Protokoll:
10252

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 10

  • date_rangeSitzungsnummer: 252

  • date_rangeDatum: 3. Dezember 1986

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:35 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/252 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 252. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 Inhalt: Fragestunde — Drucksache 10/6593 vom 28. November 1986 — Überprüfung der Genehmigungen zur Einleitung in Gewässer; Information der Rheinanlieger bei Wasserverunreinigungen durch Unfälle MdlAnfr 72, 73 28.11.86 Drs 10/6593 Frau Weyel SPD Antw StSekr Dr. Wagner BMU 19605 C ZusFr Frau Weyel SPD 19605 D ZusFr Wolfram (Recklinghausen) SPD 19606 A ZusFr Ströbele GRÜNE 19607 A ZusFr Dr. Schwenk (Stade) SPD . . . 19607 B Anrufung der nächsten Instanz zu Fragen der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente bei Verwaltungsgerichtsverfahren durch Landesversicherungsanstalten oder durch die Bundesversicherungsanstalt seit 1982 MdlAnfr 7 28.11.86 Drs 10/6593 Peter (Kassel) SPD Antw PStSekr Höpfinger BMA 19607 C ZusFr Peter (Kassel) SPD 19607 D ZusFr Frau Steinhauer SPD 19608 A Verlegung der Bundesregierung in die USA im Verteidigungsfalle MdlAnfr 11, 12 28.11.86 Drs 10/6593 Ströbele GRÜNE Antw PStSekr Spranger BMI 19608 C ZusFr Ströbele GRÜNE 19608 C ZusFr Rusche GRÜNE 19609 A ZusFr Dr. Hirsch FDP 19609 B Erlaß von Vorschriften zur besseren Sicherung von Autoradios in Kraftfahrzeugen MdlAnfr 13 28.11.86 Drs 10/6593 Dr. Schwenk (Stade) SPD Antw PStSekr Spranger BMI 19609 D ZusFr Dr. Schwenk (Stade) SPD . . . 19610A Äußerung in der Haushaltsdebatte des Bundestages über die Lähmung der Eigeninitiative durch den Versorgungsstaat im öffentlichen Dienst MdlAnfr 14, 15 28.11.86 Drs 10/6593 Frau Steinhauer SPD Antw PStSekr Spranger BMI 19610 B ZusFr Frau Steinhauer SPD 19610 C ZusFr Niegel CDU/CSU 19610 D ZusFr Frau Weyel SPD 19611A ZusFr Peter (Kassel) SPD 19611 B Festlegung der EG-Beiträge nach dem Sozialprodukt der Mitgliedstaaten MdlAnfr 17 28.11.86 Drs 10/6593 Niegel CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Voss BMF 19611 D ZusFr Niegel CDU/CSU 19611 D ZusFr Eigen CDU/CSU 19612 B Haltung der Bundesregierung gegenüber den Plänen der US-Streitkräfte betreffend die Dienstleistungsvergabe an private Kontraktfirmen und den Abbau von Arbeitsplätzen deutscher Zivilbediensteter, insbesondere in Rheinland-Pfalz II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 MdlAnfr 20, 21 28.11.86 Drs 10/6593 Collet SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 19612 C ZusFr Collet SPD 19612 C ZusFr Stahl (Kempen) SPD 19612 D ZusFr Wolfram (Recklinghausen) SPD 19613 D ZusFr Menzel SPD 19614A Preisentwicklung auf dem Weltkohlemarkt und ihre Konsequenzen für den deutschen Steinkohlenbergbau; Sicherung der nationalen Energieversorgung MdlAnfr 24, 25 28.11.86 Drs 10/6593 Wolfram (Recklinghausen) SPD Antw PStSekr Dr. Sprung BMWi . . . . 19614 B ZusFr Wolfram (Recklinghausen) SPD 19614 C ZusFr Menzel SPD 19614 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 19614 D ZusFr Beckmann FDP 19615A ZusFr Schreiner SPD 19615C ZusFr Reuschenbach SPD 19615C ZusFr Müller (Wadern) CDU/CSU . . 19615 D ZusFr Roth SPD 19616A Verdrängung der Braunkohle aus der Stromerzeugung MdlAnfr 26 28.11.86 Drs 10/6593 Menzel SPD Antw PStSekr Dr. Sprung BMWi . . . 19618 A ZusFr Menzel SPD 19618C ZusFr Wolfram (Recklinghausen) SPD 19619 A ZusFr Roth SPD 19619A ZusFr Stahl (Kempen) SPD 19619A ZusFr Schreiner SPD 19619 B ZusFr Müller (Wadern) CDU/CSU . . 19619 C Auswirkungen eines Subventionsabbaus bei Kohle- und Koksexporten in die EG-Mitgliedstaaten ab 1991 MdlAnfr 27 28.11.86 Drs 10/6593 Menzel SPD Antw PStSekr Dr. Sprung BMWi . . . 19619 D ZusFr Menzel SPD 19620A ZusFr Wolfram (Recklinghausen) SPD 19620 B ZusFr Reuschenbach SPD 19620 C ZusFr Stahl (Kempen) SPD 19620 D ZusFr Schreiner SPD 19621A ZusFr Dr. Jens SPD 19621 B ZusFr Roth SPD 19621 C Situation des Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes nach der jüngsten Festsetzung des Kohlepfennigs MdlAnfr 28, 29 28.11.86 Drs 10/6593 Stahl (Kempen) SPD Antw PStSekr Dr. Sprung BMWi . . . 19621 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 19621 D ZusFr Wolfram (Recklinghausen) SPD 19622 B ZusFr Menzel SPD 19622 C ZusFr Beckmann FDP 19622 D ZusFr Reuschenbach SPD 19623A Nächste Sitzung 19624 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 19625*A Anlage 2 Verbesserung der Regelung für die Übernahme von Pflegschaften MdlAnfr 3, 4 28.11.86 Drs 10/6593 Braun CDU/CSU SchrAntw PStSekr Erhard BMJ . . . 19625* C Anlage 3 Ergebnis des Besuches von Staatssekretär Lengl im März 1986 in Damaskus bezüglich der Bekämpfung des internationalen Terrorismus MdlAnfr 8 28.11.86 Drs 10/6593 Voigt (Frankfurt) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Köhler BMZ . . 19626* A Anlage 4 Verkauf des Bundesanteils an der Treuarbeit AG im Rahmen der Privatisierung von Bundesvermögen MdlAnfr 16 28.11.86 Drs 10/6593 Pfuhl SPD SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . 19626* A Anlage 5 Höhe des Bruttoeinkommens aus unselbständiger Arbeit in der Oberpfalz im Vergleich zum Bundesdurchschnitt; Auswirkungen der Einkommens- und Lohnsteueränderung MdlAnfr 18 28.11.86 Drs 10/6593 Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . 19626* B Anlage 6 Pläne der US-Streitkräfte über eine Zusammenlegung der Schießstände im Viernheimer/Lampertheimer Wald Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 III MdlAnfr 19 28.11.86 Drs 10/6593 Dr. Kübler SPD SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . 19626* C Anlage 7 Auffassung des Prozeßbevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland vor dem Landgericht München über eine Informationspflicht der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Reaktorunfall in Tschernobyl MdlAnfr 71 28.11.86 Drs 10/6593 Stiegler SPD SchrAntw StSekr Dr. Wagner BMU . . 19627* A Anlage 8 Konsequenzen aus der krebserregenden Wirkung der Abgase von Dieselmotoren MdlAnfr 74 28.11.86 Drs 10/6593 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAntw StSekr Dr. Wagner BMU . . 19627* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 19605 252. Sitzung Bonn, den 3. Dezember 1986 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 5. 12. Amling 5. 12. Antretter * 5. 12. Austermann 3. 12. Bachmeier 3. 12. Berger * 5. 12. Böhm (Melsungen) * 5. 12. Frau Borgmann 4. 12. Brandt 3. 12. Büchner (Speyer) * 5. 12. Dr. Bugl 3. 12. Dr. Enders * 5. 12. Frau Fischer * 5. 12. Frau Fuchs (Köln) 3. 12. Gansel * 5. 12. Frau Geiger 3. 12. Dr. Geißler 3. 12. Gerstl (Passau) * 5. 12. Grunenberg 5. 12. Haase (Fürth) * 5. 12. Dr. Haussmann 5. 12. Frhr. Heereman von Zuydtwyck 5. 12. Dr. Hupka 3. 12. Ibrügger 5. 12. Jäger (Wangen) 5. 12. Jansen 5. 12. Kastning 3. 12. Kirschner 3. 12. Kittelmann * 5. 12. Dr. Klejdzinski * 5. 12. Lamers 4. 12. Lemmrich * 5. 12. Lenzer * 5. 12. Linsmeier 3. 12. Dr. Mikat 3. 12. Dr. Müller * 5. 12. Nagel 5. 12. Frau Pack * 5. 12. Paintner 4. 12. Paterna 3. 12. Reddemann * 5. 12. Reimann 3. 12. Rode (Wietzen) 4. 12. Rühe 3. 12. Dr. Rumpf * 5. 12. Dr. Scheer * 5. 12. Schlaga 5. 12. Schmidt (Hamburg) 5. 12. Schmidt (München) * 5. 12. Schulte (Unna) * 5. 12. Dr. Soell * 5. 12. Dr. Solms 3. 12. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 5. 12. Stommel 3. 12. Tischer 3. 12. Vosen 3. 12. Wimmer 5. 12. Witek 3. 12. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Wulff * 5. 12. Zierer * 5. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort des Parl. Staatsekretärs Erhard auf die Fragen des Abgeordneten Braun (CDU/CSU) (Drucksache 10/6593 Fragen 3 und 4): Hält die Bundesregierung die gegenwärtige Regelung und Praxis bezüglich Anordnung und Übernahme von Pflegschaften, insbesondere für ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger, für befriedigend, und welche Änderungen sind gegebenenfalls beabsichtigt? Trifft es zu - wie in einer ,,Plusminus"-Sendung dargestellt - daß insbesondere Anwälte bis zu 1 000 Pflegschaften haben, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um eine Verbesserung im Interesse der Betroffenen herbeizuführen? Zu Frage 3: Das Recht der Entmündigung und der Vormundschaft und Pflegschaft über Volljährige bedarf dringend einer Neuregelung. Dies gilt auch für die von Ihnen angesprochene Regelung und Praxis der Anordnung und Übernahme von Pflegschaften für ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger, Ihre grundlegenden Vorstellungen über die beabsichtigte Neuregelung hat die Bundesregierung in der Anwort auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD zur rechtlichen Situation der geistig Behinderten und psychisch Kranken in der Bundestags-Drucksache 10/5970 dargelegt. Beabsichtigt ist insbesondere: - Das Nebeneinander von Vormundschaft und Pflegschaft über Volljährige soll durch ein einheitliches, aber flexibles Rechtsinstitut der Betreuung abgelöst werden. - Die mit dem automatischen Wegfall der Geschäftsfähigkeit verbundene „Totalentmündigung", wie sie das geltende Recht bei „Geisteskrankheit" vorsieht, soll entfallen. - Das Nebeneinander von ZPO- und FGG-Verfahren soll durch ein einheitliches Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ersetzt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten darf ich auf die bereits erwähnte Drucksache Bezug nehmen. Zu Frage 4: Über Mehrfachbestellungen von Anwälten liegt kein repräsentatives Zahlenmaterial vor. Der Bundesregierung ist jedoch bekannt, daß es Fälle gibt, in denen ein einzelner Anwalt mit der Führung von bis etwa 300 Vormundschaften und Pflegschaften betraut ist. Fälle, in denen ein Anwalt bis zu 1 000 Vormundschaften und Pflegschaften führt, sind der Bundesregierung hingegen nicht bekannt geworden. Es liegt auf der Hand, daß eine übermäßige Konzentration von Vormundschaften und Pflegschaften 19626* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 bei einem einzelnen Vormund und Pfleger nicht wünschenswert ist. Abhilfe wird hier in erster Linie dadurch geschaffen werden können, daß zusätzliche qualifizierte Personen für die Betreuung von Betroffenen gewonnen werden. Die Frage, wie dies ermöglicht werden kann, bedarf noch intensiver Erörterung mit den Ländern und den betroffenen Verbänden. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Köhler auf die Frage des Abgeordneten Voigt (Frankfurt) (SPD) (Drucksache 10/6593 Frage 8): Welche Zusagen sind beim Besuch von Staatssekretär Lengl vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, als er in Begleitung des bayerischen Ministerpräsidenten Strauß im März dieses Jahres in Damaskus war, gemacht worden? Beim Besuch von Staatssekretär Lengl im März dieses Jahres in Syrien wurden keine Zusagen gemacht. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Frage des Abgeordneten Pfuhl (SPD) (Drucksache 10/6593 Frage 16): Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen der Privatisierung von Bundesvermögen den Verkauf des Aktienanteils von 45 v. H. des Bundes an der Treuarbeit AG in Erwägung zu ziehen? Die Bundesregierung hat im Rahmen ihrer Bestrebungen, Beteiligungen des Staates an Unternehmen soweit wie möglich zu verringern, auch die Frage einer Privatisierung der Treuarbeit-Aktien des Bundes eingehend geprüft. Sie ist zu dem Ergebnis gelangt, daß nach wie vor ein wichtiges Bundesinteresse an einer Beteiligung an der Treuarbeit AG besteht. Aus den gleichen Gründen kommt auch eine Verminderung des Bundesanteils nicht in Betracht. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Frage des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 10/6593 Frage 18): Wie hoch sind die Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit in der Oberpfalz im Vergleich zum Bundesdurchschnitt, und wie wirkt sich die bereits beschlossene Einkommens- und Lohnsteueränderung in der Oberpfalz verglichen mit dem Bundesdurchschnitt aus? Die Steuerentlastung nach dem Steuerentlastungsgesetz 1986/88 richtet sich nach dem Lohn- und Einkommensteuertarif, der einheitlich für alle Regionen gilt. Amtliche Statistiken über das durchschnittliche Arbeitnehmereinkommen in der Oberpfalz liegen nicht vor. Das Einkommensniveau dürfte aber wegen der Strukturschwäche dieser Region unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Das Steuersenkungsgesetz 1986/88 ist ein erster wichtiger Schritt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und Beschäftigung. Ein stetiges Wirtschaftswachstum ist Voraussetzung auch für die Verbesserung der wirtschaftlicher_ Lage in den strukturschwachen Gebieten. Darüber hinaus setzt die Bundesregierung auch gezielt regionalpolitische Instrumente — wie z. B. die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur oder arbeitsmarktpolitische Maßnahmen — zugunsten strukturschwacher Gebiete ein. Die für die nächste Legislaturperiode von der Bundesregierung geplante weiterführende Steuerreform wird die Wachstums- und Einkommensgrundlagen auch in den strukturschwachen Gebieten weiter verbessern. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Frage des Abgeordneten Dr. Kübler (SPD) (Drucksache 10/6593 Frage 19): Ist die Bundesregierung bereit, sich klar gegen die überraschend mitten in den Verhandlungen um den Abschluß der Gestattungsverträge bekanntgewordenen Pläne der USStreitkräfte zur Zusammenlegung der Schießstände im Viernheimer/Lampertheimer Wald auszusprechen, die, entgegen den in der Anlage zu den Gestattungsverträgen vorgesehenen Flächen, ein Gebiet von 69 Hektar einzuzäunen und ein Gebiet von 16,9 Hektar zu roden, vorsehen? Die Pläne, die Anlaß zu Ihrer Frage sind, werden nach meinen Informationen in dem bekanntgewordenen Umfang nicht mehr verfolgt, sondern von den amerikanischen Streitkräften mit dem Ziel überarbeitet, den Flächenbedarf zu verringern. Nach Überarbeitung werden die deutschen Behörden Gelegenheit haben, sich dazu zu äußern. Im übrigen ist es das Ziel der geplanten und mit dem Land Hessen im Grundsatz abgestimmten Baumaßnahmen, verschiedene Übungsanlagen im Interesse der erholungssuchenden Bevölkerung in einem bestimmten Teil des Platzes zu konzentrieren. Der hierfür erforderliche Holzeinschlag war bisher grob auf 6 bis 7 ha geschätzt worden. Genauere Untersuchungen gehen jetzt von etwa 13 ha aus, also weniger als die von Ihnen genannten und inzwischen wohl überholten 16,9 ha. Im Vergleich zu den ursprünglichen Forderungen über 290 ha ist dies immer noch eine erhebliche Beschränkung. Die amerikanischen Streitkräfte haben sich bereit erklärt, als Ersatz eine Fläche von rund 19 ha zur Aufforstung zur Verfügung zu stellen. Die Einzäunung eines Teils des Übungsplatzes dient sowohl der Sicherheit der Anlagen als auch dem Schutz erholungssuchender Bürger. Der Umfang der einzuzäunenden Flächen war bisher nur Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 19627* zeichnerisch in Plänen, also ohne zahlenmäßige Flächenangabe, zwischen den betroffenen Stellen abgestimmt und dargestellt. Die eingezäunte Fläche wird nach bisherigen Erkenntnissen etwa 53 ha, also weniger als die von Ihnen genannten 69 ha betragen. Im übrigen wird der zur Mitbenutzung für die Bevölkerung vorgesehene Geländeanteil dadurch nicht verringert. Anlage 7 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wagner auf die Frage des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 10/6593 Frage 71): Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Prozeßbevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland vor der 9. Zivilkammer beim Landgericht München I, sie habe angesichts der Katastrophe von Tschernobyl keine Pflicht gehabt, über die radioaktive Belastung zu informieren, und wer hat dem Prozeßbevollmächtigten die Instruktion zu einer solchen Einlassung erteilt? Die Frage geht von einem unrichtigen Sachverhalt aus. In dem beim Landgericht München I anhängigen Schadensersatzprozeß ist eine Erklärung in dieser allgemeinen Form nicht abgegeben worden. Allerdings tritt die Bundesregierung dem Vorwurf entgegen, daß sich Beamte oder Regierungsmitglieder durch mangelhafte Information über die Auswirkungen des Reaktorunfalls der Verletzung einer Amtspflicht der Klägerin gegenüber schuldig gemacht haben. Die Bundesregierung ist sich ihrer Aufgabe, die Allgemeinheit, d. h. die Bevölkerung unseres Landes über den Reaktorunfall in Tschernobyl und seine Folgen umfassend zu informieren, stets bewußt gewesen. Sie hat auch entsprechend gehandelt und sofort alle notwendigen Maßnahmen eingeleitet, um die Öffentlichkeit über erhöhte Radioaktivitätswerte in der Bundesrepublik aufklären zu können. Die von der Bundesregierung beauftragte Strahlenschutzkommission hat aufgrund der Meldungen der Meßstellen und weiterer Informationen die Strahlenrisiken beurteilt und Verhaltensempfehlungen für die Bevölkerung erarbeitet. Darüber wurden die Bundesländer und die Öffentlichkeit stets ohne Verzug unterrichtet. Ich verweise hierzu auch auf den Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Reaktorunfall in Tschernobyl und seine Konsequenzen für die Bundesrepublik Deutschland vom 12. November 1986 (BT-Drucksache 10/6442) und den darin zitierten Bericht an den Umweltausschuß des Deutschen Bundestages vom 18. Juni 1986. In dem genannten Verfahren hat der Prozeßbevollmächtigte der Bundesregierung dies in voller Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ausführlich vorgetragen. Anlage 8 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wagner auf Frage des Abgeordneten Immer (Altenkirchen) (SPD) (Drucksache 10/6593 Frage 74): Wie beurteilt die Bundesregierung die Feststellungen zahlreicher amtlicher Untersuchungsbehörden und Universitätsinstitute, daß der Ausstoß von Verbrennungsrückständen bei der Verwendung von Dieselkraftstoffen eine krebsfördernde Wirkung hat, und welche Konseqenzen wird sie gegebenenfalls daraus für stationäre und mobile Motoren ziehen? Zur Zeit lassen sich die Wirkungen von Dieselabgasen auf den Menschen nicht präzise beurteilen. Im Langzeit-Tierversuch zeigten sich Spezies- und dosisabhängig Tumorbildungen im Atemtrakt. Bei Ratte und Maus kam es zur Ausbildung von gut-und bösartigen Tumoren im Lungenbereich, beim Hamster waren keine Tumore zu beobachten. Die bisher vorliegenden epidemiologischen Studien sind nach ihrer Anlage nicht geeignet, über kanzerogene Wirkung beim Menschen Aufschluß zu geben. Es kann gleichwohl ein krebserzeugendes Potential von Dieselabgasen auch für den Menschen nicht ausgeschlossen werden. Im Rahmen des von der Bundesregierung in der Umweltpolitik angewandten Vorsorgeprinzips sind die Partikelemissionen von Dieselfahrzeugen so niedrig wie möglich zu halten. Die EG-Kommission hat einen Vorschlag zur Begrenzung der Partikelemissionen vorgelegt. Dieser Vorschlag wurde im Umweltministerrat am 24./25. November 1986 beraten. Hierbei stellte sich heraus, daß die Positionen der Mitgliedstaaten noch weit auseinander liegen, so daß eine Einigung noch nicht erzielt werden konnte. Die umweltpolitisch notwendige und technisch machbare Verschärfung des Kommissionsvorschlags war nicht erreichbar. An der Situation der Bundesrepublik Deutschland ändert dies nichts, da die derzeit bei uns neu in den Verkehr kommenden Dieselfahrzeuge bereits nahe bei den USGrenzwerten liegen. Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, daß auf der nächsten Sitzung des Umweltministerrates eine dem Stande der Technik entsprechende Regelung verabschiedet wird. Für genehmigungsbedürftige stationäre Verbrennungsmotoranlagen mit Selbstzündungsmotor für flüssige und gasförmige Brandstoffe hat die Bundesregierung in der neuen TA Luft bereits eine Emissionsbegrenzung für partikelförmige Emissionen festgelegt mit der ausdrücklichen Aufforderung an die Behörden der Länder, bei diesen Anlagen den Einsatz von Rußfiltern anzustreben. Darüber hinaus hat die Bundesregierung bereits 1983 in der TA Luft für die Emissionen von Benzo(a)pyren — einer Leitsubstanz für krebserzeugende PAH (polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) — ein Minimierungsgebot festgelegt; keinesfalls darf ein Emissionswert von 0,1 mg/m3 Abgas überschritten werden.
Gesamtes Protokol
Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025200000
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
— Drucksache 10/6593 —
Wir kommen zunächst zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Die Fragen 3 und 4 des Abgeordneten Braun werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen. Die Frage 5 des Abgeordneten Voigt (Frankfurt) und die Frage 6 des Abgeordneten Dr. Abelein werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Zur Beantwortung der Frage steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Höpfinger zur Verfügung. Es handelt sich um die Frage 7 des Abgeordneten Peter (Kassel). Der Abgeordnete scheint nicht im Saal zu sein. — Herr Staatssekretär, wir bedanken uns für Ihren guten Willen.
Die Frage 8 des Abgeordneten Voigt (Frankfurt) aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen damit zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Staatssekretär Dr. Wagner zur Verfügung. Die Frage 71 des Abgeordneten Stiegler wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 72 der Abgeordneten Frau Weyel auf:
Hält die Bundesregierung es für erforderlich, die bisher im Rahmen der bestehenden Gesetze erteilten Einleitungsgenehmigungen in Gewässer grundlegend zu überprüfen und zu korrigieren?
Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Marita Wagner (GRÜNE):
Rede ID: ID1025200100
Die Einleitungsgenehmigungen bzw. die Erlaubnisse zum Einleiten von Stoffen in Gewässer werden von den zuständigen Wasserbehörden der Länder erteilt. Die Wasserbehörden der Länder halten sich hierbei im Rahmen der bestehenden Gesetze. Die Bundesregierung geht davon aus, daß notwendige Überprüfungen durch die Länder vorgenommen werden.
Im Zusammenhang mit der 5. Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz werden insbesondere im Hinblick auf die Einführung des Standes der Technik bei Abwasser mit gefährlichen Stoffen in den nächsten zwei bis drei Jahren zahlreiche bestehende Abwasserverwaltungsvorschriften verschärft bzw. weitere Abwasserverwaltungsvorschriften neu erarbeitet. Aufgabe der Länder ist es dann sicherzustellen, daß die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden bzw. Einleitungsgenehmigungen entsprechend geändert werden.
Die Bundesregierung geht im übrigen davon aus, daß die anstehende Novellierung des Abwasserabgabengesetzes die Einleiter veranlassen wird, bereits im Vorgriff auf zu erwartende Verschärfungen im Ordnungsrecht ihre Gewässerschutzmaßnahmen zu verbessern.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025200200
Zusatzfrage, bitte sehr, Frau Abgeordnete.

Gudrun Weyel (SPD):
Rede ID: ID1025200300
Herr Staatssekretär, hat sich die Bundesregierung schon irgendwelche Begründungen vorgestellt für die jetzt fast täglich eintreffenden Meldungen über neue Schadstoffeinleitungen, und teilt sie die Vermutung einiger Leute aus dem Bereich der Chemie, daß hier bewußt Sabotage betrieben wird, oder teilt sie die Vermutung anderer Leute aus dem Bereich der Chemie, daß hier durch verstärkte Messungen an sich genehmigte Einleitungen nun als Schadstoffausstoß festgestellt werden?
19606 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986
Dr. Wagner, Staatssekretär: Die Bundesregierung nimmt die sich häufenden Vorfälle der letzten Wochen sehr ernst. Dieses kommt u. a. darin zum Ausdruck, daß sich das Bundeskabinett heute vormittag nochmals sehr ausführlich mit den Störfällen, den Vorkommnissen, den Betriebsstörungen beschäftigt hat. Die Bundesregierung stützt sich bei ihren Entscheidungen allerdings nicht auf Vermutungen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025200400
Eine weitere Zusatzfrage. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Gudrun Weyel (SPD):
Rede ID: ID1025200500
Damit Sie von diesen Vermutungen loskommen: Hat die Bundesregierung — gegebenenfalls über die Länder — Maßnahmen veranlaßt, um in diesen Fällen die Einleiter unmittelbar und schneller feststellen zu können?
Dr. Wagner, Staatssekretär: Die Bundesregierung hat sich, wie bereits vorhin von mir erwähnt, heute vormittag in der Kabinettssitzung mit dem gesamten Bündel von Maßnahmen befaßt, die zu ergreifen sind. Herr Bundesumweltminister Dr. Wallmann wird morgen hierzu eine Regierungserklärung vor dem Bundestag abgeben.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025200600
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen). Bitte sehr, Herr Abgeordneter.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025200700
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung eine Vorstellung, wie groß die Grauzone ist, und hat sie eine Vorstellung, in wie vielen Fällen möglicherweise ohne jedwede Genehmigung eingeleitet wird?
Dr. Wagner, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, Sie werden Verständnis dafür haben, daß ich Ihnen jetzt hier keine Zahlen nennen kann. Ich darf auf den Text meiner Antwort auf die Frage hinweisen: Dies alles ist eine Frage, die in die Zuständigkeit der Länder, der Vollzugsbehörden, fällt.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025200800
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich Frage 73 der Abgeordneten Frau Weyel auf:
Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Information der Rheinanlieger, insbesondere über Gefährdungen des Grundwassers und der Trinkwasserversorgung bei Unfällen, zu verbessern und zeitgerechter zu gestalten im Hinblick auf erforderliche Schutzmaßnahmen?
Dr. Wagner, Staatssekretär: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die länderübergreifende Information bei Unfällen ist durch den in der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins gegen Verunreinigung beschlossenen Internationalen Warn- und Alarmplan Rhein geregelt. Es handelt sich dabei um die Zusammenarbeit von acht internationalen Hauptwarnzentralen.
Im Rahmen dieses Alarmplans werden u. a. Informationen über Art, Ort und Zeit des Unfalls sowie über das Ausmaß der Verschmutzung und die Auswirkungen auf die Gewässergüte verlangt und im Regelfall von der für den Unfall zuständigen Haupt-warnzentrale an die übrigen Betroffenen weitergegeben. Dazu gehören auch Informationen über die ökotoxikologischen Eigenschaften der betroffenen Chemikalien. Die Bundesregierung unterstützt die Beschaffung dieser Informationen durch Stoffdaten, die bei Bundesbehörden — z. B. Umweltbundesamt, Bundesgesundheitsamt und Biologische Bundesanstalt — vorliegen. Dieses Informationssystem wird weiter verbessert.
Die ständig besetzten Hauptwarnzentralen prüfen eingehende Meldungen und geben diese unverzüglich an die Stellen weiter, die vom Schadensfall voraussichtlich betroffen sein werden. Dabei sind auch mögliche Gefährdungen des Grundwassers und der Trinkwasserversorgung eingeschlossen.
Dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit werden die Meldungen von den Hauptwarnzentralen Basel und Düsseldorf unmittelbar übermittelt.
Die Konferenz der zuständigen Minister der Rheinanliegerstaaten und der EG hat am 12. November 1986 in Zürich aus Anlaß des Schadensfalles bei der Firma Sandoz/Basel beschlossen, den Internationalen Warn- und Alarmplan Rhein auf Verbesserungsmöglichkeiten zu überprüfen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025200900
Nunmehr haben Sie die Möglichkeit, eine Zusatzfrage zu stellen.

Gudrun Weyel (SPD):
Rede ID: ID1025201000
Herr Staatssekretär, ich hatte j a nach konkreten Vorschlägen der Bundesregierung gefragt. Liegen der Bundesregierung eigentlich Erfahrungsberichte der betroffenen Rheinanliegergemeinden vor, die deutlich machen, welch ein Durcheinander es im November auf Grund von Meldungen verschiedener Stellen, z. B. von der von Ihnen erwähnten Stelle für die Wasserversorger, vermischt mit Meldungen der Bezirksregierungen und der Landesregierung, gegeben hat, und haben Sie Anhaltspunkte dafür, in welchem Ausmaß Verunsicherungen eingetreten sind?
Dr. Wagner, Staatssekretär: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete, es ist ja in der Öffentlichkeit bekanntgeworden, daß es im Zusammenhang mit dem Sandoz-Unfall eine Alarmierungspanne in der Schweiz gegeben hat.
Erstens. Wenn hier nicht sofort ein tüchtiger Beamter des Bundesumweltministeriums reagiert hätte, dann wäre der Alarm nicht ausreichend früh ausgelöst worden.
Zweitens. Ich hatte bereits dargestellt, daß es im Rahmen der Alarmierungspläne klare Zuständigkeiten, genau festgelegte Anlaufpunkte für Informationen auch für die Rheinanliegerstaaten gibt, die dann ihrerseits die entsprechenden Informationen an die zuständigen Behörden weiterzuleiten haben.
Ich darf auch hier ausdrücklich darauf hinweisen, daß Fragen der Trinkwasserversorgung in ausschließlicher Zuständigkeit der Länder und der Gemeinden liegen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025201100
Eine weitere Zusatzfrage. Bitte sehr, Frau Abgeordnete.
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 19607

Gudrun Weyel (SPD):
Rede ID: ID1025201200
Ist es richtig, daß diese Pannen offensichtlich jeweils innerhalb der Länderbehörden stattgefunden haben, und ist es angesichts der Vielzahl von Bundesländern und Staaten, die am Rhein liegen, nicht notwendig, das von Bundesseite her ein wenig aneinander anzupassen?
Dr. Wagner, Staatssekretär: Im Rahmen der Zuständigkeiten der nationalen und auch der internationalen Rheinschutz-Kommission werden die Alarmierungspläne im Hinblick auf ihre Tauglichkeit erneut überprüft. Das ist die ausdrückliche Beschlußlage.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025201300
Zusatzfrage des Abgeordneten Ströbele, bitte sehr.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1025201400
Hält die Bundesregierung die gesetzlichen und anderen Vorschriften, die für den Fall der Brunnenvergiftung erlassen worden sind, für den Fall der vorsätzlichen Einleitung von Gift in den Rhein, für anwendbar?
Dr. Wagner, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ohne daß ich mir Ihre Terminologie zu eigen mache, möchte ich darauf hinweisen, daß, wie bereits vorhin angekündigt, Herr Bundesminister Dr. Wallmann auch zu diesem Themenkomplex morgen eine ausführliche Regierungserklärung abgeben wird.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025201500
Zusatzfrage des Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen).

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025201600
Herr Staatssekretär, ist in Ihrem Hause nach der berechtigten Kritik an den Verzögerungen bei den letzten Vorfällen Vorsorge getroffen worden, daß für den Fall eines neuen Störfalls, der hoffentlich nicht eintritt, sofort und unverzüglich ein Szenarium an Handlungsvorgängen ablaufen kann?
Dr. Wagner, Staatssekretär: Es ist Vorsorge dafür getroffen worden, Herr Abgeordneter, daß insbesondere die Möglichkeiten der Bundesregierung und der einzelnen Bundesanstalten sofort umgehend genutzt werden können. Es besteht insbesondere bei uns die Vorstellung, daß auch die vorhin genannten drei Anstalten, nämlich Umweltbundesamt, Bundesgesundheitsamt und Biologische Bundesanstalt, an die Warnzentralen angeschlossen werden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025201700
Zusatzfrage des Abgeordneten Schwenk.

Dr. Wolfgang Schwenk (SPD):
Rede ID: ID1025201800
Herr Staatssekretär, nun sind ja wegen der Vorkommnisse in den Gemeinden und darüber hinaus die Feuerwehren, das Technische Hilfswerk und andere Tag und Nacht im Einsatz gewesen. Das hat ja die Leute nicht nur viel Arbeitszeit und -kraft gekostet, sondern es sind auch Materialkosten entstanden. Wer ersetzt das denn nun den Gemeinden und Gemeindeverbänden?
Dr. Wagner, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, dies geschieht nach den landesgesetzlichen Vorschriften, die von Land zu Land unterschiedlich sind.

(Abg. Dr. Schwenk [Stade] [SPD] meldet sich zu einer weiteren Zusatzfrage)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025201900
Herr Abgeordneter, es steht Ihnen nur eine Zusatzfrage zu. Im übrigen ist der direkte Zusammenhang zu der ursprünglichen Frage nur bei großzügiger Auslegung herstellbar.
Weitere Zusatzfragen liegen mir nicht vor. Ich kann also den Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit abschließen. Herr Staatssekretär, ich bedanke mich.
Meine Damen und Herren, ich habe mich mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Höpfinger aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung verständigt, daß die Frage 7 des Abgeordneten Peter nun doch beantwortet wird, weil der Abgeordnete inzwischen im Saal ist. Ich rufe daher die Frage 7 des Abgeordneten Peter (Kassel) auf:
Bei wie vielen Verwaltungsgerichtsverfahren sind zu Fragen der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente die einzelnen Landesversicherungsanstalten (nach Ländern aufgeschlüsselt) bzw. die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte seit 1982 in die nächste Instanz gegangen?
Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Stefan Höpfinger (CSU):
Rede ID: ID1025202000
Herr Kollege Peter, die nach Versicherungszweigen gegliederte Statistik der Sozialgerichtsbarkeit differenziert weder nach dem Gegenstand der Verfahren noch nach einzelnen Landesversicherungsanstalten. Es liegen der Bundesregierung daher auch keine Informationen darüber vor, bei wie vielen Sozialgerichtsverfahren zur Frage der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten Rentenversicherungsträger in die nächste Instanz gegangen sind.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025202100
Zusatzfrage, bitte sehr.

Horst Peter (SPD):
Rede ID: ID1025202200
Herr Staatssekretär, gesetzt den Fall, daß der begründete Verdacht bestehen könnte, daß sich die Sozialversicherungsanstalten in einzelnen Ländern beim Anrufen der nächsten Instanz bei den Sozialgerichten völlig unterschiedlich verhalten: Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, diesen Sachverhalt aufzuhellen?
Höpfinger, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Peter, ich nehme an, daß Sie auf die steigende Zahl der Sozialgerichtsfälle Bezug nehmen. Die Zahlen sind Ihnen bekannt. Aber dennoch darf ich sagen, daß sich ein Zusammenhang der Verfahren mit dem Gegenstand der Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsrenten nicht genau darstellen läßt. Aber das Ansteigen der Zahl von Sozialgerichtsfällen und von Berufungsverfahren allein kann nicht Grundlage einer Aussage darüber sein, ob nun Versicherungsträger bzw. Versicherte in die nächst höhere Instanz gehen; denn das Gesetz ist seit 1. Januar 1984 in Kraft, und die absoluten Zahlen sehen folgendermaßen aus: bei Berufsunfähigkeit 1984 202 827, 1985 171 321, d. h. also eine Ab-
19608 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986
P
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1025202300
nämlich 1984 2 255 607 Rentenleistungen und 1985 2 314 986, also eine Zunahme um 59 379. Der Gegenstand Berufsunfähigkeitsrente oder Erwerbsunfähigkeitsrente hat also unseres Erachtens nicht dazu beigetragen, die Zahl der Berufungsfälle bei Sozialgerichtsverfahren zu steigern.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025202400
Weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Peter.

Horst Peter (SPD):
Rede ID: ID1025202500
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, durch eine Umfrage bei den einzelnen Landessozialgerichten in diesem Zusammenhang über die vorliegenden Statistiken hinaus festzustellen, in wieviel Prozent der Fälle die Landesversicherungsanstalten in die nächste Instanz gegangen sind?
Höpfinger, Parl. Staatssekretär: Kollege Peter, diese Umfrage kann gemacht werden. Auf Grund der Umfrage können Ihnen dann auch die konkreten Zahlen mitgeteilt werden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025202600
Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Steinhauer, bitte sehr.

Waltraud Steinhauer (SPD):
Rede ID: ID1025202700
Herr Staatssekretär, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie vorhin gesagt, bei den einzelnen Sozial- und Landessozialgerichten würden keine Statistiken über die Streitgegenstände geführt. Nach meiner Erinnerung werden bei den Arbeitsgerichten viel umfangreichere Statistiken über die Streitgegenstände, je nach dem, ob es sich um Lohnklagen, Leistungsklagen anderer Art, Kündigungsschutzklagen etc. handelt, geführt und diese auch weitergegeben. Würden Sie bereit sein, mal nachzufragen, warum, wenn das zutrifft, was Sie eben gesagt haben, dies nicht auch bei den Sozialgerichten gemacht wird, um eine bessere Übersicht zu haben, um was denn dort gestritten wird?
Höpfinger, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Steinhauer, dieser Frage kann nachgegangen werden. Sie werden daraufhin auch Antwort bekommen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025202800
Herr Staatssekretär, ich bedanke mich bei Ihnen, daß Sie bereit waren, auch jetzt noch die Fragen zu beantworten. Ich kann damit die Behandlung der Fragen aus diesem Geschäftsbereich abschließen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Spranger zur Verfügung.
Ich rufe zunächst die Frage 9 des Abgeordneten von Schmude auf. — Wenn ich das richtig sehe, ist der Herr Abgeordnete nicht im Saal. Es wird entsprechend der Geschäftsordnung verfahren. Die Frage 10 des Herrn Abgeordneten von Schmude kann ich aus diesem Grunde nicht aufrufen.
Ich rufe dann die Frage 11 des Abgeordneten Ströbele auf:
Gibt es Pläne oder Überlegungen der Bundesregierung oder sind der Bundesregierung solche Überlegungen anderer deutscher oder NATO-Stellen bekannt, wonach die Bundesregierung oder Teile der Bundesregierung im Verteidigungsfall aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgeflogen werden sollen, etwa in die USA oder dort nach Orlando?

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1025202900
Nein. Derartige Pläne oder Überlegungen bestehen nicht.
Im übrigen sieht die Bundesregierung keine akute Gefahr für eine bewaffnete Auseinandersetzung in Mitteleuropa. Unsere Außen- und Sicherheitspolitik ist ein Garant dafür, daß der Frieden auch zukünftig erhalten bleiben wird. Sollte uns jedoch trotzdem ein anderer Staat angreifen, so würde die Bundesregierung da bleiben, wo eine vom Vertrauen des Volkes getragene Regierung hingehört. Sie würde im Land bleiben.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025203000
Bitte sehr, Herr Abgeordneter.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1025203100
Herr Parlamentarischer Staatssekretär sind der Bundesregierung Einschätzungen von Spezialisten bekannt, wonach der sogenannte Regierungsbunker an der Ahr nicht ausreichende Sicherheit bietet, weil sein Standort bekannt ist, weil der Standort frei zugänglich ist, weil die Planungen für diesen Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg stammen, weil die Planungen auf Erfahrungen aus den 60er Jahren beruhen

(Eigen [CDU/CSU]: Der hat Sorgen!)

und weil die Treffsicherheit und die Vernichtungskraft heutiger Waffen größer sind? Sind der Bundesregierung diese Einschätzungen bekannt, und wie steht die Bundesregierung dazu?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Ich weiß nicht, welche Spezialisten Sie jetzt meinen.

(Stahl [Kempen] [SPD]: Einen grünen!)

Aber daß man zu diesem Thema unterschiedlicher Meinung sein kann, ist sicherlich unbestritten. Die Bundesregierung teilt jedenfalls diese Wertungen, die Sie hier vorgetragen haben, nicht.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025203200
Herr Abgeordneter, noch eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1025203300
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß diese Bedenken sehr detailliert in der 16. Nummer des „Spiegel" 1984 dargelegt

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Den hat er heute erst gelesen!)

und auch die Spezialisten genannt worden sind, die diese Bedenken haben?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Ich habe hier nicht über irgendwelche Zeitungsartikel Auskunft zu geben, sondern Ihre Frage zu beantworten. Dies ist in angemessener Weise erfolgt.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025203400
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Rusche.
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 19609

Herbert Rusche (GRÜNE):
Rede ID: ID1025203500
Herr Staatssekretär, Sie sagten, die vom Volk getragene Regierung wird im Lande bleiben. Könnten Sie das konkretisieren? Wird sie in dem angegebenen Bunker bleiben, oder wird sie hier in Bonn zur Verfügung stehen?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Ich glaube, daß ich mir bei der Auskunft, die ich gegeben habe, eine Konkretisierung ersparen kann.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025203600
Nun kommen wir zur Beantwortung der Frage 12 des Abgeordneten Ströbele, wenn sie nicht schon beantwortet worden ist.
Wie beurteilt die Bundesregierung entsprechende Presseveröffentlichungen Ende September 1986 (z. B. Frankfurter Rundschau vom 26. September 1986)?
Bitte sehr.
Spranger, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, im Grunde trifft es zu, aber ich wiederhole: Entsprechende Presseveröffentlichungen beruhen auf Fehlinformationen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025203700
Herr Ströbele, Sie haben eine Zusatzfrage.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1025203800
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, sind der Bundesregierung Evakuierungspläne für die Bundesregierung bekannt, die entsprechend ähnlichen Plänen der US-Streitkräfte vorsehen, die Bundesregierung im Bunker an der Loire in Frankreich oder in Beja in Portugal unterzubringen?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Sie wiederholen im Grunde in anderer Verkleidung Ihre Eingangsfrage. Ich wiederhole meine Antwort, die da lautet: Nein, derartige Pläne oder Überlegungen bestehen nicht.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025203900
Herr Abgeordneter Ströbele, Sie haben noch eine Zusatzfrage. — Sie verzichten? Dann hat der Abgeordnete Dr. Hirsch eine Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID1025204000
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, wo sich der Minister Fischer im erweiterten Spannungsfall aufhalten wird?

(Rusche [GRÜNE]: Bei der Basis natürlich!)

Spranger, Parl. Staatssekretär: Herr Abgeordneter Dr. Hirsch, das ist der Bundesregierung nicht bekannt; aber wenn sie Ihre Frage, auch als Anregung, sich danach zu erkundigen, verstehen soll, wird sie dies gerne tun.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025204100
Eine weitere Zusatzfrage, bitte sehr.

Herbert Rusche (GRÜNE):
Rede ID: ID1025204200
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß sich die GRÜNEN zumindest im Bundestag — ich denke, daß es auch für grüne Minister und grüne Landtagsabgeordnete gilt — an diesen Katastrophenplänen und an diesen Notplänen, sich in irgendwelche Bunker zurückzuziehen, nicht beteiligt haben?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Die Position der GRÜNEN ist mir auch in dieser Frage zu unklar, als daß ich hier Ihre Unterstellung so oder so beantworten könnte.

(Rusche [GRÜNE]: Da müssen Sie sich informieren, Herr Staatssekretär!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025204300
Dem Abgeordneten Ströbele steht noch eine Zusatzfrage zu. Er ist Fragesteller und hat zwei Zusatzfragen.
Bitte sehr.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1025204400
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ist Ihnen ein Fall bekannt, daß ein Abgeordneter der GRÜNEN etwa an einer Übung in diesem Bunker, dem sogenannten Regierungsbunker an der Ahr, beteiligt gewesen ist und mitgefahren ist?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Das ist mir nicht bekannt, aber das ist ja durchaus nicht auszuschließen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025204500
Nun liegen keine Zusatzfragen mehr vor, und ich kann die Frage 13 des Abgeordneten Dr. Schwenk aufrufen.
Welche Zuständigkeiten hat die Bundesregierung zum Erlaß von Vorschriften, die Hersteller und Versicherer von Kraftfahrzeugen und Autoradios zu einer besseren Sicherung von Autoradios in Kraftfahrzeugen verpflichten, um der einschlägigen, immer stärker um sich greifenden Kriminalität zu begegnen, und gedenkt die Bundesregierung, von diesen Zuständigkeiten Gebrauch zu machen?
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie haben das Wort.
Spranger, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Schwenk, auf Grund der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Nr. 11 und Nr. 22 des Grundgesetzes könnten Vorschriften in Betracht kommen, die Hersteller und Versicherer zur Sicherung von Autoradios in Kraftfahrzeugen vor Diebstahl zu verpflichten. Wie bereits in der Antwort vom 30. Oktober 1986 auf die kleine Anfrage der Fraktion der SPD ausgeführt, setzt die Bundesregierung zunächst auf freiwillige Maßnahmen der Kraftfahrzeug- und Autoradioindustrie sowie der Versicherungswirtschaft. Entsprechende Gespräche werden bereits seit einiger Zeit von Vertretern der Polizei von Bund und Ländern mit der Industrie und der Versicherungswirtschaft geführt.
Die führenden Autoradiohersteller haben inzwischen ihre Bereitschaft erklärt, künftig Autoradios mit einer unveränderbaren Kennzeichnung zu versehen. Die Bundesregierung gibt ihrer Hoffnung Ausdruck, daß sich weitere Hersteller anschließen. Die Bundesregierung geht davon aus, daß sich mit Einführung dieser Kennzeichnung die Diebstahlsfälle von Autoradios aus Kraftfahrzeugen verringern werden. Sie behält sich vor, gesetzgeberisch tätig zu werden, falls sich die aufgezeigte Lösung nicht auf freiwilliger Basis durchsetzt.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025204600
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter, bitte schön.
19610 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986

Dr. Wolfgang Schwenk (SPD):
Rede ID: ID1025204700
Herr Staatssekretär, verwundert es Sie nicht auch, daß die Bundesregierung immer noch auf Hoffnungen setzt, daß die Hersteller nun etwas tun werden und sich insbesondere einmal einigen werden, nachdem die Diebstahlskriminalität bezüglich der Autoradios schon seit langer Zeit besteht und inzwischen erschrekkende Ausmaße angenommen hat, u. a. auch deshalb, weil zahlreiche arbeitslose Jugendliche nunmehr, weil sie auch nicht mehr wissen, wie sie zu Geld kommen sollen, auf diesen Weg geführt werden, u. a, durch internationale Händlerbanden? Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß es Zeit würde, dagegen nun seitens der Bundesregierung tatsächlich auch einmal etwas zu tun und nicht nur die Zukunft abzuwarten?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Herr Dr. Schwenk, ich weise nochmals darauf hin, daß hier auch über die technischen Möglichkeiten intensive Gespräche mit den Sicherheitsbehörden, der Polizei, der Versicherungswirtschaft und den Herstellern solcher Autoradios geführt werden, die nach Einschätzung der Bundesregierung auch konkrete Möglichkeiten eröffnen. Wir sind der Ansicht, daß Ihrem Anliegen bei einer Umsetzung dieser Möglichkeiten entsprochen werden kann.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025204800
Weitere Zusatzfrage, bitte sehr.

Dr. Wolfgang Schwenk (SPD):
Rede ID: ID1025204900
Können Sie einen Zeithorizont geben, wie lange die Bundesregierung noch zuwarten will?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Ich kann hier keine Zeitvorstellung übermitteln. Daß auch uns das Problem auf den Nägeln brennt, ist klar. Wir hoffen, daß sich die Betreffenden so bald wie möglich konkret einigen. Ich sagte schon und darf das nochmals wiederholen, daß wir uns vorbehalten, gesetzgeberisch tätig zu werden, falls sich die aufgezeigte Lösung nicht auf freiwilliger Basis durchsetzt, und zwar nicht in langer Zeit, sondern in absehbarer, relativ kurzer Frist.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025205000
Danke schön.
Ich rufe dann die Frage 14 der Abgeordneten Frau Steinhauer auf:
Stimmt die Bundesregierung der in der Haushaltsdebatte am 27. November 1986 geäußerten Meinung zu, der Versorgungsstaat lähme die menschliche Eigeninitiative in bezug auf die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und ihrer Versorgung?
Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.
Spranger, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Steinhauer, die Bundesregierung kann weder der Haushaltsdebatte vom 27. November 1986 entnehmen, daß die von Ihnen zitierte Meinung in den Zusammenhang mit der Alterssicherung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gebracht worden ist, noch ist die Bundesregierung der Auffassung, daß diese Alterssicherung zur Gewährleistung eines angemessenen Lebensstandards nach einem erfüllten Arbeitsleben die menschliche Eigeninitiative in irgendeiner Weise lähmt.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025205100
Zusatzfrage, bitte sehr, Frau Abgeordnete.

Waltraud Steinhauer (SPD):
Rede ID: ID1025205200
Herr Staatssekretär, ich gehe davon aus, daß Sie sicherlich, wenn sonst nicht, dann auf Grund meiner Frage, das Protokoll vom 27. November gelesen haben, wo u. a. ein Abgeordneter der Koalition gesagt hat, daß „während Ihrer" — an uns gerichtet — „Regierungszeit ein Versorgungsstaat aufgebaut" war und daß noch bedenklicher die Lähmung der menschlichen Eigeninitiative war. Wenn dies nicht auf Versorgung im Alter zutrifft, wo soll dies irgendwie zutreffen, daß die menschliche Eigeninitiative durch Versorgung gelähmt wird?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Ich glaube nicht, daß Sie den Begriff des Versorgungsstaates, wie er hier von dem Kollegen Strube definiert worden ist, vom Inhalt her auf das Versorgungssystem des öffentlichen Dienstes übertragen können.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025205300
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete.

Waltraud Steinhauer (SPD):
Rede ID: ID1025205400
Darf ich dann noch einmal nachfragen: Das lähmt also nach Auffassung der Bundesregierung nur anderswo die Eigeninitiative?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Das ist die Frage, was Sie unter einem Versorgungsstaat verstehen.

(Zuruf von der SPD: Soziale Gerechtigkeit! — Weitere Zurufe von der SPD)

Wie ihn der Kollege Strube definiert hat, das ist seine Definition. Es gibt sicherlich auch andere Definitionen. Aber daß das nicht mit der Versorgung im öffentlichen Dienst identisch ist, ist sicherlich auch bei der Definition von Herrn Strube zu erkennen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025205500
Zusatzfrage des Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID1025205600
Herr Staatssekretär, könnte es so sein, daß Herr Kollege Strube seinerzeit gemeint hat, daß sich während der 13 Jahre der SPD/ FDP-Koalition ein versorgungsstaatliches Denken und eine Praxis eingeführt haben, die die Faulen belohnt und die Fleißigen bestraft hat?

(Zuruf von der SPD: Das ist ja unglaublich! — Weitere Zurufe von der SPD)

Spranger, Parl. Staatssekretär: Ich sehe mich in der Schwierigkeit, der Interpretation der Intentionen des Herrn Strube, die der Herr Kollege Niegel vorgenommen hat, in irgendeiner Form zuzustimmen oder hier Differenzierungen vorzunehmen. Ich möchte meinen, Herr Kollege Niegel, es ist nicht auszuschließen, daß Herr Kollege Strube das so gemeint hat, wie Sie es vorgetragen haben.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025205700
Im übrigen will ich mal darüber nachdenken, ob das nicht eine versteckte Dreiecksfrage war, Herr Abgeordneter Niegel.
So, nun hat die Abgeordnete Frau Weyel eine Zusatzfrage.
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 19611

Gudrun Weyel (SPD):
Rede ID: ID1025205800
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung vielleicht an einem Beispiel erläutern, was sie damit meint, wenn sie die Annahme des Abgeordneten Niegel übernimmt, daß die Faulen belohnt und die Fleißigen bestraft wurden'?

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025205900
Das ist nun endgültig eine Dreiecksfrage. Das kann ich nun wirklich nicht mehr mitmachen. Bei aller Großzügigkeit, Herr Staatssekretär, Sie sind nicht gezwungen, diese Frage zu beantworten. — Zusatzfragen liegen nicht mehr vor.
Wir kommen nun zur Beantwortung der Frage 15 der Abgeordneten Frau Steinhauer.
Ist davon auszugehen, daß die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wegen ihrer Versorgung in ihrer Eigeninitiative gelähmt sind, und wie wäre dies mit einem leistungsfähigen öffentlichen Dienst in Übereinstimmung zu bringen?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Steinhauer, davon ist nicht auszugehen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025206000
Zusatzfrage.

Waltraud Steinhauer (SPD):
Rede ID: ID1025206100
Herr Staatssekretär, könnten Sie sich auch vorstellen, daß die Versorgung im öffentlichen Dienst die Leistungsfähigkeit sogar anregt?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Ja, ich hoffe das doch!

(Eigen [CDU/CSU]: Was der sich alles vorstellen kann!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025206200
Weitere Zusatzfrage.

Waltraud Steinhauer (SPD):
Rede ID: ID1025206300
Kann ich denn davon ausgehen, daß Versorgung auch ein Stück Freiheit ist und damit die Lebensfreude und die Eigeninitiative sogar stärkt?

(Eigen [CDU/CSU]: Die Lebensfreude fördert sie bestimmt!)

Spranger, Parl. Staatssekretär: Ich kann dem durchaus zustimmen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025206400
Der Herr Abgeordnete Peter nimmt dies zur Veranlassung, noch eine Zusatzfrage zu stellen.

Horst Peter (SPD):
Rede ID: ID1025206500
Herr Kollege Spranger, nachdem Sie dem im Blick auf das Versorgungssystem des öffentlichen Dienstes zustimmen, frage ich Sie: Gehe ich recht in der Annahme, daß Sie das bei anderen Altersversorgungssystemen ebenfalls nicht ausschließen?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Ich möchte klarstellen, daß die Frage der Versorgung im öffentlichen Dienst nicht identisch ist mit der Problematik, die von dem Kollegen Strube unter dem Stichwort „Versorgungsstaat" behandelt worden ist. Irgendwelche Schlußfolgerungen aus Vorzügen der Versorgung des öffentlichen Dienstes auf einen Vorzug des Versorgungsstaates wären unzulässig.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025206600
Die Abgeordnete Frau Weyel möchte eine Zusatzfrage stellen.

Gudrun Weyel (SPD):
Rede ID: ID1025206700
Herr Staatssekretär, könnte es sein, daß nicht die Angehörigen des öffentlichen Dienstes, sondern die Sozialhilfeempfänger mit den Leuten gemeint waren, die vom Versorgungsstaat falsch behandelt werden?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Weyel, es steht mir nicht zu, die Intentionen des Abgeordneten Strube bei seinen Ausführungen am 27. November zu interpretieren oder zu rekonstruieren. Nach den wörtlichen Aussagen jedenfalls ist diese Intention nicht dargelegt worden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025206800
Danke schön, Herr Staatssekretär. Damit ist Ihr Bereich abgeschlossen.
Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Voss zur Verfügung.
Die Frage 16 des Abgeordneten Pfuhl wird auf dessen Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen nun gleich zu der Frage 17 des Abgeordneten Niegel:
Wie ist der Standpunkt der Bundesregierung bei den Absichten der Kommission der EG, das Sozialprodukt als Bemessungsgrundlage für die EG-Beiträge der Mitgliedstaaten zu nehmen?
Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Dr. Friedrich Voss (CSU):
Rede ID: ID1025206900
Herr Kollege Niegel, nach den Beschlüssen des Europäischen Rates von Fontainebleau ist die EG-Kommission gehalten, „ein Jahr bevor der neue EG-Eigenmittelplafond erreicht wird, dem Rat einen Bericht mit einer Übersicht mit folgenden Angaben vorzulegen: Ergebnisse der Haushaltsdisziplin, Finanzbedarf der Gemeinschaft, Aufteilung der Haushaltslasten auf die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihres relativen Wohlstandes und die daraus zu ziehenden Folgerungen in bezug auf die Anwendung der Haushaltskorrekturen."
Soweit der Bundesregierung bekannt, wird die EG-Kommission diesen Bericht gegen Jahresende vorlegen. Gegenwärtig ist noch nicht abzusehen, ob und in welchem Maße sich die EG-Kommission in ihrem Bericht einzelne in der Presse zitierte Überlegungen über die künftige Finanzierung der Gemeinschaft zu eigen macht.
Die Bundesregierung wird ihre Vorstellungen zu den dann vorliegenden Vorschlägen zur Lösung der kurz- und mittelfristigen Fragen im Zusammenhang mit der EG-Finanzierung entwickeln und konkretisieren.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025207000
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Niegel, bitte.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID1025207100
Herr Staatssekretär, wie würde sich denn, wenn man diese Kriterien zugrunde legt, die Finanzierung im Verhältnis zu der bisherigen Finanzierung in die Wirklichkeit umsetzen lassen? Kommt hier eine höhere Belastung auf
19612 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986
Niegel
die Bundesrepublik Deutschland zu, oder verringert sich ihr Beitrag?
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Niegel, das ist im Moment hypothetisch. Aber ich kann so viel sagen, daß bei dieser von Ihnen angesprochenen Bemessungsgrundlage, die auch in der Presse wiedergegeben worden ist, ein hoher Milliardenbetrag zusätzlich von der Bundesrepublik Deutschland aufzubringen wäre.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025207200
Weitere Zusatzfrage, bitte.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID1025207300
Wie wird sich die Bundesregierung verhalten? Wird sie so etwas akzeptieren oder wird sie sagen, so etwas komme für die Bundesregierung nicht in Frage?
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Niegel, Sie werden verstehen, daß ich einer Entscheidung der Bundesregierung in dieser wichtigen Frage nicht vorgreifen kann. Aber Sie wissen, daß die Bundesregierung schon aus Gründen der nationalen Konsolidierung auf die Haushaltsdisziplin im EG-Bereich immer sehr großen Wert gelegt hat. Das wird sie auch in Zukunft tun.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025207400
Das veranlaßt den Abgeordneten Eigen zu einer Zwischenfrage.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID1025207500
Herr Staatssekretär, wie wird sich denn die Bundesregierung in Zukunft verhalten, wenn sich jetzt herausstellt, daß bei dieser Form der Finanzbeteiligung der Länder an den Kosten der EG z. B. neben der Bundesrepublik Deutschland — was von der Wirtschaftskraft her noch zu verstehen wäre — auch Portugal als zweiter Nettozahler erscheint? Könnte das denn wohl im Sinne des EG-Vertrages sein?
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Eigen, Sie werden verstehen, daß die Bundesregierung an erster Stelle die Finanzprobleme und Finanzinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu sehen hat. Es ist klar, daß darüber hinaus natürlich die von Ihnen angesprochene Frage im europäischen Rahmen eine Rolle spielen wird.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025207600
Zusatzfragen werden nicht gewünscht.
Die Frage 18 des Abgeordneten Stiegler und die Frage 19 des Abgeordneten Dr. Kübler werden auf deren Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 20 des Abgeordneten Collet auf:
Woher nehmen nacheinander Bundesminister Genscher —1. Oktober 1986 —, Staatsminister Vogel — 5. November 1986
— und Bundesminister Dr. Bangemann — 8. November 1986
— die Zuversicht, wenn sie zu den angegebenen Daten in Pressemeldungen erklären bzw. erklären lassen, daß sich die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften in Rheinland-Pfalz, aber auch in anderen Bundesländern, um ihre Arbeitsplätze keine Sorgen machen müssen, wenn sie als Mitglieder der Bundesregierung an anderer Stelle selbst ein-
räumen, daß die Amerikaner derzeit durch eine Studie überprüfen lassen, welche Dienstleistungen an private Kontraktfirmen vergeben werden sollen?
Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Collet, die Bundesregierung hat sich bei ihren Äußerungen zu Überlegungen der US-Stationierungsstreitkräfte, für Versorgungsleistungen private Unternehmen zu beauftragen, auf die Mitteilung des US-Hauptquartiers in Heidelberg gestützt.
Das Hauptquartier hat wiederholt versichert, daß Entscheidungen noch nicht getroffen und eventuelle Auswirkungen auf die Beschäftigten noch nicht zu übersehen seien. Mit Entlassungen in größerem Umfang sei aber keinesfalls zu rechnen, zumal es bei Privatisierungen in der Vergangenheit in den meisten Fällen gelungen ist, die hiervon betroffenen Arbeitnehmer anderweitig weiterzubeschäftigen.
Soweit ich sehe, enthalten die Äußerungen von Mitgliedern der Bundesregierung keine anderen Wertungen, Herr Kollege.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025207700
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Collet.

Hugo Collet (SPD):
Rede ID: ID1025207800
Herr Staatssekretär, haben Sie mit mir den Eindruck, daß man bei den Besuchen der Regierungsmitglieder im Bereich der Westpfalz dort mit „weißer Salbe" operiert und sich nur auf eine Äußerung des US-Hauptquartiers in Heidelberg — ich weiß nicht, von wem — beruft, während parallel dazu die entsprechenden Maßnahmen bereits in die Wege geleitet werden?
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Collet, ich habe nicht den Eindruck, den Sie hier gerade schildern, denn wir stehen mit dem US-Hauptquartier in ständigem Kontakt. Das deckt genau das, was ich in meiner Antwort soeben wiedergegeben habe.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025207900
Weitere Zusatzfrage, bitte.

Hugo Collet (SPD):
Rede ID: ID1025208000
Herr Staatssekretär, sind Ihnen in den Fällen, in denen private Kontraktfirmen an Stelle der direkt beschäftigten Arbeitnehmer angeheuert wurden, die Auswirkungen hinsichtlich der Sicherheit und der sozialen Bedingungen bekannt, die dann nachher gelten?
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, mir ist bekannt, daß es auf Grund der Bemühungen, die in solchen Fällen jeweils angestellt wurden, zu einem Ergebnis gekommen ist, das im großen und ganzen als befriedigend anzusehen ist.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025208100
Herr Abgeordneter Stahl (Kempen).

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID1025208200
Herr Staatssekretär, kann ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die großen Sorgen und auch die artikulierten Proteste der Gewerkschaften und Arbeitnehmer in diesem Bereich nun vollkommen ohne Hintergrund sind?
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 19613
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, daß es bei den hier in Rede stehenden Fällen und Problemen natürlich Schwierigkeiten gibt, wird von niemandem bestritten. Die Bundesregierung hat aber bisher das Ihrige getan und wird es auch in Zukunft tun, um die Probleme so gering wie möglich zu halten und den hier betroffenen Arbeitnehmern das zukommen zu lassen, was möglich ist, damit sie nicht in irgendwelche Schwierigkeiten geraten.

(Stahl [Kempen] [SPD]: Das sind doch leere Worte! Was denn, zum Beispiel?)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025208300
Ich rufe die Frage 21 des Abgeordneten Collet auf, die auch noch einmal auf diesen Fragenkomplex eingeht:
Warum ist die Bundesregierung nicht bereit, für diese deutschen Arbeitnehmer eine Fürsorgepflicht hinsichtlich ihrer Arbeitsplätze zu übernehmen, obwohl diese in den meisten Fällen schon seit vielen Jahren im gleichen Verteidigungsbündnis — also im deutschen öffentlichen Interesse — tätig sind wie die Zivilbeschäftigten der Bundeswehr?
Bitte sehr.
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Nach den tariflichen Bestimmungen haben die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Falle des Arbeitsplatzverlustes infolge von Privatisierungen oder Rationalisierungen einen Anspruch auf Unterbringung auf einem anderen freien Arbeitsplatz. Sofern eine Unterbringung nicht möglich ist, wird, nach Alter und Beschäftigungszeit gestaffelt, eine Abfindung gezahlt.
Diese Regelung entspricht im wesentlichen den Schutzbestimmungen, die es in der gewerblichen Wirtschaft gibt.
Darüber hinaus hat die Bundesregierung schon 1971 einen Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften abgeschlossen, der im Falle von Entlassungen infolge der Auflösung oder Verlegung von Dienststellen aus militärischen Gründen finanzielle Hilfen zur Einkommenssicherung, unter Umständen bis zum Rentenalter, gewährt, und zwar aus Mitteln des Bundes. Außerdem sollen Arbeitnehmer, die aus diesen Gründen entlassen werden, bei der Einstellung in den deutschen öffentlichen Dienst bevorzugt berücksichtigt werden.
Soweit es in ihren Kräften steht, wirkt die Bundesregierung bei den Stationierungsstreitkräften auf eine Willensbildung hin, die den Interessen der deutschen Beschäftigten dient bzw. sie angemessen berücksichtigt.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025208400
Zusatzfrage, bitte sehr.

Hugo Collet (SPD):
Rede ID: ID1025208500
Nach all dem, was Sie ausgeführt haben, muß ich zunächst zweifeln, ob Sie die gleiche Drucksache haben wie ich, Herr Staatssekretär. Denn ich muß nun die Frage, die hier gedruckt steht, noch einmal wörtlich stellen: Warum ist die Bundesregierung nicht bereit, für diese deutschen Arbeitnehmer eine Fürsorgepflicht hinsichtlich ihrer Arbeitsplätze zu übernehmen, obwohl diese — in den meisten Fällen schon seit Jahren — im gleichen Verteidigungsbündnis — das wollen wir doch alle, dieser Bundestag und die Bundesregierung, die GRÜNEN ausgenommen — und damit im deutschen öffentlichen Interesse, wenn auch nicht im öffentlichen Dienst, wie die Zivilbeschäftigten der Bundeswehr tätig sind? Das war die Frage; Sie haben sie nicht beantwortet.
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das ist nach den gesetzlichen Bestimmungen des NATO-Truppenstatutes und der Zusatzbestimmungen nicht möglich. Eine Gleichstellung dieser Arbeitnehmer mit Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes ist damit nicht möglich.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025208600
Weitere Zusatzfrage.

Hugo Collet (SPD):
Rede ID: ID1025208700
Auch das habe ich nicht gefragt. Ich habe nicht nach der Gleichstellung mit dem öffentlichen Dienst und danach gefragt, ob Sie die Fürsorgepflicht ähnlich wie für die im öffentlichen Dienst Tätigen übernehmen wollen, nachdem Sie sicher mit mir nicht bestreiten wollen, daß diese Beschäftigten im deutschen öffentlichen Interesse, als im gleichen Bündnis, im Interesse unseres Landes tätig sind.
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe Ihnen eben die sozialen Absicherungsmöglichkeiten geschildert, die seit 1971 bestehen. Darüber hinauszugehen ist aus verschiedenen Gründen nicht möglich.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025208800
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID1025208900
Herr Staatssekretär, nun haben wir Ihre Ausführungen bezüglich der sehr guten Absicherung — so habe ich Sie verstanden — der Arbeitnehmer in diesem Bereich gehört. Darf ich Sie fragen, wie hoch die Zahl der bisherigen Fälle, die aus dieser außerordentlich guten Absicherung bedient wurden, insgesamt seit Inkrafttreten dieser Vereinbarung ist.
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das ist eine Frage, die ich Ihnen jetzt zahlenmäßig nicht beantworten kann. Ich kann Ihnen die Antwort gerne nachreichen; das werden wir feststellen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025209000
Weitere Zusatzfrage.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025209100
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wenn Sie erklären, Sie hätten keine Möglichkeit, die Fürsorgepflicht für Deutsche, die bei Streitkräften der Partnerstaaten beschäftigt sind, auszuüben, dann frage ich Sie: Wer soll denn dann deren Interessen vertreten?
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie haben meine Antwort falsch interpretiert. Ich habe gesagt: Über das hinaus, was es seit dem Jahre 1971 gibt, sind weitere Absicherungen aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Zu einem Punkt habe ich eben auf die Frage des Herrn Kollegen Collet hier näher etwas ausgeführt.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025209200
Herr Abgeordneter Menzel, eine Zusatzfrage.
19614 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986

Heinz Menzel (SPD):
Rede ID: ID1025209300
Herr Staatssekretär, wären Sie in der Lage, die verschiedenen Gründe anzugeben, die Sie daran hindern, die bei den ausländischen Streitkräften Beschäftigten mit den bei deutschen Dienststellen im öffentlichen Dienst Beschäftigten gleichzustellen? Wären Sie in der Lage, diese Gründe zu nennen?
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Ja, ich kann Ihnen die Gründe nennen: Es ist das NATO-Truppenstatut, es sind die Zusatzvereinbarungen zum NATOTruppenstatut.

(Zuruf von der SPD: Das kann man doch durch Verhandlungen ändern!)

es sind die Unvergleichbarkeiten, die zwischen diesen Arbeitnehmern und dem öffentlichen Dienst bestehen und einige Gründe mehr, Herr Kollege. Das sind die wichtigsten Gründe.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025209400
Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Voss, ich bedanke mich bei Ihnen und schließe diesen Geschäftsbereich.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Sprung zur Verfügung.
Die Fragen 22 und 23 können nicht beantwortet werden, da der Abgeordnete Tischer nicht im Saal ist.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025209500

Wie schätzt die Bundesregierung die kurz- bzw. mittelfristige Preisentwicklung auf dem Weltkohlemarkt ein, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für den deutschen Steinkohlenbergbau?
Herr Staatssekretär Dr. Sprung, Sie haben das Wort.

Dr. Rudolf Sprung (CDU):
Rede ID: ID1025209600
Herr Kollege Wolfram, der Weltkohlemarkt ist gegenwärtig ein ausgeprägter Käufermarkt mit entsprechend hartem Preiswettbewerb. Diese Situation wird zusätzlich durch den Ölpreisrückgang verschärft, auf den insbesondere die Kesselkohleanbieter preisanpassend reagiert haben. Auf dem deutschen Markt wirkten sich der Wettbewerb zwischen den Kohleanbietern, der Ölpreisrückgang und der gesunkene Dollarkurs kumulierend preissenkend auf den Wettbewerbspreis aus. Aus heutiger Sicht ist kurzfristig eine wesentliche Änderung nicht abzusehen. Ob diese Preisentwicklung mittelfristig von Dauer sein wird, läßt sich nicht abschätzen. Dies gilt insbesondere wegen der Unsicherheitsfaktoren Dollarkurs und Ölpreisentwicklung. Die Preisentwicklung auf dem Weltkohlemarkt hat für den deutschen Steinkohlebergbau in seinen Hauptabsatzbereichen Elektrizitätswirtschaft und Stahlindustrie keine unmittelbaren Auswirkungen. Hüttenvertrag und Jahrhundertvertrag und deren finanzielle Flankierung durch die öffentliche Hand gewährleisten grundsätzlich die Absatzposition der heimischen Kohle. Im Wärmemarkt unterliegt die heimische Kohle allerdings auf
Grund der generell gesunkenen Energiepreise einem verstärkten Wettbewerb.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025209700
Zusatzfrage, bitte schön.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025209800
Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Sprung, könnten Sie im Namen der Bundesregierung meine Erwartung bestätigen, daß zwei Ölkrisen und die Erfahrungen, die wir damit gemacht haben, uns zwingen müßten, einen ausreichenden Sockel heimischer Steinkohlekapazität zur Sicherung der zukünftigen Versorgung zu erhalten?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wolfram, genauso verfährt die Bundesregierung. Ich habe auf die Maßnahmen hingewiesen, die deshalb ergriffen werden.

(Eigen [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025209900
Weitere Zusatzfrage.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025210000
Ich darf also davon ausgehen, daß Sie sagen: Das, was jetzt Förderkapazität ist, bleibt nach unserem gemeinsamen Ziel erhalten. Ich schließe daran die Frage an: Gibt die Bundesregierung zu, daß die finanziellen Folgen zweier Ölkrisen unsere Volkswirtschaft ein Vielfaches dessen gekostet haben, was dem Bergbau an Hilfen gewährt wird?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wolfram, ich wiederhole einen Satz aus meiner Antwort: Hüttenvertrag und Jahrhundertvertrag und deren finanzielle Flankierung durch die öffentliche Hand gewährleisten grundsätzlich die Absatzposition der heimischen Kohle.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025210100
Zusatzfrage des Abgeordneten Menzel.

Heinz Menzel (SPD):
Rede ID: ID1025210200
Ich wiederhole die Frage, die Kollege Wolfram gestellt hat. Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß, um Energieversorgungssicherheit zu erhalten, die Förderung im Steinkohlebergbau mindestens im jetzigen Umfang unbedingt erhalten werden muß?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Menzel, ich habe die Antwort auf die Frage erteilt, wie die Bundesregierung die Situation sieht. Die beiden Verträge, die ich genannt habe, leisten einen Beitrag dazu, daß die Absatzposition der heimischen Kohle grundsätzlich gewährleistet ist.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025210300
Zusatzfrage des Abgeordneten Stahl (Kempen).

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID1025210400
Herr Staatssekretär, Sie sprachen in Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen Wolfram von einem notwendigen Sockel der Eigenversorgung der heimischen Wirtschaft im Energiebereich mit Steinkohle. Können Sie diesen Sockel, den Sie als notwendig bezeichnet haben, vor I dem Deutschen Bundestag in Tonnen beziffern?
Deutscher Bundestag — 10. ahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 19615
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stahl, aus dem Jahrhundertvertrag ergibt sich, um welche Menge es sich handelt. Die Mengenregelung ist Ihnen bekannt. Aus dem Hüttenvertrag ergibt sich ebenfalls ein gewisses Absatzvolumen; auch dies ist Ihnen bekannt. Das sind die Zahlen, die wir Ihnen nennen können. Im übrigen gibt es eine Entwicklung am Markt. Es gibt eine Entwicklung auch in der Stahlindustrie. Diese Entwicklungen haben natürlich Rückwirkungen auf den Absatz der Kohle. Dies steht wohl außer Zweifel.

(Stahl [Kempen] [SPD]: Also keine feste Zahl!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025210500
Zusatzfrage des Abgeordneten Beckmann.

Klaus Beckmann (FDP):
Rede ID: ID1025210600
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß die Aufwendungen, die die Bundesregierung in Höhe von 17,5 Milliarden DM für die deutsche Steinkohle im Zeitraum von 1983 bis 1986 gemacht hat, ein klarer Ausweis ihrer positiven Haltung zur deutschen Steinkohle sind und daß gleichzeitig die Haushaltsansätze 1987, insbesondere die Erhöhung der Kokskohlenbeihilfe um 900 Millionen DM, sowie die Aussagen des Bundeskanzlers kürzlich in Haltern in Westfalen klar und eindeutig darlegen, daß die Haltung der Bundesregierung zur deutschen Steinkohle nach wie vor unverändert ist?

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Es geht nicht um die Erhöhung, sondern um die realen Ansätze!)

Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Ich teile diese Auffassung nicht nur, sondern ich unterstreiche sie nachdrücklich. Der Bundeskanzler und der Bundeswirtschaftsminister haben in den letzten Wochen mehrfach deutlich gemacht, daß alles für die deutsche Steinkohle getan wird, was nur getan werden kann. Die finanziellen Leistungen für die deutsche Steinkohle werden im nächsten Jahr höher sein, als sie je gewesen sind. Die Steigerungsraten, Herr Wolfram, sind Ihnen bekannt.

(Stahl [Kempen] [SPD]: Weshalb sagen Sie keine Zahl, sondern beziehen sich auf den Sockel?)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025210700
Herr Abgeordneter Stahl, Sie haben nicht das Wort.
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Wolfram, Sie kennen die Zahlen. Die Kokskohlenbeihilfe wird im nächsten Jahr um 900 Millionen DM steigen, nämlich von 1,4 auf 2,3 Milliarden DM. Das ist eine Aufstockung gegenüber 1983 auf das Vierfache. Die Ausgaben des Verstromungsfonds werden bei etwa 3 Milliarden DM liegen, d. h. gegenüber 1983 eine Steigerung von 43 % erreichen. Ich darf auf die nationale Kohlereserve hinweisen, die für zwei Jahre weiterhin beim Bund verbleiben wird

(Stahl [Kempen] [SPD]: Das sind doch keine neuen!)

und dann zu Preisen zurückgenommen wird, die ebenfalls eine entscheidende Entlastung der Kohleunternehmen zur Folge haben werden.
Ich meine, diese Zahlen zeigen, was die Bundesregierung für die Kohle tut.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025210800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schreiner.

Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1025210900
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung des Sprechers der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Herrn Dr. Waigel, der vor einigen Wochen anläßlich einer Wahlveranstaltung in Dillingen gesagt hat, die Förderung der deutschen Steinkohle sei in absehbarer Zeit auf 70 Millionen Jahrestonnen abzusenken?
Dr. Sprung, Parl. Staatssektretär: Ich kenne die Äußerung von Herrn Waigel nicht.

(Schreiner [SPD]: Das war nicht meine Frage! Meine Frage war, ob Sie sie teilen!)

— Ich habe auf diese Frage — nicht Ihnen, aber den anderen Fragestellern — bereits eine Antwort gegeben.

(Eigen [CDU/CSU]: Das ist eine typische Dreiecksfrage!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025211000
Herr Abgeordneter Reuschenbach, eine Zusatzfrage.

Peter W. Reuschenbach (SPD):
Rede ID: ID1025211100
Herr Staatssekretär, sehen Sie es auch so, daß die Rückführung des Kokskohlenexports in andere EG-Länder, worauf die Bundesregierung in den letzten zwei Jahren ganz stark hingewiesen hat, schon die ersten dramatischen Auswirkungen durch die Stillegung von drei Kokereien mit sich gebracht hat?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Reuschenbach, diese Stillegungen sind mir nicht bekannt.

(Reuschenbach [SPD]: Na hören Sie mal, schrecklich! — Stahl [Kempen] [SPD]: Sie sollten mal ins Ruhrgebiet fahren! — Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Zeitung lesen!)

— Ich kann nicht alle Zeitungen, die im Bundesgebiet erscheinen, lesen.
Sicherlich gibt es dafür möglicherweise auch andere Gründe. Ich kann jetzt nicht beurteilen, welche Gründe dafür ausschlaggebend gewesen sind, daß diese drei Kokereien ihre Tätigkeit einstellen mußten.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025211200
Es steht Ihnen frei, dazu eine neue Frage einzureichen, Herr Abgeordneter.
Nun hat der Herr Abgeordnete Müller die Möglichkeit zu einer Zusatzfrage.

Hans-Werner Müller (CDU):
Rede ID: ID1025211300
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die ständig wiederholte Behauptung der saarländischen Landesregierung, insbesondere des Ministerpräsidenten, die nach meiner
19616 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986
Müller
Meinung absolut falsch ist, daß der Energiebericht dieser Bundesregierung so zu interpretieren sei, daß er die Aufforderung zu Grubenschließungen beinhalte?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Davon kann nicht die Rede sein. Der Energiebericht enthält solche Aussagen nicht, auch nicht im Ansatz, auch nicht als Schlußfolgerung aus den Aussagen, die im Energiebericht gemacht werden.

(Stahl [Kempen] [SPD]: Den Schluß kann man daraus ziehen!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025211400
Nun noch eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Roth.

Wolfgang Roth (SPD):
Rede ID: ID1025211500
Herr Staatssekretär, unabhängig von der Kenntnis der Aussagen von unserem Kollegen Dr. Waigel: Würden Sie eine Absenkung auf 70 Millionen Jahrestonnen für einen Bruch mit der bisherigen Kohlepolitik aller Bundesregierungen halten?
Dr. Sprung Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Roth, die Kohlepolitik der Bundesregierung ist im Energiebericht sehr ausführlich beschrieben worden. Daraus — ich wiederhole es — kann nicht der Schluß gezogen werden, daß sich gewisse Mengenveränderungen in der Produktion ergeben.

(Roth [SPD]: Beantworten Sie die Frage, oder machen Sie hier Ausweichmanöver?)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025211600
Herr Abgeordneter Roth, Sie mögen das so bewerten. Ihre Frage geht weit über das hinaus, was in der Frage 25 des Abgeordneten Wolfram gefragt worden ist. Nur mit Rücksicht darauf, daß die anschließenden Fragen den gleichen Sachverhalt betreffen, habe ich mir erlaubt, nicht einzugreifen. Ich erlaube mir nun die Frage, Herr Abgeordneter Wolfram, nachdem ich den Eindruck habe, daß Ihre Frage 25 schon beantwortet ist, ob sie auf der Beantwortung bestehen.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025211700
Ich bestehe auf Beantwortung.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025211800
Dann rufe ich die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen) auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fraktion der SPD, daß auf Grund der erheblichen Risiken auf den Weltenergiemärkten die nationale Energieversorgung nur dann zu sichern ist, wenn die bisherige Kohlevorrangpolitik mit allen Instrumenten konsequent fortgeführt wird?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wolfram, die gesamte Energiepolitik der Bundesregierung ist auf die Sicherung der Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland gerichtet. Ihre Kohlepolitik ist ein wichtiger Teil dieser Politik. Aber nur in Verbindung mit der Einsparpolitik und der optimalen Nutzung aller anderen Energieträger einschließlich der Kernenergie kann die Versorgungssicherheit erreicht werden. Die Bundesregierung hat in der abgelaufenen Legislaturperiode die zur Erreichung der Ziele ihrer Kohlepolitik notwendigen Instrumente eingesetzt, z. B. durch die Zusage einer finanziellen Flankierung des Hüttenvertrages bis zum Jahr 2000. Sie hat in ihrem Energiebericht vom 24. September 1986 unzweideutig erklärt, daß sie diese Kohlepolitik im Interesse der Versorgungssicherheit und der in den Steinkohlerevieren arbeitenden Menschen fortsetzen wird.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025211900
Eine Zusatzfrage.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025212000
Herr Staatssekretär, unabhängig davon, daß Ihre pauschalen Aussagen nicht stimmen — Sie wissen, Sie streichen die Investitionshilfe und die Innovationsbeihilfe — —

(Zuruf des Abg. Müller [Wadern] [CDU/ CSU])

— Reden Sie doch keinen solchen Unsinn, verehrter Herr Kollege. Sie wissen, daß die Faktoren von uns gar nicht zu beeinflussen sind, sondern daß das vom Weltmarktenergiepreis und vom Dollarkurs abhängt.

(Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Es ist eine Erhöhung um 900 Millionen DM)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025212100
Ich darf die Abgeordneten darauf aufmerksam machen, daß wir keine Diskussion untereinander, sondern eine Fragestunde haben. — Bitte sehr.

(Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Entschuldigung!)


Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025212200
Ich komme mit dem Fragezeichen noch rechtzeitig, Herr Präsident.
Unabhängig davon, daß das, was Sie sagen, nicht stimmt, und unabhängig davon, daß wir erwarten dürfen, daß die Fragestunde zur Klärung offener Fragen beiträgt, frage ich Sie: Warum spricht die Bundesregierung in dem von Ihnen so viel zitierten Energiebericht nicht mehr von einer Kohlevorrangpolitik, und ist sie bereit, die laufenden Anpassungsmaßnahmen — die ja noch bis 1988 gehen — mit ihren Auswirkungen damit zu beenden, oder plant sie schon die nächsten Stillegungsschritte?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wolfram, es kommt sicherlich nicht auf den Begriff an, der verwandt wird, nicht auf die Worte, sondern auf den Inhalt, auf das, was inhaltlich ausgesagt wird, auf die Maßnahmen, die ergriffen werden. Ich habe die Maßnahmen genannt. Ich habe darauf hingewiesen, daß die Zahlungen für die Kohle im nächsten Jahr zunehmen und nicht abnehmen werden. Ich glaube, darin schlägt sich nieder, daß die Bundesregierung den bisherigen Kurs in der Kohlepolitik beibehalten und daran nichts ändern wird.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025212300
Weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Wolfram.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025212400
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie müßten eigentlich bestätigen, daß Sie den gemeinsamen Kurs längst verlassen haben. Aber ich frage Sie jetzt noch einmal
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 19617
Wolfram (Recklinghausen)

konkret: Wenn wir an der Kohlevorrangpolitik festhalten — dieses Wort haben Sie wieder nicht in den Mund genommen —, sind Sie dann bereit, die Ihnen bekannten Forderungen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion zu unterstützen, um dem heimischen Bergbau die Chance zu geben, in einer zugegebenermaßen schwierigen Zeit über die Runden zu kommen, um für den Fall einer nächsten Krise seinen Beitrag zu einer optimalen Versorgungssicherheit erfüllen zu können?
Dr. Sprung, Parl. Staatsekretär: Herr Wolfram, daß die Bundesregierung Maßnahmen ergriffen hat,

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Ich spreche von den SPD-Maßnahmen!)

daß sie Leistungen für die Kohle erbringt, ist Garantie dafür, daß die Versorgungssicherheit der Bundesrepublik Deutschland, was die Kohle anlangt, auch für die Zukunft gegeben ist. Dieses Thema haben Sie angesprochen. Das ist das Ziel, das Sie genannt haben. Dieses Ziel wird erreicht werden.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Ich wollte eine Äußerung zu den SPD-Forderungen!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025212500
Zusatzfrage des Abgeordneten Menzel.

Heinz Menzel (SPD):
Rede ID: ID1025212600
Herr Staatssekretär, da Sie sich bei Ihrer Auskunft bewußt oder unbewußt nicht klar ausdrücken, darf ich Sie fragen: Wie ist die Formulierung im Energiebericht, daß die Förderung auf die kostengünstigsten Anlagen zu konzentrieren ist, zu deuten? Was steht dahinter?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Menzel, auch Sie wissen, daß es beispielsweise Gruben gibt, die auslaufen.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Da gibt es Anschlußbergwerke! — Stahl [Kempen] [SPD]: Es gibt auch neue Schachtanlagen! Ist Ihnen das nicht bekannt?)

In diesen Fällen gibt es nun wirklich keine Möglichkeit, die Tätigkeit solcher Gruben fortzusetzen. Auch das ist sicherlich darunter zu verstehen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025212700
Zusatzfrage des Abgeordneten Stahl.

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID1025212800
Herr Staatssekretär, ist die von dem Kollegen Schreiner genannte Zahl von Herrn Waigel,

(Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Hat er so nicht gesagt! Ich war ja dabei!)

einem exponierten Vertreter der derzeitigen Regierungskoalition, nämlich einen neuen Plafond von etwa 70 Millionen Jahrestonnen bei Steinkohle zu schaffen, im Kabinett oder im Umfeld des Kabinetts dieser Bundesregierung schon einmal angesprochen bzw. besprochen oder zumindest bewußt spekulativ in die Öffentlichkeit gegeben worden?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Ich halte es für ausgeschlossen, daß solch eine Zahl genannt worden ist.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025212900
Zusatzfrage des Abgeordneten Beckmann.

Klaus Beckmann (FDP):
Rede ID: ID1025213000
Herr Staatssekretär, halten Sie die seitens der SPD bekanntgewordenen Pläne, insbesondere die von der Hamburger SPD vorgesehene Verstromung von Importkohle nach Abschalten von Kernkraftwerken,

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)

und auch das, was Herr Hauff auf dem Parteitag der SPD in Nürnberg über die zusätzliche Verwendung von Importkohle gesagt hat, für einen Beitrag zur nationalen Energieversorgung mit Hilfe der heimischen Steinkohle?

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Das ist unwahr, was Sie sagen!)

Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Wenn es zu einem Ersatz heimischer Steinkohle führen würde, wäre das sicherlich nicht vereinbar.

(Frau Dr. Timm [SPD]: Steht gar nicht drin! — Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Das hat auch keiner gefordert! Das sind die Märchen des Abgeordneten Beckmann! — Stahl [Kempen] [SPD]: Der Beckmann kann nicht einmal richtig lesen!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025213100
Zusatzfrage des Abgeordneten Müller.

Hans-Werner Müller (CDU):
Rede ID: ID1025213200
Herr Staatssekretär, teilen die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien — wozu auch der Abgeordnete Waigel gehört, der im übrigen die Aussage, die hier in den Raum gebracht wird, so nicht getan hat — —

(Stahl [Kempen] [SPD]: Woher wissen Sie das?)

— Da ich bei der Pressekonferenz dabei war, auf die hier abgehoben ist, kann ich diese Aussage machen. Teilen Sie meine Auffassung, Herr Staatssekretär, daß diese Kohlevorrangpolitik, so wie sie bisher betrieben worden ist und wie sie auch weiterhin von der Bundesregierung beabsichtigt ist, doch stark gefährdet ist durch den Tatbestand, daß die SPD und die SPD-geführten Bundesländer dabei sind, den Konsens, der zu dieser Kohlevorrangpolitik geführt hat, aufzugeben?

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Das ist doch absurd!)

Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Müller, wir würden es für außerordentlich wünschenswert halten, wenn wir zu einem Konsens in der Energiepolitik zurückkehren könnten.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Wir auch!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025213300
Zusatzfrage des Abgeordneten Schreiner.
19618 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986

Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1025213400
Herr Staatssekretär, da Sie eben noch auf eine entsprechende Frage gesagt hatten, die Bemerkung im Energiebericht der Bundesregierung, wonach die Förderung auf die kostengünstigen Zechen zu konzentrieren sei, sei auch so zu verstehen, daß auslaufende Gruben nicht gehalten werden sollten: Was bedeutet in diesem Zusammenhang das „auch", und können Sie hier kategorisch ausschließen, daß die Bundesregierung aus rein finanziellen Erwägungen daran denkt, Gruben zu schließen?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Das letztere ist sicherlich richtig, was Sie gesagt haben. Aus solchen Erwägungen allein würde dies ganz gewiß nicht passieren.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025213500
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Menzel auf:
Hält die Bundesregierung die Verdrängung der Braunkohle aus der Stromerzeugung angesichts der Tatsache für vertretbar, daß Strom aus Braunkohle eindeutig billiger ist, als Strom aus — zumal neuen — Kernkraftwerken?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Menzel, die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, daß der Rückgang der Stromerzeugung aus Braunkohle in diesem und im vergangenen Jahr als Verdrängung der Braunkohle aus der Stromerzeugung gewertet werden kann. Die Menge der verstromten Braunkohle unterlag auch in früheren Jahren Schwankungen. Weder ist Braunkohleförderkapazität zurückgenommen worden, noch hat das Elektrizitätsversorgungsunternehmen, von dem hier die Rede ist, nämlich RWE, Braunkohlekraftwerkskapazitäten durch Kernkraftwerkskapazitäten ersetzt. Der Rückgang der Braunkohleverstromung beruht nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen vor allem auf einem Rückgang der Gesamtstromabgabe des RWE in der Größenordnung von über 5%, für die neben der allgemeinen Abschwächung des Stromverbrauchs eine höhere Stromerzeugung bei Kunden und Weiterverteilern des RWE im Gefolge des Verfalls der Ölpreise ursächlich ist. Eine Rolle gespielt haben ferner die zeitlichen Begrenzungen des Einsatzes auf Grund der Großfeuerungsanlagen-Verordnung für die Braunkohlekraftwerke, die wegen ihres Alters nicht mit Rauchgasreinigungsanlagen nachgerüstet werden, und die Mindererzeugung auf Grund der Montagearbeiten an den Rauchgasentschwefelungsanlagen bzw. des auslaufenden Versuchsprogramms zur Verringerung von Stickoxidemissionen.
Die Anpassung der Stromerzeugung an den geringeren Bedarf war im übrigen nicht auf die Braunkohle beschränkt. Vielmehr wurde auch der Einsatz der Kernkraftwerke zurückgenommen. Für beide Stromerzeugungsarten sind die anfallenden Kosten etwa gleich hoch. Ausgenommen von einer Anpassung wurde allerdings die Verstromung aus heimischer Steinkohle wegen der insoweit bestehenden Verpflichtung aus dem Jahrhundertvertrag. Ich glaube, dieser letzte Satz ist wichtig, auch im
Hinblick auf die Diskussion, die wir gerade geführt haben. Er macht deutlich, daß wir an der bisherigen Politik festhalten.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025213600
Zusatzfrage, bitte sehr.

Heinz Menzel (SPD):
Rede ID: ID1025213700
Herr Staatssekretär, da Sie soeben auf den Rückgang des Stromabsatzes hingewiesen haben und vorhin gesagt haben, daß zur Energiepolitik der Bundesregierung auch die optimale Nutzung der Kernkraft gehört, frage ich Sie: Welche Kapazitäten sollen denn durch die Kernkraftwerke, die im Bau sind und wohl noch ans Netz gehen sollen, ersetzt werden?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Ich habe darauf hingewiesen, Herr Kollege, daß RWE auch deshalb diesen Rückgang im Stromabsatz gehabt hat, weil einige Braunkohlekraftwerke wegen ihres Alters aus der Produktion ausscheiden werden, ausscheiden deshalb, weil sie nicht nachgerüstet werden können. Das bedeutet, daß automatisch ihre Produktion zurückgefahren werden muß, weil sie in der Stromerzeugung künftig beschränkt sein werden. Das ist sicherlich ein Bereich, in dem die noch auf den Markt kommenden Strommengen ihren Absatz finden könnten.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025213800
Ihre zweite Zusatzfrage.

Heinz Menzel (SPD):
Rede ID: ID1025213900
Herr Staatssekretär, da sich die installierte Leistung sowohl bei der Braunkohle als auch bei der Steinkohle — aber wir reden ja jetzt von der Braunkohle — nicht wesentlich verändert hat und der Stromzuwachs nicht so groß sein wird — das kann man ja mit Sicherheit prognostizieren —, daß die Kraftwerkskapazitäten, die im Bau sind, zusätzlich erforderlich sind, stellt sich doch die Frage: Wie soll die Kernkraft optimal genutzt werden, und zu wessen Lasten soll das gehen? Die Steinkohle können wir ausnehmen; deren Beschäftigung wird nicht größer und nicht kleiner werden.

(Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Menzel, auch Sie wissen, daß die Zahl der Kernkraftwerke, die noch ans Netz gehen werden, außerordentlich klein ist. Ich habe die genaue Zahl jetzt nicht hier; ich weiß nicht, wieviel es noch sind. Auf jeden Fall sind es nur noch ganz wenige. — Das war der erste Aspekt.
Der zweite Aspekt: RWE hat die Absicht, Braunkohlekraftwerke mit einer Kapazität von insgesamt 2 200 Megawatt stillzulegen. Sicherlich wird dafür ein Ersatz ins Auge gefaßt werden, wie auch immer er aussehen wird und wer auch immer ihn erbringen wird. Auf jeden Fall werden sich hier — es wird nicht auf dieses eine Unternehmen beschränkt sein — Lücken im Markt ergeben.
Der dritte Aspekt: Auch der Verbrauch wird in den nächsten Jahren ganz gewiß — wenn auch nicht in dem Umfang früherer Jahre — zunehmen.
Es ist also durchaus noch die Möglichkeit gegeben, Strom am Markt unterzubringen.
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 19619

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025214000
Zusatzfrage des Abgeordneten Wolfram.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025214100
Herr Staatssekretär, ich darf j a wohl davon ausgehen, daß Ihnen nicht das RWE die Antwort aufgeschrieben hat. Sie sprechen immer vom RWE. Es gibt j a auch Braunkohlenstrom aus anderen Unternehmen.
Unabhängig von der Tatsache, daß auch Sie nicht bestreiten können, daß die Kernenergie inzwischen die Braunkohle von Platz eins in der Grundlast verdrängt hat, frage ich Sie: Was gedenken Sie zu tun, um die gegenüber der Kernenergie billigere Braunkohle wieder auf Platz eins zu bringen, und was gedenken Sie vorsorglich zu tun, um zu verhindern, daß Überkapazitäten an Kernkraft demnächst sogar die Steinkohle in der Mittellast bedrängen werden?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wolfram, ich darf Sie darauf hinweisen, daß Investitionsentscheidungen Entscheidungen sind, die die Unternehmer treffen, nicht die Bundesregierung.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025214200
Zusatzfrage des Abgeordneten Roth.

Wolfgang Roth (SPD):
Rede ID: ID1025214300
Herr Staatssekretär, würden Sie uns mitteilen — das ist der zweite Teil der Ursprungsfrage —, wie die Kostensituation pro Kilowattstunden bei Braunkohlekraftwerken in der Grundlast und bei Atomkraftwerken in der Grundlast ist? Meine Frage bezieht sich auf neue Kraftwerke. Würden Sie mir zugeben, daß die Kilowattstunde aus dem Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich über 20 Pf kostet?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Roth, für die am Netz befindlichen Kernkraftwerke gilt das, was ich gesagt habe. Ich bin nicht in der Lage, Ihnen jetzt etwas über den Preisvergleich zwischen neuen Kernkraftwerken und Braunkohlekraftwerken zu sagen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025214400
Zusatzfrage des Abgeordneten Stahl.

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID1025214500
Herr Staatssekretär, nun macht j a der Kohle- und der Kokskohleexport in die Mitgliedstaaten der EG etwa 9 Millionen t jährlich aus, wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe. Das entspricht etwa — — Entschuldigung, da habe ich mich in der Frage vertan.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025214600
Herr Abgeordneter, ich habe das Gefühl, daß Sie in die falsche Frage hineingerutscht sind.

(Stahl [Kempen] [SPD]: Ich bitte um Vergebung, Herr Präsident!)

Dann kann ich dem Abgeordneten Schreiner zu einer Zusatzfrage — ich hoffe: zur Frage 26 — das Wort geben.

Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1025214700
Natürlich zu der Frage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1025214800
Gibt es umgekehrt bei der Bundesregierung Überlegungen für den Fall, daß Ihre Vermutungen nicht Wirklichkeit werden, es also tatsächlich zu einer Konkurrenzsituation kommt, wenn die Marktlücken, die Sie vermuten, möglicherweise nicht in dem Umfang auftreten, wie Sie denken?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich darf noch einmal darauf aufmerksam machen, daß Entscheidungen über Investitionen, auch über den Bau von Kraftwerken — welcher Art auch immer —, von Unternehmen getroffen werden. Die Unternehmen sehen sich den Markt an, und die Unternehmen entscheiden, wie und wo, in welcher Form, in welchem Umfang sie investieren und nicht die Bundesregierung.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025214900
Herr Abgeordneter Schreiner, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich noch einmal in Ruhe die Frage 26 durchlesen würden. Sie hätten Ihre Zusatzfrage besser unter der folgenden Frage untergebracht.
Herr Abgeordneter Müller.

Hans-Werner Müller (CDU):
Rede ID: ID1025215000
Herr Staatssekretär, stimmen die Informationen, nach denen die Zuwachsraten des Stromverbrauchs bei der derzeitigen Wachstumslage der deutschen Wirtschaft, die ja dank der Politik dieser Regierung wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren so weitergeführt werden wird, derzeit einen jährlichen Neubedarf von etwa 1000 MW beinhalten?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Müller, diese Zahl ist mir nicht gegenwärtig. Ich will sie gern überprüfen lassen, und ich gebe Ihnen dann eine Antwort auf Ihre Frage.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025215100
Ich rufe nunmehr die Frage 27 des Abgeordneten Menzel auf:
Mit welchen Auswirkungen für Ausbildungs- und Arbeitsplätze im Bergbau, in der Bergbauzulieferindustrie und bei den Bergbauspezialgesellschaften rechnet die Bundesregierung, wenn sie — wie angekündigt — die Kohlen- und Koksexporte in die EG-Mitgliedstaaten ab 1991 nicht mehr unterstützt?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Menzel, bereits in der Kohlerunde 1983 ist festgehalten worden, daß Haushaltsmittel für die Subventionierung von Exportlieferungen längerfristig nicht zur Verfügung stehen, da diese Lieferungen keinen Beitrag zur Sicherung der Energieversorgung darstellen. Im Zusammenhang mit der Anschlußregelung zum Hüttenvertrag ist der Zeitraum, in dem dieses Ziel verwirklicht werden soll, im Einvernehmen mit der Kohle konkretisiert worden.
Allen Beteiligten ist bewußt, daß dieses Ziel eine Anpassung der betroffenen Unternehmen auf den geringeren Absatz erfordert. Um diese Anpassung so sozialverträglich wie möglich zu gestalten, sind zur Erreichung des Ziels sehr lange Fristen gesetzt worden. Die Auswirkungen der Entscheidung auf
19620 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986
Parl. Staatssekretär Dr. Sprung
Ausbildungsplätze und Arbeitsplätze im Bergbau, in der Bergbauzulieferindustrie und bei den Bergbau-Spezialgesellschaften wird wesentlich von dem Vorgehen der Unternehmen, aber auch der sonstigen Absatzentwicklung in der ersten Hälfte der 90er Jahre und der gesamtwirtschaftlichen Situation der deutschen Wirtschaft in den fraglichen Jahren bestimmt. Konkretere Angaben sind aus diesen Gründen gegenwärtig nicht möglich.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025215200
Zusatzfrage.

Heinz Menzel (SPD):
Rede ID: ID1025215300
Herr Staatssekretär, damit wir über dasselbe reden: Davon ausgehend, daß die Förderung auf Grund des Ausfalls des Exports in EG-Länder um 9 Millionen t zurückgehen wird, wovon nach derzeitigem Stand direkt 20 000 Beschäftigte und indirekt noch einmal 20 000 Beschäftigte in einer eng begrenzten Region betroffen sein werden, stelle ich die Frage: Gedenkt die Bundesregierung Überlegungen anzustellen, ob die abgesprochene Regelung so aufrechterhalten werden soll oder ob der Rückgang der Förderung durch andere absatzfördernde Maßnahmen ausgeschlossen werden kann?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Ich habe darauf hingewiesen, Herr Kollege, daß bereits in der Kohlerunde 1983 über diese Notwendigkeit gesprochen worden ist und daß man sich auch darüber unterhalten hat, wie sich dieser Prozeß vollziehen kann, wie er sich vollziehen muß.
Ich wiederhole es noch einmal: Die Konsequenzen, die Auswirkungen, die das auf die Ausbildungs- und Arbeitsplätze haben wird, sind heute noch nicht absehbar. Das habe ich soeben vorgetragen.

Heinz Menzel (SPD):
Rede ID: ID1025215400
Da man davon ausgehen kann, daß im Bergbau wie in der gesamten anderen Industrie weiter technische Möglichkeiten zur Rationalisierung genutzt werden, können die Konsequenzen ja nur gravierender sein als die von mir genannten, nämlich daß sich sowohl die Zahl der direkt Betroffenen als auch die Zahl der indirekt Betroffenen in der Größenordnung von 20 000 bewegen wird. Deswegen verstehe ich Ihre Antwort nicht, man könne die Auswirkungen noch nicht übersehen.
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Das kann man in der Tat noch nicht, weil es ja nicht nur darauf ankommt, was sich in diesem speziellen Bereich abspielt, sondern auch darauf, was darüber hinaus geschieht. Davon ist auch abhängig, in welchem Umfange neue Investitionen möglich werden. Die allgemeine wirtschaftliche Lage wird ebenfalls darüber mitentscheiden oder wird mitbestimmend sein, wie die Auswirkungen endgültig und definitiv sein werden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025215500
Zusatzfrage des Abgeordneten Wolfram.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025215600
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, bei allem Verständnis dafür, daß Sie die Zahl der Arbeitsplätze, die gefährdet sind, hier nicht noch einmal zu Protokoll geben wollen, werden Sie doch wohl nicht bestreiten, daß mit einer weiteren Kapazitätsvernichtung von rund 10 Millionen t 20 000 Arbeitsplätze direkt und weitere 20 000 indirekt betroffen sind. Wenn Sie wirklich ernsthaft an dieser Absicht festhalten, was ich für wahnwitzig halte, dann frage ich Sie: Wie wollen Sie dem Saarland, dem Aachener Revier und dem Ruhrgebiet helfen, daß dort in der gleichen Zeit angemessene Ersatzarbeitsplätze geschaffen werden können?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wolfram, noch einmal: Es ist heute nicht möglich, schon zu sagen, wie die Auswirkungen endgültig sein werden.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Das weiß jeder Bergmann!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025215700
Zusatzfrage des Abgeordneten Reuschenbach.

Peter W. Reuschenbach (SPD):
Rede ID: ID1025215800
Herr Staatssekretär, wie können Sie sagen, daß die Auswirkungen nicht abzusehen seien, wo — das dürfen Sie mir wirklich glauben; ein Blick in die heutige Presse oder eine Nachfrage bei der Ruhrkohle-AG würde das bestätigen — schon jetzt, also noch relativ weit vor dem Jahr 1991, die ersten Kokereien geschlossen werden und wo zu erkennen ist, daß in der deutschen Stahlwirtschaft jedenfalls nicht mehr Koks als heute gebraucht wird, zumal Sie ja für Plafondierung der Hilfen für Kokskohle beim Einsatz in der Stahlindustrie sind? Wie können Sie also sagen, daß die Auswirkungen nicht abzusehen seien, wo eine Produktion von 8 bis 9 Millionen t Koks drei bis vier Schachtanlagen ausmacht?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Reuschenbach, Sie können heute Tendenzen erkennen, Sie können aber nicht sagen, was exakt passieren wird.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025215900
Zusatzfrage des Abgeordneten Stahl.

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID1025216000
Herr Staatssekretär, nun sagten Sie, daß die 9 Millionen t jährlich, über die wir derzeitig nachdenken, keinen wesentlichen Anteil für die Energieversorgung der Bundesrepublik — so habe ich Sie verstanden — darstellen. Heißt das, daß, wenn die 9 Millionen t innerhalb der EG nicht mehr abgenommen werden, damit zu rechnen ist, daß die 20 000 Arbeitsplätze im Bergbau dann tatsächlich entfallen werden?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stahl, ich habe darauf hingewiesen, daß die Sicherheit der Versorgung der Bundesrepublik nicht direkt und unmittelbar mit dem Export verbunden ist. Ich habe ferner darauf hingewiesen, daß dieses Thema bereits Thema der Kohlerunde 1983 war und daß man sich darüber verständigt hat, wie man dieses Problem lösen will.
Im übrigen ist darauf hingewiesen worden, daß diese Maßnahme sozialverträglich sein muß und
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 19621
Parl. Staatssekretär Dr. Sprung
daß die Beschäftigungswirkungen in die Überlegungen mit einzubeziehen sind.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Das steht aber nicht mehr im Energiebericht!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025216100
Zusatzfrage des Abgeordneten Schreiner.

Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1025216200
Herr Staatssekretär, da Sie soeben ausführten, die Auswirkungen seien für die Bundesregierung nicht absehbar: Sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß es gerade angesichts der dramatischen Arbeitsmarktsituation in den Montanrevieren nahezu abenteuerlich wäre, wenn die Bundesregierung Maßnahmen ankündigte, ohne sich im vorhinein Gedanken über die denkbaren Auswirkungen — im besonderen auf die Arbeitsplatzsituation — zu machen, und können Sie mir folgen, wenn ich denke, daß das Nachdenken über die Auswirkungen, bezogen auf den Arbeitsmarkt, angesichts der bestehenden Situation geradezu eine zwingende, um in der Sprache des Bundeskanzlers zu reden, Hausaufgabe der Bundesregierung sei?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß in der Kohlerunde 1983 Gespräche über diese Entwicklung zwischen allen Beteiligten geführt worden sind

(Stahl [Kempen] [SPD]: Wir wollen jetzt etwas Neues von der Bundesregierung hören!)

und daß damals darüber ein Einvernehmen erzielt worden ist, wie dieses Problem behandelt werden sollte, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um das Ganze so abzuwickeln, um den Prozeß so zu vollziehen, daß er sozialverträglich ist und die beschäftigungspolitischen Aspekte dabei eine Berücksichtigung erfahren.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Aus dem Aachener Revier und aus dem Ruhrgebiet ist kein einziger CDU-Abgeordneter anwesend!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025216300
Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Jens.

Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID1025216400
Herr Staatssekretär, im Energiebericht, den die Bundesregierung vorgelegt hat, heißt es, daß günstige Zechen erhalten bleiben sollen. Staatssekretär Grüner hat vor wenigen Wochen bei einer Bergfahrt festgestellt, daß diese Zeche nicht geschlossen werden soll. Könnten Sie mir freundlicherweise sagen, welche Zechen dann im Saarland, im Aachener Raum oder im Ruhrgebiet geschlossen werden sollen?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jens, ich habe zu der Frage, die Sie eben gestellt haben, vorhin schon einmal etwas gesagt. Soweit es sich um Herrn Grüner handelt, kann ich nicht sagen, was er damit gemeint hat. Ich müßte ihn erst befragen.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Woher kommt denn der Herr Grüner?)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025216500
Zusatzfrage des Abgeordneten Roth.

Wolfgang Roth (SPD):
Rede ID: ID1025216600
Herr Staatssekretär, Sie haben gerade gesagt, daß diese Reduzierungen nur dann stattfinden sollten, wenn sie sozial- und regionalpolitisch verträglich seien oder gemacht werden könnten. Warum findet sich der Satz, den Sie jetzt hier im Plenum ausgesprochen haben, nicht im Energiebericht wieder, obgleich er vorher in allen Fortschreibungen wörtlich so gestanden hat, wie Sie ihn erneut zitiert haben; denn im Energiebericht ist er von der Bundesregierung offenbar nicht mehr akzeptiert worden?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Roth, das heißt j a nicht, daß das nicht weiterhin gilt.

(Frau Dr. Timm [SPD]: Warum sagt man es denn nicht? — Stahl [Kempen] [SPD]: Das ist die neue Politik von Bangemann!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025216700
Frau Abgeordnete Steinhauer, Sie hatten schon eine Zusatzfrage zu dieser Frage stellen können, und ich kann Ihnen keine weitere gewähren. Aber das Thema wird ja fortgesetzt bei der Beantwortung der nächsten Frage.
Ich rufe die Frage 28 des Abgeordneten Stahl (Kempen) auf:
Teilt die Bundesregierung unsere Auffassung, daß die kritische Situation im Finanzierungssystem des Verstromungsfonds — auf die im Energiebericht unter Tz. 60 hingewiesen wird — gar nicht aufgetreten wäre, wenn die Bundesregierung im Mai d. J. bei der Neufestlegung des sogenannten Kohlepfennigs den damals schon absehbaren höheren Finanzbedarf hinreichend berücksichtigt hätte?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stahl, die Bundesregierung teilt Ihre Auffassung nicht, weil der Ölpreiseinbruch und die Dollarkursentwicklung der Sommermonate 1986 in dieser Form nicht vorhersehbar waren. Bei der Heraufsetzung der Ausgleichsabgabe auf 4,5% im Mai dieses Jahres wurde die Olpreisentwicklung der ersten Monate dieses Jahres, über die Daten verfügbar waren, berücksichtigt. Außer diesen konkreten Daten standen für eine Abschätzung der weiteren Ölpreisentwicklung keine verläßlichen Anhaltspunkte zur Verfügung. Im übrigen bemühte sich die OPEC schon damals um eine Stabilisierung des Kartells und seiner Preise. Eine auf spekulative Basis abstellende Überbelastung des Stromverbrauchers durch einen zu hohen Abgabesatz sollte auf jeden Fall vermieden werden.
Der Verstromungsbeirat, der den Bundesminister für Wirtschaft nach dem Dritten Verstromungsgesetz bei der Festsetzung des Abgabesatzes berät, hat sich im Mai mit großer Mehrheit für eine maßvolle Erhöhung des Abgabesatzes ausgesprochen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025216800
Zusatzfrage.

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID1025216900
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß, wenn diese 4,5 % überschritten werden — und das ist ja wohl in dieser Situation der Fall —, der Bundeswirtschaftsminister im Parlament eine Novellierung des Gesetzes vorschlagen muß und
19622 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986
Stahl (Kempen)

daß dies der eigentliche Grund war, der deutschen Öffentlichkeit nicht die Wahrheit sagen zu wollen, daß man diese Novellierung jetzt vor Auslaufen der Legislaturperiode nicht in Angriff genommen hat?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stahl, dies ist nicht richtig.
Aber im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß die Hilfen, die damit für die Kohle gewährt werden, doch für die Bundesregierung, meine ich, eine positive Seite gehabt hätten. Das hat die Diskussion jetzt gezeigt. Gleichwohl, diese Hilfen werden im nächsten Jahr angepaßt werden müssen. Das ist heute bereits erkennbar.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025217000
Weitere Zusatzfrage, bitte schön.

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID1025217100
In dem Zusammenhang, Herr Staatssekretär, darf ich Sie dann fragen: Natürlich hat dies positive Auswirkungen. Aber der Bundesfinanzminister spricht immer davon, daß Kredite nicht aufgenommen werden sollen, weil die Zinsen dann letztendlich auch vom Verbraucher bezahlt werden müßten. Ist es unter diesem Gesichtspunkt nicht dringend geboten, eine Novellierung des Gesetzes, bezogen auf diesen Punkt 4,5 %, vorzunehmen, um die Wahrheit und Klarheit der künftigen Politik der Bundesregierung zu gewährleisten?

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Die verstoßen gegen das Gesetz!)

Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stahl, Sie wissen, daß der Finanzminister davon nicht berührt ist.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025217200
Zusatzfrage des Abgeordneten Wolfram.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025217300
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wann wird denn die Bundesregierung mit dem Vorschlag auf Anpassung der Ausgleichsabgabe und in welcher Höhe überkommen, wann wird sie den geplünderten Kreditrahmen wieder auffüllen, und wann wird sie der Elektrizitätswirtschaft, die ja bislang nur 60 % ihrer Ansprüche bedient bekommen hat, die restlichen 40 % auszahlen?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wolfram, ich glaube, ich kann auf das verweisen, was der Bundeskanzler dazu gesagt hat.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Er hat nichts dazu gesagt!)

Ich könnte mir denken, daß Sie an dem Abend der letzten Woche in der Landesvertretung NordrheinWestfalen dabei gewesen sind. Da heißt es:
... daß der nach dem Verstromungsgesetz von allen Verbrauchern aufzubringende Kohlepfennig, der in diesem Jahr bereits auf 4,5 % angehoben worden war, erneut erhöht werden muß. Wie hoch diese Korrektur ausfallen muß, hängt nicht zuletzt von der Entwicklung in den kommenden Wochen und Monaten ab. Wir werden deshalb im Frühjahr die notwendigen Entscheidungen treffen und damit die sichere Grundlage für die weitere Erfüllung des Jahrhundertvertrages schaffen. Dort wird dann auch darüber zu entscheiden sein, wie bezüglich des Kreditrahmens verfahren wird.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Und die 40 %?)

— Auch das wird geschehen. Es wird dann ein Weg gefunden werden, das, was an Überhängen da ist, abzuwickeln.

(Stahl [Kempen] [SPD]: Kreditieren!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025217400
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Menzel.

Heinz Menzel (SPD):
Rede ID: ID1025217500
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Kasse beim Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft, die ja diesen Ausgleich zahlt, auf Grund der derzeitigen Situation monatlich ein Minus von 150 Millionen DM macht,

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Für 1986!)

und können Sie die Frage beantworten, ob denn der Kreditrahmen, der gesetzlich eingeräumt ist, ausgeschöpft ist

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Schon weg!)

und wie Sie die Finanzierung so lange aufrechterhalten wollen, bis die Regierung meint, daß eine Entscheidungsnotwendigkeit besteht?

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Die 500 Millionen sind doch schon weg!)

Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Ich kenne diese Zahl, die Sie genannt haben, nicht. Der Kreditrahmen wird sicherlich ausgeschöpft werden. Das ergibt sich aus der Entwicklung und aus dem, was ich gesagt habe. Noch einmal: Es wird unmittelbar nach dem

(Stahl [Kempen] [SPD]: 25. Januar! Nennen Sie doch ruhig mal den Termin!)

Neuzusammentritt des Parlamentes darüber entschieden.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Sie wissen doch heute schon, was notwendig ist für 1986!)

Dann haben wir auch, was entscheidend und wichtig ist, verläßlichere Daten, als wir sie im Augenblick haben.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Das hat doch damit überhaupt nichts zu tun!)

Dann wird auch die OPEC-Runde, die Dezemberrunde vorüber sein. Dann wird darüber entschieden werden, wie die Probleme und die Punkte, die Sie angesprochen haben, gelöst werden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025217600
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Beckmann.

Klaus Beckmann (FDP):
Rede ID: ID1025217700
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die maßvolle Erhöhung des Koh-
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986 19623
Beckmann
lepfennigs durch den Bundeswirtschaftsminister auf 4,5% im Einvernehmen mit den Unternehmen des deutschen Steinkohlebergbaus, dem Lande Nordrhein-Westfalen und der Verstromungswirtschaft erfolgt ist?

(Stahl [Kempen] [SPD]: Was sollen die denn sagen, Beckmann? So ein Quatsch! Der Wirtschaftsminister muß nach dem Dritten Verstromungsgesetz handeln!)

Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Ich kann dies bestätigen, Herr Beckmann. Ich habe darauf hingewiesen, daß wir außerdem einen Verstromungsbeirat haben, den wir damit zu befassen haben. Das ist geschehen. Der Verstromungsbeirat war mit dem Bundeswirtschaftsministerium der Meinung, daß diese Anhebung um 4,5% eine maßvolle Anhebung sei.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Aber heute verstoßen Sie gegen das Gesetz!)

und unter den Bedingungen und den damals verfügbaren Daten eine richtige Entscheidung gewesen sei

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Aber heute stimmt das nicht mehr!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025217800
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Reuschenbach.

Peter W. Reuschenbach (SPD):
Rede ID: ID1025217900
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß ganz unabhängig davon, ob Beiräte oder sonstige Interessierte und Beteiligte eine Maßnahme billigen, das Recht zu wahren ist und daß die Bundesregierung nach dem Gesetz verpflichtet ist, nicht Monate später oder ein Jahr später, sondern unverzüglich dafür zu sorgen, daß in dem Fonds so viel enthalten ist, wie an Ausgaben — wiederum hergeleitet vom Gesetz — geleistet werden muß?

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: So ist das! Jawohl! Sehr richtig!)

Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Reuschenbach, Sie haben ja diese Frage gestellt. Darauf wird noch zu antworten sein. Es ist so verfahren worden. Wir haben uns im Mai mit dem Problem zu befassen gehabt. Es ist eine Entscheidung getroffen worden — noch einmal: auf der Basis der damals verfügbaren Daten.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Dann hätten Sie doch 100 % ausgezahlt und nicht 60!)

Was jetzt geschehen muß, ist sicherlich eine Anhebung dieses Satzes. Dazu ist das Parlament einzuschalten.

(Stahl [Kempen] [SPD]: Das hätte schon vorher eingeschaltet werden müssen!)

Das wird im nächsten Frühjahr geschehen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025218000
Nun rufe ich die Frage 29 des Abgeordneten Stahl auf. Ich nehme an, das wird dann auch die letzte Frage der heutigen Fragestunde sein.
Wie hoch beziffert die Bundesregierung den Fehlbetrag der Ausgleichsabgabe für 1986 und 1987, der aus der zu geringen Anhebung im Mai d. J. entstanden ist, und welches Niveau ergibt sich aus einer korrekten Berechnung?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stahl, der Fehlbetrag der Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz für 1986 wird voraussichtlich über einer Milliarde DM liegen. Eine exakte Berechnung ist zur Zeit nicht möglich, da die Preise für schweres Heizöl für das letzte Quartal 1986 noch nicht vorliegen. Für 1987 können keine konkreten Angaben gemacht werden. Die Entwicklung der Ölpreise 1987 läßt sich, wie die Erfahrungen zeigen, nicht verläßlich prognostizieren. Nach Einschätzung der Bundesregierung wird sie sehr wesentlich von der konkreten Angebots- und Nachfragesituation in den kommenden Wintermonaten und dem Ausgang der OPEC-Konferenz im Dezember 1986 bestimmt werden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025218100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID1025218200
Herr Staatssekretär, sind in dem Minus von über einer Milliarde DM in diesem Fonds im Jahre 1986 auch schon die Verpflichtungen und der bisher ausgeschöpfte Kreditrahmen enthalten, oder wird das noch hinzugerechnet?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Bei dieser Milliarde, Herr Stahl, handelt es sich um jenen Betrag, der nach den entsprechenden Vereinbarungen auf der Basis der Regelungen, die getroffen worden sind, zu zahlen ist.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025218300
Eine Zusatzfrage?

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID1025218400
Herr Staatssekretär, wie belaufen sich denn nach dem Minus von über einer Milliarde DM, die j a nun heute doch sehr gut zu übersehen ist

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Für 1986!)

— für 1986, sage ich ausdrücklich —, die Zahlen für 1987 im Haushalt, und wie lauten die Minusschätzungen, für 1987? Ist es nach dem Gesetz nicht so, daß die Bundesregierung verpflichtet ist, wenn derartige Entwicklungen voraussehbar sind, das Gesetz auch tatsächlich abzuändern, damit ein derart großes Minus und weitere Verpflichtungen nebenher überhaupt nicht auflaufen?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stahl, Sie haben wiederum vom Haushalt gesprochen. Der Bundeshaushalt hat damit nichts zu tun;

(Stahl [Kempen] [SPD]: Richtig! Das weiß ich!)

das ist das erste, was ich feststellen möchte.
Das zweite: Sie können nicht vorausschätzen, wie sich die Entwicklung im nächsten Jahr vollziehen wird. Sie wissen nicht, wie die Ölpreisentwicklung aussehen wird. Wir werden in diesem Monat eine weitere OPEC-Konferenz haben. Was daraus folgen wird, kann man heute beim besten Willen noch nicht sagen. Wir können uns langsam an den Wert
19624 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 252. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. Dezember 1986
Parl. Staatssekretär Dr. Sprung
von 1986 herantasten; aber auch dieser Wert liegt noch nicht fest. Wir haben nur eine ungefähre Größenordnung im Griff, mehr nicht.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025218500
Zusatzfrage des Abgeordneten Wolfram.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID1025218600
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, bei aller Liebenswürdigkeit in der Art, wie Sie unsere für Sie zugegebenermaßen unbequemen Fragen beantworten, frage ich Sie: Sind Sie nicht auch der Meinung, daß man eigentlich eine Aktuelle Stunde anschließen müßte, was wir aber mit Rücksicht auf die allgemeine Lage nicht tun werden? Wollen Sie mir bestätigen, daß aus der Art, wie Sie Entscheidungen verdrängen und verschieben, die Sorge berechtigt ist, daß die Bundesregierung möglicherweise einer Schwächung des Kohleverstromungsvertrages Vorschub leistet?

(Beifall bei der SPD)

Sie wissen, daß es genug Gegner des Vertrages gibt. Bestärken Sie nicht die Sorgen der Bergleute im Saarland, im Aachener Revier und im Ruhrrevier, ob Sie es ernst meinen, die Verstromung als einen der Eckpfeiler in der Kohlevorrangpolitik zu erhalten?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wolfram, zunächst zur Aktuellen Stunde: Es würde in der Aktuellen Stunde nicht mehr gesagt werden können als das, was ich jetzt hier vortrage,

(Anhaltende Zurufe der SPD)

weil es beim besten Willen nicht möglich ist, andere Angaben zu machen. Sie können nicht exakt in die Zukunft hineinsehen, Sie können die Zukunft zahlenmäßig nicht so fixieren,

(Stahl [Kempen] [SPD]: Aber Sie können doch wenigstens die gesetzlichen Auflagen erfüllen!)

wie Sie das hier für möglich halten. Sie selbst haben die Erfahrung in den Jahren machen müssen, in denen Sie in der Regierungsverantwortung waren. Dies zum ersten.

(Zurufe von der SPD)

Zum zweiten, Herr Kollege Wolfram: Es ist j a klar und eindeutig vom Bundeskanzler zum Ausdruck gebracht worden, wie verfahren wird. Ich habe Ihnen eben einen entsprechenden Passus aus seiner Rede vorgelesen. Ich meine, es ist nicht der geringste Anlaß vorhanden, etwa daran zu zweifeln, daß den Verpflichtungen nicht entsprochen wird, die die Bundesregierung gegenüber der Kohle hat.

(Stahl [Kempen] [SPD]: Doch! Daran muß man zweifeln nach dem, was Sie geantwortet haben!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025218700
Als letzte Frage lasse ich nun die Frage des Abgeordneten Menzel zu.

Heinz Menzel (SPD):
Rede ID: ID1025218800
Herr Staatssekretär, haben Sie wenigstens Verständnis für die Unruhe bei den im Bergbau Beschäftigten in den Regionen von Saar, Aachen und der Ruhr,

(Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Die Unruhe wird bewußt geschürt! — Gegenruf des Abg. Wolfram [Recklinghausen] [SPD])

die sich noch dadurch verstärkt,

(Anhaltende Zurufe des Abg. Müller [Wadern] [CDU/CSU] und Gegenrufe des Abg. Wolfram [Recklinghausen] [SPD])

daß Sie sich heute geweigert haben, auf viele Fragen eine klare Antwort zu geben?
Dr. Sprung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Menzel, sehr viel Verständnis hat die Bundesregierung dafür, das ist gar keine Frage, daß die Lage der Kohle angesichts der allgemeinen Entwicklung auf dem Energiemarkt, dem Weltkohlemarkt usw. schwierig ist. Aber die Bundesregierung hat sehr deutlich zum Ausdruck gebracht — der Bundeskanzler hat das getan, der Wirtschaftsminister hat das getan —, daß alles geschieht, um diesen Sorgen Rechnung zu tragen. Die Erhöhung der finanziellen Leistungen, die ich erwähnt habe, die anderen Maßnahmen, die ergriffen werden, dies alles ist, meine ich, Ausdruck dafür, daß die Bundesregierung diese Sorgen ernst nimmt und alles tut, um ihnen zu begegnen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1025218900
Die Fragestunde ist beendet. Herr Staatssekretär, ich möchte mich bei Ihnen bedanken.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für Donnerstag, den 4. Dezember, 8 Uhr ein.
Ich schließe die heutige Sitzung.