Protokoll:
10237

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 10

  • date_rangeSitzungsnummer: 237

  • date_rangeDatum: 15. Oktober 1986

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:36 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/237 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 237. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. Oktober 1986 Inhalt: Fragestunde — Drucksache 10/6139 vom 10. Oktober 1986 — Überweisung restlicher Gelder aus dem Europa-Wahlkampf 1984 nach Nicaragua und El Salvador durch die GRÜNEN MdlAnfr 5 10.10.86 Drs 10/6139 Lowack CDU/CSU Antw PStSekr Spranger BMI 18295 B ZusFr Lowack CDU/CSU 18295 C ZusFr Vogel (München) GRÜNE . . . 18295 D ZusFr Mann GRÜNE 18295 D ZusFr Eigen CDU/CSU 18296 B Arbeitsergebnisse der Projektgruppe für ein allgemeines Informationszugangsrecht beim Bundesministerium des Innern MdlAnfr 6 10.10.86 Drs 10/6139 Mann GRÜNE Antw PStSekr Spranger BMI 18296 B ZusFr Mann GRÜNE 18296 C Neubewertung der Zusammenführung von Milchquoten; Abkoppelung der Milchmengen von der Fläche MdlAnfr 40, 41 10.10.86 Drs 10/6139 von Hammerstein CDU/CSU Antw PStSekr Dr. von Geldern BML . . 18297 A ZusFr von Hammerstein CDU/CSU . . . 18297 B ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 18298A ZusFr Lowack CDU/CSU 18298A ZusFr Mann GRÜNE 18298A Erhebung einer Abgabe beim Import von Eiern in Dänemark; Wettbewerbsverzerrung durch Subventionierung der Milchwirtschaft in Frankreich MdlAnfr 44, 45 10.10.86 Drs 10/6139 Eigen CDU/CSU Antw PStSekr Dr. von Geldern BML . 18298 C ZusFr Eigen CDU/CSU 18299 A Militärische Tiefflüge der deutschen und der alliierten Luftstreitkräfte über der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere über dem Saarland; entsprechende Flüge im Ausland; Mindestflughöhe in den Niederlanden MdlAnfr 55, 56 10.10.86 Drs 10/6139 Schreiner SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 18299 D ZusFr Schreiner SPD 18300A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 18300 C ZusFr von Hammerstein CDU/CSU . . 18300 D ZusFr Brück SPD 18301A ZusFr Dr. Schierholz GRÜNE 18302 C ZusFr Ganz (St. Wendel) CDU/CSU . . 18302 D ZusFr Berger CDU/CSU 18303A Unterschiedliche Behandlung von Antragstellern an den Streitkräften, die Frühpensionierung nach dem Personalstrukturgesetz beantragen MdlAnfr 57, 58 10.10.86 Drs 10/6139 Kastning SPD II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Oktober 1986 Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 18303 B ZusFr Kastning SPD 18303 C ZusFr Dr. Schierholz GRÜNE 18304 A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 18304 B ZusFr Gansel SPD 18304 B Reduzierung der Dienstzeitbelastung der Soldaten MdlAnfr 59 10.10.86 Drs 10/6139 Gansel SPD Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . 18305 B ZusFr Gansel SPD 18305 D ZusFr Berger CDU/CSU 18306A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 18306 B Außerdienststellung der Atomraketen Pershing I a der Bundeswehr-Flugkörpergeschwader in Landsberg und Geilenkirchen; zukünftige Beschaffung atomarer Trägerwaffen MdlAnfr 62, 63 10.10.86 Drs 10/6139 Dr. Schierholz GRÜNE Antw PStSekr Würzbach BMVg . . . . 18306C ZusFr Dr. Schierholz GRÜNE 18306 D ZusFr Gansel SPD 18307 C ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 18307 D ZusFr Berger CDU/CSU 18307 D Unterbindung der englischsprachigen antisemitischen Aufkleber-Aktion des amerikanischen Verlages Liberty Bell Publications in deutschen Großstädten MdlAnfr 28, 29 10.10.86 Drs 10/6139 Rusche GRÜNE Antw PStSekr Erhard BMJ 18308 A ZusFr Rusche GRÜNE 18308 B ZusFr Ströbele GRÜNE 18308 D Meldung von Paßverweigerungen und -entziehungen an das Bundeszentralregister vor der Neuregelung des Paßgesetzes im Jahre 1986; gleichgelagerte Personalausweisfälle MdlAnfr 30, 31 10.10.86 Drs 10/6139 Ströbele GRÜNE Antw PStSekr Erhard BMJ 18308 D ZusFr Ströbele GRÜNE 18309A Recht des Zugangs zu Truppenübungsplätzen der britischen Streitkräfte für Personen des ehrenamtlichen Naturschutzes MdlAnfr 33, 34 10.10.86 Drs 10/6139 Dr. Klejdzinski SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 18309 D ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 18310A Haltung der Bundesregierung zu den vom Bundeswirtschaftsminister vorgeschlagenen Subventionskürzungen als Ausgleich für den Steuerausfall bei Abschaffung der Gewerbesteuer; Art der zu kürzenden Subventionen MdlAnfr 35, 36 10.10.86 Drs 10/6139 Dr. Schöfberger SPD Antw PStSekr Grüner BMWi 18311A ZusFr Dr. Schöfberger SPD 18311 B Aktivierung alternativer Energieforschung und -politik innerhalb der EG angesichts des Reaktorunfalls von Tschernobyl MdlAnfr 38, 39 10.10.86 Drs 10/6139 Dr. Kübler SPD Antw PStSekr Grüner BMWi 18311 D ZusFr Dr. Kübler SPD 18312A Hinweis der Arbeitsämter an Arbeitslose über 58 Jahre auf die erleichterte Bewährung von Arbeitslosengeld gemäß § 105c des Arbeitsförderungsgesetzes ohne Aufzeigen möglicher finanzieller Nachteile; Entlastung der Arbeitslosenstatistik MdlAnfr 47, 48 10.10.86 Drs 10/6139 Reimann SPD Antw PStSekr Vogt BMA 18313A ZusFr Reimann SPD 18313 B Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Gehörlosen-Signalgeräte und Ausweitung der Zahl der freien Gebühreneinheiten für Schreibtelefone MdlAnfr 51 10.10.86 Drs 10/6139 Dr. Enders SPD Antw PStSekr Vogt BMA 18314A ZusFr Dr. Enders SPD 18314 C ZusFr Frau Hürland CDU/CSU 18314 D Nächste Sitzung 18315C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 18317*A Anlage 2 Zusammenhang zwischen steigender Geburtenrate und der Familienpolitik der Bundesregierung Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Oktober 1986 III MdlAnfr 7, 8 10.10.86 Drs 10/6139 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP SchrAntw PStSekr Frau Karwatzki BMJFFG 18317* B Anlage 3 Unterzeichnung der VN-Konvention gegen Folter; Vorbehalt zu Art. 3 der Konvention MdlAnfr 26, 27 10.10.86 Drs 10/6139 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD SchrAntw PStSekr Erhard BMJ . . . 18317* D Anlage 4 Aufkommen an Kraftfahrzeugsteuer bei den Ländern und an Mineralölsteuer beim Bund in den ersten neun Monaten des Jahres 1986 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum; Möglichkeit einer Senkung der Mineralölsteuer für bleifreies Benzin und einer Verlängerung des Steuerbegünstigungszeitraums für schadstoffarme Kraftfahrzeuge MdlAnfr 32 10.10.86 Drs 10/6139 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . 18318*A Anlage 5 Genehmigungen zum Export von Kriegswaffen und Rüstungsgütern in den Nahen Osten, insbesondere nach Saudi-Arabien, in den letzten zwölf Monaten MdlAnfr 37 10.10.86 Drs 10/6139 Gansel SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 18318* D Anlage 6 Förderung der Mutterkuhhaltung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe ,,Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" MdlAnfr 42, 43 10.10.86 Drs 10/6139 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Geldern BML 18319*A Anlage 7 Teilnahme des Parlamentarischen Staatssekretärs Würzbach an der Eröffnung der Rüstungsexportausstellung in Griechenland MdlAnfr 60, 61 10.10.86 Drs 10/6139 Lange GRÜNE SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . 18319* C Anlage 8 Zahl der Erwerbstätigen im September 1986; überhöhte Angaben des Statistischen Bundesamtes für 1985 MdlAnfr 49, 50 10.10.86 Drs 10/6139 Kirschner SPD SchrAntw PStSekr Vogt BMA . . . . 18319* D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Oktober 1986 18295 237. Sitzung Bonn, den 15. Oktober 1986 Beginn: 13.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 16. 10. Bastian 15. 10. Büchner (Speyer) * 17. 10. Frau Dr. Däubler-Gmelin 15. 10. Eickmeyer 17. 10. Ertl 15. 10. Ewen 17. 10. Fischer (Bad Hersfeld) ** 16. 10. Frau Fuchs (Köln) 17. 10. Gallus 15. 10. Gansel ** 15. 10. Dr. Geißler 16. 10. Haase (Fürth) 17. 10. Handlos 17. 10. Hanz (Dahlen) 17. 10. Frau Dr. Hartenstein 17. 10. Hettling 17. 10. Jansen 17. 10. Jaunich 17. 10. Junghans 17. 10. Frau Kelly ** 16. 10. Kittelmann ** 15. 10. Dr. Köhler (Duisburg) 17. 10. Lemmrich ** 15. 10. Dr. Müller * 17. 10. Müller (Wadern) 17. 10. Nagel 17. 10. Nelle 17. 10. Dr. Pinger 15. 10. Reddemann ** 16. 10. Rode (Wietzen) 15. 10. Rühe 16. 10. Dr. Rumpf ** 16. 10. Sander 17. 10. Schäfer (Mainz) 15. 10. Schartz (Trier) 17. 10. Dr. Scheer ** 17. 10. Schlatter 17. 10. Schmidt (Hamburg) 17. 10. Schröer (Mülheim) 15. 10. Schulte (Menden) 17. 10. Dr. Frhr. Spies von Büllesheim 17. 10. Stücklen 17. 10. Voigt (Northeim) 15. 10. Weiß 15. 10. Frau Will-Feld 17. 10. Frau Zeitler 17. 10. für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Karwatzki auf die Fragen der Abgeordneten Frau Hamm-Brücher (FDP) (Drucksache 10/6139 Fragen 7 und 8): Anlagen zum Stenographischen Bericht Worauf ist nach Ansicht der Bundesregierung die leicht steigende Geburtenrate in der Bundesrepublik Deutschland zurückzuführen? Welche nachweisbaren Zusammenhänge gibt es nach Ansicht der Bundesregierung zwischen den steigenden Geburtenraten und der Familienpolitik der Regierung? Die Geburtenzahlen in der Bundesrepublik Deutschland sind im ersten Halbjahr 1986 um 5,2% gestiegen, d. h. von 288 858 im Jahr 1985 auf 303 940 im Jahr 1986. Diese Entwicklung setzt sich in den Monaten Juli und August fort. Die Zahl der Geburten wird von einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Faktoren mit jeweils unterschiedlichem Gewicht beeinflußt, wie z. B. die sozialen Bedingungen, unter denen Familien leben, der Wert, der Kindern in einer Gesellschaft zugemessen wird, oder das gesamtgesellschaftliche Klima. Bisher ist es der Wissenschaft nicht möglich, den Einfluß einzelner Faktoren auf das Geburtengeschehen zu isolieren. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes sind lediglich 1,7 % des derzeitigen Geburtenanstiegs von 5,2 % auf die Zunahme der Frauen im gebährfähigen Alter zurückzuführen. Da aber auch in früheren Jahren die Zahl der Frauen im gebährfähigen Alter aus den geburtenstarken Jahrgängen zunahm, die Geburtenzahlen aber gleichwohl abnahmen, ist es zumindest plausibel, einen Zusammenhang zwischen einem veränderten politischen Klima, der Familienpolitik und dem Anstieg der Geburtenzahlen anzunehmen, wenn im Jahr des Wirksamwerdens der wichtigsten Maßnahmen des 10-Milliarden-Familienpakets wie Erziehungsgeld, Erziehungsurlaub, erhöhter Kinderfreibetrag bei der Steuer und Kindergeldzuschlag die Geburtenrate nach Jahren erstmals wieder steigt. Die Bundesregierung hat mit ihrer Familienpolitik nicht nur die finanzielle Situation von Familien verbessert, sondern insgesamt ein familien- und kinderfreundliches Klima geschaffen, das auch so von der Bevölkerung verstanden wird. Um die Zusammenhänge zwischen den familienpolitischen Maßnahmen und der Entscheidung von jungen Paaren für Kinder besser zu erhellen, wird das Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit in Kürze ein Forschungsvorhaben vergeben, das klären soll, welche Bedeutung die materiellen und immateriellen Verbesserungen für Familien in der Familiengründungsphase haben. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Erhard auf die Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin (SPD) (Drucksache 10/6139 Fragen 26 und 27): 18318* Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Oktober 1986 Welche Gründe hindern die Bundesregierung noch an der Zeichnung der Konvention der Vereinten Nationen — Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (Drucksache 10/4943)? Treffen Meldungen aus Bayern zu, denen zufolge ein Vorbehalt zu Artikel 3 der Konvention eingelegt werden soll, und welchen Wortlaut hat der vorgesehene Vorbehalt? Zu Frage 26: Keine. Die Konvention ist Anfang dieser Woche gezeichnet worden. Zu Frage 27: Entsprechend dem Beschluß der Ständigen Vertragskommission der Länder ist bei der Zeichnung die folgende Erklärung abgegeben worden: Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland behält sich das Recht vor, bei der Ratifizierung diejenigen Vorbehalte oder Interpretationserklärungen mitzuteilen, die sie insbesondere im Hinblick auf die Anwendbarkeit von Artikel 3 für erforderlich hält. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 10/6139 Frage 32): Wie ist die Entwicklung des Aufkommens an Kraftfahrzeugsteuer bei den Ländern und an Mineralölsteuer beim Bund in den ersten neun Monaten des Jahres 1986 gegenüber dem Aufkommen des gleichen Vorjahreszeitraums, und sieht die Bundesregierung danach Spielräume für die weitere Senkung der Mineralölsteuer bei bleifreiem Benzin bzw. für die Verlängerung des Begünstigungszeitraums für schadstoffarme Automobile bei der Kraftfahrzeugsteuer? 1. Das Kraftfahrzeugsteuer-Aufkommen betrug in den ersten neun Monaten des Jahres 1986 rund 7,5 Milliarden DM und liegt damit um rund 1,6 Milliarden DM über dem Aufkommen des gleichen Vorjahreszeitraums. Das Mineralölsteuer-Aufkommen (ohne Heizölsteuer) lag in den ersten neun Monaten des Jahres 1986 mit 16,1 Milliarden DM um rund 0,7 Milliarden DM über dem Aufkommen des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Die Bundesregierung sieht keine Spielräume für eine Verstärkung der Vergünstigungen für schadstoffarme Autos bei der Kfz-Steuer oder für eine weitere Senkung der Mineralölsteuer bei bleifreiem Benzin. Beide Steuervergünstigungen in Verbindung mit Steuererhöhungen sollten von vornherein mittelfristig aufkommensneutral sein. Es war stets klar, daß am Anfang Steuermehreingänge zu erwarten sind, während sich dies von Jahr zu Jahr mehr ausgleicht bis hin zu Steuermindereinnahmen. Für die Mineralölsteuer gilt folgendes: Der Anteil des unverbleiten Benzins am Benzinabsatz ist im September 1986 bereits auf rund 12 vom Hundert angewachsen und steigt jeden Monat weiter an. Der Bund kann 1986 zwar noch rund 555 Millionen DM aus dem Bleizuschlag erlösen, muß aber bereits Einnahmeverluste beim unverbleiten Benzin von rund 172 Millionen DM hinnehmen. Da die Steuerermäßigung für unverbleites Benzin die Steuererhöhung für verbleites Benzin übersteigt, werden die Überschüsse des Bundes vergleichsweise rasch abgebaut. Die Bundesregierung hat sich in Brüssel wiederholt und nachdrücklich dafür eingesetzt, in der Bundesrepublik Deutschland verbleites Normalbenzin mit einem gegenwärtigen Marktanteil von rund 33 vom Hundert aus dem Markt zu nehmen, um die Umstellung auf unverbleites Benzin noch zu beschleunigen. Die Bundesregierung hofft, in den kommenden Monaten in Brüssel zu einer günstigen Entscheidung zu kommen. Für die Kraftfahrzeugsteuer ist zu bemerken: Der Bestand an begünstigten Personenkraftwagen hatte sich zunächst zwar nicht in dem erwarteten Umfang entwickelt. Der Anteil dieser Fahrzeuge ist aber gerade in den letzten Monaten stark angestiegen. Diese Entwicklung hält erfreulicherweise an. Es kann daher jetzt noch nicht gesagt werden, ob die Mehreinnahmen aufgrund der Steuererhöhungen die Aufkommensausfälle mittelfristig übersteigen werden. Unabhängig davon könnte aber eine Verlängerung des Begünstigungszeitraumes, zum Beispiel durch Verlängerung der Steuerbefreiungszeit oder Hinausschieben der beiden Stichtage für eine Kürzung der Steuerbefreiung um jeweils 25 vom Hundert, aus folgenden Gründen nicht in Betracht kommen: — Es war eine Forderung der EG, daß die steuerliche Förderung „deutlich unter den zusätzlichen Kosten für die Ausrüstung eines Autos im Hinblick auf die Erfüllung der neuen europäischen Normen" liegen müsse. Aus diesem Grunde mußte der ursprünglich vorgesehene Steuervorteil von rund 3 000 DM auf 2 200 DM verringert werden. — Außerdem hat die Preisentwicklung die Erwartungen der Bundesregierung bestätigt, daß die Mehrkosten für Katalysatorfahrzeuge nach einer gewissen Anlaufzeit sinken würden, so daß es schon aus diesem Grunde gerechtfertigt ist, die im Gesetz vorgesehene Staffelung der Steuerbefreiungszeiten beizubehalten. — Im übrigen waren die maßgeblichen Stichtage schon lange bekannt. Da Stichtage im wirtschaftslenkenden Bereich des Steuerrechts eine Rolle spielen, dürfen sie nicht ständig verändert werden, müssen vielmehr auch künftig glaubhaft bleiben. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 10/6139 Frage 37): Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Oktober 1986 18319* Welche Genehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollbzw. Außenwirtschaftsgesetz hat die Bundesregierung in den vergangenen zwölf Monaten für Exporte von Kriegswaffen und Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien oder anderen Ländern des Nahen Ostens erteilt? Es trifft zu, daß es in den vergangenen 12 Monaten Genehmigungen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz und dem Außenwirtschaftsgesetz für die Lieferung von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Ländern des Nahen Ostens gegeben hat. Diese Genehmigungen entsprechen der Genehmigungspraxis gegenüber diesen Ländern, die Ihnen aus den Darlegungen der Bundesregierung im Auswärtigen Ausschuß bekannt ist. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Geldern auf die Fragen des Abgeordneten Immer (Altenkirchen) (SPD) (Drucksache 10/6139 Fragen 42 und 43): Inwieweit mißt die Bundesregierung der Mutterkuhhaltung eine positive Bedeutung bei, insbesondere auf Grund der Tatsache, daß die Reproduktion nicht gekoppelt ist mit einer Milcherzeugung, die auf den Überschußmarkt drängt, daß bei bestimmten Rassen überdies durch extensive Weide-nutzung die Zeiten bis zur Erlangung der Schlachtreife vier bis sechs Monate länger anzusetzen sind als bei der intensiven Rinder- und Bullenmast und daß die erzielte Fleischqualität weit über Durchschnitt festgestellt werden muß, damit diese alternative Nutzung gerade in den Grönlandgebieten gefördert werden kann? Inwieweit ist die Bundesregierung in der Lage und bereit, im PLANAK (Planungsausschuß Agrarstruktur und Küstenschutz) eine Mehrheit dafür zu erreichen, daß in Zukunft im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" eine einheitliche und angemessene Förderung der Mutterkuhhaltung erreicht wird angesichts der Tatsache, daß die Förderung der Milchkuhhaltung — trotz des Überschußdilemmas — gegenüber der Förderung der Mutterkuhhaltung nach dem Verhältnis 15 :1 geschieht, was auf Dauer nicht den Intentionen einer EG-Agrarreform entspricht? Zu Frage 42: Der besondere agrarpolitische Wert der Mutterkuhhaltung liegt darin, daß — die von der Fleischrinderhaltung beanspruchten Grünlandflächen der Milchviehhaltung entzogen werden — das vorwiegend auf der Weide erzeugte Rindfleisch eine gute Fleischqualität aufweist — sie gegenüber der Milcherzeugung eine wesentlich geringere Produktionsleistung je ha Futterfläche erbringt. Bei der extensiven Weidenutzung durch die Mutterkuhhaltung werden im Vergleich zur intensiven Bullenmast geringere Tageszunahmen erzielt. Zu Frage 43: Die Möglichkeiten einer Förderung der Fleischrinderhalter über die Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz" wurden sowohl mit den Bundesländern wie auch in meinem Hause eingehend erörtert. Gegen eine Aufnahme der Förderung der Mutterkuhhalter in den Bereich der Gemeinschaftsaufgabe sprechen sowohl rechtliche wie finanzpolitische Bedenken. Im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe können nur solche Maßnahmen gefördert werden, für die ein gewisser Planungsspielraum besteht. Dies ist bei der Gewährung der Zusatzprämie an Mutterkuhhalter nicht der Fall, da die Zusatzprämie sowohl der Höhe nach wie auch im Hinblick auf die von der Maßnahme Begünstigten im Gemeinschaftsrecht genau bestimmt ist. Einzelne Bundesländer haben die Förderung der Mutterkuhhalter im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe ebenfalls aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt. Da die Förderung der Mutterkuhhalter durch Gewährung der nationalen Zusatzprämie aus agrar- und umweltpolitischen Gründen allgemein für zweckmäßig gehalten und gewünscht wird, wird in meinem Hause derzeit geprüft, ob und unter welchen rechtlichen Voraussetzungen eine Förderung aus Bundesmitteln erfolgen kann. Diese Prüfung wird in Kürze abgeschlossen werden. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Lange (DIE GRÜNEN) (Drucksache 10/6139 Fragen 60 und 61): Trifft es zu, daß der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung, Würzbach, an der Eröffnung der Rüstungsexportausstellung „Defendory '86" in Piräus (Griechenland) am 14. Oktober 1986 teilnehmen wird? Welchem Ziel dient die regierungsamtliche Teilnahme an dieser Ausstellung? Zu Frage 60: Nein. Zu Frage 61: Die Teilnahme Staatssekretär Prof. Dr. Timmer-mann an der DEFENDORY 86 diente der Information und der im Interesse des BMVg liegenden Unterstützung der deutschen wehrtechnischen Industrie. Darüber hinaus wurden im Verlauf des Besuches Fragen der bilateralen Zusammenarbeit auf sicherheits- und rüstungspolitischem Gebiet mit Vertretern der griechischen Regierung erörtert. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Vogt auf die Fragen des Abgeordneten Kirschner (SPD) (Drucksache 10/6139 Fragen 49 und 50): Wie hoch war die im Sinne des Arbeitsförderungsgesetzes erhobene Zahl der beitragspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer und die Zahl der sonstigen Erwerbstätigen (Teilzeitarbeitnehmer unter 19 Stunden, geringfügig Beschäftigte unter der Sozialversicherungsgrenze, Selbständige, mithelfende Familienangehörige, Beamte und Soldaten) jeweils im September 1986? 18320* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Oktober 1986 Kann die Bundesregierung bestätigen, daß die 1985 im Jahresverlauf von amtlichen Stellen geschätzten monatlichen Erwerbstätigenzahlen sich nach Feststellung des Jahresdurchschnitts durch das Statistische Bundesamt als stark überhöht erwiesen haben, und leitet sie daraus nicht eine bedingte Verwendbarkeit dieser monatlichen Erwerbstätigenzahlen ab? Die Zahl der nach dem Arbeitsförderungsgesetz beitragspflichtig Beschäftigten belief sich nach der Monatsstatistik der Krankenkassen zum 1. August 1986 auf 20,7 Millionen. Die Zahl der gesamten Erwerbstätigen — also alle abhängig Beschäftigten, Selbständigen und mithelfenden Familienangehörigen — betrug im Monatsdurchschnitt August nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes 26 Millionen. Die beiden Zahlen beruhen auf unterschiedlichen Erhebungsverfahren und Konzepten und sind daher — was ihre Bestandshöhe anbelangt — nur eingeschränkt miteinander vergleichbar. Es läßt sich daher auch nicht durch einfache Differenzbildung exakt der Personenkreis der von Ihnen definierten „sonstigen Erwerbstätigen" ermitteln. Dies beeinträchtigt jedoch nicht den Aussagewert der beiden Datenreihen im Hinblick auf ihre zeitliche Entwicklung — Veränderung von Monat zu Monat und im Vorjahresvergleich. Monatliche Erwerbstätigenzahlen werden vom Statistischen Bundesamt erst seit August 1986 veröffentlicht, und zwar für die Zeit seit Januar 1981. Die für 1985 veröffentlichten Vierteljahresdurchschnitte der Erwerbstätigen wurden nach dem derzeitigen — auf vollständigeren Informationen beruhenden — Stand im Vergleich zur jeweils ersten Veröffentlichung für alle Quartale geringfügig „nach oben" korrigiert. Eine Überhöhung der ersten Quartalsschätzung war daher in keinem Fall gegeben. Auch die für 1985 veröffentlichten Jahresdurchschnitte weichen nur geringfügig voneinander ab. Die erste Veröffentlichung, die bereits Mitte Januar 1986 — also vor Schätzung des 4. Quartals — vorgenommen wurde, lag mit 25,547 Millionen um 16 000 Beschäftigte (0,06 %) über der Jahresdurchschnittsschätzung vom März 1986 und um 5 000 über der Schätzung vom September 1986. Die Qualität und Verwendbarkeit der monatlichen geschätzten Erwerbstätigenzahlen werden durch die vorgenannten verfahrensbedingten Korrekturen nicht beeinträchtigt. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die seit August 1986 veröffentlichten Monatszahlen einen sehr guten Indikator zur aktuellen Erwerbstätigenentwicklung darstellen.
Gesamtes Protokol
Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023700000
Die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Fragestunde
— Drucksache 10/6139 —
Zunächst kommen wir zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zur Beantwortung steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Spranger zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 5 des Abgeordneten Lowack auf:
Wie bewertet die Bundesregierung die Feststellung des ehemaligen Fraktionsgeschäftsführers der GRÜNEN im Deutschen Bundestag, Martin Schata, wonach die Partei DIE GRÜNEN „das ganze Geld, was aus dem Europa-Wahlkampf 1984 übriggeblieben war", nach Nicaragua und El Salvador transferiert habe?
Herr Staatssekretär.

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1023700100
Herr Kollege Lowack, gemäß § 26 des Europawahlgesetzes gelten für die Wahlkampfkostenerstattung bei Europawahlen die Vorschriften des Parteiengesetzes über die Wahlkampfkostenerstattung bei Bundestagswahlen entsprechend.
Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 des Parteiengesetzes, der insoweit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur staatlichen Parteienfinanzierung folgt, sind den Parteien, die sich an der Bundestagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen beteiligt haben und die sonstigen Voraussetzungen erfüllen, die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes zu erstatten. Sollte der in der Frage angesprochene Sachverhalt zutreffen, läge eine gesetzeswidrige Mittelverwendung vor. Ob daraus etwaige Folgerungen zu ziehen wären, müßte gegebenenfalls von der nach § 19 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 des Parteiengesetzes für die Erstattung von Wahlkampfkosten für Bundestagswahlen zuständigen mittelverwaltenden Stelle, also dem Präsidenten des Deutschen Bundestages, geprüft werden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023700200
Herr Abgeordneter, Sie wünschen eine Zusatzfrage. Bitte sehr.

Ortwin Lowack (CSU):
Rede ID: ID1023700300
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, liegen bereits Ermittlungen darüber vor, an welche Gruppen diese Mittel gezahlt wurden?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Ich weiß nichts von Ermittlungen. Ich weiß auch nicht, ob der Präsident des Deutschen Bundestages in der Zwischenzeit solche eingeleitet hat.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023700400
Eine weitere Zusatzfrage, bitte schön.

Ortwin Lowack (CSU):
Rede ID: ID1023700500
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, sind Sie bereit, in diesem Zusammenhang auch die Frage zu beantworten, was dagegen unternommen werden kann und soll, daß die Finanzierung der GRÜNEN aus Haushalts-, aus Steuermitteln 50 % überschreitet und damit dem klaren Auftrag des Bundesverfassungsgerichts nicht Genüge getan wird?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Lowack, ich kann hier nur auf die Rechtslage hinweisen und muß es den zuständigen Gremien überlassen, sich mit diesen jeweiligen Sachverhalten auseinanderzusetzen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023700600
Abgeordneter Vogel (München), Sie wollten eine Zusatzfrage stellen.

Axel Vogel (GRÜNE):
Rede ID: ID1023700700
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß die Aussage des ehemaligen Fraktionsgeschäftsführers Schata absolut der Unwahrheit entspricht, daß von den GRÜNEN Gelder aus der Europawahlkampfkostenerstattung weder nach Nicaragua noch nach El Salvador geflossen sind und sich insofern das Problem, das hier angesprochen war, gar nicht stellt?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Ich nehme Ihre Erkärung zur Kenntnis, aber natürlich ohne Übernahme Ihrer Bewertung.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023700800
Herr Abgeordneter Mann, bitte sehr.

Norbert Mann (GRÜNE):
Rede ID: ID1023700900
Herr Kollege Spranger, da Sie auf die Regelungen über die Mittelverwendung hingewiesen haben, denen alle Parteien unterliegen,



Mann
möchte ich Sie fragen: Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß gerade die Europawahlkampfkostenerstattung von allen Parteien außer den GRÜNEN als eine willkommene Gelegenheit genutzt worden ist, ihre Parteifinanzen aufzubessern, und sind Sie weiter bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß wir als einzige Fraktion dieser Art von Parteienfinanzierung energisch widersprochen haben?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Auch hier kann ich nur sagen: Ich nehme Ihre Erklärung ohne Übernahme Ihrer Bewertung zur Kenntnis. Ich weise nur darauf hin, daß der Kollege Lowack einen Sachverhalt angesprochen hat, bei dem über die Mittelverwendung der GRÜNEN eine Aussage eines ehemaligen Mitglieds dieser Gruppierung vorliegt.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023701000
Danke schön, Herr Staatssekretär.
Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß sowohl die letzte Frage des Kollegen Lowack als auch die des Abgeordneten Mann in nicht mehr ganz direktem Zusammenhang mit der Frage stehen, wohl aber mit der Antwort des Herrn Parlamentarischen Staatssekretärs. Ich mache den Parlamentarischen Staatssekretär darauf aufmerksam, daß er insoweit in der Lage ist, die Antworten zu verweigern.
Herr Eigen, Sie haben das Wort.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID1023701100
Herr Staatssekretär, kann man sicher sein, daß das Innenministerium auf Grund der Anfrage vom Kollegen Lowack sehr sorgfältig prüfen wird, ob die Aussagen von ihm der Wahrheit entsprechen oder ob das, was ein anderer Kollege des Bundestages gesagt hat, richtig ist, daß dies nicht den Tatsachen entspricht?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Eigen, ich weiß nicht, wo Sie hier die Zuständigkeit des BMI sehen. Ich würde meinen: Nach der Rechtslage kann sich jetzt nur das Präsidium des Deutschen Bundestages mit der Angelegenheit auseinandersetzen. Der Sachverhalt ist im Plenum erörtert und damit auch offiziell.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023701200
Danke schön. Dann können wir diese Frage abschließen.
Ich rufe Frage 6 des Abgeordneten Mann auf:
Wann und mit welchen Ergebnissen hat die Projektgruppe für ein allgemeines Informationszugangsrecht beim Bundesministerium des Innern ihre Arbeit abgeschlossen?
Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Spranger, Parl. Staatssekretär: Die Projektgruppe Datenzugangsrecht hat die ihr gestellte Aufgabe im Jahre 1983 erledigt. Das Ergebnis ihrer Prüfung läßt sich wie folgt zusammenfassen:
Erstens. Unser Rechtsstaat gibt dem Bürger eine umfassende Rechtsschutzgarantie, aus der sich auch in der Praxis ergibt, daß sich der in irgendeiner Weise von einem Verwaltungsvorgang betroffene Bürger so umfassend wie möglich über die
Behandlung seiner Angelegenheit in der Verwaltung informieren kann.
Zweitens. Für Bürger, die nicht von bestimmten Verwaltungsvorgängen betroffen sind, die aber gleichwohl ein Interesse an ihnen haben, gibt es in zahlreichen Gesetzen Informationsrechte, z. B. bei Planungsverfahren und zu Registern, Verzeichnissen und „öffentlichen" Büchern, z. B. Handelsregister, Vereinsregister, Genossenschaftsregister.
Drittens. In allen Staaten, so auch bei uns, gibt es bestimmte Bereiche, in denen in der Regel dem Unbeteiligten der Informationszugang verwehrt ist, so aus Gründen der inneren und äußeren Sicherheit, des Persönlichkeits- und Datenschutzes und der Sicherung einer Wettbewerbswirtschaft.
Bei Berücksichtigung dieses Ergebnisses einer verwaltungsinternen Prüfung halte ich das vorhandene rechtliche Instrumentarium grundsätzlich für ausreichend. Bei sachgerechter Anwendung kann dem berechtigten Auskunftsbegehren betroffener Bürger Rechnung getragen werden. Ich sehe daher keinen Anlaß zu einer Rechtsänderung.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023701300
Zusatzfrage, bitte schön.

Norbert Mann (GRÜNE):
Rede ID: ID1023701400
Meine erste Frage, Herr Parlamentarischer Staatssekretär: Ist es möglich, den Bericht der Projektgruppe mir bzw. anderen interessierten Kollegen zuzuleiten?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Das ist ein verwaltungsinterner Vorgang gewesen. Ich kann folglich jetzt nicht eine solche Zusage abgeben. Ich werde aber prüfen lassen, ob er der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023701500
Weitere Zusatzfrage, bitte.

Norbert Mann (GRÜNE):
Rede ID: ID1023701600
Nachdem diese Frage im Plenum damals von Ihrem Kollegen von Schoeler behandelt worden ist, möchte ich mir jetzt doch noch folgende Anschlußfrage erlauben: Meinen Sie nicht, daß es an der Zeit wäre, entsprechend der Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom Februar 1979 zu handeln, in der alle Mitgliedstaaten aufgefordert werden, „ein Recht des Bürgers auf umfassende Einsichtnahme in behördliche Unterlagen zu schaffen, welches über die Einsichtnahme in eigene Daten hinausgeht", und Ihre eben geäußerte Auffassung noch einmal einer Überprüfung zu unterziehen, vor allen Dingen vielleicht auch auf der Grundlage des von unserer Fraktion vorgelegten Gesetzentwurfs auf Drucksache 10/5884, Herr Kollege Spranger?
Spranger, Parl. Staatssekretär: Diese Empfehlung ist natürlich in die Prüfungen dieser Arbeitsgruppe einbezogen worden. Auch die Argumente, die vorgetragen worden sind, sind mit abgewogen worden und haben zu keinem anderen Ergebnis geführt als zu dem, welches ich Ihnen vorgetragen habe.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023701700
Danke schön.
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Oktober 1986 18297
Vizepräsident Cronenberg
Damit ist die Beantwortung von Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern beendet. Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich bedanke mich bei Ihnen.
Den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit brauche ich nicht aufzurufen. Die Fragen 7 und 8 der Abgeordneten Frau Dr. Hamm-Brücher werden auf Wunsch der Fragestellerin nämlich schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zur Beantwortung steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Dr. von Geldern zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 40 des Abgeordneten von Hammerstein auf:
Kann 1987 eine Änderung dahin gehend erreicht werden, daß zusammengeführte Milchquoten (Betriebsquoten) nicht als Bestandsausweitung angesehen werden?
Herr Staatssekretär.

Dr. Wolfgang von Geldern (CDU):
Rede ID: ID1023701800
Herr Kollege von Hammerstein, seit 1983 ist die einzelbetriebliche Förderung von Kapazitätsausweitungen in der Milchviehhaltung nicht mehr möglich. Mit Inkrafttreten der Milchgarantiemengenregelung ist dieser gemeinsame Beschluß des Bundes und der Länder jeweils von Jahr zu Jahr verlängert worden. Jede Erhöhung der Garantiemenge wird dabei als eine Kapazitätsausweitung angesehen. Mit den Ländern ist dieses Thema für den Rahmenplan 1987 erneut beraten worden. Diese Gespräche werden noch weitergehen. Die Bundesregierung möchte wegen der Entwicklung auf dem Milchmarkt noch keiner Lockerung des Förderungsverbots von Kapazitätsausweitungen zustimmen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023701900
Zusatzfrage, bitte schön, Herr von Hammerstein.

Freiherr Carl-Detlev von Hammerstein (CDU):
Rede ID: ID1023702000
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, dann hat also ein kleiner Bauer, der eine Nachbarstochter heiratet — jeder hat zwölf Kühe —, nicht die Möglichkeit, die Milchviehhaltung zusammenzuführen, weil das eine Bestandsausweitung wäre?
Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege von Hammerstein, die können selbstverständlich betrieblich zusammengeführt werden. Ihre Frage ging darauf, ob bei Kapazitätsausweitung eine Förderung stattfinde. Das ist etwas anderes als das Zusammenführen von Betrieben.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023702100
Bitte schön, Herr von Hammerstein.

Freiherr Carl-Detlev von Hammerstein (CDU):
Rede ID: ID1023702200
Eine weitere Frage. Haben alle Betriebe, Herr Staatssekretär, die bisher eine, wenn auch nur kleine Milchquote bekommen haben, irgendwann in Zukunft die Chance, gefördert zu werden? Oder überlegt die Regierung, dies zu tun?
Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege von Hammerstein, dies ist in der Überlegung. Ich hatte Ihnen auf Ihre Ausgangsfrage geantwortet, daß dieses Thema mit den Ländern für den Rahmenplan 1987 erneut beraten werde und diese Gespräche noch andauerten.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023702300
Weitere Zusatzfragen zu dieser Frage werden nicht gewünscht.

Freiherr Carl-Detlev von Hammerstein (CDU):
Rede ID: ID1023702400

Kann in kürzester Zeit eine Änderung dahin gehend erreicht werden, daß eine Abkoppelung der Milchmengen von der Fläche vorgenommen werden kann?
Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege von Hammerstein, eine Aufhebung der im Rahmen der Garantiemengenregelung bestehenden Bindung der Referenzmengen an die zur Milcherzeugung genutzten Flächen bedürfte einer Änderung des gegenwärtig geltenden EG-Rechts. Nach Einschätzung der Bundesregierung kann eine Änderung wie die, nach der Sie gefragt haben, in kürzester Zeit nicht erreicht werden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023702500
Zusatzfrage, bitte sehr.

Freiherr Carl-Detlev von Hammerstein (CDU):
Rede ID: ID1023702600
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wissen Sie, daß es in anderen Ländern der Europäischen Gemeinschaft die Möglichkeit gibt, Quote und Fläche zu trennen?
Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege von Hammerstein, das ist mir nicht bekannt. Ich möchte auch bezweifeln, daß das irgendwo geschieht, weil dies ein EG-Recht ist, auf das ich gerade Bezug genommen habe, das für alle Mitgliedsländer der Gemeinschaft in gleicher Weise gilt.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023702700
Weitere Zusatzfrage.

Freiherr Carl-Detlev von Hammerstein (CDU):
Rede ID: ID1023702800
Herr Staatssekretär, wie wollen Sie kleinen Bauern helfen, die überproportional viel Fläche gepachtet haben? Da ist die Situation wie folgt: Auf der Fläche liegt zur Zeit die Quote. Der Verpächter nimmt die Fläche zurück, und die kleinen Pächter könnten nur wieder pachten, wenn sie eine überproportional hohe Pacht zahlten, nämlich auch noch auf die Quote. Besteht denn hier nicht eine Möglichkeit, irgendwann diese Ungerechtigkeit loszuwerden?
Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege von Hammerstein, es ist nicht nur dadurch, daß wir hier eine entsprechende EG-Richtlinie haben, sondern auch angesichts der innenpolitischen Diskussion bei uns durchaus nicht so, daß die Flächenbindung generell als nachteilig angesehen würde. Im Gegenteil, es gibt eine überwiegende Meinung, die dahin geht, daß es richtig sei, die Quote an die Fläche zu binden und nicht von der Fläche zu lösen.



Parl. Staatssekretär Dr. von Geldern
Fragen des Verhältnisses von Pächter und Verpächter sind sehr schwierig, gerade bei Altpachtverträgen. Da gibt es eingehende Regelungen, die im einzelnen darzustellen jetzt sicher zu weit führen würde.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023702900
Nun noch eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl-Heinz Klejdzinski (SPD):
Rede ID: ID1023703000
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir in der Annahme zu, daß eine flexible Handhabung dieser aufgeworfenen Frage durchaus im Sinne der flexiblen Handhabung von Landwirtschaftspolitik liegen könnte?

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Klejdzinski, ich stimme Ihnen in dieser generellen Aussage, daß eine flexible Handhabung von Regelungen im Sinne einer flexiblen Agrarpolitik liege, durchaus zu.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023703100
Herr Abgeordneter Lowack, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen wollen, bitte schön.

Ortwin Lowack (CSU):
Rede ID: ID1023703200
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, nachdem Sie die Frage der Bestandsobergrenzen bereits angesprochen haben: Welche Chance sehen Sie für eine derartige Entwicklung, die gerade den Inhabern kleinerer Betriebe sehr helfen könnte?
Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Lowack, ich habe meines Wissens die Frage von Bestandsobergrenzen bisher nicht angesprochen. Das wäre ein ganz neues Thema, zu dem ich mich bei Gelegenheit auch gerne äußere. Aber das steht nun wirklich in keinem Zusammenhang mehr mit den hier gestellten Fragen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023703300
In der Annahme, daß der Abgeordnete Mann bei seiner Frage auf den ursprünglichen Fragetext zurückkommt, gebe ich ihm die Möglichkeit zu einer Zusatzfrage.

Norbert Mann (GRÜNE):
Rede ID: ID1023703400
Herr Staatssekretär, sind Sie im Zusammenhang mit den aufgeworfenen Fragen bereit, sich das im Allgäu mit großem Erfolg aufgeführte Theaterstück „Der Härtefall" einmal selbst anzusehen, um daraus für Ihre weitere politische Arbeit an dem Problem nicht nur volkstümliche, sondern auch wichtige politische Folgerungen ziehen zu können?
Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Mann, das ist in erster Linie eine Terminfrage. Ich habe grundsätzlich nichts dagegen, mir Theaterstücke anzusehen, vor allen Dingen dann nicht, wenn sie mir wichtige Hinweise geben, wie Sie meinen. Ob das bei diesem Theaterstück der Fall ist, kann ich nicht beurteilen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023703500
Über den inhaltlichen Zusammenhang bitte ich den Abgeordneten Mann noch einmal nachzudenken.
Die Fragen 42 und 43 des Abgeordneten Herrn Immer (Altenkirchen) werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 44 des Abgeordneten Herrn Eigen auf:
Wie verträgt sich nach Meinung der Bundesregierung die Erhebung einer Abgabe beim Eierimport nach Dänemark mit den Grundsätzen des freien Warenverkehrs in der Europäischen Gemeinschaft, und was gedenkt die Bundesregierung gegen diese neuerliche Belastung von EG-Importen durch die dänische Regierung zu tun?
Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Eigen, nach Auffassung der Bundesregierung würde eine Abgabe beim Eierimport nach Dänemark dann eindeutig gegen Art. 95 des EWG-Vertrages verstoßen, wenn diese Abgabe nur auf importierte Eier, nicht hingegen auf die im Inland produzierten erhoben würde. Denn nach Art. 95 des EWG-Vertrages dürfen Mitgliedstaaten auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten keine höheren inländischen Abgaben erheben, als gleichartige inländische Waren zu tragen haben.
Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen erhebt Dänemark seit dem 6. Oktober 1986 eine Abgabe von 14 Öre pro Kilogramm Ei, das sind knapp vier Pfennig pro Kilogramm. Diese Abgabe soll jedoch nicht nur auf importierte, sondern auch auf in Dänemark produzierte Eier erhoben werden. Falls diese Informationen zutreffen, würde jedenfalls auf der Ebene der Abgabenerhebung keine Diskriminierung zwischen ausländischen und heimischen Produzenten gegeben sein.
Diese Beurteilung sähe allerdings anders aus, wenn das Aufkommen aus der Abgabe einseitig zugunsten der dänischen Eiererzeuger verwendet und hierdurch deren Belastung wiederum vermindert würde. Die Bundesregierung hat daher die EG-Kommission bereits aufgefordert, sorgfältig zu prüfen, ob nicht mittelbar, nämlich auf Grund der vorgesehenen Abgabenverwendung, eine ungleiche Belastung der importierten und der in Dänemark produzierten Eier befürchtet werden muß, etwa für den Fall, daß das Aufkommen aus der Abgabe ausschließlich oder ganz überwiegend zur Finanzierung von Investitionsbeihilfen nur zugunsten der dänischen Eierproduzenten verwendet werden sollte.
Auf Grund der einschlägigen Bestimmungen des EWG-Vertrages ist Dänemark gehalten, die beabsichtigte Verwendung des Abgabeaufkommens als eine nationale Beihilfe rechtzeitig vor der Durchführung der Maßnahme zu notifizieren. Im Rahmen dieses Verfahrens wird die EG-Kommission Gelegenheit haben, sowohl den Finanzierungsmodus wie die Auswirkungen der Beihilfe auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht zu überprüfen.
Die Bundesregierung wird darauf achten, daß Dänemark seiner Notifizierungspflicht nachkommt und die EG-Kommission auf die rechtliche Problematik einer diskriminierenden Abgaben- und Beihilfengewährung hingewiesen wird.
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Oktober 1986 18299

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023703600
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Eigen, bitte sehr.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID1023703700
Herr Staatssekretär, in Anbetracht der Tatsache, daß es immer mehr solche Diskriminierungen von Importen gibt, die teilweise als hygienische Maßnahme, teilweise als Forschungsmittel dargestellt werden, in diesem Falle für die Verbesserung der Tierhaltung in der Hühnerhaltung, daß damit automatisch der freie Warenverkehr innerhalb der Europäischen Gemeinschaft empfindlich gestört wird, frage ich: Nimmt die Bundesregierung diesen Fall zum Anlaß, auch in anderen Bereichen sehr sorgsam die Entwicklung zu beobachten, um dann in Brüssel die nötigen Maßnahmen rechtzeitig einleiten zu können?
Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Eigen, zuständig für die Beanstandung von unzulässigen Diskriminierungen oder Beihilfen, die als Diskriminierungen wirken, ist, wie Sie wissen, die EG-Kommission. Die Bundesregierung ist aber in allen Fällen, die danach aussehen könnten, durchaus bemüht, gemeinsam mit der Kommission darauf zu achten, daß solche Dinge abgestellt werden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023703800
Weitere Zusatzfragen werden nicht gewünscht.
Ich rufe die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Eigen auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der französische Landwirtschaftsminister Guillaume 75 Millionen Franc zur Verfügung stellen will, um den französischen Landwirten die Zahlung der Superabgabe bei Milch von der Hand zu halten, und was wird die Bundesregierung gegen diese ungeheuerliche Wettbewerbsverzerrung unternehmen?
Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Eigen, nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen beabsichtigt die französische Regierung, einen Betrag von 75 Millionen französischen Franc, das entspricht etwa 23 Millionen DM, für kleine Milcherzeuger zur teilweisen und befristeten Beitragsentlastung in der Sozialversicherrung einzusetzen.
Eine Übernahme der Abgabenzahlungen für Betriebe mit Referenzmengenüberschreitungen ist mit dieser Maßnahme nicht beabsichtigt.
Die Maßnahme bedarf für ihre rechtmäßige Einführung der Genehmigung durch die EG-Kommission. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die französische Regierung die Notifizierung der Maßnahme gemäß Art. 93 Abs. 3 des EWG-Vertrages vornehmen wird, sobald sie die Beihilfemodalitäten konkretisiert hat.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023703900
Bitte sehr, eine Zusatzfrage.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID1023704000
Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung, da die Dinge mit der Superabgabe bei Überschreitung der Milchreferenzmenge, der Quote der einzelnen Landwirte, erörtert worden sind, für möglich, daß hier möglicherweise eine Maßnahme im sozialen Bereich getroffen worden ist, weil die gewollte Übernahme der Superabgabe
nicht EG-konform wäre? Kann hier möglicherweise der Tatbestand vorliegen, daß man auf einem anderen Wege versucht, das zu tun, was man auf dem direkten Wege nicht tun kann?
Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Eigen, ich habe keinen Grund zu einer solchen Annahme. Ich muß davon ausgehen, daß das vorgesehene Notifizierungsverfahren die notwendige und wünschenswerte Klarheit auch bei dieser Maßnahme bringen wird.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023704100
Bitte sehr, Herr Abgeordneter.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID1023704200
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung Erkenntnisse, daß die Superabgabe bei der Milchquote in allen Ländern der Europäischen Gemeinschaft auch tatsächlich beim Landwirt abgezogen und erhoben wird?
Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Eigen, wir haben jedenfalls keinen Grund zu der Annahme, daß das in irgendeinem Mitgliedsland anders gehandhabt würde, als es die gemeinsamen Richtlinien vorsehen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023704300
Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Geldern, dann können wir Sie entlassen

(Dr. Klejdzinski [SPD]: Wirklich entlassen?)

— hier heute, nicht sonst. Wir bedanken uns.
Die Frage 46 des Abgeordneten Michels ist zurückgezogen worden.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Würzbach zur Verfügung.
Ich rufe zunächst die Frage 55 des Abgeordneten Schreiner auf:
Welche Anteile an militärischen Tiefflügen über der Bundesrepublik Deutschland im allgemeinen und dem Saarland im besonderen entfallen auf die deutsche Luftwaffe und auf die alliierten Luftstreitkräfte, und in welchem Maße wurde seit der Anhörung im Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages vom 23. Juni 1986 die Anzahl der militärischen Tiefflüge über dem Saarland reduziert?
Herr Staatssekretär.

Peter Kurt Würzbach (CDU):
Rede ID: ID1023704400
Herr Präsident! Kollege Schreiner, der Anteil der deutschen Luftwaffe am Gesamttiefflugaufkommen über dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beträgt rund 40%. Das heißt, der Anteil der alliierten Luftstreitkräfte beträgt dementsprechend ca. 60 %. Etwa das gleiche Verhältnis gilt für das Gebiet, nach dem Sie fragen, das Saarland.
Daten über eine Reduzierung von Tiefflügen nach Juni dieses Jahres — das ist der zweite Teil Ihrer Frage — liegen uns nicht vor. Solche Statistiken werden nicht geführt. Ich will hinzufügen: Gäbe es sie jetzt, eigneten sie sich wenig, um Vergleiche



Parl. Staatssekretär Würzbach
anzustellen, da wir über das Jahr verteilt jeweils nach den Wetterbedingungen und nach Übungsaufkommen sehr ungleichmäßig liegen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023704500
Zusatzfrage des Abgeordneten Schreiner, bitte sehr.

Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1023704600
Herr Staatssekretär, kann man Ihrer Antwort entnehmen, daß dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD vom 26. Juni dieses Jahres — wo es heißt:
Der Deutsche Bundestag erwartet, daß die Bundesregierung, gestützt unter anderem auf die Ergebnisse und Erkenntnisse der öffentlichen Anhörung des Verteidigungsausschusses am 23. Juni 1986 alle verantwortbaren und realisierbaren Maßnahmen ergreifen wird, um über bereits getroffene Maßnahmen hinaus eine spürbare Entlastung der Bevölkerung von den Auswirkungen des militärischen Tiefflugbetriebes herbeizuführen
— bislang von seiten des Bundesverteidigungsministeriums in keiner Weise Rechnung getragen worden ist?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Das Gegenteil können Sie dem entnehmen, Herr Kollege. Ich nenne Ihnen gern ein paar Zahlen. Ich greife auf das Tiefflugaufkommen der deutschen Luftwaffe im Jahre 1984 zurück. Ich nehme bewußt 1984 und nicht 1982 oder 1980.

(Dr. Klejdzinski [SPD]: Ansonsten wäre es wieder eine Erblast!)

1984 sind wir 74 000 Stunden tiefgeflogen, davon über dem Bundesgebiet 77 %. In der exakten Zahl sind es 57 000 Stunden. Im Jahre 1986 — wir bleiben beim gleichen Sockel von 74 000 Stunden — werden wir über dem Bundesgebiet voraussichtlich nur noch 39 000 Stunden fliegen. Das sind nur noch 54 % des Gesamtaufkommens. Wenn man beides vergleicht, meine ich, sprechen die Zahlen hier eine gute Sprache im Sinne des Beschlusses, den Sie zitierten.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023704700
Weitere Zusatzfrage des Abgeordenten Schreiner, bitte.

Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1023704800
Herr Staatssekretär, Sie beziehen sich auf das Basisjahr 1984, während die Entschließung des Deutschen Bundestages davon ausging, daß für die Zukunft weitere deutliche Entlastungen gegenüber dem Status quo vom Juni dieses Jahres herbeizuführen sind. Somit frage ich Sie, ob mit Ihrer Antwort der Versuch verbunden ist, über die wirkliche Situation hinwegzutäuschen, die da lautet, daß sich seit der Beschlußfassung des Deutschen Bundestages in der Tat nichts verändert hat.
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, in meiner Frage wurde deutlich, daß wir bereits vor dem neuerlichen Beschluß eine Menge im Interesse der Bevölkerung auf der einen, aber auch der Aufrechterhaltung der Verteidigungsfähigkeit und der
Inübunghaltung der Luftwaffe auf der anderen Seite getan haben.
Ich verstehe Ihre Nachfrage. Sie wissen, daß wir Goosebay beispielsweise noch ausbauen werden. Da flogen wir 1985 2 500 Stunden; wir fliegen in diesem Jahr 3 600 Stunden, und wir bemühen uns, dies bis 1990 auf 6 000 Stunden auszubauen, so daß hier ein weiterer Punkt infolge des Beschlusses des Bundestages ist, wo wir ins Ausland verlagern. Sie wissen, daß wir in gut vorangekommenen Verhandlungen mit der Türkei sind, um dort eine bilaterale, aber auch multinationale Vereinbarung zu treffen. Allerdings will ich nicht verhehlen, dies kostet Hunderte von Millionen Mark, und dies können Sie weder aus dem Ärmel schütteln noch in einem Jahr konstruieren. Wir werden dann 8 000 bis 10 000, bis 12 000 — das hängt von der Art und dem Umfang ab — Tiefflugstunden verlagern können.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023704900
Zusatzfrage des Abgeordneten Klejdzinski.

Dr. Karl-Heinz Klejdzinski (SPD):
Rede ID: ID1023705000
Herr Staatssekretär, Sie haben bewußt oder unbewußt unsere Flugstunden genannt und haben darauf verwiesen, daß Einschränkungen erfolgt sind. Auf der Grundlage der Frage meines Kollegen Schreiner frage ich: Wie haben sich denn bisher die Alliierten verhalten, oder haben Sie bisher dort noch keine Verhandlungen getätigt?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Klejdzinski, ich habe bewußt auch die Stunden der hier tieffliegenden Alliierten in einer exakten Zahl genannt. Die Alliierten haben sich in etwa so eingeschränkt wie wir. Sie sind selbst mal geflogen und wissen, was das heißt: Verweildauer im Tiefflug. Wir haben die Verweildauer erheblich verkürzt. Dies trifft prozentual, weil sich die Alliierten freiwillig dieser Regelung unterzogen haben, auch für diese zu. Daß die Alliierten weniger zurück in die Heimatländer verlegen können, bringt die Art der Stationierung hier bei uns auch um unsertwillen in unserem Land, über dem sie notfalls fliegen müßten, logischerweise leider mit sich.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023705100
Wenn ich das richtig sehe, ist das auch Gegenstand der Frage 56 des Abgeordneten Schreiner.

(Würzbach, Parl. Staatssekretär: Das ist richtig, Herr Präsident!)

Herr von Hammerstein.

Freiherr Carl-Detlev von Hammerstein (CDU):
Rede ID: ID1023705200
Herr Staatssekretär, das Verteidigungsministerium hat die Tiefflugkorridore von sieben auf 49 erhöht.

(Dr. Klejdzinski [SPD]: Schön wär's! — Weitere Zurufe von der SPD — Dr. Schierholz [GRÜNE]: Buh!)

— Doch. Einige rufen buh — —

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023705300
Herr von Hammerstein, eine Dreiecksdiskussion läßt die Geschäftsordnung des Hauses nicht zu. Ich bitte, dem Herrn Staatssekretär eine Frage zu stellen.
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Oktober 1986 18301

Freiherr Carl-Detlev von Hammerstein (CDU):
Rede ID: ID1023705400
Entschuldigen Sie, Herr Präsident, aber Zwischenbemerkungen müssen manchmal auch erlaubt sein. — Herr Staatssekretär, ich komme aus so einem Tieffluggebiet, kann aber nicht feststellen, daß inzwischen in den anderen Regionen in dieser Beziehung etwas mehr getan wird.
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das tut mir außerordentlich leid, daß Sie augenscheinlich einer Fehlinformation unterliegen. Das Verteidigungsministerium hat alle Korridore, von denen Sie sprachen, mit Erfolg abgeschafft. Korridor bedeutet einen engen Raum, in dem sich alle Flugzeuge zu konzentrieren haben und die gleichen Leute unter dem gleichen Korridor belästigen. Die Korridore sind weg, die haben wir erweitert. Das Problem der Tieffluggebiete — sieben in Deutschland — haben wir mal erörtert, mehrere Male auch hier und in den Ausschüssen wie auch in den Fraktionen, ob wir die in einem sogenannten rotierenden System auf 49 erweitern und dann jeweils aus den 49 immer nur sieben aktivieren. Hiervon ist Abstand genommen worden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023705500
Zusatzfrage des Abgeordneten Brück.

Alwin Brück (SPD):
Rede ID: ID1023705600
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, entspricht der Anteil von 40 % der deutschen Luftwaffe, den Sie eben genannt haben, an den Tiefflügen auch dem prozentualen Anteil der deutschen Luftstreitkräfte an den Luftstreitkräften der Allianz insgesamt, die in der Bundesrepublik stationiert sind?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: In etwa ja, Herr Kollege, wobei Sie noch wissen müssen — deshalb mußte ich sagen: in etwa j a —: Die Piloten der NATO — das ist in der NATO so festgelegt — haben pro Jahr etwa 240 Stunden zu fliegen; wir fliegen nur 180. Dadurch wird das Aufkommen im Tiefflug im Verhältnis zu dem, was die einzelnen Nationen an fliegenden Verbänden hier haben, noch einmal etwas zugunsten unserer Zahl verschoben.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023705700
Ich rufe nunmehr die Frage 56 des Abgeordneten Schreiner auf:
Wie hoch ist die Summe alliierter Tiefflugstunden in der Bundesrepublik Deutschland und entsprechender Flüge der Bundesluftwaffe im Ausland, und trifft es zu, daß in den zur NATO gehörenden Niederlanden eine Mindestflughöhe von 300 Metern eingehalten werden muß?
Herr Staatssekretär, bitte Ihre Antwort.
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Schreiner, die alliierten Luftstreitkräfte absolvieren bei uns rund 60 000 Tiefflugstunden. Die deutsche Luftwaffe fliegt — ich habe das ausgeführt — mehr als 17 000 Tiefflugstunden im Ausland.
Sie fragen nach Holland. Hierzu will ich Ihnen sagen, daß dort generell eine Mindestflughöhe von 300 m — das ist höher als bei uns — gilt, daß es aber zwei festgelegte Tiefflugstrecken gibt, auf denen
250 Fuß — das sind 75 m — über Grund zulässig sind.

(Dr. Klejdzinski [SPD]: Ja, ins Münsterland hinein und wieder hinaus, das ist richtig!)

Hinzuzufügen habe ich, daß die Holländer uns das ganze Jahr hindurch zwei Luft-Boden-Schießplätze zur Verfügung stellen. Wir haben davon auch einige wenige, beispielsweise den auf Sylt, den wir während der Sommermonate schließen. In Holland sind die Plätze, auch auf Inseln gelegen, die ganze Zeit geöffnet, und unsere Luftwaffe hat an der Nutzung dieser Plätze einen erheblichen Anteil.
Wir führen drüben in Holland auch Tiefflüge durch. Im Jahre 1986 werden es über 1 800 Einsätze in den genannten Tiefflugkorridoren sein, mit der gleichen Höhe wie bei uns.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023705800
Eine Zusatzfrage? — Bitte schön.

Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1023705900
Herr Staatssekretär, wenn Sie bestätigen können, daß in Holland die Mindestflughöhe generell 300 m beträgt, gibt es denn im Bundesverteidigungsministerium Erkenntnisse, wonach die Verteidigungsfähigkeit Hollands aus diesem Grunde negativ berührt wäre, und was spricht dagegen, eine entsprechende Regelung für die Bundesrepublik Deutschland zu übernehmen?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich weiß sehr wohl — und habe das hier jeweils eingeräumt — um die Beeinträchtigung der Bevölkerung in solchen Gebieten, aber dagegen spricht, daß die Piloten im Einsatzfall nicht nur 75 m tief zu fliegen haben, sondern 50 oder 30 oder 20 oder 15 m tief, und das kann man nur, wenn man es geübt hat. Ein möglicher Einsatzraum ist leider hier bei uns, und damit es dazu nicht kommt, muß das hier vorgeübt und demonstriert werden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023706000
Herr Abgeordneter Schreiner, möchten Sie noch eine Zusatzfrage stellen? — Bitte sehr.

Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1023706100
Herr Staatssekretär, wie beurteilt denn das Bundesverteidigungsministerium Erklärungen von Triebwerkfirmen, die da lauten, daß die Emissionen der Triebwerke nach dem technischen Stand der Dinge bei einem Schubkraftverlust von lediglich 3 % um die Hälfte reduziert werden könnten, und wann legt das Bundesverteidigungsministerium Untersuchungen über die medizinischen Folgewirkungen von Schäden vor, die — insbesondere bei Kindern — durch solche Flüge entstanden sind?

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023706200
Herr Abgeordneter, ich lasse diese Frage nicht zu, denn sie steht in keinem direkten Zusammenhang mit Frage 56.

(Schreiner [SPD]: Was? Das ist ein Irrtum, Herr Präsident!)

— Nein, ich lasse die Frage nicht zu.
Sie haben die Möglichkeit, noch eine weitere Zusatzfrage zu ihrer Frage 56 zu stellen.




Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1023706300
Welche Frage lassen Sie denn jetzt nicht zu? Ich habe eigentlich eine Doppelfrage gestellt.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023706400
Ich habe nicht die Absicht, mit Ihnen darüber zu diskutieren. Entweder Sie stellen jetzt die Zusatzfrage, oder wir kommen zur Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Klejdzinski.

Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1023706500
Also gut: Herr Staatssekretär, da die Fragen nicht zugelassen worden sind und Sie sie insoweit auch nicht zu beantworten brauchen, würde ich darum bitten, mir eventuell eine Antwort schriftlich zukommen zu lassen.
Meine Frage lautet: Was hat sich seit der Beschlußfassung im Deutschen Bundestag im Juni dieses Jahres konkret in Richtung auf eine Verbesserung — bezogen auf die Lärmbelästigungen der Bevölkerung — ereignet?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Konkret eine weitere Reduzierung — über Zahlen habe ich gesprochen —, konkret weitere Verhandlungen mit Kanada und mit der Türkei, um nicht unerhebliche Teile dorthin zu verlagern, konkret ein in Deutschland durchgeführtes Treffen des NATO-Umweltausschusses, auf dem die Fragen leiserer, aber gleich leistungskräftiger Triebwerke angesprochen worden sind, und viele Dinge mehr. So habe ich Ihnen gesagt, daß wir auch in Holland die Schießübungsplätze stärker nutzen; da fliegt man hin und fliegt zurück.
Wir bemühen uns, unsere Bevölkerung zu entlasten, so weit es geht. Irgendwann wird im Interesse der Einsatzbereitschaft und damit auch im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung eine untere Grenze erreicht sein.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023706600
Herr Abgeordneter Dr. Klejdzinski, jetzt Ihre Zusatzfrage!

Dr. Karl-Heinz Klejdzinski (SPD):
Rede ID: ID1023706700
Herr Staatssekretär, obwohl es nicht einsichtig ist, daß Sie den höheren Anteil des Tiefflugs der Alliierten damit begründen, daß sie 240 Stunden und wir 180 Stunden fliegen müssen, da Sie ja andererseits sagen, das habe lediglich etwas mit der Gewinnung von Erfahrungen im Tiefflug zu tun, frage ich Sie: Was hat Sie eigentlich veranlaßt, die von den Fachleuten empfohlene 49erRegelung zu verwerfen?

(Dr. Schierholz [GRÜNE]: Von welchen Fachleuten denn?)

Ich frage Sie insbesondere deswegen, weil ausgerechnet in Bayern speziell der Bürgermeister von Dinkelsbühl diese 49er-Regelung erneut als mögliche Alternative aufgezeigt hat.
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, eine ganze Reihe von Gründen hat uns dazu gebracht, dieses Modell, das wir ja gründlich durchgearbeitet und dem Verteidigungsausschuß vorgestellt haben, nicht ins Leben zu rufen. Ich nenne nur einen Hauptgrund: Es gab einen ganz deutlichen Widerstand der Masse der Bundesländer. Ich nenne hier einmal eines: Hessen beispielsweise hat nicht nur mit langen Zähnen, sondern mit allem Widerstand,
den ein Bundesland hat, Proteste dagegen angemeldet;

(Beifall des Abg. Dr. Schierholz [GRÜNE])

so auch andere Länder. Hier wären wir wohl nicht gut beraten gewesen, wenn wir gegen den ausdrücklichen Willen der Bundesländer, über denen sich das abspielte, aus sieben 49 gemacht hätten.

(Dr. Klejdzinski [SPD]: Aber diese sieben müssen das ertragen!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023706800
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schierholz.

Dr. Henning Schierholz (GRÜNE):
Rede ID: ID1023706900
Stichwort Mindestflughöhe 300 m: Wie beurteilt die Bundesregierung, Herr Würzbach, den Beschluß der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands — auf ihrem Nürnberger Parteitag Ende August 1986 gefaßt —, nach dem 25. Januar 1987 die Mindestflughöhe auf wenigstens 300 m anheben zu wollen, was wir GRÜNEN natürlich außerordentlich begrüßen?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Für sehr opportunistisch, obwohl die Fachleute wissen, warum wir hier so fliegen, und unter allen SPD-Verantwortlichen — Kanzler, Minister — so geflogen wurde wie heute. Es wurde nur mehr geflogen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023707000
Herr Abgeordneter Ganz, eine Zusatzfrage, bitte.
Ganz (St. Wendel) (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, vor dem Hintergrund Ihrer Feststellung — die auch von vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern bestätigt wird, die in den Regionen leben, die Herr Kollege Schreiner in seinen Fragen angesprochen hat —, wonach sich der Lärm durch militärische Flugbewegungen in der letzten Zeit deutlich reduziert hat, möchte ich Sie fragen, ob Ihnen Anfragen dieses oder ähnlichen Inhalts des Kollegen Schreiner aus der Zeit bekannt sind, in der die SPD Regierungsverantwortung getragen hat und, wenn ja, was die Antworten der damaligen Bundesregierung besagten.
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich müßte spekulieren, ob es vor 1982 ähnliche, konkret dieses Gebiet betreffende Anfragen gegeben hat. Sie werden verstehen, daß ich das nicht tun will. Aber generell weiß ich auf Grund etwas längerer Zugehörigkeit zu diesem Parlament, daß die Frage des Tieffliegens, des Flugverkehrs über dem Bundesgebiet in den Jahren zuvor eine solche Rolle wie heute nicht gespielt hat. Das möchte ich feststellen und hinzufügen, daß die Abnahme des Tieffluges über dem Bundesgebiet — ich habe die Zahlen genannt — natürlich prozentual in gleicher Form für das Saarland zutrifft.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023707100
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Brück.

Alwin Brück (SPD):
Rede ID: ID1023707200
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, würden Sie die Entscheidung der christdemokratisch geführten holländischen Regierung,



Brück
eine Mindestflughöhe von 300 m einzuhalten, auch als opportunistisch bezeichnen,

(Zuruf von den GRÜNEN: Sicher!)

und wie begründen Sie außerdem die Tatsache, daß es in Holland möglich ist, eine Flughöhe von 300 m einzuhalten, aber in der Bundesrepublik aus Ausbildungsgründen tiefer geflogen werden muß? Heißt das, daß der Ausbildungsstand der holländischen Luftwaffe niedriger ist als der der deutschen?
Würzbach Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe nicht — das haben wir nie getan, wer immer hier vorne zu reden hatte — die Verhaltensweisen befreundeter Regierungen zu beurteilen.
Auf den Unterschied der Lage in Holland und der Lage bei uns habe ich in der Antwort auf die Frage einer Ihrer Kollegen vorher hingewiesen. Ich will hinzufügen, daß wir uns energisch darum bemühen — nicht auf irgendeiner Ebene, sondern das ist inzwischen auf der Ministerebene angekommen —, die Holländer dazu zu bewegen, mehr Flugbewegungen über ihrem Land in der gleichen Höhe wie bei uns zu ermöglichen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023707300
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Berger.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1023707400
Herr Staatssekretär, in Ergänzung zur Frage des Kollegen Ganz möchte ich Sie fragen: Ist Ihnen erinnerlich und können Sie bestätigen, daß die damalige Bundesregierung vor 1982 — auch in Fragestunden — erklärt hat,

(Dr. Klejdzinski [SPD]: Jetzt kommt die Erblast!)

daß nach ihrer Einschätzung eine weitere Verringerung der Tiefflugbelastung der Bevölkerung leider nicht mehr möglich sei?

(Ganz [St. Wendel] [CDU/CSU]: Das wurde stereotyp wiederholt!)

Würzbach, Parl. Staatssekretär: Das ist richtig, Herr Kollege. Ich weise darauf hin, daß noch niemals zuvor in einer Legislaturperiode so viel wie in der jetzt auslaufenden getan wurde, um — jetzt einmal die umgekehrte Reihenfolge — die Einsatzbereitschaft der Luftwaffe einerseits zu erhalten und andererseits die Bevölkerung dennoch, so weit es geht, zu entlasten.

(Dr. Klejdzinski [SPD]: Regierungsamtliche Entlastung!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023707500
Ich rufe die Frage 57 des Abgeordneten Kastning auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die bei der Durchführung des Personalstrukturgesetzes für die Streitkräfte aus der hohen Bewerberzahl zur frühzeitigen Pensionierung entstandenen Auswahlprobleme, wie z. B. die, daß eine Anzahl von Offizieren zur Ruhe gesetzt worden ist, während andere mit gleichen Voraussetzungen im Sinne des Gesetzes abgelehnt wurden, oder daß offenbar auch Offiziere pensioniert wurden, die nie in einem dienstlichen Stau gesteckt haben oder zum Teil schon jahrelang aus der Truppe herausgelöst waren?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kastning, Sie wissen aus dem Gesetz, daß im Zeitraum von sechs Jahren im Durchschnitt pro Jahr 200, insgesamt 1 200 Offiziere des Truppendienstes in den freiwilligen vorzeitigen Ruhestand versetzt werden sollen. Weil sich erheblich mehr meldeten, als das Gesetz vorgibt, mußten wir Kriterien einführen, um eine Auswahl zu treffen. Diese Auswahl erfolgt individuell, in jedem Einzelfall durch eine dafür berufene Kommission unter Berücksichtigung der Vorgabe des Gesetzes, nämlich der Effektivität. Kriterium dieser Effektivität ist: Wie viele Offiziere in jüngerem Alter können in andere Funktionen versetzt werden, wenn ein entsprechender Offizier ausscheidet? Diese Zielsetzung wird um so eher erreicht, je höher der Dienstgrad desjenigen ist, der vorzeitig nach Hause geht, weil die Zahl derer, die nachrücken, dann um so größer ist. Dabei spielt es keine Rolle, wie Sie in Ihrer Frage es ansprechen, ob dieser Offizier im Verteidigungsministerium, in einem Kommando, in einem Amt, in einer Schule oder direkt in der Truppe verwendet wird, denn er macht, auch wenn er aus einem Stab pensioniert wird, natürlich für viele Offiziere in der Truppe den Weg frei.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023707600
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter, bitte.

Ernst Kastning (SPD):
Rede ID: ID1023707700
Im Grunde verschenke ich jetzt eine Frage, die ich zu dieser Sache gern noch mit anderen Inhalten gefüllt hätte, weil der Herr Parlamentarische Staatssekretär meine Frage nicht beantwortet hat. Ich wollte nämlich wissen — und Sie gleichzeitig fragen, warum Sie das nicht beantworten wollen —, wie Sie die Situation beurteilen, daß offenbar eine Anzahl von Offizieren in den Ruhestand versetzt worden ist, während andere, die die gleichen Voraussetzungen hatten, abgelehnt wurden, daß man also eine Auswahl treffen mußte. Das ist doch der Punkt, oder?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das haben Sie nach meinem Verständnis konkret in der zweiten von Ihnen eingebrachten Frage angesprochen. Dann würde ich gern etwas dazu sagen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023707800
Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kastning.

Ernst Kastning (SPD):
Rede ID: ID1023707900
Ich möchte dann wissen, wie Sie den Umstand beurteilen, daß z. B. Offiziere innerhalb der Truppe bereits in intensiven Lehrgängen auf neue Dienstposten vorbereitet worden sind, weil die Führung in dem Truppenteil davon ausgegangen ist, daß ein Posten freiwerde, daß dieser Posten dann aber eben nicht freigeworden ist. Ich frage nach der Beurteilung im Hinblick auf die Stimmung derjenigen, die schon für die neue Aufgabe getrimmt worden sind, und eventuelle Unruhe in der Truppe.
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dies wird sich in der Übergangsphase, die dieses Gesetz mit sich bringt — es ist ein Gesetz, von dem Sie wissen, daß es überfällig und dringend nötig war —, sicherlich nicht vermeiden lassen. Ich halte es für vorausschauend, wenn ein Kommandeur, der weiß, daß ein bestimmter wichtiger Offizier diesen Antrag gestellt hat, bereits vorsorgt, um in wichtigen



Parl. Staatssekretär Würzbach
1 Funktionen keine Lücke entstehen zu lassen. Hier müssen wir uns in der Personalführung bemühen — die notwendige Klarheit ist inzwischen auch eingekehrt —, für die Zukunft rechtzeitig verbindlich zu entscheiden, welcher Offizier geht und welcher nicht. Dies ist inzwischen erfolgt.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023708000
Der Abgeordnete Schierholz hatte signalisiert, eine Zusatzfrage stellen zu wollen. — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Schierholz.

Dr. Henning Schierholz (GRÜNE):
Rede ID: ID1023708100
Herr Staatssekretär, gehört zu den Kriterien bei der Entlassung aus der Bundeswehr nach dem „goldenen Handschlag", die Sie gerade erwähnt haben, auch, daß sich bewerbende Offiziere einen nahtlosen Übergang in die Rüstungsindustrie finden, und wie viele der jetzt Ausscheidenden haben nach dem „goldenen Handschlag" sofort einen solchen Weg des Übergangs in die Rüstungsindustrie gefunden?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Meine Antwort zum ersten Teil Ihrer Frage ist nein. Über den Gegenstand des zweiten Teils Ihrer Frage führen wir keine Statistiken; wir haben darüber keine Erkenntnisse.

(Dr. Schierholz [GRÜNE]: Dann können Sie das ja mal nachreichen!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023708200
Herr Abgeordneter Klejdzinski, zu einer Zusatzfrage.

Dr. Karl-Heinz Klejdzinski (SPD):
Rede ID: ID1023708300
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt und stimmen Sie mir zu, daß eine Reihe von qualifizierten Offizieren aus dem Bundesministerium der Verteidigung, die auf Grund dieses Gesetzes um Entlassung nachgesucht haben, heute vergleichbar gut dotierte Positionen in der Industrie einnehmen, die zufälligerweise mit dem Ressort korrespondieren, das sie früher besetzt haben?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich stimme Ihnen zu, daß auch eine nicht unerhebliche Zahl von überdurchschnittlich qualifizierten Offizieren diesen Antrag gestellt hat. Ich weiß aus persönlicher Kenntnis einiger oder auch aus öffentlich zugegangener Information um manche der Verbindungen, die Sie im Auge haben. Wir führen aber keine Erhebungen durch. Es widerspräche auch dem System in unserer Demokratie, wenn wir das täten.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023708400
Herr Abgeordneter Gansel, wollen Sie hierzu noch eine Zusatzfrage stellen? — Bitte sehr.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID1023708500
Herr Staatssekretär, da nach den Äußerungen von Minister Wörner auch eine sogenannte „Knackigkeitsgrenze" — der Ausdruck stammt nicht von mir, sondern von Ihrem Vorgesetzten — maßgeblich für das Pensionierungsalter war, wäre es für das Parlament doch von Interesse, ob bei der nachfolgenden Beschäftigung in der Rüstungsindustrie mindere oder höhere Anforderungen an die — im Ministerjargon — „Knackigkeit" von Mitarbeitern gestellt werden.
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir haben uns hier j a schon an anderer Stelle, bei der Beratung des Gesetzes, über diesen Begriff, der ja auch ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen wurde, unterhalten. Ich brauche das nicht noch einmal aufzunehmen.
Sie wissen, daß das Tätigwerden von ausscheidenden, ehemals aktiven Soldaten als Berater in der angesprochenen Industrie bestimmten Regeln, ja sogar in Gesetzen festgehaltenen Vorgaben entsprechen muß. Daran haben wir uns gehalten, und wir werden es auch weiter tun.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023708600
Ich rufe nunmehr Frage 58 des Abgeordneten Kastning auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die ungleiche Behandlung von Antragstellern zur Frühpensionierung mit gleichen Voraussetzungen zu beseitigen?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Kriterien zur Auswahl der im Rahmen dieses Gesetzes vorzeitig in den Ruhestand versetzten Offiziere sind sachgerecht und am Zweck des Gesetzes orientiert. Sie sind darüber hinaus wiederholt durch verschiedene Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte geprüft und bestätigt worden. Verstöße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, nach dem Sie fragen, wurden in keinem einzigen Fall festgestellt.
Ich bin in der Lage und gern bereit, Ihnen eine Reihe von Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten quer durch das Bundesgebiet zu nennen, die sich mit diesem Vorgang in dem soeben beschriebenen Sinne haben befassen müssen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023708700
Sie wünschen eine Zusatzfrage? — Bitte schön.

Ernst Kastning (SPD):
Rede ID: ID1023708800
Herr Staatssekretär, einmal abgesehen davon, daß die Verwaltungsgerichte noch nicht die letzte Instanz sind, möchte ich Sie zur Sache noch fragen: Gibt es auch irgendwelche sozialen Gesichtspunkte, die bei der Auswahl Berücksichtigung finden, wenn ja, welche?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, sie gibt es nicht. Wenn ein Oberstleutnant neben einem anderen oder mehreren anderen den Antrag mit dem Gesundheitszustand seiner Frau oder seiner Kinder oder mit seinem eigenen Gesundheitszustand begründet, so ist dies — ich füge einmal hinzu: leider; wir haben uns aber an die Tatsachen zu halten — nach dem, was vom Gesetz beabsichtigt und dort niedergeschrieben ist, kein Kriterium des Akzeptierens oder des Ablehnens.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023708900
Eine weitere Zusatzfrage.

Ernst Kastning (SPD):
Rede ID: ID1023709000
Ich danke für die Klarheit dieser Aussage. Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, ob Sie mir in einem absehbaren Zeitraum eine Liste — zu einem Stichtag aufgenommen — über die Zahl der Fälle zur Verfügung stellen können,



Kastning
aufgeschlüsselt nach bestimmten Kriteriengruppen und Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung innerhalb dieser Gruppen?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, soweit der Datenschutz und das persönliche Interesse der entsprechenden Offiziere und Familien dies zulassen,

(Kastning [SPD]: Zahlen, nicht Namen!)

will ich dies gerne tun. Im übrigen haben wir natürlich dem Haushaltsausschuß und dem Verteidigungsausschuß auch entsprechende Berichte zu geben, die ich Ihnen gern zuleite.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023709100
Eine Zusatzfrage des Abgeorneten Berger.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1023709200
Ich verzichte.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023709300
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Gansel.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID1023709400
Herr Staatssekretär, können Sie mir jetzt mitteilen, wie viele Klagen gegen die Bundesrepublik in diesem Zusammenhang anhängig sind, und sind Sie, wenn Sie das jetzt nicht sagen können, bereit, mir das schriftlich mitzuteilen?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich bin in der Lage, Ihnen zu sagen, daß 60 Verfahren vor Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten anstehen. Davon sind zehn in dem eben beschriebenen Sinne entschieden. In diesen Fällen wurden also unsere Vorgehensweise, die angelegten Kriterien und die Entscheidungen für rechtmäßig erachtet. Es laufen darüber hinaus eine Reihe von noch zu behandelnden Beschwerden rein im bundeswehrinternen Dienstwege. Ich leite Ihnen gern die Zahl zu, bei der alles miteinander addiert ist.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023709500
Sie können ruhig stehenbleiben, Herr Abgeordneter Gansel, denn ich rufe nun Ihre Frage 59 auf:
Wann beabsichtigt die Bundesregierung, die von allen Parteien im Deutschen Bundestag geforderten Maßnahmen zu einer spürbaren Reduzierung der Dienstzeitbelastung der Soldaten und zur Einführung der Individuallösung beim Spitzendienstzeitausgleich zu realisieren?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Gansel, die Problematik der überdurchschnittlichen Dienstzeitbelastung der Soldaten, besonders im Vergleich mit allen anderen — insbesondere öffentlichen — Bereichen, ist so alt wie die Bundeswehr.

(Dr. Klejdzinski [SPD]: Keine Erblast!)

Sie fragen: Was haben wir konkret getan? Wann wird die Individuallösung eingeführt?
Ich möchte erstens auf ein 14seitiges Papier verweisen — die Geschäftsordnung für diese Fragestunde im Bundestag verbietet es mir, es hier auch nur annähernd zu erläutern —, das ich Ihnen gerne zusende. Die Mitglieder des Verteidigungsausschusses und des Haushaltsausschusses haben dieses Papier bekommen. Es ist drei Wochen alt. Es gliedert sich — das möchte ich Ihnen hier sagen — zum einen in die Maßnahmen, die jetzt sofort getroffen
wurden und Auswirkungen haben. Ich nenne, wissend, daß Sie in unserer Bundesmarine gedient haben, als Beispiel, daß Anweisung erteilt wurde, die Stärke der Hafenwachen zu reduzieren. Bezüglich der Hafenwachen war bisher schematisch ein Schlüssel vorgegeben. Es hieß: Ein Drittel der Besatzung hat Hafenwache zu laufen. Dies haben wir geändert. Wir überlassen es den einzelnen Kommandanten, das für die Sicherheit des Schiffes, des Bootes Erforderliche in bezug auf Personalumfang zu tun. Bezogen auf einen Zerstörer der Hamburg-Klasse heißt das: durch schematische Festlegung bisher 90 Mann, jetzt reduziert auf 38 Mann. Das ist eines kleines Beispiel aus einem mehrseitigen Katalog. Ich habe nur eine Teilstreitkraft herausgegriffen.
Neben dem sofort Veranlaßten gibt es Maßnahmen, die nur mittelfristig wirksam sein können, und solche, die langfristig wirksam sind. Hier sind ressortübergreifende Maßnahmen eingeleitet. Manches geht ums Geld, manches geht um die Organisation, bei manchem geht es um ein paar Planstellen mehr, um die Verschiebung von der militärischen zur zivilen Wache.
Wir werden noch vor Ablauf dieses Jahres ein weiteres Mal den Verteidigungsausschuß über unsere Vorstellungen informieren, u. a. auch über das Individualmodell, nach dem Sie fragen, das ein Modell weg von der Pauschalvergütung ist. Es ist auch ein Modell weg von den 56 Stunden als Sockelberechnung. Auf diese Weise will man zu einer anderen Modalität kommen. Dies soll bereits in 1987 eingeführt werden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023709600
Zusatzfrage, bitte schön.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID1023709700
In welcher Weise haben sich die Vorstellungen der Bundesregierung nach der einstimmigen Aufforderung durch den Verteidigungsausschuß — ich glaube, es war im April dieses Jahres — konkretisiert, bei der Spitzendienstzeitbelastung auch einen finanziellen Ausgleich zu schaffen?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das ist ja ein Bestandteil dieses Beschlusses und nicht die einzige Zielrichtung. Er hat auch eine Rolle gespielt bei den zunächst aufgenommenen und nicht beendeten Gesprächen zwischen den Ressorts, besonders mit dem Finanzminister. Wir beabsichtigen als eine der Maßnahmen — es ist nur eine der Maßnahmen — zur Reduzierung der dienstlichen Beanspruchung mehr planbare Freizeit, die Straffung und Zusammenlegung — bis hin zur Kürzung — von Übungsplatzaufenthalten und viele Dinge mehr. Dazu gehört auch, eine, wie es in dem Beschluß heißt, spürbare Anhebung der Anerkennung der besonderen Spitzendienstzeitleistung zu erreichen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023709800
Weitere Zusatzfrage, bitte schön.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID1023709900
Ist es denn zutreffend, daß der Bundesfinanzminister bereit war, für die nächsten
18306 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Oktober 1986
Gansel
Jahre mehrere Milliarden DM zur Verfügung zu stellen zur Beschaffung von Waffen, die in der Bundeswehrplanung überhaupt nicht vorgesehen waren, daß er sich aber nicht in der Lage sieht, ein paar zig Millionen DM lockerzumachen, um den Soldaten, die Spitzendienstzeiten ableisten müssen, dafür in etwa eine finanzielle Entschädigung zu geben und einen Beitrag zur Verbesserung der Motivierung in der Truppe zu leisten?
Würzbach, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege, ich halte dieses Herstellen eines solchen Zusammenhangs — an der Sache gemessen — für nicht geboten und auch nicht für zulässig.

(Gansel [SPD]: Es geht um die Einsatzbereitschaft und die Motivierung!)

Ich darf daran erinnern, wenn wir über Dienstzeitbelastung und Ausgleich reden, Herr Kollege, daß Sie ein Vierteljahr vor dem Regierungswechsel 1982 den Soldaten aus diesem Topf noch 30 Millionen DM gestrichen hatten, die wir erst wieder hineingetan haben. Wir haben es nicht dabei bewenden lassen. Wir haben inzwischen eine Menge mehr eingeführt. Ich habe eben auf den entsprechenden Katalog hingewiesen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023710000
Herr Abgeordneter Berger, Ihre Zusatzfrage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1023710100
Herr Staatssekretär, kann ich Ihre Ausführungen zu diesem Punkt, die in dieser Klarheit zum erstenmal im Deutschen Bundestag gemacht worden sind — bislang haben wir in den Ausschüssen darüber beraten —, so interpretieren, daß Sie die bisherige Pauschalregelung, die an die 56 Stunden gebunden ist, als einen Schritt in die falsche Richtung bewerten und daß die Bundesregierung entschlossen ist, dies durch Strukturverbesserungen wie die Senkung der Dienstzeiten, aber auch durch individuelle Lösungen — dort, wo es notwendig ist — so bald wie möglich zu verändern?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir sollten die damalige Einführung der 56-StundenWoche, die wir fraktionsübergreifend mitgetragen haben, als ersten Schritt verstehen, um deutlich sichtbar und für den Soldaten auch ein bißchen im Portemonnaie spürbar anzuerkennen, daß er nicht nur 56, sondern oft 60, 65, 70 Stunden in vielen Teilen unserer Bundeswehr ableistet, und zwar nicht nur in Manöverzeiten. Wir wollen dies in eine gerechtere, nachvollziehbare und von der Truppe — auch von den Familien der Soldaten — mehr akzeptierte individuelle Lösung überführen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023710200
Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Klejdzinski.

Dr. Karl-Heinz Klejdzinski (SPD):
Rede ID: ID1023710300
Herr Staatssekretär, da Sie ja auch Abgeordneter sind und ein bißchen Wahlkampf machen, indem Sie darauf hinweisen, daß damals 30 Millionen DM gestrichen worden sind, darf ich Sie fragen, ob denn nicht seinerzeit gerade Verteidigungsminister Apel derjenige war, der diesen finanziellen Ausgleich vom Grundsatz her eingeführt hat, und ob nicht wir es waren, die den Auftrag gegeben haben, die Dienstzeitbelastung der Soldaten erheblich zu reduzieren. Ich frage Sie, ob es zutrifft, daß das Werk, das damals in Auftrag gegeben wurde, bei Ihnen heute noch in der Mache ist.
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, richtig ist, daß es der Kollege Apel war, der, wissend um die hohe Belastung, die 30 Millionen DM gestrichen hat. Das bestätige ich.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023710400
Damit sind wir mit dieser Frage am Ende.
Die Fragen 60 und 61 des Abgeordneten Lange werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 62 des Abgeordneten Dr. Schierholz auf:
Wann gedenkt die Bundesregierung, die 72 Pershing I a-Atomraketen (Reichweite ca. 900 Kilometer) der beiden Flugkörpergeschwader der Bundeswehr in Landsberg und Geilenkirchen außer Dienst zu stellen, und — gegebenenfalls wann — hat die Bundesregierung die Absicht, gemäß der Weisung des Bundeskanzlers vom 4. Oktober 1983 die Bundeswehr mit Atomraketen mittlerer Reichweite des Typs Pershing I b auszurüsten?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Die seit 1964 in Dienst stehenden Systeme I a unserer Luftwaffe werden aller Voraussicht nach bis Anfang der 90er Jahre einsatzfähig erhalten werden. Die von Ihnen zitierte Weisung des Bundeskanzlers existiert nicht.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023710500
Zusatzfrage.

Dr. Henning Schierholz (GRÜNE):
Rede ID: ID1023710600
Herr Staatssekretär, da ja das Verteidigungsministerium bisher geplant hat, die Systeme bereits ab Mitte der 80er Jahre zu ersetzen, und zwar durch die von mir genannte Pershing I b — wobei ich davon ausgehe, daß das nach wie vor der Sachstand ist —, möchte ich Sie fragen, ob sie die Planung insoweit korrigiert haben.
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es hat nie eine andere konkrete Planung als die gegeben, die ich Ihnen soeben genannt habe.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023710700
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Henning Schierholz (GRÜNE):
Rede ID: ID1023710800
Darf ich dann fragen, ob es richtig ist — was ich in meiner Frage behauptet habe —, daß Sie nahtlos die bestehenden Pershing-Einheiten in Geilenkirchen und Landsberg mit weiteren Pershing-Raketen des Typs Pershing II Reduced Range — auch Pershing I b genannt — haben ausrüsten wollen.
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe Ihnen gesagt — ich wiederhole es, weil es da augenscheinlich Verständigungsprobleme gibt —: Bis Anfang der 90er Jahre bleibt das vorhandene System erhalten, und bis dahin muß entschieden



Parl. Staatssekretär Würzbach
I werden, welches Nachfolgemuster wann einzuführen ist.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023710900
Ich rufe die Frage 63 des Abgeordneten Dr. Schierholz auf:
Welche weiteren atomaren Trägerwaffen beabsichtigt die Bundesregierung in den nächsten 15 Jahren für die Bundeswehr zu beschaffen, und welche Entwicklungsarbeiten sind bisher dafür geleistet worden?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Das Bündnis hat 1983 in Montebello beschlossen, 1 400 weitere — dieses Wort „weitere" möchte ich betonen, denn tausend waren schon vorher abgezogen worden — atomare Gefechtsköpfe abzuziehen. Gleichzeitig haben die Bündnispartner aber die Notwendigkeit herausgestellt — und dies entsprechend beschlossen —, die hier verbleibenden Waffen zu modernisieren, um auch künftig für eine glaubwürdige Abschrekkung das erforderliche Potential zu haben. Dazu sind Vorschläge für Verbesserungen inzwischen in den NATO-Gremien erarbeitet worden. Auf Grund dieser Vorschläge werden wir eine Analyse vornehmen und gemeinsam mit dem Partner zeitgerecht die Durchführung beschließen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023711000
Zusatzfrage. — Bitte schön, Herr Dr. Schierholz.

Dr. Henning Schierholz (GRÜNE):
Rede ID: ID1023711100
Es gibt in der Tat Verständigungsprobleme, weil ich nicht nach atomaren Gefechtsköpfen, sondern nach atomaren Trägerwaffen gefragt habe. Und da möchte ich Sie jetzt
fragen, Herr Staatssekretär, ob Sie Meldungen, die in der Presse zu lesen waren, etwa in der „Süddeutschen Zeitung", bestätigen oder gegebenenfalls dementieren können, daß innerhalb der Bundesrepublik Deutschland als zusätzliche atomare Trägerwaffen die soeben genannte Pershing I b sowie ein Abstandsflugkörper mittlerer Reichweite vom Typ LR SOM und ein Nachfolgemodell für die atomare Trägerwaffe, die gegenwärtig unter dem Namen „Lance" bekannt ist, geplant sind.
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Das „Lance" demnächst ähnlich wie das System Ia fällig ist, ersetzt zu werden durch ein moderneres System, das wissen Sie als Mitglied im Fachausschuß. Zu den anderen Dingen, nach denen Sie fragen, antworte ich mit Nein. Es ist nicht geplant, neue, geschweige denn zusätzliche atomare Trägersysteme zu entwickeln oder einzuführen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023711200
Letzte Zusatzfrage.

Dr. Henning Schierholz (GRÜNE):
Rede ID: ID1023711300
Da es sich hier ja um eine außerordentlich heikle Sache handelt, nämlich darum, daß in der Bundesrepublik geplant wird, gegebenenfalls neue Atomwaffenträger auch auf die Schiene zu setzen — ich habe j a auch konkret nach den Entwicklungsarbeiten gefragt, und ich bin der Überzeugung, daß dort im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben, Entwicklungsarbeiten geleistet werden —, möchte ich Sie doch noch einmal fragen, warum Sie entsprechende Pressemitteilungen — ich habe auf die „Süddeutsche Zeitung" verwiesen — bislang nicht zu dementieren bereit waren, weil
es, wie gesagt, doch eine außerordentlich heikle politische Frage ist, ob sich die Bundesrepublik an der Planung neuer Atomwaffen beteiligt oder nicht.
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich halte die nicht für heikel. Sie ist eine notwendige Frage, und Fragen der Sicherheitspolik, der Gewährleistung der Sicherheit, von Frieden und Freiheit, sollten wir nicht als heikel, sondern als notwendig — ich hoffe, über die Fraktionen hinweg — bezeichnen, und alle zuständigen Fachgremien sind über das, was wir tun, und über das, was wir nicht tun, sehr genau informiert.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023711400
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gansel.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID1023711500
Sind Sie bereit, die Auskunft, die Sie dem Abgeordneten Schierholz in bezug auf die Konzipierung weitreichender Trägersysteme mit atomarer Option durch das Bundesverteidigungsministerium gegeben haben, anhand des gültigen Bundeswehrplans noch einmal zu überprüfen und uns schriftlich Auskunft zu geben?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe hier — das wird in einer der amtlichsten Drucksachen, im Protokoll des Deutschen Bundestages, niedergeschrieben — dazu klar die Aussage der Regierung eben getroffen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023711600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Klejdzinski.

Dr. Karl-Heinz Klejdzinski (SPD):
Rede ID: ID1023711700
Herr Staatssekretär, können Sie meine Annahme bestätigen, daß, soweit Abstandsflugkörper geplant sind, in keiner Weise an eine nukleare Rolle für solche Flugkörper gedacht ist?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Ja.

(Dr. Schierholz [GRÜNE]: Warum steht in der Bundeswehrplanung das Gegenteil?)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023711800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Berger.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1023711900
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß seit 1982 die Anzahl der atomaren Gefechtsköpfe im westlichen Bündnis, besonders hier auf dem europäischen Territorium, abgenommen hat, wesentlich gesenkt werden konnte, während sie beim Warschauer Pakt zugenommen hat?
Würzbach, Parl. Staatssekretär: Dies ist richtig, was den Warschauer Pakt angeht, und es ist exakt auch richtig, was unsere Situation angeht, und auch wenn wir noch zu viele dieser Waffen haben, ist es richtig, daß in Westeuropa und damit in Deutschland die wenigsten Atomwaffen seit über 20 Jahren sind.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023712000
Herr Staatssekretär, ich bedanke mich bei Ihnen und schließe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung.



Vizepräsident Cronenberg
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Zur Beantwortung steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Erhard zur Verfügung.
Die Fragen 26 und 27 der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin werden nicht hier, sondern auf ihren Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 28 des Abgeordneten Rusche auf:
Sind der Bundesregierung englischsprachige Aufkleber, die den Mord an 6 Millionen Juden in deutschen Konzentrationslagern als größte jüdische Lüge und den Betrug des 20. Jahrhunderts bezeichnen und in verschiedenen bundesdeutschen Großstädten geklebt werden, bekannt, und was tut sie gegen diese Verunglimpfung?
Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID1023712100
Herr Kollege, die Aufkleber sind der Bundesregierung sehr wohl bekannt. Auch der Verlag, der für die Verbreitung verantwortlich ist, den Sie in der nächsten Frage nennen, ist der Bundesregierung bekannt.
Um Aktivitäten dieser Art mit strafrechtlichen Mitteln intensiver bekämpfen zu können, ist auf die Initiative der Bundesregierung das 21. Strafrechtsänderungsgesetz verabschiedet worden. Dieses Gesetz, das am 1. August 1985 in Kraft getreten ist, hat die schon bestehende Strafvorschrift über das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger, insbesondere neonazistischer Organisationen — § 86 a des Strafgesetzbuchs — erweitert: Schon die Einfuhr, die Herstellung und das Vorrätighalten zur Verbreitung solcher Kennzeichen sind jetzt strafbar. Außerdem erleichtert die durch das 21. Strafrechtsänderungsgesetz geschaffene Neufassung des § 194 Abs. 1 und 2 des Strafgesetzbuchs die Verfolgung gegenüber dem Leugnen des millionenfachen Judenmordes unter der nationalsozialistischen Herrschaft: Durch Verzicht auf das Antragserfordernis bei Beleidigung oder Verunglimpfung Verstorbener wird in Fällen dieser Art ein Einschreiten von Amts wegen durch die Staatsanwaltschaft ermöglicht.
Die Bundesregierung geht davon aus, daß die von Ihnen angesprochenen Fälle durch die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte der Länder entsprechend den gesetzlichen Vorschriften geahndet werden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023712200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rusche.

Herbert Rusche (GRÜNE):
Rede ID: ID1023712300
Herr Staatssekretär, sind die beiden Fragen jetzt im Zusammenhang beantwortet, oder beantworten Sie die zweite Frage noch?
Erhard, Parl. Staatssekretär: Nein, das war nur die Antwort auf die erste Frage.

Herbert Rusche (GRÜNE):
Rede ID: ID1023712400
Dann möchte ich bitten, zur zweiten Frage überzugehen, wenn nicht andere Zusatzfragen sind.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023712500
Dann rufe ich die Frage 29 des Abgeordneten Rusche auf:
Besteht die Möglichkeit, zusammen mit US-Behörden gegen den Verlag „Liberty bell publications", der diese Aufkleber verbreitet, um damit für sein antisemitisches Machwerk zu werben, juristisch vorzugehen, und wird dieses von der Bundesregierung beabsichtigt?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Erhard, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung geht davon aus, daß die Problematik der Regierung der Vereinigten Staaten bekannt ist und daß diese die möglichen und erforderlichen rechtlichen Schritte unternimmt. Sie wird Ihre Anfrage, Herr Kollege, zum Anlaß nehmen, die amerikanische Regierung auf die Problematik anzusprechen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023712600
Eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Herbert Rusche (GRÜNE):
Rede ID: ID1023712700
Herr Staatssekretär, kennen Sie nicht nur die englischsprachigen, sondern auch die deutschen Publikationen dieser sogenannten NSDAPAO, die ihren Sitz in den Vereinigten Staaten hat, und anderer Organisationen, und was tun Sie gegen den Versand dieser Druckwerke in die Bundesrepublik Deutschland?
Erhard, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat außerhalb ihrer Grenzen keine Möglichkeiten, in irgendeiner Weise auf strafrechtlichem Gebiet tätig zu werden.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023712800
Ist eine weitere Zusatzfrage gewünscht? Bitte sehr, zunächst Herr Abgeordneter Rusche.

Herbert Rusche (GRÜNE):
Rede ID: ID1023712900
Nein, keine weiteren Zusatzfragen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023713000
Dann der Abgeordnete Ströbele.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1023713100
Herr Staatssekretär, haben Sie geprüft, und wenn ja, mit welchem Ergebnis, welche gesetzlichen Möglichkeiten in den USA bestehen, gegen die Herstellung solcher Aufkleber und solcher Schriften vorzugehen?
Erhard, Parl. Staatssekretär: Wir haben das im einzelnen nicht geprüft, vor allen Dingen auch deshalb nicht, weil in den einzelnen Staaten der Vereinigten Staaten unterschiedliches Recht gilt.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023713200
Danke schön. Ihnen steht keine weitere Frage zu. Sie können aber stehenbleiben, denn ich rufe nunmehr Ihre Frage 30, Herr Abgeordneter Ströbele, auf:
In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Paßversagungen gemäß § 7 Abs. 1 Buchstaben a und c Paßgesetz bzw. Paßentziehungen gemäß § 8 Paßgesetz in der Zeit der Geltung des Paßgesetzes in der Fassung vor der Neufassung vom 16. April 1986 vorgenommen und dem Bundeszentralregister gemeldet?
Erhard, Parl. Staatssekretär: Der Bundesregierung liegt kein Zahlenmaterial darüber vor, in wie vielen Fällen ein Paß nach § 7 Abs. 1 Buchstaben a und c des Gesetzes über das Paßwesen versagt oder nach § 8 dieses Gesetzes entzogen worden ist.
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Oktober 1986 18309
Parl. Staatssekretär Erhard
Paßversagungen und Paßentziehungen werden nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 des Bundeszentralregistergesetzes seit dem 1. Januar 1972, dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes, in das Bundeszentralregister eingetragen. Die gesetzlichen Vorschriften, die diesen Entscheidungen zugrunde liegen, sind nicht in das Register einzutragen. Es läßt sich deshalb nicht feststellen, in wie vielen Fällen ein Paß versagt worden ist, weil eine der in § 7 Abs. 1 Buchstaben a und c des Gesetzes über das Paßwesen oder eine andere der in § 7 des Gesetzes genannten Voraussetzungen erfüllt war.
Im Bundeszentralregister waren Anfang Juli dieses Jahres 515 Paßversagungen und 248 Paßentziehungen eingetragen. Neuere Zahlen liegen nicht vor.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023713300
Zusatzfrage, bitte.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1023713400
Sind der Bundesregierung Fälle von Eintragungen in die Pässe — darum ging es mir ja — bekannt, also nicht von grundsätzlichen Paßversagungen, sondern von Eintragungen in die Pässe und von entsprechenden Vermerken?
Erhard, Parl. Staatssekretär: Von Eintragungen in Pässen, die nicht im Zentralregister registriert sind, ist der Bundesregierung nichts bekannt.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1023713500
Ist der Bundesregierung bekannt, ob bei den sonst zuständigen Meldebehörden darüber Statistiken oder Zahlenmaterial vorhanden ist?

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023713600
Herr Abgeordnete Ströbele, wenn ich das richtig sehe, ist das auch Gegenstand Ihrer Frage 31 und nicht der aufgerufenen Frage 30.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1023713700
Nein, auch der Frage 30. Das eine bezieht sich auf die Pässe, das andere auf die Personalausweise.
Erhard, Parl. Staatssekretär: Es gibt dafür, soweit ich die Akten und Unterlagen kenne, keine Erkenntnisse.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023713800
Danke schön. Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.
Ich rufe dann die Frage 31 des Kollegen Ströbele auf:
In wie vielen Fällen wurden aus den gleichen Gründen Personalausweise mit entsprechenden Vermerken versehen und dem Bundeszentralregister davon Mitteilung gemacht?
Erhard, Parl. Staatssekretär: Der Bundesregierung liegt kein Zahlenmaterial darüber vor, in wie vielen Fällen nach § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Personalausweise angeordnet worden ist, daß ein Personalausweis nicht zum Verlassen des Bundesgebietes über eine Auslandsgrenze berechtigt. Die Anordnung wird seit dem 12. März 1980 nicht mehr in Personalausweisen vermerkt.
Anordnungen nach § 2 Abs. 2 des Gesetzes über Personalausweise, deren Wirkung der der Versagung oder Entziehung eines Passes gleichkommt,
werden wie diese nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 des Bundeszentralregistergesetzes in das Bundeszentralregister eingetragen, wie ich eben schon bemerkt habe. Die Eintragung erfolgt allerdings auf Grund einer entsprechenden Änderung des Bundeszentralregistergesetzes erst seit dem 31. Januar 1985.
Anfang Juli dieses Jahres waren 10 Anordnungen nach § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Personalausweise eingetragen. Neuere Zahlen liegen auch hier nicht vor.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023713900
Zusatzfrage, bitte sehr.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1023714000
Können Sie sagen, was die Bundesregierung bewogen hat, gleichwohl entsprechende Bestimmungen in das neue Personalausweisgesetz aufzunehmen?
Erhard, Parl. Staatssekretär: Welche Bestimmungen meinen Sie?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1023714100
Die hier genannten Bestimmungen über Eintragungen in Personalausweise.
Erhard, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat Vorschläge gemacht, wie sie auch von den Ländern als zweckmäßig angesehen wurden. Der Gesetzgeber ist aber der Bundestag.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023714200
Weitere Zusatzfrage.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1023714300
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich wundere mich überhaupt, daß ihr Haus für die Beantwortung dieser Fragen zuständig ist. Haben Sie die Beantwortung dieser Frage mit dem Bundesinnenministerium abgeklärt, das ich eigentlich für zuständig halte?
Erhard, Parl. Staatssekretär: Ja.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023714400
Danke schön. Ich schließe dann den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Besten Dank, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Finanzen auf. Zur Beantwortung steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Voss zur Verfügung.
Der Herr Abgeordnete Jäger (Wangen) hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 32 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 33 des Abgeordneten Dr. Klejdzinski auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die britischen Stationierungsstreitkräfte das Betreten von militärischen Übungsplätzen, die gemäß NATO-Truppenstatut ihrem Besitzrecht unterliegen, durch beauftragte Personen des ehrenamtlichen Naturschutzes neuerdings äußerst restriktiv handhaben, obwohl früher das Betreten für alle Teile der Bevölkerung an übungsfreien Tagen grundsätzlich gestattet war?
Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Dr. Friedrich Voss (CSU):
Rede ID: ID1023714500
Herr Präsident! Herr Kollege Klejdzinski, ich darf davon ausgehen, daß sich Ihre Frage auf den Schieß- und Übungsplatz Haltern
18310 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 237. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Oktober 1986
Parl. Staatssekretär Dr. Voss
bezieht, der den britischen Streitkräften überlassen ist.

(Dr. Klejdzinski [SPD]: Richtig!)

Die britischen Streitkräfte haben sich, obwohl der Platz der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich ist, bereiterklärt, den von Ihnen genannten ehrenamtlichen Naturschützern das Betreten zur Durchführung naturpflegerischer Maßnahmen zu gestatten. Inzwischen sind 14 Sonderausweise an ehrenamtliche Naturschützer ausgegeben worden. Die Berechtigten können das Gelände nach vorheriger Terminabsprache mit der Kommandantur des Platzes betreten.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023714600
Zusatzfrage erwünscht?

Dr. Karl-Heinz Klejdzinski (SPD):
Rede ID: ID1023714700
Ja. — Herr Staatssekretär, sicherlich ist dieser Truppenübungsplatz neuerdings der Bevölkerung entzogen. Vor ein paar Jahren war er noch voll betretbar — um mal die Sache richtigzustellen. Damals sind auch diese Pflegemaßnahmen begonnen worden. Aber es ist genau das Problem, daß der Platz nur nach vorhergehender Terminabsprache betreten werden darf. Es wäre doch relativ einfach, es so zu lösen, daß, wenn nicht geschossen würde — was irgendwie angezeigt wird —, die Naturschützer das Recht hätten, mit ihrem Ausweis den Platz zu betreten.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023714800
Wenn Sie jetzt das Fragezeichen noch unterbrächten, würde die Sache sogar korrekt.

(Heiterkeit)

— Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Dr. Karl-Heinz Klejdzinski (SPD):
Rede ID: ID1023714900
Ich frage Sie danach, Herr Staatssekretär.
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Sie können aus meiner Antwort entnehmen, Herr Kollege Klejdzinski, daß die Bundesregierung das in ihrer Macht Stehende getan hat, um einen Zustand herzustellen, der nach meiner Vorstellung durchaus den berechtigten Interessen hier entgegenkommt. Daß darüber hinaus noch mehr wünschenswert wäre, Herr Kollege Klejdzinski, will ich Ihnen gern zugeben. Aber wir befinden uns hier sozusagen in den Befugnissen der Briten. Und wenn sie eine Regelung nur in diesem Umfang, wie wir sie jetzt haben, für richtig halten, ist es nur möglich, daß wir darauf dringen, mit der Zeit eine bessere zu bekommen. Zur Zeit war keine bessere zu erlangen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023715000
Weitere Zusatzfrage, bitte schön.

Dr. Karl-Heinz Klejdzinski (SPD):
Rede ID: ID1023715100
Herr Staatssekretär, würden Sie mir denn zumindest zustimmen, daß eine solche Terminabsprache nicht unbedingt in den Bürostunden sollte erfolgen müssen, damit nicht diejenigen Leute, die ehrenamtlich tätig sind, Urlaub dafür nehmen müssen, um zufälligerweise die Genehmigung zu bekommen, den Platz nach 17 Uhr zu betreten?
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Klejdzinski, ich könnte mir vorstellen, daß derartige Absprachen sehr unbürokratisch vor sich gehen können, so daß die Folgerungen, die Sie hier nannten, nicht unbedingt vonnöten sind.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023715200
Ich rufe nunmehr die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Klejdzinski auf, aber nur unter der Voraussetzung, daß sie nicht schon auf Grund Ihrer Zusatzfragen beantwortet ist:
Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß amtlich ausgewiesene Personen des ehrenamtlichen Naturschutzes zur Ausübung und Fortsetzung von Pflegemaßnahmen ein grundsätzliches Zugangsrecht haben und dieses durch unnötige bürokratische Erschwernisse nicht behindert werden sollte, so daß es faktisch unmöglich ist, diese Aufgaben wahrzunehmen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Der Übungsplatz ist den britischen Streitkräften zur Erfüllung ihrer Verteidigungspflichten im Bündnis überlassen. Die Verträge, insbesondere Art. 53 Abs. 3 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut, sehen vor, daß die deutschen Behörden auf den überlassenen Liegenschaften die zur Wahrnehmung deutscher Belange erforderlichen Maßnahmen durchführen können. Nach Auffassung der Bundesregierung gehören dazu auch die Tätigkeiten, die ehrenamtliche Naturschützer nach dem Landschaftsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen ausüben. Die britischen Streitkräfte haben dementsprechend ihre Bereitschaft erklärt, die Belange des Naturschutzes auf dem Übungsplatz zu unterstützen und ehrenamtlichen Naturschützern den Zugang zu gestatten. Die Tätigkeit der Naturschützer soll nicht unnötig behindert werden; allerdings müssen die berechtigten Personen im Besitz eines Sonderausweises sein und ihre Tätigkeit mit der Platzkommandantur abstimmen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023715300
Eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Dr. Karl-Heinz Klejdzinski (SPD):
Rede ID: ID1023715400
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob die Bundesregierung bereit ist, sich erneut des Problems anzunehmen, damit es zu einer wirklich unbürokratischen Lösung kommt?
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe eben schon klarzumachen versucht, daß die Bundesregierung immer daran interessiert ist, daß es zu effektiven und unbürokratischen Lösungen kommt. Sie wird das in diesem Falle ebenso wie in allen anderen Fällen tun.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023715500
Noch eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Dr. Karl-Heinz Klejdzinski (SPD):
Rede ID: ID1023715600
Herr Staatssekretär, können Sie sich vorstellen, daß ich, wenn ich so frage, einen konkreten Hintergrund habe, daß mir nämlich in erheblichem Maße Beschwerden in dem angesprochenen Sinne vorliegen?
Dr. Voss, Parl. Staatssekretär: Ja, das unterstelle ich, Herr Kollege; denn sonst wären die Bemühungen der Bundesregierung nicht vonnöten.




Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023715700
Damit sind auch die Fragen aus diesem Geschäftsbereich erledigt. Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 35 des Abgeordneten Dr. Schöfberger auf:
Gibt der Vorschlag des Bundesministers für Wirtschaft, die Gewerbesteuer abzuschaffen und den dadurch bedingten Steuerausfall durch Sparsamkeit in der Verwaltung und durch Subventionskürzungen in Höhe von jährlich 20 Milliarden DM auszugleichen, die Auffassung der Bundesregierung wieder, oder handelt es sich um eine Wahlkampfbotschaft des Bundesministers für Wirtschaft?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID1023715800
Herr Kollege, wegen des sachlichen Zusammenhangs möchte ich beide Antworten in einer zusammenfassen, wenn Sie erlauben.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023715900
Sind Sie damit einverstanden? — Dann rufe ich auch die Frage 36 des Herrn Abgeordneten Dr. Schöfberger auf:
Welche Subventionen sollen nach Auffassung des Bundesministers für Wirtschaft gekürzt werden, und gehören dazu auch Sparprämien, Wohnungsbauprämien, Wohngeld und steuerliche Freibeträge wie Arbeitnehmer- und Weihnachtsfreibeträge?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Es trifft zu, daß nach Ansicht des Bundesministers für Wirtschaft ein Teil der für die nächste Legislaturperiode geplanten Steuerstrukturreform, deren Zielvorgaben im Jahreswirtschaftsbericht 1986 genannt werden, über den Abbau von finanziellen Vergünstigungen finanziert werden sollen. Je mehr Steuersubventionen und Sonderregelungen abgebaut werden, um so größer können auch die Steuersenkungen sein. Unabdingbar ist dabei, daß die Politik der strikten Ausgabenbegrenzung in den kommenden Jahren konsequent fortgesetzt wird. Über die Einzelheiten des Abbaus von Subventionen und von steuerlichen Sonderregelungen werden die Koalitionsfraktionen und die Bundesregierung in der nächsten Legislaturperiode im Zusammenhang mit der schon genannten Steuerstrukturreform beschließen.
Der Bundeswirtschaftsminister ist ebenso wie die Bundesregierung der Auffassung, daß die Gewerbesteuer eine besondere Belastung der Unternehmen darstellt. Er sieht daher eine Abschaffung dieser Steuer bei einem entsprechenden Ausgleich für die Gemeinden als notwendig an. Das ist die Meinung des Bundeswirtschaftsministers auch in seiner Eigenschaft als Parteivorsitzender der FDP.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023716000
Das veranlaßt Sie zu einer Zusatzfrage.

Dr. Rudolf Schöfberger (SPD):
Rede ID: ID1023716100
Könnte die Bundesregierung in Zukunft nicht nur pauschal vom Subventionsabbau sprechen, sondern den interessierten Bürgern, sei es den Betroffenen oder den Begünstigten, gleich von Anbeginn an mitteilen, welche Subventionen abgebaut werden, angesichts der Tatsache, daß unter Subvention im technischen Sinne sowohl Wirtschaftshilfen als auch z. B. Wohngeld oder Sparförderung verstanden wird und bei einer pauschalen Aussage Wahlkampfeffekte erzielt werden, die sich hinterher nicht einlösen lassen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es ist richtig, daß eine pauschale Aussage nicht befriedigend ist. Aber das Konzept der Bundesregierung ist bekannt, nämlich ihre Abbauvorschläge gebündelt mit den direkten Steuersenkungen zugleich vorzulegen und damit ein Gesamtkonzept vorzulegen, das dem Bürger ein Abwägen zwischen Nachteilen und Vorteilen ermöglicht. Deshalb wird sehr bewußt davon abgesehen, die allgemein bekannten Subventionstatbestände, die auch jährlich veröffentlicht werden, im einzelnen zu gewichten.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023716200
Weitere Zusatzfrage?

Dr. Rudolf Schöfberger (SPD):
Rede ID: ID1023716300
Wollen Sie jetzt unter dem technischen Begriff der Subventionen die sogenannten Wirtschaftsförderungen abbauen oder wollen Sie Sparförderung, Wohngeld und Steuerfreibeträge, etwa Weihnachtsfreibetrag oder Arbeitnehmerfreibetrag, abbauen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich bin nicht bereit, zu irgendeinem Punkt Stellung zu nehmen. Wir werden uns darum bemühen, in der nächsten Legislaturperiode ein Gesamtkonzept vorzulegen, und dafür um Zustimmung in diesem Hause werben.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023716400
Ihnen stehen noch zwei weitere Zusatzfragen zur Verfügung. Wenn Sie davon Gebrauch machen wollen, bitte sehr, Herr Abgeordneter Schöfberger.

Dr. Rudolf Schöfberger (SPD):
Rede ID: ID1023716500
Ich mache davon keinen Gebrauch mehr.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023716600
Danke schön.
Die Frage 37 des Abgeordneten Herrn Gansel wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 38 des Abgeordneten Herrn Dr. Kübler auf.
Welches sind aus der Sicht der Bundesregierung die Hindernisse für eine stärkere Aktivität der EG-Kommission für eine europäische alternative Energiestrategie, und welche Anstrengungen wird die Bundesregierung auf diesem Energiesektor zukünftig unternehmen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Kommission der Europäischen Gemeinschaft mißt der Entwicklung und Ausweitung regenerativer Energien sowie der effizienten Energienutzung im Rahmen ihrer Energiestrategie für die Gemeinschaft besondere Bedeutung zu. Beide Bereiche werden mit Mitteln der Gemeinschaft in besonderen Programmen für Forschung, Entwicklung und Demonstration gefördert. Der Rat der Energieminister der Europäischen Gemeinschaft hat in diesem Jahr auf Vorschlag der Kommission Entschließungen zur Entwicklung der neuen und erneuerbaren Energien und zur effizienten Energienutzung in Industriebetrieben verab-



Parl. Staatssekretär Grüner
schiedet, die neue Impulse in diesen Bereichen geben werden. Auf Initiative der britischen Präsidentschaft berät der Rat gegenwärtig über weitere Möglichkeiten, die Einsparpolitik in den Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaft zu verstärken.
Die Bundesregierung beteiligt sich aktiv an der Durchführung dieser Programme und der auf Gemeinschaftsebene beschlossenen Ausrichtung der Energiepolitik. Sie ist aber mit der EG-Kommission der Auffassung, daß staatliche Fördermaßnahmen auch in diesem Bereich nur flankierenden Charakter haben können und den Wettbewerb zwischen den Energieträgern nicht ersetzen dürfen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023716700
Zusatzfrage? — Bitte schön, Herr Dr. Kübler.

Dr. Klaus Kübler (SPD):
Rede ID: ID1023716800
Herr Staatssekretär, welche europäischen Länder, die innerhalb der EG organisiert sind, außer Großbritannien, daß Sie soeben genannt haben, sind besonders aktiv in neuen Überlegungen, die alternative Energien angehen? Nimmt die Bundesrepublik hierbei einen Mittelplatz ein, oder ist sie gar das Schlußlicht?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich bitte um Verständnis, daß ich keine Bewertung der Aktivitäten vornehmen möchte, insbesondere darauf verzichten möchte, die bedeutende Rolle der Bundesregierung in diesem Zusammenhang zu unterstreichen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023716900
Zusatzfrage? — Ja.

Dr. Klaus Kübler (SPD):
Rede ID: ID1023717000
Herr Staatssekretär, treffen Informationen zu, daß finanzielle Anforderungen in Richtung auf mehr Aktivitäten für alternative Energien insbesondere von seiten der Bundesregierung sehr zurückhaltend behandelt, wenn nicht gar reduziert worden sind?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Derartige Meldungen treffen nicht zu. Richtig ist allerdings, daß wir an eine direkte Projektförderung einen sehr kritischen Maßstab anlegen, weil wir der Auffassung sind, daß im Bereich der erneuerbaren Energien alle Vorschläge, die bisher gemacht worden sind, auch in der Vergangenheit, mit ausreichenden finanziellen Mitteln versehen worden sind.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023717100
Dann rufe ich die Frage 39 des Abgeordneten Dr. Kübler auf:
Sieht die Bundesregierung nach dem Unfall von Tschernobyl nicht sehr viel größeren Bedarf nach Forschung im Bereich alternativer Energien und für eine Gemeinschaftsstrategie „Weg von der Kernenergie", als in dem EG-Kommissionsdokument (86) 12 enthalten ist, das vor dem Tschernobyl-Unfall konzipiert worden ist?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat zur Frage der Nutzung der alternativen Energiequellen und der Energieforschung im Energiebericht vom 24. September 1986 ausführlich Stellung genommen. Sie wird diese Energiepolitik selbstverständlich auch im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften verfolgen.
Zur Energiestrategie der Europäischen Gemeinschaften weise ich auf die Entschließung des EG-Ministerrats vom 15. September 1986 über neue energiepolitische Ziele der Europäischen Gemeinschaft bis 1985 hin. Im Vordergrund steht eine ausgewogene Diversifizierung der Versorgungsquellen und der Energiestruktur der Gemeinschaft. Kommission und Rat der Europäischen Gemeinschaft sind wie die Bundesregierung der Auffassung, daß regenerierbare Energien gefördert werden müssen, daß sie aber auf absehbare Zeit nur einen bescheidenen Beitrag zur Energieversorgung leisten können.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023717200
Zusatzfrage, bitte.

Dr. Klaus Kübler (SPD):
Rede ID: ID1023717300
Herr Staatssekretär, das entscheidende Dokument der EG, auf dem die derzeitige Strategie der Energiepolitik der EG beruht, datiert aus einer Zeit vor dem Unfall von Tschernobyl. Sieht die Bundesregierung auf Grund der Erfahrungen des Störfalls von Tschernobyl und sicherlich noch weiterer Erfahrungen einen Anlaß, eine Überarbeitung dieses grundlegenden Kommissionsdokuments (86) 12 vorzunehmen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe mich hier auf ein Dokument bezogen, das das Datum des 15. September 1986 trägt. Es ist jedoch selbstverständlich, daß wir in der Frage der Schlußfolgerungen aus Tschernobyl in einem intensiven Dauerkontakt stehen, nicht nur innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, sondern insbesondere auch im Rahmen der Wiener Behörde weit über die Grenzen der Europäischen Gemeinschaft hinaus.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023717400
Weitere Zusatzfrage, bitte.

Dr. Klaus Kübler (SPD):
Rede ID: ID1023717500
Wird die Bundesregierung — gemäß Ihren letzten Ausführungen, Herr Staatssekretär — entsprechende konkrete Initiativen ergreifen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ja, Herr Kollege. Überall dort, wo wir sinnvolle Möglichkeiten für solche konkreten Initiativen sehen und wo wir die Chance haben, auf Zustimmung zu stoßen, werden wir diese Initiativen einbringen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023717600
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.
Damit ist auch dieser Geschäftsbereich abgeschlossen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Verfügung steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Vogt.
Ich rufe die Frage 47 des Abgeordneten Reimann auf:
Wie stellt sich die Bundesregierung zu der Tatsache, daß Arbeitsämter — so geschehen in Ludwigshafen — Arbeitslose über 58 Jahre in einem persönlichen Anschreiben plus beigefügter Erklärung zur Unterschrift auf die Möglichkeit der Gewährung von Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe unter der erleichterten Voraussetzung des § 105c Arbeitsförderungsgesetz (AFG) aufmerksam machen, ohne auf die möglicherweise damit verbundenen finanziellen Nachteile — Verzicht auf den Vermittlungsanspruch des Arbeitsamtes,



Vizepräsident Cronenberg
Verzicht auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe bis zum 65. Lebensjahr, Verzicht auf das Anrechnen von Ausfallzeiten auf die Rente — hinzuweisen?
Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1023717700
Herr Kollege, die Regelung des § 105c des Arbeitsförderungsgesetzes ist ein Angebot an die älteren Arbeitslosen, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt aus dem Erwerbsleben ausscheiden wollen. Ihnen wird die Möglichkeit eingeräumt, Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe bis zum frühestmöglichen Rentenbezug auch dann zu beziehen, wenn sie keine neue Beschäftigung mehr aufnehmen wollen. Die Inanspruchnahme dieser Regelung ist freiwillig. Der Arbeitslose soll vor seiner Entscheidung sorgfältig prüfen, ob er Leistungen unter den Voraussetzungen des § 105c AFG beanspruchen möchte. Arbeitslose, die erstmals Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe oder deren Wiederbewilligung beantragen, werden daher anläßlich der Aushändigung der Antragsvordrucke vom Arbeitsamt beraten. Sie werden auch auf die Zweckmäßigkeit hingewiesen, sich über rentenrechtliche Auswirkungen, die sich aus der Inanspruchnahme der Möglichkeiten nach § 105c AFG ergeben können, bei einem Rentenversicherungsträger beraten zu lassen.
Leistungsbezieher, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 105c Arbeitsförderungsgesetz das 58. Lebensjahr bereits vollendet haben oder dieses nach Inkrafttreten der Regelung vollenden, werden vom Zentralamt der Bundesanstalt für Arbeit schriftlich über die Möglichkeiten des Bezugs von Leistungen nach § 105c AFG informiert. Dieses Schreiben enthält bisher keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Zweckmäßigkeit der ergänzenden Beratung bei den zuständigen Rentenversicherungsträgern. Eine Änderung dieser Praxis ist jedoch bereits veranlaßt. Die diesbezüglichen Weisungen an die Arbeitsämter werden derzeit überarbeitet. Die Praxis des Arbeitsamtes Ludwigshafen unterscheidet sich nicht von der anderer Arbeitsämter.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023717800
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Manfred Reimann (SPD):
Rede ID: ID1023717900
Herr Staatssekretär, ich bin davon überzeugt, daß da keine unterschiedliche Handhabung ist. Aber warum, wenn man eine solche Sache konzipiert und wenn man das den Betroffenen anbietet, macht man sie nicht auch zugleich auf die Nachteile aufmerksam, mit denen sie im Zweifelsfall konfrontiert werden? Ich frage Sie: Stimmt mein Verdacht, daß es vorrangig doch nur darum geht, die Arbeitslosenstatistik zu beeinflussen, d. h. die Zahlen nach unten zu drücken?
Vogt, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dieser Verdacht stimmt nicht. Er ist — ich habe es hier in der Fragestunde schon verschiedentlich gesagt — abwegig. Diese Regelung des § 105c Arbeitsförderungsgesetz geht auf Anregungen zurück, die die Tarifpartner in Gesprächen mit der Bundesregierung dargelegt haben. Es war auch der ausdrückliche Wunsch des Deutschen Gewerkschaftsbundes, daß eine derartige Regelung in das AFG aufgenommen wird, nämlich unter der Berücksichtigung der Tatsache, daß ältere Arbeitslose oftmals ihre Vermittlungschance selbst als sehr gering einschätzen, sie aber nach den gesetzlichen Bestimmungen und den Anordnungen der Bundesanstalt für Arbeit sich dennoch immer wieder bei der Arbeitsverwaltung melden müssen. Sie müssen also den Eindruck erwecken, als seien sie noch vermittlungsfähig, obwohl jeder weiß, der Arbeitslose selbst wie das Arbeitsamt, daß sie gar nicht mehr vermittelt werden können. Deshalb, um diese Lebenslüge aus der Welt zu schaffen, haben die Tarifpartner angeregt, § 105 c in das Arbeitsförderungsgesetz aufzunehmen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023718000
Weitere Zusatzfrage.

Manfred Reimann (SPD):
Rede ID: ID1023718100
Ich entnehme aus dem zweiten Teil Ihrer Beantwortung, daß die Arbeitsämter ab sofort angewiesen werden, auf diesen Mißstand hinzuweisen, den ich vorgebracht habe, und daß es ausschließlich darum geht, den Betroffenen durch Informationen den Ruhestand nahezubringen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023718200
Das war eine Feststellung, keine Frage.

Manfred Reimann (SPD):
Rede ID: ID1023718300
Ich frage dann damit noch einmal, Herr Präsident, ob das so ist.
Vogt, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann dann auf Ihre Frage schlicht mit Ja antworten.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023718400
Danke schön. Ich rufe nunmehr Frage 48 des Abgeordneten Reimann auf:
Wie hoch beziffert die Bundesregierung die Entlastung der Arbeitslosenstatistik durch diese Aktion der Arbeitsämter?
Vogt, Parl. Staatssekretär: Die Zahl der Bezieher von Leistungen nach § 105 c AFG betrug im September 1986 40 574.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023718500
Danke schön. Zusatzfrage.

Manfred Reimann (SPD):
Rede ID: ID1023718600
Dann würde mich doch einmal der Erfolg Ihrer Aktion interessieren, wieviel denn bei diesen 40 000 auf Grund der Information durch die Arbeitsämter hinzugekommen sind.
Vogt, Parl. Staatssekretär: Sozusagen alle hier genannten Fälle, nämlich 40 574, sind Fälle, die auf Grund der gesetzlichen Regelung durch Beratung des Arbeitsamtes von den Möglichkeiten des § 105 c AFG Gebrauch gemacht haben. Das geht alles auf Eigeninitiative und auf Beratung durch die Arbeitsverwaltung zurück. Ich verstehe ansonsten den Sinn Ihrer Frage nicht.

Manfred Reimann (SPD):
Rede ID: ID1023718700
Herr Staatssekretär, ich konkretisiere das: Es waren doch schon 40 000, bevor das Arbeitsamt mit seiner Aktion begonnen hatte.
Vogt, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege, jetzt darf ich noch einmal auf meine ursprüngliche Antwort verweisen. Ich habe darauf verwiesen, daß



Parl. Staatssekretär Vogt
die Arbeitsämter von vornherein angewiesen waren, die Auskünfte über die möglichen Folgen hinsichtlich des Altersruhegeldes zu geben. Es gab nur einen Teil derjenigen, die von der Möglichkeit Gebrauch machen können, die das AFG jetzt enthält, die von der Zentralstelle in Nürnberg angeschrieben worden sind. In dem Schreiben — ich habe das ja gesagt — hat der Hinweis gefehlt, sie möchten sich doch auch mit ihren Rentenversicherungsträgern in Verbindung setzten. Der Fehler in dem Anschreiben ist aber geheilt.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023718800
Danke schön.
Die Fragen 59 und 60 des Abgeordneten Kirschner werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Nunmehr rufe ich — wohl als letzte — die Frage 51 des Abgeordneten Dr. Enders auf:
Sind der Bundesregierung die Anliegen der Gehörlosen bekannt, die für ihre teuren elektrischen Signalgeräte eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes und für das Schreibtelefon mehr freie Gesprächseinheiten erwarten, und ist sie bereit, diesen berechtigten Wünschen behinderter Menschen zu entsprechen?
Herr Staatssekretär.
Vogt, Parl. Staatssekretär: Bestrebungen der Gehörlosen oder ihrer Verbände, eine Senkung der Umsatzsteuer für elektrische Signalgeräte zu erreichen, sind der Bundesregierung nicht bekannt.
Der Gesetzgeber hatte sich bei der Einführung des Mehrwertsteuersystems im Jahre 1968 in dem Bestreben, es mit möglichst wenigen Ausnahmen zu versehen, nicht für eine umfassende umsatzsteuerrechtliche Begünstigung des gesamten Gesundheitsbereichs, sondern nur für gezielte Begünstigungen bestimmter Leistungen in diesem Bereich entschieden.
Zu den umsatzsteuerrechtlichen Vergünstigungen gehören u. a. die Steuerbefreiung für die Leistungen der Heilberufe und der Krankenanstalten sowie die Steuerermäßigung für bestimmte, klar abgegrenzte Hilfsmittel für Kranke und Körperbehinderte. Die Umsätze aller anderen Heil- und Hilfsmittel werden dagegen mit dem allgemeinen Steuersatz besteuert. An dieser Konzeption des Gesetzgebers sollte nach Auffassung der Bundesregierung weiterhin festgehalten werden.
Für den Anschluß und den Betrieb des als private Zusatzeinrichtung zugelassenen Schreibtelefons erhebt die Deutsche Bundespost keine Gebühren. Die Gehörlosen erhalten zusätzlich 30 gebührenfreie Einheiten und eine um 5 DM verringerte Grundgebühr für den Telefonanschluß, mit dem das Schreibtelefon betrieben wird. Die Gewährung darüber hinausgehender Gebührenvergünstigungen für Gehörlose würde bei der Vielzahl der Gestaltungswünsche anderer Behindertengruppen zu Berufungen führen. Damit kämen weitere erhebliche finanzielle Belastungen auf die Deutsche Bundespost zu, die im Bereich des sozialen Vergünstigungswesens schon jetzt mehr als 190 Millionen DM jährlich aufwendet.
Bei dieser Sach- und Rechtslage sieht die Bundesregierung zur Zeit keine Möglichkeit, den Gehörlosen diese weiteren Vergünstigungen einzuräumen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023718900
Eine Zusatzfrage.

Dr. Wendelin Enders (SPD):
Rede ID: ID1023719000
Herr Staatssekretär, ist es dann für die Bundesregierung von Nutzen, wenn ich auf die Probleme der Gehörlosen aufmerksam gemacht habe, die für optische Signalgeräte — etwa Hausglocke, Lichtwecker, Rufanlage im Krankheitsfall oder auch etwa ein Gerät, um das Schreien eines Kleinkinds zu bemerken — Ausgaben von rund 5 000 DM haben, wofür etwa 700 DM Mehrwertsteuer anfallen? Ist nicht, da die Hörenden diese Ausgaben nicht haben, in unserem Sozialstaat auf Grund der Behinderung einer erhebliche Ungerechtigkeit vorhanden, und sollte man nicht meinen Gedanken aufgreifen, in diesem Falle die Mehrwertsteuer zu senken?
Vogt, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe auf die Motive hingewiesen, die der Gesetzgeber 1968 hatte, als er die hier zur Diskussion stehende Regelung geschaffen hat. Hinsichtlich dieser Gründe und Motive gibt es — ich habe das dargelegt — keine Änderungen, und deshalb kann und wird die Bundesregierung diesen Anregungen nicht folgen.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023719100
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Enders? — Ich bitte Sie aber, sich kurz zu fassen, denn wir überschreiten unsere Zeit schon jetzt.

Dr. Wendelin Enders (SPD):
Rede ID: ID1023719200
Herr Staatssekretär, da es bei den Gesprächseinheiten nicht allein um einen Gehörlosen in der Familie mit einem Hauptanschluß geht, sondern auch um die Gehörlosen in der Familie insgesamt, die nicht benachteiligt oder eingeschränkt werden sollten, wenn sie über das Schreibtelefon Kommunikation mit ihren Mitbehinderten betreiben wollen, frage ich Sie: Sind Sie bereit, dies noch einmal aufzugreifen, um für die Behinderten in einer Familie insgesamt zusätzliche Einheiten zu genehmigen?
Vogt, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann Ihnen — um das kurz zu machen — zusagen, daß wir diese Frage noch einmal prüfen, aber ich kann nichts in Aussicht stellen.

(Dr. Enders [SPD): Danke schön!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023719300
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Hürland.

Agnes Hürland (CDU):
Rede ID: ID1023719400
Herr Präsident, wegen der Wichtigkeit dieser Frage des Herrn Kollegen Enders danke ich Ihnen dafür, daß Sie uns über die Zeit hinaus noch einige Minuten zusätzlich geben.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß es neben den Gehörlosen noch andere



Frau Hürland
Behinderte gibt, die für technische Hilfsgeräte viel Geld ausgeben müssen und dadurch auch zusätzlich mit Mehrwertsteuer belastet sind, und müßten Sie dann nicht den gesamten Kreis auch der anderen Behinderungen mit einbeziehen?
Vogt, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, ich kann Ihnen nur hinsichtlich der Aussage zustimmen, die in Ihrer Frage enthalten ist. Wir könnten keine Einzelfallregelung für diesen bestimmten Personenkreis schaffen. Vielmehr müßte das gesamte Begünstigungswesen in diesem Bereich neu erörtert werden. Deshalb hatte ich Prüfung zugesagt, aber nichts angekündigt bzw. in Aussicht gestellt.

(Frau Hürland wird eine ernsthafte Prüfung sein!)


Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID1023719500
Damit sind wir am Ende der Fragestunde.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 16. Oktober 1986, 8 Uhr — wegen der Aktuellen Stunde — ein.
Die Sitzung ist geschlossen.