet sich zur Zeit aufgrund gerichtlichen Haftbefehls in Untersuchungshaft. Anlage 13 Antwort des Staatsministers Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 11/3166 Frage 32) : Was hat die Bundesregierung seit dem 13. Oktober 1988 getan, um die Freilassung der in Afghanistan von der afghanischen Regierung festgehaltenen deutschen Staatsbürger, der Krankenschwester Lea Hackstedt und des Arztes Benno Splieth, zu erreichen? Die Bundesregierung hatte den Koordinator der Vereinten Nationen für Afghanistan, Prinz Sadruddin Agha Khan, am Rande einer Konferenz zur Afghanistanhilfe in New York am 12. Oktober 1988 gebeten, sich für die beiden deutschen Mediziner gegenüber der afghanischen Seite einzusetzen. Prinz Sadruddin sagte dies zu. Auch der in Kabul ansässige UNDP-Vertreter Englund wurde von ihr angesprochen und versprach am 20. Oktober 1988, sich gegenüber der afghanischen Regierung für Frau Hackstedt und Herrn Dr. Splieth zu verwenden. Die Bundesregierung hat anläßlich der Reise des Herrn Bundeskanzlers nach Moskau dieses Thema gegenüber der sowjetischen Regierung erneut aufgegriffen, und diese gebeten, sich gegenüber der afghanischen Regierung für die umgehende Freilassung der beiden Deutschen einzusetzen. Aufgrund der vielfältigen Bemühungen hatte der deutsche Geschäftsträger in Kabul am 16. Oktober 1988 zum zweiten Male die Gelegenheit, mit den beiden Deutschen zu sprechen. Ihnen geht es den Umständen entsprechend, sie werden medizinisch versorgt und erhalten zusätzliche Verpflegung. Bei den Gesprächen waren wie beim vergangenen Mal Vertreter der afghanischen Behörden anwesend. Die Botschaft bemüht sich weiterhin um die Möglichkeit, beide mindestens einmal pro Woche besuchen zu können. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 7211* Das Schreiben des Herrn Bundespräsidenten vom 6. Oktober 1988 an den Präsidenten der Republik Afghanistan mit dem Appell, Frau Hackstedt und Herrn Dr. Splieth unverzüglich freizulassen, wurde Präsident Najibullah am 25. Oktober 1988 durch den deutschen Geschäftsträger in Kabul überreicht. Der Präsident sagte eine rasche Antwort zu und erklärte, er werde unverzüglich eine Kommission einberufen, um die Haftentlassung der beiden zu beschleunigen. Im Zentrum aller von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen steht die unverzügliche Freilassung Frau Hackstedts und Herrn Dr. Splieths. Anlage 14 Antwort des Staatsministers Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 11/3166 Frage 35): Wie ist der derzeitige Stand der Verhandlungen über die Wiedereröffnung des Grenzübergangs Waldsassen und die Neuerrichtung des Grenzübergangs Waidhaus, und bis wann glaubt die Bundesregierung, mit der CSSR konkrete Vereinbarungen treffen zu können? In der Frage der Wiedereröffnung des Grenzübergangs Waldsassen hat sich gegenüber der Antwort der Bundesregierung vom 29. September 1988 auf Ihre Anfrage vom 23. September 1988 (Drucksache 11/2960, Frage 28 und Anlage 7) keine Änderung ergeben. Die Bundesregierung wird das 15. Treffen der deutschen und tschechoslowakischen Grenzbevollmächtigten am 25./26. Oktober 1988 in München zum Anlaß nehmen, die tschechoslowakische Seite erneut zur baldmöglichen Aufnahme von Gesprächen über die Wiedereröffnung des Grenzübergangs Waldsassen zu drängen. Die tschechoslowakische Seite hat in einer Verbalnote vor kurzem noch einmal ihre Vorstellungen zur Erweiterung und Erneuerung des Grenzübergangs Waidhaus mitgeteilt; darin werden die Ergebnisse der Gespräche von Bundesminister Warnke im Mai 1988 in Prag bestätigt. Danach soll ein Autobahngrenzübergang mit einer neuen Zoll- und Paßabfertigungsstelle für Pkw und Autobusse errichtet werden. Die tschechoslowakische Seite geht vorläufig davon aus, daß der neue Autobahngrenzübergang im Jahre 1997 in Betrieb genommen wird. Wie bereits in der Antwort der Bundesregierung vom 29. September 1988 mitgeteilt, hat die für die Erweiterung und Erneuerung des Grenzübergangs Waidhaus zuständige bayerische Straßenbauverwaltung der tschechoslowakischen Seite mehrfach Gespräche auf Expertenebene angeboten. Die tschechoslowakische Seite ist diesem Angebot bislang nicht nachgekommen. Auf deutscher Seite soll als erster Schritt voraussichtlich im kommenden Jahr das Raumordnungsverfahren eingeleitet werden. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Müller (Wesseling) (CDU/CSU) (Drucksache 11/3166 Fragen 36 und 37): Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung im Hinblick auf die Lösung der Gesamtproblematik des § 55 Beamtenversorgungsgesetz aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu ziehen? Wird es für die betroffenen Personen in absehbarer Zeit zu einer Härteregelung kommen? Zu Frage 36: Die vorbereitende Erörterung des Bundesministers des Innern und des Bundesministers der Finanzen mit den Ländern hat ergeben, daß eine große Mehrheit einen Handlungsbedarf verneint, weil das Bundesverfassungsgericht die Regelung für verfassungsmäßig hält und eine weitere Abmilderung wegen der finanziellen Auswirkungen nicht realisierbar sei. Die abschließende Entscheidung der Bundesregierung ist noch nicht getroffen. Zu Frage 37: Wann die abschließende Entscheidung der Bundesregierung getroffen wird, steht noch nicht fest. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Dr. Emmerlich (SPD) (Drucksache 11/3166 Frage 38): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß dieser Asylantrag offensichtlich unschlüssig und somit unbegründet ist, und warum ist der Asylantrag vom Bundesamt in Zirndorf gleichwohl bis heute nicht beschieden worden? (s. Frage 31 — Anlage 12 —) Über die Begründetheit des Ende Oktober vergangenen Jahres eingebrachten Asylbegehrens entscheidet nach § 4 Absatz 3 Satz 1 Asylverfahrensgesetz ein insoweit weisungsungebundener Bediensteter des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Zirndorf. Die Entscheidung ergeht im Rahmen eines besonders ausgestalteten, förmlichen Verwaltungsverfahrens. Die nach § 12 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes erforderliche Anhörung des Ausländers zu seinem Asylbegehren ist bereits durchgeführt worden, so daß in absehbarer Zeit mit einer Entscheidung über den Asylantrag zu rechnen ist. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Frage des Abgeordneten Uldall (CDU/CSU) (Drucksache 11/3166 Frage 39): 7212* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 Wie viele Goldmünzen werden pro Jahr in der Bundesrepublik Deutschland verkauft (gegliedert nach Herkunftsländern und Gewicht)? Der Bundesregierung stehen keine Zahlen über die in der Bundesrepublik Deutschland verkauften Goldmünzen zur Verfügung. Anhand der Aufzeichnungen des Statistischen Bundesamts über ein- und ausgeführte Goldmünzen ergeben sich jedoch Anhaltspunkte dafür, in welcher Größenordnung Goldmünzen im Bundesgebiet verblieben sind. Für das Jahr 1986 waren dies 9 142 kg im Jahr 1987 7 924 kg. Ich bin gern bereit, Ihnen entsprechende Auszüge aus der Reihe 2 der Fachserie 7, Außenhandel, des Statistischen Bundesamts, gegliedert nach Herstellungs- und Verbrauchsländern, zur Verfügung zu stellen. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Frage des Abgeordneten Hüser (GRÜNE) (Drucksache 11/3166 Frage 40) : Wie würde die Verteilung der jährlich im „Gesetz zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Ländern" (Strukturhilfegesetz) vorgesehenen 2,45 Milliarden DM auf die einzelnen Bundesländer aussehen, wenn auf die Sonderzuweisung an Rheinland-Pfalz und auf die Sockelbeträge verzichtet und zur Aufschlüsselung des Betrags anstelle der im Regierungsentwurf vorgesehenen die folgenden Kriterien gleichgewichtig angewendet würden: 1. Bruttoinlandsprodukt je Einwohner 1987, 2. derzeitige Arbeitslosenquote im Landesdurchschnitt, 3. Umfang der Sozialhilfelasten je Einwohner 1987? Für die Beantwortung Ihrer hypothetischen Frage liegen der Bundesregierung keine Berechnungen vor. Die Bundesregierung hat für die Verteilung der Finanzhilfen Kriterien zugrunde gelegt, die die unterschiedliche Wirtschaftskraft angemessen zum Ausdruck bringen. Sie hat damit dem föderativen Gleichbehandlungsgrundsatz der Verfassung entsprochen, die Länder bei der Verteilung der Finanzhilfen nach den gleichen sachlichen Maßstäben zu behandeln. Die Verfassung gewährt dem Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum, im Rahmen plausibler, allgemein anerkannter Maßstäbe, die Kriterien für die Verteilung festzulegen. Die Bundesregierung hat einen Weg gewählt, der ihrer Auffassung nach eine sachgerechte Verteilung bewirkt. Die gewählten Kriterien, nämlich die Arbeitslosenquote und ergänzend hierzu die Beschäftigtenentwicklung als dynamischer Faktor und das Bruttoinlandsprodukt sind zutreffende Kriterien, die für die Ermittlung der Wirtschaftskraft herangezogen werden können. Das von Ihnen angesprochene Verteilungsmodell ist demgegenüber nicht sachgerecht, weil es durch Streichung der Sockelbeträge die Sondersituationen der Stadtstaaten und des Landes Rheinland-Pfalz nicht berücksichtigt, als Vergleichszeitraum nur ein Jahr und nicht den erforderlichen längeren Zeitraum zugrunde legt und den Arbeitsmarktindikator nur auf Landesebene heranzieht, ohne die örtlichen Besonderheiten zu berücksichtigen. Insbesondere sind aber die Sozialhilfelasten als Indikator zur Bemessung der Wirtschaftskraft ungeeignet. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Frage des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 11/3166 Frage 41): Welches Ergebnis hat die wissenschaftliche Auswertung des Modellversuchs betreffend den Schießlärm in Grafenwöhr, und welche Konsequenzen wird die Bundesregierung daraus ziehen? Der für Ende Juli 1988 erwartete Abschlußbericht über das Pilotprojekt für passive Schallschutzmaßnahmen am Truppenübungsplatz Grafenwöhr ist vom Institut für Lärmschutz in Düsseldorf noch nicht vorgelegt worden. Das Bundesministerium der Finanzen hat den Bericht mehrfach angemahnt und drängt nunmehr auf eine Abgabe noch im November 1988. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Wartenberg auf die Frage des Abgeordneten Dr. Lammert (CDU/CSU) (Drucksache 11/3166 Frage 42): Welche Konsequenzen ergeben sich für die Bundesregierung aus der überraschend günstigen Auftrags- und Ertragslage der deutschen Stahlindustrie für die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze an Stahlstandorten und zur Bereitstellung öffentlicher Mittel zur Finanzierung von Sozialplänen? Mit Rücksicht auf die finanzielle Situation der Stahlunternehmen hat die Bundesregierung ihnen im Oktober 1987 Hilfen zur sozialen Flankierung ihrer Anpassungsmaßnahmen in den Jahren 1987 bis 1990 zugesagt. Wegen der Auswirkung der Anpassungsmaßnahmen auf die Stahlstandorte hat sie im Anschluß an die Kanzlerrunde im Februar 1988 beschlossen, die Mittel zur Schaffung von neuen wettbewerbsfähigen Arbeitsplätzen und zur Verbesserung der wirtschaftsnahen Infrastruktur im Rahmen der BundLänder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" um insgesamt 500 Millionen DM Bundesmittel aufzustocken. Zur Zeit ist die Auftrags- und Ertragslage bei den Stahlunternehmen günstig. Nach der Prognose aller maßgeblichen Institute, der EG-Kommission und der Stahlindustrie wird diese günstige Marktlage jedoch nicht von Dauer sein, weil sie nicht von einer langfristigen Zunahme des Stahlverbrauchs getragen wird. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 7213* Die Strukturanpassung ist deshalb weiterhin notwendig. Dementsprechend sieht die Bundesregierung derzeit keine Veranlassung, ihre Zusage an die Stahlindustrie aus dem Oktober 1987 und die Beschlüsse zur Förderung von neuen Arbeitsplätzen aus dem Februar dieses Jahres zu überprüfen. Denkbar ist allerdings, daß sich aufgrund der guten Marktsituation der Personalabbau bei den Stahlunternehmen zeitlich verzögert und die Hilfen des Bundes für die soziale Flankierung dann nicht in vollem Umfang in Anspruch genommen werden. Die regionale Förderung wird demgegenüber von der aktuell günstigen Stahlmarktlage nicht berührt. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Wartenberg auf die Fragen der Abgeordneten Frau Olms (GRÜNE) (Drucksache 11/3166 Fragen 43 und 44): Trifft es zu, daß die Bundesregierung die Ausfuhr von Multisensorplattformen durch die Firma MBB nach Südafrika im Juni 1988 genehmigt hat, obwohl zum Zeitpunkt der Genehmigung bereits Bedenken seitens des Auswärtigen Amtes gegen diese Ausfuhr im Hinblick auf das völkerrechtlich verbindliche Rüstungsembargo gegenüber Südafrika geäußert wurden, und wurden inzwischen weitere Ausfuhren von Multisensorplattformen nach Südafrika genehmigt? Kann die Bundesregierung ausschließen, daß die bisher ausschließlich militärisch genutzten Multisensorplattformen nach Ausbau einzelner Komponenten via Großbritannien nach Südafrika geliefert wurden oder geliefert werden? Zu Frage 43: Die Ausfuhrgenehmigung für die Multisensorplattformen wurde am 20. März 1985 erteilt und im März 1988 verlängert. Zu diesem Zeitpunkt waren keine Umstände oder Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Ausfuhr auslösen konnten. Erste Hinweise, daß möglicherweise auch eine nicht-zivile Verwendung der Plattformen in Frage kommen könnte, lagen der Bundesregierung erst im Juni dieses Jahres vor. Die Bundesregierung prüft diese Hinweise und hat durch Vereinbarung mit MBB sichergestellt, daß die noch nicht gelieferten 2 Plattformen vorerst nicht ausgeliefert werden. Genehmigungen für weitere Ausfuhren von Multisensorplattformen nach Südafrika wurden zwischenzeitlich nicht erteilt. Zu Frage 44: Die Bundesregierung verfügt über keinerlei Hinweise, daß militärisch genutzte Multisensorplattformen via Großbritannien nach Südafrika geliefert wurden oder werden. Aufgrund der von der Bundesregierung strikt eingehaltenen Waffenembargo-Politik gegenüber Südafrika würden solche Ausfuhren ohnehin nicht genehmigt. Im übrigen verfolgt auch Großbritannien gegenüber Südafrika eine WaffenembargoPolitik entsprechend der UN-Resolution 418. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Riedl auf die Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 11/3166 Frage 45): Hat die Bundesregierung in den letzten sechs Monaten für Exporte in den Iran und Irak nach dem Außenwirtschaftsgesetz in Fällen, die nach dem Außenwirtschaftsgesetz genehmigungspflichtig sind, Genehmigungen erteilt, und beabsichtigt sie, auch wenn zwischen den beiden Staaten noch kein sicherer Frieden vereinbart ist, solche Genehmigungen zu erteilen? Die Bundesregierung hat entsprechend den Politischen Grundsätzen für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern vom 28. April 1982 keine Genehmigungen zur Lieferung von kriegswaffennahen sonstigen Rüstungsgütern im Sinne von Waffen und Munition des Abschnitts A Teil I der Ausfuhrliste erteilt. An dieser restriktiven Exportgenehmigungspraxis gegenüber Iran und Irak wird auch nach dem Waffenstillstand festgehalten. Für andere Waren hat es — wie die Bundesregierung mehrfach erklärt hat — Ausfuhrgenehmigungen nach dem Außenwirtschaftsgesetz gegeben, wobei sich die Bundesregierung an den Grundsatz strikter Neutralität gehalten hat. Nicht genehmigt wurden und werden insbesondere ausfuhrgenehmigungspflichtige Waren, die für die Herstellung chemischer Kampfstoffe geeignet sind. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Riedl auf die Frage des Abgeordneten Kroll-Schlüter (CDU/CSU) (Drucksache 11/3166 Frage 46): In welchem Ausmaß gibt es freien Zugang für die Produkte aus den Entwicklungsländern in die EG hinein? Entwicklungsländer erhalten eine umfassende Vorzugsbehandlung bei der Einfuhr ihrer Waren in die EG. Mit 66 Entwicklungsländern (AKP — Afrika, Karibik, Pazifikraum) hat die EG ein umfassendes Kooperationsabkommen (Lomé) geschlossen, das eine unbeschränkte und zollfreie Einfuhr aller Industriewaren und teilweise auch von Agrarwaren vorsieht. Über 95 % der Lieferungen gelangen so abgabenfrei in die EG. Für einige Agrar-Marktordnungswaren werden Zölle und die Einfuhrabschöpfung ganz oder teilweise erlassen. Allen nicht vom Lomé-Abkommen erfaßten „ärmsten Entwicklungsländern" (LLDC) gewährt die EG praktisch die gleichen Handelsvorteile wie den AKPLändern. Mit den Anrainerstaaten des Mittelmeeres mit Entwicklungsland-Status bestehen ebenfalls präferentielle Abkommen, die Zollfreiheit und die mengenmäßig unbeschränkte Einfuhr für alle Industriewaren vorsehen. Für Agrarwaren bestehen umfassende Zollvorteile. Für alle übrigen Entwicklungsländer gilt das EG-Schema der Allgemeinen Zollpräferenzen, das ebenfalls für grundsätzlich alle industriellen Halb- und Fertigwaren Befreiung von den Zöllen vorsieht, wobei sie 7214* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 für eine Reihe sensibler Einfuhrwaren auf jährliche Höchstmengen beschränkt ist. Im Agrarbereich gewährt die EG im Rahmen des Präferenzschemas für insgesamt etwa 350 Warengruppen Zollvorteile, in vielen Fällen bis zur Zollfreiheit. Die Gemeinschaft hat allerdings im Bereich der Textilien und Bekleidung mit einigen fortgeschrittenen Entwicklungsländern Vereinbarungen über die mengenmäßig begrenzte Einfuhrsteigerung getroffen; auch für Stahleinfuhren aus drei fortgeschrittenen Entwicklungsländern gibt es Absprachen über die Einhaltung der traditionellen Handelsströme und die Vermeidung von nicht marktkonformen Preisen beim Export. Dies soll sicherstellen, daß sich die Umstrukturierung in der europäischen Industrie in geordneten Bahnen vollziehen kann. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Riedl auf die Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Martiny-Glotz (SPD) (Drucksache 11/3166 Fragen 47 und 48): Hat die Bundesregierung — wie der Deutsche Bundestag in einer einstimmigen Resolution am 16. Januar 1986 beschloß — mit den privaten Fernsehanbietern Verhandlungen geführt, um diese zu einer Abgabe an die Filmförderungsanstalt für die Förderung der Spielfilmproduktion zu veranlassen, und welches Ergebnis ist erzielt worden? Teilt die Bundesregierung die Meinung, daß Fernsehveranstalter, welche teure Rechte an Sportveranstaltungen für die Fernsehauswertung kaufen können, finanziell so gestellt sein dürften, daß ihnen — entgegen der 1986 von der Bundesregierung vertretenen Meinung — eine Filmförderungsabgabe abverlangt werden kann, und geht sie dabei vom selben Abgabenniveau wie bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten aus? Zu Frage 47: Das Bundesministerium für Wirtschaft hat mit den Vertretern von SAT 1, RTL Plus und des Bundesverbandes Kabel und Satellit Gespräche über die Beteiligung der privaten Fernsehveranstalter an der Filmförderung geführt. Es hat dabei die Erwartung ausgesprochen, daß die privaten Veranstalter sich schon für 1989 zu einem angemessenen Beitrag verpflichten, dessen Höhe bestimmt ist durch die Reichweite der fraglichen Programme und die Zahl der mit ihnen verbreiteten Spielfilme. Die privaten Veranstalter haben dies im Grundsatz akzeptiert. Sie haben zugesagt, bis Ende September 1989 dem BMWi eine Reichweitenprognose bis 1991 und ihre Vorstellungen über die Höhe des Beitrags zu übermitteln. Dieser Termin wurde nicht eingehalten, das BMWi hat die Informationen mittlerweile angemahnt. Zu Frage 48: Die Höhe der angesprochenen Aufwendungen ist nach Auffassung der Bundesregierung kein geeignetes Kriterium für die Bemessung der Abgabe; daß den Privaten aber ein Beitrag zur Filmförderung abverlangt werden soll und abverlangt werden kann, ist auch unsere Auffassung. Woran sich das Verhältnis der von den Privaten zu erbringenden Filmförderungsabgabe in Relation zu den Leistungen der öffentlich-rechtlichen Anstalten nach Meinung der Bundesregierung orientieren sollte, ergibt sich bereits aus der Antwort auf Frage 1: zu berücksichtigen sind die erreichbare Zuschauerzahl und die Zahl der ausgestrahlten Spielfilme. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Riedl auf die Frage des Abgeordneten Schreiner (SPD) (Drucksache 11/3166 Frage 49): Treffen Presseberichte zu, wonach der Ford-Konzern bei konkurrierenden Standortangeboten für die Aussiedlung eines Motorenwerkes mit einem Investitionsvolumen von 2,5 Milliarden DM und einem Beschäftigungseffekt von 3 000 Arbeitsplätzen sich für Wales entschieden hat, weil die britische Regierung der amerikanischen Konzern-Zentrale im Rahmen der britischen Wirtschaftsförderung Zuschüsse in Höhe von 100 Millionen DM angeboten hat, und welche Anstrengungen hatte die Bundesregierung in der gleichen Sache unternommen? Laut Presseverlautbarung von Ford/Großbritannien wird das Unternehmen in Bridgend/South Wales ein neues Automotorenwerk mit einer Investitionssumme von 725 Millionen Pfund bauen. Nach voller Betriebsaufnahme sollen bei Ford und Zulieferfirmen 3 000 neue Arbeitsplätze entstehen. Die dort gefertigten Motoren werden im wesentlichen Antriebe ersetzen, die auch bisher in Großbritannien produziert wurden. In den Unternehmensplanungen stand für diese Motorenfertigung ein deutscher Standort als Alternative nicht zur Diskussion. Ford erwartet eine staatliche Investitionsunterstützung im Rahmen der britischen Regionalförderung. Einzelheiten sind bisher nicht bekannt. Die für eine derartige Investition in der Bundesrepublik grundsätzlich zur Verfügung stehenden Fördermöglichkeiten im Rahmen der „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" sind dem Unternehmen bekannt. Für die Durchführung dieser Förderung sind ausschließlich die Länder zuständig. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Geldern auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Hitschler (FPD) (Drucksache 11/3166 Fragen 50 und 51): Welche Erkenntnisse und Prozentzahlen liegen der Bundesregierung darüber vor, wie die durch den Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" für den Zeitraum 1988 bis 1991 aufgestellten Intentionen der Flächenstillegung zur Mengenbegrenzung von den Landwirten in den einzelnen Bundesländern angenommen Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 7215* wurden, und besteht ein Zusammenhang zwischen der jeweiligen rechtlichen Ausgestaltung durch die Bundesländer und der Inanspruchnahme dieser Möglichkeiten durch die Landwirte? Wie erklärt sich die Bundesregierung, daß nach ersten Beobachtungen Landwirte im norddeutschen Raum stärker von den Möglichkeiten der Flächenstillegung Gebrauch machen, als dies im süddeutschen Raum der Fall ist, obwohl im Norden eine bessere Qualität der landwirtschaftlich genutzten Böden zu verzeichnen ist und auch die Größe der dortigen Agrarbetriebe die des Südens bei weitem übersteigt, und welche Schlußfolgerungen meint die Bundesregierung eventuell daraus ziehen zu müssen? Zu Frage 50: Über den Stand der Maßnahme der Flächenstillegung in den Bundesländern gibt die beiliegende Tabelle Flächenstillegung — Umfrage — Stand 15. Oktober 1988 — Auskunft. Das Antragsverfahren ist in allen Bundesländern mit Ausnahme von Bayern, Saarland, Rheinland-Pfalz sowie Berlin, in denen Anträge auf Flächenstillegungen noch bis zum 31. Oktober 1988 entgegengenommen werden, abgeschlossen. Am 15. Oktober 1988 waren in den Ländern von den zur Verfügung stehenden Bundes- und Ländermitteln (insgesamt 262,875 Millionen DM) rund 157 Millionen DM beantragt; dies entspricht einer Ausschöpfung für das Bundesgebiet von rund 60 %. Aufgrund der geringen Akzeptanz der Flächenstillegungsmaßnahmen in Bayern wird erwartet, daß die Mittelausschöpfung für das Bundesgebiet am Ende der Antragsfrist unter 70 % liegen wird. Damit werden im ersten Jahr der Maßnahme etwa 160 000 ha stillgelegt. In Hamburg sind die zur Verfügung stehenden Mittel überzeichnet; in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sind sie ausgeschöpft. Eine rege Teilnahme zeichnet sich auch in Baden-Württemberg ab. Die in der Übersicht angegebenen Zahlen für Bayern stellen die bis jetzt (15. Oktober 1988) erfaßten Anträge dar; nach Auskunft des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wird mit einer Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Mittel von 25 bis 30 % gerechnet. Gründe für die geringe Akzeptanz in Bayern dürften — in der relativ späten Antragsfrist (die Landwirte haben ihre Anbauplanung weitestgehend abgeschlossen; die Flächen sind bestellt) und — in der direkten Konkurrenz der Flächenstillegungsmaßnahme zum Bayerischen Kulturlandschaftsprogramm, bei dem im Gegensatz zur Flächenstillegung zusätzlich die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete gezahlt wird, liegen. BML-Referat 311 311-6065/1 19. 10. 1988 3866 Flächenstillegung — Umfrage (Stand: 15. Oktober 1988) stillzulegende Fläche Höhe beantragter zur Verfügung stehende Mittels 1) Ausschöpfung Antragsfrist davon Mittel — in % — Land Zahl der — in ha — Anträge Rotation Dauer Forst ext. nichtl. Grün Nutzung — in Mill.DM — — in % — 1 2 3 4 5 6 7 Schleswig- Holstein 2) 1 301 18 957 15 83 0,5 1,5 — 21,210 21,467 99,8 abgelaufen Niedersachsen 5 283 56 572 38 61 0,2 0,6 0,2 60,4 60,546 99,8 abgelaufen Hessen 2) 3 031 13 331 32 60 0,4 2,0 0,1 14,6 18,425 79,2 abgelaufen Nordrhein- Westfalen 1 793 13 739 28 70 0,3 0,7 0,1 15,6 39,560 39,4 abgelaufen Baden- Württemberg 4 955 22 850 44 52 0,4 3,6 25,74 30,245 85,1 abgelaufen Bayern 3) 1 430 7 389 99 0,8 — 0,2 8,473 75,606 11,2 31. 10. 88 Saarland 29 400 — 4) ca. 85 — 4) - 4) - 4) 0,400 1,399 28,6 31. 10. 88 Rheinland-Pfalz 2) 1 620 9 094 41 — 4) - 4) - 4) - 4) 10,113 15,232 66,4 31. 10. 88 Berlin 1 3 — — — — 100,0 0,003 0,034 7,8 31. 10.88 Bremen 2 12 42 58 — — — 0,012 0,072 16,7 abgelaufen Hamburg 29 349 19 81 — — — 0,432 0,271 159,4 abgelaufen Bundesrepublik Deutschland insgesamt 19 474 142 696 34 5) 64 5) 0,4 5) 0,9 5) 0,1 5) 156,983 262,857 59,7 — 1) Bundes- und Ländermittel 2) Antragsstand 1. Oktober 1988 3) nur EDV-mäßig erfaßte Anträge 4) keine Angaben 5) berücksichtigt wurden nur Länder mit Angaben 7216* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 Unterschiede in der Ausgestaltung der Maßnahmen der Flächenstillegung in den einzelnen Bundesländern betreffen vor allem die weniger in Anspruch genommenen Alternativen der Aufforstung, Umwandlung in extensiv zu nutzendes Grünland sowie die Nutzung für nichtlandwirtschaftliche Zwecke. Vorbehaltlich näherer Analysen nach endgültigem Abschluß des Antragsverfahrens läßt der derzeitige Stand und die sich daraus abzeichnende Situation keine eindeutigen Schlußfolgerungen hinsichtlich des Einflusses rechtlicher Unterschiede auf die Akzeptanz bei den Landwirten zu. Zu Frage 51: Die Gründe für die unterschiedliche Inanspruchnahme der Flächenstillegung in den einzelnen Bundesländern lassen sich auf zwei wesentliche Ursachen zurückführen. — Einer der Hauptgründe dafür, daß in Niedersachsen die Mittel für die Flächenstillegung so stark in Anspruch genommen werden, liegt in der Tatsache, daß die Landwirte dort hinsichtlich ihrer Entscheidung auf zweijährige Erfahrungen mit dem Grünbrache-Großversuch zurückgreifen konnten. Dies hat sich auch auf Schleswig-Holstein ausgewirkt. — Ein weiterer Grund für die starke Inanspruchnahme der Maßnahme liegt in der unterschiedlichen Betriebsgrößenstruktur in den einzelnen Bundesländern. So fällt auf, daß in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg mit überdurchschnittlichen Betriebsgrößen das Antragsvolumen, gemessen an den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln, am größten ist, während Bayern, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit ungünstigerer Betriebsstruktur stark zurückfallen. Diese Korrelation wird nicht sichtbar im Antragsumfang von Baden-Württemberg. In Baden-Württemberg wird vermutlich insbesondere der frühe Beginn und die kurze Antragsfrist sowie die relativ starke Befürwortung der Maßnahme durch den Berufsstand das große Interesse hervorgerufen haben. In Nordrhein-Westfalen, in dem insgesamt eine unterdurchschnittliche Beteiligung an der Flächenstillegung zu verzeichnen ist, ist in den Regionen mit starkem Anteil der Veredlungswirtschaft eine geringere Teilnahme aufgrund des Flächenbedarfs zur Gülleausbringung festzustellen. Angesichts des noch nicht in allen Bundesländern abgeschlossenen Antragsverfahrens bzw. des Fehlens detaillierterer Erkenntnisse über die Beweggründe für eine Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an der Flächenstillegung durch die Landwirte können bislang keine konkreten Schlußfolgerungen gezogen werden. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Geldern auf die Frage des Abgeordneten Kroll-Schlüter (CDU/CSU) (Drucksache 11/3166 Frage 52): Gibt es auf der Welt einen größeren Markt, der für landwirtschaftliche Produkte aus den Entwicklungsländern zugänglicher ist als der Markt der Europäischen Gemeinschaft? Die EG ist tatsächlich seit langem weitaus wichtigster Absatzmarkt für landwirtschaftliche Produkte aus Entwicklungsländern. Im Jahre 1985 z. B. importierte die damalige Zehnergemeinschaft Agrarprodukte aus Entwicklungsländern im Werte von knapp 20 Milliarden US-Dollar. Die USA kamen auf entsprechende Einfuhren von nur 12 Milliarden und Japan auf nur 7,5 Milliarden US-Dollar. Bei den Importen handelt es sich zunächst um die typischen tropischen Produkte für die auch andere Industrieländer einen großen Importbedarf aus Entwicklungsländern haben, wie Kaffee, Kakao, Tee, Kautschuk, Jute, Sisal. Im Gegensatz zu anderen Industrieländern importiert die EG auch größere Mengen von Produkten aus Entwicklungsländern, die mit eigenen Erzeugnissen konkurrieren und dennoch weitgehend abgabenfrei in die EG gelangen. Zu diesen Produkten zählen: Ölsaaten, pflanzliche Öle, Ölkuchen bzw. -schrote, weitere Futtermittel wie Maniok, Melasse, Fischmehl, Kleie, Zitruspellets sowie Südfrüchte und Fruchtkonzentrate. Bei landwirtschaftlichen Produkten, die einer Gemeinsamen Marktordnung unterliegen, wie z. B. bei Getreide, Fleisch und Zucker ging der Bezug aus Entwicklungsländern mit zunehmendem Selbstversorgungsgrad der Gemeinschaft zurück. Beachtliche Ausnahmen hiervon gelten für die AKP-Staaten, insbesondere für Zucker, aber auch für Reis und Rindfleisch, wo besondere Lieferpräferenzen bestehen. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Geldern auf die Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 11/3166 Fragen 53 und 54): In welchem der zwölf Länder der Europäischen Gemeinschaft gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Bestandsobergrenzen der Tierhaltung für Landwirte und in welcher Höhe? In welcher Weise hat die Bundesrepublik Deutschland eine Möglichkeit, die Statistiken der Europäischen Gemeinschaft zu überprüfen, um bei Getreide die gleiche Manipulation wie bei Raps zu verhindern? Zu Frage 53: Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es in keinem Land der Europäischen Gemeinschaften Bestandsobergrenzen, die die Tierhaltung ab einer bestimmten Bestandsgröße verbieten. Dagegen gibt es eine Reihe von Beispielen, daß Betriebe von einer bestimmten Größe oder einer festgelegten Einkommenshöhe an nicht mehr in Förderungsmaßnahmen einbezogen werden oder keine steuerlichen Vergünstigungen erhalten. In der Bundesrepublik Deutschland sind im steuerlichen Bereich die Abgrenzungsvorschriften zwischen landwirtschaftlicher und gewerblicher Tierhaltung am striktesten ausgebildet. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 7217* Der Einkommensausgleich über die Mehrwertsteuer wird Betrieben mit mehr als 330 VE nicht gewährt. In Luxemburg sind die Abgrenzungsvorschriften in Grundzügen dem deutschen Steuerrecht nachgebildet. In einigen übrigen Mitgliedstaaten, z. B. Frankreich und Belgien, werden Betriebe, die bestimmte Tierbestände überschreiten, von gewissen steuerlichen Vergünstigungen ausgeschlossen. In dem Entwurf des Gesetzes zur Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft wird ebenfalls keine Bestandsobergrenze mit Verbotscharakter eingeführt; bei der Verteilung von mehr als einer Milliarde DM werden allerdings Betriebe ausgenommen, deren Tierbestände bestimmte Grenzen überschreiten. Die Grenzen wurden in Anlehnung an Vorschläge des Deutschen Bauernverbandes festgelegt. Daneben ist vorgesehen, den an der Fläche orientierten Ausgleich nur zu gewähren, wenn nicht mehr als 3 Dungeinheiten je ha ausgebracht werden. In diese Richtung gehen z. B. auch Vorschriften in den Niederlanden, wo überschüssige Düngermengen mit direkten Abgaben belastet werden oder zusätzliche Kosten durch Abtransport verursachen. Zu Frage 54: Die Bundesregierung hat keine Anhaltspunkte dafür, daß wie in der Frage unterstellt wird, bei Raps Manipulationen der amtlichen Erntestatistiken vorgenommen wurden. Größere Veränderungen zwischen den Vorausschätzungen und den erhobenen Ergebnissen sind u. a. aufgrund der Unsicherheiten über den einzuschätzenden Witterungsverlauf nicht ungewöhnlich. Die Qualität nimmt folglich mit sich verringerndem Abstand zum Erntezeitpunkt deutlich zu. Neben den von den Mitgliedstaaten im Rahmen der amtlichen Statistik dem Statistischen Amt der EG gemeldeten Daten zieht die EG-Kommission Angaben aus weiteren Quellen außerhalb der amtlichen Statistik heran, um zu einem festgelegten Termin die für Maßnahmen der Marktordnung relevanten Erntemengen zu bestimmen. Die kürzlich von der EG-Kommission vorläufig ermittelte Rapsernte 1988 stellt einen Druchschnittswert aus den beiden genannten Quellen dar. Die Prüfungsmöglichkeiten der amtlichen EG-Statistik durch die Bundesregierung sind gering, da die Schätzungen und Erhebungen für Feldfrüchte von den Mitgliedstaaten bisher ohne rechtsverbindliche Grundlagen auf Gemeinschaftsebene durchgeführt werden. Deshalb unterstützt die Bundesregierung die Bemühungen der EG, durch eine für alle Mitgliedstaaten rechtsverbindliche Regelung bei Getreide eine höhere Transparenz hinsichtlich des Meldetermins, der Anforderungen an die Genauigkeit sowie der verwendeten Verfahren der Ernteermittlung zu schaffen. Die Kommission hat den ersten Entwurf einer entsprechenden Rechtsvorschrift vorgelegt, die bereits für die Ernte 1989 Anwendung finden soll. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen der Abgeordneten Frau Bulmahn (SPD) (Drucksache 11/ 3166 Fragen 55 und 56) : Wie bewertet die Bundesregierung das Plakat, mit dem die Bundeswehr in Munster zum 24. September 1988 zu einem „Tag der gepanzerten Kampftruppen" einlud und die Tatsache, daß dort eine „Vorführung von gepanzerten Gefechtsfahrzeugen der ehemaligen Wehrmacht in der Bewegung" erfolgen sollte? Seit wann ist der Bundesregierung der genannte Fall bekannt, und welche Schritte hat sie seither eingeleitet? Zu Frage 55: Anläßlich eines umfangreichen Programms eines Tages der offenen Tür, sollte u. a. auch demonstriert werden, mit welcher Geschwindigkeit militärtechnische Entwicklungen voranschreiten. Dazu sollten vergleichende Vorführungen dienen. Diese Vorführungen waren keine Maßnahmen der Traditionspflege und sollten auch so nicht gesehen werden. Aufgrund einer zum Teil ungeschickten graphischen und textlichen Gestaltung hat das in Rede stehende Plakat dieses Anliegen nur unvollkommen deutlich werden lassen. Zu Frage 56: Der geplante „Tag der gepanzerten Kampftruppen", nicht aber das Programm im einzelnen, war seit Jahresbeginn dem Führungsstab des Heeres bekannt. Durch die starke Teilnahme ziviler Vereine, die sich der Pflege und Erhaltung historischer Militärfahrzeuge widmen, erhielt die Vorführung am Vormittag des 24. September 1988 eine der Bundeswehr nicht angemessene Gewichtung in die Vergangenheit. Der Inspekteur des Heeres entschied daher am selben Tag, daß die historischen Fahrzeuge am Nachmittag nicht mehr in der Bewegung gezeigt werden sollten. Weitere Schritte sind nicht erforderlich. Plakat und Vorführung geben keinen Anlaß, begründet am gesunden und demokratischen Traditionsverständnis unserer Bundeswehr zu zweifeln oder Zweifel zu schüren. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen der Abgeordneten Frau Fuchs (Verl) (SPD) (Drucksache 11/3166 Fragen 57 und 58): Sind der Bundesregierung außer dem „Tag der gepanzerten Kampftruppen" am 24. September 1988 in Munster weitere Vorfälle bekannt, bei denen Waffen der ehemaligen Wehrmacht öffentlich ausgestellt oder vorgeführt wurden? Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um derartige Vorfälle in Zukunft auszuschließen? Zu Frage 57: Der Bundesregierung sind keine weiteren Veranstaltungen wie der „Tag der gepanzerten Kampftruppen" am 24. September 1988 in Munster bekannt. 7218* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1988 Die Bundeswehr verfügt über Fahrzeuge, Waffen und Gerät früherer deutscher Streitkräfte in Lehr- und Studiensammlungen für Zwecke der Ausbildung, die auch der Öffentlichkeit zugänglich sind und bleiben sollen. Zu Frage 58: Der hier vorliegende Einzelfall erfordert nach Auffassung der Bundesregierung keine verallgemeinernden Anordnungen. Eine Wiederholung ist in dieser Form nicht beabsichtigt.
Gesamtes Protokol
Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110400000
Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung und — —

(Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Zur Geschäftsordnung!)

— Bitte, Herr Kleinert.

Hubert Kleinert (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1110400100
Ich habe einen Antrag gestellt. Der müßte vor Aufruf der Tagesordnungspunkte behandelt werden!

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110400200
Es geht offenbar um den Antrag von gestern. Herr Abgeordneter, Ihr Antrag ist unzulässig, weil der Deutsche Bundestag am 10. November 1988 vormittags gar nicht zu einer förmlichen Sitzung mit einer förmlichen Tagesordnung zusammentritt. Vielmehr findet an diesem Tag eine Gedenkveranstaltung statt. Eine Einwirkung auf die Gestaltung dieser Gedenkveranstaltung, wie Sie sie in der Form einer Bitte an den Präsidenten versuchen, ist weder zulässig noch zu diesem Zeitpunkt möglich. Das zuständige Gremium wäre der Ältestenrat,

(Wüppesahl [fraktionslos]: Peinlich!)

der gestern in Ihrer Anwesenheit, Herr Kleinert, Einvernehmen über die Gestaltung dieser Veranstaltung erzielt hat.
Ich rufe jetzt also

(Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Zur Geschäftsordnung!)

Punkt 18 der Tagesordnung sowie Zusatzpunkt 7 der Tagesordnung auf:
18. a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz)

— Drucksache 11/2387 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr
b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Ausbau des Schienenwegenetzes der Deutschen Bundesbahn (BbSchwAbG)

— Drucksache 11/2410 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Verkehr (federführend)

Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen
c) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (5. BbÄndG)

— Drucksache 11/2411 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Verkehr (federführend)

Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Haushaltsausschuß mitberatend und gem. § 96 GO
d) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes (6. BbÄndG)

— Drucksache 11/2412 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Verkehr (federführend)

Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Haushaltsausschuß mitberatend und gem. § 96 GO
e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr (14. Ausschuß) zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN
Stückgutfracht 88
— Drucksachen 11/785, 11/1509 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Jobst
f) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr (14. Ausschuß) zu dem Antrag der Abgeord-



Vizepräsident Westphal
neten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München)

und der Fraktion DIE GRÜNEN Abkopplung Wiesbadens vom IC-Netz der Deutschen Bundesbahn
— Drucksachen 11/1124, 11/1665 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Jung (Limburg)

g) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr (14. Ausschuß) zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München)
und der Fraktion DIE GRÜNEN Beabsichtigte Auflösung von Tarifpunkten im Wagenladungsverkehr der Deutschen Bundesbahn
— Drucksachen 11/857, 11/1750 —
Berichterstatter: Abgeordneter Kohn
h) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr (14. Ausschuß) zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München)
und der Fraktion DIE GRÜNEN Schnellbahnverbindung Köln—Paris
— Drucksachen 11/387 (neu), 11/1961 —
Berichterstatter: Abgeordneter Kretkowski
i) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr (14. Ausschuß) zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Brahmst-Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN
Schienenausbaustrecke Dortmund-Kassel zu dem Antrag der Abgeordneten Urbaniak, Daubertshäuser, Amling, Andres, Antretter, Bamberg, Becker (Nienberge), Dr. Böhme (Unna), Brück, Buschfort, Dr. Ehrenberg, Ewen, Frau Faße, Frau Fuchs (Verl), Dr. Glotz, Dr. Haack, Haar, Hasenfratz, Heistermann, Horn, Ibrügger, Dr. Jens, Dr. Klejdzinski, Koltzsch, Koschnick, Kretkowski, Lohmann (Witten), Menzel, Dr. Mertens (Bottrop), Meyer, Müntefering, Nehm, Dr. Niese, Dr. Nöbel, Pauli, Peter (Kassel), Pfuhl, Purps, Reschke, Reuter, Rixe, Schanz, Schluckebier, Sieler (Amberg), Frau Seuster, Frau Steinhauer, Toetemeyer, Walther, Weiermann, Westphal, Wiefelspütz, von der Wiesche,
Wischnewski, Wittich, Zeitler, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD
Schnellbahnverbindung Dortmund—Kassel zu dem Antrag der Abgeordneten Tillmann, Straßmeir, Dr. Pohlmeier, Kroll-Schlüter, Fischer (Hamburg), Pfeffermann, Jung (Limburg), Bauer, Rauen, Dr. Uelhoff, Haungs,
Gerstein, Dr. Lammert, Dr. Jahn (Münster) und der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
Ausbau des DB-Abschnitts PaderbornKassel
— Drucksachen 11/1154, 11/1414, 11/1690, 11/2331 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Ibrügger Tillmann
j) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung zu einem europäischen Netz für Hochgeschwindigkeitszüge
— Drucksachen 11/935, 11/2587 —
Berichterstatter: Abgeordneter Lemmrich
k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Wieczorek-Zeul, Daubertshäuser, Antretter, Bamberg, Ewen, Frau Faße, Haar, Hasenfratz, Dr. Hauff, Horn, Ibrügger, Jahn (Marburg), Klein (Dieburg), Kretkowski, Nehm, Dr. Niese, Pauli, Peter (Kassel), Pfuhl, Purps, Reuter, Dr. Sperling, Frau Dr. Timm, Voigt (Frankfurt), Walther, Frau Weiler, Dr. Wieczorek, Wittich, Zander,
Dr. Vogel und der Fraktion der SPD IC-Anbindung Wiesbaden
— Drucksache 11/1616 —
1) Beratung des Antrags der Abgeordneten Daubertshäuser, Antretter, Bamberg, Ewen, Faße, Haar, Hasenfratz, Ibrügger, Kretkowski, Müntefering, Dr. Niese, Pauli, Purps, Roth, Scherrer, Steinhauer, Toetemeyer, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD
DB-Strecke Ruhr-Sieg/Rhein-Sieg
— Drucksache 11/2694 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr (federführend) Ausschuß für Wirtschaft
Haushaltsausschuß
m) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN Ausbau und Verbesserung der Ruhr-Siegund Rhein-Sieg-Strecke
— Drucksache 11/3072 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr (federführend) Haushaltsausschuß
ZP7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Weiss (München), Frau Rock und der Fraktion DIE GRÜNEN



Vizepräsident Westphal
Vorschläge der Koalitionsarbeitsgruppe Bahn zur Sanierung der Deutschen Bundesbahn
— Drucksache 11/3162 —
Überweisungsvorschlag: Ausschuß für Verkehr

(Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Zur Geschäftsordnung!)

— Nein, es tut mir leid. Wenn es darum geht, kann ich Ihnen das Wort nicht erteilen.

(Wetzel [GRÜNE]: Das hat ein Nachspiel! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN und Gegenrufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, nach einer Vereinbarung im Ältestenrat sind für die gemeinsame Beratung dieser Tagesordnungspunkte zweieinhalb Stunden vorgesehen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Der erste, der das Wort erteilt bekommt, ist Herr Straßmeir.

Günter Straßmeir (CDU):
Rede ID: ID1110400300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute morgen, wie vereinbart, eine umfangreiche Debatte über die Deutsche Bundesbahn, und ich möchte vorab sagen, daß es die CDU/CSU-Bundestagsfraktion überhaupt nicht geniert, wenn zu diesem Punkt auch von den GRÜNEN Anträge eingebracht worden sind, die mit unseren Papieren deckungsgleich sind. Wir fühlen uns dadurch geehrt, nicht behindert.
Wir begreifen die Deutsche Bundesbahn als eine nationale Aufgabe. Ich sage der Opposition gleich vorweg: Das Thema ist völlig ungeeignet, etwa parteipolitische Süppchen zu kochen. Vielmehr wollen wir versuchen — das sage ich Ihnen für die Beratung Ihrer Anträge zu — , gemeinsam das Beste herauszufinden, um der Bundesbahn die notwendige Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Aufgaben in der Zukunft zu geben.
Ich möchte darauf hinweisen, daß die Deutsche Bundesbahn natürlich unser bedeutendster Verkehrsträger ist. Sie befördert jährlich etwa 2 Milliarden Passagiere und 300 000 t Güter. Damit ist sie einer der Hauptverkehrsträger, und sie wird in einem wachsenden Verkehrsmarkt auch künftig ihre Stellung als wichtiges Dienstleistungsunternehmen behaupten können. Auch für die Deutsche Bundesbahn wird der europäische Binnenmarkt nicht nur eine Herausforderung sein, sondern zugleich auch eine Chance.
Mit über 260 000 Mitarbeitern und über 10 Milliarden DM Auftragsvolumen ist die Deutsche Bundesbahn auch einer der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren in unserem Land. Deshalb ist der Satz in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl nach wir vor richtig: Die Bundesbahn ist unverzichtbar, aber sie darf nicht unbezahlbar werden.
Nun sind Gott sein Dank die schlimmen Prognosen aus den 80er Jahren bei der Deutschen Bundesbahn nicht eingetroffen. Im Jahr 1981 hat der damalige Bundesverkehrsminister Dr. Hauff den jährlichen Verlust der Deutschen Bundesbahn etwa für 1982 auf 4,8 Milliarden DM prognostiziert; 1985 wäre nach den
damaligen Berechnungen die Verschuldung auf 53 Milliarden DM angewachsen. Diese Horrorzahlen sind Gott sei Dank nie Realität geworden.
Das ist zurückzuführen auf die erfolgreichen Anstrengungen der Deutschen Bundesbahn. Aber die Grundlage hierfür haben die Leitlinien der Bundesregierung von 1983 gegeben.

(Daubertshäuser [SPD]: Aber das glauben Sie doch selber nicht!)

Der Jahresfehlbetrag sank von 4,1 Milliarden DM kontinuierlich und wird selbst im Jahre 1988 trotz der stark verschlechterten Rahmenbedingungen diese Höhe nicht erreichen. Auch die Nettokreditaufnahme konnte deutlich abgebaut und die Verschuldensentwicklung abgeflacht werden. Die Deutsche Bundesbahn hat mit Blick auf ihre Vermögensentwicklung trotz eines erlaubten Limits von 10 Milliarden DM in den Jahren 1983 bis 1987 nur 5,3 Milliarden DM Fremdmittel aufgenommen.
Nicht zufriedenstellend — dies, Herr Kollege Daubertshäuser, sage ich in aller Offenheit — ist die angestrebte Produktivitätssteigerung und die Kostensenkung. Die Vorgaben bis 1990 werden nicht erreicht, sowohl was die Steigerung der Produktivität als auch die Bemühungen um die Senkung des Personalaufwandes und des Gesamtaufwandes anlangt.
Dennoch ist bei der Bundesbahn etwas geschehen: Die Investitionen im Streckenausbau sind im Zeitraum von 1981 bis 1987 von 4,1 Milliarden DM auf 5,8 Milliarden DM jährlich angestiegen. Der Bund stellt allein für das Jahr 1988 hierfür 4,3 Milliarden DM zur Verfügung.
Es gibt auch andere positive Ergebnisse: die kürzliche Inbetriebnahme des Abschnitts der Neubaustrecke Fulda—Würzburg z. B., der Einsatz des Interregios, der Einsatz des leistungsfähigen Triebwagens für den Nahverkehr vom Typ VT 628 oder der ICE-Plan. All diese Dinge zusammengenommen bilden eine solide Grundlage für ein Wachsen der Attraktivität der Deutschen Bundesbahn.
Trotzdem hat die Deutsche Bundesbahn zu kämpfen, weil sich die Rahmenbedingungen verschlechtern. Der strukturelle Rückgang der Montangüterindustrie bei den Massengutverkehren wird bleiben; es wird kleinere Partien geben. Der Preisverfall im Güterverkehr und auf dem Benzinmarkt ist unverkennbar. Im Hinblick auf den europäischen Binnenmarkt wird die Konkurrenz mit den anderen Verkehrsträgern wachsen.
Die Folge ist, daß unsere Konsolidierungsziele gefährdet sind. Deswegen muß man noch einmal neu ansetzen. Man muß sowohl bei der Bundesbahn wie auch beim Bund selber zu neuen Maßnahmen kommen. Zunächst einmal müssen die Leitlinien weiter verfolgt werden. Der entscheidende Punkt ist wohl der, daß die Schere zwischen Aufwand und Ertrag verkleinert werden muß. Es gilt sicherzustellen, daß die Finanzen und die Finanzentwicklungen der Deutschen Bundesbahn beherrschbar bleiben. Deswegen kann es nicht nur eine Kapazitätseinschränkung geben, es muß auch eine Zukunftsperspektive geben,



Straßmeir
die die Mitarbeiter der Deutschen Bundesbahn motiviert.
Der Bund muß seinerseits einen Beitrag leisten. Ich glaube, es ist richtig, wenn wir gemeinsam fordern, daß der Bund die Kosten des Schienennetzes als staatliche Verkehrsinfrastrukturmaßnahme übernimmt. Die Deutsche Bundesbahn müßte dann an den Bund eine nutzungsabhängige Infrastrukturabgabe zahlen. Dabei wäre wohl auch die von der Deutschen Bundesbahn zu entrichtende Mineralölsteuer anzurechnen.
Ich bin Ihnen, Herr Bundesminister Dr. Warnke, sehr dankbar, daß Sie dem Kabinett vorschlagen wollen, daß der Bund zunächst einen Beitrag zu den Kosten des Fahrweges übernimmt. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, daß die Deutsche Bundesbahn eine transparente Kostenrechnung vorlegt, die uns diese Entscheidung überhaupt erst möglich macht. Dieses System der Verrechnung würde zugleich eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen zwischen den Verkehrsträgern bedeuten. Es wäre deshalb sinnvoll, von einer unabhängigen Kommission die jeweiligen Strecken- und Produktionsstrukturen untersuchen zu lassen. Nutzungsabhängige Ermittlung von Wegeabgaben bedeutet eine bessere Kontrolle und zugleich die Erleichterung der Kalkulation, damit künftig defizitäre Angebote vermieden werden können.
Zur Verbesserung der Finanzstruktur sollte in einem ersten Schritt eine stufenweise Überführung der Altschulden an den Bund erfolgen. Mit dem Beschluß der Bundesregierung, ab 1989 900 Millionen DM Zinsen als Bundesschuld auszuweisen, erfolgt ein erster Schritt.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Ein wirkungsloser!)

Die Altschulden der Bahn werden als Bundesschuld anerkannt.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Aber die Bahn kriegt nicht mehr Geld!)

Dies ist ein erstes Signal.
Die Bundesbahn muß intern ihre Maßnahmen fortführen. Sie muß Voraussetzungen schaffen, ihr Management erfolgreicher zu gestalten. Dazu gehört erstens verstärktes marktorientiertes Verhalten, das auf die Schaffung von Kundennutzen und Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Verkehrsträgern ausgerichtet ist.
Zweitens. Von Organisationsstrukturen zur Bildung von Profit Centern darf nicht nur geredet werden, sie müssen endlich in die Tat umgesetzt werden.
Drittens. Es muß eine Ausgliederung der für die Bahn untypischen Aufgaben erreicht werden.
Wir müssen verstärkt Anreizsysteme für die Mitarbeiter der Bundesbahn schaffen.
Die Bundesbahn muß in die Lage versetzt werden, ihre Kosten durch eigene Erträge zu decken. Wo das nicht möglich ist, weil gemeinwirtschaftliche Aufgaben zu erfüllen sind, muß der Veranlasser herangezogen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das war nur ein kleiner Auszug dessen, was als unmittelbare Hilfe notwendig ist. Wir alle sollten gemeinsam dazu beitragen, daß die Bundesbahn in eine sichere Zukunft fährt.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Weiss [München] [GRÜNE]: Und was ist Ihr Beitrag?)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110400400
Das Wort hat der Abgeordnete Daubertshäuser.

Klaus Daubertshäuser (SPD):
Rede ID: ID1110400500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir und auch viele andere wollen heute wissen, für was und für wieviel die politische Kraft der Bundesregierung in Sachen Bahn ausreicht. Die letzten Monate haben offengelegt: Die Bundesregierung ist mit ihren DB-Leitlinien, Herr Kollege Straßmeir, gescheitert, sie hat damit keinen Erfolg gehabt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Nachdem nun die Bahnleitlinien gescheitert sind, weiß sie nicht mehr weiter. Man kann die Sache auf eine Kurzformel bringen: Der Verkehrsminister darf nicht, der Finanzminister will nicht, und der Kanzler weiß nicht. Aber ein solches konfuses und zögerliches Verhalten können wir uns, Herr Kollege Jung, auf die Dauer ganz einfach nicht leisten.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Das sind ja Märchen!)

— Aber, Herr Jobst, die Bundesregierung selbst hat doch einen dramatischen Anstieg der DB-Schulden prognostiziert. Sie kennen doch diesen Entwurf für eine Kabinettsvorlage. Das können Sie doch nachlesen. Von derzeit 40 Milliarden DM werden die Schulden in den nächsten zehn Jahren auf 120 Milliarden DM steigen.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Daran ist Ihre Politik schuld!)

Diese Zahlen lassen doch keinen Zweifel daran: Der Handlungsbedarf ist dringend, und er ist unaufschiebbar. Deshalb muß man wirklich mit Hochdruck an die Problemlösung herangehen.
Aber der Bundesregierung fehlt doch nicht nur das bahnpolitische, sondern auch das verkehrspolitische Konzept. Sie hat keine überzeugenden Lösungsansätze für die Probleme von heute und morgen. Insbesondere fehlt auch, Herr Kollege Straßmeir, der politische Wille zu einer konzeptionellen Neugestaltung, die die einzelnen Verkehrsträger und die Verkehrssysteme übergreift und die orientiert ist an den Bedürfnissen der Bürger und der Wirtschaft, an den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Energieeinsparung und natürlich auch an der Bedeutung einer verstärkten Verkehrssicherheit und der Notwendigkeit einer gestaltenden Raumordnungspolitik. Das heißt, die Verkehrspolitik muß die Voraussetzungen dafür schaffen, daß Verkehrsträger und Verkehrsunternehmen ihre Transportaufgaben ökonomisch sinnvoll sowie menschen- und umweltgerecht leisten können. Hier ist dann politische Führung erforderlich, und



Daubertshäuser
zwar politische Führung mit einem sensiblen Blick für die Zukunftserfordernisse der Menschen.
Sie haben in den letzten Jahren mit Ihrer Politik für die Straße und gegen die Bahn gehandelt. Das kann man mit einer ganzen Reihe von Beispielen belegen. Sie haben die Weichen dafür gestellt, daß immer mehr Lkw aus den EG-Ländern zu immer mehr günstigeren Bedingungen unser Fernstraßennetz nutzen können. Die Bundesregierung hat die Zuschüsse für den kombinierten Verkehr gestrichen. Sie hat sie weggekürzt, obwohl sie weiß, daß der gesamtwirtschaftliche Nutzen des kombinierten Verkehrs etwa doppelt so hoch liegt, wie sein Zuschußbedarf ist. Also muß man doch fragen: Ist Ihnen eine gesamtwirtschaftliche Rendite von 100 % zu wenig? Diese Beispiele ließen sich selbstverständlich fortführen. Die Zeit reicht nicht, um Ihr Sündenregister hier im Detail nachzuzeichnen.

(Kohn [FDP]: Wessen Sündenregister?)

Die Verkehrspolitik der Bundesregierung hat, Herr Kollege Kohn, wesentlich zur Überlastung unseres Straßenverkehrssystems geführt. Die Konsequenzen sind doch auch einfach zu überschauen. Das Verkehrssystem Straße wird in wenigen Jahren überhaupt nicht mehr funktionieren. Schon heute erleben dies unsere Bürger tagtäglich in den Ballungsräumen. Diese Verkehrspolitik hat ausschließlich auf die Straße gesetzt, und sie ist damit gescheitert. Das muß man doch zugestehen.
Die Ankündigung von Herrn Dr. Warnke, für Lkw eine Straßenbenutzungsgebühr einzuführen — im übrigen ein altes sozialdemokratisches Instrument —, ist doch bloßes Wortgeklingel. Es kommen nicht nur Querschüsse aus dem Kabinett; auch Sie von den Koalitionsfraktionen unterstützen diese Pläne doch nicht. Sie nutzen sie lediglich als eine Alibi-Veranstaltung.
Herr Kollege Dr. Jobst, Sie wollen gemeinsam mit der FDP die Kfz-Steuern für Nutzfahrzeuge drastisch senken. Inzwischen sind doch auch die Hausnummern genannt worden. Der Kollege Gries hat im Pressedienst seiner Partei doch von einer Halbierung gesprochen. Es sprengt fast das Maß des Vorstellbaren, Herr Kollege Jobst, wenn nun einseitig die Lkw-Transporte verbilligt werden sollen. Diese abenteuerlichen Absichten haben doch katastrophale Folgen für die Bahn. Eine einseitige Verbilligung der Lkw-Transporte muß zwangsläufig zu Verkehrsverlusten auf der Schiene führen. Hier sind doch auch schon Größenordnungen von einer Milliarde DM jährlich genannt worden.
Da muß man doch fragen: Wer soll denn das bezahlen? Wollen Sie die Bahn auch wegen dieser Defizite, die Ihre Politik dann produziert, auch wiederum auf den Kreditmarkt verweisen? Da kann ich Ihnen nur empfehlen: Lösen Sie die Strukturprobleme der Bahn! Ohne diese Lösung hat die Bundesbahn nicht die geringste Chance, auch im verschärften Wettbewerb eines europäischen Binnenmarktes überhaupt bestehen zu können.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Herr Dr. Warnke, Sie haben der Öffentlichkeit wiederholt weismachen wollen, Sie hätten die Investitionen für die Bahn zu einem Schwerpunkt Ihrer Verkehrsinvestitionspolitik gemacht.

(Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

— Herr Jung, ich will Ihnen Ihre eigenen Zahlen vorhalten. Die Investitionen für den Bundesfernstraßenbau betragen 4,3 Milliarden DM, für die Schienenwege 1,6 Milliarden DM. Das sind die Zahlen, die die Bundesregierung für den Haushalt 1989 beschlossen hat, und diese Zahlen sind eindeutig.
Sie sollten hier auch nicht verschweigen, daß Sie die Investitionen für die Schienenwege in den letzten Jahren laufend gekürzt haben. Für 1989 beträgt die Kürzung rund 600 Millionen DM, nämlich von 2,2 Milliarden DM im Jahre 1988 auf 1,6 Milliarden DM im Jahre 1989.
Gleichzeitig aber wollen die Koalitionsfraktionen die Straßenbaumittel allein für das nächste Jahr um 250 Millionen DM aufstocken.

(Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Wollen Sie die Mittel kürzen?)

Meine Damen und Herren, das paßt dann wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.
Herr Kollege Jung, unsere Eisenbahner und die gesamte deutsche Verkehrswirtschaft benötigen endlich ein zukunftsgerechtes und -gerichtetes Konzept der Deutschen Bundesbahn.

(Beifall bei der SPD)

Gerade die letzten Jahre haben deutlich gemacht: Der Straßenverkehr hat seine Wachstumsgrenzen erreicht. Die Vorteile des Verkehrssystems Schiene sind doch wieder stärker in das Bewußtsein der Öffentlichkeit gerückt. In diesem Spannungsfeld zwischen Verkehr und Umwelt, das Sie doch auch kennen, nimmt die Bahn heute eine positive Sonderstellung ein. Das gilt doch für alle Faktoren, die dort berührt sind. Denken Sie an den Energieverbrauch, an den Flächenbedarf, denken Sie an Verkehrslärm, Luftverschmutzung und Verkehrssicherheit. Diese Querschnittsaufgaben unterstreichen eindrucksvoll: Wir alle — d. h. die Bürger und die Wirtschaft — brauchen die Bahn. Sie ist und bleibt für unser gesamtes Verkehrssystem unverzichtbar. Weil das so ist, müssen wir die Bahn so modern, so leistungsfähig und attraktiv gestalten, daß sie auch einen sicheren Platz in diesem Wettbewerb der Verkehrsträger erhält.
Wenn Sie sagen, Sie seien einverstanden, Herr Dr. Jobst, dann müssen wir sagen: Es ist dringend notwendig, daß man dann zu einer Harmonisierung der Strukturen kommt. Sie wissen, daß unser Land innerhalb weniger Jahrzehnte mit einem leistungsfähigen Straßennetz überzogen wurde, gekrönt von mittlerweile fast 8 500 km Autobahn. Das Verkehrssystem Straße hat damit eine Förderung erhalten, die auch ordnungspolitisch umfassender und wirkungsvoller nicht hätte sein können. Die Wettbewerbsposition des Verkehrssystems Straße ist mit diesen Baumaßnahmen mit der zwingenden Folge durchschlagend



Daubertshäuser
verbessert worden, daß Verkehre von der Schiene auf die Straße gewechselt sind.

(Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Weil Sie keine Neubaustrecken gebaut haben!)

Das gilt übrigens auch für ein anderes wichtiges Konkurrenzsystem der Schiene, nämlich für die Binnenschiffahrt. Auch dort haben wir mit staatlichen Infrastrukturmaßnahmen massiv zu Lasten der Schiene gefördert.

(Straßmeir [CDU/CSU]: Wer ist denn „wir"?)

— Ich nehme hier niemanden aus, Herr Kollege Straßmeir, ich stelle mich hier nicht als Heuchler hin. Ich sage auch: Wenn wir in den Bundesverkehrswegeplan 1985 hineingucken, dann sehen wir, daß dort für den Zeitraum 1986 bis 1995 die Straßen und die Binnenschiffahrt prozentual die größten Bestandszuwächse durch Neubau ausweisen. Aber das ist nun einmal die in Beton gesetzte Ordnungspolitik, die die Produktionsstrukturen des Verkehrssystems Straße
konkurrenzlos und die des Verkehrssystems Schiene chancenlos gemacht hat. Das müssen wir doch bei einer Analyse gemeinsam anerkennen.
Was soll also dieses Gefasel von staatlichen Hilfen und Schutzmaßnahmen für das Staatsunternehmen Bundesbahn, wenn die Mitbewerber investitionspolitisch bevorzugt werden und der Eigentümer das eigene Unternehmen zusätzlich dadurch ins Abseits stellt, daß er dem Veranlasserprinzip, nämlich für geforderte Leistungen auch den vollen Preis zu zahlen, nicht nachkommt, daß er für die veranlaßten Leistungen keine finanzielle Verantwortung übernimmt, sondern das Unternehmen auf den Kreditmarkt verweist, und daß er es zudem noch mit seinen auferlegten Versorgungslasten alleine läßt? Die Deutsche Bundesbahn ist wahrhaftig kein geschütztes Unternehmen, sie ist vielmehr ein vom Eigentümer vernachlässigtes, ja sogar ausgenutztes Unternehmen. Nicht die angeblichen Schutzzäune haben der Deutschen Bundesbahn geschadet, es war vielmehr, Herr Kollege Straßmeir, die von uns allen betriebene einseitige Prioritätensetzung in das Verkehrssystem Straße. Deshalb müssen wir mit dem Märchen aufräumen, es ginge darum, eine strukturkonservierende DB-Schutzpolitik zu betreiben. Es geht uns vielmehr um die Herstellung annähernd gleicher Wettbewerbsbedingungen für die Deutsche Bundesbahn. Wer die Leistungsfähigkeit der gesamten Verkehrswirtschaft effizienter gestalten will, der muß die Deutsche Bundesbahn doch erst einmal wettbewerbsfähig machen. Kurzsichtiges Ausspielen des einen Verkehrsträgers gegen den anderen — —

(Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Das machen Sie doch!)

- Das machen wir überhaupt nicht, Herr Kollege Jung. Wenn Sie etwas zugehört hätten, dann wüßten Sie, daß wir uns in all den Jahren, in denen Sie hier sitzen, bemühen, endlich einmal ein Gesamtverkehrskonzept von dieser Bundesregierung entwikkeln zu lassen. Da drängen wir doch permanent.

(Beifall bei der SPD)

Aber es gibt andere, mit denen Sie sich auseinandersetzen sollten. Da spreche ich Sie nicht an; die sitzen hier nicht im Plenum. Das sind diese selbsternannten Gralshüter angeblich rationeller Verkehrspolitik, wie sie sich nennen. Wenn man das macht, was die wollen, dann bedeutet das mit Sicht auf den künftigen europäischen Binnenmarkt das wirtschaftliche Aus, und zwar nicht nur für die Bundesbahn, sondern für alle deutschen Verkehrsträger. Weil das so ist, haben wir Sozialdemokraten ein gesetzgeberisches Reformkonzept für die DB vorgelegt. Lesen Sie mal unsere Gesetzentwürfe! Unser Kernziel dort lautet: Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Bundesbahn, und mit diesem Konzept lösen wir fünf Problemkomplexe, die bis heute die Deutsche Bundesbahn finanziell und wirtschaftlich strangulieren, die sie hindern, überhaupt wettbewerbsmäßig agieren zu können: Das Wegeproblem — das kennen Sie alle —, die Abgeltung der der DB auferlegten gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die Entschuldungsfrage —ich nenne nur das Stichwort Hermann Josef Abs, der seit drei Jahren diese Vorschläge macht, die sich in unseren Gesetzentwürfen finden —, die Versorgungslasten und natürlich die veraltete Unternehmensstruktur. Auch das ist in unserem Gesetzentwurf angesprochen.
Nur durch die rechnerische Trennung von Staat und Unternehmen können für die Bundesbahn gleiche Wettbewerbsbedingungen herbeigeführt werden. Den eigenwirtschaftlichen Bereich betreibt die Bahn nach kaufmännischen Grundsätzen, für den gemeinwirtschaftlichen Bereich gibt der Bund die Vorgaben, übernimmt dann aber auch die finanzielle Verantwortung und muß die ungedeckten Mehrkosten tragen. Es gilt dann das Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit, d. h. wir wollen Schluß machen mit der Vermischung der Verantwortung von Staat und Unternehmen. Das gleiche gilt dann auch für die Wegekosten. Der Staat trägt die Kosten für den Bau und die Unterhaltung der Straßen und der Bundeswasserstraßen. Deshalb muß er auch die Kosten für das Schienenwegenetz übernehmen. Natürlich müssen dann entsprechende Wegeabgaben gezahlt werden wie bei den Mitbewerbern auch.
Das sind die Kernpunkte, die aber dringend, Herr Kollege Straßmeir, jetzt geregelt werden müssen. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, von uns liegen die Gesetzentwürfe auf dem Tisch. Sie haben ein Papier auf den Tisch gelegt. Da muß der Blick doch wirklich auf die Regierungsbank gehen, und man muß sich fragen, was eine Kommission soll, die noch zwei Jahre tagen soll, offensichtlich wirklich nur, um den Wahltag zu überleben. Wenn die Probleme so drängend sind, muß man jetzt mit der Lösung beginnen.
Ich sage Ihnen: Die heutige Debatte zur Bundesbahn kann, wenn Sie unser Angebot annehmen, der Beginn für größere Gemeinsamkeiten und für ein fraktionsübergreifendes Zusammenwirken in der Bahnpolitik sein. Ob es dazu kommt, hängt ganz alleine von Ihnen ab. Unser Angebot steht. Wir werden mit allen Mitteln für eine positive Zukunft der Deutschen Bundesbahn kämpfen. Mitstreiter aus allen Lagern sind uns dabei herzlich willkommen.



Daubertshäuser
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110400600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kohn.

Roland Kohn (FDP):
Rede ID: ID1110400700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns innerhalb von 14 Tagen nun zum zweiten Mal mit dem Thema Deutsche Bundesbahn. Wenn man mit Bürgern, dem vielbeschworenen Mann oder der Frau auf der Straße, spricht, wird man feststellen, daß es sehr disparate Erfahrungen mit der Deutschen Bundesbahn gibt.
Zum Beispiel sagte mir ein Bürger, er fand es unheimlich angenehm, als er nach längerer Zeit wieder die Bundesbahn, nämlich den IC, benutzt hat, daß ihm ein Zugbegleiter beim Einsteigen in den Zug mit dem Koffer, mit dem Gepäck geholfen hat. Er fand es sehr angenehm, daß er, als er in den Speisewagen kam, dort eine gute Qualität und einen freundlichen Service angeboten bekam. Das ist eine Erfahrung, die Bürger mit der Bundesbahn machen.

(Frau Olms [GRÜNE]: Der Speisewagen ist meistens besetzt!)

Eine andere Erfahrung, die mir Bürger mitgeteilt haben, ist folgende: Wenn ich bei uns den öffentlichen Personennahverkehr benutze, finde ich zum Teil völlig veraltetes Wagenmaterial in einem gotterbärmlichen Zustand vor.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Ganz genau! — Roth [SPD]: Sehr richtig!)

Ich komme kaum in den Waggon hinein, weil keine Gleichheit in der Höhe zwischen dem Bahnsteig und den Einstiegsmöglichkeiten in den Waggon vorgesehen ist.
Eine dritte Erfahrung, die Bürger machen, ist z. B. eine öffentliche Diskussion über ein neues zusätzliches Verkehrssystem in der Bundesrepublik Deutschland, nämlich über die Magnetschwebetechnik. Auch das gehört in diesen Komplex hinein.
Ich habe auch erlebt, daß der eine oder andere Eisenbahner mir sagte: Wenn ich irgendwo gefragt werde, wo ich beschäftigt bin, dann sage ich ganz vage: im öffentlichen Dienst. Ich bekenne mich kaum noch dazu, Eisenbahner zu sein, weil mir die Menschen dann sofort sagen: Aha, du bist derjenige, der das Defizit von 4 Milliarden DM pro Jahr produziert.
Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind Dinge, die in der Öffentlichkeit eine Rolle spielen. Wenn ich dann noch erleben muß, daß mir z. B. Behinderte sagen, daß seit vielen Jahren der Reiseführer für Behinderte, den es gibt, um das Eisenbahnsystem für sie benutzbar zu machen, nicht auf dem neuesten Stand ist, sondern immer noch auf dem Stand von 1984, dann zeigt dies, wie vielschichtig, wie schwierig die Probleme der Bundesbahn sind und welche gewaltigen Anstrengungen wir unternehmen müssen, um in diesem Bereich voranzukommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle diese Bürger mit ihren völlig unterschiedlichen Erfahrungshorizonten stimmen aber meistens in einem Punkte
überein, nämlich darin, daß die Deutsche Bundesbahn eine unverzichtbare Rolle in unserem Verkehrswesen zu spielen hat. Sie sagen, die Bundesbahn müsse in der Gesamtstrategie der Verkehrspolitik die Stärken, die sie auf Grund ihres Systems hat, voll zur Geltung bringen, um die Probleme, die hier vom Kollegen Straßmeir und zum Teil auch vom Kollegen Daubertshäuser beschrieben worden sind, wirklich lösen zu können, nämlich eine rationale Verkehrspolitik zu betreiben.
Wir Liberalen sagen deutlich: Wir wollen, daß die Rolle der Bundesbahn in diesem Verkehrssystem wieder besser wird, daß sie größer wird und daß sie gestärkt wird, u. a. aus Gründen des Umweltschutzes.
Es liegen sehr interessante Gutachten, z. B. über den Flächenbedarf von Neu- und Ausbaustrecken der Bundesbahn einerseits und der Straßen-Verkehrsinfrastruktur und ihren Ausbau andererseits, vor. Wir sagen ja zur Bundesbahn aus Gründen des rationellen Energieeinsatzes. Wir sagen auch ja zur Bundesbahn, weil wir wissen, daß hier ein außerordentlich verkehrssicherer Verkehrsträger agiert. Wir sagen auch deshalb ja zur Bundesbahn, weil wir wissen, daß unsere verladende Wirtschaft auf dieses Rad-SchieneSystem in Zukunft angewiesen sein wird.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Was tun Sie?)

Und — das wird häufig leider vergessen — wir sagen auch deshalb ja zur Bundesbahn, weil die Deutsche Bundesbahn — das ist bei einem Unternehmen mit rund 250 000 Mitarbeitern auch gar nicht anders zu erwarten — ein außerordentlich wichtiger Wirtschaftsfaktor ist. Immerhin trägt die Deutsche Bundesbahn mit 2,6 % zur Bruttowertschöpfung in der Bundesrepublik Deutschland bei.
Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, sind es drei Fragen, die die Politik beantworten muß. Es sind Fragen aber nicht nur an den Eigentümer der Bahn, den Bund, es sind Fragen auch an diese Gesellschaft insgesamt, nämlich: Welche Eisenbahn wollen wir im Jahr 2000 denn tatsächlich haben? Wie soll diese Eisenbahn organisiert sein? Was darf sie uns kosten, was sind wir bereit für dieses Verkehrssystem tatsächlich auszugeben?
Meine Damen und Herren, ich will sie jetzt nicht mit zu vielen Zahlen bombardieren. Aber es ist manchmal ganz hilfreich, wenn man ein paar Fakten in eine solche Diskussion mit einführt. Schauen wir uns also einmal an: Wie haben sich die Marktanteile im Güterbereich entwickelt? Zwischen 1965 und 1986 — das ist immer meine Vergleichsbasis — sank der Marktanteil im Güterverkehr von 40,6 % auf 27,7 %; im Personenverkehr Rückgang von 11,2 % auf 6,7 %. In dem Zeitraum von 1965 bis 1986 ist das Netz der überörtlichen Straßen in der Bundesrepublik gewachsen, und zwar von 155 000 km auf 173 000 km. Das Schienennetz ist im gleichen Zeitraum von rund 30 000 km auf etwa 27 500 km geschrumpft.
Nun eine Zahl, meine Damen und Herren, die auch außerordentlich wichtig ist. Wenn man sich die Entwicklung der Personenkilometer anschaut, dann kommen wir zu folgenden Resultaten: beim Eisen-



Kohn
bahnverkehr eine Stagnation. Vergleichszahlen: 40,6 Milliarden 1965, 42,1 Milliarden 1986. Im Luftverkehr ein dramatischer Wachstumsprozeß von 3,3 Milliarden auf 13 Milliarden. Schließlich im Individualverkehr 267 Milliarden Personenkilometer 1965, 510 Milliarden 1986.
Wenn Sie sich dann noch die Entwicklung der Anzahl der Pkw in der Bundesrepublik in diesem Zeitraum anschauen — Wachstum von 9,3 Millionen auf rund 27 Millionen — , dann erkennen Sie, daß sich hinter solchen nüchternen Zahlen etwas ganz Dramatisches verbirgt, nämlich eine fundamentale Veränderung unserer Gesellschaft im Hinblick auf mehr individuelle Mobilität.
Ich sage, daß Probleme, mit denen wir es bei der Bundesbahn heute zu tun haben, genau darin begründet liegen, daß wir diesen Entwicklungsprozeß — wenn ich jetzt „wir" sage, meine ich damit sowohl die Politik als auch die Gesellschaft, als auch zum Teil die Eisenbahn selbst — schlicht und einfach verschlafen haben.
Ich will mich jetzt hier gar nicht hinstellen und im nachhinein in einer Ex-post-Analyse auf diejenigen zeigen, die in der Vergangenheit die Verantwortung dafür zu tragen hatten; denn wenn man sich die Ergebnisse von politischen Entwicklungsprozessen ansehen kann, ist es sehr viel einfacher, klüger zu sein und zu sagen: Das hätte man damals alles wissen können und müssen und anders machen müssen. Aber ich sage: Jetzt müssen wir die Weichenstellungen vornehmen, um zu verhindern, daß das gesamte Verkehrssystem endgültig kollabiert.
Deswegen sagen wir: Es ist notwendig, daß wir dafür sorgen, daß die Strategie der neuen Produkte verstärkt wird, daß neue Angebote und Dienstleistungen von seiten der Bahn, Abteilung Schienennetz, IC-Verkehr, Abteilung Nachtsprung usw., vorangetrieben werden, daß wir die Probleme, die sich aus einer veränderten Struktur unserer Verkehrswirtschaft mit dem Rückgang klassischer Massengüter ergeben, mit der Zunahme dessen, was man als Kaufmannsgüter bezeichnet, und mit der verringerten Lagerhaltung in unserer Wirtschaft und den sich daraus ergebenden völlig andersgearteten Konsequenzen im Hinblick auf die Anforderungen an einen Transporteur ergeben, endlich zur Kenntnis nehmen.
Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, meine Damen und Herren, daß wir 1992 ja alle gemeinsam einen europäischen Binnenmarkt bekommen werden, den wir wollen und zu dem wir ja sagen, aber der natürlich gerade im Verkehrsbereich erhebliche Turbulenzen mit sich bringen wird. Wenn wir dann die Finanzentwicklung noch mitbedenken, die hier schon erwähnt wurde — ich bin immer etwas zurückhaltend, mit solchen dramatischen Defizitzahlen zu operieren, weil sie natürlich nicht gerade dazu geeignet sind, eine Zukunftsdimension in die Diskussion hineinzubringen —, wird jedenfalls eines klar: Es muß gehandelt werden.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Richtig!) Lassen Sie mich ein Zitat bringen:

Für die FDP steht fest, daß eine leistungsfähige Bundesbahn, die ihre Kosten und ihr Angebot ertragsorientiert an der tatsächlichen Nachfrage ausrichtet, auch zukünftig ihre Chance am Markt haben wird. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht werden wir auf die Bahn nicht verzichten können.
So der Fraktionsvorsitzende der FDP im Deutschen Bundestag, Wolfgang Mischnick, am 6. April 1984. Er hat recht.
Aus dieser Analyse haben wir die Konsequenzen gezogen und eine Strategie entwickelt, übrigens — auch das will ich hier einmal deutlich sagen — nicht nur die FDP-Fraktion und insonderheit die Verkehrspolitiker alleine, sondern zusammen mit dem Bundesfachausschuß Verkehr der Freien Demokratischen Partei. Das ist eine positive Erfahrung, die man auch an dieser Stelle einmal würdigen sollte.
Wir sagen: Wir wollen die Deutsche Bundesbahn zu einem modernen Verkehrsdienstleistungsunternehmen fortentwickeln. Das bedeutet Abbau des politischen Einflusses auf die Deutsche Bundesbahn; das bedeutet Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen für die Deutsche Bundesbahn, und das bedeutet, daß die Deutsche Bundesbahn wie ein privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen geführt werden muß und handeln muß. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind die Leitsätze, an denen wir uns in dieser gesamten Strategie orientieren.
Lassen Sie mich in Konkretisierung einige wenige Aspekte hier anführen. Einmal ist es für uns von besonderer Wichtigkeit, zu einer Stabilisierung des Finanzbedarfs zu kommen. Wir wollen, daß die Altschulden zum Stand von 1972 auf den Bund übertragen werden. Wir wollen, daß eine Pensionskasse eingerichtet wird, um die überhöhten Versorgungslasten, mit denen die Bundesbahn zu kämpfen hat, endlich in den Griff bekommen zu können. Wir wollen ferner, daß die Bundesbahn ihre Strategie der Kostensenkung und der Rationalisierung fortsetzt, weil auch dies zu einer Stabilisierung des Finanzbedarfs unabdingbar ist.
Der zweite Schwerpunkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, betrifft die Abteilung Strukturreform. Hierzu gehört das, was man in der öffentlichen Diskussion unter dem Stichwort der Trennungsrechnung bezeichnet. Das ist manchmal als ein Unternehmen mißverstanden worden, um der Bundesbahn zu helfen, sich gewissermaßen in die schwarzen Zahlen hineinzurechnen. Das ist nicht der Sinn der Übung. Sinn der Übung ist: Wir wollen, daß der eigenwirtschaftliche Bereich, in dem die Bundesbahn wie ein Unternehmen handeln und schwarze Zahlen schreiben muß, anders behandelt wird als der gemeinwirtschaftliche Bereich. Ich nenne hier nur etwa das Stichwort ÖPNV oder Schülerverkehr. In diesem Bereich — so sage ich ganz präzise — muß derjenige, der solche Leistungen bestellt, diese Leistungen auch vollständig bezahlen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU — Weiss [München] [GRÜNE]: Richtig! Das ist der Bund!)




Kohn
Ich sage weiter: Wir müssen dafür sorgen, daß im dritten Bereich das erfolgt, was Voraussetzung für einen Erfolg dieser gesamten Strategie ist, nämlich eine Übernahme des Schienennetzes durch den Bund, weil wir der Überzeugung sind, daß dies wie bei den Bundesfernstraßen und wie bei den Bundeswasserstraßen eine staatliche Verkehrsinfrastrukturmaßnahme ist.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle will ich darauf hinweisen, daß es Vorschläge des Deutschen Industrie- und Handelstages gibt, die Gesamtproblematik der Verkehrswege in einem Sondervermögen des Bundes neu zu ordnen. Ich finde, das sind sehr interessante Gedanken, die man eingehend prüfen muß.
Ich möchte schon an dieser Stelle ankündigen: Wir werden uns in der nächsten Legislaturperiode sehr intensiv mit diesen Vorstellungen beschäftigen.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Das ist zu spät! In dieser Legislaturperiode!)

— Lieber Herr Kollege Weiss, der Unterschied zwischen der Fraktion der GRÜNEN und der Fraktion der FDP besteht u. a. darin, daß wir nur solche Versprechungen machen, die wir hinterher tatsächlich einhalten können.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch einige wenige Sätze zum Thema der Regionalisierung des ÖPNV sagen. Ich weiß, daß ich damit nicht nur auf Begeisterungsstürme treffe, insbesondere bei denen, die in Zukunft stärker in die finanzwirtschaftliche Verantwortung genommen werden müssen. Aber auch das gehört zu einer ehrlichen und redlichen Debatte. Wir können hier nicht so tun, als könnte die Belastung in diesem Bereich weiterhin maßgeblich alleine beim Bund liegen.
Lassen Sie mich noch ein Wort zum Thema Rechnungswesen sagen, weil auch hier manchmal falsche Vorstellungen in der Öffentlichkeit vorhanden sind. Es ist ja nicht so, daß die Bundesbahn kein Rechnungswesen hätte. Ich habe mich in den letzten Monaten intensiv mit dieser Thematik beschäftigt und weiß deshalb, daß die Bahn hier auf einem guten Wege ist. Es gibt ganz präzise Vorstellungen, in einem Zeitraum von maximal zwei Jahren ein Rechnungswesen auf die Beine zu stellen, das diesen Namen verdient, und all diejenigen Maßnahmen, die wir tatsächlich für notwendig halten, auch betriebswirtschaftlich abzusichern.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, den dritten und letzten Punkt, die Unternehmensreform, ansprechen. Hierzu gehört die Abteilung Zeitverträge für Führungskräfte und der Einsatz moderner Managementtechniken. Auch hier sage ich deutlich und unterstreiche, was der Kollege Straßmeir gesagt hat: In diesem Bereich ist die Bahn auch selber gefordert, noch stärker und noch intensiver zu handeln, noch kreativer zu sein und dafür zu sorgen, daß diese Managementtechniken tatsächlich genutzt werden. Ich sage auch klar: Wir müssen berücksichtigen, daß sich die Bahn auf ihren unternehmerischen Kernbereich konzentrieren und darüber hinaus die Kooperation mit den Privaten suchen muß.
Meine Damen und Herren, es wäre sehr verlockend, jetzt noch auf die Notwendigkeit neuer Produkte wie Interregio, die Verstärkung des kombinierten Ladungsverkehrs, die Notwendigkeit, den grenzüberschreitenden Verkehr voranzubringen, einzugehen. All dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann ich aus Zeitgründen nicht mehr.
Lassen Sie mich deshalb zum Abschluß noch sagen, daß die FDP im Januar dieses Jahres ihre Vorstellungen vorgelegt hat. Diese Vorstellungen haben wir dann in sehr vertrauensvollen und guten Gesprächen mit den Verkehrspolitikern von der CDU/CSU in die Form eines konkreten Papiers gebracht. Dieses Papier muß Wirklichkeit werden. Daß dieses Papier gut ist, kann man nicht nur daran sehen, daß seinerzeit der verkehrspolitische Sprecher der SPD diese Vorstellungen begrüßt hat, sondern auch daran, daß heute sogar die Fraktion der GRÜNEN endlich begriffen hat, wie notwendig es ist, in diesem Bereich nach unseren Vorstellungen zu handeln.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Nein! Wie dringend notwendig es ist, daß wir die Anträge stellen, weil Sie sie nie stellen werden!)

Ich sage hier an die Adresse der Bundesregierung, wissend, daß in der Vergangenheit nicht alles, was ich in Sachen Bundesbahn getan habe, auf ungeteilte Jubelstürme im Ministerium getroffen ist: Wir Liberalen wollen den Erfolg dieser Regierung. Wir wollen den Erfolg dieser Regierung gerade auch im Verkehrsbereich.

(Daubertshäuser [SPD]: Das ist ein Widerspruch! Das geht in dieser Regierung nicht!)

Wir werden sie bei allen Maßnahmen, die hierzu beitragen, massiv unterstützen. Ich appelliere deshalb an alle politisch Verantwortlichen: Handeln wir jetzt, stellen wir die Bahnsignale auf Grün!
Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110400800
Das Wort hat der Abgeordnete Weiss (München).

Michael Weiss (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1110400900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat wohl mit ihren Entscheidungen aus dem Jahre 1983, den sogenannten Leitlinien, versucht, sich aus der politischen Verantwortung für die Deutsche Bundesbahn freizukaufen.

(Straßmeir [CDU/CSU]: Falsch!)

Was ist da geschehen? Man hat gesagt: Wir wollen einen anderen Bundesbahnvorstand; wir wollen jetzt Manager haben; jetzt müssen wir verstärkt Personal abbauen; die Produktivität muß gesteigert werden und alles mögliche. Die Verkehrspolitik des Bundes, so glaubt man, kann derweil schlafen.
Was geschehen ist, ist natürlich ein beträchtlicher Personalabbau, ist eine Produktivitätssteigerung und ähnliche Dinge. Aber der Umkehrschluß, hier bräuchte in Bonn nichts getan zu werden, ist einfach ein Trugschluß. Der Bund ist Eigentümer und hat hier seine Verantwortung. Was tut der Bund als Eigentü-



Weiss (München)

mer? Er setzt eigentlich nur auf Personalabbau, Produktivitätssteigerung, schlechtere Arbeitsbedingungen, also auf die klassischen Ausbeutermethoden für die Eisenbahner,

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN — Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

aber nicht auf eine sinnvolle Übernahme der Verantwortung, die der Bund ausüben muß.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Sie sind zu spät geboren! — Zuruf von der CDU/CSU: Kommen Sie zurück auf die Schiene!)

Schon seit 1984 liegen die Vorschläge, die heute diskutiert werden, auf dem Tisch. Es sind seit Jahrzehnten immer wieder Kommissionen eingesetzt worden, um zu untersuchen, was man tun könnte und müßte, um die Situation der Bahn zu verbessern. Der Herr Verkehrsminister hält bei verschiedenen Gelegenheiten draußen große Reden und sagt, was eigentlich getan werden müßte.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Er hält gute Reden!)

Und was ist? Es passiert nichts. Warum? Weil er sich im Kabinett nicht gegen den Finanzminister durchsetzen kann. Und dort, wo Stoltenberg zuschlägt, fährt kein Zug mehr.

(Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Da muß er selber lachen!)

Aber, meine Damen und Herren, wir wissen seit Jahren, was getan werden muß. Herr Kollege Straßmeir hat einige richtige Dinge in seiner Rede gesagt,

(Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Nur richtige!)

auch Herr Kohn. Auch Herr Warnke erzählt draußen, wenn er irgendwo eine Rede hält, immer wieder, was eigentlich getan werden müßte. Aber was passiert? Scheinlösungen. Da wird von Einstieg in die Entschuldung gesprochen. Gemeint sind Umbuchungen von 900 Millionen DM aus einem Haushalt in den anderen, wobei man sie von den Gesamtmitteln der Bahn abzieht.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Das ist der erste Schritt!)

Seit den Leitlinien sind die Leistungen des Bundes für die Bahn praktisch konstant geblieben, aber andere Verkehrsträger haben ständig Erhöhungen erhalten. Gerade Sie sind es ja, die im Verkehrsausschuß immer wieder beantragen, die Mittel für den Straßenbau zu erhöhen.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Wir wollen Radwege bauen!)

Sie sind es, die jedem Vorschlag zustimmen, wenn er von der EG kommt, der dem Straßengüterverkehr neue Vorteile bringt.

(Daubertshäuser [SPD]: Jawohl! Das ist richtig!)

Was machen denn die Koalitionsfraktionen, kommt eine Vorlage zur Erhöhung der Achslasten von Lkw? Natürlich sind die Koalitionsfraktionen vorne und sagen: Das brauchen wir. Kommt eine Vorlage zur Erhöhung der zulässigen Gesamtlänge von Lkw, so kommen sofort wieder CDU/CSU und FDP und sagen: Ja, das brauchen wir.
Ich meine, insofern kann man sagen, daß es eine ganz einseitige Ausrichtung der Verkehrspolitik gibt, nämlich hin zur Straße, hin zum Straßengüterverkehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Diese Interessen vertreten Sie stärker als die Interessen der Bahn, für die Sie nicht nur aus umweltpolitischen, sondern auch aus verkehrspolitischen Gründen zuständig sind.
Jetzt sind Entscheidungen gefordert. Wir wissen doch, daß 1992 der europäischen Binnenmarkt verwirklicht werden soll. Bis dahin bleibt nicht mehr viel Zeit für eine Kommission. Herr Verkehrsminister, wenn man den Zusammenhang mit dem Termin der Bundestagswahl sieht, muß man sagen: Das Datum März 1991 ist sehr fadenscheinig gewählt.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Das meinen nur Sie!)

Wie sollen denn die Vorschläge der Kommission, die im März 1991 vorgelegt werden, umgesetzt werden, damit sie greifen können, bevor die Invasion der ausländischen Lkw auf unseren Straßen einsetzt und die Bahn in diesen gemeinsamen Markt von vornherein mit einem Wettbewerbsnachteil geht und dadurch auf der Strecke — in diesem Fall müßte man besser sagen: auf der Schiene — bleibt? Wie soll das verhindert werden? Dazu gibt es von Ihrer Seite eigentlich keinerlei Vorschläge.
Wir wissen seit 1983 oder schon länger, was getan werden muß. Der Vorschlag der Trennungsrechnung ist nicht neu. Die Notwendigkeit der Übernahme überhöhter Versorgungslasten durch den Bund ist nicht neu. Die Vorschläge werden schon lange diskutiert. Sie konnten sie schon 1984 in dem Entwurf des Bundesbahnsanierungsgesetzes der Fraktion DIE GRÜNEN nachlesen. Aber rein gar nichts ist passiert.
Jetzt stelle ich Ihnen ganz klar die Frage: Warum sind Sie nicht hingegangen und haben gesagt: Wir als Koalitionsfraktionen haben bestimmte Vorschläge, die wir für richtig halten. Auch ich halte diese Vorschläge weitgehend für richtig, aber ich halte sie für nicht weitgehend genug. Ich glaube nicht, daß dadurch eine effiziente Sanierung möglich ist.
Was haben Sie getan? Sie haben eine Pressekonferenz durchgeführt.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Auf diesem Gebiet sind Sie noch fleißiger!)

Sie müßten doch eigentlich wissen, daß man die Situation nicht mit Pressekonferenzen ändert. Sie hätten einen Antrag im Bundestag stellen müssen, um irgend etwas zu erreichen.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110401000
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kohn?

Michael Weiss (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1110401100
Ja.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110401200
Bitte schön, Herr Kohn.




Roland Kohn (FDP):
Rede ID: ID1110401300
Herr Kollege Weiss, würden Sie freundlicherweise zur Kenntnis nehmen, daß die FDP-Fraktion in diesem Bereich nicht nur Vorschläge unterbreitet, sondern, nachdem diese Vorschläge auf dem Tisch lagen, massive Anstrengungen auf allen ihr möglichen politischen Schienen unternommen hat, um diese Vorschläge zu verwirklichen?

Michael Weiss (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1110401400
Ich bin bereit, diese Ihre Aussage zur Kenntnis zu nehmen, bitte Sie aber, mir bei Gelegenheit die Nummer der Bundestagsdrucksache zu nennen, auf der Sie Ihre Vorschläge eingebracht haben. Oder ist der FDP vielleicht nicht bekannt, daß der Bundestag dasjenige Gremium ist, das entscheidet, so daß hier im Bundestag ein Antrag hätte vorgelegt werden müssen, wenn Sie es hätten durchsetzen wollen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir als Fraktion DIE GRÜNEN haben weite Teile aus Ihrem Papier wortwörtlich abgeschrieben, übernommen, weil wir einfach wollen, daß nicht nur geredet wird, sondern daß Sie hier auch einmal entscheiden müssen. Ich kann Ihnen jetzt schon ankündigen: Wenn wir darüber entscheiden, werden Sie nicht umhinkommen, sich in namentlicher Abstimmung dazu zu bekennen, ob Sie Ihr Papier umsetzen wollen oder nicht.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Das ist ein gutes Papier!)

Es wäre immerhin ein Anfang, ein erster Schritt.
Aber ich kann Ihnen heute schon vorhersagen, was passieren wird: Stoltenberg wird zuschlagen, und Sie werden sich nicht durchsetzen. Das, was in einem eigentlich bahnfeindlichen Papier von Sarrazin aus dem Finanzministerium gekommen ist, wird umgesetzt. Wir merken doch seit Jahren, daß die Bahnpolitik bei dieser Bundesregierung nicht vom Verkehrsminister, sondern vom Finanzminister gemacht wird. Das ist ein unerträglicher Zustand.
Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN — Straßmeir [CDU/CSU]: Falsch und unfreundlich!)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110401500
Das Wort hat der Bundesminister für Verkehr.

Dr. Jürgen Warnke (CSU):
Rede ID: ID1110401600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesbahn gehört zu den Wirtschaftsbereichen, die vom Strukturwandel voll getroffen sind. Nach den einleitenden Darlegungen des Kollegen Straßmeir kann ich mich auf die Stichworte Ansteigen des Pkw-Besatzes in Richtung 30 Millionen Pkw, 40 000 km Bundesfernstraßen mit entsprechender Lkw-Leistungsfähigkeit, Strukturwandel im Massengüteraufkommen, Veränderungen in den Ölpreisen und schließlich Änderung der Bevölkerungsstruktur beschränken. Ich füge noch hinzu: Freiheit des Verkehrsmarktes in Europa ab 1993.
Die Regierung Kohl — und der Bundeskanzler ist es, der sich hier persönlich engagiert — hat klargemacht, daß sie gegenüber dieser Herausforderung auf Wachstum und nicht auf Schrumpfung der Leistungsfähigkeit der Bundesbahn setzt. Mein Amtsvorgänger, Werner Dollinger — dem ich dafür dankbar bin — , hat 1983 mit einem mutigen Schritt entschieden, daß wir unverzüglich ein Hochgeschwindigkeitsfahrzeug, den ICE, entwickeln; Einsatzreife im Jahre 1991. Damit wurde der Anschluß gefunden an die französische Hochgeschwindigkeitsentwicklung des TGV,

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

der seit 1980 konkurrenzlos durch Europa gefahren ist.
Wir werden 1991 auf 1 800 km in der Bundesrepublik Deutschland den Hochgeschwindigkeitsbetrieb mit dem ICE aufnehmen; davon werden 1 000 km ausgebaute oder neu gebaute Strecken sein, die Geschwindigkeiten von 200 und 250 km/h ermöglichen. Der ICE ist doppelt so schnell wie das Auto und auch in der Lage, dem Flugzeug Konkurrenz zu machen.
Die Leitlinien für die Bundesbahn, die diese Bundesregierung beschlossen hat, haben dazu geführt, daß die Verschuldung der Deutschen Bundesbahn im Jahre 1990 mit 49 Milliarden DM nur gut halb so hoch sein wird, wie sie Anfang der 80er Jahre für das Jahr 1990 prognostiziert war, nämlich mit 90 Milliarden DM.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Damals von der SPD!)

Herr Kollege Daubertshäuser, wir haben diese Erblast damals auf gut die Hälfte der Verschuldung reduziert.

(Daubertshäuser [SPD]: Und jetzt steigern Sie sie! So einfach ist das!)

Wir werden auch bei der jetzt unter Status-quo-Bedingungen zu erwartenden Entwicklung die Hände natürlich nicht in den Schoß legen. Sie können sich darauf verlassen: So wie diese Schuldenprognose nicht eingetreten ist, wird auch Ihre heutige Schuldenprognose für die Bahn nicht eintreten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Daubertshäuser [SPD]: Aber das steht doch in Ihrer Kabinettsvorlage! Haben Sie die noch nicht einmal gelesen, Herr Minister? Das sind doch nicht meine Zahlen, das sind doch Ihre Zahlen!)

— Wir wissen nur den Weg, wie man einer solchen Entwicklung Herr wird. Das ist der Unterschied zwischen den Zahlen, die Sie uns hinterlassen haben, und denen, die heute zu erwarten sind.
Über den öffentlichen Personennahverkehr sind in den letzten Jahren Rahmenvereinbarungen mit fast allen Bundesländern getroffen worden. Der Bahnbus wurde kostensenkend in handelsrechtliche Gesellschaftsformen überführt. Die Wirtschaftlichkeit der Beteiligungen an anderen Unternehmen wird durch Zusammenfassung in einer Holding gestärkt.
All das, Herr Kollege Daubertshäuser, hat dazu geführt, daß die Bundesbahn eine gewaltige Produktivitätssteigerung erzielen konnte. 250 000 Eisenbahner



Bundesminister Dr. Warnke
leisten heute in etwa das gleiche, was 1982 durch 314 000 Eisenbahner geleistet worden ist.

(Daubertshäuser [SPD]: Und das Ergebnis sind die Zahlen, die der Kollege Kohn genannt hat!)

Es ist demoralisierend, wenn Sie vor dem Plenum des Bundestages diesen gewaltigen Erfolg, der ohne den Einsatz der Bundesbahner nicht hätte geschafft werden können, als einen Mißerfolg hinzustellen versuchen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Daubertshäuser [SPD]: Das ist demoralisierend für die Politik, nicht für die Eisenbahn! Die haben Sie demotiviert! Das ist der Unterschied!)

Diese zum Überleben der Bundesbahn notwendigen Personalverringerungen werden auch weitergehen. Sie sind übrigens durchgeführt worden, ohne daß ein einziger Beschäftigter entlassen werden mußte — eine in der deutschen Wirtschaft wohl einmalige Entwicklung in einem vom Strukturwandel betroffenen Bereich.

(Zustimmung bei der CDU/CSU — Dr. Knabe [GRÜNE]: Es gab aber kaum Neueinstellungen!)

Natürlich ist es zu Härten gekommen; diese Härten dauern an. Wir müssen in Engpaßbereichen dafür sorgen, daß hier Erleichterung geschaffen wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir haben unseren Eisenbahnern auf der einen Seite den Dank für diese Leistung, den wir ihnen schulden, öffentlich auszusprechen.

(Haar [SPD]: Das stimmt! — Weitere Zurufe von der SPD)

Aber es darf auf der anderen Seite nicht beim Aussprechen dieses Dankes allein bleiben.

(Daubertshäuser [SPD]: Sehr richtig! Sie müssen handeln, das ist der beste Dank! — Weitere Zurufe von der SPD)

Deshalb bin ich dem Bundesfinanzminister verbunden, daß er mitgeholfen hat, in den Haushalt 1989 Verbesserungen im Besoldungsbereich gerade für die Engpaßbereiche in der Bundesbahn einzubringen.
Darüber hinaus müssen wir unseren Bundesbahnern auch sagen können: Wie soll es weitergehen?

(Haar [SPD]: Ja, das ist richtig! — Weitere Zurufe von der SPD — Jung [Limburg] [CDU/ CSU]: Hört jetzt mal zu!)

Hier möchte ich sagen: Die Bahn fährt nicht nur auf neuen Gleisen mit neuem Gerät, sondern wir haben auch entsprechende neue Techniken entwickelt, die dafür sorgen, daß die Hochgeschwindigkeit, die der Natur der Sache nach nur zwischen Ballungsschwerpunkten stattfinden kann, auch der Fläche zugute kommen wird.

(Daubertshäuser [SPD]: Das ist die verschämte Absage an die Fläche!)

Ich nenne das Interregio-Konzept,

(Lachen und Zurufe von den GRÜNEN)

ich nenne den Einsatz des modernen Gerätes VT 628,

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

mit dem eben auch Reisespaß geboten wird, was ein ganz wichtiger Teil des Leistungsangebots der Bahn der Zukunft ist.

(Straßmeir [CDU/CSU]: Das kennen die Sozialdemokraten nicht, den Spaß!)

Und ich sage mit Genugtuung: Wir haben im vergangenen Monat den Entwicklungsauftrag für eine deutsche Dieselversion des italienischen Elektroschnelltriebzuges „Pendolino" erteilt, die auf alten Strecken Geschwindigkeiten von 140 und 160 Kilometer pro Stunde erreichen kann und damit die Siedlungsschwerpunkte der Fläche an die Hochgeschwindigkeit anschließen wird.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110401700
Herr Minister, gestatten Sie vorher eine Zwischenfrage des Abgeordneten Knabe?

Dr. Jürgen Warnke (CSU):
Rede ID: ID1110401800
Unter der Voraussetzung, daß das nicht zu Lasten der Diskussionszeit der Parlamentarier geht, gern.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110401900
So habe ich es auch beabsichtigt.

Dr. Wilhelm Knabe (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1110402000
Herr Minister, die kurze Frage: Ist es bis in Ihre Etagen gedrungen, daß die Sicherheit der Nebenstrecken durch das Fehlen von Mitteln, für die Unterhaltung, etwa von Brückenbauwerken und anderem, gefährdet ist, weil man die vorhandenen Mittel einseitig auf diese Schnellbahnstrecken konzentriert?

Dr. Jürgen Warnke (CSU):
Rede ID: ID1110402100
Selbstverständlich kommt keine Gefährdung der Betriebssicherheit bei der Bundesbahn in Frage.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Weiss [München] [GRÜNE]: Nein, Sie legen die Nebenstrecken lieber still, Sie investieren nichts! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

Was gilt es nun darüber hinaus zu tun? Ich nenne sieben Aktionsfelder, auf denen wir uns in der Zukunft zu engagieren haben. Dies sind: 1. die Investitionen, 2. die Altschulden, 3. die Versorgungslasten, 4. die Fahrwegkosten, 5. das Rechnungswesen der Deutschen Bundesbahn, 6. ein modernes Leistungsangebot der Bahn, 7. die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen.
Erstens. Bei den Investitionen haben wir umgesteuert. Herr Kollege Daubertshäuser, um Sie in den Stand zu setzen, mit den richtigen Zahlen zu arbeiten: Es wird im Zehnjahreszeitraum 1986 bis 1995 in die Bahn — und das heißt natürlich nicht nur in den Streckenbau der Bahn, sondern auch in die Fahrzeuge der Bahn und in einem gewissen Umfang in die Erhaltung der Bahn — durch massive Aufstockung der Investitionsmittel eine Bruttosumme von 50 Milliarden DM



Bundesminister Dr. Warnke
investiert werden. Damit haben wir zum erstenmal mit der Straße gleichgezogen, die Bruttoinvestitionen in der gleichen Größenordnung haben wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Daubertshäuser [SPD]: Sie vergleichen hier doch Äpfel mit Birnen!)

Dieses Gleichziehen der Bruttoinvestitionen hätten Sie vorher in den 13 Jahren Ihrer Regierungszeit auch schon machen können. Das haben Sie nicht gemacht.

(Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Sehr richtig! Die haben nur geredet!)

Dies ist die Leistung der jetzt amtierenden Bundesregierung. Das wollen wir dann auch noch einmal festhalten.

(Haar [SPD]: Von 1970 reden Sie nicht mehr lange, Herr Minister!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der zweite Punkt sind die Altschulden. Bundeskanzler Willy Brandt hat in der Regierungserklärung 1969 die Übernahme von 12,6 Milliarden DM Altschulden durch den Bund angekündigt. Bis heute ist das nicht geschehen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Im Haushalt 1989 wird der Bund jetzt knapp eine Milliarde DM Zinsen für Altschulden, die bisher im Haushalt des Bundesverkehrsministers ausgewiesen waren, in den Titel Bundesschuld übernehmen.

(Daubertshäuser [SPD]: Kriegt die Bahn dadurch eine Mark mehr?)

— Niemand behauptet, daß die Bahn dadurch mehr Geld bekommt, Herr Kollege Daubertshäuser, aber es ist ein Signal, mit dem der Bund Verantwortung für die Altschulden zu erkennen gibt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Weiss [München] [GRÜNE]: Das ist ein Signal, das auf Rot steht!)

Drittens. Ab 1989 wird der Versorgungsaufwand, den die Bahn selbst zu tragen hat, auf 31 % der Bezüge ihrer aktiven Beamten begrenzt — nach zwei Jahren — , nach fünf Jahren wird dann die Angemessenheit dieser Zahl überprüft werden. In der Zwischenzeit wird exakt abgerechnet. Im Gegensatz zur bisherigen Übung wird der Bahn damit die Planungssicherheit gegeben, die sie seit langem gefordert hat.
Viertens. Ich werde dem Kabinett vorschlagen, daß sich der Bund am Fahrweg der Bahn mit einem Beitrag zu den Fahrwegkosten beteiligt.

(Haar [SPD]: Sehr schön! — Weiss [München] [GRÜNE]: Und dann ziehen Sie das von Plafond wieder ab!)

Herr Gohlke hat diesen Schritt als revolutionär bezeichnet. Herr Gohlke hat recht.

(Daubertshäuser [SPD]: Der Mann ist in der Politik naiv!)

Ich möchte bei dieser Gelegenheit den Kollegen von der Arbeitsgruppe der Koalition ebenso wie den Kollegen der Opposition danken, daß sie bei der Erstellung dieses Teils des Bahnkonzepts entscheidende
Arbeitshilfe geleistet haben. Ihr Angebot, Herr Kollege Daubertshäuser, daß es in Fragen der Bahn interfraktionelle Zusammenarbeit geben soll, nehme ich ernst. Wir werden uns zusammensetzen, um diese Möglichkeiten auszuloten. Ich würde es begrüßen, wenn wir hier einen gemeinsamen Weg fänden.

(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD — Weiss [München] [GRÜNE]: Das wird bloß der Finanzminister nicht mitmachen!)

Fünftens. Ich habe die Deutsche Bundesbahn beauftragt, die erforderlichen Voraussetzungen, um überhaupt einen Beitrag zum Fahrweg leisten zu können, in ihrem Rechenwerk zu schaffen. Die Bundesbahn hat in der Tat in der Erstellung eines aussagefähigen Rechenwerks erhebliche Fortschritte gemacht. Ich gehe mit Ihnen, Herr Kollege Kohn, davon aus, daß diese Arbeiten binnen zwei Jahren zum Abschluß gebracht werden.
Sechstens. So richtig es ist, daß die Bahn nicht ohne Geld saniert werden kann, mit Geld allein kann die Bahn auch nicht saniert werden. Sie muß sich in ihrem Leistungsangebot der Qualität der Konkurrenz, den Anforderungen der Wirtschaft anders anpassen, als das bisher der Fall war. Sie ist auf dem richtigen Wege. Das Stückgutkonzept 1988 hat das gezeigt. Die Bahn muß — und nur der kombinierte Verkehr gibt ihr hierzu die Möglichkeit — in Zusammenarbeit mit dem Lkw in der Lage sein, auch den Nachtsprung binnen 24 Stunden in einem massiven, über das Bisherige hinausgehenden Umfang im Güterbereich vorzunehmen. Die Zeit ist reif dafür. Nicht nur die verladende Wirtschaft, sondern auch der Güterkraftverkehr warten auf eine Ausweitung dieses Angebots. Natürlich soll die Bahn auch in Zukunft im Schienenpersonennahverkehr unserer Ballungsräume gemeinwirtschaftlich fahren. Natürlich wird das auch in Zukunft ein Bereich sein, der nicht kostendeckend gestaltet werden kann, der Zuschuß braucht, aber die Konstruktionen, wie es sie heute bei einem Teil unserer Verkehrsverbünde gibt, daß dort über die Leistungen entschieden wird und der Bund hinterher die Rechnung zu bezahlen hat, sind in dieser Form nicht sinnvoll und überprüfungswürdig.

(Daubertshäuser [SPD]: Da haben Sie recht!)

Ob im wettbewerbswirtschaftlichen oder im gemeinwirtschaftlichen Bereich, immer haben wir den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten.

(Lachen des Abg. Weiss [München] [GRÜNE])

Das heißt im Klartext, sparsam mit dem Geld der Steuerzahler umzugehen, Herr Kollege Weiss. Die „GRÜNE" Bahn, die Sie hier vorschlagen, ist unbezahlbar.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie kann deshalb nicht verwirklicht werden, weil sie keine Grundlage in den Finanzierungsmöglichkeiten hat.
Deshalb gilt es, wirtschaftliche Optimierungsberechnungen mit dem Ziel aufzustellen, den Bedarf der Deutschen Bundesbahn an Zuschüssen aus dem Bun-



Bundesminister Dr. Warnke
deshaushalt zu begrenzen und auf lange Sicht zurückzuführen.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110402200
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Weiss (München)?

Dr. Jürgen Warnke (CSU):
Rede ID: ID1110402300
Bitte sehr.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110402400
Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Michael Weiss (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1110402500
Herr Minister, weil Sie sagen, es sei unbezahlbar, frage ich Sie: Können Sie bestätigen, daß man durch eine Mineralölsteuererhöhung um etwa 18 Pfennig ungefähr 5 Milliarden DM im Jahr mehr hätte, um die Bahn zu finanzieren?

Dr. Jürgen Warnke (CSU):
Rede ID: ID1110402600
Ich kann nur eines bestätigen, Herr Kollege Weiss: Wenn ich das sehe, was Sie allein im Laufe der letzten anderthalb Jahre hier an Anträgen eingebracht haben, auf Aufrechterhaltung jeder Strecke, von der sich die Bevölkerung aus Gründen, die ihr nicht vorzuwerfen sind, zurückgezogen hat, dann komme ich zu dem Ergebnis: Die Bahn, die Sie propagieren, ist eine unbezahlbare Museumsbahn, nicht aber die Bahn der Zukunft.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine sehr verehrten Kollegen, ich brauche keine lange Begründung, wenn ich sage: Leistungsangebot, Verteilung von gemeinwirtschaftlich entstehenden Defiziten zwischen Bund und anderen Körperschaften, Begrenzung und Rückführung des Bedarfs an Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt, das sind Fragen, die nicht im Wege der Volksbeglückung den Beteiligten übergestülpt werden können. Vielmehr bedürfen die Antworten auf diese Fragen sorgfältiger Vorklärung. Das ist der Grund, weshalb ich dem Kabinett vorschlagen werde, eine unabhängige Kommission aus Vertretern von Wirtschaft und Gewerkschaften, von Bund und Ländern, von Banken und Wissenschaft zu berufen und mit der Aufgabe zu betrauen, binnen zwei Jahren den Bericht vorzulegen, der das zukünftige Unternehmenskonzept der Bundesbahn ebenso enthalten soll wie die Finanzverantwortung in entscheidenden Bereichen der Gemeinwirtschaftlichkeit des Leistungsangebots.
Siebentes. Wir brauchen auch Rahmenbedingungen, in denen die Bundesbahn ihre Leistungsfähigkeit entfalten kann. Wir treten mit dem europäischen Verkehrsmarkt in eine neue Ära der Verkehrspolitik ein. Zweierlei kennzeichnet diese neue Ara: Erstens wird der grenzüberschreitende Güter- und Personenverkehr auf der Straße wie in der Luft von allen mengenmäßigen Beschränkungen befreit. Zweitens ist für das zu erwartende und von uns ja gewollte Wachstum des grenzüberschreitenden Verkehrs die Infrastruktur nicht mehr beliebig vermehrbar, weder die Straßen- noch die Flughafeninfrastruktur.
Meine Damen und Herren, ein wachsendes Verkehrsaufkommen in der Luft und auf der Straße und das Fehlen der Möglichkeiten, die Infrastruktur beliebig anzupassen, das bringt für die deutsche Verkehrspolitik eine Grundsatzentscheidung mit sich, die ich sehr einfach formulieren kann: Die problematischen Verkehrsträger Luft und Straße dürfen im Zeichen des Gemeinsamen Marktes nicht auch noch subventioniert werden. Das heißt im Klartext: In dieser Stunde tagt die Länderverkehrsministerkonferenz. Der Bundesverkehrsminister, vertreten durch den Staatssekretär, wird dort vorschlagen, durch An- und Abfluggebühren Kostendeckung im Bereich der Flugsicherung herbeizuführen

(Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Sehr richtig!) und mit dieser Subvention Schluß zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es heißt im Klartext weiter: Bundesregierung und Koalition unterstützen den Vorschlag der Kommission für eine Infrastrukturabgabe im europäischen Straßengüterverkehr. Wir wollen eine europäische Lösung; wenn aber Europas Mühlen zu langsam mahlen, müssen wir übergangsweise in der Lage sein, auch national zu handeln und, Herr Kollege Weiss, diese Entscheidungen rechtzeitig vor 1993 zu treffen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nur durch diese Handlungsfähigkeit werden wir uns in Europa durchsetzen können.
Der wachsende Markt in der von Grenzen befreiten Europäischen Gemeinschaft bietet eine Chance für alle, für Straße, Luftverkehr, Hochsee- und Binnenschiffahrt, und wir brauchen die Eisenbahn, wenn dieses Wachstum Umwelt- und verkehrssicherheitsgerecht bewältigt werden soll.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110402700
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Jobst.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID1110402800
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, daß in dieser Verkehrsdebatte, in dieser Bundesbahn-Debatte die Gemeinsamkeit beschworen wurde. Ich stimme Ihnen zu, Herr Daubertshäuser, daß wir bei diesen schwierigen Bahnproblemen möglichst gemeinsam diese Dinge angehen sollten. Ich glaube, die heutige Debatte hat gezeigt,

(Frau Olms [GRÜNE]: Sie ist noch nicht zu Ende!)

daß wir in der Zielsetzung einig sind: Wir alle wollen eine leistungsfähige, moderne Bahn, die ihre künftigen Aufgaben erfüllen kann. Aber darüber, welchen Weg wir dabei gehen sollen, welche Bahn wir uns dabei vorstellen, gehen die Meinungen schon auseinander.
Wenn wir über die Deutsche Bundesbahn oder über die Bahn der Zukunft debattieren, dann geht es um die Kernfrage der Bahnpolitik, nämlich: Welche Bahn hat Zukunft, welche Bahn wollen wir, und welche Bahn können wir letzten Endes bezahlen?
Der Vorwurf der SPD, der auch heute wieder gekommen ist, wir hätten die Bahn im Stich gelassen, muß mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Wenn Sie von der SPD sich so der Probleme der Bahn



Dr. Jobst
angenommen hätten wie wir und diese Bundesregierung, dann gäbe es diese Situation bei der Deutschen Bundesbahn nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei Ihnen war die Bundesbahn doch das Stiefkind; Sie haben sie nahezu an den Rand des Abgrunds fahren lassen. Es gab keine Zukunftsinvestitionen in der Zeit der SPD-Verkehrsminister; diese hatten einseitig auf Bundesfernstraßenausbau gesetzt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Leber-Plan!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bundesregierung Kohl hat gehandelt: Wir haben Leitlinien erarbeitet. Während die SPD die Bahn hat verludern lassen, hat sie jetzt wieder Ansehen gewonnen. Die Eisenbahner sind motiviert; das Leistungsbild hat sich positiv verändert. Die Bundesbahn ist heute natürlich auch umweltpolitisch attraktiv.

(Daubertshäuser [SPD]: Das hat Ihnen doch ein Märchenerzähler aufgeschrieben, was Sie da vortragen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Erfolge wurden durch gewisse Ereignisse wieder eingeholt: Wir haben die erheblichen Strukturveränderungen in Wirtschaft und Verkehr; wir haben den Rückgang bei den Massenguttransporten; wir haben einen Preisverfall bei den Gütertarifen; wir haben die hohen Belastungen der Bahn im Schienenpersonennahverkehr.
Die CDU/CSU tritt mit Nachdruck für eine leistungsfähige deutsche Bahn ein. Die Bahn, lieber Kollege Daubertshäuser, ist heute nicht mehr das Rückgrat des Verkehrs. Sie hat nicht mehr die Grundversorgungsfunktion wie früher; sie ist nicht mehr das universale Transportmittel. Die Bahn ist heute ein Dienstleistungsunternehmen, das im Wettbewerb steht. Für uns ist dieses Dienstleistungsunternehmen ein unverzichtbares Verkehrsunternehmen. Wir brauchen die Bahn als zuverlässigen Partner in der Wirtschaft. Es ist schon mehrfach darauf hingewiesen worden, daß neue Aufgaben durch die Verengung im Straßen- und im Luftraum auf die Deutsche Bundesbahn zukommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich die Debatte, die bisher gelaufen ist, jetzt zusammenfassend betrachte, dann glaube ich, daß Umdenken notwendig ist. Wir brauchen ein neues Bahnverständnis. Die GRÜNEN wollen die Deutsche Bundesbahn so, wie sie jetzt ist, konservieren. Die SPD lehnt Strukturveränderungen ab.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt doch nicht!)

Herr Kollege Daubertshäuser, Sie haben auf die Straßen verwiesen. Auf der Straße haben wir Magistralen. Und was haben wir im Bereich der Bahn? — Ein Netz aus dem vorigen Jahrhundert; es ist über 150 Jahre alt. Die Bahn der Großväter hat keine Zukunft. Bei solchen Vorstellungen würde die Bahn noch viel stärker aus dem Markt geworfen werden.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Schauen Sie doch einmal in die Schweiz!)

Deshalb sind auch die wirtschaftlichen Ergebnisse der Bahn heute alles andere als befriedigend. Die Bahn kann nur 60 % ihrer Gesamtaufwendungen durch am Markt erwirtschaftete Erlöse decken. 17 Milliarden DM eigenen Erträgen stehen 20 Milliarden DM Personalkosten gegenüber. Wir sollten uns eine weitere Zahl ins Gedächtnis rufen: Von 1970 bis 1987 hat die Deutsche Bundesbahn über 200 Milliarden DM Bundesleistungen erhalten. Die Bahn ist in dieser Form und mit dieser Entwicklung, die wir heute haben, auf Dauer nicht bezahlbar. Die Erhaltung des Schienennetzes mit dem gesamten Apparat ist auf Dauer nicht verkraftbar. 85 To der Leistungen der Bahn werden auf 40 % ihres Netzes erbracht. 30 % der Gütertarifpunkte erwirtschaften 90 % des Verkehrsumsatzes.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Das ist nicht die Frage! Sie müssen Kosten und Erträge vergleichen und nicht Prozentzahlen!)

Die Bahn muß deshalb als marktorientiertes Unternehmen, Herr Weiss, gesehen werden, und danach müssen die Entscheidungen ausgerichtet werden.
In der Fläche ist das Verkehrsmittel Bahn dem Pkw und dem Lkw hoffnungslos unterlegen. Wir brauchen für den Personenverkehr die Hochgeschwindigkeitsbahn. Wir brauchen im Güterverkehr stärker den Knotenpunktverkehr von Schwerpunkt zu Schwerpunkt, von Industrieregion zu Industrieregion. Das Wichtigste ist: Die Bahn muß unter Bedingungen produzieren, die eine Kostendeckung ermöglichen. Das heißt, sie muß ihren arteigenen Vorteil stärker ausbauen, und sie muß wissen, daß lokale Verkehre mit anderen Mitteln besser und produktiver gestaltet werden können.
Meine verehrten Damen und Herren, die Sanierung der Finanzen der Bahn ist für uns eine wichtige Aufgabe. Das Kernproblem bei der Bahn aber ist die Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Die Motorisierung geht weiter. Der Lkw dringt immer mehr in Märkte der Bahn ein. Deshalb braucht die Bahn die richtigen Trassen, in den richtigen Relationen in ihrem Netz.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Die Zukunftsinvestitionen, die heute erfreulicherweise laufen, kommen viel zu spät, werden viel zu spät verkehrswirksam. Hier liegt das Hauptversagen der SPD: daß sie nicht mit dazu beigetragen hat, daß die Bahn Zukunftsinvestitionen hat vornehmen können.

(Beifall bei der CDU/CSU — Daubertshäuser [SPD]: Herr Dr. Jobst, Sie wissen, daß der Verkehrsminister Leber zum erstenmal Investitionszuschüsse eingeführt hat! Sie vergessen den Namen Dr. Seebohm!)

— Unter der Bundesregierung Kohl, Herr Daubertshäuser, ist keine Investition gescheitert, weil das nötige Geld nicht zur Verfügung gestanden hätte. Mit dem Neu- und Ausbau der Strecken erhält die Bahn die erforderliche Infrastruktur. Noch niemals in der Geschichte der Bahn sind so hohe finanzielle Mittel in die Zukunft des Unternehmens investiert worden, wie das heute der Fall ist. Es ist unverfroren, wenn immer wieder die Behauptung kommt, wir hätten die Bahn im Stich gelassen. Dies, meine sehr verehrten Damen



Dr. Jobst
und Herren, muß energisch zurückgewiesen werden.
Die Kosten bei der Bahn müssen weiter gesenkt werden. Die Reduzierung des Personalstandes ist keine leichte Aufgabe. Die Eisenbahner tragen diese Aufgabe mit. Dafür schulden wir ihnen Dank und Respekt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Meine verehrten Damen und Herren, die DB braucht eine Finanzperspektive. Sie schleppt Lasten mit, die andere Verkehrsträger nicht haben und die ihr abgenommen werden müssen. Während ihre Konkurrenten Fahrwegkosten nur zu bezahlen haben, wenn sie die Fahrwege in Anspruch nehmen, muß die Bahn auch bezahlen, wenn sie die Trassen nicht oder nur wenig benutzt. Wir haben deshalb im Papier der Koalitionsarbeitsgruppe Bahn darauf hingewiesen, daß im Wege der Trennungsrechnung das Schienennetz in die Obhut des Bundes, des Staates, übergeführt werden soll.
Ich stimme dem zu, was hier heute gesagt wurde, daß die öffentlichen Leistungen, die die Bahn erbringen muß, künftig noch stärker abgegolten werden müssen. Für mich ist es auch wichtig, daß für die Bahn, die immer noch zu sehr an den Ketten des Staates hängt, eine gewisse Befreiung eintritt. Die Bahn braucht eine neue Unternehmens- und Organisationsstruktur. Wir müssen deshalb auch prüfen, ob eine Änderung des Bundesbahngesetzes notwendig ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben Handlungsbedarf bei der Deutschen Bundesbahn. Das ist eine unumstrittene Tatsache. Gefordert ist zunächst die Unternehmensführung. Die Unternehmensführung muß die Produktion, muß das Marketing verbessern. Die Organisation muß weiterentwickelt werden.

(Haar [SPD]: Nichts Neues!)

Auch die Aufgabenstellung der Bahn, Herr Haar, muß weiterentwickelt werden. Dazu brauchen wir auch eine moderne Erfolgsrechnung. Hier hat der Bundesbahnvorstand eine Vorleistung zu erbringen. Wir brauchen, meine Damen und Herren, weitreichende und mutige politische Entscheidungen.

(Daubertshäuser [SPD]: Sehr richtig!)

Wenn sich der Bundesverkehrsminister aus diesen Gründen für eine richtige Weichenstellung im Blick auf die Zukunft des Sachverstandes und des Rates einer Expertenkommission bedienen will, dann ist das richtig.

(Daubertshäuser [SPD]: Schon wieder eine Kommission! Ihr wißt doch alles! Warum macht ihr es nicht?)

Auf der Grundlage eines neuen Bahnverständnisses brauchen wir jetzt ein geschlossenes Bahnkonzept, damit die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn gestärkt, die Bahn zu einer Bahn der Zukunft gemacht und finanziell saniert wird. Eine genaue Analyse und fundierte Vorschläge sind dazu notwendig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, wir wollen diese notwendigen Entscheidungen nicht anderen, wir wollen sie nicht Ihnen
überlassen. Wir sind überzeugt, daß diese Koalition unter Bundeskanzler Kohl nach 1990 die politische Verantwortung weiter zu tragen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU — Daubertshäuser [SPD]: Das klang aber nicht überzeugend!)

Ihre Behauptung, wir wollten verzögern und die Probleme der Bahn bis nach der Wahl im Jahre 1990 verschieben, ist falsch.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Was soll denn sonst die Kommission?)

Wir wollen die Aufgaben selber erledigen, und wir wollen sie gründlich erledigen. Die Eisenbahner erinnern sich an den Zickzackkurs der SPD bei der Bahn. Er ist in bester Erinnerung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Deutsche Bundesbahn hat tüchtige und fähige Mitarbeiter.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110402900
Herr Abgeordneter, es tut mir leid, aber das waren schon gute Schlußsätze, und Ihre Redezeit ist nun abgelaufen.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID1110403000
Ein letzter Satz, Herr Präsident. — Für uns, für die CDU/CSU, ist die Deutsche Bundesbahn kein Auslaufbetrieb. Wir setzen auf die Zukunft einer modernen Bahn.
Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110403100
Die letzten Sätze der Kollegen sind immer besonders lang.
Der Abgeordnete Haar hat als nächster das Wort.

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID1110403200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben mit großem Interesse Ihr Angebot, Herr Dr. Warnke, in Richtung gemeinsamen Handelns in der Bahnpolitik gehört. Diese Forderung, die auch von unserer Seite erhoben wurde, ist nicht neu. Ich denke, wir können Gespräche im Rahmen einer Bestandsaufnahme führen. Nur, unsere Erfahrungen im Zusammenhang mit unserem Angebot, was den EG-Verkehrsmarkt anlangt, waren nicht gut. Vielleicht gibt es jetzt einen besseren Start. Nur noch eine Bemerkung: Die Rede von Herrn Dr. Jobst, der nach Ihnen gesprochen hat, war schon ein Fehlstart.

(Beifall bei der SPD — Jung [Limburg] [CDU/ CSU]: Was war denn die Rede von Daubertshäuser? — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

— Regen Sie sich nicht auf. Ich sage hier die Wahrheit. Wenn Sie sich darüber aufregen, dann ist es auch gut.
Die Deutsche Bundesbahn befindet sich heute in einer zunehmend gefährlicher werdenden Situation. Verschuldung und Jahresfehlbetrag steigen in einem von Jahr zu Jahr schneller werdenden Tempo. Der Vorstand der Bundesbahn rechnet für 1993 mit einem Schuldenberg in Höhe von über 60 Milliarden DM. Die Aufgabe, Erträge, Aufwand und Investitionen unter einen Hut zu bringen — das ist unbestritten —, wird immer schwieriger. Dies hat bereits dazu geführt, daß sich der Bahnvorstand entgegen langjähriger Pra-



Haar
xis in der vergangenen Woche nicht in der Lage sah, dem Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn einen beschlußfähigen Wirtschaftsplanentwurf für das kommende Jahr vorzulegen. Er mußte um Verschiebung bis Mitte Dezember bitten.

(Daubertshäuser [SPD]: So ist es!)

Lassen Sie mich zur Charakterisierung der jetzigen Situation einige Beispiele anführen. Angesichts des Kapazitäts- und Personalabbaues in den letzten Jahren bietet die Bahn auf Grund eines Beschlusses ihres Managements Verkehrsleistungen nicht mehr dort an, wo ein Bedarf auf dem Markt erkannt wird, sondern nur noch dort, wo sie sich auf Grund ihrer reduzierten personellen Leistungsfähigkeit dazu in der Lage sieht. Was ist das für eine Situation?
Der Umfang der von den Eisenbahnern geleisteten Überstunden beläuft sich zur Zeit auf rund 5 Millionen Stunden. Um den Bahnbetrieb überhaupt aufrechtzuerhalten, sind einzelne Lokführer und Rangierarbeiter bereits gezwungen, Überstunden in einem Umfang von 20 bis 30 Tagen vor sich herzuschieben. Wo bleibt hier die Fürsorgepflicht des Vorstandes der Bahn und der Bundesregierung gegenüber den betroffenen Eisenbahnern? Gilt eigentlich die Aufforderung von Bundesminister Blüm, Überstunden durch Neueinstellungen zu vermeiden, nur für die Privatwirtschaft und nicht auch für den Bund?
Langfristig zwischen Bahnvorstand und Bundesregierung vereinbarte Investitionsziele werden über den Haufen geworfen, weil der Bundesfinanzminister auf einer weiteren Verknappung des Finanzrahmens der Bahn besteht, so geschehen bei den Investitionen sowohl in die Ausbaustrecken als auch zur Beschaffung der Fahrzeuge für den Interregio-Verkehr. Beide Vorhaben wurden im Genehmigungserlaß des Bundes vom Juni dieses Jahres für den Wirtschaftsplan 1988 der Bahn als nachrangige Prioritäten, d. h. als entbehrlich bezeichnet.
Dies zeigt, wie sehr die Deutsche Bundesbahn in der Krise steckt. Es wird nur noch kurzfristig reagiert statt zielorientiert gehandelt. Herr Minister, Sie haben sieben Leistungs- und Aktionsfelder hier genannt. Ich muß Sie wirklich dringend bitten: Bleiben Sie nicht bei Überschriften und Ankündigungen! Dann wollen wir über jedes einzelne Aktionsfeld konkret wissen, was, bezogen auf die Erfahrungen und die Überlegungen der Koalitionsfraktionen und ihrer Verkehrspolitiker, in Übereinstimmung steht und was wir dann auch rasch nach vorn führen können.

(Daubertshäuser [SPD]: Sehr richtig!)

Ich begrüße es ausdrücklich, daß einige der bahnpolitischen Forderungen meiner Fraktion inzwischen von den Koalitionsfraktionen ernsthaft diskutiert werden. Die Vorschläge der Koalitionsgruppe Bahn vom Juni dieses Jahres stellen auch einen guten Schritt in die richtige Richtung dar. Gleiches gilt für die bei der Eröffnung des Gewerkschaftstages der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands von Ihnen, Herr Bundesminister Warnke, genannten Felder. Sie haben es vorsichtig formuliert — ich habe es zweimal nachgelesen — : Das ist in jeder Richtung prägbar. Aber das
reicht wohl nicht. Ankündigungen helfen der Bahn und den Eisenbahnern jetzt nicht mehr weiter.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Flinner [GRÜNE])

Es muß gehandelt werden — da bin ich mit Herrn Kohn in völliger Übereinstimmung — , und zwar nicht erst irgendwann nach der Bundestagswahl — so etwa mit dem Nebengleis einer Kommission, sondern jetzt. Lassen Sie uns in all den Bereichen, in denen inzwischen Einigkeit über die Notwendigkeit politischer Entscheidungen besteht, rasch zu Beschlüssen kommen. Weiteres Zuwarten wäre im Grunde auch gar nicht zu verantworten.
An erster Stelle ist hier der notwendige Abbau der Verschuldung der Bahn zu nennen. Seit fünf Jahren liegen dazu konkrete Vorschläge auf dem Tisch. Dr. Abs hat im September 1983 in einem der Bundesregierung vorgelegten Bericht mit seiner Expertengruppe eindeutig festgestellt — hier darf ich wörtlich zitieren — , daß nur eine klare Bereinigung der Finanzstruktur von den Fehlentwicklungen der Vergangenheit zu einer dauerhaften Lösung führt. — Das zweite wörtliche Zitat: Es wird gesagt, daß zögerliches und kompromißhaftes Handeln nicht mehr vertretbar ist, ohne der Bundesbahn und damit der Deutschen Volkswirtschaft dauerhaften und nicht wiedergutzumachenden Schaden zuzufügen.

(Daubertshäuser [SPD]: Abs hat recht, so ist es!)

Diese Feststellungen wurden getroffen, als die Verschuldung der Bahn bei 35 Milliarden DM lag. Inzwischen beläuft sie sich auf rund 42 Milliarden DM, und — mein Freund Daubertshäuser hat es schon festgestellt — sie nimmt rapide zu. Im Dezember hat die SPD-Fraktion zur Entschuldung der Bahn einen Gesetzentwurf eingebracht, der am 4. März 1988 in erster Lesung behandelt wurde. Noch ist darüber im Ausschuß nicht beraten worden. Lassen Sie uns wenigstens jetzt zu einem konstruktiven Dialog über die notwendige Kapitalbereinigung bei der Deutschen Bundesbahn kommen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Kohn [FDP])

Gleiches gilt für die volle Übernahme der überhöhten Pensionslasten der Bahn durch den Bund. Wir haben hierzu einen Entschließungsantrag eingebracht. Auch die Arbeitsgruppe Bahn von CDU/CSU und FDP sieht hier Regelungsbedarf. Hier könnten wir uns schnell auf eine gesetzliche Regelung verständigen. Ich frage Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen: Sind Sie dazu wirklich bereit? Wir Sozialdemokraten sind es,

(Daubertshäuser [SPD]: Das wird die Nagelprobe!)

allerdings unter der Voraussetzung, daß die hierfür notwendigen Mittel nicht nach Taschenspielermanier an anderer Stelle des Bahnhaushaltes gestrichen werden. Das müssen klare Positionen sein.
Der dritte Bereich, in dem über die Notwendigkeit raschen Handelns Einmütigkeit besteht, ist die Frage des Wegenetzes der Bahn. Hier muß gerade im Hinblick auf den bis 1992 entstehenden europäischen



Haar
Binnenmarkt eine Gleichstellung der Bahn mit Straße, Wasserstraße und Luftfahrt erfolgen. Wie bei den anderen Verkehrsträgern müssen auch bei der Bahn die Kosten für Unterhalt und Ausbau des Netzes vom Bund übernommen und gleichzeitig eine Schienenbenutzungsgebühr eingeführt werden.
Auch Sie, meine Damen und Herren von der CDU/ CSU und FDP, haben genau dies zu einem zentralen Punkt Ihrer Vorschläge vom 21. Juni gemacht. Worauf warten wir eigentlich noch? Doch wohl nicht auf detaillierte Rechnungen der Bahn zu jeder einzelnen Strecke. Es kann ja wohl nicht wahr sein, daß Sie das verlangen würden.
Im übrigen, hat Herr Gohlke vor zwei Tagen bei uns erklärt, sie seien wesentlich schneller in der Lage, solche gewünschten Rechnungen vorzulegen.

(Daubertshäuser [SPD]: Eigentlich schon heute!)

Es ist doch unbestritten, daß auch bei den Schienenwegen in zusammenhängenden Netzen gedacht werden muß. Bei der Straße kommt doch niemand auf die Idee, die Wirtschaftlichkeit einzelner Kreisstraßen zu ermitteln.

(Daubertshäuser [SPD]: Das ist wahr!)

Wenn Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, auf streckenspezifische Rechnungen nicht verzichten wollen, ist dies doch nicht Voraussetzung einer notwendigen gesetzlichen Regelung des Wegekostenproblems, sondern allenfalls ihre Konsequenz.

(Straßmeir [CDU/CSU]: Es muß aber überhaupt rechenbar sein!)

— Aber schieben Sie es mit diesem Argument nicht weg, das ist meine Bitte. Schieben Sie die Entscheidung bitte nicht vor sich her! Lassen Sie uns mit konkreten Beratungen im Ausschuß so rasch wie möglich beginnen!
Ein weiterer Punkt, bei dem gemeinsame Auffassungen bestehen, sind die gemeinwirtschaftlichen Aufgaben der Bahn im öffentlichen Personennahverkehr. Sie gehören in die staatliche Verantwortung. Wir haben hierzu im Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Bundesbahngesetzes einen konkreten Formulierungsvorschlag zur Neufassung des § 28a des Bundesbahngesetzes vorgelegt. Wir hängen hier — wie auch bei den anderen Gesetzentwürfen — nicht an Punkt und Komma.
Bringen Sie Ihre Vorschläge ein; denn durch Liegenlassen werden die Probleme allenfalls nur größer.

(Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das Nichtstun der 70er Jahre lastet der Bahn noch an!)

Wer wirklich will, daß die Deutsche Bundesbahn echte Zukunftschancen erhält, der muß jetzt zum Handeln bereit sein.

(Hinsken [CDU/CSU]: Das wollen wir doch alle, Herr Haar!)

Bleiben die Bundesleistungen an die Deutsche Bundesbahn eingefroren, dann ist der Weg zur Schrumpfbahn vorgezeichnet. Ich trage das doch mit zwei Jahrzehnten Erfahrung vor.

(Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Auch in der Verantwortung!)

Ich mache da keinen Unterschied in der kritischen Beurteilung der Entwicklung, die hierher geführt hat. Ich habe das wiederholt öffentlich formuliert, auch am Sonntag vor acht Tagen in Nürnberg. Das werden der Minister und Herr Kohn bestätigen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist konsequent!)

Die massive Zunahme der Streckenstillegungsverfahren und die reihenweise Schließung von Wagenladungstarifpunkten, die wir entschieden ablehnen, sind unübersehbare Indizien hierfür. Wer es mit der Sorge für gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land wirklich ernst meint, darf bei dieser Entwicklung nicht mehr schweigen.
Wir müssen den Teufelskreis unserer Umwelt- und Verkehrsmisere durchbrechen. Politische Sandkastenspiele und das Hin- und Herschieben der Bundesleistungen an die Bahn von einem Haushaltstitel zum anderen können Eisenbahner und Öffentlichkeit über die wahren Sachverhalte nicht mehr hinwegtäuschen. Die Bahn muß endlich aus dem Würgegriff der Privatisierungs- und Liberalisierungsideologie befreit werden, nicht umgekehrt. Das muß ich deutlich sagen. Ökologische und ökonomische Vernunft gebieten es, den Anachronismus der Bahn- und Umweltzerstörung gemeinsam aufzulösen.

(Beifall bei der SPD)

Ich wiederhole meinen eindringlichen Appell: Die notwendigen Entscheidungen müssen jetzt fallen. Weiteres Zuwarten führt zu einer dramatischen Verschärfung der Lage der Bahn. Lassen Sie Ihren öffentlichkeitswirksamen Versprechungen jetzt Taten folgen! Ich zitiere den früheren Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Herbert Wehner: Laßt die Bahn nicht verkommen!
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110403300
Das Wort hat der Abgeordnete Gries.

Ekkehard Gries (FDP):
Rede ID: ID1110403400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Wort muß ich aufgreifen, um es zurückweisen zu können und die Position deutlich zu machen: Lieber Ernst Haar, die Bahn aus dem „Würgegriff der Liberalisierung" zu befreien, — das geht an den Realitäten ja wohl total vorbei. Wir wollen die Bahn auch in der Weise liberalisieren, indem wir ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihre Leistungsfähigkeit in einem liberalisierten Markt stärken. Das ist die Absicht der FDP.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das ist genau das, was durch die Ausführungen meines Kollegen Kohn hier deutlich gemacht worden ist. Wir wollen die Bahn. Ich habe eigentlich kein Verständnis mehr für die dauernde Ideologisierung der Verkehrsträger — selbst heute morgen klang es hier



Gries
an —, für das dauernd falsche In-Wettbewerb-Setzen von Verkehrsträgern.

(Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

Das geht am Bedarf der Menschen und der Wirtschaft völlig vorbei.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Wer Eisenbahn fahren will, der wird es tun, und er kann es,

(Frau Flinner [GRÜNE]: Auf dem flachen Land eben nicht!)

und wer Auto fahren will, der kann es, und er wird es tun. Sie können die Menschen nicht zu dem einen oder zu dem anderen zwingen. Wir müssen die Rahmenbedingungen dafür setzen, daß die systemspezifischen Vorteile ausgenutzt werden können. Das ist unsere Aufgabe, und dazu gehört die Bahn. Deshalb wollen wir die Bahn ja in jeder Weise fördern.
Aber ich wollte mich eigentlich ein bißchen aus dieser Grundsatzdiskussion entfernen und mich an ein paar Einzelpunkte in der Diskussion annähern, die auch den Anträgen zugrunde liegen.
Als erstes will ich darauf hinweisen, für wie wichtig wir das europäische Schnellbahnnetz halten, und dabei das Augenmerk auf die beiden Strecken richten, die in dem offener und enger werdenden Europa für uns wichtig sind: Paris—Brüssel—Köln mit der Anbindung an die Strecke Ruhrgebiet—Köln—MannheimSüddeutschland; die zweite Strecke, die wir nicht vergessen wollen: Paris—Saarbrücken—Mannheim.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

Hierauf muß alle Energie verwendet werden. Ich finde es gut, daß die europäischen Verkehrsminister diese Frage in der vergangenen Woche angeschnitten und den richtigen Weg gewiesen haben. Ich hoffe auch, daß jetzt die Vereinheitlichung der Technik und die Finanzierung gesichert werden können.
Ich will auch ein Wort zu der Frage Köln—Frankfurt oder Rhein/Ruhr—Rhein/Main sagen. Ich spreche mich hier ganz eindeutig dafür aus, daß das auf der Schiene mit dem ICE geschieht.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

Das geht nämlich schnell, das wird der Bahn auch gerecht. Das ist keine Absage an Transrapid. Transrapid ist ein System, das von uns gefördert worden ist, das auch weiter gefördert werden muß, das gar nicht in Konkurrenz zur Bahn steht, sondern eigene Verkehrsbedürfnisse erfüllen kann, die über das hinausgehen, was die Bahn kann. Dabei bin ich auch der Meinung, auch da sollte man realistisch sein und nicht immer gleich vom großen C oder von der ganz großen Acht reden, sondern man sollte die Dinge hier realistisch einschätzen. Ich denke, daß Transrapid gerade wegen der Überlastung unserer Straßen und auch des Luftraums eine gute Chance hat.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110403500
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Beckmann?

Ekkehard Gries (FDP):
Rede ID: ID1110403600
Wenn Sie mir freundlicherweise die Zeit anhalten.

Klaus Beckmann (FDP):
Rede ID: ID1110403700
Herr Kollege, sind Sie mit mir der Auffassung, daß für den Fall, daß das Transrapidsystem bei uns eingeführt wird, die Strecke RuhrgebietDüsseldorf—Köln in der Verlängerung nach Süddeutschland die geeignetere ist?

(Daubertshäuser [SPD]: Eben nicht! Er hat gerade das Gegenteil gesagt! — Frau Roitzsch [Quickborn] [CDU/CSU]: Nein!)


Ekkehard Gries (FDP):
Rede ID: ID1110403800
Herr Kollege Beckmann, Sie wissen so gut wie ich, daß zwei Strecken in der Diskussion sind. Ich bin — mit Bedenken — dafür, daß in Deutschland eine Referenzstrecke gebaut wird. Dabei sind zwei genannt worden: Hamburg—Hannover und EssenKöln—Bonn. Ich würde glauben, daß diese Frage noch untersucht werden muß. Für beide gibt es gute Gründe, und in beiden Fällen werden unterschiedliche Bedarfe abgedeckt. Ich würde meinen, daß ich in meiner letzten Minute diese Entscheidung nicht auch nur einigermaßen begründet darstellen kann.

(Heiterkeit)

Ich bin nur der Meinung, daß dies entschieden werden sollte. Ich bin auch sehr, sehr erfreut darüber, daß die Wirtschaft bereit ist, sich an der Finanzierung zu beteiligen, weil es nicht Aufgabe allein der öffentlichen Hand sein kann, wenn hier eine neue Infrastruktur errichtet wird.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110403900
Herr Abgeordneter, trotzdem gibt es noch einen weiteren Wunsch nach einer Zwischenfrage, diesmal vom Abgeordneten Haar, Lassen Sie die noch zu? Ich stoppe hier Ihre letzte Minute. —

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID1110404000
Verehrter Herr Kollege, sind wir uns in der gemeinsamen Position aller Fraktionen einig, Doppelinvestitionen, wenn sie nur zu Konkurrenzierung zwischen Verkehrswegen führen, auch künftig zu vermeiden, vor allem wenn es sich um Milliardeninvestitionen handelt?

Ekkehard Gries (FDP):
Rede ID: ID1110404100
Herr Kollege Haar, ich glaube, wir sind uns da natürlich einig. Deshalb habe ich gesagt: Man muß die Dinge prüfen und dann realistisch einschätzen. Der ICE ist in kürzerer Zeit zu bauen, und er deckt andere Verkehrsbedarfe ab als der Transrapid, der noch viel länger braucht. Deshalb bin ich der Meinung, wir sollten jetzt bald über die ICE-Strecke, vereinfacht gesagt: über das System Köln—Frankfurt entscheiden.

(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Sehr richtig!)

Das halte ich für notwendig. Die Bundesbahn kann das auch erwarten. Das ist aber nicht die Absage an Transrapid. Insofern stimme ich z. B. dem nordrhein-westfälischen Minister Zöpel zu. — Vielen Dank, Herr Präsident.

(Beckmann [FDP]: Sehr gut!)

Ich bin im Grunde auch am Ende. Ich kürze das dann ab. Ich wollte eigentlich noch eine Selbstverständlichkeit erwähnen: daß die FDP natürlich dafür eintritt, daß die Strecke Dortmund—Kassel, und zwar



Gries
insgesamt und nicht nur bis Paderborn, und die Strecke, die mit erwähnt ist, Rhein-Sieg, in der gleichen Weise gebaut werden.
Auf Anregung meines Freundes Funke, der heute morgen nicht hier sein kann, sage ich noch etwas, was nicht unmittelbar mit der Eisenbahn zu tun hat, sondern mit den Finanzen der Stadt Hamburg. Wir haben ja auch die Änderung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes auf der Tagesordnung. Sie wissen, die Bundesregierung hat negativ Stellung genommen. Aber ich bin der Meinung, daß wir im Ausschuß einmal darüber reden müssen, ob es hier nicht tatsächlich einen Sonderfall gibt, der nur Hamburg in der Doppelfunktion Stadt und Land betrifft und daß es gegenüber anderen Großstädten natürlich benachteiligt ist. Ich sehe da schon die Benachteiligung.

(Zuruf von der SPD: Straßennutzungsgebühr!)

— Das steht gar nicht auf meinem Tableau, weil ich hier über die Eisenbahn und nur in diesem Punkt über die Aufteilung der Kosten zwischen der Bundesbahn und einer Gemeinde rede. Über die Straßenbenutzungsgebühr unterhalten wir uns an der richtigen Stelle.
In einem stimme ich allen zu, die hier geredet haben: Wir haben Handlungsbedarf.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Aber jetzt und nicht erst in der nächsten Legislaturperiode!)

Das gilt für das Parlament wie in der gleichen Weise für die Regierung. Ich stelle hier auch ein so hohes Maß an Übereinstimmung fest, daß es leicht sein müßte, ganz wichtige Entscheidungen demnächst zu treffen.
Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110404200
Das Wort hat die Abgeordente Frau Wollny.

Lieselotte Wollny (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1110404300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn hier über die Sanierung der Bundesbahn gesprochen wird, dann geht es um Schnellstrecken, um Modernisierung, um Transrapid, um den ganz großen Wurf. Worüber hier überhaupt nicht oder nur ganz am Rande gesprochen wird und wer hier total vergessen wird, das sind die Menschen auf dem Lande, die ebenfalls irgendwo und irgendwie eine Möglichkeit haben wollen und müssen, sich fortzubewegen.
Ich habe den Eindruck, es ist Ihr Ziel, unser Land in einer ähnlichen Weise zu entwickeln, wie wir das in den USA sehen. Da spielt sich das wirtschaftliche und das kulturelle Leben in einigen wenigen Metropolen ab, und die Leute sagen Ihnen selber: Auf dem Lande sind wir auf dem Stand von Entwicklungsländern. Etwas Ähnliches bahnt sich bei uns an, wenn Sie sehen, welche Folgen die Streckenstillegungen auf dem Lande und besonders im Zonenrandgebiet haben, wenn Sie wirklich einmal hingehen. Ich weiß nicht, ich denke immer, ich bin hier auf einem fremden Stern, oder Sie alle, die Sie schon so lange hier sitzen,
haben keine Ahnung mehr, was sich eigentlich da abspielt, wo die Menschen leben.

(Beifall der Abg. Frau Flinner [GRÜNE])

Welche Folgen haben die Streckenstillegungen bis heute gehabt, und wie werden sich diese Folgen in Zukunft entwickeln? Gewerbebetriebe, die seit Jahrzehnten in ländlichen Gebieten ansässig waren, gehen weg, weil sie keine Verkehrsanbindungen mehr haben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Lächerlich!)

Industrieansiedlungen, um die sich ländliche Gebiete händeringend bewerben, finden nicht statt, weil die Verkehrsanbindung fehlt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Warum haben wir denn 30 Millionen Autos?)

— Warum? Weil es nötig ist, weil die Leute auf andere Art und Weise nicht mehr wegkommen, nicht weil sie sie brauchen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Umgekehrt war es!)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110404400
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hinsken?

Lieselotte Wollny (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1110404500
Lassen Sie mich bitte weiterreden.
Die Folge dieser Entwicklung sind hohe Arbeitslosenquoten, insbesondere im Zonenrandgebiet oder in den ländlichen Gebieten. Bei mir im Landkreis beträgt die Arbeitslosenquote seit Jahren 20 % , und das trotz der Atomanlagen, mit denen Sie uns beglücken, trotz der Riesenbaustelle des Endlagers, die ja den großen Aufschwung bringen sollte. Nichts in dieser Beziehung hat sich geändert. Die Jugend wandert ab. Niemand findet einen Arbeitsplatz. Sie finden keine Ausbildungsplätze mehr. Was zurückbleibt, sind die Älteren, oder es sind Mütter mit Kindern, da, wo die Männer als Pendler arbeiten.
Aber all diese Leute sind nicht motorisiert geboren. Es gibt ältere Leute, die keinen Führerschein haben, die sich kein Auto leisten können. Es gibt die Jugendlichen, die noch kein Auto haben. Es gibt die Frauen mit ihren Kindern, die das Auto nicht benutzen können, weil der Mann damit unterwegs ist. Diese Leute sind gezwungen, da zu bleiben, wo sie sind.
Busse fahren dreimal am Tag zu Schulzeiten und kosten einen Haufen Geld. Ich sage es Ihnen: 25 km von meinem Dorf bis zur Kreisstadt, wo die Einkaufsmöglichkeiten sind, kosten für eine Fahrt 8,60 DM. Stellen Sie sich eine Frau vor, die mit zwei Kindern zum Schuhekaufen fährt. Sie muß erst einmal dreimal 17,20 DM für den Bus bezahlen. Da bleibt kein Geld mehr für die Schuhe übrig, verflixt noch mal.

(Beifall bei den GRÜNEN — Straßmeir [CDU/CSU]: Dreimal siebzehn Mark zwanzig, da komme ich von München nach Köln! — Kohn [FDP]: Wie wäre es mit einer Zehnerkarte? — Hinsken [CDU/CSU]: Was kostet ein Bus, in dem nur ein Fahrgast ist?)

— Okay, mit der Bahn mag es eventuell billiger sein.
Alles das ist auf dem Lande nicht drin. Was heißt: eine



Frau Wollny
Zehnerkarte? Wie oft sollen die fahren? So oft können sie sich das gar nicht leisten.

(Zuruf)

— Wissen Sie, das ist die Frage: Wer war zuerst da, die Henne oder das Ei?

(Straßmeir [CDU/CSU]: Die ist entschieden!)

Fahren die Leute nicht, weil die Preise zu hoch sind, oder sind die Preise so hoch, weil die Leute nicht fahren? Zwischen diesen beiden Problemen muß man wirklich eine Lösung finden.
Wenn all diese Leute nicht Menschen zweiter Klasse werden sollen, dann muß der öffentliche Nahverkehr auf dem flachen Land aufrechterhalten werden. Das gilt für die Bundesbahnstrecken, die die Anbindung an die großen Strecken bilden, und das gilt für den Busverkehr, der das flache Land erschließt.

(Rauen [CDU/CSU]: Und die Leute müssen mitfahren!)

— Sie würden fahren. Wir können uns darüber einmal unterhalten.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110404600
Frau Kollegin, das müssen Sie aber anschließend tun, weil jetzt die Zeit abgelaufen ist.

Lieselotte Wollny (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1110404700
Vielleicht darf ich das noch sagen: Das ist erstens kein Luxus, und zweitens gibt es, wie mir Herr Weiss gesagt hat — ich wußte das gar nicht — die EG-Richtlinie .. .

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110404800
Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluß kommen.

Lieselotte Wollny (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1110404900
. . . 11/9189,

(Weiss [München] [GRÜNE]: 69!)

nach der die Bundesregierung verpflichtet ist, diese Aufgabe wahrzunehmen und dafür aufzukommen. Darauf möchten wir Sie aufmerksam machen, und dazu fordern wir Sie auf.
Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110405000
Das Wort hat der Abgeordnete Jung (Limburg).

Michael Jung (CDU):
Rede ID: ID1110405100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Wenn wir heute erneut über die Bundesbahn in einer längeren Debatte sprechen, dann beweist das die Wichtigkeit dieses Themas. Man kann das unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten. Ich möchte das unter drei Aspekten tun: öffentliches Interesse, Benutzerinteresse und Mitarbeiterinteresse.
Zunächst zum öffentlichen Interesse. Wir wissen alle — das ist heute schon mehrfach angesprochen worden — , daß wir einen erheblichen Zuwachs beim Verkehr haben. Wir haben Staus auf Straßen. Wir erleben das ständig. Wir haben eine erhebliche Zunahme des Pkw- und des Lkw-Verkehrs, insbesondere auch auf Autobahnen. Wir haben eine Zunahme der Verspätungen auf Flughäfen, beim Luftverkehr.
Diese Verspätungssituation ist auch allen bekannt. Wir erwarten eine Verdoppelung des Luftverkehrs bis zum Jahre 2000. Meine sehr verehrten Damen und Herren, daran wird deutlich: Wir brauchen neue Infrastrukturen auch im Bereich der Eisenbahn, wir brauchen Verlagerung von Verkehr, Vermeidung von Staus und umweltschonende Kapazitäten.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Hier ist viel von der Schaffung von Neubaustrecken gesprochen worden, vom ICE. Alle Fakten sprechen dafür. Ich will einige davon aufzählen. Um die gleiche Transportkapazität zu erreichen, benötigt eine Bahnlinie nur 13,7 Meter Breite, eine sechsspurige Autobahn 37,5 Meter. Bei 50 %iger Auslastung verbraucht der Zug nur ein Drittel der für Pkw oder Lkw aufzuwendenden Energien. Gegenüber dem Flugzeug beträgt dieses Verhältnis sogar 1 : 5,2. Auch bezüglich des Lärms gibt es hier keine Bedenken. Ein moderner Hochgeschwindigkeitszug bei Tempo 250 km/h verursacht weniger Lärm als ein herkömmlicher Intercity bei 160 km/h.
Wir müssen auch an die europäische Dimension denken. Auch das ist deutlich geworden. Ich sage in diesem Zusammenhang: Wichtig ist auch die Ein- und Anbindung Berlins. Wir haben eine besondere Verantwortung gegenüber dieser Stadt. Wünschenswert ist auch der Anschluß von und nach Osteuropa, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Daubertshäuser [SPD])

Ein Herzstück dieser internationalen Verbindung im Hochgeschwindigkeitsbereich — das hat der Kollege Gries eben gesagt — ist die Verbindung Köln—Frankfurt. Die Bundesbahn wünscht hier die Trasse 0 über den Westerwald mit Haltepunkt in Limburg. Sie ist die kürzeste, die billigste,

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Wieso gerade Limburg? — Hinsken [CDU/CSU]: Wo ist das: Limburg? — Heiterkeit)

die umweltverträglichste Verbindung und die mit dem geschätzten höchsten Passagieraufkommen.

(Beifall des Abg. Daubertshäuser [SPD])

Es ist wichtig — der Kollege Gries hat es ausgeführt —, daß hier die Entscheidung bald fällt.

(Abg. Rauen [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Ich gestatte, Herr Präsident, die Zwischenfrage des Kollegen Rauen aus Rheinland-Pfalz natürlich gerne.

(Daubertshäuser [SPD]: Herr Jung, ich bin auf Ihrer Seite!)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110405200
Es geschieht nur mit Hilfe des Präsidenten, wenn jemand hier das Wort gibt.

Peter Rauen (CDU):
Rede ID: ID1110405300
Herr Kollege Jung, können Sie sich vorstellen, daß der Zug zwischen Köln und Frankfurt überhaupt nicht hält, oder, wenn er hält, dann in Bonn und Koblenz?




Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110405400
Ich möchte gern noch nachträglich dem Abgeordneten Rauen das Wort erteilen.

Michael Jung (CDU):
Rede ID: ID1110405500
Herr Abgeordneter Rauen, wenn Sie die Unterlagen zur Kenntnis genommen haben, werden Sie festgestellt haben, daß die Bundesbahn dies in ihrer Planung vorgeschlagen hat, weil dort ein erhebliches Passagieraufkommen zu erwarten ist, bis hinein in den mittelhessischen Raum. Wenn wir neue Verbindungen schaffen, dann deswegen, damit diese Verbindungen genutzt werden. Dazu ist das Passagieraufkommen notwendig. Deswegen ist ein Haltepunkt erforderlich, um die Passagiere ein- und aussteigen zu lassen.
Meine Damen und Herren, die örtliche Akzeptanz — auch das sage ich mit großem Nachdruck — solcher Neubaustrecken wird aber nur erreicht werden, wenn wir als die Bahn der Zukunft nicht nur eine solche von Neubaustrecken verstehen und dies sozusagen als Alternative zur herkömmlichen Bahn inklusive des Nahverkehrs verstehen.
Ich sage mit allem Nachdruck, auch als Abgeordneter eines Flächenwahlkreises: Wichtig ist eine Verbesserung von Nahverkehr und Fernverkehr. Es darf keinen generellen Rückzug der Bahn aus der Fläche geben. Das flache Land muß angedient bleiben.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Das müssen Sie aber ans Verkehrsministerium und ans Finanzministerium gerichtet sagen!)

— Ich bin da in voller Übereinstimmung mit meiner Fraktion, Herr Kollege Weiss. — Ich sage mit Nachdruck: Milliarden sind in die Nahverkehrssysteme der Ballungszentren geflossen. Unsere ländlichen Räume dürfen nicht nur die Aufgabe haben, Flächen für die Neubaustrecken zur Verfügung zu stellen.

(Zustimmung des Abg. Weiss [München] [GRÜNE])

Ich sage genauso deutlich, daß im Verkehrsbereich jeder Verkehrsträger seine Aufgabe hat, ob Auto, Flugzeug, Schiffahrt, Bahn. Ich halte es für verkehrt, wenn hier ein Gegensatz der Verkehrsträger konstruiert wird. Das Ausspielen gegeneinander schadet der Sache, meine Damen und Herren. Es muß vielmehr eine verbesserte Zusammenarbeit und die Schaffung zusätzlicher, verbesserter Infrastruktur geben.
Herr Kollege Weiss, nachdem Sie mir eben applaudiert haben: Ich verstehe in diesem Zusammenhang gar nicht, daß Sie z. B. den innerdeutschen Luftverkehr verbieten wollen, während Sie auf der anderen Seite verhindern, daß wir realistische Alternativen haben, nämlich neue Schnellverbindungen zwischen den Zentren. Vor Ort verhindern Sie nämlich, sofern Sie können, die Realisierung von Neubaustrecken. Damit schaden Sie der Bahn.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Ich sage gleich etwas dazu!)

Meine Damen und Herren, ein Wort zum Benutzerinteresse. Die Bahn muß kunden- und benutzerfreundlicher werden. Über den Intercityverkehr und den Geschäftsreiseverkehr dürfen die Pendler nicht vergessen werden. Ich sage auch dies am Beispiel meines Wahlkreises, wo täglich Tausende von Pendlern unterwegs sind, um mit der Bahn zu ihren Arbeitsplätzen zu gelangen. Neuentwicklungen wie der Frühstückszug zwischen Köln und Gummersbach sind zu begrüßen. Die Bundesbahn darf darüber aber nicht die Alltagssorgen von Hunderttausenden von Pendlern außer acht lassen: saubere Züge, im Winter beheizt, Pünktlichkeit, ausreichendes Platzangebot und anderes mehr. Wer zu seinem Arbeitsplatz täglich weite Entfernungen zurücklegen muß, büßt an Lebensqualität ein. Es ist Aufgabe der Politik, auch der Bahnpolitik, dafür zu sorgen, daß die Beeinträchtigungen so gering wie möglich sind.
Dazu gehören zusätzliche Maßnahmen wie z. B. Park and Ride, um Leuten, die keinen direkten Bahnanschluß haben, zu ermöglichen, zur Bahn zu kommen, ihr Fahrzeug dort stehenzulassen und dann die Bahn weiter zu benutzen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ein wichtiger Punkt!)

Hier ergibt sich eine besondere Zusammenwirkungsmöglichkeit mit den Kommunen vor Ort, meine Damen und Herren.
Genauso wichtig — das hat der Herr Verkehrsminister vorhin schon angeführt — ist auch eine Verbesserung des rollenden Materials. Ich nenne hier als Stichworte VT 628 und Pendolino. Auch im Nahverkehr muß die Attraktivität der Bahnbenutzung gegeben sein. Dazu gehört aber nicht, was teilweise noch als Material im Einsatz ist.

(Beifall des Abg. Kohn [FDP] — Weiss [München] [GRÜNE]: Dafür brauchen wir Geld! Woher kommt es?)

Wir können dabei nicht übersehen, daß die Bahn natürlich schlechte Risiken zu übernehmen hat wie z. B. den Schülerverkehr. Deswegen sage ich auch mit Nachdruck, daß es im Nahverkehr natürlich auch eine Aufgabe der öffentlichen Hand insgesamt gibt, nicht nur der Bundespolitik oder der Bundesbahn. Neben die Appelle der dort Verantwortlichen muß deshalb die Bereitschaft treten, Verantwortung auch in finanzieller Hinsicht zu übernehmen.

(Daubertshäuser [SPD]: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, es gibt zu viele, die über die Bahn reden, und zu wenige, die mit der Bahn fahren.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

Die unverzichtbare Rolle der Bundesbahn im Verkehrssystem muß auch im nächsten Jahrtausend noch deutlicher gemacht werden. Die Bahn hat hier ihre eigenen Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft, was auch für die Politik gilt.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Richtig!)

Ein Wort zum Mitarbeiterinteresse — ich sage das auch ganz deutlich — : Die vergangenen Jahre haben natürlich mit den vorgenommenen Personaleinsparungen und Rationalisierungen zusätzliche Belastungen für die Mitarbeiter der Bundesbahn gebracht. Hier war ein großes Maß an Einsatzbereitschaft und Engagement zu verspüren. Ein Wort des Dankes ist deshalb an dieser Stelle überfällig.



Jung (Limburg)

Der Abbau des Personals um jährlich zirka 10 000 Mitarbeiter wirft natürlich auch Probleme auf. Fehlende Neueinstellungen, Überalterungen schaffen für viele Dienststellen nachteilige Situationen. Ich bin dem Verkehrsminister dankbar, daß er vorhin gesagt hat, daß hier eine Gesamtabwägung erfolgen muß und nicht das Rasenmäherprinzip Anwendung zu finden hat.
In diesem Zusammenhang sage ich genauso deutlich: Es ist notwendig, daß die Bundesbahn auch eine Vorreiterrolle bei der Verlagerung von Arbeiten in strukturschwache Gebiete übernimmt;

(Weiss [München] [GRÜNE]: Richtig!)

denn es gibt nach meiner Auffassung durchaus noch Felder, wo Bundesbahntätigkeiten von strukturstarken in strukturschwache Gebiete verlagert werden können, ohne daß Funktionen darunter leiden oder Kosten dadurch entstehen.

(Daubertshäuser [SPD]: Das gilt auch für Limburg, Herr Kollege!)

Ein letztes Wort zur Aufgabe der Politik. Da sage ich etwas Kritisches zur SPD; denn sie hat in ihrer Regierungszeit den Mut zu den Reformen, den sie uns heute als fehlend vorwirft, auch nicht aufgebracht und hier zuwenig getan.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU — Daubertshäuser [SPD]: Das ist nicht korrekt, Herr Kollege Jung! Denken Sie an die zweite Bahnnovelle! )

An dieser Stelle gilt mein Dank dem Verkehrsminister, der erhebliche Bemühungen zur Stärkung der Bundesbahn eingeleitet hat. Vordringlich ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit auch im Hinblick auf den europäischen Binnenmarkt. Wichtig ist hierbei die Schaffung von Zukunftsinvestitionen, ob im Bereich der Neubaustrecken, des rollenden Materials oder der sonstigen technischen Ausstattung. Hier sind konkrete Vorstellungen von uns auch in einem Positionspapier der Koalitionsparteien enthalten, das schon mehrfach genannt wurde. Ich nenne als Beispiele die Diskussionen über die Übernahme des Fahrweges und der Altschulden.
Deswegen glaube ich, daß wir uns im Moment trotz aller Schwierigkeiten auf dem richtigen Weg befinden. Ich lade auch die Mitglieder der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN ein, auf diesem richtigen Weg mit uns zusammen für eine bessere Zukunft der Bundesbahn weiterzugehen.
Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Daubertshäuser [SPD]: Unsere Gesetze liegen vor, Herr Kollege Jung!)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110405600
Das Wort hat der Abgeordnete Kretkowski.

Volkmar Kretkowski (SPD):
Rede ID: ID1110405700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bewundere eigentlich den Mut, mit dem die Vertreter der Regierungskoalition und auch der Minister heute morgen agieren — der eine, indem er offenbar etwas mehr mit Kreide vorträgt, und die
anderen, die etwas polemischer sind — , obwohl es heute festzustellen gilt, daß Ihre Bahnpolitik gescheitert ist.

(Daubertshäuser [SPD]: So ist es!)

Wenn Sie Vergleiche ziehen zwischen dem, was zur sozialliberalen Zeit, und dem, was zu Ihrer Zeit gemacht worden ist, und so tun, als hätten Sie mehr vollbracht, dann wird man doch wohl noch einmal feststellen können, daß Sie sich heute im Grunde genommen nach wie vor auf dem ausruhen, was von der sozialliberalen Koalition eingeleitet worden ist.

(Lachen bei der CDU/CSU — Daubertshäuser [SPD]: Sicher!)

Wer hat denn die zweite Bahnnovelle eingebracht? Wer hat sie denn im Parlament beschlossen und damit die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß wir heute einen handlungsfähigen Bahnvorstand haben, der all das auf die Wege bringt, was hinsichtlich der wirtschaftlichen Seite der Bahn notwendig ist?

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Da haben Sie ausnahmsweise recht!)

Im übrigen, Kollege Dr. Jobst, was die Neubaustrecken angeht: Zu welcher Zeit sind die denn in Planung gegangen?

(Sehr richtig! bei der SPD)

Wer hat denn die Planungsaufträge und zum Teil auch die Bauaufträge erteilt? Das ist doch zur Zeit der sozialliberalen Koalition geschehen.

(Beifall bei der SPD)

Bei Ihnen ist in den sechs Jahren, in denen Sie regieren, überhaupt nichts geschehen. Kein einziger Antrag ist von Ihnen im Parlament eingebracht und beschlossen worden.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Wir handeln!)

Die Anträge, die von uns oder von den GRÜNEN eingebracht worden sind, haben Sie bisher immer wieder abgelehnt. Sie haben Papiere gemacht, Sie haben Kommissionen gegründet und geredet, aber gehandelt haben Sie nicht.

(Daubertshäuser [SPD]: Verbalakrobatik! — Urbaniak [SPD]: Die stehen auf dem Abstellgleis!)

Wenn ich vom Scheitern Ihrer Politik spreche, dann darf ich Sie einmal an Ihren eigenen Vorstellungen messen. In den DB-Leitlinien von 1983 heißt es:

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Da haben Sie es!)

Dieses Konzept dient der Zukunftssicherung der Deutschen Bundesbahn. Es schafft langfristig
— langfristig! —
eine wirtschaftliche und wettbewerbsfähige Bahn und sichert nach der Konsolidierung auf Dauer auch die Arbeitsplätze. Die Leitlinien haben Konsequenzen aus dem Siechtum der Deutschen Bundesbahn gezogen. Es soll endlich ein klarer Kurs
— endlich ein klarer Kurs! —



Kretkowski
vorhanden sein für den Vorstand der Deutschen Bundesbahn, für die Bevölkerung und nicht zuletzt für die Eisenbahner selbst.
Meine Damen und Herren, gemessen an diesen Forderungen kann man heute nur immer wieder feststellen: Sie sind mit Ihrer Politik gescheitert. Der Kollege Daubertshäuser hat darauf hingewiesen, daß die Jahresfehlbeträge wieder rasant ansteigen, daß die Verschuldung rasant ansteigt, bis zum Jahre 2000 auf 120 Milliarden DM. Das sind übrigens nicht Zahlen, die wir erfunden haben, sondern das sind Zahlen, die aus der Kabinettsvorlage des Ministers stammen.

(Daubertshäuser [SPD]: So ist es, das ist der Fakt!)

Darauf wird man sich ja wohl noch berufen dürfen.
Und wenn ich von der Kabinettsvorlage rede, dann weise ich darauf hin, daß da am Ende lapidar drinsteht: „Die Ansätze der Mehrjahresplanung verfehlen die Konsolidierungsziele der Leitlinien. " Meine Damen und Herren, das ist doch eigentlich nur eine vornehme Umschreibung dafür, daß Sie mit den Leitlinien am Ende sind, daß Sie gescheitert sind und — das füge ich jetzt hinzu — daß Sie nach wie vor handlungsunfähig sind. Sie legen die Hände in den Schoß. Herr Kollege Dr. Jobst, das deprimiert die Eisenbahner,

(Beifall bei der SPD)

nicht die Tatsache, daß die Opposition auf die Fehlentwicklungen hinweist, sondern die Tatsache, daß Sie nach wie vor nichts tun. Und die Eisenbahner erkennen, daß sie keine Perspektive haben.
Wenn hier immer von den Bundesleistungen die Rede ist, die so hoch gelobt werden, dann muß man ja wohl mal darauf verweisen dürfen, daß die von 1982 bis 1988 zwar nominal konstant geblieben sind, aber daß sie in diesem Zeitraum real rapide zurückgegangen sind. Allein 1988 bedeutet das eine Differenz von 1,4 Milliarden DM. Bezogen auf die Jahre 1982 bis 1988 sind das 5,5 Milliarden DM weniger, die die Bundesbahn aus dem Bundeshaushalt erhält.

(Urbaniak [SPD]: Unerhört!)

Bis zum Jahre 1993 werden sich diese Zahlen auf etwas mehr als 16 Milliarden DM belaufen. Das ist doch ein unerhörter Vorgang.

(Daubertshäuser [SPD]: Das ist die Politik der verbrannten Erde!)

Wenn Sie von den Investitionen für die Strecken und das rollende Material reden und immer sagen, dafür werde das Geld bereitgestellt:

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Wir geben jährlich 3 Milliarden aus der Bundeskasse!)

Herr Minister, da dürfen Sie nun wirklich nicht Äpfel mit Birnen verwechseln. Ich kann verstehen, daß Sie immer versuchen, Ihre Mißerfolge so glorreich wie möglich darzustellen. Aber ich bleibe dabei, daß die Investitionszuschüsse für den Streckenausbau der Bahn von 2,9 Milliarden DM im Jahre 1987 auf 1,64 Milliarden DM im Jahre 1989 zurückgegangen sind und die Bundesinvestitionen für den Straßenausbau mit 4,3 Milliarden DM 1989 praktisch konstant geblieben sind.
Meine Damen und Herren, wenn Sie immer von der Vergangenheit reden: Der Kollege Haar hat gesagt, daß wir uns nicht auf das hohe Roß setzen und uns aus der Vergangenheit stehlen wollen.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Darum kann es heute nicht mehr gehen, wenn wir der Bahn wirklich helfen wollen. Aber Sie können auch nicht in der Hängematte der Geschichtsbewältigung alleine liegenbleiben.

(Daubertshäuser [SPD]: So ist es!)

Sie müssen mit dafür sorgen, daß wir die Bahn jetzt nach vorne bringen und sie nicht im Stich lassen.
Sie tun im übrigen in Ihrer praktischen Politik das Gegenteil: Sie haben Tempo 100 für die Busse eingeführt; Sie haben die Anhebung der Achslasten und des zulässigen Gesamtgewichts beschlossen; Sie haben die Erhöhung der Treibstoffmengen im grenzüberschreitenden Verkehr beschlossen, die Erhöhung der grenzüberschreitenden Konzession, die Kanalisierung der Saar, die Ausweitung des innerdeutschen Luftverkehrs.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Die Kanalisierung der Saar ist von Ihnen eingeleitet worden!)

— Zum Teil haben wir das mitgetragen, das gebe ich gerne zu. Aber man kann nicht darüber hinwegsehen, daß das nach Schätzungen der Bahn pro Jahr Einnahmeverluste in Höhe von 1,5 Milliarden DM bedeutet.

(V o r sitz : Vizepräsident Stücklen)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu der Trennungsrechnung kommen: Ich bin nicht dafür, daß die Bundesregierung jetzt ein Schwarzer-PeterSpiel betreibt und nun so tut, als ob der Bahnvorstand zwei Jahre brauche, um die Zahlen vorzulegen. Der Bahnvorstand — das hat der Kollege Haar gesagt — hat das Gegenteil erklärt. Sie wollen mit diesem Schwarzer-Peter-Spiel offenbar nur Zeit gewinnen.
Ich bin auch nicht sicher — beim Kollegen Jobst hörte sich das schon wieder anders an als beim Kollegen Warnke —, ob das alles wirklich so ist, wie Sie das hier vorgetragen haben. Denn in der — zugegebenermaßen zum dritten Mal zurückgezogenen — Kabinettsvorlage steht ja nicht, daß Sie die Kosten für den Fahrweg übernehmen wollen, sondern darin steht lediglich: Ob und in welchem Umfang Kosten des Fahrwegs übernommen werden, soll nach der Vorlage des Kommissionsberichts geprüft und dann erst entschieden werden. — Nun haben Sie die Vorlage zurückgezogen, auf welchen Druck auch immer. Vielleicht wird die Vorlage beim vierten Versuch, ins Kabinett zu kommen, hier eine entscheidende Verbesserung finden.

(Daubertshäuser [SPD]: Das sind nur unverbindliche Empfehlungen!)

Nur, ich sage Ihnen: Auf diese Taschenspielertricks mit Worten fällt höchstens noch ein Teil des Bahnvorstandes herein. Die Mitarbeiter bei der Bahn und die Bürger in der Bundesrepublik fallen auf solche Taschenspielertricks nicht mehr herein.
Wir haben die Gesetzentwürfe, die diesen Bereich betreffen, vorgelegt. Eigentlich könnten Sie, wenn Sie



Kretkowski
es wirklich wollen, nach der entsprechenden Beratung im Verkehrsausschuß hier zustimmen. Da bedarf es keiner weiteren Kommissionen. Wir haben das fünfte und sechste Gesetz zur Änderung des Bundesbahngesetzes vorgelegt, wir haben einen Gesetzentwurf über den Ausbau des Schienenwegenetzes der Deutschen Bundesbahn vorgelegt. Darin sagen wir: Wie bei den Bundesfernstraßen beschließt der Bundestag den Bedarfsplan für den Ausbau des Schienenwegenetzes; der Staat übernimmt wie bei den Straßen die Kosten für den Bau und die Unterhaltung des Schienenwegenetzes, die Bahn zahlt eine Gebühr entsprechend dem Umfang der Schienennutzung, ähnlich wie im Straßenverkehr über die Mineralölsteuer, der Staat trägt die Verluste der Deutschen Bundesbahn, die ihr auf Grund der Aufgaben erwachsen, die ihr der Staat im Interesse der Allgemeinheit auferlegt hat; der Bund hilft, die Bahn zu entschulden, er übernimmt einen Teil der Schulden in den Bundeshaushalt, und die überhöhten Versorgungslasten der DB werden in den Bundeshaushalt übernommen. Das sind Gesetzesinitiativen oder Anträge, die wir schon im Herbst letzten Jahres eingebracht haben.
Wenn ich Ihre Papiere lese, die leider immer noch keine Anträge sind, geschweige Gesetzentwürfe, wenn ich das höre, was der Minister hier vorgetragen hat, dann sehe ich sehr viele Gemeinsamkeiten und sehe die große Chance, daß wir in dieser Legislaturperiode wirklich etwas bewegen könnten, wenn auf Ihrer Seite der Wille dafür vorhanden ist. Wir brauchen keine Kommission mehr — ich wiederhole das —, die Fragen, die Sie stellen, auch in der Kabinettsvorlage, sind längst beantwortet, schon zu Zeiten der Kommissionsarbeit von Herrn Abs. Es fehlen heute einfach die politischen Entscheidungen. Deswegen: Stimmen Sie unseren Gesetzen zu oder bringen Sie meinetwegen Entsprechendes noch einmal ein, wenn Sie das Erstgeburtsrecht für solche Dinge für sich beanspruchen wollen. Das ist mir völlig egal; denn es geht um die Zukunft der Eisenbahn. Lassen Sie uns deswegen wirklich den Versuch machen, gemeinsam voranzukommen.
Meine Damen und Herren, ich begrüße auch die gemeinsame Beschlußfassung zum Ausbau der Strecke Dortmund—Kassel, die auf unseren Antrag zustande gekommen ist.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Der Antrag der GRÜNEN ist älter!)

— Okay. — Ich kann mich in Sachen Köln—Frankfurt und Transrapid auf das beziehen, was der Kollege Gries gesagt hat.

(Kohn [FDP]: Das ist immer sehr gut!)

— Ja, warum nicht. — Ich darf das aber ergänzen: Die ausstehende Entscheidung über Transrapid droht die weitere Entwicklung der Bundesbahn zu blockieren. Die Bundesregierung wollte die Entscheidung über Transrapid vor der Sommerpause über die Bühne bringen, dann nach der Sommerpause, jetzt ist sie ein Jahr verschoben. Auch hier Handlungsunfähigkeit der Bundesregierung, und ich warne dringend davor, so weiter fortzufahren.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110405800
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Urbaniak?

Volkmar Kretkowski (SPD):
Rede ID: ID1110405900
Wenn mir das nicht auf die Redezeit angerechnet wird, wie das bisher die Praxis war, Herr Präsident.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110406000
Ich rechne es sehr ungern nicht an, weil damit meistens der ganze Zeitablauf über den Haufen geworfen wird. Aber bitte sehr.

Hans-Eberhard Urbaniak (SPD):
Rede ID: ID1110406100
Herr Kollege Kretkowski, die Anträge, die im Verkehrsausschuß bezüglich der . IC-Strecke Dortmund—Kassel erörtert worden sind, sind für den Teilbereich Paderborn—Kassel mit einem Vorbehalt diskutiert worden, wie er sich aus der Stellungnahme der Bundesregierung ergibt. Haben Sie Erkenntnisse, wann dieser Vorbehalt aufgehoben wird, oder gibt es bereits wirtschaftliche Berechnungen, daß man die Gesamtinvestitionen für die Strecke Dortmund—Kassel freigeben kann?

Volkmar Kretkowski (SPD):
Rede ID: ID1110406200
Kollege Urbaniak, nach unserer Überzeugung müßten die Daten eigentlich vorliegen. Aus den Berechnungen, die uns seinerzeit schon zur Verfügung gestanden haben, ging die Wirtschaftlichkeit klar hervor. Ich hoffe, daß die Bundesregierung den Auftrag des Parlaments etwas schneller realisiert als beispielsweise die Behandlung unseres Antrags „ÖPNV in der Fläche " und daß wir dann Ihre Frage sehr bald positiv beantworten können.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, eine Bemerkung zum europäischen Eisenbahnnetz. Da hat der Minister am 6. Mai 1987 bei seinem Amtsantritt vor dem Verkehrsausschuß erklärt, Voraussetzung für eine neue Rolle der Eisenbahn sei dieses europäische Eisenbahnnetz. Am 18. Juli 1983 ist der Auftrag zur Untersuchung der Schnellbahnverbindung Köln—Brüssel—Paris erteilt worden. Am 12. Juli 1984 hat die Kommission den Bericht vorgelegt. Seit dem 12. Juli 1984 werden Arbeitsgruppen eingesetzt, wird untersucht, werden Zwischenberichte erstellt, werden Berichte entgegengenommen, werden Vorlagen begrüßt, wird von Ministern dieses und jenes erwartet. Der Bundeskanzler macht die Sache zur Chefsache und verhandelt darüber in Karlsruhe.
Inzwischen lachen sich Frau Thatcher und Herr Mitterrand kaputt, denn die bauen ihr Eisenbahnprojekt zwischen London und Paris. Da wird nicht nur die Bundesrepublik vom europäischen Eisenbahnnetz abgekoppelt, sondern auch die deutschen Eisenbahntechnologie wird von der europäischen Entwicklung abgekoppelt. Deswegen haben wir die dringende Bitte an Sie, Herr Minister: Kommen Sie der Beschlußfassung des Ausschusses nach, kommen Sie endlich zu vertraglichen Vereinbarungen, die auch die Finanzierung des umstrittenen Streckenabschnitts sicherstellen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß kommen. Ich habe den Eindruck, daß der Bundesverkehrsminister seit seinem Amtsantritt in vielen Bereichen versagt hat. Er hat die Öffentlichkeit mit Absichtserklärungen gelangweilt. Das gilt für die Verkehrssicherheit ebenso wie für den Luftverkehr, für



Kretkowski
den europäischen Binnenmarkt und eben auch für die Deutsche Bundesbahn. Man kann überall hineinstechen; es kommt nur heiße Luft heraus. Dabei gleiten Ihnen, Herr Minister, die Dinge aus der Hand. Es ist schon eine Meisterleistung, eine Kabinettsvorlage dreimal nicht im Kabinett behandelt zu bekommen. Inzwischen versagen Ihnen — der Kollege Gries hat sich vor der Frage gedrückt — die Kollegen aus dem Ausschuß die Gefolgschaft in der Frage der Straßenverkehrsgebühr und fordern statt dessen die Herabsetzung der Mineralölsteuer.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110406300
Herr Abgeordneter, Sie hatten versprochen, zum Schluß zu kommen!

Volkmar Kretkowski (SPD):
Rede ID: ID1110406400
Ja, ich komme zum Schluß. — Das wiederum geht zu Lasten der Bahn. Deswegen sage ich: Die Zeit ist eigentlich reif. Lassen Sie uns einen letzten Versuch machen, eine gemeinsame Kraftanstrengung, um die Bahn dann auch wirklich dorthin zu führen, wohin sie gehört. Die Zukunft sollte der Deutschen Bundesbahn gehören.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110406500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Weiss.

(Zurufe von der CDU/CSU: Noch einmal? — Kohn [FDP]: Ein Fortsetzungsroman!)


Michael Weiss (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1110406600
Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Wenn wir jetzt schon gesehen haben, daß im Hause der Handlungsbedarf zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich einstimmig anerkannt wird, muß ich einfach sagen, daß das, was Sie heute geboten haben, letztendlich nur Schönfärberei ist, wenn es nicht durchschlägt und wenn wir von Ihnen nicht bald etwas zum Beschließen auf den Tisch bekommen.
Neben den Dingen, die die Sanierung der Bundesbahn betreffen, sollten wir aber in einer solchen Debatte durchaus auch die Frage ansprechen, welche Rolle das Bahnsystem in der Bundesrepublik in Zukunft spielen und welche Entwicklung es nehmen soll. Da habe ich hier leider aus vielen Reden herausgehört, daß Sie es eben mit dem Verkehr in der Fläche doch nicht so ganz ernst meinen, sondern daß immer nur das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz favorisiert wird. Der Kollege Jung hat gesagt, wir seien ja grundsätzlich dagegen oder würden alles behindern. Herr Kollege Jung, es kommt nicht auf die Minutenfuchserei an, nicht darauf, da drei und dort fünf Minuten einzusparen. Es kommt darauf an, Ausbau und Modernisierung auch unter dem Gesichtspunkt der Umweltverträglichkeit vorzunehmen.

(Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Richtig, das habe ich ja gesagt!)

Unter dem Gesichtspunkt der Umweltverträglichkeit muß man eben auch einmal die eine oder andere Kurve in Kauf nehmen, und man muß auch, wenn es notwendig ist, in Kauf nehmen, daß der Zug später
nicht 300 km/h wird fahren können. Das ist natürlich auch eine Kostenfrage.

(Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Sie sind doch vor Ort generell gegen Neubau!)

— Wir sind nicht vor Ort generell gegen Neubau! Sie können das doch nachlesen. Was ist denn mit dem Antrag „Dortmund—Kassel"? Da ist es möglich, einen umweltverträglichen Ausbau der Strecke zu machen.

(Jung [Limburg] [CDU/CSU]: Und Köln— Frankfurt?)

Wenn ich aber nur mit dem Lineal einen Strich auf der Landkarte ziehe und dann irgendwo fahre, ganz egal, welche Landschaft ich in welcher Form beeinträchtige und was unter den Schienen der Bahn begraben wird, ist das natürlich eine völlig falsche Linie. Wir müssen genau die Umweltverträglichkeitsgesichtspunkte auch bei den Planungen der Schienenwege der Deutschen Bundesbahn in stärkerem Maße berücksichtigen.

(Abg. Jung [Limburg] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Wenn es nicht angerechnet wird, bitte.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110406700
Gut, ich rechne es nicht an. Bitte schön.

Michael Jung (CDU):
Rede ID: ID1110406800
Herr Kollege, ist Ihnen z. B. bekannt, daß die GRÜNEN alle Bürgerinitiativen anführen, die sich gegen die Schnellbahnstrecke Köln—Frankfurt formieren,

(Gries [FDP]: Mannheim—Stuttgart!)

obwohl dies eine umweltverträgliche Linie direkt an der Autobahn mit gegenüber dem, was wir dort jetzt haben, zusätzlichem Lärmschutz ist?

Michael Weiss (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1110406900
Zunächst einmal muß ich zurückweisen, daß das eine völlig umweltverträgliche Linie ist. Das resultiert auch daraus, daß die geplante Trassierung, die Bündelung mit der Autobahn in der Form, wie es von Ihnen behauptet wird, nicht möglich ist. Außerdem sind wir nicht grundsätzlich gegen eine Neubaustrecke Köln—Frankfurt. Auch wir wissen, daß es zwischen den Räumen Rhein—Main und Rhein—Ruhr Kapazitätsengpässe auf der Schiene gibt und daß es dringend notwendig ist, zusätzliche Kapazitäten zu schaffen, um z. B. auch auf den bestehenden rechts- und linksrheinischen Strecken wieder Nahverkehr möglich zu machen, der derzeit durch den Intercity-Verkehr nicht möglich ist.
Deswegen sagen wir durchaus ja zu einer Strecke, aber wir sagen nicht blindlings ja zu jeder Planung, die Umweltgesichtspunkte in jeder Form ignoriert. Wenn Sie behaupten, die Trasse über Limburg entlang der Autobahn sei umweltverträglich, dann muß ich Ihnen da klar widersprechen.
Meine Damen und Herren, schauen wir uns einmal an, was die Zielsetzung ist: Es ist wohl die Verbindung der Metropolen. Das flache Land zwischen den Metropolen wird nicht bedient.
Dann kommt als Höhepunkt der Gigantomanie die ganze Diskussion um den Transrapid. Ich muß es ein-



Weiss (München)

mal sagen: Die Diskussion um den Transrapid schadet letztendlich der Deutschen Bundesbahn. Der Transrapid ist kein mit der Struktur der Bundesrepublik verträgliches Verkehrsmittel. Ganz klar gesagt: Es ist ein Verkehrsmittel, das seine Vorteile, nämlich seine hohe Geschwindigkeit, eigentlich nur dann ausspielen kann, wenn man Haltestellenabstände von 250 km, 300 km oder mehr hat. Die Bundesrepublik ist mit ihrer Siedlungsstruktur nicht ein Land, wo man 300 km fahren kann, ohne zu halten. Deswegen hat dieser Transrapid aus verkehrspolitischen Gründen bei uns nichts zu suchen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zum anderen muß man natürlich auch sagen: Ein Verkehrssystem, in das sich der Güterverkehr nicht sinnvoll integrieren läßt, kann eigentlich auch in der Bundesrepublik nicht sinnvoll eingesetzt werden.
Ich bin der Auffassung, wenn Riesenhuber und sein Ministerium meinen, wir bräuchten unbedingt so etwas, dann sollen sie ihr Spielzeug nehmen und es irgendwo in die Wüste, in die USA oder sonst irgendwo hinstecken, aber nicht bei uns die Landschaft zustellen. Auch wenn man Verkehrswege auf Stelzen setzt, kann man nicht behaupten, sie seien umweltfreundlich. Das allein bringt noch keinen Vorteil.
Wir müssen einfach einmal ganz klar sagen: Es ist, egal wo es realisiert wird, immer eine Doppelinvestition, eine Parallelinvestition zu Schienenwegen der Deutschen Bundesbahn. Solange wir nicht einmal wissen, wie wir die jetzigen Finanzen der Bundesbahn strukturieren oder sanieren sollen, solange es keine Zukunftsperspektive in dem Sinne gibt, daß konkrete Beschlußvorlagen seitens der Regierung vorliegen, wäre es absolut verfehlt, neben den existierenden einen fünften Verkehrsträger in der Bundesrepublik zu installieren, der dann doch nur wieder eine Konkurrenz zu den anderen Verkehrsträgern darstellt. Diese Konkurrenz ist ja real gegeben. Sagen wir es einmal ganz klar: Jede Tonne Güter, die auf der Schiene befördert wird, geht natürlich dem Lkw verloren, und jede Tonne, die auf dem Lkw befördert wird, geht der Schiene verloren. Von daher gibt es diese Konkurrenzsituation.
In dieser Situation kann sich die Regierungskoalition nicht weiter hinstellen und versuchen, es dem Straßengüterverkehr recht zu machen und gleichzeitig die Eisenbahn zu befriedigen. Das geht nicht; hier gibt es einen Zielkonflikt. Hier muß entschieden werden. Diese Entscheidung ist längst überfällig, aber sie ist bis heute nicht gefallen.
Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110407000
Das Wort hat der Abgeordnete Bauer.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1110407100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja viele mit Zukunftsperspektiven gefüllte Redebeiträge heute morgen gehört. Da von unserem Verkehrsminister und von den Kollegen der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion alles in überzeugender Weise dargestellt worden ist, brauche ich hier auf die grundsätzlichen Punkte — ich denke an Handlungsbedarf, Altschulden, Pensionskasse oder Trennungsrechnung — im Grunde nicht mehr einzugehen.
Letztendlich dreht sich heute in dieser Debatte alles um die Zukunft der Bahn bzw. um eine Zukunft für die Bahn, die einfach geschaffen werden muß. Dabei, meine Damen und Herren, kommt es im wesentlichen darauf an, der Bahn entsprechend ihren artspezifischen Vorteilen einen größeren Anteil am wachsenden Verkehrsaufkommen zukommen zu lassen. Daß dies auch der erklärte politische Wille unserer Bundesregierung und der sie tragenden Koalition ist, brauche ich nicht eigens zu betonen; denn das hat unsere Politik seit 1982 hinlänglich gezeigt.
Als Beweis hierfür führe ich nicht zuletzt auch das Bemühen um eine Verbesserung der Infrakstruktur an. Wir alle wissen, daß fast hundert Jahre in den Streckenausbau nichts mehr investiert wurde. Nach dem Krieg gingen die entsprechenden Mittel vorrangig in den Straßenbau. Im Gegensatz dazu sind jetzt die Investitionsansätze für die Bahn massiv aufgestockt worden. Erstmals — auch das ist heute schon gesagt worden — wurde und wird im Zeitraum 1986 bis 1995 genausoviel Geld für die Bahn ausgegeben wie für die Straße.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Aber nicht, wenn Sie Länderund Gemeindeinvestitionen für Straßen dazurechnen!)

Das ist CDU/CSU-Politik.
Der Bundesverkehrswegeplan '85 bringt auf nationaler Ebene die entsprechenden Weichenstellungen mit sich, damit wir vernünftig in ein zukunftsorientiertes Schienenzeitalter fahren können. So soll in Stufen — und das ist heute mehrmals gesagt worden — ein Hochleistungsnetz geschaffen werden, das entscheidend dazu beiträgt, die unternehmerische Wettbewerbsposition der Bahn zu stärken. Mit Fahrgeschwindigkeiten doppelt so schnell wie das Auto und halb so schnell wie das Flugzeug müssen an den Straßen- und Luftverkehr verlorengegangene Marktanteile zurückgewonnen werden. Dies gilt um so mehr, als es auf unseren Straßen und im Luftraum von Tag zu Tag enger wird. Ich erinnere hier an die Anhörung vom Mittwoch dieser Woche zum Thema Verspätungen im Luftverkehr.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU — Weiss [München] [GRÜNE]: Aber die Bundesregierung hat Verspätungen im Zugverkehr!)

Meine Damen, meine Herren, ich möchte aber einen anderen Aspekt ansprechen. Das ist die europäische Dimension. Die Zukunft unserer Eisenbahn wird zunehmend von dieser europäischen Dimension geprägt werden. Der grenzüberschreitende Verkehr hat in den letzten Jahrzehnten in Europa sprunghaft zugenommen, aber dies vor allem auf der Straße und in der Luft. Der europäische Binnenmarkt wird mit seinen vielseitigen wirtschaftlichen Verflechtungen gerade im Verkehrsbereich zu einem weiteren kräftigen Schub führen. Diese positive Entwicklung darf nicht wie bisher am Schienenverkehr vorbeigehen. Dazu brauchen wir eben Neu- und Ausbaustrecken im grenzüberschreitenden Verkehr, die dieses ganze System effektiver und moderner gestalten.



Bauer
Um den internationalen Schienenverkehr deutlich schneller, attraktiver und konkurrenzfähiger zu machen, reichen, Herr Weiss, Fahrplanverbesserungen nicht aus. Auch begrenzte betriebliche Infrastrukturen, wie Sie von der Fraktion DIE GRÜNEN sie ständig fordern, bringen dies nicht. Hier muß vielmehr der zukunftsorientierte Systemgedanke, neue Fahrzeuge auf neuen Strecken, im Vordergrund aller Überlegungen stehen. Nur mit technischen Innovationen und marktkonformen Angeboten werden sich in der Zukunft auf neu- bzw. ausgebauten Hochgeschwindigkeitsstrecken wirtschaftliche Erfolge für die Eisenbahngesellschaften im Wettbewerb erzielen lassen. Letztendlich hat uns dies doch die französische Staatseisenbahn mit ihrem TGV von Paris nach Lyon nachhaltig demonstriert. Hier stellt sich die Frage: Warum nur Paris—Lyon, warum nicht genauso Paris—BrüsselKöln?

(Kohn [FDP]: Oder Paris—Mannheim!)

Das muß gar nicht auf eine bestimmte Strecke konzentriert sein. Es muß nur endlich einmal ein Grundstock gelegt werden, damit wir zu einem solchen europäischen Netz kommen.
Die Weiterführung nach Frankfurt ist angesprochen. Natürlich ist sie sinnvoll in dieses Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahn einzubauen. Wir alle wissen, daß es nicht mehr allzulange dauern wird, bis der Ärmelkanaltunnel fertiggestellt sein wird. Auch hier bieten sich doch Chancen für unsere Bahn. Wenn man sich überlegt, daß in dem Dreieck Paris/London/ Rhein-Ruhr-Gebiet 80 Millionen Menschen leben und arbeiten, ist es doch verständlich, wenn wir ein solches System fordern. Meine Damen und Herren, die Möglichkeit, die Zentren Westeuropas künftig in superschnellen Zügen in wenigen Stunden zu erreichen, wird nicht zuletzt auch den europäischen Einigungsprozeß fördern.

(Sehr gut! bei der FDP)

Der Neu- bzw. Ausbau der Strecke wird noch dazu in allen beteiligten Ländern neue Arbeitsplätze in einer Reihe von Industriezweigen schaffen und bestehende dauerhaft sichern. Letztendlich kann damit auch ein wichtiger Beitrag zur Bewältigung struktureller Probleme in vielen Wirtschaftszweigen geleistet werden. Nicht zuletzt die industrie- und regionalpolitische Bedeutung spricht für eine schnelle Realisierung dieser Projekte. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die überaus große Bedeutung für das Land Nordrhein-Westfalen, ganz speziell auch für die Wirtschaftsregion Aachen mit ihren gewaltigen wirtschaftlichen Problemen.
Die Bundesregierung und die Bahnen sollten deshalb alles daransetzen, die laufenden Gespräche im Kreise der beteiligten europäischer Länder so schnell wie eben möglich erfolgreich zu beenden. Unserem Verkehrsminister möchte ich an dieser Stelle für sein großes Engagement in dieser Angelegenheit besonders danken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich möchte auf einen weiteren Aspekt hinweisen. So wie für die Bahn der Zukunft ein gut ausgebautes europäisches Hochgeschwindigkeitsnetz existentiell nötig ist, so brauchen wir in unserer Bundesrepublik
ein ebenso effektives IC- bzw. ICE-Netz, und zwar sowohl in Nord-Süd- als auch in Ost-West-Richtung. Voraussetzung dafür ist das rund 2 000 km lange Schnellfahrnetz, das die Bahn auf der Grundlage des Bundesverkehrswegeplans '85 zur Zeit plant und ausbaut.
Erfolge sind bereits zu verzeichnen. Sie alle kennen den Fortschritt bei den Neubaustrecken. Herr Weiss, ich möchte auch sagen: Unterlassen Sie in Zukunft alle Anträge, die irgend etwas mit einer Verbandsklage zu tun haben. Wenn wir dahin kommen, wird sich bei uns in Zukunft überhaupt nichts mehr bewegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

In diesem Zusammenhang darf die Forderung nach einem baldmöglichen Ausbau des DB-Abschnitts Dortmund—Paderborn—Kassel nicht unerwähnt bleiben — das ist ja heute auch schon mehrmals angesprochen worden — , die ja vor allem von unserem Kollegen Tillmann mit Nachdruck unterstützt wird. Wir erwarten, daß die Nachbewertung den Nachweis einer ausreichenden Wirtschaftlichkeit erbringen wird.
Ich möchte zur Abrundung einen letzten Aspekt ansprechen. Für die Bahn der Zukunft ist auch die Zusammenarbeit mit anderen Verkehrsträgern wichtig. Daß hier noch große Marktchancen bestehen, zeigt eindrucksvoll die Entwicklung z. B. auch bei rail & fly. Die Erwartungen für dieses Jahr liegen bei 600 000 Fahrgästen. Wenn man sich überlegt, daß z. B. 12 bis 15 % der Flüge vom Flughafen Frankfurt aus kürzer als 250 km sind, ist es im Grunde unvorstellbar und überhaupt nicht nachzuvollziehen, daß hierfür nicht die Bundesbahn benutzt wird, wodurch sie einen wesentlich größeren Anteil am Verkehrsaufkommen hat.
Bedauerlich ist auch, daß es bei uns eine Reihe von Flughäfen gibt, die nicht über einen Bahnanschluß verfügen. Aber in dieser Unzulänglichkeit sehe ich auch die Chance, zwischen Flughäfen und in unmittelbarer Nähe gelegenen Großstädten modernste schienengebundene Verkehrsmittel einzusetzen, z. B. zwischen den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn und natürlich auch den dazugehörigen Großstädten. Ich bin davon überzeugt — in dieser Hinsicht möchte ich einigen meiner Vorredner widersprechen — , daß sich diese Strecke als Referenzstrecke für den Transrapid geradezu anbietet, denn der Transrapid kann hier ein bestehendes Verkehrssystem sinnvoll komplettieren. Er kann in das bestehende Verkehrssystem eingebunden werden, er muß nicht unbedingt in Konkurrenz dazu treten. Wenn bei uns eine Referenzstrecke gebaut werden sollte, dann würde ich persönlich die von mir angesprochene Flughafenverbindung vorziehen.
Wenn man das alles betrachtet, dann kommen wir, so meine ich, zu einem umfassenden Verkehrssystem, zu einem Verkehrssystem, das ausbaufähig ist und für modernste Entwicklungen offenbleibt. Es ist ja auch wichtig, Offenheit für die Zeit nach dem Jahr 2000 zu schaffen.




Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110407200
Herr Abgeordneter, ich muß Sie bitten, zum Schluß zu kommen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1110407300
Ich bin beim letzten Satz. — Hinzu kommt, daß wir in einer zukunftsorientierten Gesellschaft wie der unseren ein ihr adäquates Verkehrssystem schaffen, ein Verkehrssystem, in dem aber auch unsere Bundesbahn einen festen und sicheren Platz hat.
Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110407400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Antretter.

Robert Antretter (SPD):
Rede ID: ID1110407500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, den Verlauf dieser Debatte könnte man auf diesen Nenner bringen: Es gibt relativ viele Aussagen mit dem Ziel der Gemeinsamkeit innerhalb des Parlaments. Namentlich in den Reden des Kollegen Jung, des Kollegen Kohn sind weite Passagen angeklungen, die in Übereinstimmung mit dem stehen, was wir an Gesetzentwürfen eingebracht haben.

(Daubertshäuser [SPD]: Nicht bei Dr. Jobst!)

— Ich habe mich auf diese beiden Kollegen konzentriert.
Es ist aber auch festzuhalten, daß es ganz offenkundig wenig Einvernehmen zwischen dem Parlament fast insgesamt und der Regierung gibt, denn was wir heute von seiten der Regierung gehört haben, war doch wieder fast ausschließlich Unverbindliches. Insofern hat diese Debatte gezeigt, daß die Bundesregierung nicht fähig ist, sich auf die verkehrspolitischen Erfordernisse im Jahr 1988 einzustellen.

(Beifall bei der SPD)

Nun will ich einmal aufnehmen, was von seiten des Ministers und von seiten der Kollegen der Koalitionsfraktionen gesagt wurde. Verehrter Herr Kollege Gries, wenn wir miteinander streiten und in Punkten uneins sind, dann sollten wir uns in jedem Fall richtig zitieren. Sie haben vorher den Kollegen Haar zitiert, und das war insofern nicht in Ordnung, weil Sie nicht gesagt haben, daß das Schwergewicht seiner Kritik auf der Privatisierung liegt, weil er der Meinung ist
— darin stimmen wir ihm zu — , daß immer mehr Privatisierung immer weniger Gemeinwirtschaftlichkeit in der Bahn heißt, daß immer mehr Privatisierung immer weniger Freiheit für den Bahnbenutzer heißt.

(Grünbeck [FDP]: Das ist ja was Neues!)

— Ich will Ihnen das auch erklären. Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie zur Kenntnis gegeben haben, daß Ihnen der Zusammenhang unbekannt ist, Herr Kollege. In diesem Fall kann man sich das Ergebnis der Privatisierung leicht ausmalen. Sie sind ja dann zur kostendeckenden Führung der Betriebe verpflichtet, d. h. der gemeinwirtschaftliche Anteil am Verkehr wird annuliert. Er muß auf Null zurückgeführt werden, weil sonst der Gang zum Amtsgericht, Abteilung Konkurs, vorprogrammiert wäre. Und das heißt doch: In dem Maße, in dem Sie privatisieren, ziehen Sie der Gemeinwirtschaftlichkeit per Gesetz den Boden unter den Füßen weg. Das hat der Kollege Haar gemeint,
und es war nicht in Ordnung, daß Sie ihn nur halb zitiert haben.
Ich will mich jetzt im wesentlichen auf den ländlichen Raum konzentrieren, wo Ihre Versagensliste am umfangreichsten ist. Tatsache ist, daß der öffentliche Personennahverkehr in unserem Land politisch immer mehr vernachlässigt wird. Dabei würden die zum Teil dramatischen Probleme auf den Feldern der Ökologie, der fehlenden Anbindung der ländlichen Räume an das öffentliche Verkehrsnetz und die Verkehrssicherheit gerade in umgekehrter Weise verstärkte Anstrengungen erfordern.
Ich möchte Ihnen gern mal gerade am Beispiel des ÖPNV in der Fläche aufzeigen, was Sie schon angerichtet haben. Ihre Maßnahmen führen nämlich nicht zu einer Stabilisierung, wie Sie hier heute wieder gesagt haben, sondern sie führen zu einem Rückzug aus der Fläche. Nein, ich muß es noch schärfer sagen: Sie zerstören das öffentliche Nahverkehrsangebot, insbesondere den ÖPNV auf der Schiene, systematisch.
Herr Minister Warnke, es ist doch nicht richtig, nicht wahr, wenn Sie sagen, der Interregio sei ein Instrument, das der Fläche diene. Was die Fläche betrifft, ist eher das Gegenteil richtig. Der Interregio fährt zwischen großen Städten ohne Halt 100 oder 130 km. Das ist doch kein Dienst an der Fläche.

(Beifall bei der SPD)

Das ist doch das Gegenteil. Davon, daß der Zug z. B. in Stuttgart anfährt, über Backnang und Murrhardt fährt — um aus meinem Land einmal ein Beispiel zu nennen — und dann erst in Nürnberg wieder hält, hat die Arbeiterin oder die Arbeitersfrau in irgendeiner abgelegenen Gemeinde nichts, wenn sie mit ihrem Kind zum Arzt und auch wieder zurück muß. Die ist heute den ganzen Tag unterwegs. Davon hat auch das Mädchen nichts, das am Abend — vielleicht mit dem Bus — irgendwohin ins Jugendzentrum fährt, und abends um 22 Uhr, wenn sie heim will, darauf angewiesen ist, daß sie Vater oder Mutter holt oder daß sie per Autostopp fahren muß. Das ist doch Einbindung und Einbeziehung des öffentlichen Personennahverkehrs in der Fläche. Auf diesem Gebiet haben Sie versagt.
Ihre Leitlinien sind keine Basis für eine offensive Strategie im Sinne des öffentlichen Personennahverkehrs. Mit Ihrer engstirnigen Plafondierung der Finanzmittel zwingen Sie nämlich die Bahn in unverantwortlicher Weise, den öffentlichen Nahverkehr und die einzelnen Strecken auszuhöhlen.
Damit produzieren Sie in den meisten Fällen gemeinwirtschaftlich unsinnige Lösungen, weil das bei der Deutschen Bundesbahn im Nahverkehr eingesparte Geld, um ein Vielfaches erhöht, an anderer Stelle wieder ausgegeben werden muß etwa im Straßenverkehr, dessen mittelbare und unmittelbare Kosten insbesondere bei den Unfällen und der Umweltbelastung in hohem Maße von der öffentlichen Hand getragen werden. Herr Minister, auch unter diesem Aspekt sollten Sie das Thema Seriosität im Umgang mti den Steuergeldern beurteilen.
Diese unseligen Leitlinien mit ihrer selbstzerstörerischen Plafondierung der Bundesbahnfinanzmittel



Antretter
führen im Nahverkehr keineswegs nur dazu, daß — was übrigens schon schlimm genug wäre — die Deutsche Bundesbahn im ländlichen Raum massenweise Strecken stillegt und ebenso das Busangebot verringert. Diese Leitlinien erweisen sich auch in den Ballungsräumen als problematisch — ich sage es vorsichtig — , und zwar deshalb, weil Sie gerade in den Ballungsräumen die strengsten betriebswirtschaftlichen Kriterien anlegen. Dies heißt, daß Sie unserem Nahverkehrssystem in der Ballung die Effizienz rauben, weil diese Regionen gerade davon leben und erst effizient werden, wenn sie miteinander verflochten und verwoben sind.
Sie haben von den Rahmenvereinbarungen mit den Ländern gesprochen, Herr Minister. Diese Rahmenvereinbarungen, die wir ja begrüßt haben, erweisen sich nunmehr aber als Instrumente, um die Verantwortung für den öffentlichen Personennahverkehr in der Fläche auf die Länder und Gemeinden zu verlagern.

(Beifall bei der SPD)

Damit kein Mißverständnis aufkommt: Wir halten daran fest, öffentlicher Personennahverkehr in der Fläche kann nur von Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam getragen werden. Aber der Bund kann sich aus dieser Verantwortung nicht wegstehlen und Länder und Gemeinden mit ihren Problemen alleinlassen.

(Beifall bei der SPD)

Die Bundesregierung bleibt in dieser Situation weitgehend untätig. Konzepte zur Rettung wenigstens einer Mindestversorgung mit öffentlichem Nahverkehr werden seit Jahren vom Bundesverkehrsminister angekündigt, aber nicht vorgelegt. Dabei brauchte die Bundesregierung noch nicht einmal selbst zu denken. Sie müßte nur bereit sein, ernsthaft und fair mit denen zu verhandeln, die für sie zu denken bereit sind.
Beispielsweise hat der sozialdemokratische Verkehrsminister des Landes Nordrhein-Westfalen auf der diesjährigen Tagung des Landesverbands öffentlicher Verkehrsbetriebe dem Bundesverkehrsminister angeboten, gemeinsam eine Nahverkehrskonzeption zu erarbeiten, bei der einerseits eine bürgerfreundliche Nahverkehrsbedienung gewährleistet ist, bei der andererseits die finanziellen Belastungen des Bundes begrenzt werden. Geschehen ist auf seiten des Bundes auf dieses Angebot hin aber nichts.

(Daubertshäuser [SPD]: Selbst ein Beschluß des Deutschen Bundestages!)

Meine Damen und Herren, in diesen Tagen hat der Stuttgarter Regierungspräsident Bulling den Vorschlag unterbreitet, an 20 Tagen im Jahr wegen überhöhter Smoggefahr Autos ohne Katalysator nicht mehr fahren zu lassen. Das ist doch ein Signal für den ÖPNV; denn der muß dann in der Lage sein, die Verkehrsteilnehmer, die vorübergehend auf ihr Auto verzichten müssen, aufzunehmen.
Die „Stuttgarter Nachrichten" stellten gestern zu Recht fest: Wenn dies Wirklichkeit wird, dann bricht in diesem Raum der öffentliche Personennahverkehr zusammen. Wir sagen, Sie haben nicht den Mut, das Nahverkehrssystem, z. B. S-Bahnen, das unter sozialdemokratisch geführten Regierungen geplant, finanziert und eingerichtet wurde, mutig fortzusetzen. Dies wäre jetzt erforderlich.

(Beifall bei der SPD)

Ich nenne dieses Beispiel, weil ich damit aufzeigen will, was öffentlicher Personennahverkehr in der Zukunft unter Umweltgesichtspunkten leisten muß. Sie jedoch zwingen mit Ihrer Politik die Menschen, das Auto zu benutzen, so daß von einer Wahlfreiheit im Nahverkehr im Grunde schon lange keine Rede mehr sein kann. Die Folgen dieser Zwangsverdrängung auf das Auto sind uns allen bekannt: Straßen voller Staus mit unzumutbarer Belästigung durch Lärm und Abgase und nicht mehr zu verantwortende Unfallbilanzen, und das nicht nur im Nah-, sondern auch im Fernverkehr. Denn wen man im Nahverkehr als Kunden erst einmal an das Auto verloren hat, den gewinnt man für den Fernverkehr der Bahn kaum jemals wieder zurück.
Worauf es jetzt ankäme, wäre dies: daß wir, so wie wir es damals in den 70er Jahren fertig gebracht haben, unsere Stadt- und Dorfkerne durch ein großes Städtebauförderungsgesetz wieder zu sanieren, wieder in Ordnung zu bringen, nun durch eine ähnliche Gemeinschaftsleistung auch die Probleme der Bahn zufriedenstellend lösen. Für ein tragfähiges Konzept, das wir miteinander ausarbeiten und miteinander durchsetzen, stehen die Sozialdemokraten zur Verfügung.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110407600
Das Wort hat der Abgeordnete Böhm (Melsungen).

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID1110407700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat in seiner 77. Sitzung am 5. Mai 1988 bei der Beratung des letzten Berichts des Bundesministers für Verkehr über den Fortgang der Verkehrserschließung des Zonenrandgebietes mit großer Mehrheit die Beschlußempfehlung des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen angenommen und dabei die Bundesregierung aufgefordert — ich zitiere —,
die Vorbereitungen für den Ausbau der Eisenbahnstrecke Dortmund—Kassel nicht nur auf den Abschnitt Dortmund—Paderborn zu beschränken, sondern alsbald alle erforderlichen Schritte für eine zügige Realisierung der Gesamtmaßnahme einzuleiten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

Die heutige Debatte gibt Gelegenheit, nochmals mit Nachdruck auf den baldigen Abschluß der Wirtschaftlichkeitsprüfungen auch des Streckenteils Paderborn—Kassel zu drängen. Herr Bundesverkehrsminister Dr. Warnke hatte bekanntlich die Deutsche Bundesbahn aufgefordert, eine erneute Bewertung mit dem Ziel vorzunehmen, die Wirtschaftlichkeit durch Einbeziehung neuer Tatsachen nachweisen zu können. Die Ergebnisse dieser nochmaligen Nachbewertung mit ergänzenden Rahmenbedingungen sind



Böhm (Melsungen)

nunmehr bis Ende November 1988 in Aussicht gestellt worden.
Daß wir heute über diese Strecke diskutieren, verdanken wir übrigens nur der neuen Bundesregierung, denn als die sozialdemokratisch geführte Bundesregierung im Amt war, wurde über diese Strecke überhaupt nicht gesprochen. Wir sind darum der Bundesregierung dankbar, daß für diese Strecke jetzt endlich eine positive Perspektive eröffnet wurde.
Ich gehe davon aus, daß die erwähnte Wirtschaftlichkeitsprüfung positiv ausfällt, weil die Strecke Dortmund—Kassel ein Teil der sogenannten „Ostachse" Dortmund—Kassel—Würzburg—NürnbergMünchen ist, also vom östlichen Ruhrgebiet nach Süddeutschland. Alle Untersuchungen haben bisher ergeben, daß die gesamte „Ostachse" in allen Varianten wirtschaftlich ist. Es geht eben nicht nur um den Ausbau einer regional wichtigen Eisenbahnstrecke von Paderborn nach Kassel, sondern zugleich um ein unverzichtbares wichtiges Teilstück der Ostachse und darüber hinaus um die notwendige Beschleunigung des Verkehrs zwischen dem Rhein/Ruhr-Gebiet und dem niedersächsischen, hessischen und bayerischen Zonenrandgebiet. Es ist an der Zeit, diese leistungsfähige Ost-West-Verbindung auf der Schiene in der Bundesrepublik Deutschland endlich zu schaffen. Es ist, meine Damen und Herren, gegenwärtig unter zumutbaren Bedingungen überhaupt nicht möglich, auf der Schiene aus dem Raum Koblenz/Bonn/Köln und dem Ruhrgebiet in die genannten Teile des Zonenrandgebiets zu gelangen.
Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, daß bei der Erstellung des Bundesverkehrswegeplans 1985 nicht zuletzt die deutschlandpolitischen Aspekte den Ausschlag für die Aufnahme der Strecke Dortmund—Kassel in den „vordringlichen Bedarf" gegeben haben. Die wichtige Funktion der Strecke Dortmund—Kassel als Teilstück der Ost-West-Magistrale im Eisenbahnverkehr zwischen dem nordrhein-westfälischen und dem thüringisch-sächsischen Industriegebiet und damit in den Süden der DDR darf nicht übersehen, sondern muß in vollem Umfang gewürdigt werden.
Die Vornahme einer Teilbewertung der Strecke von Paderborn nach Kassel und damit einer abschnittweisen Betrachtung hat diese deutschlandpolitisch begründete Dringlichkeit ein wenig in den Hintergrund treten lassen. Jetzt, meine ich, wird es aber Zeit, zu unterstreichen, daß gerade diese Bedeutung nach wie vor gegeben ist. Ich unterstreiche, daß der gemeinsame politische Wille aller in diesem Haus, ohne jede Verzögerung das Gesamtprojekt aus den genannten Überlegungen heraus zu realisieren, hier noch einmal deutlich gemacht wird.
Ich zweifle nicht daran, meine Damen und Herren, daß dies auch der Wunsch und die Absicht des Bundesministers für Verkehr ist.

(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und bei Abgeordneten der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110407800
Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen zu den Tagesordnungspunkten 18 a bis 18 d sowie 181 bis 18m und Zusatztagesordnungspunkt 7 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre und sehe keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Dann können wir nunmehr zu den Abstimmungen über die Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Verkehr kommen.

(Weiss [München] [GRÜNE]: Herr Präsident!)

— Herr Abgeordneter Weiss!

Michael Weiss (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90):
Rede ID: ID1110407900
Es geht um die Tagesordnungspunkte 181 und 18m. Diese betreffen dasselbe Thema, und sie sollten auch in dieselben Ausschüsse. Deswegen schlage ich beim Tagesordnungspunkt 18m die Überweisung auch an den Wirtschaftsausschuß vor.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110408000
Ist das hier verstanden worden? Neigt das Haus dazu? —

(Zustimmung bei allen Fraktionen)

— Also sind Sie einverstanden. Dann ist das so beschlossen.
Wir stimmen zunächst über den Tagesordnungspunkt 18e, und zwar über die Beschlußempfehlung auf Drucksache 11/1509, ab. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/785 abzulehnen. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Damit ist die Beschlußempfehlung des Ausschusses bei vier Gegenstimmen und keiner Enthaltung angenommen, und der Antrag der GRÜNEN ist abgelehnt.
Wir stimmen nunmehr über den Tagesordnungspunkt 18f, über die Beschlußempfehlung auf Drucksache 11/1665 ab. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/1124 für erledigt zu erklären. Wer stimmt dieser Empfehlung zu? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Diese Beschlußempfehlung ist bei einer Reihe von Gegenstimmen und ohne Enthaltungen angenommen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 18 g, und zwar zur Beschlußempfehlung des Ausschusses auf Drucksache 11/1750. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/857 abzulehnen. Wer stimmt der Beschlußempfehlung zu? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Reihe von Gegenstimmen und ohne Enthaltung ist diese Beschlußempfehlung angenommen.
Wir stimmen jetzt über den Tagesordnungspunkt 18h, über die Beschlußempfehlung auf Drucksache 11/1961 ab. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/387 (neu) abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Diese Beschlußempfehlung ist bei einer Reihe von Gegenstimmen angenommen.



Vizepräsident Stücklen
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 18i, und zwar über die Beschlußempfehlung auf Drucksache 11/2331. Wer stimmt für die Beschlußempfehlung des Ausschusses?
— Gegenstimmen? — Keine. Enthaltungen? — Keine.

(Zuruf des Abg. Ibrügger [SPD])

— Sie haben sich enthalten?

(Ibrügger [SPD]: Nein! Ich wollte mich als Berichterstatter befriedigt äußern!)

— Sie wollen also Ihre Befriedigung zum Ausdruck bringen, daß diese Beschlußempfehlung einstimmig angenommen wurde! — Gut.
Wir stimmen jetzt über die Beschlußempfehlung auf Drucksache 11/2587 ab, Tagesordnungspunkt 18j. Wer stimmt für die Beschlußempfehlung des Ausschusses? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltung der Fraktion der GRÜNEN ist diese Beschlußempfehlung mit großer Mehrheit angenommen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der SPD auf Drucksache 11/1616, Tagesordnungspunkt 18 k. Wer stimmt für den Antrag der Fraktion der SPD? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das zweite war die Mehrheit. Damit ist der Antrag der Fraktion der SPD abgelehnt.
Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen (17. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen über die Erschließung des Zonenrandgebietes im Bereich des Post- und Fernmeldewesens
— Drucksachen 10/6790, 11/2294 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Büchler (Hof) Böhm (Melsungen)
Meine Damen und Herren, nach einer Vereinbarung im Ältestenrat ist für die Beratung eine Stunde vorgesehen. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe, die Zustimmung ist erfolgt.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Böhm (Melsungen).

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID1110408100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum erstenmal diskutiert heute der Deutsche Bundestag den Bericht des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen über die Erschließung des Zonenrandgebietes im Bereich des Post- und Fernmeldewesens, der auf Grund eines Beschlusses vom 15. Dezember 1982 alle zwei Jahre vorzulegen ist. Damit wird die Bedeutung der Deutschen Bundespost für das Zonenrandgebiet nachdrücklich unterstrichen, eine Bedeutung, die sowohl im Aufbau, in der Erhaltung und im Ausbau der Informationsstruktur liegt, in der Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit Dienstleistungen der Bundespost, in der Auftragsvergabe eines bedeutenden Wirtschaftsfaktors und schließlich im Angebot zahlreicher Ausbildungs- und Arbeitsplätze dieses bedeutenden Unternehmens.
Bei der sorgfältigen und intensiven Beratung dieses Berichts in den zuständigen Parlamentsgremien wurde von allen Seiten das Bemühen der Deutschen Bundespost anerkannt, den Zielsetzungen des Zonenrandförderungsgesetzes gerecht zu werden. Das gilt sowohl hinsichtlich der Erhaltung und der Entwicklung ihres Aktivitätsvolumens im Zonenrandgebiet als auch hinsichtlich der Sicherung der vorhandenen Arbeitsplatzstruktur.
Dennoch waren bei den Beratungen alle Seiten der Auffassung, daß in Zukunft noch überzeugendere Konzeptionen entwickelt werden müssen, die eine Dezentralisierung von Aufgaben zugunsten von Dienststellen im Zonenrandgebiet ermöglichen. Dabei ist sowohl an eine Verlagerung von Dienststellen in das Zonenrandgebiet zu denken als auch daran, neu zu schaffenden Dienststellen einen Standort im Zonenrandgebiet zu geben. Beispielhaft für eine solche Politik der Dezentralisierung zugunsten des Zonenrandgebiets ist die Einrichtung der Besoldungskasse der Oberpostdirektion Frankfurt am Main in Fulda als Ausgleich für die im Rahmen der Automatisierung des beleggebundenen Zahlungsverkehrs notwendig gewordene Auflösung der Außenstelle Fulda des Postgiroamtes Frankfurt. Ebenso positiv war die Einrichtung der Versandstelle für Sammlermarken beim Postamt Weiden/Opf., die eine sehr gute Entwicklung genommen hat.
Anerkennenswert sind auch die von der Deutschen Bundespost in den letzten Jahren durchgeführten Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Fernsprechnandienstes hinsichtlich der Ausweitung von Nahtarifzonen nur im Zonenrandgebiet. Um dieses Gebiet besonders zu fördern, hat der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen die Nahtarifzonen im Zonenrandgebiet durch eine Erweiterung des Nahzonenradius erheblich vergrößert. Durch diese Maßnahme ist der Anteil der begünstigten Ortsnetze an der Gesamtzahl der Ortsnetze im Zonenrandgebiet auf fast 30 % angestiegen, während der entsprechende Anteil für das übrige Bundesgebiet bei knapp 10 % geblieben ist.
Bei der Einführung neuer Kommunikationstechniken kommt einer den Zielsetzungen des Zonenrandförderungsgesetzes und des Raumordnungsgesetzes entsprechenden Berücksichtigung des Zonenrandgebiets allergrößte Bedeutung zu. Wir sind der Auffassung, daß Benachteiligungen gegenüber dem übrigen Bundesgebiet dabei gar nicht erst entstehen dürfen.
Sicher wird die Bundespost nicht die isolierte Vorwegnahme von Entwicklungen im ländlichen Raum durchführen können; sie wäre auch wirtschaftlich unsinnig. Was sie dagegen tun kann — und darauf bestehen wir — , ist die parallele Ausführung zur Vermeidung von Infrastrukturdefiziten im Zusammenhang mit der Telekommunikation. Wenn die Infrastruktur neuer Kommunikationstechniken im Zonenrandgebiet parallel zur Entwicklung in den Ballungszentren geschaffen wird, wird in ihnen eine großartige Chance für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung im Zonenrandgebiet liegen.



Böhm (Melsungen)

Es soll auch anerkannt werden, daß die Deutsche Bundespost generell darum bemüht ist, bei der Verkabelung nicht nur die Ballungsräume, sondern in angemessener Weise auch die überwiegend ländlich strukturierten Gebiete am Zonenrand zu berücksichtigen. Hierbei kommt es immer wieder zu einem Spannungsverhältnis zu der der Deutschen Bundespost besonders vom Bundesrechnungshof auferlegten Forderung, die Rentabilität der Verkabelung in einem überschaubaren Zeitraum zu ermöglichen. Deshalb sei im Interesse einer gleichwertigen Entwicklung der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet dem Bundesrechnungshof empfohlen, bei seinen Stellungnahmen auch die Wirksamkeit des Zonenrandförderungsgesetzes zu bedenken und der Deutschen Bundespost mehr Möglichkeiten bei der Erschließung des Zonenrandgebiets auf dem Gebiet der Breitbandverkabelung einzuräumen. Aus zahlreichen kleinen ländlichen Gemeinden liegen dringende Forderungen vor, möglichst bald an die Kabelnetze angeschlossen zu werden.
Meine Damen und Herren, auch im Rahmen der notwendigen Neustrukturierung der Deutschen Bundespost, die uns in diesen Wochen und Monaten intensiv beschäftigt, muß die gleichmäßige und preiswerte Grundversorgung im Zonenrandgebiet gewährleistet bleiben. Angesichts der bisherigen Entwicklung ist mit Sicherheit davon auszugehen, daß die Deutsche Bundespost nach wie vor diese Grundversorgung für das Zonenrandgebiet erbringen wird.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Das wird im Rahmen der Pflichtleistungen geschehen, bei denen es sich um Infrastrukturdienste handelt, an denen vor allem aus Gründen der Daseinsvorsorge ein besonderes öffentliches Interesse besteht.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Die Verpflichtung zu einer ausgewogenen Grundversorgung soll und wird im Rahmen des Reformkonzepts Post 2000 gesetzlich verankert werden.
Die bisherigen Bemühungen des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen um eine sorgfältige Beachtung des Zonenrandförderungsgesetzes rechtfertigen in vollem Umfang die Erwartung, daß diese Politik auch in Zukunft fortgesetzt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110408200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Büchler (Hof).

Hans Büchler (SPD):
Rede ID: ID1110408300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Böhm, das, was Sie zum Schluß gesagt haben, klingt sehr wohl in den Ohren, aber wir als alte Hasen und auch oft Enttäuschte aus dem Zonenrandgebiet wissen, wie das in Wirklichkeit geht. Ich stimme mit Ihnen überein: Der Bericht des Bundespostministers, den wir gemeinsam beurteilt haben, kann von der Unterrichtungsseite her als durchaus zufriedenstellend bezeichnet werden. Über die anderen Punkte müssen wir mit Sicherheit diskutieren.
Man kann auch sagen, wie wir es formuliert haben, daß der Bericht erheblich an Substanz gewonnen hat.
Auch das gestehe ich zu. Er ist ausführlicher als frühere Berichte. Er zeigt mehr Detailkenntnisse und bemüht sich durchaus, bei einzelnen Maßnahmen den Zielsetzungen des Zonenrandförderungsgesetzes gerecht zu werden.
Wir haben in den letzten Monaten viel über die Post im Zonenrandgebeit und alles, was damit zusammenhängt, diskutiert. Dahinter steckt natürlich unser Kampf um Arbeitsplätze im Zonenrandgebiet. Dieser Kampf ist bereits Legende. Uns geht es darum, daß die Arbeitsplätze im Zonenrandgebiet erhalten bleiben. Leider haben wir, wie wir wissen, nicht immer Erfolg. Ich greife ein Postamt heraus, das Postamt Hof. Ich könnte auch Marktredwitz erwähnen, Weiden, Eschwege oder Lübeck. Dort werden ständig Arbeitsplätze eingespart. In Hof beispielsweise waren es in den letzten Jahren 200 Arbeitsplätze. Die neuen Schalterbemessungssysteme werden natürlich dazu führen, daß noch weitere 20 Arbeitsplätze verlorengehen. Das führt zu Öffnungszeiten, die kürzer sein werden. Auch die Serviceleistung für die Bürger wird damit erheblich verschlechtert.
Dann gibt es noch eine „Entrümpelungsverfügung", habe ich mir sagen lassen, Herr Minister. Die führt ebenfalls zu Arbeitsplatzverlusten. Das bedeutet ohne Zweifel wiederum Serviceverschlechterung.
Es ist zwar sehr erfreulich, daß Jugendliche bei uns ausgebildet werden — das schon — , aber dann finden sie eben keine Zukunft bei uns, sondern müssen in die Ballungsräume abwandern. Das sind Probleme, die wir sehen müssen.
Wir als Mitglieder des Deutschen Bundestages kämpfen im Zonenrandgebiet um jeden Arbeitsplatz. Jeder Verlust eines Arbeitsplatzes ist ein Stück Verlust an Wirtschaftskraft im Zonenrandgebiet. Bei der Post — das muß man auch sagen — entstehen weniger Dienstleistungen. Für unseren Raum ist damit auch ein Stück Zukunftsverlust verbunden.
Dann gibt es ein paar Kleinigkeiten. Herr Böhm, Sie haben angeführt, daß Institutionen ins Zonenrandgebiet verlagert worden sind. Aber es wäre natürlich ein großartiges Ergebnis, Herr Minister, wenn Sie einmal zu uns in den Ausschuß kämen und sagen würden: Hier habe ich eine Liste von Dienstleistungsbereichen des großen Betriebes Bundespost, die ins Zonenrandgebiet verlagert werden. Das wäre auch eine Erfüllung des Zonenrandförderungsgesetzes. Darauf warten wir eigentlich; denn die moderne Elektronik würde ja ein solches Verfahren möglich machen. Herr Böhm hat ebenfalls darauf hingewiesen. Das wäre ein positives Signal für das Zonenrandgebiet.
Die Wirklichkeit ist anders, wie wir wissen. Der Service auf dem flachen Land nimmt ab, und es wird wirklich immer schwieriger, die Versorgung sicherzustellen. Erst heute erreicht mich eine Meldung, daß in den Mittelstädten vor allem des Zonenrandgebiets die Postkästen zu einem bestimmten Teil abmontiert werden. Das führt doch wieder zu Benachteiligungen. Das ist doch eine Taktik, mit der scheibchenweise der Service der Bundespost draußen zurückgeführt wird.

(Lintner [CDU/CSU]; Einen Untersuchungsausschuß!?)




Büchler (Hof)

— Herr Lintner, wir haben an und für sich immer gemeinsam für Arbeitsplätze im Zonenrandgebiet gestritten. Diese Bemerkung ist mehr als überflüssig. Wir könnten uns ja auch einmal anders ausdrücken.

(Beifall bei der SPD)

Sie zerschlagen die Bundespost in drei Teile. Die zukünftige Post stellt sich uns dann wirklich dar als eine Institution, die nach Profitgesichtspunkten arbeitet. Das wird — das wissen wir — zu Lasten des ländlichen Raumes gehen, weil dort draußen auf Grund der geringeren Dichte natürlich weniger Gewinn gemacht wird.
Es steht also der Abbau von Dienstleistungen im Zonenrandgebiet ins Haus. Postämter werden ausgedünnt. Das führt — ich sage es noch einmal — dazu, daß der Postservice schlechter wird, daß die Briefbeförderung langsamer vonstatten geht. Und was für mich besonders wichtig ist: Auf Grund Ihrer Strukturreform 2000 hat die Politik, der Bundestag und auch die Regierung, natürlich weitestgehend keinen Einfluß mehr. Selbstverständlich wissen wir, welche Folgen das hat; auch das geht wiederum zu Lasten der ländlichen Strukturen.

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Wir hatten eigentlich gehofft, daß uns diese neuen Medien einen Vorteil bringen. Herr Böhm, Sie haben es angesprochen.

(Lintner [CDU/CSU]: Das ist richtig!)

Die Hoffnung ist leider dahin, wenn das Parlament in diesem Bereich nichts mehr zu sagen hat. Wir werden von den Ballungsräumen abgekoppelt,

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Nein!)

und es werden keine vermehrten Investitionen im Zonenrandgebiet getätigt. Wir hatten darauf gehofft.

(Lintner [CDU/CSU]: Herr Büchler, der Bundesrechnungshof! )

— Wir sind Parlamentarier. Wir haben eine Bundesregierung. Wenn wir uns an die Richtlinien halten, können wir auch Politik machen. Wir haben nämlich ein Raumordnungsgesetz, wir haben ein Grundgesetz, worin deutlich steht, daß wir auch dafür zu sorgen haben, daß im ländlichen Raum keine Benachteiligungen entstehen. Sie benachteiligen den ländlichen Raum durch diese Postreform.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Das ist ihre Phantasie!)

Das ist alles möglich und wird so kommen.
Diese Postreform hat dort ein Stück minderer Lebensqualität zur Folge, wo auf Grund politischen Auftrages mehr Lebensqualität hingehört. Das ist der Kern der Sache.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Haben Sie denn überhaupt das Gesetz gelesen?)

Wie soll es mit der Zerschlagung der Post weitergehen? Das muß man doch einmal fragen. Die Post wird politisch unabhängig. Sie wird sich aus dem Land zurückziehen. Und wer muß einspringen, damit der Service aufrechterhalten wird? Wir haben das Beispiel heute früh gehört: Bund und Land. Nur so kann die
Versorgung in den Gemeinden des Zonenrandgebietes aufrechterhalten werden. Wir werden bei der Postversorgung draußen von den Haushalten der einzelnen Institutionen abhängig. Das ist eine düstere Zukunft, das will ich hier sagen. Nachdem Sie die Investitionszulage im Zonenrandgebiet abgeschafft haben, nachdem Sie hergegangen sind, die Benzinpreise drastisch anzuheben, kommt hier ein gewaltiger Schlag auf das Zonenrandgebiet zu,

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Mit der Poststrukturreform?)

dessen Ausmaß wir überhaupt noch nicht übersehen können. — Herr Pfeffermann, ich weiß ja nicht, ob Sie vom Zonenrandgebiet Ahnung haben. Das ist ja das Problem,

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Ich habe die Vorlage — im Gegensatz zu Ihnen — mal in der Hand gehabt! Ich will gar nicht erwarten, daß Sie sie lesen!)

daß Sie da manchmal etwas durcheinanderbringen. — Also, die Wirtschaft im Zonenrandgebiet wird durch ihre extreme Randlage Wettbewerbsnachteile bekommen. Das Dienstleistungsunternehmen Post wird seinen Service verschlechtern,

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Nein!)

und das wird sich auf die Infrastrukturleistungen im Zonenrandgebiet auswirken.

(Lintner [CDU/CSU]: Immer diese Horrorgemälde!)

Deswegen, Herr Minister, müßten wir über das, was Sie unter „bestimmten Pflichtleistungen" verstehen, sicher noch diskutieren. Denn nach wie vor weiß kein Mensch, was eigentlich darunter verstanden werden soll.
Wir wollen dazu beitragen — das ist der Auftrag der Politik —, daß alle Bürger in der Bundesrepublik gleichwertige Lebensbedingungen haben, unabhängig davon, wo sie leben, ihnen moderne Leistungen garantieren, und zwar zu erschwinglichen Gebühren.

(Lintner [CDU/CSU]: Selbstverständlich!)

Und das kann man am besten, wenn diese hervorragende Post — wir sind uns doch einig, daß sie die beste der Welt ist — als solche erhalten bleibt. Es besteht keine Notwendigkeit, diese Post zu zerschlagen. Das sage ich hier nicht als Postfachmann, sondern aus der Sicht eines Abgeordneten aus dem Zonenrandgebiet. Meine Erfahrung aus Großbritannien, das ich ja nun sehr genau kenne, oder den Vereinigten Staaten, die ich sehr genau kenne, ist ja die, daß diese Postzerschlagung nur zur Benachteiligung der ländlichen Regionen und der Menschen dort geführt hat. Das ist also gar keine Frage.

(Frau Olms [GRÜNE]: Die Zeitungen kommen da nach einer Woche an!)

British Telecom ist draußen im flachen Land doch nicht mehr operativ tätig. Das wissen Sie doch ganz genau, wie Sie auch den Abbau der Arbeitsplätze kennen.
Es geht uns darum den gemeinwirtschaftlichen Auftrag der Bundespost zu garantieren, die Versorgung



Büchler (Hof)

aller Bürger mit Dienstleistungen des Post- und Fernmeldewesens sicherzustellen, unabhängig davon, in welcher Region sich der Mensch befindet. Wir fordern, daß die Bundespost ihren wichtigen Beitrag zur Infrastrukturpolitik im Zonenrandgebiet weiterhin voll leistet. Der beste Service wäre, wenn Sie Ihre Postreform vergessen würden.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110408400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfgramm (Göttingen).

Torsten Wolfgramm (FDP):
Rede ID: ID1110408500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich meine, daß der Bericht erfreulich ist, und es ist ja auch angemessen, wenn man einmal etwas Erfreuliches sagen darf. Er ist leider etwas angejahrt;

(Dr. Daniels [Regensburg] [GRÜNE]: Überholt! — Lintner [CDU/CSU]: Retrospektive!)

denn er ist ja schon Anfang 1987 vorgelegt worden. Aber der Ausschuß hat recht daran getan, daß er sich dreimal damit beschäftigt hat, und er hat ja auch wichtige Anmerkungen dazu gemacht. Deshalb ist es sinnvoll, die Berichte, besonders wenn sie technische Bereiche beinhalten — und in der Technik entwickeln sich die Dinge ja sehr rasch, selbst wenn sie nicht immer so rasch umgesetzt werden; das hat auch etwas mit der Frage der Teilprivatisierung zu tun — , dann doch relativ rasch zu diskutieren.
Ich will noch einmal festhalten, daß ich das, was hier für den Zonenrandbereich geschehen ist, begrüße. Ich halte auch fest, daß das Bemühen der Deutschen Bundespost, mit ihren Maßnahmen auch den Zielsetzungen des Zonenrandförderungsgesetzes gerecht zu werden, hier deutlich wird. Ich meine, daß sie das in erheblichem Umfang geschafft hat.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Daß wir hier ortsfeste Postanstalten in Gemeinden erhalten konnten, anders als im übrigen Bundesgebiet, finde ich sehr positiv. Und daß gewisse Privilegien bei den Schalterangelegenheiten erhalten bleiben, finde ich ebenfalls positiv.
Bei der Betrachtung der langen Laufzeit der Briefe bin ich versucht, an meine Vorfahren zu erinnern, die mir erzählt haben, daß ein Brief nach Berlin um das Jahr 1900 nur einen Tag gebraucht hat, wenn man ihn z. B. in dem jetzigen Zonenrandbereich Philippsthal eingeworfen hat. Daß wir das heute mit einem „E + 1" — und einem Zusatztag — versehen müssen,

(Frau Olms [GRÜNE]: Von Berlin nach Bonn braucht es heute auch drei Tage! — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Mit einem Sternchen war da auch noch was!)

ist schon traurig. Aber wenn es denn zu 90 % geschieht, wie ich gehört habe, dann soll es immerhin eine gewisse Erfüllung bedeuten. Jedenfalls will ich darüber keine Scherze machen. Sie wissen, daß man über drei Dinge keine Scherze machen darf: über
Umweltschutz, Frauenemanzipation und Zonenrandförderung.

(Heiterkeit)

Es wäre wirklich vermessen, das in diesem Fall zu tun.

(Zurufe)

— Nein, es gibt sicher mehr, aber wir haben seit Urvätertagen diese Dreiteilung, und jeder, der ein gutes Programm vorzuschlagen hat, hat mindestens drei Positionen anzubieten.
Ich will es auch noch einmal begrüßen, daß wir mit einem Drittel der begünstigten Ortsnetze im Zonenrand aufwarten können; dort liegt, was positiv zu bewerten ist, der größere Teil der Ortsnetze mit entsprechenden Vergünstigungen bei den Gesprächsgebühren.
Ich komme zum Ausbau der integrierten Text- und Datennetze, IDN abgekürzt, und damit auch zu der dienstintegrierten digitalen Fernmeldevernetzung, ISDN abgekürzt, von der wir einiges erwarten dürfen, zumindest daß die Standortabhängigkeit gemildert wird. Ich halte das im Zonenrandbereich für einen wichtigen Punkt.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Büchler [Hof] [SPD]: Aber das machen die ja nicht!)

Da das allerdings nicht so rasch vorangeht, möchte ich das mit einer kleinen Anmerkung von Gerhard Branstner unterstreichen, der sich, allerdings unter Überschrift „Der Esel als Amtmann", in einigen kleinen Geschichten verbreitet hat, und der sagt: „Der Hase rannte einem Wolf davon. Da kam ihm eine Schnecke in die Quere. Um sie nicht zu verletzen, wich der Hase aus und stieß in vollem Lauf gegen einen Baum. Die Schnecke wartete, bis der Hase wieder zu sich kam, dann sagte sie: ,Nimm dir ein Beispiel an mir, ich bin noch niemals beim Ausweichen gegen einen Baum gerannt.' "

(Heiterkeit — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Und wie ging die Geschichte von dem Frosch und dem Hecht?)

— Die kommt das nächste Mal, lieber Kollege.
Wir sollten also versuchen, diese Dinge ein wenig zu beschleunigen. Auch für die Investitionen danke ich der Bundesregierung und wünsche weiter eine erfolgreiche Tätigkeit im Zonenrandgebiet.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110408600
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Daniels (Regensburg).

Dr. Wolfgang Daniels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1110408700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Bundespostministeriums vom Januar 1987, auf den sich die Beschlußempfehlung bezieht, ist, wie eben von Herrn Wolfgramm schon betont, von der realen Entwicklung längst überholt worden. Heute stellt sich vor allem die Frage, welche Folgen die sogenannte Postreform für strukturschwache Gebiete haben wird. Darüber wurde aber im Ausschuß kaum debattiert. Für die Betroffenen stellen sich jedoch viele Fragen: Wird sich



Dr. Daniels (Regensburg)

der Service, vor allem der Brief- und Paketdienst, weiter verschlechtern? Wird sich durch den Einsatz elektronischer Dienste die Benachteiligung grenznaher Gebiete zur DDR weiter verschärfen? Wie entwickelt sich das Arbeitsplatzangebot der Post in der Zukunft in diesen Regionen?
Die Angst, daß sich die Post nach der Dreiteilung ähnlich wie die Bundesbahn entwickeln wird, also Verschlechterung und Verteuerung des Angebots bei gleichzeitiger Arbeitsplatzvernichtung, ist nicht grundlos. Schon vor der Umsetzung der Pläne des Postministers zeichnet sich ein Rückzug der Post aus strukturschwachen Gebieten ab. So wurden im Zeitraum von 1984 bis 1986 49 Poststellen im Grenzgebiet zur DDR geschlossen. Bis 1991 sollen 19 Briefabgangsstellen und ein Bereichsknotenamt dichtgemacht werden. Dies bedeutet zuerst den Verlust von Arbeitsplätzen im strukturschwachen Raum und den Rückzug auf zentrale Orte. Die Kirche bleibt vielleicht noch im Dorf, die Post hat es längst verlassen.
Gerade durch die Postreform und den dadurch wachsenden Rationalisierungsdruck werden die Kundinnen und die Kunden der Post auf dem Land mit Dienstverschlechterung rechnen müssen. Zuerst trifft es aber die Beschäftigten der Post, auf deren Rücken rationalisiert wird. Dies zeigt sich bereits heute an der sogenannten Entrümpelungsverfügung oder der Verordnung über die Krankenüberwachung. Die Arbeitshetze der Kolleginnen und Kollegen der Post wächst.
Die Hoffnung, durch den Einsatz der Informations-und Kommunikationstechnik in strukturschwachen Räumen bei der Post Arbeitsplätze erhalten oder gar schaffen zu wollen, geht an der Realität vorbei. Schauen Sie sich die Situation in der Oberpostdirektion Regensburg an: 139 Fernmeldehandwerker sind mit der Ausbildung fertig geworden; ganze fünf neue Arbeitsplätze werden ihnen angeboten.

(Lintner [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Bei der Einführung elektronischer Briefverteilungsanlagen beispielsweise geht es doch gerade darum, Arbeitsplätze wegzurationalisieren und die Zahl der Abgangsämter zu verringern. Auch die Computerisierung des Telefonsystems, im Technokratendeutsch ISDN genannt, dient der Post vorrangig zur innerbetrieblichen Rationalisierung und bedeutet damit Arbeitsplatzvernichtung. Dies trifft zuerst die gesamte Instandhaltung der Fernmeldeanlagen, die durch die Einführung der digitalen Vermittlung halbiert werden soll.
Die verstärkte Nutzung der neuen Technologien bringt also hinsichtlich der Arbeitsplätze bei der Post in strukturschwachen Gebieten nur Negatives. Deshalb geht die Beschlußempfehlung des Ausschusses, es müßte vor allem um die Sicherung und den Ausbau bestehender Arbeitsplätze gehen, in eine falsche Richtung. Die negative Entwicklung verschärft sich noch durch die in der Postreform angestrebte Dreiteilung der Post und durch den massiven Ausbau des ISDN.
Fällt die Quersubventionierung zugunsten nicht kostendeckender, aber gesellschaftlich notwendiger
Dienste weg, werden zuerst strukturschwache Gebiete dies zu spüren bekommen, nämlich durch die Verschlechterung des Dienstangebots.
Nun antwortet der Bundespostminister auf diese Befürchtung: Aber wir haben doch per Gesetz die Quersubventionierung festgeschrieben. Doch auch hier steckt der Teufel wieder einmal im Detail. Wenn das Teilunternehmen TELECOM massiv in den Ausbau neuer Netze und Dienste investiert und dabei Milliardenverluste entstehen, frißt das die Überschüsse des Telefondienstes auf, und für eine Quersubventionierung ist dann nichts mehr da. Wenn das eingetreten ist, was mit Sicherheit geschieht, sind wieder die strukturschwachen Gebiete die ersten Leidtragenden — mit Dienstverschlechterungen, steigendem Arbeitsdruck oder Arbeitsplatzvernichtung.
Die massiven Technologieinvestitionen der Post gehen also letztlich zuerst zu Lasten der strukturschwachen Gebiete, und dies bei den dort ansässigen Unternehmen. Das ergibt sich auch aus der Stellungnahme des Bundespostministeriums. Der Anteil der Aufträge an Unternehmen in den Grenzgebieten zur DDR liegt, verglichen mit dem Rest der Bundesrepublik, unter dem Bevölkerungsanteil. Das resultiert auch daraus, daß der Großteil der Postinvestitionen in den Fernmeldebereich und damit an Konzerne wie Siemens und SEL geht; diese haben aber kein Investitionsinteresse in strukturschwachen Räumen. Die verstärkte Investition in ISDN treibt diese Tendenz weiter.
Die beschriebenen negativen Entwicklungen sind bereits heute, also ohne Postreform, spürbar. Die Zerschlagung der einheitlichen Post in drei Teilunternehmen und die Möglichkeit für private Konzerne, sich profitable Rosinen aus dem Fernmeldemarkt herauszupicken, verschärfen für den strukturschwachen Raum die bereits bestehenden Probleme. Es kann die Situation entstehen, daß neue Dienstangebote, die früher die Post überall machen mußte, nunmehr als freie Leistungen definiert werden. Das bedeutet, daß weder die Post noch Private diese Dienste anbieten müssen bzw. unterschiedliche Gebühren verlangen dürfen.
Ob die im Gesetzentwurf festgelegte Zustimmung des Bundesrates bei der Bestimmung der Pflichtleistungen die wirtschaftliche Benachteiligung strukturschwacher Grenzgebiete verhindern kann, ist mehr als fraglich. Die Unternehmer werden sich jedenfalls noch stärker an den Ballungsgebieten orientieren oder eine noch stärkere Subventionierung verlangen.
Diese von mir beschriebenen Probleme waren nur sehr verkürzt Gegenstand der Ausschußberatungen. Deswegen geht die Empfehlung des Ausschusses an den realen Problemen der Versorgung mit Postdiensten im strukturschwachen Raum vorbei.
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110408800
Ich erteile dem Herrn Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen das Wort.




Dr. Christian Schwarz-Schilling (CDU):
Rede ID: ID1110408900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Hohe Haus hat am 15. Dezember 1982 beschlossen, ihm alle zwei Jahre über die Erschließung des Zonenrandgebiets im Bereich des Post- und Fernmeldewesens zu berichten. Ich möchte hier den Bericht nicht wiederholen; es sind in verschiedenen Bereichen die Dinge bereits genannt.
Ich möchte auf einige wesentliche Schwerpunkte zurückkommen: Die Deutsche Bundespost hat vor einigen Jahren für die Amtsstellenorganisation auf dem Lande ein den heutigen Verhältnissen angepaßtes neues Konzept entwickelt, das auch die Zustimmung des Deutschen Bundestages gefunden hat. Danach betrachtet die Deutsche Bundespost die ortsfeste Postanstalt nach wie vor als Eckpfeiler der Postversorgung auf dem Lande. Dabei sieht dieses Konzept als besondere Förderungsmaßnahme vor, daß im Zonenrandgebiet je Gemeinde bzw. Gemeindeverband mindestens eine ortsfeste Postanstalt auch dann zu belassen ist, wenn diese nach den allgemeinen Organisationsgrundsätzen eigentlich aufgehoben werden müßte.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das Zonenrandgebiet ist in dieser Hinsicht versorgungsmäßig also bessergestellt als das gesamte übrige Bundesgebiet. — Das entspricht genau dem Gegenteil dessen, was hier eben ausgeführt worden ist.
Wir haben daneben die verschiedensten innerbetrieblichen Maßnahmen getroffen. Ich erinnere daran, daß wir z. B. bei verschiedenen Postämtern im Zonenrandgebiet die Bearbeitung von Briefsendungen, Paketen und Päckchen nach und aus der DDR sowie Berlin (Ost) konzentriert haben und damit immerhin mehrere hundert Arbeitsplätze im Zonenrandgebiet bereitgestellt haben. Wir versichern hiermit, daß es dort so bleibt und sich in der Zukunft nicht verändern wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte noch einmal einige Sondermaßnahmen ansprechen. Es wurde hier unsere Versandstelle in Weiden schon genannt. Es gibt dort heute immerhin über 60 Beschäftigte, davon 17 Schwerbehinderte, die auf diese Weise dort Arbeit bekommen haben.
Wir haben eine Ermittlungsstelle für Paketsendungen beim Postamt Bamberg, wo inzwischen 41 Personen beschäftigt sind, eingerichtet.
Wir haben den Ausbau der Breitbandverteilnetze für die Verbreitung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen verstärkt und mit deutlich gesteigerten jährlichen Investitionsvolumina fortgeführt.
Ich finde es ja wirklich großartig, Herr Daniels, wenn ich höre: Da macht die Post diese hohen Investitionen und wird auf diese Weise nachher nicht mehr in der Lage sein, über die Einnahmen des Telefondienstes ausreichende Gewinne zu erzielen, um Quersubventionen vorzunehmen. Sie müssen einmal ein bißchen weiter denken: In 10 oder 20 Jahren würden wir dann einsame Weltmeister in der Gebührenpolitik sein, da die Gebühren beim Telefon dann doppelt oder dreimal so hoch wären wie in den anderen Ländern der Europäischen Gemeinschaft. Das heißt, der Standort der Bundesrepublik würde sich dramatisch verschlechtern. Wir müssen neue Dienste in Gang bringen, die uns in den nächsten 10, 20 Jahren zusätzliche Einnahmen bringen.

(Dr. Daniels [Regensburg] [GRÜNE]: Das glauben Sie!)

Das ist schon heute entscheidend. Bereits in diesem Jahr liegen die Neuanschlüsse beim Kabel weit über den Neuanschlüssen beim Telefon. Wenn wir also schlafen würden und sagen würden: wir haben das Telefon, das wird auf Dauer gesehen immer die Subventionen erwirtschaften, im übrigen lassen wir alles so, wie es ist, dann wäre dieses Konzept ein bißchen unzureichend, um die Zukunft der Telekommunikation und entsprechende Serviceleistungen für die Bevölkerung tatsächlich zu gewährleisten.

(Dr. Daniels [Regensburg] [GRÜNE]: TELECOM ist doch ein Negativgeschäft!)

— Herr Kollege Böhm hat mit Recht darauf hingewiesen — : Wir haben die sehr schwierige Balance zu sehen, wie wir im Bereich der Breitbandverteilnetze auf der einen Seite die Rentabilität beachten — wir können hier immerhin sagen, daß wir entgegen aller Kritik die Planungen einhalten, was wir auch im Haushaltsausschuß, im Rechnungsprüfungsausschuß und auch dem Rechnungshof gesagt haben — und wie wir auf der anderen Seite nicht nur in Ballungsgebieten oder Städten, sondern auch auf dem flachen Land Kabelfernsehnetze ausbauen.
Das ist natürlich eine ganz schwierige Gratwanderung. Es sind viele Mitarbeiter damit beschäftigt, wie sie diese beiden Zielkonflikte jeweils zusammenbringen. Das ist, glaube ich, eine große Leistung, wie das von der Bundespost und ihren Mitarbeitern heute gelöst wird.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Lassen Sie mich etwas zum Telefontarif sagen: Überlegen Sie sich bitte, was es heißt, daß wir damals bei Ortsnetzen mit weniger als 30 000 Anschlüssen 50 freie Gebühreneinheiten im Monat eingeführt haben. Das ging doch vorwiegend gerade auch in den Zonenrandbereich, wo bereits andere Vergünstigungen bestehen. Wir haben hier nicht gesagt: Weil ihr schon andere Vergünstigungen habt, bekommt ihr das jetzt nicht. Vielmehr haben wir das zusätzlich auch in das Zonenrandgebiet hineingebracht.
Es wurde über ISDN und Glasfasernetze gesprochen. Natürlich wird ISDN dazu beitragen, Standortabhängigkeiten zu mildern. Die bundesweite ISDN-Flächendeckung soll nach unseren Planungen Ende 1993 erreicht werden. Es trifft einfach nicht zu — und das können Sie in unserer mittelfristigen Planung für den Ausbau unserer Netze nachlesen —, daß in irgendeiner Stadt oder Gemeinde der Bundesrepublik, wo immer sie liegt, auf Grund der Lage ein ISDN-Anschluß nicht zum selben Preis installiert wird. Wir wissen natürlich, daß das für uns in der Fläche sehr viel teurer ist. Wir könnten in Städten einen ISDN-Anschluß für 20 DM anbieten. Aber wir bieten ihn in der gesamten Bundesrepublik für DM 73 an. Dieses große Unternehmen Bundespost bietet diesen Service



Bundesminister Dr. Schwarz-Schilling
also in der gesamten Fläche zum selben Preis an — auch als Infrastrukturleistung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es stimmt einfach nicht, daß es hier Benachteiligungen gebe. Im Gegenteil, wenn Sie das Verhältnis von Kosten und Erträgen sehen, sind die Flächengebiete erheblich bevorteilt. Das bringt natürlich auch Probleme bei der Bedienung von Großkunden. Aber ein Großkunde im Zonenrandgebiet — und das ist entscheidend — erhält die gleichen Vergünstigungen, wie wenn er in Frankfurt oder Hamburg seinen Sitz hätte. Er hat also im Zonenrandgebiet nicht einen Standortnachteil, sondern erhält die gleiche Qualität geboten wie im übrigen Bundesgebiet.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Aber, meine Damen und Herren, wir werden natürlich nicht das tun, was manche verlangen, das Netz allein dort besonders auszubauen; denn das Zonenrandgebiet würde natürlich ohne Anbindung an das Ballungsgebiet wirtschaftlich verarmen. Die Leute dort wollen ja nicht unter sich kommunizieren, sondern sie wollen — wie die Teilnehmer im übrigen Bundesgebiet auch — Verbindungen nach Regionen und anderen Ländern. Nur so hat das auch Sinn für das Zonenrandgebiet.
Eine Bemerkung, was Arbeitsplätze angeht: Ich habe schon einige Beispiele bei der Post selbst genannt. Aber das, was wir in dieses Gebiet investieren, schafft oder erhält Arbeitsplätze dort in den privaten Unternehmen. Nehmen Sie doch auch bitte einmal zur Kenntnis, was wir dort investieren. Über das Fernmeldewesen sind auch in den Jahren 1986 und 1987 Investitionen in Milliardenhöhe durchgeführt worden. Für Fernsprechübertragungseinrichtungen, Vermittlungseinrichtungen, Teilnehmereinrichtungen, Datenübermittlungseinrichtungen und Breitbandverteilnetze haben wir im Zonenrandgebiet in den Jahren 1986 und 1987 immerhin jeweils über 1,3 Milliarden DM investiert. Das sind Aufträge, die großenteils auch in diese Gebiete hineinfließen, natürlich nicht vollkommen, weil Spezialfirmen nun einmal nicht dort sind. Das kann die Bundespost nicht ändern.
Wir haben also im Jahre 1986 Aufträge in Höhe von 1,3 Milliarden und im Jahre 1987 sogar von über 1,5 Milliarden DM in das Zonenrandgebiet vergeben. Ich glaube, das sind Zahlen, angesichts derer jeder sagen kann: Wir sind alle froh, daß uns das gelungen ist. Ich bin sehr dankbar, daß wir dies durchführen konnten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Daneben haben wir noch einige schwierige Dinge gemacht. Die Operation der Verlegung der Besoldungskasse von Frankfurt nach Fulda war eine Riesenaufgabe. Kein anderer Minister hatte sich vorher da herangetraut. Den Mitarbeitern der Außenstelle des Postscheckamts Frankfurt war nur gesagt worden: Eure Arbeitsplätze bleiben erhalten. Den Banken wurde gesagt: Wir werden den beleglosen Zahlungsverkehr einführen. Das aber bedeutete: Personalreduzierung. Aber wie diese beiden Versprechungen, auf der einen Seite die Einführung des beleglosen Zahlungsverkehrs und damit die Zentralisierung in Frank-
furt, und auf der anderen Seite die Erklärung, in Fulda bleibe alles beim alten, zusammengebracht werden sollten, hat man nicht gesagt. Das hat man dann mir überlassen.

(Wolfgramm [Göttingen] [FDP]: Aber Sie haben es gelöst!)

Die Lösung dieser Frage hat uns immerhin 13,7 Millionen DM gekostet. Aber das ist es auch wert. Dafür sind 200 Arbeitsplätze, und zwar auf Dauer, weil es ein eigenständiger Bereich ist, nach Fulda gekommen. Das waren nicht nur Versprechungen des Inhalts: Ich lasse euch noch ein paar Arbeitsplätze, bis die nächste Rationalisierungswelle kommt. Wir haben eine grundsätzliche Lösung gefunden, die weit in das nächste Jahrhundert trägt.

(Beifall des Abg. Wolfgramm [Göttingen] [FDP])

Meine Damen und Herren, die Infrastrukturaufgabe ist in dem neuen Poststrukturgesetz ausdrücklich verankert. Es gibt kein entsprechendes Gesetz auf der Welt, in dem neben dem Bereich Wettbewerb/ Monopol der Bereich Infrastruktur gesetzlich als Auftrag für dieses Unternehmen verankert ist. Deswegen möchte ich Sie wirklich bitten: Lesen Sie das Poststrukturgesetz,

(Zuruf von der SPD: Das haben wir alles gelesen!)

und glauben Sie ein bißchen, daß wir das tun, was darin steht.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich sagen: Wir koppeln kein Gebiet ab. Im Gegenteil, die moderne Telekommunikation wird die Entfernung vom Zonenrandgebiet zu den übrigen Gebieten verkürzen, und zwar — da wir einen Infrastrukturauftrag haben — zu gleichen Preisen wie im übrigen Bundesgebiet. Das ist die moderne Entwicklung, die die Bundespost voll unterstützt. Wir werden uns deswegen nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen, sondern wir werden uns jeden Tag neu überlegen, was wir noch zusätzlich tun können. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Wir werden bei der Konstellation Wettbewerb und Infrastrukturauftrag das Zonenrandgebiet gemäß der gesetzlichen Grundlage mit besonderer Sorgfalt im Hinblick darauf beachten, was wir in diesem Gebiet noch zusätzlich tun können.
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1110409000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Seidenthal.

(Vorsitz : Vizepräsident Westphal)


Bodo Seidenthal (SPD):
Rede ID: ID1110409100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wolfgramm und Herr Daniels, wenn Sie beklagt haben, daß wir uns hier nur im Abstand von zwei Jahren über den Bericht unterhalten, dann stelle ich fest, daß wir hier gemäß einem Beschluß des Bundestages verfahren. Lassen Sie uns gemeinsam einen neuen Beschluß fassen; dann können wir auch jährlich oder halbjährlich auf Entwicklungen eingehen.



Seidenthal
Herr Minister, Ihre Postreform wird nicht dadurch besser, daß Sie sie immer wieder anpreisen. Wir werden urnsere entsprechenden Vorschläge im Bundestag schon einbringen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, für uns Sozialdemokraten hat nach wie vor § 2 Abs. 1 Nr. 4 des Raumordnungsgesetzes vom 8. April 1965 oberste Priorität. Er lautet:
Die Leistungskraft des Zonenrandgebietes ist bevorzugt mit dem Ziel zu stärken, daß in allen seinen Teilen Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie eine Wirtschafts- und Sozialstruktur geschaffen werden, die denen im gesamten Bundesgebiet mindestens gleichwertig sind. Die Bildungs-, Kultur-, Verkehrs-, Versorgungs- und Verwaltungseinrichtungen sind vordringlich zu schaffen.
Zur Erreichung dieses Zieles kommt den Maßnahmen im Bereich des Post- und Fernmeldewesens eine wesentliche Bedeutung zu.
Da mein Kollege Büchler schon einige grundsätzliche Aussagen für die SPD-Fraktion getroffen hat, möchte ich nur noch die folgenden konkreten Punkte einbringen:
Im Unterausschuß „Zonenrandförderung" bestand bei der Beratung des Abschnittes B — Postwesen — Einmütigkeit darüber, daß zur Sicherung der Arbeitsplatzstruktur eine Entwicklung von Konzeptionen erfolgen soll, die eine Dezentralisierung von Aufgaben zugunsten von Dienststellen im Zonenrandgebiet ermöglichen soll. Dabei kommt aus unserer Sicht dem Briefverteilungsdienst eine hohe Bedeutung zu. Hier ist es zwingend erforderlich, daß zu Beginn der 90er Jahre leistungsfähige Briefverteilungsanlagen weniger großen Zuschnitts auf dem Markt sein müssen, die auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Beibehaltung kleinerer Briefabgangsstellen im Zonenrandgebiet rechtfertigen.
Lassen Sie mich als Techniker anmerken, daß in einen Volkswagen oder einen Mercedes auch Motoren mit unterschiedlicher Leistung eingebaut werden können. Das heißt in unserem Fall konkret, daß die Technik dieser Stellen auf den Zonenrand zugeschnitten werden muß; dann ist auch der wirtschaftliche Gesichtspunkt zufriedenstellend zu lösen.

(Büchler [Hof] [SPD]: Sehr richtig!)

Das bedeutet: Wenn ich von 120 000 Sendungen ausgehe, dann kann ich bei 80 000 oder bei 70 000 Sendungen keine Wirtschaftlichkeit erwarten.
Im Bericht wird auch auf die Überprüfung von Leitabschnitten eingegangen. Hierzu stelle ich fest, daß sich im konkreten Fall des Postamtes Schöningen aus meinem Wahlkreis sowohl das zuständige Postamt Braunschweig als auch die Oberpostdirektion Hannover nach Überprüfung — ich unterstreiche: nach Überprüfung — gegenüber dem Bundespostministerium für den Fortbestand dieses Leitabschnittes ausgesprochen haben. Nunmehr, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine erneute Überprüfung angeordnet worden.
Ich frage den Bundespostminister: Herr Minister, lassen Sie so lange überprüfen, bis ein Ihnen genehmes Ergebnis vorliegt, d. h. Auflösung? Ich bitte in diesem Fall unter Einbeziehung der Einflußgrößen Dienstgüte, Wirtschaftlichkeit und Sozialverträglichkeit — darauf legen Sie ja auch sehr großen Wert —, die eine Aufhebung nicht zulassen, um die Beibehaltung des Leitabschnittes Schöningen.
Wir begrüßen, daß im Bericht auch auf den Postaustausch mit der DDR eingegangen wird. Wir erkennen die Bemühungen der Deutschen Bundespost an, daß der weitaus größte Teil aller Briefsendungen und des Paket- und Päckchenverkehrs mit der DDR und Berlin (Ost) über im Zonenrandgebiet liegende Postämter abgewickelt wird. Wir fordern die Bundesregierung aber auf, durch intensive Verhandlungen mit der DDR das Problem der verlorengegangenen Postsendungen zu lösen, da die Verlustquote hier wesentlich höher liegt als im übrigen Verkehr der Deutschen Bundespost.
Mit Bedauern nehmen wir zur Kenntnis, daß im Berichtszeitraum vom 1. Januar 1984 bis zum 1. Januar 1986 im Zonenrandgebiet 49 Poststellen I und II verlorengingen. Auch wir sehen den Grund für die Veränderungen darin, daß die Amtsstellen schon seit den 60er Jahren wegen der Umstellung vom baren auf unbaren Zahlungsverkehr, wegen der ständigen Zunahme der Telefonanschlüsse im privaten und geschäftlichen Bereich leider erheblich an Bedeutung verloren haben. Gleichwohl muß aber auf Grund der demographischen Entwicklung im Zonenrandgebiet eine bürgernahe und flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen weiterhin gewährleistet werden.
Wir bitten als SPD-Fraktion den Bundespostminister, die gegenwärtigen Überlegungen des Ministeriums, ob noch andere Möglichkeiten zur Versorgung geschaffen werden können, in Absprache mit den betroffenen Kommunen zu diskutieren. Ein weiteres Absinken des Standards der Postversorgung im Zonenrandgebeit werden wir Sozialdemokraten jedoch nicht zulassen.
Bei der bundesweiten Einführung des Dienstintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes, ISDN, und neuer Kommunikationstechniken muß sichergestellt werden, daß der Zonenrand nicht nachrangig bedient wird. Herr Böhm, ich bin Ihnen dankbar, daß auch Sie darauf eingegangen sind.
Der Unterausschuß „Zonenrandförderung" hat in Kenntnis der Sorge, daß das Zonenrandgebiet hier in einen später nicht mehr aufzuholenden Rückstand gegenüber anderen Regionen geraten könne, eine entsprechende Forderung in die Beschlußempfehlung aufgenommen. Lassen Sie mich wegen der kurzen Redezeit nur anmerken, daß sich der Unterausschuß „Zonenrandförderung" in einer der nächsten Sitzungen auch mit der beabsichtigten Neuordnung des Post- und Fernmeldewesens und den Auswirkungen für das Zonenrandgebiet befassen muß.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten werden zukünftigen Berichten zur Erschließung des Zonenrandgebietes im Bereich des Post- und Fernmeldewesens kritisch gegenüberstehen und sie kritisch begleiten. Aber einem weiteren Ausbluten des Zonenrandgebietes, das mit Strecken-



Seidenthal
stillegungen der Deutschen Bundesbahn begann, das durch Abstufung von Bundesstraßen fortgesetzt werden soll und mit dem Rückzug der Deutschen Bundespost aus diesem Raum enden kann, werden wir unseren ganzen parlamentarischen Widerstand entgegensetzen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Daniels [Regensburg] [GRÜNE])


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110409200
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen, Herr Dr. Hennig.

Dr. Ottfried Hennig (CDU):
Rede ID: ID1110409300
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gemeinde der Zonenrandpolitiker ist klein. Wir freuen uns, daß sich der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen ihr so entschieden an die Seite gestellt hat. Diese Gemeinde entscheidet meist einstimmig, weil es eine Minderheit ist, die hinterher dafür sorgen muß, daß sie durch Werbung in den Fraktionen und im Plenum des Deutschen Bundestages zur Mehrheit wird. Insofern habe ich auch die Rede von Herrn Büchler nicht so ganz verstanden. Sie galt auch eigentlich gar nicht diesem Thema

(Frau Olms [GRÜNE]: Das ist eine schwere Beleidigung!)

— in der Schule würde man sagen „Thema verfehlt" —, denn die Postreform ist ja nicht der Inhalt dieses Berichts

(Büchler [Hof] [SPD]: Er hat schon recht!)

— vielen Dank, ich hoffe, das Protokoll verzeichnet das hinterher — , sondern die Stellungnahme des Ausschusses trägt ja die Schlußbemerkung „Einmütigkeit im Ausschuß", und der Bericht der Abgeordneten Büchler (Hof) — ich unterstreiche das — und Böhm (Melsungen) enthält den entscheidenden Satz:
Der Bericht, der erheblich an Substanz gewonnen hat und eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen und dem Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen erkennen läßt, macht das Bemühen der Deutschen Bundespost deutlich, bei ihren Maßnahmen auch den Zielsetzungen des Zonenrandförderungsgesetzes gerecht zu werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

— Jawohl. Ich freue mich, daß Sie jetzt einräumen, daß Sie vielleicht doch partiell einen anderen Eindruck erweckt haben und daß es Ihnen leid tut, Herr Kollege Büchler.

(Büchler [Hof] [SPD]: Der Eindruck ist vollkommen richtig! Die Befürchtungen sind berechtigt!)

Der Bericht belegt, daß sich die Deutsche Bundespost bei ihren betrieblichen, organisatorischen, planerischen, personellen und sonstigen Maßnahmen mit Nachdruck darum bemüht hat, neben den Vorgaben des Postverwaltungsgesetzes auch den Zielsetzungen des Zonenrandförderungsgesetzes voll gerecht zu werden. Diese Bewertung teile ich. Ich möchte positiv hervorheben, daß die Angaben über das Zonenrandgebiet durchgängig in Beziehung zum gesamten Bundesgebiet gesetzt und die neuen Kommunikationstechniken ausführlich dargestellt werden.
Diese positive Rückschau wird andererseits nicht den Blick auf die vor uns liegenden Probleme der Erschließung des Zonenrandgebietes bei der Einführung neuer Kommunikationstechniken und auf die Auswirkungen der geplanten Neustrukturierung der Deutschen Bundespost verstellen.
Die Beschlußempfehlung des innerdeutschen Ausschusses an die Bundesregierung, in geeigneter Weise darauf hinzuwirken, daß das Zonenrandgebiet bei der Einführung neuer Kommunikationstechniken eine den Zielsetzungen des Zonenrandförderungsgesetzes und des Raumordnungsgesetzes entsprechende Berücksichtigung erfährt

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist es!)

und Benachteiligungen gegenüber dem übrigen Bundesgebiet erst gar nicht entstehen, wird Leitlinie zukünftiger Zonenrandpolitik sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bundesregierung hat mit ihrem Kabinetts-beschluß vom 11. Mai ein Konzept zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost verabschiedet. In den politischen Zielvorgaben dazu wird ausdrücklich — unmißverständlich, Herr Kollege Büchler — dargestellt, daß die Nachfrage zu decken und die notwendige Infrastruktur zu sichern und der Entwicklung anzupassen ist. Dabei sind die Grundsätze der Politik der Bundesregierung zu beachten. Diese Zielsetzungen sind für die Unternehmen verbindlich. Sie können sich zur Pflicht konkretisieren, bestimmte Postinfrastruktureinrichtungen bereitzustellen.
Mit diesen Grundsätzen wird auch sichergestellt, daß dem im Zonenrandförderungsgesetz normierten Vorrang des Zonenrandgebietes Rechnung getragen wird.

(Becker [Nienberge] [SPD]: Wird das auch in Zukunft so sein? Das ist die Frage!)

— Das ist ja gerade der Inhalt meiner Sätze, lieber Herr Kollege Becker. Ich glaube, wir denken über diese Zielrichtung in gleicher Weise.

(Büchler [Hof] [SPD]: Es ist nicht so wie mit Schäuble!)

Denn die Zonenrandförderung ist eine der deutschlandpolitisch begründeten Leitlinien der Bundesregierung und ein wichtiges Element ihrer Raumordnungspolitik.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID1110409400
Meine Damen und Herren, ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Beschlußempfehlung des Ausschusses auf Drucksache 11/2294 stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. —



Vizepräsident Westphal
Macht auch die FDP mit? — Unsere Kollegen sind schon im Wochenende.

(Heiterkeit — Zuruf von der FDP)

— Aber das Wochenende beginnt erst, wenn ich es gesagt habe. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen der Fraktion DIE GRÜNEN ist die Beschlußempfehlung des Ausschusses angenommen worden. Wir sind damit am Schluß unserer Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 9. November 1988, 13 Uhr ein.
Ich wünsche Ihnen ein erfreuliches Wochenende. Die Sitzung ist geschlossen.