Protokoll:
10217

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 10

  • date_rangeSitzungsnummer: 217

  • date_rangeDatum: 16. Mai 1986

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:13 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/217 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 217. Sitzung Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 16741 A Nachträgliche Überweisung eines Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 16741 C Beratung des Antrags der Abgeordneten Werner (Dierstorf), Rusche und der Fraktion DIE GRÜNEN Unverzügliche Entschädigung des Naturkosthandels, der Bioläden, der Direktvermarkter und des Einzelhandels für die durch die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl entstandenen finanziellen Ausfälle — Drucksache 10/5513 — 16741 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit, einschließlich in der Landwirtschaft, ausüben sowie über Mutterschutz — KOM(84) 57 endg. — — Drucksachen 10/1404 Nr. 25, 10/5489 — 16741 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1364/75 über die Gründung einer Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen — KOM(86) 14 endg. — — Drucksachen 10/5189 Nr. 28, 10/5490 — 16741 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung — Chancengleichheit der Frauen — Mittelfristiges Programm der Gemeinschaft — KOM(85) 801 endg. — — Drucksachen 10/5235, 10/5491 — . . . 16741 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung landwirtschaftlicher Unternehmer von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Sozialversicherungs-Beitragsentlastungsgesetz) — Drucksache 10/5463 — Schartz (Trier) CDU/CSU 16741 D Pfuhl SPD 16744 B Kiechle, Bundesminister BML 16748 B Werner (Dierstorf) GRÜNE 16750 C Paintner FDP 16752A Wimmer (Neuötting) SPD 16754 B Rode (Wietzen) CDU/CSU 16755 D Oostergetelo SPD 16758 C Funk CDU/CSU 16761 B Werner (Dierstorf) GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 16763 B II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 19. November 1984 zur Errichtung der Interamerikanischen Investitionsgesellschaft — Drucksache 10/4629 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 10/5468, 10/5512 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/5469 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Sechster Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung — Drucksachen 10/3028, 10/5174 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Abgeordneten Repnik, Dr. Pinger, Dr. Laufs, Rühe, Dr. Hüsch, Schreiber, Graf von Waldburg-Zeil, Sauter (Epfendorf), Feilcke, Frau Fischer, Hedrich, Höffkes, Dr. Kunz (Weiden), Lamers, Dr. Pohlmeier, Herkenrath, Echternach, Kraus, Bayha, Hanz (Dahlen), Frau Augustin, Borchert, Dr. Lammert, Sauter (Ichenhausen), Schmidbauer, Dr. Olderog, Hornung, Schartz (Trier), Schulze (Berlin), Weiß, Schwarz, Eylmann, Werner, Susset, Bohl, Schneider (Idar-Oberstein), Brunner, Dr.-Ing. Kansy, Clemens, Magin, Dr. Schwörer, Sauer (Stuttgart), Dr. Stercken, Pfeffermann, Frau Rönsch, Dr. Schroeder (Freiburg), Seehofer, Niegel, Dr. Bugl, Michels, Boroffka, Frau Geiger, Frau Hoffmann (Soltau), Carstensen (Nordstrand), Dr. Hoffacker, Frau Dempwolf, Seesing, Deres, Müller (Wadern), von Hammerstein, Eigen, Wilz, Rossmanith, Dr. Faltlhauser, Lintner, Frau Dr. Wisniewski, von Schmude, Ehrbar, Louven, Keller, Dr. Czaja, Wissmann, Hinrichs, Hauser (Esslingen), Spilker und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rumpf, Schäfer (Mainz) und der Fraktion der FDP Erhaltung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen in der Dritten Welt — Drucksachen 10/3089, 10/4032 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Pinger, Frau Fischer, Dr. Hüsch, Lamers, Austermann, Repnik, Schreiber, Feilcke, Hedrich, Höffkes, Graf von Waldburg-Zeil, Dr. Pohlmeier, Dr. Kunz (Weiden), Ruf, Biehle, Herkenrath, Sauter (Epfendorf), Dr. Hoffacker, Dr. Lammert, Schulze (Berlin), Link (Frankfurt), Dr. Stavenhagen, Schemken, Dr. Götz, Dr. Rose, Sauter (Ichenhausen), Clemens, Schwarz, Graf Huyn, Jagoda, Pfeffermann, Lenzer, Seehofer, Spilker, Frau Dr. Hellwig, Dr. Möller, Maaß, Dr. Lippold, Dr. Stercken, Roth (Gießen), Dr. Bekker (Frankfurt), Magin, Tillmann, Sauter (Stuttgart), Haungs, Dr. Bugl, Dr.-Ing. Kansy, Jung (Lörrach), Dr. Faltlhauser, Dr. Meyer zu Bentrup und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rumpf, Dr. Feldmann, Bredehorn, Frau Seiler-Albring, Schäfer (Mainz), Ronneburger, Dr. Haussmann, Grünbeck, Beckmann, Wurbs, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP Intensivierung der Handwerksförderung in der Dritten Welt zu dem Antrag der Abgeordneten Sauter (Epfendorf), Dr. Pinger, Dr. Kunz (Weiden), Herkenrath, Repnik, Graf von Waldburg-Zeil, Bayha, Borchert, Feilcke, Frau Fischer, Hedrich, Höffkes, Dr. Hüsch, Lamers, Dr. Pohlmeier, Schreiber, Echternach, Hanz (Dahlen), Dr. Lammert, Kraus, Rühe, Sauter (Ichenhausen), Schmidbauer, Frau Augustin, Carstensen (Nordstrand), Schartz (Trier), Michels, Niegel, Sauer (Stuttgart), Werner, Dr.-Ing. Kansy, Magin, Weiß, Kittelmann, Hornung, Eylmann, Bohl, Frau Roitzsch (Quickborn), Frau Dr. Wisniewski, Seehofer, Frau Rönsch, Lou- . ven, Dr. Stercken, Schwarz, Dr. Schwörer, Dr. Czaja, Clemens, Hauser (Esslingen), Dr. Schroeder (Freiburg), Dr. Miltner, Ganz (St. Wendel), Bühler (Bruchsal), Rode (Wietzen), Frau Geiger, Frau Hoffmann (Soltau), Frau Verhülsdonk, Frau Krone-Appuhn, Petersen, Stutzer, Dr. Hoffacker, Frau Dempwolf, Seesing, Stockhausen, Müller (Wadern), Eigen, Schneider (IdarOberstein), Doss, Wilz, Rossmanith, Nelle, Freiherr Heereman von Zuydtwyck und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rumpf, Schäfer (Mainz), Paintner, Dr. Feldmann und der Fraktion der FDP Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 III Förderung kleinbäuerlicher Betriebe in der Dritten Welt — Drucksachen 10/1214, 10/1841, 10/5176 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Durchführung des Sonderprogramms zur Bekämpfung des Hungers in der Welt — Drucksachen 10/4983 Nr. 34, 10/5189, 10/5412 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Pinger, Dr. Hüsch, Höffkes, Hedrich, Dr. Lammert, Lamers, Repnik, Schreiber, Sauter (Epfendorf), Borchert, Feilcke, Frau Fischer, Dr. Kunz (Weiden), Dr. Pohlmeier, Graf von Waldburg-Zeil, Herkenrath, Echternach, Kraus, Schulhoff, Hornung, Weiß, Wilz, Kolb, Dr. Hornhues, Eylmann, Seesing, Frau Roitzsch (Quickborn), Dr. Hoffacker, Schemken, Maaß, Jagoda, Magin, Ruf, Schneider (Idar-Oberstein), Link (Frankfurt), Sauer (Stuttgart), Dr. Olderog, Dr. Schroeder (Freiburg), Clemens und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Schäfer (Mainz), Dr. Rumpf, Frau Dr. Hamm-Brücher, Dr. Feldmann, Frau Seiler-Albring, Ertl, Ronneburger, Dr. Solms, Dr. Weng (Gerlingen) und der Fraktion der FDP Reformen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen als Voraussetzung für Selbsthilfe in der Dritten Welt — Drucksachen 10/4109, 10/5405 — Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 16765A Schluckebier SPD 16767 D Höffkes CDU/CSU 16770 B Frau Eid GRÜNE 16771 D Dr. Rumpf FDP 16774 A Dr. Hauchler SPD 16777 A Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU 16779 B Schreiber CDU/CSU 16780 B Schanz SPD 16781 A Dr. Pinger CDU/CSU 16782 D Toetemeyer SPD 16783 D Dr. Hüsch CDU/CSU 16784 C Vizepräsident Frau Renger 16767 C Beratung des Antrags der Abgeordneten Werner (Dierstorf), Rusche und der Fraktion DIE GRÜNEN Unverzügliche Entschädigung des Naturkosthandels, der Bioläden, der Direktvermarkter und des Einzelhandels für die durch die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl entstandenen finanziellen Ausfälle — Drucksache 10/5513 — 16787 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit, einschließlich in der Landwirtschaft, ausüben sowie über Mutterschutz — KOM(84) 57 endg. — — Drucksachen 10/1404 Nr. 25, 10/5489 — 16787 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1364/75 über die Gründung einer Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen — KOM(86) 14 endg. — — Drucksachen 10/5189 Nr. 28, 10/5490 — 16787 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung — Chancengleichheit der Frauen — Mittelfristiges Programm der Gemeinschaft — KOM(85) 801 endg. — — Drucksachen 10/5235, 10/5491 — . . 16788 B Nächste Sitzung 16788 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 16789*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 16789* C IV Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zu Punkt 19 der Tagesordnung (Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes) (s. Plenarprotokoll 10/216 Seite 16736D) (Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft, Frau Dr. Martiny-Glotz [SPD], Frau Geiger [CDU/CSU], Dr. Haussmann [FDP], Tatge [GRÜNE]) . 16790*C Anlage 4 Sicherheitsuntersuchungen bezüglich der Graphit-Ummantelungen der Brennelemente des THTR 300 MdlAnfr 23, 24 09.05.86 Drs 10/5456 Schäfer (Offenburg) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Probst BMFT 16794* D Anlage 5 Finanzielle Unterstützung für Familien von im Ausland inhaftierten Mitarbeitern von MAD der BND MdlAnfr 31, 32 09.05.86 Drs 10/5456 Tischer GRÜNE SchrAntw StMin Vogel BK 16795* B Anlage 6 Deutsch-arabische Universitätspartnerschaften MdlAnfr 33 09.05.86 Drs 10/5456 Dr. Rose CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . 16795* C Anlage 7 Übersiedlung des paraguayischen Staatsoberhaupts Stroessner nach Bayern MdlAnfr 34 09.05.86 Drs 10/5456 Vogel (München) GRÜNE SchrAntw StMin Möllemann AA . . . 16796* B Anlage 8 Nichtanerkennung der geflohenen Kambodschaner als Flüchtlinge durch Thailand MdlAnfr 35 09.05.86 Drs 10/5456 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw StMin Möllemann AA . . . 16796* B Anlage 9 Sicherheitsstandard europäischer Kernkraftwerke MdlAnfr 40 09.05.86 Drs 10/5456 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16796* D Anlage 10 Organisation der Messung ionisierender Strahlen MdlAnfr 41 09.05.86 Drs 10/5456 Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16797"A Anlage 11 Vereinbarungen über das französische Kernkraftwerk Cattenom, insbesondere für den Störfall MdlAnfr 42 09.05.86 Drs 10/5456 Schreiner SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16797* B Anlage 12 Amerikanische Grenzwerte für radioaktive Strahlenbelastung; Auswirkungen auf den Export deutscher Waren MdlAnfr 43 09.05.86 Drs 10/5456 Vogel (München) GRÜNE SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16798*A Anlage 13 Strahlenbelastung des Bodens und der landwirtschaftlichen Erzeugnisse im Zusammenhang mit dem Reaktorunfall in Tschernobyl MdlAnfr 44, 45 09.05.86 Drs 10/5456 Schulte (Menden) GRÜNE SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16798* A Anlage 14 Festsetzung der Grenzwerte für die Strahlenbelastung im Zusammenhang mit dem Reaktorunfall in Tschernobyl durch die Strahlenschutzkommission MdlAnfr 46, 47 09.05.86 Drs 10/5456 Ströbele GRÜNE SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16798* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 V Anlage 15 Europäische Vereinbarungen betr. Störfälle in kerntechnischen Anlagen MdlAnfr 48, 49 09.05.86 Drs 10/5456 Wolfram (Recklinghausen) SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16798* D Anlage 16 Internationale Vereinbarungen betr. Sicherheitsstandards beim Bau und Betrieb kerntechnischer Anlagen MdlAnfr 50, 51 09.05.86 Drs 10/5456 Stahl (Kempen) SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16800* B Anlage 17 Vorsorgemaßnahmen auf Grund des Reaktorunfalls in Tschernobyl; Sicherheit kerntechnischer Anlagen MdlAnfr 52, 53 09.05.86 Drs 10/5456 Dr. Kübler SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16801*C Anlage 18 Untersuchungen betr. das Kernschmelzen in Kernkraftwerken MdlAnfr 54 09.05.86 Drs 10/5456 Hansen (Hamburg) SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16802*A Anlage 19 Informierung der Bevölkerung im Falle einer Atomkatastrophe MdlAnfr 55 09.05.86 Drs 10/5456 Frau Eid GRÜNE SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16802* B Anlage 20 Schäden bei Pflanzen, Tieren und Mikroben durch die Strahlenbelastungen MdlAnfr 56 09.05.86 Drs 10/5456 Frau Dann GRÜNE SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16802* C Anlage 21 Verteilung von Radioisotopen in der Biosphäre; Belastung von Pflanzen, Tieren und Mikroben MdlAnfr 57, 58 09.05.86 Drs 10/5456 Senfft GRÜNE SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16802* C Anlage 22 Bestandteile der durch den Reaktorunfall von Tschernobyl verursachten Radioaktivitätswolke MdlAnfr 59, 60 09.05.86 Drs 10/5456 Mann GRÜNE SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16802* D Anlage 23 Erhöhung der Mutationsrate bei Pflanzen, Tieren und Mikroben durch die Radioaktivitätswerte; Auswirkungen MdlAnfr 61, 62 09.05.86 Drs 10/5456 Frau Zeitler GRÜNE SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16803*A Anlage 24 Strahlenbelastung auf Sandspielplätzen im Zusammenhang mit dem Reaktorunglück in Tschernobyl MdlAnfr 63 09.05.86 Drs 10/5456 Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . 16803* B Anlage 25 Schadenersatzforderungen der Bundesregierung an die Sowjetunion für die im Zusammenhang mit dem Reaktorunglück in Tschernobyl entstandenen Schäden MdlAnfr 66 09.05.86 Drs 10/5456 Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU SchrAntw PStSekr Erhard BMJ . . 16803* B Anlage 26 Hintergründe des Bombenanschlags auf das Bundesamt für den Zivildienst im März 1978 MdlAnfr 67 09.05.86 Drs 10/5456 Dr. Schierholz GRÜNE SchrAntw PStSekr Erhard BMJ . . . 16803* D VI Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 Anlage 27 Haftung für Schäden durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl MdlAnfr 68 09.05.86 Drs 10/5456 Dr. Diederich (Berlin) SPD SchrAntw PStSekr Erhard BMJ . . . 16803* D Anlage 28 Abschaffung der Gewerbesteuer im Rahmen der geplanten Steuerreform in der 11. Wahlperiode MdlAnfr 77 09.05.86 Drs 10/5456 Schlatter SPD SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . 16804* A Anlage 29 Einbeziehung einer gerechten Erfassung der Kapitalerträge und einer Anhebung des Sparerfreibetrages in die geplante Steuerreform MdlAnfr 80 09.05.86 Drs 10/5456 Dr. Wieczorek SPD SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . 16804* B Anlage 30 Anhebung der Kinderfreibeträge und des Kindergeldes bei der geplanten Steuerreform; Entlastung für einen Arbeitnehmer mit zwei Kindern und einem Lohn von 50 000,— DM durch die Einführung des sogenannten linear-progressiven Tarifs MdlAnfr 81, 82 09.05.86 Drs 10/5456 Rapp (Göppingen) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . 16804* C Anlage 31 Teilweise Finanzierung der geplanten Steuerreform durch einen linearen Subventionsabbau MdlAnfr 85 09.05.86 Drs 10/5456 Westphal SPD SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . 16804* D Anlage 32 Beibehaltung des Arbeitnehmerfreibetrags und des Weihnachtsfreibetrags bei der geplanten Steuerreform MdlAnfr 88 09.05.86 Drs 10/5456 Dr. Mertens (Bottrop) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . 16805*A Anlage 33 Gewinnabführung der Bundesbank 1986 MdlAnfr 89 09.05.86 Drs 10/5456 Dr. Weng (Gerlingen) FDP SchrAntw PStSekr Dr. Voss BMF . . . 16805* B Anlage 34 Fusionspläne der Schmiedewerke KruppKlöckner GmbH mit dem Thyssen-Schmiedebereich Hattingen; kartellrechtliche Voraussetzungen MdlAnfr 94, 95 09.05.86 Drs 10/5456 Reschke SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 16805* C Anlage 35 Nach Teil I, Abschnitte A, B und C der Ausfuhrliste genehmigte Warenexporte nach Südafrika ..1984 und 1985; Spenden südafrikanischer Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen an die regierende Nationale Partei Südafrikas MdlAnfr 96, 97 09.05.86 Drs 10/5456 Verheugen SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 16805* D Anlage 36 Auswirkungen einer deutschen Beteiligung am französischen Kernkraftwerk Cattenom MdlAnfr 98 09.05.86 Drs 10/5456 Schreiner SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 16806*A Anlage 37 Verhinderung der Verarbeitung geschützter Tierprodukte MdlAnfr 99 09.05.86 Drs 10/5456 Dr. Weng (Gerlingen) FDP SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . 16806* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 VII Anlage 38 Einzelbetriebliche Förderung von Landwirtschaftsbetrieben, die eine Milchmenge gekauft oder eine zusätzliche Referenzmenge aus dem Existenzsicherungsprogramm bekommen haben; Einführung der Verbandsklagen im Naturschutzgesetz MdlAnfr 100, 101 09.05.86 Drs 10/5456 von Hammerstein CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . 16807* B Anlage 39 Wirtschaftliche Verluste der Landwirtschaft und Gärtnereien im Zusammenhang mit dem Reaktorunfall in Tschernobyl MdlAnfr 102, 103 09.05.86 Drs 10/5456 Frau Weyel SPD SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . 16807* D Anlage 40 Einfuhrbeschränkung für in Konkurrenz zu deutschen Agrarprodukten stehende Erzeugnisse aus Drittländern MdlAnfr 104, 105 09.05.86 Drs 10/5456 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . 16808*A Anlage 41 Staatliche Hilfe für die im Zusammenhang mit dem Reaktorunglück in Tschernobyl geschädigten deutschen Landwirte; Haftung der Sowjetunion MdlAnfr 1.06 09.05.86 Drs 10/5456 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . 16808*C Anlage 42 Staatliche Hilfe bei Strahlenbelastung von Freilandgemüse im Zusammenhang mit dem Reaktorunglück in Tschernobyl; Einfuhrverbot für verseuchtes Gemüse MdlAnfr 107, 108 09.05.86 Drs 10/5456 Frau Schmidt (Nürnberg) SPD SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . 16808* D Anlage 43 Wirtschaftlicher Schaden für die Landwirtschaft im Zusammenhang mit dem Reaktorunfall in Tschernobyl; Schadenersatzansprüche gegenüber der Sowjetunion MdlAnfr 109 09.05.86 Drs 10/5456 Berger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . 16809* B Anlage 44 Strahlenbelastung bei der Bodenbearbeitung; Umorganisation der Landwirtschaft nach atomaren Störfällen MdlAnfr 110, 111 09.05.86 Drs 10/5456 Wimmer (Neuötting) SPD SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . 16809* C Anlage 45 Landwirtschaftliche Einbußen durch die bisher bekannten Strahlenbelastungen MdlAnfr 112 09.05.86 Drs 10/5456 Frau Borgmann GRÜNE SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . 16810*A Anlage 46 Verwendung überschüssiger Mittel für Maßnahmen zur Berufsvorbereitung gemäß § 40 des Arbeitsförderungsgesetzes für das Benachteiligtenprogramm MdlAnfr 113 09.05.86 Drs 10/5456 Kastning SPD SchrAntw PStSekr Höpfinger BMA . . 16810* B Anlage 47 Mißbräuchliche Nutzung der studentischen Krankenversicherung MdlAnfr 115 09.05.86 Drs 10/5456 Müller (Wesseling) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höpfinger BMA . . 16810* D Anlage 48 Beabsichtigte Schutzbereichsanordnung um die NATO-Verteidigungsanlage bei Hasselbach/Hunsrück MdlAnfr 116, 117 09.05.86 Drs 10/5456 Frau Will-Feld CDU/CSU SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . 16811*A Anlage 49 Entlassung Wehrpfichtiger nach einer Verurteilung wegen Fernbleibens vom Wehrdienst MdlAnfr 118, 119 09.05.86 Drs 10/5456 Dr. Klejdzinski SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . 16811*A Anlage 50 Vereinbarkeit diffamierender Äußerungen von Ausbildern der Bundeswehr gegenüber Rekruten mit den Grundsätzen der inneren Führung MdlAnfr 120, 121 09.05.86 Drs 10/5456 Dr. de With SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . 16812*A Anlage 51 Unterstützung des Hauptabteilungsleiters Rüstung im Bundesministerium der Verteidigung bei dem Vorgehen gegen Veröffentlichungen über Straftaten, mit denen er in Verbindung gebracht wird MdlAnfr 122, 123 09.05.86 Drs 10/5456 Pauli SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . 16812* C Anlage 52 Erhöhte Alarmbereitschaft der US-Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Bombenangriff auf Libyen MdlAnfr 124 09.05.86 Drs 10/5456 Kirschner SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . 16812* D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 16741 217. Sitzung Bonn, den 16. Mai 1986 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Adam-Schwaetzer 16. 5. Dr. Barzel 16. 5. Böhm (Melsungen) * 16. 5. Buckpesch 16. 5. Büchler (Hof) 16. 5. Buschfort 16. 5. Catenhusen 15. 5. Dr. Corterier ** 16. 5. Doss 16. 5. Dr. Ehrenberg 16. 5. Eickmeyer 16. 5. Dr. Enders * 16. 5. Eylmann 16. 5. Fischer (Bad Hersfeld) 16. 5. Francke (Hamburg) ** 16. 5. Franke (Hannover) 16. 5. Gattermann 16. 5. Dr. Götz 16. 5. Handlos 16. 5. Heyenn 16. 5. Frau Hoffmann (Soltau) 16. 5. Frau Huber 16. 5. Frau Hürland 16. 5. Klein (Dieburg) 16. 5. Dr. Klejdzinski * 16. 5. Klose 16. 5. Kroll-Schlüter 16. 5. Frau Krone-Appuhn 16. 5. Dr.-Ing. Laermann 16. 5. Lemmrich 16. 5. Frau Dr. Lepsius 16. 5. Liedtke 16. 5. Link (Diepholz) 16. 5. Lutz 16. 5. Dr. Mertens (Bottrop) 16. 5. Müller (Düsseldorf) 16. 5. Müller (Schweinfurt) 16. 5. Pfeifer 16. 5. Rapp 16. 5. Regenspurger 16. 5. Reuschenbach 16. 5. Frau Roitzsch (Quickborn) 16. 5. Scharrenbroich 16. 5. Schmidt (Hamburg) 16. 5. Frau Schmidt (Nürnberg) 16. 5. Dr. Schöfberger 16. 5. Schröder (Hannover) 16. 5. Schröer (Mülheim) 16. 5. Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 16. 5. Schulte (Unna) 16. 5. Frau Simonis 16. 5. Stobbe 16.5. Suhr 16. 5. Vahlberg 16. 5. Vogel (München) 16. 5. Voigt (Frankfurt) 16. 5. Voigt (Sonthofen) 16. 5. Dr. Voss 16. 5. Dr. Wieczorek 16. 5. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Weirich 16. 5. Frau Dr. Wilms 16. 5. Frau Dr. Wisniewski 16. 5. Wissmann 16. 5. Zander 16. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Verfahrens der Konsultation des Europäischen Parlaments zu der Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat zum Thema „Die Gemeinschaft und der Mittelmeerraum: Grundausrichtung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit" (Drucksache 10/5438) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß beschlossen hat, von der Beratung nachstehender EG-Vorlagen abzusehen: Entwurf einer Empfehlung des Rates über soziale Sicherheit für freiwillige Entwicklungshelfer - KOM(84) 710 endg. -EG-Dok. Nr. 11345/84 (Drucksache 10/2751 Nr. 25) Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 80/987/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers im Hinblick auf den Beitritt Spaniens und Portugals - KOM(85) 712 endg. - Rats-Dok. Nr. 4147/86 (Drucksache 10/5074 Nr. 36) Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß beschossen hat, die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis zu nehmen: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum Schutz der Arbeitnehmer durch ein Verbot bestimmter Arbeitsstoffe und/ oder Arbeitsverfahren (Vierte Einzelrichtlinie im Sinne des Art. 8 der Richtlinie 80/1107/EWG) - KOM(84) 456 endg. - EG-Dok. Nr. 9139/84 (Drucksache 10/2076 Nr. 8) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern - KOM(85) 396 endg. - Rats-Dok. Nr. 8332/85 (Drucksache 10/3909 Nr. 12) Vorschlag einer Richtlinie des Rates über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Benzol am Arbeitsplatz (Fünfte Einzelrichtlinie im Sinne des Art. 8 der Richtlinie 80/1107/EWG) - KOM(85) 669 endg. - Rats-Dok. Nr. 4044/86 (Drucksache 10/5074 Nr. 35) Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß beschlossen hat, von einer Beratung der nachstehenden EG-Vorlage abzusehen: 16790* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 84/634/EWG zur Regelung der Sommerzeit —KOM(85) 612 endg. — EG-Dok. Nr. 10735/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 50) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß beschlossen hat, von einer Beratung der nachstehenden EG-Vorlagen abzusehen: Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur achten Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 351/79 über den Zusatz von Alkohol zu Erzeugnissen des Weinsektors — KOM(85) 604 endg. — Rats-Dok. Nr. 10592/85 (Drucksache 10/4583 Nr. 6) Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung — im Anschluß an den Beitritt Spaniens und Portugals — der Richtlinie 85/433/EWG über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Apothekers und über Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts für bestimmte pharmazeutische Tätigkeiten — KOM(85) 704 endg. — Rats-Dok. Nr. 11081/85 (Drucksache 10/4681 Nr.48) Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Erster Bericht und Empfehlung der Europa-Kommission zur Frage der Personalkontrolle im innergemeinschaftlichen Grenzverkehr und zur Einführung des Europa-Passes (Drucksache 10/1126) Zweiter Bericht und Empfehlung der Europa-Kommission zur Herstellung eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes (Drucksache 10/1221) Dritter Bericht und Empfehlung der Europa-Kommission zur Frage der parlamentarischen Behandlung des Entwurfs eines Vertrages zur Gründung der Europäischen Union (Drucksache 10/1261) Unterrichtung durch das Europäische Parlament: EntschlieBung zum Stand der Beratungen in den nationalen Parlamenten zum Vertragsentwurf zur Gründung der Europäischen Union (Drucksache 10/3302) Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zur Haltung des Europäischen Parlaments gegenüber den die Europäische Union betreffenden Arbeiten des Europäischen Rats (Drucksache 10/3313) Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zur Regierungskonferenz (Drucksache 10/4068) Achter Bericht und Empfehlung der Europa-Kommission zur Erweiterung der Befugnisse des Europäischen Parlaments (Drucksache 10/4087) Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu den Arbeiten der Regierungskonferenz über die Europäische Union (Drucksache 10/4189) Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über die Plenarsitzungen der Nordatlantischen Versammlung am 14. und 15. Oktober 1985 in San Francisco (USA) (Drucksache 10/4508) Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zu Punkt 19 der Tagesordnung (Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes) Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir behandeln heute in erster Lesung den Entwurf der Bundesregierung zur Novellierung des Filmförderungsgesetzes. Lassen Sie mich hierzu ein paar Worte sagen. Filmförderung ist zwar Wirtschaftsförderung, aber auch Kulturförderung. Ich kenne die verfassungsrechtlichen Schranken sehr wohl. Wir legen ein Wirtschaftsgesetz vor mit einigen neuen Akzenten, die die Elemente der Wirtschaftlichkeit im Interesse einer Strukturverbesserung der Filmwirtschaft verstärken. Dabei wissen und berücksichtigen wir auch, daß ein Film auch ein wichtiges Kulturgut ist. Kultur prägt die geistigen Grundlagen auch des wirtschaftlichen Handelns. Ohne kulturelle Kreativität und Individualität ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Innovationskraft eines Landes nicht gesichert. Wirtschaftliche und technische Spitzenleistungen sind auf Dauer nur in einem Klima geistiger Offenheit und kultureller Vielfalt möglich. Aber auch die wirtschaftliche Bedeutung der Kultur sollte man nicht unterschätzen. Im Bereich der Kulturwirtschaft, in den Medien, in Presse, Rundfunk und Fernsehen, im Verlagswesen und in der Filmwirtschaft arbeiten rund 400 000 Menschen. Sie erarbeiten einen Umsatz von immerhin 40 Milliarden DM, d. h. fast drei Prozent unseres Bruttosozialprodukts. An seiner Kultur wird ein Land, gerade Deutschland, auch im Ausland gemessen. Kultur soll „über die Grenzen ausstrahlen; sie ist grenzenlos". Gerade in Europa entdecken wir in der Vielfalt der nationalen Kulturen eine europäische gemeinsame Kultur, die wir in dieser Vielfalt erhalten wollen. Bundesminister Dr. Bangemann hat sich deshalb auch im Kulturministerrat in Brüssel im vergangenen Dezember für die Stärkung der nationalen wie der gemeinsamen europäischen Kultur eingesetzt. Wir schlagen in Brüssel und auch mit der jetzt vorgelegten Novelle zum Filmförderungsgesetz eine Öffnung der nationalen Filmförderung für andere EG-Mitgliedstaaten auf der Basis der Gegenseitigkeit vor. Meine Damen und Herren, die Bundesregierung macht mit dem Entwurf deutlich: Die wirtschaftliche Filmförderung des Bundes wird mit einigen neuen Akzenten fortgesetzt. Ende dieses Jahres läuft das geltende Filmförderungsgesetz aus. Eine Neugestaltung der Filmförderung ist deshalb erforderlich — eine bloße Verlängerung des "geltenden Gesetzes kommt für uns nicht in Betracht. Ich Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 16791* möchte folgende Schwerpunkte der Novellierung hervorheben: Erstens. Wir wollen, daß alle, die den Spielfilm nutzen, auch einen Beitrag zur Produktion von Filmen leisten. Die Bundesregierung schlägt deshalb vor, daß die Videowirtschaft zu einer Filmabgabe herangezogen wird. Dies entspricht einem Gebot der Gerechtigkeit. Auch das öffentliche und private Fernsehen muß seinen Beitrag leisten. Ich begrüße es, daß die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten durch den Abschluß des 4. Film-Fernseh-Abkommens ihre Verantwortung für die Filmtheater öffentlich deutlich gemacht und ihren direkten Beitrag an die Filmförderungsanstalt von 3,25 Millionen DM auf künftig 8 Millionen DM erhöht haben. Diese Erhöhung verdient Anerkennung. Auch die privaten Fernsehveranstalter müssen nach meiner Überzeugung einen Beitrag leisten. Zweitens. Wir wollen eine Entlastung der Filmtheater, die bisher die Hauptlast der Filmabgabe getragen haben. Vorgesehen sind deshalb eine Reduzierung der Filmtheaterabgabe, die Erhöhung des Anteils der Filmtheater an der Gesamtförderung und der revolvierende Einsatz der Darlehensrückflüsse. Wir wollen, daß die Filmtheater als kultureller Ort in unseren Städten erhalten bleiben. Aber auch die Städte und Gemeinden sollten sich ihrer Verantwortung für die Erhaltung der Filmtheater bewußt sein. Hier könnte manches getan werden — nicht zu vergessen die Anstrengungen der Betroffenen selbst. Drittens. Die Filmtheater und der Kinospielfilm sollen ihren Platz in der künftigen Medienordnung behalten. Diese Medienordnung ist bisher nur in vagen Umrissen erkennbar. Sie wird geprägt sein durch eine große Mannigfaltigkeit technischer Mittel des Transports, der Speicherung und des Zugriffs auf Filme und andere audiovisuelle Produktionen, durch eine Vervielfachung des Angebots an Fernsehprogrammen, der Nachfrage nach audiovisuellen Produkten, durch eine weitere Internationalisierung, vor allem Europäisierung der Märkte und eine entsprechende Verringerung der Gestaltungsmöglichkeiten autonomer nationaler Film- und Medienpolitik. Die Bundesregierung ist sich dessen bewußt. Sie sieht die Notwendigkeit, über die jetzige Novelle hinaus in den kommenden Jahren umfassende politische Überlegungen zu einem Konzept der Medienordnung der Zukunft zu entwickeln, in dem die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Film- und sonstigen Programmproduktion im europäischen Rahmen ein wesentliches Element sein muß. Viertens. Der Verleih deutscher Filme braucht stärkere Unterstützung als bisher. Wir wollen auch mehr für den deutschen Kinder- und Jugendfilm tun, nachdem jetzt auch Kinder bis zu sechs Jahren ins Kino gehen dürfen. Fünftens. Die Struktur der Filmproduktion soll verbessert werden, damit sich leistungsfähige Film-produktionsfirmen entwickeln. Dazu werden Veränderungen bei der Produktiorisförderung in Richtung auf mehr Wirtschaftlichkeit vorgeschlagen. Wir wollen die bewährten Instrumente der Produktionsförderung — Referenzfilmförderung, erleichterte Referenzfilmförderung, Projektfilmförderung und Kurzfilmförderung — beibehalten und weiterentwickeln. Wir wollen auch weiterhin innovative, kreative Filmemacher nach dem FFG fördern. Diesem Gesichtspunkt trägt der Entwurf Rechnung. Im übrigen beabsichtigt der Bundesminister für Wirtschaft, für solche Filme einen Sonderpreis aus dem Ufi-Sondervermögen einzurichten. Sechstens. Schließlich möchte ich besonders auf europarechtliche Probleme hinweisen. Das Filmförderungsgesetz ist schon in der vergangenen Legislaturperiode Bedenken bei der EG-Kommission begegnet, die 1981 zu der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens führten. Die Entschließung des Deutschen Bundestages vom 9. Juni 1982 zur Erhaltung der nationalen Filmförderung, die damals auf Antrag aller drei Fraktionen zustande kam, hat sicher mit dazu beigetragen, daß die EG-Kommission das Verfahren nicht fortgesetzt hat. Diesmal besteht eine andere Lage: Die Novelle ist der EG-Kommission als Änderung einer Beihilfe notifiziert worden. Diese Gelegenheit hat die EG-Kommission genutzt, ein Prüfverfahren einzuleiten. Sie wendet sich gegen das Erfordernis einer personellen nationalen Komponente bei der Definition des deutschen Films, d. h., die im Gesetz vorgesehene Bestimmung, wonach für die Förderung eines deutschen Films die Mitwirkung von mindestens zwei deutschen Staatsangehörigen erforderlich ist. Dies hat zur Folge, daß wir die Genehmigung der EG-Kommission brauchen, um die FFG-Novelle in Kraft zu setzen. Die Bundesregierung ist bereit, die personellen nationalen Anforderungen an einen deutschen Film gegenüber dem geltenden Recht erheblich zu reduzieren. Sie verhandelt mit der EG-Kommission, um bis zur Vollendung des Binnenmarktes 1992 eine Übergangsregelung durchzusetzen. Frau Dr. Martiny-Glotz (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts Tschernobyl und der Chemiewaffenproblematik, der Apartheid und des Problems „Neue Heimat", von dem hier heute unter vielem anderen die Rede war, wird dieses Gesetz die Welt wahrlich nicht aus den Angeln heben. Trotzdem ist es für die Betroffenen wichtig. Das Filmförderungsgesetz läuft zum Jahresende aus, und alle Beteiligten sind sich darüber einig, daß ein neues Gesetz an seine Stelle treten soll. Diese Novelle soll dann aber auch Verbesserungen bringen. Bei der letztjährigen Funkausstellung in Berlin erweckte der Bundeskanzler große Hoffnungen, als er — dem Sinne nach — sagte, dem deutschen Kinofilm und den Kinos müsse dringend geholfen werden. Der Bundeskanzler deutete damals an, er selbst werde Einfluß darauf nehmen, wie die Novelle zum Filmförderungsgesetz hinsichtlich dieses Problems aussehen sollte. Zunächst einmal wirkte sich sein Eingreifen verzögernd aus; denn von der Tagesordnung der Kabinettssitzung, auf der die Beratung bereits angekündigt worden war, ver- 16792* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 schwand die Novelle wieder: Der Bundeskanzler hatte noch nicht darüber nachgedacht. In der Zwischenzeit hatte auch der Hauptverband der Filmtheater ein Gespräch beim Bundeskanzler und brachte seine Sorgen erneut vor. Er kam angefüllt mit heißer Luft, sonst aber leer zurück. Bisher ist nichts in Sicht, was die Situation der Kinos einschneidend bessert. Substantielle Verbesserungen gibt es im Gesetzentwurf nicht. Allerdings — und das wollen wir doch einmal herausstreichen — gab es gerade in den letzten Monaten einige deutsche Filme, allen voran der Renner „Männer", die den Kinos die Kassen füllen halfen. Die Abgabe an die Filmförderungsanstalt drückt die Kinos erheblich. Als Mitglied im Präsidium der Filmförderungsanstalt weiß ich, daß bei etlichen Kinos die zu entrichtende Abgabe gerade die Summe ist, die am Monatsende überm Strich bleibt. Deshalb setzen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten uns für eine erheblich deutlichere Senkung der Filmtheaterabgabe ein, als der Gesetzentwurf sie vorsieht. Die Kinos müssen entlastet werden. Im Gegenzug, damit die Fördersumme für Neuproduktionen, für den Verleih und für die Kinomodernisierung nicht schrumpft, ist im Gesetz vorgesehen, die Videotheken in die Abgabepflicht einzubeziehen. Das reicht natürlich bei weitem nicht. Außerdem ist es unsystematisch. Wieso die Videotheken? Wieso nicht die Videohersteller? Wieso nicht die privaten Fernsehanbieter und die Anbieter von PAY-TV, wenn doch die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten auf Grund des Film-Fernsehabkommens Erhebliches beitragen, damit neue Filme entstehen können? Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten meinen: Das Abgabesystem muß völlig umgestellt werden. Es sollte zukünftig so aussehen, daß von jedem Spielfilm, wo und durch wen auch immer er ausgestrahlt wird, eine Abgabe erhoben wird, die für die Verbesserung der Filmstruktur auf allen Ebenen zu verwenden ist, d. h. für Produktion, Verleih und Abspiel. Nur wenn so systematisch verfahren wird — also Abgabe pro ausgestrahltem Spielfilm, ob im Kino oder am Fernsehapparat oder in der Volkshochschule —, werden alle Zweitnutzer des Originalproduktes Deutscher Film gleich behandelt und unterliegen gleichen Bedingungen. Eine letzte Bemerkung: Wir Sozialdemokraten wollen die Filmproduktion offenhalten für Innovationen. Das bedeutet: Wir halten an der erleichterten Referenzfilmförderung ebenso fest wie an der bisher geltenden Besucherschwelle. Wo steht eigentlich geschrieben, daß ein Kinofilm ein Flop ist, wenn ihn 70 000 Menschen sehen, wohingegen ein Theaterstück, das von 70 000 Menschen besucht wird, als bundesdeutscher Renner der Saison gilt? Wir wollen den neuen Talenten im Film Raum lassen, weil wir an die Zukunft des deutschen Films glauben. Das bedeutet aber auch, daß wir um unserer kulturellen Identität willen dem „Qualitätserzeugnis deutscher Film" einen gewissen Schutz im internationalen Markt gewähren wollen, der allerdings nicht diskriminierend gegen unsere europäischen Partnerländer gerichtet ist. Dies muß er aber auch nicht sein, denn die Franzosen sind stolz auf ihre französische Sprache und Kultur, die Italiener verteidigen das Italienische. Warum sollten dann wir Deutschen am deutschen Film als einem Erzeugnis deutscher Kultur nicht hängen und es verteidigen! Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden uns gegen ein Gesetz zur Wehr setzen, das etwa als „deutschen Film" ein Produkt erklärt, das überwiegend nicht deutsch ist — schon um unserer Schauspieler willen. Wir wollen nicht länger eine Abgaberegelung akzeptieren, die ausdrücklich nur die Kinos trifft, und wir wollen Film und Kino jung erhalten, damit unsere Kinder und Enkel nicht bei Uropas Kino gähnen müssen. Frau Geiger (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Geltungsdauer der jetzigen Fassung des Filmförderungsgesetzs endet am 31. Dezember 1986. Daher müssen wir prüfen, ob wir dieses Filmförderungsgesetz in Zukunft überhaupt noch brauchen oder ob wir künftig auf eine staatliche Filmförderung verzichten können. Ziel des Filmförderungsgesetzes von 1979 war es, die wirtschaftlichen Grundlagen der deutschen Filmwirtschaft zu verbessern und den deutschen Film im In- und Ausland zu verbreiten. Das Filmförderungsgesetz hat seit 1979 zwar wesentlich mit dazu beigetragen, das Qualitätsniveau des deutschen Films zu steigern — was sich in den seit den 70er Jahren ausgezeichneten Filmen zeigt. Hier sind, die großen Erfolge „Ehe der Maria Braun", „Das Boot", „Die Blechtrommel" und „ParisTexas" zu nennen, um nur wenige Beispiele aufzuzählen. Diese Anerkennung hat sich aber leider nicht entsprechend in den Umsätzen der deutschen Filmtheater niederschlagen können. Der Anteil des deutschen Films am gesamten Verleihumsatz lag z. B. 1984 mit etwa 18 % immer noch verhältnismäßig niedrig. Deshalb besteht bei allen Beteiligten Einigkeit darüber, daß das Filmförderungsgesetz immer noch — wenn auch in angepaßter Form — gebraucht wird, denn eine wirtschaftliche Filmförderung mit dem Ziel der Hilfe zur Selbsthilfe wird auch nach 1986 noch notwendig sein. Wir begrüßen daher die Initiative der Bundesregierung, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Filmförderungsgesetzes 1979 vorzulegen, der den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen und Bedürfnissen Rechnung trägt. Das betrifft besonders die Einbeziehung der Video-Wirtschaft in die Filmabgabe. Wir sind der Auffassung, daß der vorgelegte Gesetzentwurf in die grundsätzlich richtige Richtung geht. Dies beweist im übrigen auch die weitgehende Einigkeit, die bei der Erörterung des Gesetzentwurfes im Hearing des Bundesministeriums für Wirtschaft erzielt werden konnte. Im Rahmen der Produktionsförderung soll das geltende System der Referenzfilmförderung, der erleichterten Referenzfilmförderung und der Projektfilmförderung im Grundsatz bestehenbleiben. Die Änderungen sollen eine stärkere wirtschaftliche Orientierung der Filme am Markt bewirken. Es werden höhere Anforderungen an den Eigenkapi- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 16793* talnachweis des Herstellers gestellt, und der publikumswirksame Film soll stärker gefördert werden, ohne daß anspruchsvollen Filmen die Förderungschance genommen werden soll. Alle Detailfragen werden wir im Ausschuß und in dem geplanten Hearing ausführlich diskutieren können. Lassen Sie mich nur wenige Anmerkungen zum Wesen der Änderungen des Filmförderungsgesetzes machen: Das Filmförderungsgesetz wird wie bisher in den Bereich der Wirtschaftsgesetze gehören — es ist kein kulturpolitisches Gesetz. Diesen Gesichtspunkt dürfen wir bei der Diskussion um die Produktionsförderung nicht aus den Augen verlieren. Daher können wir auf wirtschaftliche Kriterien — wie etwa die Besucherzahlen — für die Berechnung der Fördermittel nicht verzichten. Bei wirtschaftlicher Betrachtung ergibt es wenig Sinn, Filme zu subventionieren, die kaum Zuschauer finden, weil sie die Menschen nicht interessieren. Bei anderen Wirtschaftsgütern käme niemand — und schon gar nicht das Wirtschaftsministerium — auf die Idee, so zu verfahren. Wer aber die Filmförderung als Kulturförderung besonderer Art versteht, weist das Filmförderungsgesetz dann als Teil der Kulturpolitik den Ländern zu, deren Kulturhoheit betroffen wäre. Für sinnvoll erachte ich die mit der Novellierung geplante Verstärkung der Absatzförderung deutscher Filme. Dazu dient die Erhöhung des zur Verfügung stehenden Förderanteils. Zu begrüßen ist, daß in diesem Bereich auch der Kinder- und Jugendfilm eine verstärkte Absatzförderung erfahren soll. Ein wesentliches Anliegen dieser Filmförderungs-Novelle ist die verstärkte Filmtheaterförderung, die in der Tat bitter notwendig ist. Darüber hinaus ist eine wirtschaftliche Entlastung der Filmtheater beabsichtigt, und zwar durch die Senkung der Filmtheaterabgabe. Die Video-Wirtschaft, die ihren Umsatz im Handel zu etwa 90 % aus dem Verkauf oder der Vermietung von mit Spielfilmen bespielten Video-Kassetten erzielt, wird in Zukunft zur umsatzabhängigen Filmabgabe herangezogen werden. Grundsätzlich wird eine Art Filmtheaterabgabe auch für die privaten Rundfunk- und Fernsehanstalten sowie für das PAY-TV für erforderlich gehalten. Das für und wider dieser Forderung der Filmtheater müssen wir jedoch noch genau beleuchten. Der uns heute vorliegende Gesetzentwurf kann, wo es uns sinnvoll erscheint, selbstverständlich noch korrigiert und verbessert werden. Ich hoffe, daß die weitgehende Einigkeit, die mit der Filmwirtschaft bereits im Vorfeld erreicht werden konnte, sich auch bei den weiteren Beratungen fortsetzen wird. Tatge (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich zuerst die bisherige Situation beschreibe, dann muß ich sagen, daß für kreative Künstler und Produzenten, für ambitionierte Experimentierküchen, für den Nachwuchs, für die Kleinen die Tür der Filmförderungsanstalt Berlin noch nie sonderlich weit offenstand. Was die Regierung nun vorlegt, geht entscheidende Schritte weiter. Der kulturpolitische Ausverkauf beginnt, an dessen Ende die USA nicht nur — wie schon jetzt — über 60% des hiesigen Abspielmarktes kontrollieren, sondern auch über 60% der Produktion sogenannter deutscher Filme. Es ist ja durchaus kein Geheimnis, daß die Lobby der US-Filmindustrie in Brüssel derzeit für offene Ohren sorgt, was das Bundesministerium für Wirtschaft als Motiv für den europäischen Markt preist, als käme man damit einer Zielsetzung für ein „Vereintes Europa" näher. Das Gesetz wird sich de facto als subventionierte Einladung an starke amerikanische Filmkonzerne erweisen, die auf eine solche Hilfe nun wirklich nicht angewiesen sind. Dieses Gesetz fördert nicht die kulturelle Vielfalt, eine kritische Filmkultur, sondern es fördert die Branchengrößten, die sowieso keine Förderung nötig haben — und dies in einem Kinomarkt, der zu 80 % von der kartellähnlich organisierten Filmindustrie kontrolliert wird. Des weiteren wird zum Abschluß von Scheinverträgen geradezu eingeladen. Allzu gern versteckt sich die Regierung hinter vorgeblich juristischen Zwängen des Hauptprüfverfahrens durch die EG-Kommission. Hier etwas zu ändern, dazu fehlt schon der politische Wille. Kultur ist keine bloße Dienstleistung. Überhaupt muß erstaunen, in welchem Maße mit der Vorlage dieser Novelle die Chance vertan ist, ein zukunftsweisendes Konzept vorzulegen. Am Sterbebett einer heruntergekommenen bundesdeutschen Filmwirtschaft hatte eine Generation von Filmemachern, so Alexander Kluge 1967, Grundzüge eines Filmförderungsgesetzes entwikkelt, deren Ergebnis das — auch international renommierte — neue deutsche Kino ist. Seit der letzten Überarbeitung des Gesetzes im Jahre 1979 hat sich die Medienlandschaft dieser Republik erheblich verändert. Private Anbieter im Rundfunk- und Fernsehbereich und supranationale Übertragungstechniken zeigen schon jetzt Auswirkungen, die kaum einen Bereich des öffentlichen Lebens unberührt lassen und die im Kernbereich einer auf Demokratie angelegten Gesellschaft Verwüstung anrichten können. Was die Chancen für jene anbelangt, die hier morgen noch Filme herstellen sollen, so ist eine ganze Reihe von Einzelbedingungen so formuliert, daß Rainer Werner Fassbinder, Werner Herzog, Edgar Reiß, Volker Schlöndorf und Wim Wenders an ihnen gescheitert wären. Auf dem Hearing des Bundesministers für Wirtschaft im September letzten Jahres ist von vier Verbänden verschiedenster Sparten einhellig die Streichung der vorgesehenen Berechtigungsschwelle von 20 000 Besuchern für die erleichterte Referenz der Filmförderung gefordert worden. Die Vertreter des Ministeriums und der Vorstand der Filmförderungsanstalt haben am Schluß dieses Hearings nach all den geforderten Veränderungen die deutliche Bereitschaft signalisiert, immerhin kleine, aber für viele lebenswichtige Änderungen zurückzunehmen. Herr Zimmermann hat Herrn Bangemann 16794* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 daraufhin zu einem Gespräch, sagen wir einmal „gebeten", dessen Ergebnis eher bedrückende Rückschlüsse auf die Federführung bei diesem Wirtschaftsgesetz notwendig macht. Aber auch verschiedene Vertreter der Filmwirtschaft müssen sich fragen lassen, wie ernsthaft sie diesen Punkt vertreten haben. Der vorliegende Entwurf ist ein Innovations-Verhinderungsgesetz, und er ist auf die Diskriminierung des Mittelstandes, den DIE GRÜNEN hier wie meist gegen CDU und FDP zu vertreten haben, angelegt. Es ist zu hoffen, daß sich die Betroffenen gegen eine Verabschiedung des diesbezüglichen Änderungspaketes auch juristisch zur Wehr setzen. Kino ist ja durchaus nicht schon ein kultureller Ort per se, und insofern begrüßen wir den Vorschlag des Bundesrates, eine Senkung der Kinoabgabe von der Qualität des Filmprogramms der Abspielstätte abhängig zu machen. Es ist plausibel, von allen Filmnutzern eine Abgabe zu erwarten. Eine gesetzliche Regelung ist unvermeidlich. Konkrete Vorstellungen werden wir dem Ausschuß unterbreiten. Natürlich ist auch dieses Gesetz von politischen Interessen bestimmt. Was das Bundesministerium des Innern durch mehr oder weniger direkte Zensurmaßnahmen versucht hat, soll hier durch ökonomische Maßnahmen erreicht werden. Beruhigend zu wissen, daß Sie wahrscheinlich den Sumpf so nicht trocken bekommen. Jene unter Ihnen, die der Kultur dieser Gesellschaft nicht gleichgültig gegenüberstehen, fordern wir auf, unsere Änderungsanträge im Ausschuß sorgfältig zu diskutieren und für parlamentarische Mehrheiten zu sorgen. Dr. Haussmann (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einer Zeit tiefgreifender Änderungen in Wirtschaft und Arbeitsleben, nicht zuletzt durch umwälzende neue Technologien, erhalten auch Kunst und Kultur einen neuen Stellenwert. Weniger Arbeitszeit, mehr freie Zeit führen dazu, daß Kunst und Kultur für Lebenserfüllung und Sinnfindung eine zentrale Bedeutung erhalten. Die Menschen suchen und entwickeln neue Bedürfnisse nach sinnvollem Tun, selbständigem Denken und schöpferischer Selbstverwirklichung. Die Politik des wirtschaftlichen Fortschritts . muß deshalb ergänzt werden durch eine Politik, die den einzelnen zu mehr kreativer Tätigkeit und schöpferischer Entfaltung anspornt und hierfür die notwendigen Freiräume schafft. In diesem Sinne treten wir Liberale für einen liberalen Kulturstaat ein, der nicht nur die Freiheit der Kunst garantiert, sondern freiheitliches Kunstleben fördert, es ideell und materiell unterstützt. Die Rahmenbedingungen für Kunst, Kultur und Kreativität müssen fortentwickelt und verbessert werden. Wir wollen ein freies, offenes Klima für Kunst und Kultur, damit künstlerische Lebendigkeit sich in allen Lebensbereichen entwickeln und entfalten kann. Für uns gehört auch Filmförderung in diesen übergreifenden Rahmen. Ein freiheitliches Kunstleben auch im Bereich des Films ist notwendiger Bestandteil eines Kulturstaates, der Freiheit der Kunst im Sinne einer Staatszielbestimmung als verpflichtenden Auftrag begreift. Wirtschaft und Kultur gehören in der heutigen Welt eng zusammen. Nicht nur nimmt die Bedeutung von Kunst und Kultur als unmittelbarer Wirtschaftsfaktor immer stärker zu — die Filmtheater beschäftigen über 15 000 Mitarbeiter und zählen über 100 Millionen Besucher jährlich —; nicht nur dringen Kunst und Kultur immer tiefer in andere Wirtschaftsbereiche hinein, z. B. wird künstlerisches Design immer bedeutsamer auch als Wettbewerbsfaktor. Lebendige Kultur, künstlerische Kreativität und Individualität bestimmen auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Innovationskraft eines Landes. Wirtschaftliche und technologische Spitzenleistungen sind auf Dauer nur in einem Klima geistiger Offenheit und kultureller Vielfalt möglich. Dies ist eine Kernaussage liberaler Kulturpolitik, die wir auch im kommenden Bundestagswahlkampf zu einem Schwerpunkt machen wollen. Freiheitliche Wirtschaftspolitik und freiheitliche Kulturpolitik sind untrennbar miteinander verbunden. Wirtschaft ist auch Kulturwirtschaft, „industrie culturelle". Die Wirtschaftspolitik muß deshalb kulturelle Produktivität und Kreativität ermutigen und fördern; die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft hängt davon ab. Auch der Film ist ein wesentliches Element unserer Kultur, von dem wichtige Anstöße für viele Bereiche unserer Gesellschaft ausgehen. Ohne Filmtheater ist der Film auf Dauer nicht lebensfähig. Deshalb muß die Existenz der Filmtheater langfristig gesichert werden. Wir Liberale wollen deshalb das Filmförderungsgesetz, das Ende des Jahres ausläuft, nicht nur verlängern, wir wollen der Filmförderung auch neue Impulse verleihen und den wachsenden Stellenwert von Kunst und Kultur verdeutlichen. Nicht nur der wirtschaftlich erfolgreiche, sondern auch der künstlerisch wertvolle Film muß gefördert werden. Wir begrüßen deshalb die Senkung der Besucherschwelle bei geförderten Qualitätsfilmen in dem Entwurf der Bundesregierung. Wir wollen dazu beitragen, daß die jetzt eingebrachte Novelle des Filmförderungsgesetzes möglichst bald von diesem Haus verabschiedet wird; wir fordern die Bundesregierung auf, so rasch wie möglich die notwendigen Abstimmungen mit der EG-Kommission in Brüssel durchzuführen, und wir erwarten von der Bundesregierung weitere Vorschläge, wie die Probleme des deutschen Films dauerhaft gelöst werden können. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Probst auf die Fragen des Abgeordneten Schäfer (Offenburg) (SPD) (Drucksache 10/5456 Fragen 23 und 24): Welche Sicherheitsuntersuchungen und/oder -studien sind im Zusammenhang mit dem Bau und Betrieb des ThoriumHochtemperatur-Reaktors (THTR 300) in Uentrop/Schmehausen bezüglich der Graphit-Ummantelungen seiner Brennelemente gemacht worden? Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 16795* Welche Unterlagen haben zum Problem der Graphit-Ummantelungen der Brennelemente des THTR 300 im Genehmigungsverfahren eine Rolle gespielt? Zu Frage 23: Zu den Sicherheitseigenschaften des THTR 300 wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, u. a. von der Kernforschungsanlage Jülich und den Firmen NUKEM und Hochtemperatur-Reaktorbau (HRB). Sie wurden durch experimentelle Versuche am AVR-Versuchsreaktor in Jülich begleitet und bestätigt. Die Ergebnisse dienten der Genehmigungsbehörde und dem von ihr bestellten Gutachter, dem Technischen Überwachungsverein, als Grundlage des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens. Der THTR enthält im Reaktorkern 675 000 kugelförmige Brennelemente mit einem Durchmesser von 6 cm aus Graphit. Jedes Brennelement enthält ca. 35 000 umhüllte Brennstoffteilchen (coated particles) mit einem Kerndurchmesser von ca. 0,4 mm, die von drei Schichten aus Pyrokohlenstoff von zusammen ca. 0,2 mm Wanddicke umhüllt werden. Im Brennelement sind die Brennstoffteilchen in eine Graphitmatrix eingebettet, die von einer brennstofffreien Graphitschale von 5 mm umgeben ist. Die äußere Pyrokohlenstoff-Schicht der Brennstoffteilchen ist weitgehend kristallin gewachsen (Pyrographit) und daher besonders fest und äußerst dicht. Dadurch wird der überwiegende Teil der bei der Kernspaltung entstehenden, größtenteils radioaktiven Spaltprodukte innerhalb der beschichteten Teilchen zurückgehalten. Bei den im Genehmigungsverfahren sehr ausführlich und sorgfältig betrachteten Störfällen ist ein Kernschmelzen beim THTR 300 ausgeschlossen. Die Spaltprodukte werden von den Partikelumhüllungen der Brennelementteilchen bzw. vom Spannbeton-Druckbehälter eingeschlossen. Zu Frage 24: Die THTR-Brennelemente sind mit der Teilerrichtungsgenehmigung 7/6 a vom 4. März 1975 von der Genehmigungsbehörde genehmigt worden. Die der Entscheidung zugrunde liegenden, auf Untersuchungen basierenden technischen Daten sind in der Genehmigung unter B III einzeln aufgeführt. Den Bescheid vom 4. März 1975 kann ich Ihnen auf Wunsch überreichen. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Vogel auf die Fragen des Abgeordneten Fischer (DIE GRÜNEN) (Drucksache 10/5456 Fragen 31 und 32): Ist der Bundesregierung bekannt, ob Familienangehörige von in der DDR inhaftierten Mitarbeitern/innen des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) oder des Bundesnachrichtendienstes (BND) in finanziellen Notlagen während der Inhaftierungszeit Unterstützungsgelder erhalten, die zur Absicherung der finanziellen Verhältnisse der betroffenen Familienmitglieder des/der Inhaftierten verwendet werden können, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um in Zukunft betroffenen Familienangehörigen von im Ausland inhaftierten Mitarbeitern/innen des MAD und des BND finanziell abzusichern, wenn durch die Inhaftierung der Verdienst des Alleinverdieners ausfällt? Wie bewertet die Bundesregierung das Schicksal der Familie des aus Beimerstetten (Alb-Donau-Kreis) stammenden und in Bautzen (DDR) inhaftierten Taxiunternehmers Hermann Reisch und die Tatsache, daß dessen Familie trotz existenzieller Notlage durch die Inhaftierung des Hauptverdieners auch nicht einen Pfennig Unterstützung von der verantwortlichen Behörde erhält, sondern diese Familie auf das Almosen Sozialhilfe verwiesen wird? Die Bundesregierung hält aus vielfältigen Erwägungen eine öffentliche Erörterung der angesprochenen Thematik weder generell noch im einzelnen für zweckmäßig. Die Bundesregierung sieht daher von einer Beantwortung der beiden Fragen ab und bittet um Verständnis dafür. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Rose (CDU/CSU) (Drucksache 10/5456 Frage 33): Hält die Bundesregierung Partnerschaftsbeziehungen zwischen deutschen und arabischen Universitäten in den Golfstaaten für ausbaufähig und ausbauwürdig, und falls ja, was gedenkt sie zur Vertiefung zu tun? Formale Partnerschaftsbeziehungen zwischen deutschen Universitäten und arabischen Universitäten in den Golfstaaten Saudi-Arabien, Bahrein, Katar, Kuwait, Oman, Vereinigte Arabische Emirate bestehen bisher nicht. Ein Interesse an einer Zusammenarbeit mit deutschen Hochschulen, die in der Region einen sehr guten Ruf genießen, ist feststellbar; die Etablierung enger Kontakte scheitert jedoch in der Regel an der Sprachbarriere. Kontakte mit englischsprachigen Universitäten werden vorgezogen. Zwischen der Universität Ulm und der Universität Kuwait besteht derzeit ein Kontakt auf dem Gebiet der toxikologischen Forschung, der bei einer entsprechenden weiteren Entwicklung zu engeren Beziehungen zwischen beiden Universitäten führen könnte. In Oman soll die Sultan Qabus Universität im September 1986 den Betrieb aufnehmen. Die Universität (GSH) Wuppertal ist an einer Zusammenarbeit interessiert. Mit Saudi-Arabien gibt es Kontakte zwischen der King Saud Universität in Riad, der King AbdulAziz-Universität in Djidda und der University for Petroleum and Minerals (UPH) in Dhahran mit den deutschen Universitäten Stuttgart, Aachen und Erlangen. Die Universitäten Erlangen-Nürnberg und UPM Dhahran vereinbarten bereits Programme. Alle diese Kontakte sind jedoch keine formellen Partnerschaften. Da diese nur aus tatsächlicher längerer wissenschaftlicher Zusammenarbeit erwachsen können, ist mit Formalisierung und Unterzeich- 16796* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 nung von Verträgen auch mit Saudi-Arabien in naher Zukunft nicht zu rechnen. Im Februar dieses Jahres hielt sich eine deutsche Delegation unter Leitung des BMFT in Saudi-Arabien auf, die sich unter anderem mit Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit auf Universitätsebene beschäftigte. Möglichkeiten eröffnen sich hier durch für den Herbst dieses Jahres geplante UniversitätsKontaktveranstaltungen zwischen den o. a. deutschen und saudiarabischen Universitäten. Die Bundesregierung begrüßt angesichts der Bedeutung der Golfregion, des wissenschaftlichen Niveaus, das die Universitäten der Golfstaaten teilweise erreicht haben, und der Bedeutung eines leistungsfähigen Hochschulsystems für die Entwicklung dieser Länder die vorhandenen Kontakte und die Initiativen zu deren Verstärkung. Ein spezielles Instrument zur finanziellen direkten Unterstützung dieser Partnerschaften steht der Bundesregierung zwar nicht zur Verfügung, jedoch ist sie bereit, unter entsprechenden Voraussetzungen auf Universitätsebene ihr hochschulpolitisches Instrumentarium zur Förderung der bestehenden Kontakte einzusetzen. Soweit jedoch der Bereich der TZ angesprochen ist, könnte diese nur gegen Entgelt geleistet werden. Anlage 7 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Vogel (München) (DIE GRÜNEN) (Drucksache 10/5456 Frage 34): Sind der Bundesregierung die angeblich zuverlässigen Informationen der Bayreuther Tageszeitung und des Wochenspiegels vom 5. Mai 1986 bekannt, nach denen der paraguayische Diktator Stroessner beabsichtigen soll, seinen Lebensabend in Bayern zu verbringen, und wie beurteilt die Bundesregierung diesen Sachverhalt? Der Bundesregierung sind nur Presseberichte bekannt. Diese Meldungen sind vom Staatssekretär im Presseamt von Präsident Stroessner am 16. April 1986 und vom paraguayischen Botschafter in Bonn wenige Tage später dementiert worden. Anlage 8 Antwort des Staatsministers Möllemann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 10/5456 Frage 35): Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Regierung von Thailand die Flüchtlinge aus Kambodscha nicht als Flüchtlinge anerkennt, sondern lediglich als „displaced persons" und als illegal charakterisiert, und könnte diese Einstellung der von der Bundesregierung gewährten und jetzt erhöhten Hilfe für die Flüchtlinge aus Kambodscha abträglich sein? Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Regierung von Thailand etwa 230 000 Kambodschaner, die im Wege der vietnamesischen Trockenheit-Offensive 1984/85 aus ihren zerstörten Lagern im Grenzgebiet nach Thailand evakuiert werden mußten, nicht als Flüchtlinge, sondern als „displaced persons" betrachtet. Diese Kambodschaner sind eine schwere Bürde für Thailand, das ohnehin als Erstaufnahmeland mit etwa 130 000 weiteren Flüchtlingen — unter ihnen rund 28 000 Kambodschaner — belastet ist. Während die vom UNHCR betreuten 130 000 Flüchtlinge in Drittländer ausreisen dürfen, erwartet die thailändische Regierung von den durch die „United Nations Border Relief Organisation" betreuten evakuierten Kambodschaner, daß sie sobald wie möglich nach Kambodscha zurückkehren. Dies wird aber auf absehbare Zeit nicht möglich sein, da die Vietnamesen und die Heng-Samrin-Kräfte die thai-kambodschanische Grenze durch den Bau von Sperrmaßnahmen (Wall, Graben, Verminung) zunehmend abriegeln. Demzufolge duldet die Thailändische Regierung den fortgesetzten Aufenthalt der geflohenen Kambodschaner. Sie wird sich mit der hierdurch verursachten Belastung um so leichter abfinden, solange die Versorgung der Kambodschaner durch die internationale Gebergemeinschaft soweit wie möglich sichergestellt ist. Die Bundesregierung setzt unter diesen Umständen ihre humanitäre Hilfe für diese Kambodschaner verstärkt fort, um ihre Versorgung sicherzustellen und mögliche negative Auswirkungen auf ihren Status zu vermeiden. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 10/5456 Frage 40): Entspricht der Sicherheitsstandard der Kernkraftwerke in unseren europäischen Nachbarländern den strengen Anforderungen für Kernreaktoren in der Bundesrepublik Deutschland, und ist die Bundesregierung erforderlichenfalls bereit, auf eine Vereinbarung zu drängen, daß bei allen Reaktoranlagen die bestmöglichen Sicherheitsvorkehrungen eingebaut und überwacht werden? Ob ein Kernkraftwerk in allen Teilen den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Anforderungen entspricht, kann grundsätzlich erst dann beurteilt werden, wenn dafür ein Genehmigungsverfahren innerhalb der Bundesrepublik durchgeführt wurde. Aus vielfältigem internationalem Informationsaustausch sind der Bundesregierung die grundlegenden Konstruktions- und Betriebsprinzipien der Kernkraftwerke in unseren europäischen Nachbarländern außerhalb der Ostblockstaaten bekannt. Danach hat die Bundesregierung keinen Zweifel, daß deren Sicherheitsstandard den Anforderungen in der Bundesrepublik Deutschland weitgehend gleichwertig ist, wobei die technische Ausführung im einzelnen sehr unterschiedlich sein kann. Über den Sicherheitsstandard der Kernkraftwerke in unseren Nachbarländern des Ostblocks Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 16797* liegen der Bundesregierung nicht genügend Informationen vor. Kernkraftwerke vom Typ Tschernobyl entsprechen auf keinen Fall unseren Anforderungen. Die Bundesregierung setzt sich für einen umfassenden internationalen Informationsaustausch und für eine Vereinheitlichung des Sicherheitsstandards auf hohem Niveau ein. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 10/5456 Frage 41): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die unzureichende Meßorganisation für ionisierende Strahlen erheblich ausgeweitet und flächendeckend organisiert werden muß, und was wird sie unternehmen, um dieses Ziel eventuell gemeinsam mit den Bundesländern zu erreichen? Entgegen der in Ihrer Fragestellung enthaltenen Annahme ist die Überwachung der Umweltradioaktivität in der Bundesrepublik Deutschland bereits seit Beginn der 60er Jahre flächendeckend organisiert. Dies hat der Bundesminister des Innern in einem im April d. J. herausgegebenen Bericht erneut dokumentiert. Gleichwohl ist eine Fortschreibung der Überwachungsprogramme vorgesehen. Hierfür hat der Bundesminister des Innern dem Länderausschuß für Atomkernenergie am 28. April d. J. einen Richtlinienentwurf als Vorschlag unterbreitet. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Schreiner (SPD) (Drucksache 10/5456 Frage 42): Welche bi- und multilateralen Vereinbarungen und Kooperationsformen treten im Normalbetrieb sowie im Störfall — im Unterschied zum Fall des sowjetischen Unglücksreaktors Tschernobyl — in bezug auf den französischen Kernkraftwerkskomplex Cattenom in Kraft, und bei welchen konkreten Immissionswerten wird von den zuständigen Behörden aus interveniert? Für das französische KKW Cattenom gelten die Regelungen des Euratom-Vertrages, insbesondere — Kapitel III über die Grundnormen für den Gesundheitsschutz und — Kapitel VII über die Überwachung der Sicherheit sowie die aufgrund des EURATOM-Vertrags erlassenen — Richtlinien über Grundnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte. Für den Normalbetrieb sind außerdem die trilateralen Abkommen zum Schutz der Mosel und für die Schiffahrt auf der Mosel maßgeblich. Im Rahmen der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten der Nuklearenergie-Agentur der OECD werden alle besonderen Betriebsereignisse an die Zentrale des Incident Reporting System (IRS) in Paris gemeldet; von dort aus werden alle nationalen Koordinierungsstellen — das ist für die Bundesrepublik Deutschland die Störfallmeldestelle bei der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) in Köln — informiert. Diese Meldungen erfolgen nach einem vorgegebenen Schema, das erkennen läßt, ob grenzüberschreitende Auswirkungen zu befürchten sind; in dringenden Fällen besteht die Möglichkeit zu Direktkontakten zwischen den nationalen Koordinierungsstellen. Zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland besteht darüber hinaus eine -- Vereinbarung über einen intensiven Informations- und Erfahrungsaustausch im Rahmen der Deutsch-Französischen Kommission (DFK) für Fragen der Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen, die u. a. für das Kernkraftwerk Cattenom ein detailliertes — Überwachungsprogramm der Umweltradioaktivität und eine — Abstimmung der Notfallplanungen zwischen den Behörden beider Länder beinhaltet und (nach Inbetriebnahme) auch einen regelmäßigen — Informationsaustausch über die Betriebsdaten umfassen wird. Auf der Grundlage eines allgemeinen — Hilfeleistungsabkommens bei Katastrophen und schweren Unglücksfällen wurde am 28. Januar 1981 eine — Vereinbarung über den Informationsaustausch bei Vorkommnisssen oder Unfällen, die radiologische Auswirkùngen haben können getroffen. Danach sind zwischen den unmittelbar betroffenen, grenznahen Verwaltungsstelien — besondere Kommunikationseinrichtungen vorgesehen und für das elsässische Kernkraftwerk Fessenheim auch schon eingerichtet worden. Für das lothringische Kernkraftwerk Cattenom hat die französische Seite eine vergleichbare Lösung zugesichert. Am 18. März 1985 wurden zwischen den zuständigen Ministerien — administrative und organisatorische Einzelheiten festgelegt. Die Vereinbarung vom 28. Januar 1981 regelt sogar eine — Informationspflicht auch für solche Fälle, die lediglich — ohne daß radioaktive Emissionen auftreten — Besorgnis bei der Bevölkerung im grenznahen Nachbargebiet erregen können. 16798* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 Somit besteht bereits eine lückenlose Informationspflicht, unabhängig von konkreten Immissionswerten. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Vogel (München) (GRÜNE) (Drucksache 10/5456 Frage 43): Welche Grenzwerte gibt es in den USA für radioaktive Verseuchung, und sind nach Meinung der Bundesregierung Auswirkungen auf den Export bundesdeutscher Waren zu erwarten? In den USA sind aus Anlaß des Reaktorunfalls in Tschernobyl keine besonderen Grenzwerte festgelegt worden. Auswirkungen auf den Export europäischer Waren sind nicht zu erwarten. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Schulte (Menden) (GRÜNE) (Drucksache 10/5456 Fragen 44 und 45): Mit welchen Belastungen des Bodens durch Cs 137, Sr 90, J 131, J 129, Pu 239 ist in den nächsten drei Monaten, im nächsten Jahr, in den nächsten zehn Jahren zu rechnen? Welche Strahlenbelastung ergibt sich daraus für Kinder durch die Aufnahme von Nahrung aus den am stärksten verseuchten Gebieten, welche landwirtschaftlichen Erzeugnisse nehmen in besonderem Maße Jod, Cäsium oder Strontium aus dem Boden auf, ab welchen Werten der Bodenbelastung müßte ein längerfristiges Anbauverbot für bestimmte Produkte ins Auge gefaßt werden? Zu Frage 44: Die mittlere Oberflächenbelastung des Bodens liegt für — J 131 zwischen 1 000 und etwa 25 000 Bq/m2 — Cs 137 zwischen 100 und etwa 1 000 Bq/m2 — Sr 90 bei etwa 5 %o der Werte von Cs 137. In den nächsten drei Monaten und der folgenden Zeit wird aufgrund der Halbwertzeit das J 131 auf einen bedeutungslosen Wert gesunken sein. Die Konzentrationen von Cs 137 und Sr 90 an der Oberfläche werden sich durch das Pflügen der Acker über die Tiefe des Bodens von ca. 20 cm verteilen und dadurch etwa um den Faktor 200 in den nächsten Jahren verringern. PU 239 ist nur in ganz geringen Spuren gefunden worden, J 129 noch gar nicht. Zu Frage 45: Durch die wie oben aufgeführte Verteilung der Radionuklide im Boden und der daraus resultierenden verminderten Konzentration an Cs 137 und Sr 90 in den nächsten Jahren ist ein längerfristiges Anbauverbot für landwirtschaftliche Nutzpflanzen nicht notwendig. Die Aufnahme der relevanten Radionuklide durch die landwirtschaftliche Nutzpflanze beträgt einige Prozent des zur Verfügung stehenden Radionuklidgehaltes der Bodenoberfläche. Unterschiede im Aufnahmeverhalten der einzelnen landwirtschaftlichen Nutzpflanzen sind zu vernachlässigen. Die hieraus sich ergebende Strahlenbelastung ist unbedeutend. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Ströbele (GRÜNE) (Drucksache 10/5456 Fragen 46 und 47): Hält die Bundesregierung es für vertretbar, daß die Strahlenschutzkommission in der ausdrücklichen Absicht, die Bevölkerung zu beschwichtigen und die wirtschaftlichen Folgen eng zu begrenzen, für die Folgen von Tschernobyl eine Strahlenbelastung für zumutbar erklärt, die mehr als dreißigmal so groß ist wie der Grenzwert für die Belastung aus dem Normalbetrieb von bundesdeutschen Kernkraftwerken? Hält die Bundesregierung es für vertretbar, daß die Bevölkerung unnötig hohen Strahlenbelastungen ausgesetzt wurde, weil erhöhte Strahlungspegel im allgemeinen erst mit einem Tag Verspätung bekanntgegeben wurden? Zu Frage 46: Die Strahlenschutzkommission hält bei der gegebenen Situation eine Schilddrüsendosis des Kleinkindes von 3 rem für annehmbar. Sie hat hierzu ausgeführt: Dieser Wert ist insbesondere gerechfertigt durch die Ergebnisse der Untersuchungen über Spätwirkungen der langjährigen Anwendung von Jod 131 in der nuklearmedizinischen Diagnostik. Die hierüber durchgeführten Untersuchungen haben gezeigt, daß bei Schilddrüsendosen von mindestens 50 rem und Beobachtungszeiten von mehr als 17 Jahren keine Erhöhung der Inzidenz von Schilddrüsenkarzinomen feststellbar war. Damit kann selbst unter Annahme einer erhöhten Strahlenempfindlichkeit des Kleinkindes der Wert von 3 rem als annehmbar angesehen werden. Zu Frage 47: Die Bundesregierung hat jeweils unmittelbar nach Vorliegen der relevanten Meßdaten über die Umweltradioaktivität die Bevölkerung unterrichtet. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen) (SPD) (Drucksache 10/5456 Fragen 48 und 49): Deutscher Bundestag - 10. Wahlperiode -.217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 16799' Welche bilateralen oder multilateralen Abkommen, Verträge oder sonstigen Regelungen bestehen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den übrigen europäischen Staaten über die Unterrichtung, gegenseitige Hilfeleistung, Schadensbegrenzung und Schadenshaftung bei Störfällen in kerntechnischen Anlagen in diesen Ländern mit Auswirkungen auf die Bundesrepublik Deutschland? Was unternimmt die Bundesregierung, um zu umfassenden internationalen Vereinbarungen auf diesem Gebiet zu kommen? Zu Frage 48: Im multilateralen Bereich bestehen folgende Regelungen: 1. Der Euratom-Vertrag mit dazu ergangenen Richtlinien insbesondere über Grundnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte, welche in Artikel 45 auch Maßnahmen für etwaige Unfälle vorsieht. 2. Das Incident Reporting System bei der Kernenergie-Agentur der OECD in Paris und ein entsprechendes Meldesystem bei der Internationalen Atomenergie-Organisation in Wien Bilateral bestehen folgende Vereinbarungen: 1. Vereinbarung zwischen dem Bundesminister des Innern der Bundesrepublik Deutschland und dem Minister für Umweltschutz des Königreiches Dänemark über gegenseitige Unterrichtung beim Bau grenznaher kerntechnischer Einrichtungen vom 4. Juli 1977, 2. Verwaltungsabkommen zwischen dem Bundesminister des Innern und dem Minister für Industrie und Forschung der Französischen Republik vom 12. Januar/29. März 1976 zur Formalisierung der bestehenden Zusammenarbeit und Einsetzung einer Deutsch-Französischen Kornmission für Fragen der Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen 3. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen vom 3. Februar 1977 4. Vereinbarung zwischen dem Bundesminister des Innern der Bundesrepublik Deutschland und dem Minister des Innern für Dezentralisierung der Französischen Republik über die Durchführung des vorstehenden Abkommens vom 3. Februar 1977, vom 18. März 1985 5. Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über den Informationsaustausch bei Vorkommnissen oder Unfällen, die radiologische Auswirkungen haben können vom 28. Januar 1981 6. Vereinbarung zwischen dem Bundesminister des Innern der Bundesrepublik Deutschland und der Health and Safety Executive des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland über einen fortlaufenden Informationsaustausch über wichtige Fragen der Sicherheit von kerntechnischen Einrichtungen und die Zusammenarbeit bei der Ausarbeitung von Sicherheitsnormen vom 4. April/14. März 1979 7. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen vom 2. März 1978 8. Deutsch-Niederländisches Memorandum über gegenseitige Unterrichtung und Konsultationen hinsichtlich grenznaher kerntechnischer Einrichtungen vom September/November 1977, auf welches sich der Bundesminister des Innern und die Niederländischen Minister für Volksgesundheit und Umweltschutz sowie für Soziale Angelegenheiten geeinigt haben 9. Beschluß der Deutsch-Niederländischen Kornmission für grenznahe kerntechnische Einrichtungen zum Informationsaustausch über bedeutsame Störfälle und wichtige sicherheitstechnische Vorkommnisse in Kernkraftwerken vom 21. Mai 1981 10. Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Unterrichtung beim Bau und Betrieb grenznaher kerntechnischer Einrichtungen vom 16. August 1982 11. Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat über den radiologischen Notfallschutz vom 31. Mai 1978 12. Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Rahmenbedingungen für freiwillige Hilfeleistungen bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen vom 28. November 1984 13. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen vom 6. November 1980. Auf dem Gebiet der atomaren Schadenshaftung ist die Bundesrepublik Deutschland folgenden internationalen Abkommen beigetreten: 1. dem Pariser Obereinkommen vom 29. Juli 1960 über die Haftung gegen über Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie in der Fassung des Zusatzprotokolls vom 28. Januar 1964; 2. dem Zusatzübereinkommen vom 31. Januar 1963 zum Pariser Übereinkommen vom 29. Juli 1960 (Brüsseler Zusatzübereinkommen) in der Fassung des Zusatzprotokolls vom 28. Januar 1964. Beide Abkommen werden aktualisiert durch die Änderungsprotokolle vom 16. November 1982, die ihrerseits in Kraft treten, wenn die jeweils erforderliche Anzahl von Ratifizierungen durch die Unterzeichnerstaaten vorliegen wird. Die Bundesrepublik Deutschland hat die Ratifikationsurkunden zu diesen beiden Protokollen am 25. September 1985 hinterlegt. 16800* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 Zu Frage 49: Die Bundesregierung wird sich bei der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), der Kernenergie-Agentur der OECD und im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften sowie auf sonstigen geeigneten multilateralen Konferenzen und auch in bilateralen Kontakten dafür einsetzen, daß — soweit über die bereits bestehende Zusammenarbeit hinaus erforderlich — geeignete internationale Vereinbarungen getroffen werden. Die Bundesregierung hat bei der IAEO in Wien bereits um die Einberufung einer außerordentlichen Sitzung des Gouverneursrats gebeten. Auf Antrag der Bundesregierung wird bereits am 21. Mai 1986 eine außerordentliche Sitzung des Gouverneursrats der IAEO in Wien stattfinden. Der zuständige Ausschuß der Kernenergie-Agentur der OECD hat sich am 9. Mai 1986 mit diesem Fragenkreis beschäftigt. Der Bundeskanzler hat in einem Schreiben an den Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU nachdrücklich um die Mitwirkung der Sowjetunion bei der Klärung der offenen Fragen gebeten und bei der Vereinbarung zweckdienlicher internationaler Maßnahmen beizutragen. Der Bundeskanzler beabsichtigt seine Anregung zur Abhaltung einer internationalen Konferenz in Schreiben an die Regierungschefs von Ländern in denen Kernkraftwerke betrieben werden, sowie an die Präsidenten der EG-Kommission und den Generaldirektor der IAEO näher zu erläutern. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Stahl (Kempen) (SPD) (Drucksache 10/5456 Fragen 50 und 51): Welche allgemein verbindlichen Sicherheitsstandards und -kontrollen sind von den Mitgliedstaaten der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien auf dem Gebiet des Baues und Betriebs von kerntechnischen Anlagen vereinbart worden, und gibt es außerhalb der IAEO solche bilateralen oder multilateralen Vereinbarungen? Was unternimmt die Bundesregierung, um zu umfassenden internationalen Vereinbarungen — zumindest im europäischen Rahmen — auf diesem Gebiet zu kommen? Zu Frage 50: Die Internationale Atomenergie-Organisation in Wien hat 1975 das NUSS-Programm (Nuclear Safety Standards) aufgelegt mit dem Ziel, ihren Mitgliedstaaten Richtlinien für den Bau und Betrieb von Kernkraftwerken an die Hand zu geben. Insgesamt wurden bisher im Rahmen des NUSS-Programms 5 Rahmenrichtlinien (Codes) sowie 48 ergänzende Richtlinien (Guides) für die Bereiche: staatliche Organisation, Standort, Auslegung, Betrieb und Qualitätssicherung erarbeitet. Weitere 8 Richtlinien stehen kurz vor dem Abschluß. Im multilateralen Bereich bestehen folgende Regelungen: 1. Der Euratom-Vertrag mit dazu ergangenen Richtlinien insbesondere über Grundnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte, welche in Artikel 45 auch Maßnahmen für etwaige Unfälle vorsieht. 2. Das Incident Reporting System bei der Kernenergie-Agentur der OECD in Paris und ein entsprechendes Meldesystem bei der Internationalen Atomenergie-Organisation in Wien Bilateral bestehen folgende Vereinbarungen: 1. Vereinbarung zwischen dem Bundesminister des Innern der Bundesrepublik Deutschland und dem Minister für Umweltschutz des Königreiches Dänemark über gegenseitige Unterrichtung beim Bau grenznaher kerntechnischer Einrichtungen vom 4. Juli 1977 2. Verwaltungsabkommen zwischen dem Bundesminister des Innern und dem Minister für Industrie und Forschung der Französischen Republik vom 12. Januar/29. März 1976 zur Formalisierung der bestehenden Zusammenarbeit und Einsetzung einer Deutsch-Französischen Kommission für Fragen der Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen 3. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen vom 3. Februar 1977 4. Vereinbarung zwischen dem Bundesminister des Innern der Bundesrepublik Deutschland und dem Minister des Innern für Dezentralisierung der Französischen Republik über die Durchführung des vorstehenden Abkommens vom 3. Februar 1977, vom 18. März 1985 5. Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über den Informationsaustausch bei Vorkommnissen oder Unfällen, die radiologische Auswirkungen haben können vom 28. Januar 1981 6. Vereinbarung zwischen dem Bundesminister des Innern der Bundesrepublik Deutschland und der Health and Safety Executive des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland über einen fortlaufenden Informationsaustausch über wichtige Fragen der Sicherheit von kerntechnischen Einrichtungen und die Zusammenarbeit bei der Ausarbeitung von Sicherheitsnormen vom 4. April/14. März 1979 7. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen vom 2. März 1978 8. Deutsch-Niederländisches Memorandum über gegenseitige Unterrichtung und Konsultationen hinsichtlich grenznaher kerntechnischer Einrichtungen vom September/November 1977, auf welches sich der Bundesminister des Innern und die Niederländischen Minister für Volksgesund- Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 16801' heit und Umweltschutz sowie für Soziale Angelegenheiten geeinigt haben 9. Beschluß der Deutsch-Niederländischen Kornmission für grenznahe kerntechnische Einrichtungen zum Informationsaustausch über bedeutsame Störfälle und wichtige sicherheitstechnische Vorkommnisse in Kernkraftwerken vom 21. Mai 1981 10. Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Unterrichtung beim Bau und Betrieb grenznaher kerntechnischer Einrichtungen vom 16. August 1982 11. Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat über den radiologischen Notfallschutz vom 31. Mai 1978 12. Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Rahmenbedingungen für freiwillige Hilfeleistungen bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen vom 28. November 1984 13. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen vom 6. November 1980 Zu Frage 51: Die Bundesregierung wird sich bei der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), der Kernenergie-Agentur der OECD und im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften sowie auf sonstigen geeigneten multilateralen Konferenzen und auch in bilateralen Kontakten dafür einsetzen, daß — soweit über die bereits bestehende Zusammenarbeit hinaus erforderlich — geeignete internationale Vereinbarungen getroffen werden. Die Bundesregierung hat bei der IAEO in Wien bereits um die Einberufung einer außerordentlichen Sitzung des Gouverneursrats gebeten. Auf Antrag der Bundesregierung wird bereits am 21. Mai 1986 eine außerordentliche Sitzung des Gouverneursrats der IAEO in Wien stattfinden. Der zuständige Ausschuß der Kernenergie-Agentur der OECD hat sich am 9. Mai 1986 mit diesem Fragenkreis beschäftigt. Der Bundeskanzler hat in einem Schreiben an den Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU nachdrücklich um die Mitwirkung der Sowjetunion bei der Klärung der offenen Fragen gebeten und bei der Vereinbarung zweckdienlicher internationaler Maßnahmen beizutragen. Der Bundeskanzler beabsichtigt seine Anregung zur Abhaltung einer internationalen Konferenz in Schreiben an die Regierungschefs von Ländern in denen Kernkraftwerke betrieben werden, sowie an die Präsidenten der EG-Kommission und den Generaldirektor der IAEO näher zu erläutern. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Kübler (SPD) (Drucksache 10/5456 Frage 52 und 53): Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung auf Grund des Unfalls in dem Kernkraftwerk Tschernobyl/UdSSR zum Schutz der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland getroffen bzw. gedenkt sie noch zu treffen? Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung auf Grund des Unfalls in dem Kernkraftwerk Tschernobyl/UdSSR unternehmen, um die derzeitige Sicherheitssituation der in der Bundesrepublik Deutschland im Bau oder in Betrieb befindlichen kerntechnischen Anlagen zu verifizieren oder zu verbessern? Zu Frage 52: Die Bundesregierung hat aufgrund der ersten Meldungen aus Schweden die Meßstellen der Bundesländer des Warndienstes und des Deutschen Wetterdienstes aufgefordert, verstärkte Messungen der Luftaktivität durchzuführen und den BMI über die Ergebnisse laufend zu unterrichten. Beim BMI wurde sofort nach Anstieg der Radioaktivität in der Luft ein Arbeitsstab eingerichtet. Die in Betracht kommenden Maßnahmen wurden fortlaufend zwischen den Bundesressorts und den Bundesländern beraten und abgestimmt. Für Personen, die aus den betroffenen Gebieten der UdSSR zurückkehren, wurde eine Befragung und Beratung an der Grenze eingerichtet, damit sie sich, soweit notwendig, auf radiokative Belastung untersuchen lassen. Zusätzlich wurde angeordnet, daß Züge und Fahrzeuge, die aus dem europäischen Teil der UdSSR kommen, auf radioaktive Kontaminationen überprüft werden und ggf. dekontaminiert werden, um die Verschleppung von Radioaktivität in die Bundesrepublik zu verhindern. Dem gleichen Ziel dienen die angeordneten Einfuhrbeschränkungen. für Frischprodukte wie Milch, Obst und Gemüse, Fleisch, Geflügel und Fisch aus der UdSSR und Polen sowie aus Rumänien, Ungarn und der Tschechoslowakei. Aufgrund der festgestellten Aktivitätswerte in der Luft, auf dem Boden und in Lebensmitteln hat die Strahlenschutzkommission Grenzwerte für die Kontamination von Milch und frischem Blattgemüse empfohlen, die unverzüglich den für die Umsetzung zuständigen Bundesländern übermittelt wurden. Durch Kontrollen bei der Herstellung und Verteilung dieser Lebensmittel stellen die Bundesländer sicher, daß die Bevölkerung die im Handel erworbenen Lebensmittel ohne Bedenken verbrauchen kann. Zu Frage 53: Bei dem Kernkraftwerk Tschernobyl (UdSSR) handelt es sich um einen Reaktortyp, den es in der Bundesrepublik Deutschland nicht gibt, und dem eine wesentlich andere sicherheitstechnische Auslegung zugrunde liegt. Dessen ungeachtet ist die Reaktorsicherheitskommission vom BMI gebeten worden, eine umfassende Analyse und Bewertung des Reaktorunfalls 16802* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 in Tschernobyl vorzulegen. Diese Stellungnahme wird bei laufender Fortschreibung des Sicherheitskonzeptes berücksichtigt. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Hansen (Hamburg) (SPD) (Drucksache 10/5456 Frage 54): Welche Untersuchungen liegen der Bundesregierung zum Kernschmelzen von Kernkraftwerken vor, und welche neuen Untersuchungen auf diesem Gebiet plant die Bundesregierung aus Anlaß des Unfalls im Kernkraftwerk Tschernobyl/ UdSSR? In der Bundesrepublik Deutschland werden seit den 60er Jahren theoretische und experimentelle Untersuchungen zum Kernschmelzen durchgeführt. Die hierbei erzielten Ergebnisse liegen der Bundesregierung vor. Die Untersuchungen selbst wurden teilweise im Auftrag der Bundesregierung durchgeführt. Sie dienen dem Ziel, mögliche Entstehungsursachen von Kernschmelzunfällen zu ermitteln, den Ablauf von Kernschmelzabläufen und die maßgeblichen physikalischen Phänomene zu verstehen und zu modellieren, mögliche radiologische Folgen abzuschätzen und Maßnahmen zur Verhinderung oder zur Begrenzung von Folgen von Kernschmelzabläufen zu identifizieren und zu bewerten. Die umfangreichsten Untersuchungen hierzu erfolgen im Rahmen der Deutschen Risikostudie Phase A und Phase B sowie des Projektes Nukleare Sicherheit als Teile des Reaktorsicherheitsforschungsprogramms des BMFT. Die Bundesregierung wird dafür Sorge tragen, daß alle Informationen über den Unfall sorgfältig daraufhin überprüft werden, ob Folgerungen für die hiesigen Untersuchungen zum Kernschmelzen zu ziehen sind. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage der Abgeordneten Frau Eid (GRÜNE) (Drucksache 10/5456 Frage 55): Würden die Behörden im Falle einer Atomkatastrophe z. B. in Biblis die Bevölkerung unmittelbar nach Erhalt der Meldung vollumfänglich informieren, auch wenn eine eigentlich notwendige Evakuierung der Ballungsgebiete im Chaos zu enden droht? Im Falle eines kerntechnischen Notfalls werden die Behörden entsprechend den dafür vorgesehenen Alarmplänen die Bevölkerung alarmieren und notfalls auch evakuieren. Diese Maßnahmen sind so angelegt, daß eine geordnete Evakuierung erfolgen würde. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage der Abgeordneten Frau Dann (GRÜNE) (Drucksache 10/5456 Frage 56): Welche akuten Schäden bei Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen sind bei den derzeitigen Belastungen von Luft, Boden und Wasser zu erwarten, und auf welche Untersuchungsergebnisse stützen sich diesen Vorhersagen? Akute Schäden von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen bei den zur Zeit gemessenen Radioaktivitätswerten von Luft, Boden und Wasser sind bei den derzeitigen Kenntnissen nicht anzunehmen. Diese Aussage stützt sich auf die langjährigen Untersuchungsergebnisse aus der Fall-out Zeit der Sechziger Jahre bis zum heutigen Tag. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Senfft (GRÜNE) (Drucksache 10/5456 Fragen 57 und 58): Welche Untersuchungsergebnisse liegen vor über die Verteilung der verschiedenen Radioisotope in der Biosphäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wie ändert sich diese Verteilung in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren? Welche Erkenntnisse gibt es über die Aufnahme jedes einzelnen Isotops von Mikroorganismen, von Pflanzen und Tieren aus Boden, Luft und Wasser, und welche laufenden Untersuchungen werden jetzt eingeleitet? Zu Frage 57: Derzeit liegen Untersuchungsergebnisse über die Luftkonzentration, die Bodenkontamination und die Konzentration in Lebensmitteln vor. Allein schon aufgrund der Halbwertszeiten der Radionuklide ist zu erwarten, daß diese Werte laufend fallen werden. Zu Frage 58: Durch zahlreiche Untersuchungen, die schon in den fünfziger Jahren begonnen haben, sind die Mechanismen der Aufnahme von Radioisotopen in den einzelnen Bereichen der Umwelt bekannt. Es werden seit ca. 1958 die wichtigen Bereiche wie Luft, Boden, Wasser und Lebensmittel ständig überwacht. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Mann (GRÜNE) (Drucksache 10/ 5456 Fragen 59 und 60): Welche Bestandteile hat auf Grund der bisherigen Messungen die durch den Reaktorunfall von Tschernobyl ausgelöste Radioaktivitätswolke? In welchem Umfang wurde bisher Plutonium, Strontium und Cäsium gemessen, und reichen die gegenwärtigen Meßkapazitäten aus, um die Belastung von Luft, Boden und Wasser mit diesen Nukliden zu erfassen? Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 16803' Zu Frage 59: Die wesentlichen Bestandteile der Radioaktivität sind J 131,J 132,J 133, CS 134, CS 137, Te 132, Sr 89, Sr 90. Zu Frage 60: Plutonium konnte bisher nur in ganz geringen Spuren nachgewiesen werden. Im Bezug auf den Wert für das Isotop J 131 waren die Werte für Sr 90 0,1%. Cs 137 20% und Cs 134 8%. Die bisherigen Meßkapazitäten zur Überwachung von Luft, Boden und Wasser sind ausreichend. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen der Abgeordneten Frau Zeitler (GRÜNE) (Drucksache 10/5456 Fragen 61 und 62): Gibt es für einzelne Isotope Daten über die Erhöhung der Mutationsrate bei Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen durch die derzeit gemessenen Radioaktivitätswerte, und wenn ja, wie hoch ist diese Erhöhung? Welche Auswirkungen einer erhöhten Mutationsrate auf die Morphologie und den Stoffwechsel der Organismen sind bekannt innerhalb einer Generation bzw. nach mehreren Generationen? Zu Frage 61: Derartige Daten sind nicht bekannt. Zu Frage 62: Grundsätzlich sind durch Mutationen des Erbgutes sämtliche biologische Veränderungen denkbar. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 10/5456 Frage 63): Wie hoch war die natürliche Strahlenbelastung auf Sandspielplätzen für Kinder vor dem GAU in Tschernobyl, und bei welchen Meßwerten empfiehlt die Bundesregierung, im Hinblick auf die Langzeitgefährdung der Kinder, den Sand auszutauschen? Die Strahlenschutzkommission sieht keine Veranlassung, unsere natürlichen Lebensgewohnheiten zu ändern. Weder ist ein Kinderspielverbot im Freien notwendig, noch stellen Sandkästen, Tennisplätze und Aschenbahnen eine Gesundheitsgefährdung dar. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Erhard auf die Frage des Abgeordneten Dr. Meyer zu Bentrup (CDU/CSU) (Drucksache 10/5456 Frage 66): Ist die Bundesregierung bereit, für die Schäden, die durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl in der Bundesrepublik Deutschland entstanden sind, Schadensersatz von der Sowjetunion einzufordern? Die Bundesregierung sucht ein umfassendes Gespräch zu den durch die Reaktorkatastrophe aufgeworfenen Problemen mit der Sowjetunion. Die Bundesregierung prüft z. Zt. in Abstimmung mit anderen betroffenen Ländern, ob in diesem Zusammenhang auch diplomatische Schritte zur Einforderung von Schadensersatz eingeleitet werden. Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich zur rechtlichen Beurteilung im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht Stellung nehmen möchte. Die Sowjetunion hat sich keinem von der Bundesrepublik Deutschland einseitig anrufbaren zwischenstaatlichen Streitbeilegungsverfahren unterworfen, insbesondere auch nicht der obligatorischen Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs gemäß Artikel 36 Abs. 2 seines Statuts. Für eine gegen die Sowjetunion gerichtete Klage der Bundesrepublik Deutschland bietet sich demnach keine Verfahrensgrundlage. Vielmehr bedürfte es für die Befassung des Internationalen Gerichtshofs ebenso einer Übereinkunft zwischen beiden Staaten wie für die Bildung eines bilateralen Schiedsgerichts. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Erhard auf die Frage des Abgeordneten Dr. Schierholz (GRÜNE) (Drucksache 10/5456 Frage 67): Welche Erkenntnisse über die Verursachung des Bombenanschlags auf das Bundesamt für den Zivildienst am 12. März 1978 liegen der Bundesregierung bzw. den ermittelnden Behörden mittlerweile vor? Zu dem Sprengstoffanschlag auf das Gebäude des Bundesamts für Zivildienst in Köln am 13. März 1978 gegen 0.19 Uhr haben sich mit verschiedenen gleichlautenden Schreiben die Revolutionären Zellen bekannt. Sie haben die Tat über diese Bekennung hinaus auch in ihrem Publikationsorgan Revolutionärer Zorn Nr. 6 vom Januar 1981 in einer acht Jahre umfassenden Anschlagstafel ausdrücklich aufgeführt. Das vom GBA eingeleitete Ermittlungsverfahren führte nicht zur Feststellung der Täter. Der GBA hat deshalb das Verfahren eingestellt. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Erhard auf die Frage des Abgeordneten Dr. Diederich (Berlin) (SPD) (Drucksache 10/5456 Frage 68): 16804* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 Wer haftet für die infolge der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl aufgetretenen Schäden durch atomare Verseuchung (z. B. bei Lebensmitteln wie Milch, Blattgemüse usw.), und gedenkt die Bundesregierung, die Sowjetunion in Regreß zu nehmen? Die Haftungsfragen, die sich im Zusammenhang mit der Reaktorkatastrophe Tschernobyl stellen, werden gegenwärtig geprüft. Im Prinzip kommen Ansprüche gegen den Betreiber des Kernkraftwerks in Betracht. Diese und andere Rechtsfragen sind außerordentlich kompliziert und bedürfen, wie auch die weiteren Einzelheiten, noch der Vertiefung. In der Regreßfrage prüft die Bundesregierung in Abstimmung mit anderen betroffenen Ländern diplomatische Schritte gegenüber der Sowjetunion. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Frage des Abgeordneten Schlatter (SPD) (Drucksache 10/5456 Frage 77): Bedeuten die Ausführungen von Bundesminister Dr. Stoltenberg in der Süddeutschen Zeitung vom 19./20. April 1986, wonach über eine „begrenzte Korrektur bei den indirekten Steuern" im Zusammenhang mit der Finanzierung der für die nächste Legislaturperiode geplanten Steuerreform entschieden werden muß, daß allen Plänen, die vollständige oder teilweise Abschaffung der Gewerbesteuer durch eine Anhebung der Umsatzsteuer zu finanzieren, eine Absage erteilt wird? Es gibt keinen Beschluß der Bundesregierung über die vollständige oder teilweise Abschaffung der Gewerbesteuer. Damit stellt sich auch nicht die Frage der Finanzierung eines Gewerbesteuerausfalls durch die Umsatzsteuer. Richtig ist, daß die Gewerbesteuer seit langem in der Kritik steht. Solange es keine befriedigende Ersatzlösung gibt, hat die Bundesregierung den Gemeinden im wesentlichen den Weiterbestand der Gewerbesteuer in Aussicht gestellt. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Frage des Abgeordneten Dr. Wieczorek (SPD) (Drucksache 10/5456 Frage 80): Ist die Bundesregierung weiterhin der von dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, Dr. Häfele, im Deutschen Bundestag am 12. Dezember 1985 geäußerten Auffassung, daß eine gerechtere Erfassung der Kapitalerträge und auch sein persönlicher Vorschlag nach einer Anhebung des Sparerfreibetrags in das Vorhaben einer umfassenden Steuerreform in der nächsten Legislaturperiode eingebunden werden muß? Im Zusammenhang mit den „Bemerkungen 1985" des Bundesrechnungshofs hat die Bundesregierung inzwischen dem Rechnungsprüfungsausschuß des Deutschen Bundestags über die Möglichkeiten zur besseren Erfassung von Kapitaleinkünften berichtet. Dabei konnte sie auf mit den Ländern abgestimmte Verbesserungen bei der Auswertung von Kontrollmitteilungen nach § 33 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes hinweisen. Nach dem Ergebnis der Untersuchung hält die Bundesregierung aus den dort aufgeführten Gründen gesetzgeberische Maßnahmen zur besseren Erfassung von Kapitaleinkünften aus gegenwärtiger Sicht nicht für vertretbar. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Fragen des Abgeordneten Rapp (Göppingen) (SPD) (Drucksache 10/5456 Fragen 81 und 82): Beabsichtigt die Bundesregierung im Rahmen der für die nächste Legislaturperiode geplanten großen Steuerreform eine Anhebung der Kinderfreibeträge und des Kindergeldes, und welcher Anteil des mit 45 Milliarden DM angegebenen Brutto-Entlastungsvolumens wird hierauf entfallen? In welcher Höhe würde ein verheirateter Arbeitnehmer mit zwei Kindern und einem Brutto-Arbeitslohn von 50 000 DM durch die Einführung des sogenannten linear-progressiven Tarifs entlastet werden? Zu Frage 81: Es gibt keine Beschlüsse der Bundesregierung über das Ausmaß von Brutto- und Nettoentlastungen einer Steuersenkung für die 90er Jahre. Der Jahreswirtschaftsbericht 1986 nennt nur steuerpolitische Zielvorgaben. Beschlüsse über steuerpolitische Maßnahmen einschließlich der Größenordnungen sind in der nächsten Legislaturperiode zu fassen. Richtig ist, daß eine weitere Verbesserung der Kinderfreibeträge mit entsprechenden Auswirkungen für Kindergeldberechtigte mit geringem Einkommen zu den vorrangigen steuerpolitischen Zielvorstellungen der Bundesregierung gehört. Ich darf daran erinnern, daß nach der Regelung, die die jetzige Bundesregierung getroffen hat, Kindergeldberechtigte, bei denen die erhöhten Kinderfreibeträge nicht oder nicht voll zu einer steuerlichen Entlastung führen, einen Kindergeldzuschlag bis zu 46,00 DM monatlich erhalten. Zu Frage 82: Ihre Frage ist erst dann sinnvoll zu beantworten, wenn Einzelheiten, wie z. B. Höhe der Anhebung des Grundfreibetrages, des Kinderfreibetrages sowie Abflachung der Tarifprogression feststehen. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Frage des Abgeordneten Westphal (SPD) (Drucksache 10/5456 Frage 85): Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 16805* Hält die Bundesregierung an den Ausführungen von Bundesminister Dr. Stoltenberg im Deutschen Bundestag am 11. September 1985 fest, daß ein linearer Abbau von Subventionen nicht in Betracht kommt, und kann die Bundesregierung ausschließen, daß die für die nächste Legislaturperiode geplante große Steuerreform zum Teil durch einen linearen Subventionsabbau finanziert wird? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß ein gezielter, an Subventionszwecken ausgerichteter Abbau von Finanzhilfen einer linearen Kürzung vorzuziehen ist. Eine lineare Kürzung von Steuervergünstigungen um einen bestimmten Prozentsatz begegnet sachlichen, rechtlichen und technischen Schwierigkeiten. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Frage des Abgeordneten Dr. Mertens (Bottrop) (SPD) (Drucksache 10/5456 Frage 88): Kann die Bundesregierung ausschließen, daß sie bei der für die nächste Legislaturperiode geplanten großen Steuerreform den Arbeitnehmerfreibetrag und den Weihnachtsfreibetrag abschaffen wird (vgl. entsprechende Forderungen des schleswig-holsteinischen Finanzministers Asmussen im Handelsblatt vom 3. April 1986)? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht die Abschaffung der von Ihnen genannten Steuervergünstigungen. Sie will im Gegenteil die arbeitenden Bürger steuerlich entlasten. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Voss auf die Frage des Abgeordneten Dr. Weng (Gerlingen) (FDP) (Drucksache 10/5456 Frage 89): Kann die Bundesregierung Berichte bestätigen, wonach die Deutsche Bundesbank im Jahr 1986 den an den Bundeshaushalt überwiesenen Gewinn nicht konsequent nach tatsächlichem Anfall, sondern in erheblicher Höhe aus Rückstellungen entnehmen wird? Die Deutsche Bundesbank hat am 30. April 1986 in einer Presseerklärung dargelegt, daß sie bei der Bilanzierung nicht nach Belieben verfahren kann. So sind bei der Bildung und Auflösung von Rückstellungen gemäß § 26 BBankG die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung und die Bewertungsprinzipien des Aktiengesetzes sinngemäß anzuwenden. Der Jahresabschluß der Bundesbank wird durch zwei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geprüft. In der Bilanz 1984 waren Rückstellungen gebildet worden, um Risiken aus schwebenden Termingeschäften zu berücksichtigen und nicht realisierte, nur buchmäßige Kursgewinne auf bestimmte Auslandsaktiva der Bundesbank zu neutralisieren. Ende 1985 entfiel ein Teil des Rückstellungsbedarfs infolge des Kursanstiegs der D-Mark und der Abwicklung solcher Termingeschäfte. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Reschke (SPD) (Drucksache 10/5456 Fragen 94 und 95): Welche Informationen hat die Bundesregierung über Fusionspläne der Schmiedewerke Krupp-Klöckner GmbH mit dem Thyssen Schmiedebereich Hattingen, und liegen bereits Anträge oder Voranfragen für die Gewährung von staatlichen Finanzhilfen für eine geplante Fusion vor? Liegen nach Ansicht der Bundesregierung die kartellrechtlichen Voraussetzungen für eine derartige Fusion vor, und ist ihr bekannt, ob die beteiligten Unternehmen bereits die entsprechenden Anträge beim Bundeskartellamt gestellt haben? Zu Frage 94: Abgesehen von einer Erörterung des Zusammenschlußvorhabens mit dem Bundeskartellamt ist die Bundesregierung mit den Fusionsplänen nicht befaßt worden. Insbesondere sind auch Anträge oder Voranfragen bezüglich der Gewährung staatlicher Hilfen für eine etwaige Fusion nicht an die Bundesregierung gerichtet worden. Zu Frage 95: Die beteiligten Unternehmen haben ihr Zusammenschlußvorhaben mit dem Bundeskartellamt bislang nur informell erörtert. Eine Anmeldung des Vorhabens, die Voraussetzung der fusionskontrollrechtlichen Prüfung wäre, liegt nicht vor. Dem Ergebnis einer solchen Prüfung durch das Bundeskartellamt könnte die Bundesregierung im übrigen auch nicht vorgreifen. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Verheugen (SPD) (Drucksache 10/5456 Fragen 96 und 97): In welcher Größenordnung hat die Bundesregierung in den Jahren 1984 und 1985 Genehmigungen für den Export von Waren nach Südafrika erteilt, die unter die Abschnitte A, B und C der Ausfuhrliste, Teil I, fallen? Ist der Bundesregierung bekannt, daß südafrikanische Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen die Apartheidpolitik durch Spenden an die regierende Nationale Partei Südafrikas unterstützen, und wie beurteilt die Bundesregierung dieses Verhalten? Zu Frage 96: Im Jahre 1984 sind Genehmigungen für den Export von Waren des Teils I der Ausfuhrliste nach Südafrika im Gesamtwert von 242 Millionen DM, im Jahre 1985 für 130 Millionen DM, erteilt worden. 16806* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 Es handelte sich hierbei ausschließlich um nichtmilitärische Waren, die von dem Embargo nach der Resolution 418 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 4. November 1977 nicht betroffen sind. Zu Frage 97: Der Bundesregierung ist nicht bekannt, ob und an wen südafrikanische Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen Spenden leisten. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Schreiner (SPD) (Drucksache 10/5456 Frage 98): Welche energierechtlichen und -politischen sowie umweltrechtlichen und -politischen Auswirkungen ergeben sich für die Bundesrepublik Deutschland, für den deutschen Kohlebergbau und insbesondere für die grenznahe deutsche Bevölkerung zu Frankreich durch die Beteiligung eines deutschen Unternehmens am französischen Kernkraftwerkskomplex Cattenom, wie sie jetzt von der Bayer AG angestrebt wird? Nach Kenntnis der Bundesregierung verfolgt das Unternehmen Bayer AG keine konkreten Pläne, Strom aus Cattenom zu beziehen oder sich an Cattenom zu beteiligen, so daß auch nicht Auswirkungen irgendwelcher Art daraus erwachsen können. Die Bundesregierung hat noch kürzlich in ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der Fraktion die Grünen betreffend „Auswirkungen von Atomstromimporten aus Cattenom auf die deutsche Steinkohleverstromung" dargelegt, daß ihr — abgesehen von den bereits im Jahre 1979 von Badenwerk AG mit der Electricité de France vereinbarten Strombezugsrechte in Höhe von je 5% der Leistung der Kernkraftwerksblöcke Cattenom I und II von je 1265 MW — keine Informationen über konkrete Pläne anderer Unternehmen vorliegen, Strom aus Cattenom zu beziehen. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Frage des Abgeordneten Dr. Weng (Gerlingen) (FDP) (Drucksache 10/5456 Frage 99): Kann die Bundesregierung Pressemeldungen bestätigen, die immer wieder darauf hinweisen, daß eine Firma in Frankfurt am Main bei der Verarbeitung von Tierprodukten, die unter Bruch des Washingtoner Artenschutzabkommens oder unter Umgehung einschlägiger Vorschriften in die Bundesrepublik Deutschland gebracht werden, eine herausragende Rolle spielt, und was tut die Bundesregierung in der augenblicklichen konkreten Situation (nach Handelspapieren Import von ca. 5 900 Ozelot-Fellen Ursprungsland Bolivien, tatsächlich 8 138 Felle aus Brasilien), um für Abhilfe Sorge zu tragen? I. Zur Beantwortung der Frage sind einige Erläuterungen vorauszuschicken: 1. Die meisten der südamerikanischen gefleckten Kleinkatzenarten sind in Anhang II des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (WA) aufgeführt. Nach den Bestimmungen des WA können Exemplare dieser Arten mit gültigen Exportgenehmigungen der Ausfuhrländer international gehandelt werden. Die Verantwortung für eine artenschutzgerechte Naturentnahme obliegt den Ursprungsländern. 2. Nicht zuletzt wegen bekanntgewordener Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung des WA in einigen Vertragsstaaten des WA hat die Gemeinschaft — auf Veranlassung der Bundesregierung — eine strengere Bestimmung eingeführt, wonach u. a. für die genannten gefleckten Kleinkatzen bei der Einfuhr in die EG zusätzlich eine Einfuhrgenehmigung erforderlich ist, Art. 10 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3626/82 (ABl. Nr. L 384 S. 1). 3. Es sind seit Inkrafttreten dieser EG-Bestimmung einige Fälle bekannt geworden, in denen die Einfuhrgenehmigungsbehörden einiger Mitgliedstaaten der EG die Voraussetzungen für die Erteilung von Genehmigungen nicht oder nicht sorgfältig genug geprüft und die Genehmigungen nach Auffassung der Bundesregierung unter Verletzung des EG-Rechts erteilt haben. 4. Eine weitere Regelung des Gemeinschaftsrechts bestimmt, daß Genehmigungen und Bescheinigungen der zuständigen Artenschutzbehörden eines Mitgliedstaates in der gesamten Gemeinschaft gelten, Art. 9 Abs. 1 der genannten Verordnung. Dies gilt nach der Rechtsauslegung der zuständigen Dienststellen der Kommission in der Regel auch für rechtswidrige Einfuhrgenehmigungen, zumindest solange, bis die Genehmigungen von der ausstellenden Behörde zurückgenommen worden sind. 5. Im Jahre 1985 sind der Bundesregierung zwei Fälle bekanntgeworden, in denen Behörden anderer Mitgliedstaaten solche — nach Auffassung der Bundesregierung — EG-rechtswidrigen Einfuhrgenehmigungen erteilt haben und die Waren dann zum Teil in die Bundesrepublik Deutschland verbracht worden sind. Die Bundesregierung hat daraufhin unverzüglich a) die EG-Kommission mehrfach aufgefordert, alles zu unternehmen, um die betreffenden Mitgliedstaaten zur Rücknahme ihrer Genehmigungen zu veranlassen; die Kommission hat jedoch in den genannten Fällen nichts unternommen; b) ein Informationsverfahren vorgeschlagen und durchgesetzt, wonach ein EG-Mitgliedstaat vor Erteilung einer Einfuhrgenehmigung für eine signifikante Menge von Exemplaren der genannten Arten eine Anfrage an die EG-Kommission richten sollte. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 16807` 6. Gleichwohl ist nunmehr wieder ein Fall einer EG-rechtswidrigen Einfuhrgenehmigung bekanntgeworden. Hierauf bezieht sich die Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Weng. II. 1. Zur Sachlage muß berichtigt werden, daß es sich nicht um Ozelotfelle, sondern um 6 120 Felle anderer gefleckter Kleinkatzen handelt; ob die Felle tatsächlich nicht aus Bolivien, sondern aus Brasilien stammen, ist z. Z. nicht bekannt. 2. Die wenigen bisher bekanntgewordenen Fälle EG-rechtswidriger Einfuhren lassen keinen Rückschluß darauf zu, daß ein bestimmtes deutsches Unternehmen bei solchen Einfuhren eine herausragende Rolle spielt. 3. Die Bundesregierung ist seit Bekanntwerden des Falles im ständigen Kontakt mit der EG-Kommission. Sie hat bewirkt, daß die zuständige Dienststelle der Kommission ihre Auffassung mitgeteilt hat, wonach die Einfuhrgenehmigung des betreffenden Mitgliedstaates gegen EG-Recht verstößt und die von der zuständigen Behörde dieses Staates erteilten Bescheinigungen nicht beachtlich seien. Sie hat darüber hinaus das kommissionsinterne Beschlußverfahren über die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens eingeleitet. Das Verfahren hat zum Ziel, den betreffenden Staat, ggf. durch Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, zu verpflichten, die in diesem Fall erteilte Einfuhrgenehmigung und die EG-internen sog. CITES-Bescheinigungen zurückzunehmen. Desweiteren hat die Bundesregierung es auch erreicht, daß die zuständige Abteilung der EG-Kommission bemüht sein will, künftig jeden Fall einer EG-rechtswidrig erteilten Einfuhrgenehmigung mit einem Vertragsverletzungsverfahren zu ahnden. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten von Hammerstein (CDU/CSU) (Drucksache 10/5456 Fragen 100 und 101): Können zur Zeit landwirtschaftliche Betriebe, die eine Milchmenge gekauft bzw. eine zusätzliche Referenzmenge aus dem Existenzsicherungsprogramm bekommen haben, einzelbetrieblich gefördert werden? Kann man davon ausgehen, daß das Bundesnaturschutzgesetz in § 1 nicht geändert wird, oder ist es nicht auszuschließen, daß das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten jetzt und damit längerfristig bewußt und stillschweigend die Einführung der Verbandsklage und die Abschaffung der Landwirtschaftsklausel vorbereitet? Zu Frage 100: Eine Förderung im Bereich der Milchviehhaltung ist nach den Grundsätzen -für die Förderung von einzelbetrieblichen Investitionen in der Landwirtschaft, wie sie der Planungsausschuß für den Rahmenplan 1986 der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" beschlossen hat, nur mit Einschränkung möglich. Diese Einschränkungen gelten sowohl für das einzelbetriebliche Investitionsförderungsprogramm (EFP) als auch für das Agrarkreditprogramm (AKP). Danach ist eine Förderung untersagt, wenn durch die Investition eine Aufstockung der Kapazitäten (Milchviehbestand und Gebäude) gegenüber dem Stand der zum 2. April 1984 zugeteilten Referenzmenge erfolgt. Betriebe, die nach diesem Stichtag zusätzliche Referenzmengen selbst käuflich erworben oder im Rahmen eines Existenzsicherungsprogramms zugewiesen bekommen haben, können also zur Zeit für Investitionen, die zu einer Erweiterung ihrer Stallkapazität führen, keine Förderungsmittel erhalten. Allerdings können Rationalisierungsinvestitionen gefördert werden, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr als 40 Kühe je AK und 60 Kühe je Betrieb (EFP) bzw. 40 Kühe je AK und je Betrieb (AKP) gehalten werden. Zu Frage 101: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucksache 10/5064 vom 20. Februar 86) sieht vor, § 1 des Bundesnaturschutzgesetzes dahingehend zu ändern, daß die in Absatz 1 einzeln aufgeführten Objekte nicht nur als Lebensgrundlagen des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung, sondern auch „an sich" nachhaltig gesichert werden. Die Einführung der Verbandsklage und die Abschaffung der Landwirtschaftsklauseln sind nicht Gegenstand des Gesetzentwurfs der Bundesregierung. Auch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bereitet insofern eine Gesetzesänderung nicht vor. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen der Abgeordneten Frau Weyel (SPD) (Drucksache 10/ 5456 Fragen 102 und 103): Ist der Bundesregierung bekannt, welche Verluste bei Landwirten und Gärtnern bisher dadurch aufgetreten sind, daß Produkte nicht abgesetzt werden konnten wegen Belastung durch den sowjetischen Reaktorunfall und Verunsicherung der Verbraucher? Hat die Bundesregierung die Absicht, wirtschaftliche Verluste der Betroffenen auszugleichen, die durch die erhöhte Strahlenbelastung entstanden sind? Über den Umfang der Schäden, die der deutschen Landwirtschaft auf Grund des Reaktorunfalls entstanden sind oder noch entstehen, kann zur Zeit noch keine hinreichend genaue Aussage gemacht werden; die Ermittlungen hierüber sind unter Mitwirkung der Länder noch im Gange. Die Bundesregierung hat beschlossen, den betroffenen Erzeugern unbürokratisch und schnell zu helfen. Die Grundlagen für die Abwicklung der Hilfsmaßnahmen werden zur Zeit erarbeitet. Unabhängig davon wird die Bundesregierung zusammen mit anderen betroffenen Staaten prüfen, inwieweit sie gegenüber der Sowjetunion Schadenersatz geltend machen kann. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 10/5456 Fragen 104 und 105): Bei welchen Agrarerzeugnissen, die mit den Erzeugnissen deutscher Bauern im Wettbewerb stehen, wird sich die Bundesregierung in den zuständigen Gremien der EG um die Beschränkung von Drittländerimporten bemühen, und bei welchen Produkten sieht sie Chancen für eine durchgreifende Verminderung der Drittländerimporte? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß Flächenstillegungen zum Zweck der preisstützenden Beschränkung des Überangebots an Agrarerzeugnissen in den EG-Mitgliedsländern den europäischen und vor allem den deutschen Bauern nur zuzumuten sind, wenn zuvor eine deutliche und marktwirksame Beschränkung des Imports aus Drittländern bei solchen Produkten erfolgt ist, die unserer Landwirtschaft Konkurrenz machen? Wichtig ist zunächst die Feststellung, daß die EG mit dem Abschöpfungssystem bei wichtigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen über ein wirksames Einfuhrschutzinstrumentarium verfügt, das die überwiegend klein- bis mittelbetrieblich strukturierte EG-Landwirtschaft gegen Drittlandeinfuhren zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen absichert. Allerdings ist diese Gemeinschaftspräferenz nicht lückenlos, da die EG aus entwicklungs- und handelspolitischen Gründen Einfuhrvergünstigungen bei bestimmten konkurrierenden Agrarerzeugnissen gewährt. Hierzu zählt vor allem die Einfuhr von jährlich — 1,3 Millionen t Zucker aus 13 Entwicklungsländern Afrikas und der Karibik (aus der Gruppe der sogenannten AKP-Länder) sowie von — lebenden Rindern und Rindfleisch in einer Größenordnung von gut 300 000 t (Schlachtkörperäquivalent). Nach Auffassung der Bundesregierung muß die EG diese Verpflichtungen, die sie gegenüber dem GATT und bestimmten Ländern eingegangen ist, auch weiterhin respektieren, zumal die Gemeinschaft als zweitgrößter Agrarexporteur der Welt auf Exportmärkte angewiesen ist. Auch die Bundesrepublik Deutschland — als Einzelland viertgrößter Agrarexporteur der Welt — muß für Agrarimporte offen bleiben. Verpflichtungen gegenüber dem GATT hat die EG auch bei den meisten Importfuttermitteln, die weitgehend abgabenfrei eingeführt werden. Die Bundesregierung tritt für eine Stabilisierung dieser Einfuhren auf dem Verhandlungswege ein, um dadurch zur Entschärfung des Überschußproblems beizutragen. Dem stehen jedoch die Interessen einer Reihe von Entwicklungsländern und der USA entgegen. Die USA zeigen in den bisherigen Gesprächen kein Entgegenkommen. Auch die Bereitschaft zu vernünftigen Selbstbeschränkungen der Exportländer ist bisher nicht genügend gegeben. Nach Meinung der Bundesregierung stellt auch die freiwillige Aufgabe der Produktion von Nahrungsmitteln eine der tragfähigen Möglichkeiten dar, die Überschußproduktion in der Welt abzubauen. Entscheidend jedoch ist, daß Einschränkungen der Produktion bei den einen nicht zu Ausweitungen bei anderen führen. Die Begrenzung der Produktion muß in allen Haupterzeugerländern der Welt mit der gleichen Konsequenz erfolgen. Insofern ist gerade die Abschlußerklärung des jüngsten Weltwirtschaftsgipfels von Tokio eine Bestätigung der Politik der Bundesregierung. Diese Erklärung bekräftigt die Überzeugung der Staats- und Regierungschefs, daß die Lösung des weltweit bestehenden Überschußproblems nur durch eine Umorientierung der Agrarpolitik erreichbar ist, die zu einer Anpassung der Produktion an die weltweiten Absatzmöglichkeiten führt. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 10/5456 Frage 106): Können die deutschen Landwirte damit rechnen, für die Einkommensverluste, die ihnen wegen des Kernreaktorunglücks in Tschernobyl entstanden sind, vom Staat entschädigt zu werden, und bestehen irgendwelche internationale Regelungen, die es ermöglichen, den Verursacher, in diesem Fall die Sowjetunion, für die eingetretenen Schäden haftbar zu machen? Die Bundesregierung hat beschlossen, den betroffenen Erzeugern unbürokratisch und schnell zu helfen. Die Grundlagen für die Abwicklung der Hilfsmaßnahmen werden zur Zeit erarbeitet. Unabhängig davon wird die Bundesregierung zusammen mit anderen betroffenen Staaten prüfen, inwieweit sie gegenüber der Sowjetunion Schadenersatz geltend machen kann. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen der Abgeordneten Frau Schmidt (Nürnberg) (SPD) (Drucksache 10/5456 Fragen 107 und 108): Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um den von der radioaktiven Belastung der Umwelt auf Grund des Reaktorunfalls in Tschernobyl Landwirten und Händlern Hilfestellung bei der Feststellung des Verseuchungsgrades von Freilandgemüse sowie der eventuellen Ausgabe von Unbedenklichkeitsbescheinigungen zu geben, und welche Hilfsmaßnahmen auch finanzieller Art wird die Bundesregierung für die betroffenen Landwirte und Händler insgesamt ergreifen? Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 16809* Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Einfuhr von verseuchtem Freilandgemüse aus EG-Ländern zu verhindern, und wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, daß in Italien der Verkauf von Freilandgemüse für 15 Tage verboten wurde, auf Märkten in Süddeutschland aber eben dieses aus Italien importierte Gemüse in verstärktem Umfang zum Kauf angeboten wird? Die Bundesregierung ist nicht befugt, Unbedenklichkeitsbescheinigungen auszustellen. Durch die verstärkte Kontrolle der für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden ist sichergestellt, daß nur Lebensmittel in den Verkauf gelangen, die die Richtwerte nicht übersteigen. Die zuständigen Landesbehörden können auch Messungen auf dem Feld durchführen, wenn zu entscheiden ist, ob das Gemüse überhaupt geerntet werden soll. Die Leitstellen des Bundes haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Länder auch bei der Überprüfung der Kontamination von Produkten unterstützt Die Bundesregierung hat beschlossen, den betroffenen Erzeugern unbürokratisch und schnell zu helfen. Von zentraler Bedeutung ist zunächst die Beweissicherung für Schäden. Die Länder wurden gebeten, bei der Beweissicherung behilflich zu sein. Sie wurden aufgefordert, die Landwirtschaftskammern und die Landwirtschaftsämter entsprechend anzuweisen. Über den Umfang der Schäden sind noch keine endgültigen Aussagen möglich. Die Grundlagen für die Abwicklung des Ausgleichs von Schäden werden z. Z. erarbeitet. Frischgemüse unterliegt unabhängig von der Herkunft — Inland, Ausland, EG-Staaten — den festgelegten Grenzwerten. So darf auch aus Italien eingeführtes Frischgemüse nur in den Verkehr gebracht werden, wenn es den festgelegten Anforderungen (weniger als 250 Becquerel/kg) entspricht Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Frage des Abgeordneten Berger (CDU/CSU) (Drucksache 10/5456 Frage 109): Wie beurteilt die Bundesregierung den infolge des Reaktorunfalls von Tschernobyl entstandenen wirtschaftlichen Schaden für die deutsche Landwirtschaft, und ist die Bundesregierung bereit, die Entschädigung der besonders betroffenen Gemüsebauern, z. B. in der Pfalz, deren Ernten aus Gründen der Gesundheitsvorsorge zur Zeit nicht in den Handel gebracht werden dürfen, zu prüfen und gegebenenfalls beim Verursacher, der Sowjetunion, einzufordern? Über den Umfang der Schäden, die der deutschen Landwirtschaft aufgrund des Reaktorunfalls entstanden sind oder noch entstehen, kann z. Z. noch keine hinreichend genaue Aussage gemacht werden; die Ermittlungen hierüber sind unter Mitwirkung der Länder noch im Gange. Die Bundesregierung hat beschlossen, den betroffenen Erzeugern unbürokratisch und schnell zu helfen. Die Grundlagen für die Abwicklung der Hilfsmaßnahmen werden z. Z. erarbeitet. Unabhängig davon wird die Bundesregierung zusammen mit anderen betroffenen Staaten prüfen, inwieweit sie gegenüber der Sowjetunion Schadenersatz geltend machen kann. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Wimmer (Neuötting) (SPD) (Drucksache 10/5456 Fragen 110 und 111): Welche Strahlenbelastung ergibt sich bei der derzeitigen hohen Kontamination des Bodens für einen Landwirt, der Bodenbearbeitungsmaßnahmen durchführt, und welche diesbezüglichen Empfehlungen gibt das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten dazu? Welche Pläne bestehen im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hinsichtlich einer möglichen Umorganisation der Landwirtschaft nach schweren atomaren Störfällen? a) Die vom Boden ausgehende Strahlenenergie wird mit sogenannten Dosisleistungsmeßgeräten (es handelt sich im nachfolgend dargestellten Fall um ein mit Methan gefülltes Zählrohr) gemessen. Vor dem Reaktorunfall wurden z. B. in Baden-Württemberg im Mittel 7 Zähleinheiten/Minute (min) registriert. In Folge des Reaktorunfalls wurden am 1./2. Mai im Mittel 30 Zähleinheiten registriert, heute sind es im Mittel 15. Die natürliche Belastung der 7 Zähleinheiten/ min entspricht der mittleren Dosisleistung von 60 mrem (Millirem), die mit der natürlichen Strahlung von außen auf den Körper einwirkt Betrachtet man die 15 Zähleinheiten/min, so bedeutet dies, daß die Strahlung etwa der zweifachen natürlichen Jahresleistung entspricht. Würde ein Landwirt 365 Tage im Jahr 24 Stunden am Tage dieser Strahlung ausgesetzt sein, würde er einer Strahlenbelastung ausgesetzt sein, die der natürlichen Belastung auf der Zugspitze entspricht Die durch den Reaktorunfall hervorgerufene zusätzliche Strahlung in Höhe von ca. 60 bis 70 mrem ist im wesentlichen dem Jod zuzuschreiben. Das bedeutet, daß nach maximal 10 Halbwertzeiten = 80 Tage die zusätzliche Strahlenbelastung verschwunden ist. Unter der Annahme, daß ein Landwirt von den 80 Tagen 20 Tage jeweils 12 Stunden auf dem Acker verbringt, ergibt sich, daß der Körper zusätzlich etwa 1/120 der zusätzlichen Energie aufnimmt, also großzügig gerechnet in der Größenordnung von ca. 1 mrem. Dies ist 1/6o der natürlichen Belastung. Dies liegt noch im Bereich der natürlichen Schwankungen und macht m. E. deutlich, daß besondere Empfehlungen nicht notwendig sind. b) Falls die Frage nach „einer möglichen Umorganisation der Landwirtschaft" auf eine mögliche Umstellung der Produktion abzielt, kann sie nur nach Art und Ausmaß eines eventuellen Störfalles entschieden werden. Im übrigen hat der Bund nach dem Ernährungssicherstellungsgesetz die Möglichkeit, im Krisenfall notwendige Eingriffe in die Landwirtschaftsstrukturen vorzunehmen. Im Rahmen der allgemeinen Vorsorge hat der BML Empfehlungen für den 16810* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 Selbstschutz in landwirtschaftlichen Betrieben bereits 1982 herausgegeben. Maßnahmen des Selbstschutzes, die primär Schäden durch Waffeneinwirkung verhindern oder beseitigen sollen, schützen auch bei Katastrophen und in Unglücksfällen. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Frage der Abgeordneten Frau Borgmann (GRÜNE) (Drucksache 10/5456 Frage 112): Wie groß werden die wirtschaftlichen Einbußen der Landwirtschaft bei den bisher bekannten Bodenbelastungen und bei den bisher angewendeten Grenzwerten in etwa sein, wie groß wären diese Ausfälle, wenn die Grenzwerte auf I/30 herabgesetzt würden? Aus den gemessenen Bodenbelastungen sind nach den bisherigen Kenntnissen Schäden für die Landwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland nicht zu erwarten. Die gemessenen Strahlenbelastungswerte des Bodens resultieren, wie auch in anderen Bereichen, vor allem aus dem Jod-131, das nur eine Halbwertzeit von 8 Tagen hat, so daß diese Strahlung schnell abklingt. Zu den langlebigen Spaltprodukten hat die Strahlenschutzkommission festgestellt, daß das Cäsium 137 als Leitnuklid betrachtet werden kann. Die Strahlenschutzkommission stellt anhand der vorliegenden Untersuchungsergebnisse fest, daß die aus dem Unfall in der Sowjetunion akkummulierte Dosis durch langlebige Radionuklide kleiner als die Dosis durch die natürliche Kalium 40-Aktivität ist. Über die Schäden, die der Landwirtschaft bei den bisher angewendeten Grenzwerten für Milch und Gemüse entstanden sind bzw. noch entstehen, können noch keine Angaben gemacht werden. Am 14. Mai 1986 sind mit den Ländern Fragen der Quantifizierung, Qualifizierung und Abwicklung von Schäden erörtert worden. Am 15. Mai befassen sich die Agrarminister des Bundes und der Länder mit diesen Fragen. Insofern kann auch keine Aussage über Ausfälle gemacht werden, die bei Grenzwerten von einem dreißigstel der jetzigen Grenzwerte eintreten würden. Im übrigen weise ich darauf hin, daß die Grenzwerte aus Vorsorgegründen von der unabhängigen Strahlenschutzkommission sehr niedrig festgesetzt wurden und auf einen ausreichenden Schutz des empfindlichsten Objektes, dem Kleinkind, abgestellt sind. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höpfinger auf die Frage des Abgeordneten Kastning (SPD) (Drucksache 10/5456 Frage 113): Trifft es zu, daß finanzielle Mittel nach § 40 Arbeitsförderungsgesetz in größerem Maße zur Verfügung stehen, als sie für Maßnahmen zur Berufsvorbereitung wirklich benötigt werden, und dadurch die Gefahr besteht, daß Jugendliche in der „Warteschleife" Berufsvorbereitung verbleiben, statt in eine geförderte Berufsausbildung gelangen zu können? Im Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit waren im Jahre 1985 insgesamt 381,1 Millionen DM für die Förderung berufsvorbereitender Maßnahmen nach § 40 des Arbeitsförderungsgesetzes eingesetzt. Die Ausgaben betrugen 347,7 Millionen DM, der Haushaltsansatz wurde also zu 91,2 % ausgeschöpft. Die §§ 33, 34 und 36 Arbeitsförderungsgesetz verpflichten die Bundesanstalt für Arbeit, bei der Erfüllung des Rechtsanspruches auf Förderung der Teilnahme an berufsvorbereitenden Maßnahmen nach § 40 Arbeitsförderungsgesetz die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie die arbeitsmarktpolitische Zweckmäßigkeit der Teilnahme in jedem Einzelfall zu beachten. Nicht wirklich benötigte berufsvorbereitende Maßnahmen dürfen daher nicht gefördert werden. Die von Ihnen unterstellte Gefahr findet auch keine Bestätigung in den Zahlen der Verbleibstatistik über Teilnehmer an berufsvorbereitenden Maßnahmen. Von den 24 145 Teilnehmern an berufsvorbereitenden Maßnahmen, die das Ziel hatten, auf eine anschließende Berufsausbildung vorzubereiten, sind im Jahre 1984/85 nur 178 oder 0,7 % weiter in der gleichen Art von berufsvorbereitender Maßnahme verblieben. 1 178 Teilnehmer oder 4,9 % sind in eine andere berufsvorbereitende Maßnahme übergewechselt. Hierin sind jedoch auch diejenigen Teilnehmer enthalten, die bereits im Laufe der Maßnahme vorzeitig die Maßnahmeart gewechselt haben, zum Beispiel weil sie in der zunächst vorgesehenen Maßnahme nicht bestmöglich gefördert werden konnten. Der Bundesregierung liegen keine Untersuchungsergebnisse darüber vor, aus welchen Gründen der weitere Verbleib in der Maßnahme oder der Wechsel in eine andere berufsvorbereitende Maßnahme von den Arbeitsämtern im Einzelfall als arbeitsmarktpolitisch zweckmäßig angesehen wurde. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höpfinger auf die Frage des Abgeordneten Müller (Wesseling) (CDU/CSU) (Drucksache 10/5456 Frage 115): Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen Studenten die studentische Krankenversicherung mißbräuchlich benutzen, und wenn ja, wie hoch ist die Zahl dieser Fälle? Der Bundesregierung sind Presseberichte bekannt, nach denen vollerwerbstätige Personen als Studenten bei Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert werden. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat das Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde der in diesen Berichten genannten Ersatzkassen um Überprüfung gebeten. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 16811* Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen der Abgeordneten Frau Will-Feld (CDU/CSU) (Drucksache 10/5456 Fragen 116 und 117): Trifft es zu, daß in der beabsichtigten Schutzbereichsanordnung um die NATO-Verteidigungsanlage bei Hasselbach die Festsetzung eines blau begrenzten Schutzbereichs aus der Anordnung von 1974 entfällt, und kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, warum die rot und grün umgrenzten Gebiete der Schutzbereichsanordnung für die ehemalige NIKE-Stellung weitergefaßt waren als die neuen Festsetzungen für die NATO-Verteidigungsanlage bei Hasselbach? Ist der Bundesregierung bekannt, daß in der Schutzbereichsanordnung um die NATO-Verteidigungsanlage bei Hasselbach der orange Schutzbereich erweitert worden ist, der in der Anordnung von 1974 nicht enthalten war, und kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, warum der grün gekennzeichnete Schutzbereich der NATO-Verteidigungsanlage bei Hasselbach im Vergleich zur Anordnung von 1974 verkleinert und in seiner Ausdehnung in südöstliche Richtung verschoben wurde? Zu Frage 116: Es trifft zu, daß die Festsetzung eines blau begrenzten Schutzbereiches nicht mehr enthalten ist. Nach den damaligen Bestimmungen mußte der Schutzbereich für die NIKE-Anlage umfangreicher festgesetzt werden als es für die neue Anlage erforderlich ist. Die Radien der Schutzabstandszonen zeigt folgende Übersicht: alt neu Schutzabstandszone blau 425 m 285 m Schutzabstandszone rot 625 m 450 m Schutzabstandszone grün 1 150 m 850 m Alt: Blau und Rot außerhalb militärischer Anlage Neu: Blau und Rot innerhalb militärischer Anlage. Bei der Festlegung der Schutzabstandszonen ist grundsätzlich von der geplanten Belegung der Anlage auszugehen. Maßgebend für die Festlegung des Schutzbereiches und der Schutzabstandszonen sind die Schutzabstandsbestimmungen für den Umgang mit Munition vom März 1980 nach der Zentralen Dienstvorschrift 34/230 (ZDv 34/230). Die Verkleinerung des geplanten Schutzbereiches der Verteidigungsanlage Wüschheim im Vergleich zur ehemaligen NIKE-Anlage ergibt sich aus der andersartigen Belegung der Anlage (Art der Munition sowie räumliche Anordnung) sowie aus den neuen munitionssicherheitstechnischen Bestimmungen der ZDv 34/230. Zu Frage 117: Die orange gekennzeichnete Schutzabstandszone wurde erforderlich wegen der fernmeldetechnischen Unterschiede zwischen den Einrichtungen der ehemaligen NIKE- und der neuen Anlage. Die Einschränkung in diesem Gebiet besteht jedoch lediglich in der Genehmigungspflicht für neue elektrische Freileitungen. Bezüglich der Verkleinerung des grün gekennzeichneten Schutzbereichs verweise ich auf meine Antwort zu Frage 1. Die Verschiebung in süd-ostwärtiger Richtung ergibt sich aus einer gegenüber früher geänderten räumlichen Anordnung der NATO-Verteidigungsanlage. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Klejdzinski (SPD) (Drucksache 10/5456 Fragen 118 und 119): Da die Bundesregierung per Erlaß geregelt hat, daß Wehrpflichtige, die dem Wehrdienst fernbleiben, ihn eigenmächtig verlassen haben oder sich weigern, ihren Dienst zu verrichten — auch wenn sie deswegen zu Freiheitsstrafen, Strafar- - rest oder Jugendstrafe verurteilt worden sind —, nicht nach § 29 Abs. 1, Nr. 6 oder Abs. 4 Nr. 2 WPflG entlassen werden, sofern die Verurteilung insgesamt weniger als ein Jahr beträgt, frage ich die Bundesregierung, ob sie davon ausgeht, daß es sinnvoll ist, einen Wehrpflichtigen erst dann zu entlassen, wenn er auf Grund der Wiederholung mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mehr verurteilt ist? Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die Fragen der wiederholten Verurteilung und die damit verbundene Problematik, Wehrpflicht zu leisten oder das Recht auf Kriegsdienstverweigerung geltend zu machen, in erster Linie politisch zu lösen sind und nicht, wie geschehen, per Erlaß, so daß die ordentliche Gerichtsbarkeit durch die unausweichliche, wiederholte Verurteilung bei gleicher Fall-Lage sich als disziplinierende Instanz eingeplant fühlen muß? Zu Frage 118: Der von Ihnen zitierte Erlaß BMVg — P II 7 — Az.: 24-09-10 vom 12. Dezember 1983 dient der Durchsetzung der allgemeinen Wehrpflicht und bietet die Grundlage für eine einheitliche Rechtshandhabung der Entlassung von Grundwehrdienstleistenden, die Straftaten — insbesondere Wehrstraftaten — begangen haben. Es widerspräche der gesetzlichen Wehrpflicht, wenn sich die Bundeswehr durch vorzeitige Entlassung unbequemer Wehrpflichtiger vorschnell entledigte, bevor mit Sicherheit feststeht, daß sich diese Soldaten nicht doch noch durch strafrechtliche Sanktionen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflicht anhalten lassen. Als Voraussetzung einer vorzeitigen Entlassung muß deshalb ein entsprechender Maßstab festgesetzt werden, der auch die Rechtsprechung der Strafgerichte berücksichtigt. Dem wird nach Auffassung der Bundesregierung durch den genannten Erlaß im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessens und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes voll Rechnung getragen. Zu Frage 119: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß das von Ihnen angesprochene Problem einer politischen Lösung nicht bedarf, weil der Gesetzgeber sowohl das Verfahren auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer als auch die Behandlung der Wehrpflichtigen, die den Wehrdienst unberechtigt verweigern, abschließend geregelt hat. Die Regelungen schließen. das Recht der Bundesregierung zur Ermessensausübung ein, die durch den o. g. Erlaß aus Gründen einer einheitlichen Rechtshandhabung einer Selbstbindung unterworfen wurde. Die Bundesregierung teilt Ihre Auffassung nicht, daß „die ordentliche Gerichtsbarkeit durch die un- 16812* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 ausweichliche, wiederholte Verurteilung bei gleicher Fall-Lage sich als disziplinierende Instanz eingeplant fühlen muß". Abgesehen davon, daß eine Verurteilung, erst recht eine wiederholte, nicht unausweichlich ist, wenn der Soldat sich rechtstreu verhält, ist der o. g. bundeswehrinterne Erlaß den Gerichten amtlich nicht zur Kenntnis gebracht worden. Selbst wenn die Gerichte — auf welchem Wege auch immer — hiervon Kenntnis erhalten, ist schlechterdings nicht vorstellbar, daß sie sich in ihrer unabhängigen Urteilsfindung und Strafmaß von einem behördeninternen Erlaß leiten ließen. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Dr. de With (SPD) (Drucksache 10/5456 Fragen 120 und 121): Hält die Bundesregierung Äußerungen von Ausbildern der Bundeswehr gegenüber Rekruten, wie z. B.: „Wer beim Marschieren zusammenklappt, wird liegengelassen. Fallobst hebt man schließlich auch nicht auf.", für vereinbar mit den Grundsätzen der inneren Führung? Welche Maßnahmen hat der Bundesminister der Verteidigung ergriffen, um entsprechende diffamierende Außerungen von Ausbildern gegenüber Rekruten zu unterbinden? Zu Frage 120: Der Bundesminister der Verteidigung unterstreicht mit Nachdruck, daß unterschiedslos für alle Vorgesetzten der Bundeswehr im täglichen Dienst und in den zwischenmenschlichen Beziehungen zu ihren Untergebenen das ständige, unverzichtbare Gebot zu menschenwürdiger Behandlung, menschlicher Zuwendung und persönlicher Achtung besteht. Eine Äußerung, wie sie in der Frage gegeben wird, verstößt eindeutig gegen dieses Gebot und ist mit den Grundsätzen der Inneren Führung nicht vereinbar. Im vorliegenden Fall wird bereits durch die zuständigen Disziplinarvorgesetzten im Hinblick auf eine disziplinare Würdigung ermittelt. Zu Frage 121: Der Bundesminister der Verteidigung mißt die Befähigung aller Vorgesetzten zu sachgerechter und zeitgemäßer Menschenführung höchste Bedeutung bei. Die entsprechenden Grundlagen und Grundsätze, die selbstverständlich auch diffamierende Äußerungen jeder Art von Vorgesetzten gegenüber Untergebenen verbieten, sind in Gesetzen, Vorschriften, Ausbildungsmaterialien und Weisungen umfassend dargestellt. Personalauswahl, Ausbildung, Erziehung und Dienstaufsicht sind darauf ausgerichtet, daß alle Vorgesetzten ihre Untergebenen menschenwürdig behandeln. Dieses Bemühen ist weitestgehend erfolgreich. Für dennoch vereinzelt vorkommende Verstöße gibt es keine Entschuldigung. Sie werden nicht nur geahndet, sondern auch in Hinweisen und Ausbildungsmaterialien für die Truppe ausgewertet, um die Menschenführung fortlaufend noch weiter zu verbessern. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Pauli (SPD) (Drucksache 10/5456 Fragen 122 und 123): Ist die Bundesregierung bereit, dem Hauptabteilungsleiter Rüstung Rechtsschutz in dessen Bemühungen zu gewähren, um gegen Veröffentlichungen vorzugehen, in denen der Hauptabteilungsleiter Rüstung mit Straftaten in Verbindung gebracht wird, und wenn ja, welche Gründe sind hierbei für die Bundesregierung maßgebend? Wie beurteilt die Bundesregierung den Umstand, daß sich der Hauptabteilungsleiter Rüstung darum bemüht, einstweilige Verfügungen ausschließlich gegen Publikationsorgane zu erwirken, die nicht oder kaum in der Lage sind, die angedrohten 500 000 DM Ordnungsgeld aufzubringen, während Rundfunkanstalten, die gleiches behaupten, unbehelligt bleiben, und wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den Umstand, daß nun eine weitere ARD-Rundfunkanstalt einen weiteren vergleichbaren Rundfunkbeitrag aussenden will? Zu Frage 122: Die Bundesregierung ist aus Fürsorgegründen dazu bereit und wird sich dabei natürlich nach den entsprechenden Gesetzen und Verordnungen richten. Zu Frage 123: Die Höhe des Ordnungsgeldes hat das Landgericht München I, 9. Zivilkammer festgesetzt. Wir leben in einem freien Staat. Die Bundesregierung hat nicht die Aufgabe, zu beurteilen, was Rundfunkanstalten zu senden beabsichtigen. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Frage des Abgeordneten Kirschner (SPD) (Drucksache 10/5456 Frage 124): Kann die Bundesregierung eindeutig dementieren, daß im Zusammenhang mit der Bombardierung libyscher Städte durch US-amerikanische Bombenflugzeuge erhöhte Alarmbereitschaft bei den US-amerikanischen Truppen in der Bundesrepublik Deutschland befohlen war einschließlich der Raketentruppenteile an den drei Pershing-IIa-Standorten? Wie von amerikanischer Seite versichert wird, ist im Zusammenhang mit der militärischen Aktion der Vereinigten Staaten gegen Libyen keine erhöhte Alarmbereitschaft für in der Bundesrepublik Deutschland stationierte US-Streitkräfte befohlen worden. Die US-Kräfte befinden sich jedoch zur Zeit aufgrund der terroristischen Bedrohung im Hinblick auf Wach- und Sicherungskräfte in einem erhöhten Alarmzustand. Dies war auch zur Zeit der militärischen Aktion der Vereinigten Staaten gegen Libyen der Fall.
Gesamtes Protokol
Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021700000
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene Tagesordnung zu erweitern. Die Zusatzpunkte 9 bis 12, die Sie aus der Ihnen vorliegenden Zusatzpunktliste ersehen, sollen ohne Debatte beraten werden:
9. Beratung des Antrags der Abgeordneten Werner (Dierstorf), Rusche und der Fraktion DIE GRÜNEN
Unverzügliche Entschädigung des Naturkosthandels, der Bioläden, der Direktvermarkter und des Einzelhandels für die durch die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl entstandenen finanziellen Ausfälle
— Drucksache 10/5513 —
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend)

Haushaltsausschuß
10. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit, einschließlich in der Landwirtschaft, ausüben sowie über Mutterschutz — KOM (84) 57 endg. —
— Drucksachen 10/1404 Nr. 25, 10/5489 —
Berichterstatter: Abgeordneter Peter (Kassel)

11. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1364/75 über die Gründung einer Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen — KOM (86) 14 endg. -
— Drucksachen 10/5189 Nr. 28, 10/5490 —
Berichterstatter: Abgeordneter Pohlmann
12. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
— Chancengleichheit der Frauen — Mittelfristiges Programm der Gemeinschaft — KOM (85) 801 endg. —
— Drucksachen 10/5235, 10/5491 —
Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Dempwolf
Das Haus ist damit einverstanden. Dann ist das so beschlossen.
Es wird weiter vorgeschlagen, den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes — Drucksachen 10/5112 und 10/5258 — nachträglich dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Mitberatung zu überweisen. Mit Sicherheit gibt es keinen Widerspruch. — Es ist so beschlossen.
Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 20 auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung landwirtschaftlicher Unternehmer von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Sozialversicherungs- Beitragsentlastungsgesetz — SVBEG)

— Drucksache 10/5463 —
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend)

Finanzausschuß
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
Der Titel dieses Gesetzentwurfs auf Drucksache 10/5463 ist geändert worden. Er lautet jetzt so, wie im Text des Tagesordnungspunktes angeführt.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat sind für die Aussprache zwei Stunden vorgesehen. — Kein Widerspruch. Danke schön.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schartz.

Günther Schartz (CDU):
Rede ID: ID1021700100
Frau Präsident! Sehr geehrte Damen und meine Herren! Die Koalitionsfraktionen legen den Entwurf für ein Sozialversicherungs-Beitragsentlastungsgesetz vor. Ich will versuchen, dem Hohen Hause einige Gründe für diesen Gesetzentwurf vorzutragen. Es ist einmal die höhere Sozialkostenbelastung der deutschen Bauern im Vergleich zu den Bauern in den anderen Mitgliedstaaten der EG und zum anderen die höhere Sozialkostenbelastung der deutschen Bauern im Vergleich zu den übrigen Bevölkerungsgruppen in der Bundesrepublik Deutschland.



Schartz (Trier)

Meine Damen und Herren, Westeuropa ist in einem großen Wirtschaftsraum, der Europäischen Gemeinschaft, zusammengeschlossen. Dieser große Zusammenschluß hat nicht nur wirtschaftliche Bedeutung, er hat — ich glaube, darüber besteht Einigkeit — auch friedensstiftende und freiheitserhaltende Funktion. Ich persönlich bin fest davon überzeugt, daß in der letzten Konsequenz erst der Zusammenschluß der Völker in Westeuropa in der Lage ist, den Status unserer Länder als freie demokratische Staaten zu erhalten. Es kann also keine Diskussion darüber geben, ob der Zusammenschluß unserer Völker notwendig war. Er ist notwendig und muß erhalten bleiben. Frieden, Sicherheit, Freiheit und wirtschaftliches Wohlergehen wären ohne diesen Zusammenschluß nicht denkbar.
Ich nenne dieses wirtschaftliche Wohlergehen insbesondere für die Bundesrepublik Deutschland. Wir sind eine Industrienation. Knapp 50 % unserer industriellen und gewerblichen Exporte gehen in unsere europäischen Partnerländer. Unsere exportorientierte Industrie findet hier also riesige Absatzmärkte.
In diesem Zusammenhang stelle ich die Frage, wie es mit unserer Landwirtschaft aussieht, die ja wohl die Lasten dieser Einigung zu tragen hat. Sie ist ja der am stärksten integrierte Bereich in der Europäischen Gemeinschaft. Nach der Zielsetzung der europäischen Verträge von Rom sollte die Landwirtschaft der Vorreiter für eine allgemeine Integration sein. Es sollte bald eine weitere Integration der gesamten Wirtschaft zu einer Wirtschafts- und Währungsunion erfolgen. Heute können wir nur feststellen: Nach so langer Zeit ist dieses politische Ziel nicht erreicht.

(Eigen [CDU/CSU]: Leider sehr richtig!)

Dies ist im Kern die Ursache für die Unruhe in der deutschen Landwirtschaft und für ihre wirtschaftliche Situation.
Lassen Sie mich Ihnen einige Grundraster der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik vortragen.
Die damals in Rom begründete europäische Agrarpolitik ging von dem Prinzip der Bedarfsdekkung aus. Das war auch notwendig in einer Zeit, in der die Eigenproduktion an Nahrungsmitteln in Westeuropa in allen wesentlichen Bereichen den Bedarf nicht gedeckt hat. Ich sage es noch einmal: Die gemeinsame Agrarpolitik ging von der Nichtdeckung des eigenen Bedarfs aus, nicht von der Überproduktion. Es ist der tragische Fehler der europäischen Politik, daß man versäumt hat, die agrarpolitischen Weichen rechtzeitig zu stellen. Dies hätte spätestens Ende der 70er Jahre geschehen müssen.

(Dr. Vogel [SPD]: Ach Gott!)

Ein weiterer Pfeiler der europäischen Agrarpolitik ist die Gemeinschaftspräferenz, der Vorrang der eigenen Produktion gegenüber Einfuhren aus aller Welt. Auch dieser Vorrang ist zurückgedrängt worden. Ich nenne Beispiele dafür: die Einfuhr von Zucker aus AKP-Ländern, obwohl wir selber mehr Zucker produzieren, als wir brauchen; die Einfuhr von Butter aus Neuseeland, obwohl wir selber mehr Butter produzieren, als wir brauchen; die Einfuhr von Futtermitteln aus den Vereinigten Staaten, obwohl wir selber mehr Futtermittel produzieren, als wir brauchen. Und heute morgen sind wir wohl alle durch die Ankündigung in der Presse überrascht worden, daß die Vereinigten Staaten Importbeschränkungen für Agrargüter aus der_ Europäischen Gemeinschaft beschlossen haben, die am 19. Mai wirksam werden. Hier sieht man das Spannungsverhältnis auf den Agrarmärkten. Wenn ich höre, daß gerade europäischer Weißwein von diesen Importbeschränkungen betroffen ist, habe ich Sorge um die Lage der deutschen Winzer, die eh nicht besonders gut ist.
Ich wollte mit diesen Bemerkungen deutlich machen, daß die Landwirtschaft ein Vehikel für die freien Wirtschaftsbeziehungen zugunsten der industriell-gewerblichen Produktion geworden ist.

(Hornung [CDU/CSU]: So ist es!)

Ich füge ein Drittes an; das ist der eigentliche Punkt für die Begründung dieses Gesetzes. Weil wir in Europa unterschiedliche Inflationsraten und unterschiedliche Lebenshaltungskosten haben, führen gemeinsame und gleiche Agrarpreise bei unterschiedlichen Kosten in den einzelnen Mitgliedstaaten zu unterschiedlichen Einkommen in der Europäischen Gemeinschaft.

(Eigen [CDU/CSU]: So ist es!)

Weil wir deutschen Bauern höhere Kosten als unsere europäischen Kollegen zu tragen haben, sind die Einkommen der deutschen Bauern an die zweitletzte Stelle in der EG abgerutscht. Sie sind auf einem Niveau wie 1975.
Die hohen Kosten sind nicht allein auf Produktionskosten oder gestiegene Löhne zurückzuführen, sondern es sind vor allem Sozialkostenbeiträge und die hohen allgemeinen und kommunalen Abgaben. Sie belasten die deutschen Bauern weit stärker als die Bauern in den anderen Staaten der EG. Die Abgaben sind einfach zu hoch, und die Preise stimmen nicht. Das ist — auf einen Satz gebracht — die Situation der deutschen Bauern. Diese Schere droht weiter zuzuschnappen und den deutschen Bauern den Lebensfaden abzuschneiden. Dies ist die Tragik in der politischen Diskussion. Es ist eine bittere und nicht wegzuleugnende Tatsache, daß in einem der führenden Industriestaaten der Welt, in einem Land, wo die Einkommen mit an der Spitze der gesamten Welt liegen, die Bauerneinkommen weit abgeschlagen sind und die Situation in den landwirtschaftlichen Familienbetrieben absolut unbefriedigend ist.
All denen, die glauben, diese Situation könne man über eine Strukturveränderung nachhaltig bessern, sage ich: Die Landwirtschaft ist ein Wirtschaftsbereich, und strukturelle Veränderungen werden auch von ihr in Kauf genommen werden müssen. Aber die Walze der europäischen Agrarpolitik und der Nichtintegration der gesamten EG-Agrarpolitik und der gesamten EG-Politik wird immer wieder einen anderen Bereich der landwirtschaftlichen Betriebe zermalmen, wenn wir, die Bundesrepublik Deutsch-



Schartz (Trier)

land, nicht alle Möglichkeiten nutzen, unsere Bauern auch von hohen Kosten zu entlasten.
Meine Damen und Herren, damit wäre ich bei einem weiteren Punkt meiner Begründung, bei der Höhe der Sozialkosten der deutschen Bauern im Vergleich zu den übrigen Bürgern in der Bundesrepublik Deutschland. Wir wissen alle, daß der deutsche Arbeitnehmer, die größte Bevölkerungsgruppe in unserem Lande, rund 18 % seines Bruttogehaltes und Bruttolohnes als Sozialbeiträge zu zahlen hat. Demgegenüber zahlen die deutschen Bauern zwischen 13 % und 32 %— in den Vater-Sohn-Betrieben manchmal mehr als 40 % — ihres Einkommens an sozialen Beiträgen.
Hier muß von uns eine gezielte Entlastung beschlossen werden. Wohlgemerkt: Es geistert in der Presse immer wieder das Wort „Reimeinkommen" oder, wie es im Agrarbericht fälschlicherweise heißt, das Wort „Gewinn" durch die Diskussion. Wenn man aber bedenkt, daß in diesem Reineinkommen oder Gewinn, wie der Agrarbericht es nennt, die betrieblichen Steuern, die Sozialabgaben, die kommunalen Abgaben, die Altenteilsleistungen, die Aufwendungen für Abfindungen und vieles andere mehr — übrigens auch noch die Nettoinvestitionen des Betriebes zur Erhaltung des eigenen Arbeitsplatzes —

(Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

enthalten sind, dann wird deutlich, daß der Begriff „Gewinn" falsch ist. Meine Bitte ist, auch an die Bundesregierung, in dem nächsten Agrarbericht einen anderen Begriff dafür zu finden.
Ich will es deutlich machen: Von diesem sogenannten Gewinn bleiben beispielsweise in einem Haupterwerbsbetrieb mit 33 000 DM Gewinn nach Abzug von 2 097 DM privaten Steuern, nach Abzug von 6 025 DM für Nettoinvestitionen, nach Abzug von 2 069 DM für bare und unbare Altenteilsleistung, nach Abzug von 4 691 DM für Alterskasse und Krankenkasse für den Lebensunterhalt einer Familie weniger -als 1 500 DM im Monat übrig. Dabei gibt es kein 13. Monatsgehalt und kein Urlaubsgeld. Dabei besteht die bäuerliche Familie im Durchschnitt aus 4,3 Personen. In den nichtlandwirtschaftlichen Haushalten dagegen brauchen nur 2,4 Personen versorgt zu werden.
Angesichts dieser Situation — die Bauern haben zu wenig Geld, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten — ist eine Entlastung dringend notwendig. Genau dies sieht der Gesetzentwurf vor, nämlich eine schnell wirksame Hilfe zur Entlastung einkommenschwacher, vor allem klein- und mittelbäuerlicher Betriebe.
Ich will aber ausdrücklich sagen, daß diese Hilfe eine grundlegende Reform der agrarsozialen Sicherungssysteme nicht ausschließen kann. Ich bin der Meinung, dieses Hohe Haus und die Bundesregierung sollten in überschaubarer Zeit eine Neukonzeption der agrarsozialen Sicherungssysteme einleiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Gesetz ist auch notwendig, um den sozialen Frieden in unserem Lande zu sichern.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Unruhe der Bauern ist verständlich, wenn der Einkommensabstand zwischen dem landwirtschaftlichen Einkommen und dem nichtlandwirtschaftlichen Einkommen über 20 und mehr Jahre zwischen 30 % und 40 % beträgt. Wenn wir dies nicht ändern, dann wird es zu einem Austrocknungseffekt in der deutschen Landwirtschaft kommen, dann wird die landwirtschaftliche Jugend nicht mehr bereit sein, ihr Leben in einem Beruf aufzubauen, in dem die Verdienstmöglichkeiten geringer sind und das Risiko größer ist als in anderen Bereichen.
Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, dürfen wir nicht hinnehmen, das darf nicht unser Ziel sein. Deutschland braucht Bauern. Deutschland braucht Bauern nicht nur wegen der Pflege der Landschaft, Deutschland braucht Bauern nicht nur wegen der Struktur der Gesellschaft, Deutschland braucht Bauern nicht nur wegen der Besiedlung der ländlichen Räume, sondern Deutschland — die letzten Tage haben es deutlich gemacht — braucht wohl auch Bauern, die die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit sauberen, mit unbedenklichen Lebensmitteln sicherstellen. Die Erfahrungen aus dem Reaktorunglück in Tschernobyl zeigen doch, daß es nirgends in der Welt so strenge gesundheitliche Vorschriften für Nahrungsmittel gibt wie hier bei uns.

(Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Wir brauchen Bauern, die investieren können!)

Dies ist gut und eine Voraussetzung dafür, daß alle Bürger in unserem Lande erkennen, daß wir eine deutsche Landwirtschaft brauchen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wer also saubere, wer gesundheitlich unbedenkliche Lebensmittel will, der muß deutsche Erzeugnisse konsumieren, der muß die deutschen Produzenten, die deutschen Bauern erhalten.
Noch wenige Worte zu dem Gesetzentwurf. Der Bund stellt — das begrüßen wir sehr — 450 Millionen DM für die Entlastung der bäuerlichen Familienbetriebe zur Verfügung. Es sollen 313 000 Unternehmer und 41 500 mithelfende Familienangehörige entlastet werden. Die kleineren Haupterwerbsbetriebe sollen einen Zuschuß erhalten, der rund 50 % ihrer Sozialbeiträge abdeckt. Die Stufung der Entlastungsbeträge soll sich zwischen 2 000 und 1 000 DM bei den größeren Betrieben bewegen. Betriebe mit einem Wirtschaftswert über 40 000 DM, die der steuerlichen Buchführung unterliegen, sollen ihre Einkommensverhältnisse durch Bescheinigungen des Finanzamtes nachweisen müssen. Wir wollen also abgrenzen, damit nicht diejenigen einen Zuschuß erhalten, die seiner nicht bedürfen.
Aber ich sage ganz ausdrücklich: Diese 36 000 DM sind eine Grenze, die, stellt man sie in den Zusammenhang mit den Zahlen, die ich eben genannt habe, für meine Begriffe doch recht niedrig ist. Die



Schartz (Trier)

CDU/CSU-Fraktion wird im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens prüfen,

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

ob nicht eine Heraufsetzung dieses Betrages möglich ist. Daß das nicht leicht ist, wissen wir alle. Die Finanzlage des Bundes ist durch die Fehler der SPD-geführten Bundesregierung so desolat — —

(Widerspruch bei der SPD)

— Wenn Sie das bestreiten wollen, dann können Sie auch bestreiten, daß draußen heller Tag ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben dieser Regierung doch eine Schuldenlast von 450 Milliarden DM übergeben.

(Oostergetelo [SPD]: Herr Kollege, Sie sind doch schon aufgestellt!)

— Lassen Sie mich das sagen, weil mich das ärgert, Herr Kollege Oostergetelo: Wenn wir nur die Zinsen, die wir pro Tag für die von Ihnen aufgenommenen Schulden zahlen müssen, nämlich 80 Millionen DM, verwenden könnten, um die Bauern zusätzlich zu entlasten, wäre der soziale Frieden in der Landwirtschaft sichergestellt.

(Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD)

Sie sind also letztendlich schuld daran, daß wir das nicht können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Gesetz entlastet gezielt auch die Vater-Sohn-Betriebe. Dieses Gesetz ist ein gutes Gesetz. Es wird der Bedürfnislage der deutschen Bauern gerecht. Die kleineren Bauern mit ihren hohen Belastungen erhalten eine Entlastung durch zusätzliche Bundesmittel. Die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP werden dieses Gesetz in den Ausschüssen so zügig beraten, daß die Bauern in Bälde auch in den Genuß dieser Gelder kommen werden.
Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021700200
Das Wort hat der Abgeordnete Pfuhl.

Albert Pfuhl (SPD):
Rede ID: ID1021700300
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Kollege Schartz, wenn man einen Hund prügeln will, findet man auch einen Stock. Der berühmte Hund ist für Sie dann immer die sogenannte Verschuldung der sozialliberalen Koalition.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist keine sogenannte Verschuldung!)

Ich würde es mir nicht so einfach machen, in dieser Form Politik für die Bauern zu begründen. Ich hielte mich mehr an das, was Sie zuerst gesagt haben, nämlich daß Wunsch und Wirklichkeit in der Politik der Europäischen Gemeinschaft so weit auseinandergehen, daß das politische Ziel nicht erreicht worden ist.
Aber Sie müssen sich dann auch einmal fragen: Was hat denn diese Bundesregierung, was hat denn dieser Bundeslandwirtschaftsminister getan, um bessere Verhältnisse zu schaffen?

(Dr. Langner [CDU/CSU]: Eine ganze Menge! — Sehr viel!)

— Was sind wir doch alle für schöne Europäer, wenn wir uns hier hinstellen und verkünden, wir müßten nur deutsche Ware essen. Die Engländer verkünden: Buy British! Die Amerikaner verkünden, man müsse ihre eigene Ware essen. Die Franzosen werden nächstens verkünden, daß wir in der nouvelle cuisine nur noch französische Ware verarbeiten dürfen. So wird dann jeder seine eigene nationale Suppe kochen. Dabei vergessen wir, daß wir im Grunde angetreten sind, ein gemeinsames Europa zu schaffen, das in dieser Welt eine Wirtschaftsmacht darstellen soll.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Das, glaube ich, sollten wir doch einmal erkennen.
Ich frage mich, woher Sie den Mut nehmen, sich wieder auf eine Renationalisierung zu stürzen, obgleich wir wissen, daß wir damit auch nicht weiterkommen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

— Hören Sie sich doch einmal die Töne an! Der Kollege Eigen hat sich in der Vergangenheit ebenfalls in dieser Richtung ausgelassen.
Aber, meine Damen und Herren, als wir vor drei Wochen an dieser Stelle die Bilanz der verfehlten Agrarpolitik dieser Regierung gezogen haben, war das ein Tag vor der großen Niederlage, die unserem Minister in Brüssel beigebracht wurde. Ihm blieb damals nur noch eine Galgenfrist von 24 Stunden, und dann entschieden sich alle anderen europäischen Agrarminister gegen den deutschen Landwirtschaftsminister.

(Eigen [CDU/CSU]: Für Preissenkungen! Deswegen mußte er dagegen sein!)

Das Scheitern der agrarpolitischen Zielvorstellungen dieser Bundesregierung war damals jedermann offenkundig. Jeder von uns — auch Sie — wußte ganz genau, daß der Landwirtschaftsminister aus Brüssel nicht mehr würde nach Hause bringen können, als ihm schon vorher konzediert worden war. Trotzdem haben Sie so getan— aus wahlkampftaktischen Gründen —, als ob noch etwas zu retten gewesen wäre. Dabei wußte jeder von Ihnen, daß er hier mit abgeschnittenen Ohren wieder erscheinen würde. Und heute sitzt er da.

(Heiterkeit)

Heute müssen wir nun über den nationalen Ausgleich der Schäden diskutieren, welche diese Bundesregierung — nicht allein der Landwirtschaftsminister — schuldhaft verursacht hat.
Ich habe vor einigen Tagen im „Bayernkurier" einen Artikel gelesen, der von unserem Landwirtschaftsminister verfaßt worden ist und der die Überschrift trägt: „Verhandeln ist besser als ein Veto". Mit diesem Artikel hat Ignaz Kiechle das Scheitern seiner Veto-Politik des letzten Jahres ein-



Pfuhl.
gestanden. Eine überraschende Einsicht, wenn man bedenkt, mit welchen Beschimpfungen Sie über uns hergefallen sind, als wir seinerzeit dieses Veto kritisiert haben.

(Eigen [CDU/CSU]: Mit Recht!)

Wissen Sie, verehrter Herr Minister, wenn ich einmal die Zeit dazu habe, werde ich ein Schwarzbuch verfassen

(Eigen [CDU/CSU]: Ein Rotbuch!)

und all die Äußerungen und all die Forderungen von Ihnen aus der Oppositionszeit dem gegenüberstellen, was Sie heute getan haben bzw. nicht tun konnten. Wenn Sie einmal ein solches Schwarzbuch zusammenstellen, werden Sie sich wundern, wie weit der Schein, den Sie damals aufgebaut haben, und die Wirklichkeit heute auseinanderklaffen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Heute hat sich dieser Ignaz Kiechle zu einem Paulus Kiechle gewandelt. Wir begrüßen diese Einsicht. Meiner Meinung nach kommt sie jedoch zu spät. Denn das zerschlagene europäische politische Porzellan ist so schnell nicht zu kitten. Die Stimmung der anderen Mitgliedstaaten und vor allem der EG-Kommission gegen diese Bundesregierung in diesen Fragen ist so leicht nicht mehr zu korrigieren.

(Eigen [CDU/CSU]: Wollen Sie damit sagen, daß er Preissenkungen mitbeschließen sollte?)

Die katastrophale Abstimmungsniederlage der Bundesregierung im EG-Ministerrat ist die unmittelbare Folge des Getreidevetos gewesen.

(Beifall bei der SPD — Eigen [CDU/CSU]: Völliger Unsinn! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Die Europäische Kommission und auch die Minister der anderen Mitgliedstaaten haben nämlich die deutsche Delegation von vornherein systematisch isoliert und auf diese Weise zielstrebig auf deren Abstimmungsniederlage hingearbeitet. Die Bundesregierung, d. h. Herr Kiechle und der Finanzminister, der heute nicht anwesend ist, obwohl es um sein Geld geht, das ausgegeben werden soll, ist in die von der Kommission gestellte Falle hineingetappt.

(Eigen [CDU/CSU]: Das ist nicht sein Geld, das ist das Geld des deutschen Volkes!)

Sie haben es den Partnern sehr leicht gemacht. Da sind zunächst die Ankündigungen zu nationalen Hilfsaktionen für die deutsche Landwirtschaft, an denen sich sowohl der Landwirtschaftsminister als auch der damals in Schleswig-Holstein wahlkämpfende Finanzminister beteiligt haben. Da ist der in der Agrarpolitik ungeübte Herr Stoltenberg zu kritisieren,

(Zuruf von der CDU/CSU: Das müßt ihr gerade sagen, lieber Freund!)

der bei der Währungsanpassung im Europäischen Währungssystem die deutschen Bauern leichtfertig vergessen hat. Mit diesen gravierenden Fehlleistungen hat sich diese Bundesregierung schon lange vor
der Abstimmungsniederlage aus den diesjährigen Preisverhandlungen endgültig abgemeldet.

(Hornung [CDU/CSU]: Das ist doch nicht wahr!)

Sagen Sie, Herr Minister: Fühlen Sie sich eigentlich noch wohl in Ihrer Haut?

(Zurufe von der SPD: Nein!)

Fühlen Sie sich unter diesen Bedingungen noch wohl in Ihrer Haut?

(Abg. Brunner [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Der Kollege Brunner möchte eine Zwischenfrage stellen. Ich gestatte sie. Frau Präsidentin, Entschuldigung.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021700400
Herzlichen Dank dafür, daß Sie das gleich mit übernehmen. — Bitte schön.

Josef Adalbert Brunner (CSU):
Rede ID: ID1021700500
Herr Kollege Pfuhl, betrachten Sie es als eine Fehlleistung, wenn unser Bundeslandwirtschaftsminister für unsere Landwirtschaft kostengerechte Preise fordert?

Albert Pfuhl (SPD):
Rede ID: ID1021700600
Herr Kollege Brunner, wenn der Bundeslandwirtschaftsminister diese Forderung in der Erkenntnis, daß er sie nicht durchsetzen kann, bis zuletzt vertritt, um dann hier zu erscheinen und zu sagen „Ich habe gekämpft, aber verloren", ohne anderwärts bessere Bedingungen herauszuholen, muß ich dies kritisieren.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, während die Landwirte in den anderen Mitgliedstaaten, ausgenommen die Niederlande, nationale Preisanhebungen zwischen 2 und 17 % erhielten, gingen die deutschen Landwirte leer aus.

(Zuruf von der CDU/CSU: Und die Inflationsrate?)

Dies wird in überschaubarer Zukunft auch so bleiben.

(Eigen [CDU/CSU]: Und dann soll Kiechle mit abstimmen?)

— Verehrter Herr Kollegen Eigen, Ursache und Wirkung sind schwer auseinanderzuhalten, aber darum sollten Sie sich einmal bemühen.

(Eigen [CDU/CSU]: Ich kann das schon!)

Angesichts dieser Situation mußten die Ankündigungen und Forderungen des deutschen Landwirtschaftsministers sehr hohl und auch unseriös wirken. Keines seiner Versprechen konnte er halten.
Da war einmal die Zusage, daß es in diesem Jahr nicht erneut nominale Preissenkungen bei Getreide geben sollte. Das Resultat: Bei Futtergetreide wurde das Stützungsniveau um 5 %, bei Roggen sogar um fast 6 %, nämlich genau um 5,9 %, heruntergesetzt. Die Interventionsbedingungen wurden erschwert, wodurch insbesondere die deutschen Landwirte getroffen werden.



Pfuhl
Rechnet man einmal all diese restriktiven Maßnahmen im Getreidesektor zusammen, so kommt man unschwer auf Erlöseinbußen von etwa 10 % für die deutsche Landwirtschaft. Da nützt es wenig, wenn man den Bauern weismacht, daß es noch schlimmer hätte kommen können. Natürlich, wenn der Kopf ab ist, kann man ihn nicht mehr unter dem Arm tragen.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, am Ende des Wirtschaftsjahres könnten 600 Millionen DM in der Kasse fehlen. Damit rede ich — dies richte ich an den Parlamentarischen Staatssekretär — nicht, wie Herr von Geldern meint, die Preise herunter. Diese Preissenkungen sind vom Rat beschlossen. Man erinnere sich: Wegen lächerlicher 50 Millionen wurde im letzten Jahr das nutzlose Getreide-Veto eingelegt.

(Zuruf von der SPD: Das ist wahr!) Das ist der Unterschied,


(Dr. Vogel [SPD]: Ja, sie sind vergeßlich!)

der Unterschied zwischen dem, was geschehen mußte, dem, was geschehen ist, und dem, was uns heute als Ergebnis praktisch auf den Rücken gebunden worden ist.
Vor diesem Hintergrund ist es auch völlig unerklärlich, wie der Minister und sein Staatssekretär von Preiseinbußen von nur 3,5 % sprechen können. Allein die Mitverantwortungsabgabe kostet 3 %, und die Senkung des Feuchtigkeitsgehalts macht mindestens noch einmal 2 bis 3 % aus, so daß wir schon damit auf über 5 % kommen.
Bei den quotierten Produkten Milch und Zucker hat Herr Kiechle den Bauern Preisanhebungen versprochen. Das Resultat: Mit Mühe und Not konnten Preissenkungen verhindert werden; die Preise wurden eingefroren. Dieses Einfrieren der Preise bei Quotenprodukten aber sollte auch dem naivsten Anhänger von Mengenregulierungen deutlich machen, daß bei Überschußsituationen Quotenregelungen keine Garantie für Preisanhebungen sein können.

(Immer [Altenkirchen] [SPD]: Sehr richtig! — Widerspruch bei der CDU/CSU — Stockhausen [CDU/CSU]: Ihr wolltet doch Preissenkungen haben!)

— Herr Kollege Stockhausen, ich gebe Ihnen nachher noch lange Gelegenheit, hier an dieser Stelle Ihre Meinung zu vertreten. Lassen Sie mich jetzt bitte weiterreden.
Das von Herrn Kiechle 1984 durchgesetzte neue System des Währungsausgleichs hat sich gegen die deutsche Landwirtschaft gewendet. Preisanhebungen allein für die Partnerländer sind — ich habe es bereits erwähnt — die Folge.
Eine weitere Folge ist, daß der deutsche Verzicht auf positive Währungsausgleichsbeträge die Mitgliedstaaten überhaupt erst zu wesentlich weitergehenden Forderungen ermuntert hat. So konnte sich Frankreich mit seinem Anliegen, den negativen Grenzausgleich für Getreideveredelungserzeugnisse zeitweilig auszusetzen, durchsetzen. Damit wurde erstmalig auf die Anwendung erheblicher bestehender Währungsausgleichsbeträge verzichtet. Dadurch ist allein bei Schweinefleisch ein Produktionswert von fast 12 Milliarden DM betroffen.
Mit diesem bösen Präjudiz wurde die Axt aber auch an die Wurzel des gesamten Systems gelegt. Wenn nämlich ausgeschlossen wird, daß in Zukunft nicht auch in anderen Warenbereichen Währungsausgleichsbeträge einfach nicht angewendet werden, wäre das der Anfang vom Ende der Wettbewerbsfähigkeit unserer Landwirtschaft. Ich will es bei diesen drei allerdings essentiellen Beispielen bewenden lassen.
Politisch bedeutsamer als eine Abstimmungsniederlage in Einzelfragen sind nach meiner Meinung drei Aspekte.
Erstens. Durch haltlose Versprechungen hat der Bundeslandwirtschaftsminister ein weiteres Mal das Vertrauen der Landwirtschaft getäuscht. Er tat dies bewußt, denn er kannte die Haltung der EG-Kommission und seiner Partner ganz genau aus den Vorbesprechungen.

(Hornung [CDU/CSU]: Dann brauchen wir doch gar nicht zu verhandeln!)

Er und die Bundesregierung mit ihm müssen dafür die Verantwortung tragen.
Zweitens. Die Konzeptionslosigkeit der Bundesregierung und ihr planloses Taktieren haben den anderen Mitgliedstaaten und auch der EG-Kommission die Isolierung der Bundesregierung und ihres Ministers sehr leicht gemacht.
Drittens. Die Agrarpolitik der Bundesregierung insgesamt ist gescheitert. Der Mehrheitsbeschluß von elf Partnerländern hat gezeigt, daß das uneinsichtige Beharren der Bundesregierung auf der Fortführung des bisherigen Agrarsystems keine Unterstützung findet. Auch der Bundesregierung sollte allmählich aufgegangen sein, daß ihre Agrarpolitik versagt hat. Was wir heute tun, ist im Grunde doch nur ein Ausbessern, eine Hilfestellung, weil in der eigentlichen Agrarpolitik diese Misere festzustellen ist.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Daß diese Agrarpolitik versagt hat, können Sie doch nicht bestreiten. Selbst der Kollege Schartz hat es eben angedeutet.
Wir brauchen daher eine Reform des bestehenden Systems. Hauptelement der agrarpolitischen Neuausrichtung — und das ist die Forderung der Sozialdemokraten — muß eine stärker marktorientierte Agrarpolitik sein,

(Eigen [CDU/CSU]: Was heißt das?)

die durch direkte produktionsneutrale Einkommenszahlungen flankiert wird.

(Eigen [CDU/CSU]: Wie hoch?)

— Nicht aber für Größenordnungen Ihrer Person, Ihrer Konfiguration, Herr Kollege.

(Eigen [CDU/CSU]: Albert, laß doch den Quatsch!)




Pfuhl
Wir reden hier von den Klein- und Mittelbauern, nicht von den ganz großen. Ich will hier nicht den „Stern" zitieren, das würde sich nicht gehören, aber, Herr Kollege Eigen, wer. im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wenn ich über direkte Einkommensleistungen rede, so erfordert das eine stärkere marktwirtschaftliche Orientierung auf die preispolitischen Gegebenheiten hin und eine Auflockerung der Interventionsmechanismen bei Überschußproduktionen, insbesondere durch Beschränkungen der Ankaufsverpflichtungen auf die Zeiträume saisonaler Überangebote. Zur Abfederung der durch die stärkere marktorientierte Agrarpolitik entstehenden Einkommensnachteile sollen direkte produktionsneutrale Einkommenszahlungen gewährt werden.

(Hornung [CDU/CSU]: Wer soll das bezahlen?)

Diese Hilfen können vielfältig ausgestaltet sein: zur Abgeltung von Leistungen der Landwirtschaft für die Erhaltung von Natur und Kulturlandschaft, zur Förderung der Extensivierung oder der Umwidmung landwirtschaftlicher Nutzflächen, um vor allem die Ziele der Existenzsicherung und des Natur- bzw. Gewässerschutzes zu verwirklichen,

(Hornung [CDU/CSU]: Herr Pfuhl, sagen Sie, was das kostet?)

zur Schaffung finanzieller Anreize zur freiwilligen Aufgabe der Berufstätigkeit älterer Landwirte, die ohne Hofnachfolger sind, wobei die frei werdenden Flächen vorrangig dem Naturschutz zur Verfügung gestellt werden sollten, und auch letztens zur Förderung von sogenannten Defizitprodukten.
Diese Neuorientierung bedeutet nicht Aufgabe der Preispolitik. Der gemeinsame Preis ist ebenso wie der gemeinsame Schutz an den Außengrenzen der EG unverzichtbar. Sie sind Voraussetzung für das Funktionieren eines gemeinsamen Agrarmarktes. Gestaffelte Preise sind da abzulehnen. Abzulehnen sind auch weitere administrative Eingriffe in den Agrarmarkt. Dazu gehören insbesondere weitere Quotenregelungen für Überschußprodukte.

(Dr. Vogel [SPD]: Diese Bewirtschaftungsfanatiker!)

— Ja. — Zu warnen ist schließlich vor dem Versuch,

(Dr. Vogel [SPD]: Eine Zwangswirtschaft nach der anderen!)

durch verstärkte Erzeugung nachwachsender Rohstoffe die Agrarkrise zu lösen.

(Dr. Vogel [SPD]: Marktfeinde!)

Ich glaube, diese Neuorientierung der Agrarpolitik kann nur im Rahmen der EG und nicht gegen sie verwirklicht werden. Wir Sozialdemokraten wenden uns daher mit Nachdruck gegen die sich verschärfende Tendenz zur Renationalisierung der Agrarpolitik.

(Hornung [CDU/CSU]: Es kann aber nicht so sein, daß der eine absahnt und der andere zahlen muß!)

Dieses realistische Reformkonzept ist im Gegensatz zu Ihrer Vorstellung unter den EG-Partnern konsensfähig. Dieses Reformkonzept macht die Agrarpolitik zumindest mittelfristig — das sehen wir ein — wieder finanzierbar. Zwar werden die Agrarmarktausgaben nicht schlagartig zurückgehen; der Abbau der gigantischen Lagerbestände und die Notwendigkeit zusätzlicher Einkommenshilfe werden vielmehr zu Beginn mehr Geld erfordern. Diese Mehrausgaben sind jedoch sinnvoll, da die marktwirtschaftlichere Ausrichtung dieser Politik mittelfristig zu Einsparungen führen muß, wo bisher durch undifferenzierte Pauschalregelungen ungeheure Summen sinnlos vergeudet wurden. Diese Aussicht auf eine Sanierung des Agrarsystems macht vorübergehende Mehrausgaben nicht nur politisch vertretbar, sondern sie sind auch dem Steuerzahler und Verbraucher gegenüber zu vertreten. Dies gilt um so mehr, als damit auch gleichzeitig die Erhaltung der ländlichen Kulturlandschaft gewährleistet wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021700700
Herr Abgeordneter, können Sie zum Ende kommen?

Albert Pfuhl (SPD):
Rede ID: ID1021700800
Sehr geehrte Frau Präsidentin, wir hatten uns an sich geeinigt, daß ich als erster so lange rede, bis ich fertig bin, und sich die Kollegen dann einschränken.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021700900
Wenn Ihre Kollegen damit einverstanden sind, so ist das gerne gestattet. Bitte sehr.

Albert Pfuhl (SPD):
Rede ID: ID1021701000
Wissen Sie, wir sind innerhalb der SPD-Fraktion nicht nur solidarisch, sondern auch konsensfähig.

(Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU — Dr. Langner [CDU/CSU]: Das ist ja was ganz Neues! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Meine Herren, bei uns tritt nicht jeder jedem gegen das Schienbein.
Meine Damen und Herren, diese Aussicht auf eine Sanierung des Agrarsystems macht also diese Mehrausgaben erforderlich. Wir Sozialdemokraten sehen im Gegensatz zu Ihnen die Landwirtschaft bei der Verwirklichung des Reformkonzepts nicht als Kostgänger des Staates.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Wir wollen vielmehr mit unserem Konzept den geänderten Aufgabenstellungen der Landwirtschaft besser Rechnung tragen, als es bisher geschehen ist.

(Hornung [CDU/CSU]: Und der Herr Roth?)




Pfuhl
— Ja, ja, Herr Kollege, ein getroffener Hund bellt.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Dazu gehört eben nicht die Produktion von Agrarerzeugnissen um — wortwörtlich — jeden Preis. Neben diese Aufgabe ist zumindest gleichwertig das Ziel der Erhaltung der Umwelt und der Kulturlandschaft getreten, dessen Verwirklichung von der Gesellschaft angemessen und gerecht abgegolten werden muß. Mit der sogenannten aktiven Preispolitik können jedenfalls bei der neuen Aufgabenstellung die Existenzen der bäuerlichen Familienbetriebe nicht gesichert werden.

(Eigen [CDU/CSU]: Ja, wie denn sonst?)

Wie weit heute schon die Landwirtschaft von Subventionen abhängig ist, zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage eines Kollegen von der FDP — ich glaube, es war Herr Rumpf. Danach hat die Bundesregierung gerade zur rechten Zeit dargelegt, daß die deutsche Landwirtschaft im vergangenen Jahr mindestens knapp acht Milliarden DM an Agrarsubventionen zur Einkommenssicherung erhalten hat. Beachtenswert ist bei dieser Antwort aber, daß die Bundesregierung nunmehr die Erhöhung der Vorsteuerpauschale für die Landwirtschaft auch unter die Subventionen rechnet, während wir im letzten Jahr noch lange darüber gestritten haben, warum sie nur schamhaft als Fußnote ausgewiesen war.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist falsch!)

Meine Damen und Herren, man sollte klare Dinge auch klar zum Ausdruck bringen, auch in einer solchen Vorlage.
Lassen Sie mich zum Abschluß feststellen: Wir Sozialdemokraten werden die deutschen Landwirte bei der Bewältigung ihrer Existenznöte nicht im Stich lassen. Das Versagen der Bundesregierung bei der Lösung der jährlichen Agrarkrise darf nicht weiterhin zu Lasten unserer Landwirtschaft gehen. Wir sind deshalb grundsätzlich bereit, einen Schadensausgleich für den katastrophalen Ausgang der Preisverhandlungen mitzutragen. Wir sind auch bereit, mit der Bundesregierung bei der Lösung der grundsätzlichen Probleme, bei der Bewältigung der bestehenden Krise zusammenzuarbeiten. Dies setzt allerdings auch ein grundlegendes Umdenken auf dieser Seite des Hauses voraus. Ich hoffe, daß Sie noch frühzeitig zur Einsicht kommen, daß wir gemeinsam einen Neuanfang wagen können.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021701100
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Herr Kiechle.

(Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Endlich mal ein Fachmann!)


Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID1021701200
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Kollege Pfuhl hat j a eine schöne Rede gehalten.

(Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Mehr aber auch nicht!)

Ich könnte sie mir noch nicht einmal am Biertisch leisten. Sie war auch unter Biertischniveau,

(Zurufe von der SPD)

jedenfalls in der ersten Hälfte. Seien Sie froh, daß ich nicht aufzähle, was sonst noch alles — außer meinen Ohren — abschneidbar wäre, aber diesmal bei anderen,

(Zuruf von der SPD: An Ihnen ist j a nicht mehr viel dran! — Weitere Zurufe von der SPD)

z. B. alte Zöpfe.
Herr Kollege Pfuhl, ich möchte Ihnen einmal etwas sagen. Sie haben ja am Schluß Ihrer Rede ein paar ganz nette Ansätze gebracht. Sie werden sie immer wieder in meinen Reden vertreten finden. Ich habe mich nur gewundert, als ich Sie so hörte, daß 13 Jahre lang aber auch nicht ein einziger Punkt im Ansatz verwirklicht worden ist. Dann täte ich mich heute leichter. Damals waren doch Ihre Leute an der Regierung.
Sie haben etwas zum Veto gesagt, allerdings mit völlig falscher Begründung. Das Veto ist gegen die Preissenkungsautomatik eingelegt worden, die auch mit Ihrer Zustimmung im Jahre 1981 am Ratstisch beschlossen wurde.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Dieses Jahr ist nach einem ausdrücklichen Beschluß die Preissenkungsautomatik vom Tisch. Und da sagen Sie, das sei völlig erfolglos gewesen. Genau das Gegenteil ist der Fall.
Das Veto ist auch eingelegt worden, damit die Herren am Ratstisch, meine Herren Kollegen, rechtzeitig erkennen können, daß wir mit unseren Vorstellungen — ich weiß, daß das Jahre dauern kann — nicht nach dem Motto in die Verhandlungen gehen „Jetzt machen wir mal Tamtam, aber in der letzten Nachtsitzung geben wir dann schon nach!". Meine Kollegen am Ratstisch sollen genau wissen, daß wir auch meinen, was wir sagen. Selbst wenn ich als einziger gegen einen Ratsbeschluß stimme, halte ich das für mich so lange für ehrenhaft — da brauche ich Ihre Interpretation nicht —, wie ich aus meiner Überzeugung heraus das, was meinetwegen alle anderen — das ist mir dann ziemlich egal — für richtig halten, für falsch halte. So lange werde ich dagegen stimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit Mehrheiten kann man mir meine Überzeugung nicht abnehmen. In diesem Fall ist meine Überzeugung auch die der Bundesregierung.

(Zurufe von der SPD)

Wenn Sie hier so tun, als sei das alte Mehrwertsteuersystem besser gewesen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Da täuschen Sie sich ganz gewaltig. Sonst müßten wir nämlich Preise abbauen; so brauchen wir wenigstens keine Preise abzubauen.



Bundesminister Kiechle
Zum Gesetzentwurf selbst haben Sie kein einziges Wort gesagt. Das werde ich jetzt tun, jedenfalls in dem Umfang, wie es mir die Zeit erlaubt.
Die agrarpolitischen Probleme von heute lassen sich nicht durch kurzfristige Defensivgefechte lösen, schon gar nicht durch Reden wie Ihre. Sie lassen sich mit einer defensiven Vorgehensweise vielleicht mildern. Notwendig ist aber eine offensiv angelegte Strategie, die funktionstüchtige Märkte und Spielraum für bessere Preise schafft. Dahin gehen unsere Bemühungen.
Da haben wir zunächst — das ist richtig — umfangreiche Defensivmaßnahmen ergreifen müssen und auch ergriffen, um die Brüsseler Preissenkungsmanie zu verhindern, und zwar mit allen politischen Mitteln. Wir haben nicht gezögert, wie vorhin gesagt wurde, das Veto gegen diese Preissenkungsautomatik einzulegen. Wir haben auch nicht gezögert, weil wir es für richtig hielten, dieses Jahr gegen die preissenkenden Beschlüsse zu stimmen.
Immerhin: Wir haben einen Angriff auf den Imitationsschutz für Milchprodukte vorerst abwehren können. Ich muß hinzufügen: Wenn durch unseren Einsatz der ursprünglich vorgesehene radikale Einstieg in die Brüsseler Preissenkungsphilosophie immerhin gemildert und teilweise auch vermieden werden konnte, z. B. bei der Milch, aber auch noch in anderen Bereichen, dann war das kein ergebnisloses Verhandeln. Die Beschlüsse selbst waren trotzdem immer noch ärgerlich genug.
Es ist immerhin schlimm — das glaube ich auch —, daß die Brüsseler Politik nach wie vor — ich hoffe, daß wir das langsam weiterentwickeln können — weitermacht wie bisher, und zwar ohne neue Konzeption, ohne das Problem der Überschüsse auch nur ansatzweise an der Wurzel zu packen.

(Zuruf des Abg. Hornung [CDU/CSU])

Die Bundesregierung hat keinen Augenblick gezögert, markt- und einkommenspolitische Offensivmaßnahmen zu beschließen. Wir wissen selbst, daß es nicht reicht, nur nein zu sagen. Man muß auch ein Konzept haben. Unsere marktpolitische Offensive haben wir begonnen mit dem Streichen der Förderschwelle, mit dem Stopp bei der staatlich geförderten Kapazitätsausweitung in der Milchproduktion und mit der Garantiemengenregelung für Milch, mit der wir trotz aller sonstigen Einlassungen dagegen — aber niemand hat übrigens ein besseres Konzept gehabt — den Teufelskreis von immer mehr Menge, immer höheren Kosten in Brüssel und immer stärkerem Druck auf die Milchpreise der Bauern unterbrochen haben.
Jetzt bringen wir eine neue Maßnahme im Sinne eines Großversuchs auf den Weg, nämlich eine Grünlandbrache, die wir sicher mit nationalen Mitteln dotieren.

(Beifall bei der CDU/CSU — Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Wir wollen damit der übrigen EG und den Mitgliedern am Ratstisch durch eine Tat zeigen, wie man,
ohne die Bauern mit Preissenkungen schikanieren
zu müssen, Überschüsse angehen kann und dabei gleichzeitig die Ökologie berücksichtigt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nach dem zweiten Teil Ihrer Rede sollten Sie uns dabei unterstützten, statt mehr oder weniger Polemik zu betreiben.
Meine Damen und Herren, wir lamentieren also nicht nur über Überschußberge und -seen, sondern wir tun alles, um den Würgegriff der Überschüsse auch zu lösen. Was wir bisher beschlossen haben, sind die ersten entscheidenden Schritte aus den Schwierigkeiten einer verfehlten EG-Agrarpolitik vor 1983. Daß das langwieriger ist, als wir es gerne hätten, ist eine andere Geschichte. Soviel Zeit haben unsere Bauern nicht, und deswegen haben wir auf nationaler Ebene einkommenspolitische Offensivmaßnahmen beschlossen. Dazu gehört, daß wir den Grenzausgleich zum erstenmal mit einem Mehrwertsteuerausgleich bedacht haben und nicht ersatzlos abgebaut haben. Wir haben die benachteiligten Gebiete nach zehn Jahren Stagnation auf 4 Millionen ha ausgeweitet, und wir werden versuchen — wir sind dabei auf gutem Wege —, sie jetzt auf 6 Millionen ha zu erweitern. Wir haben dabei noch die Förderbeträge angehoben. Wir haben — Herr Pfuhl, seien Sie vorsichtig, wenn Sie mir bewußte Täuschung der Bauern vorwerfen; ich verstehe nämlich wenig Spaß, wenn man mir so etwas vorwirft — den von Ihnen begonnenen Sozialabbau im Bereich der Agrarsozialpolitik gestoppt, wir bauen heute auf.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Pfuhl [SPD]: Wir reden doch von den Preisen!)

In der laufenden Legislaturperiode haben wir dafür gesorgt, daß die Bauern, die im kommenden Jahr Null von der Berufsgenossenschaft bekommen hätten, in diesen vier Jahren insgesamt 1 Milliarde DM allein bei diesem Zweig als Hilfe und Unterstützung bekommen werden.
Die Altershilfe haben wir für 1986 um 300 Millionen aufgestockt. Wir handeln also und reden nicht nur.

(Mann [GRÜNE]: Vor allen Dingen vor Wahlen!)

Heute bitten Bundesregierung und die Koalitionsparteien um Zustimmung für 450 Millionen DM zusätzlicher Hilfe im Sozialbereich, die rund 313 000 Voll-, Zu- und Nebenerwerbsbetrieben und 42 000 mitarbeitenden Familienangehörigen helfen werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Beitragsentlastungsgesetz werden kleine und mittlere Betriebe sowie andere einkommensschwache Betriebe berücksichtigt.
Ich möchte Ihnen die Auswirkungen an dem Beispiel eines kleinen Vollerwerbsbetriebs vorrechnen. Es handelt sich um einen Betrieb, von dem es Tausende z. B. in der Eifel, auf den Halligen, im Bayerischen Wald, im Schwarzwald oder wo auch immer in Deutschland gibt. Ich beziehe mich auf einen 15ha-Betrieb mit einem Wirtschaftswert von 9 000 DM — in diesen Gegenden ist das durchaus üblich und



Bundesminister Kiechle
möglich — bei einem Hektarsatzwert von 600 DM. Dieser Bauer, der Natur und Umwelt kostenlos pflegt, muß einen unangemessen hohen Anteil seines Einkommens für seine soziale Sicherung ausgeben. Eine erste Erleichterung haben wir für ihn mit dem 3. ASEG beschlossen. Danach erhält dieser Landwirt seit Anfang dieses Jahres 900 DM Zuschuß zu seinen Pflichtbeiträgen. Damit sinken seine Abgaben von 4 900 auf 4 000 DM. Auf Grund des heute eingebrachten Gesetzes werden seine Beiträge um weitere 2 000 DM-entlastet. Das heißt: Für den 15-ha-Betrieb werden die Soziallasten allein im Jahre 1986 um rund 60 % gesenkt. Falls dieser Landwirt seinen Hof in einem Gebiet hat, das jetzt neu in den Kreis der benachteiligten Gebiete aufgenommen wird, so wird er — ich nenne einmal einen Durchschnittswert — weitere 1 500 DM erhalten. Für diesen Mann bedeutet das eine ganz erhebliche Unterstützung. Von Worten hat er ja nichts.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Allein aus den jüngsten Beschlüssen ergibt sich eine Zusatzhilfe von jährlich 4 500 DM. Wenn der Betrieb doppelt so groß mit denselben Hektarwerten wäre, bekäme der Bauer nach dieser Lage rund 5 000 DM.
Meine Damen und Herren, manche reden von gespaltenen Preisen, d. h. von agrarpolitischen Utopien. Wir schaffen positive Fakten, weil statt Worte und rhetorischem Blabla schnelle Hilfe erforderlich ist.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Ich räume ein, daß es wünschenswert wäre, das ganze System der Agrarsozialpolitik zu überarbeiten und einer dauerhaften Lösung zuzuführen. Leider aber haben unsere Bauern jetzt nicht die Zeit, darauf zu warten. Wir werden uns das für die nächste Legislaturperiode vornehmen. Ich lasse mich aber nicht davon abbringen, auch nicht durch solche Formulierungen, weiterhin offensiv gegen Mengenwahn und Preisverfall zu kämpfen,

(Beifall bei der CDU/CSU)

trotz der diesjährigen Rückschläge am EG-Ratstisch. Manche täuschen sich vielleicht über die Hartnäckigkeit des deutschen Agrarministers, der von der Richtigkeit dessen, was er macht, überzeugt ist. Überzeugungen kann und darf man nicht Mehrheitsbeschlüssen opfern. Schließlich geht es um die wirtschaftliche Existenz hunderttausender Bauernfamilien,

(Bueb [GRÜNE]: Die ihr vernichtet habt!)

und das ist mir zehnmal wichtiger als irgendein Vorwurf in Richtung Renationalisierung. Ich muß Ihnen ganz offen sagen, das stört mich überhaupt nicht, solange ich weiß, daß es keine Renationalisierung ist. Vielmehr wollen wir damit verhindern, daß im reichsten Land mit dem höchsten Wohlstand in der EG durch irgendwelche, nicht mehr so leicht revidierbaren Systematiken in der damals beschlossenen Vertragsautomatik die ärmsten Bauern leben müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021701300
Das Wort hat der Abgeordnete Werner (Dierstorf).

Helmut Werner (GRÜNE):
Rede ID: ID1021701400
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt ja sehr viele Zufälle. Ich möchte davon ausgehen, daß jetzt vor der Wahl in Niedersachsen zufällig 100 Millionen DM für ein Gründlandbrache-Programm zur Verfügung gestellt werden. Das ist wohl ein Zufall. Es ist wohl auch ein Zufall, daß in Niedersachsen jetzt gerade weitere 100 Millionen DM für ein Flächenaufkauf-Programm zur Verfügung gestellt werden.

(Pfuhl [SPD]: Rein zufällig!)

Es ist rein zufällig, daß das jetzt vier Wochen vor der Wahl geschieht. Für mich ist auch die Frage, ob das Gesetz, das wir heute beraten, nicht auch etwas mit den Wahlen, die anstehen, zu tun hat.

(Eigen [CDU/CSU]: Herr Werner, zynisch sein können Sie gar nicht!)

Wir beraten über den Entwurf eines Nachteilausgleichsgesetzes für kleinere und mittlere landwirtschaftliche Betriebe. Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, Sie haben bei dieser Wortwahl „kleinere und mittlere Betriebe" viel von den GRÜNEN übernommen. Die Tatsache, daß kleinere Betriebe wirtschaftliche Nachteile gegenüber größeren haben, wird von uns seit Jahren herausgestellt; von Ihnen ist das jedoch bislang ignoriert worden.

(Eigen [CDU/CSU]: Das ist doch völliger Unsinn!)

Siehe Mehrwertsteuerpauschale oder bisherige Belastung der kleineren Betriebe durch Sozialabgaben. Hätten Sie und auch die vorherige Regierung nur den Versuch unternommen, entstandene Nachteile für kleinere Betriebe auszugleichen, so hätten wir Hunderttausende von Arbeitslosen weniger, und Massentierhaltung und Agrarfabriken — angeblich auch von Ihnen nicht gewollt — hätten sich nicht so ausbreiten können.
Woher kommt plötzlich Ihre Liebe zu diesen kleinen Höfen, auf denen Bauern und Bäuerinnen arbeiten und sich abmühen, für die keine Perspektive besteht, wirtschaftlich über die Runden zu kommen? Natürlich gibt auch diese bescheidene Hilfe bei den Sozialausgaben diesen Familien keine Perspektive für die Zukunft ihrer Höfe. Diese Betriebe galten doch bis heute in der Mehrzahl als nicht wettbewerbsfähig und daher nicht unterstützungswürdig.

(Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Das ist doch Unsinn!)

Wenn die bundesdeutsche Landwirtschaft gleiche Chancen wie die großen englischen Betriebe mit ihren Viehbeständen haben soll — Sie reden ja immer von der Notwendigkeit gleicher Wettbewerbschancen innerhalb der EG —, dann müssen Sie bei Ihrer Politik die kleinen Höfe links liegenlassen, wie beim einzelbetrieblichen Förderungsprogramm vorexerziert, oder Sie müssen ein Nachteilausgleichsgesetz schaffen, das zwar nicht die rund 50 000 DM Einkommensunterschiede zwischen dem oberen und dem unteren Viertel ausgleicht, aber



Werner (Dierstorf)

auch nicht bei höchstens 2 000 DM Sozialzuschüssen im Jahr endet. Es muß eine grundsätzliche Entscheidung sein, ob man die heutigen Strukturen im ländlichen Raum erhalten will oder ob man nur den leistungsstarken, strukturgerechten, EG-wettbewerbsfähigen Höfen ein Überlebensrecht zuspricht.

(Hornung [CDU/CSU]: Bei Ihrer Politik gehen alle kaputt!)

Ihre heutige Entscheidung, kleineren Betrieben helfen zu wollen, soll in Wirklichkeit nur eine Wahlhilfeentscheidung für die Bauern zugunsten der Regierungsparteien sein. Es wird sich allerdings bei der Durchführung dieser Maßnahmen noch zeigen, daß es fast unmöglich ist, einigermaßen gerechte Kriterien für die Abgrenzung festzulegen.

(Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Das ist immer so!)

Setzen Sie nur einen Wirtschaftswert als Vergaberichtlinie ein, gekoppelt an ein bestimmtes Höchsteinkommen, wird der Schnitt, wo er auch immer gezogen wird, große Ungerechtigkeiten mit sich bringen. Eine differenzierte Staffelung ist unumgänglich. Kein Bauer wird aus diesem Gesetz erkennen können, warum er mehr oder weniger Geld bekommt als sein Nachbar. Die Anträge werden nur mit fremder Hilfe auszufüllen sein. Mancher Berechtigte wird seinen Anspruch verfallen lassen, weil er sich schämt und sich wie ein Bettler vorkommen muß.
So richtig und begrüßenswert dieser Miniausgleich ist, so kann er von den Bauern nur als Almosen und Wahlgeschenk gesehen werden, noch dazu, wenn im Gesetz steht: Diese Regelungen haben nur Übergangscharakter., In der nächsten Legislaturperiode soll alles grundsätzlich geändert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer glaubt da noch an eine wirkliche Änderung Ihrer Politik des Wachsens oder Weichens? Eines sollte auch Ihnen klar sein. Aus der Sicht der Steuerzahler und Verbraucher werden Sie zu Recht bei allen finanziellen Hilfen für die Landwirtschaft auf Ablehnung und Unverständnis stoßen, solange diese Hilfen nicht an eine Zurücknahme der Überschußproduktion, verbunden mit umweltfreundlichen Wirtschaftsformen und einem Abbau der industriellen Tierhaltung, gekoppelt sind.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, begründen die Notwendigkeit dieses Ausgleichs mit Nachteilen, die den deutschen Bauern durch die EG-Agrarpolitik entstanden sind. Das ist soweit richtig. Alle Bauern sind davon betroffen. Es besteht genau die gleiche Situation, wie sie durch den Wegfall des Grenzausgleichs entstanden war. Ihre damaligen und auch heute noch unsozialen und nach dem Gießkannenprinzip verteilten Milliardenausgaben haben Sie immer damit verteidigt, bei jedem Zentner Getreide würden Verluste auftreten, die für alle ausgeglichen werden müßten. Heute ist es genau das gleiche. Beim Getreide werden Preisverluste von 10% und mehr eintreten: 5%
Preissenkungen, 3 % Mitverantwortungsabgabe, 2 durch andere Qualitätskriterien und durch Verlängerung des Zahlungsziels von 60 auf 120 Tage.
Wie vertreten Sie da die unterschiedliche Haltung, daß einerseits beim Mehrwertsteuerausgleich auch solche Betriebe Geld, oft viel Geld bekommen, die im Jahr 100 000 DM und mehr Plus machen, jetzt aber andererseits ein ganz anderer Verteilungsschlüssel angewandt wird? Wieviel Geld allerdings noch vonnöten sein wird, um die kurzfristigen sichtbaren Schäden, die der Landwirtschaft in der Bundesrepublik durch den GAU in Tschernobyl entstanden sind und noch entstehen, auszugleichen, kann heute wohl noch niemand voraussagen.

(Mann [GRÜNE]: Sehr richtig!)

Die eine Milliarde, über die hinaus die Bundesregierung nichts zu zahlen verpflichtet ist, dürfte dafür nicht ausreichen.
Was für Leid und Schäden wären uns entstanden, wäre diese Katastrophe nicht 2 000 km entfernt, sondern direkt an unseren Grenzen oder in der Bundesrepublik selbst passiert?

(Mann [GRÜNE]: Das verdrängen die da drüben!)

Es ist eine Verhöhnung des menschlichen Lebens schlechthin, zu glauben, eine solche Langzeitkatastrophe sei mit einer oder mit hundert Milliarden D-Mark auszugleichen. Wir reden hier über ein Nachteilausgleichsgesetz. Müßten dabei nicht in besonderem Maße die Betriebe berücksichtigt werden, die keine Pestizide und keinen synthetischen Dünger einsetzen, keine Überschüsse produzieren, Boden, Wasser und Artenvielfalt schützen,

(Eigen [CDU/CSU]: Ach erzähl doch nichts! Die beuten den Boden doch aus!)

keine importierten Futtermittel kaufen und keine Massentierhaltung betreiben und dadurch die Belastung ihrer Erzeugnisse mit Schadstoffen verringern und mehr Arbeitsplätze auf den Höfen anbieten? Diese Höfe sind durch die augenblickliche Situation, daß Frischprodukte hoch strahlenbelastet sind, besonders hart betroffen, da ein Großteil ihrer Einnahmen aus dem Erzeuger-Verbraucher-Direktabsatz kommt. Diese Bauern, die zur Zeit aus eigener Verantwortung heraus Waren gar nicht anbieten wollen, sind völlig ungewiß, ob die Empfehlungen der Bundesregierung bezüglich Nichtverwertung auch für sie eine Entschädigung für nicht verkaufte Erzeugnisse einschließen.
Schon heute muß befürchtet werden, daß viele materielle Schäden durch die radioaktive Strahlung nicht der Staat ausgleichen wird, sondern der einzelne sie als Restrisiko trägt. Dieser menschenverachtenden Technik der Atomindustrie, die uns allen in besonderem Maße, aber den in der Landwirtschaft Arbeitenden, zusätzliche Krankheiten und Krebsrisiken bringt, gilt es sich entgegenzustellen. Gott gebe, daß das dumme, arrogante und schnelle Wort, „Bei uns ist so ein Unfall nicht möglich", nie durch die Wirklichkeit widerlegt wird!



Werner (Dierstorf) Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021701500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Paintner.

Johann Paintner (FDP):
Rede ID: ID1021701600
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf eine Bemerkung des Abgeordneten Herrn Werner eingehen, der nämlich sagte, daß es Hohn, Spott und ein Wahlgeschenk wäre, wenn nun kleine Bauern 2 000 DM im Jahr vom Staat erhalten, was immerhin die Hälfte des Jahreseinkommens sein kann. Wenn Sie den Agrarbericht genau gelesen haben, dann wissen Sie, daß es einen großen Teil gibt, der 2 000 DM Jahreseinkommen hat. Hier von Hohn zu sprechen, das, meine ich, respektieren unsere Bauern nicht.

(Beifall bei der FDP — Mann [GRÜNE]: Sie sind so großzügig, weil Sie die Wahlen gewinnen wollen! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die schwierige Einkommenssituation in vielen unserer bäuerlichen Familienbetriebe ist außerordentlich angespannt. Übervolle Märkte verhindern eine Einkommensverbesserung über höhere Erzeugerpreise; die Luxemburger Preisbeschlüsse sind nicht nach unseren Vorstellungen ausgefallen. Sie waren sicher nicht ergebnislos, aber nach diesen Beschlüssen kann keine Verbesserung der Einkommenssituation unserer Landwirte erwartet werden. Das Gegenteil wird der Fall sein. Nachdem die FDP-Fraktion der Landwirtschaft sowie dem gesamten ländlichen Raum immer einen hohen und sehr hohen Stellenwert eingeräumt hat und dies auch in Zukunft tun wird, werden wir als FDP-Fraktion alles tun, um zu helfen, wo schnelle Hilfe notwendig und möglich ist.
Wir sehen die Hilfe, die hier mit 450 Millionen DM für die deutsche Landwirtschaft von der Bundesregierung gegeben wird, nicht nur als eine absolute Entschädigung für die jetzige miserabele Einkommenssituation, sondern als eine Hilfe und Entlastung im sozialen Bereich. Wenn man weiß, daß ein großer Teil der Landwirte bereits 40 bis 50 % des Einkommens aufwenden muß, um die sozialen Kosten zu decken, und zwar nicht, weil die Beiträge so hoch sind, sondern weil die Landwirtschaft so wenig verdient, wenn wir uns an den letzten Agrarbericht 1984/85 erinnern, der für das unterste Viertel — dies dürfte für Sie, Herr Werner, interessant sein — der Betriebe ein Einkommen von 2 300 DM ausweist, oder wenn nach dem jüngsten Agrarbericht 125 000 Betriebe nur einen durchschnittlichen Gewinn von 15 171 DM je Arbeitskraft erwirtschaften können und nach Abzug des Eigenverbrauchs ein Eigenkapitalverlust von 58 DM je Betrieb bleibt, oder wenn man weiß, daß nach dem Subventionsbericht der Bundesregierung ein Erwerbstätiger in der Landwirtschaft, Fischerei und Forsten 1984 z. B. 2 023 DM, im Bergbau 7 907 DM, im Schiffsbau 2 700 DM, in der Luftfahrt und im Raumfahrzeugbau 6 300 DM und in allen anderen wirtschaftlichen Bereichen immer noch 1 120 DM erhalten hat und auf der anderen Seite jeder sechste Arbeitsplatz direkt oder indirekt von der deutschen Landwirtschft abhängt und die deutsche Landwirtschaft mit immerhin 58 Milliarden DM Umsatz ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist, kann man diese Hilfe mehr als verantworten, nein, man ist geradezu aufgefordert, sie zu geben. Deshalb ist das hier heute vorgelegte Gesetz zur Entlastung landwirtschaftlicher Unternehmen von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung dringend erforderlich,

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

um vor allem kleineren und mittleren bäuerlichen Familienbetrieben kurzfristig zu helfen.
Für die FDP-Fraktion begrüße ich den mit den Unionsparteien gefundenen Kompromiß ausdrücklich. Dieses Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es ist für die FDP der Einstieg in eine zukunftsträchtig differenzierte Agrarpolitik. Unser Bestreben ist es dabei, gezielt denen zu helfen, die auf zusätzliche staatliche Hilfe angewiesen sind. Wir wollen in der Agrarsozialpolitik nicht die Gießkanne. Wir wollen gezielte zukunftsträchtige Hilfen.

(Ströbele [GRÜNE]: Sagen Sie das mal Herrn Heereman!)

Für die Agrarpolitiker der FDP danke ich ausdrücklich unserem Wirtschaftsminister und Parteivorsitzenden, Martin Bangemann, unserem Vizekanzler und Außenminister, Hans-Dietrich Genscher, und vor allem unserem Fraktionsvorsitzenden, Wolfgang Mischnick, für das große Verständnis und die Unterstützung und meinem Freund Staatssekretär Georg Gallus für seinen intensiven Einsatz für die Belange der Landwirtschaft.

(Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021701700
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ströbele?

Johann Paintner (FDP):
Rede ID: ID1021701800
Nein. — Nicht zuletzt ihnen ist es zuzuschreiben, daß die staatlichen Leistungen für das ganze Jahr 1986 gezielt geleistet werden und somit der Landwirtschaft zusätzlich etwa 450 Millionen zufließen werden.
Die gefundene Staffelung der Zuschüsse bis 40 000 Mark nach dem Wirtschaftswert der Betriebe bietet zwar noch keinen absolut gerechten Maßstab für die staatlichen Zuschüsse. Aber wir halten sie als vorübergehende Maßnahme für durchaus sinnvoll und gerechtfertigt, da in diesem Bereich keine Buchführung verlangt wird, allerdings mit der Maßgabe, daß in der kommenden Legislaturperiode umgehend die Arbeiten zur Novellierung der Agrarsozialgesetzgebung in Angriff genommen werden, um noch mehr als bisher entsprechend der individuellen Leistungsfähigkeit die Beiträge für die agrarsoziale Sicherung der Landwirte zu gestalten.
Wir sind auch darüber froh, daß in dem Gesetzentwurf vorgesehen wird, daß die Nebenerwerbsbetriebe 50 % der Zuschüsse erhalten. Damit sind auch jene Nebenerwerbslandwirte berücksichtigt, die einen nicht so hoch bezahlten außerlandwirt-



Paintner
schaftlichen Arbeitsplatz haben und deshalb zur Absicherung ihres Einkommens auf die Landwirtschaft unbedingt angewiesen sind.
Die Grenze von 36 000 DM Arbeitseinkommen für Betriebe mit über 40 000 DM Wirtschaftswert mag für manche bäuerlichen Familienbetriebe, in denen zwei Generationen arbeiten, auf Kritik stoßen. Wir haben Verständnis für diese Kritik. Aber der Bundesarbeitsminister hat hier aus Systemgründen an dieser Grenze festgehalten. Da diese Gesetze die Zeit bis zur generellen Novellierung der agrarsozialen Sicherungsgesetze überbrücken sollen, ist diese Begrenzung letztlich tragbar, auch wenn man nicht die Augen davor verschließen darf, daß garade im mittelbäuerlichen Bereich eher 50 000 DM Familieneinkommen angebracht wären. Aber darüber wird sicher noch zu sprechen sein.
Wir sehen den heute in erster Lesung zu beratenden Gesetzentwurf nicht als isolierte Maßnahme an. Wir begrüßen es als FDP ausdrücklich, daß diese Bundesregierung mit den Ländern die Ausdehnung der benachteiligten Gebiete von 4 auf 6 Millionen ha mit Anhebung des Höchstbetrags so schnell in die Tat umgesetzt hat. Wir sehen in diesem Zusammenhang auch die Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik. Diese Maßnahmen haben erst dann wirklich einen Sinn, wenn es gelingt, in den nächsten Jahren die Weichen in der Agrarpolitik anders zu stellen. Wir betonen deshalb erneut, daß eine EG-weite Aktion zur Flächenstillegung dringend erforderlich ist,

(Beifall bei der FDP)

wenn wir die Überschußsituation auf dem Getreidesektor in den Griff bekommen wollen.

(Mann [GRÜNE]: Sagen Sie mal was zur Agrarpolitik der FDP-Landwirtschaftsminister!)

Wir begrüßen es deshalb auch durchaus, wenn in Niedersachsen ein Großversuch .zur Flächenstillegung in Form von Grünbrache durchgeführt werden soll. Wir sind weiter davon überzeugt, daß die Gestaltung der Zukunft unserer Landwirtschaft nur durch eine gezielte, sozial abgefederte Agrarstrukturpolitik voranzubringen ist. Wir erwarten deshalb so bald wie möglich, daß uns ein soziales Marktentlastungsprogramm weiterhilft, das EG-weit zur Anwendung kommt, und ganze landwirtschaftliche Betriebe zumindest vorübergehend aus der Nahrungsmittelproduktion ausscheiden.

(Immer [Altenkirchen] [SPD]: Fangt doch an!)

Ein solches Programm, das inzwischen auch in der europäischen Gemeinschaft diskutiert wird und bereits in den soziostrukturellen Vorschlägen der EG-Kommission enthalten ist, soll vor allem ältere Landwirte ohne Hofnachfolger in die Lage versetzen, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Dabei ist es selbstverständlich, daß eine solche Flächenstillegung nur auf freiwilliger Basis erfolgen kann und darf. Und für uns ist es auch selbstverständlich, daß die Betriebsinhaber ihre Flächen weiter pflegen, diese Flächen pflegen sollen. Sie sollten sich lediglich verpflichten, keine landwirtschaftliche Marktproduktion auf diesen Flächen zu betreiben.
Wir wiederholen auch hier unsere Forderung, daß die Förderung von Investitionen im einzelbetrieblichen Bereich für Veredelungsprodukte, die auf eine zusätzliche Produktion ausgerichtet ist, generell eingestellt werden muß.

(Beifall des Abg. Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU])

Dabei bleibt es unser Ziel, dies EG-weit durchzusetzen. Solange auf unseren Märkten wegen der anhaltenden Überschußsituation keine vernünftigen Preise erzielt werden können, sind staatliche Förderungen zur Ausdehnung der Veredelungsproduktion kontraproduktiv.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie verzögern die notwendige Erholung der Erzeugerpreise und gefährden damit zusätzlich die Existenz vieler bäuerlicher Familienbetriebe.
Wir reden nicht nur über die Notwendigkeit der Erhaltung vieler leistungsfähiger bäuerlicher Familienbetriebe, sondern wir sind auch bereit, die notwendigen Schritte zur Einführung von Bestandsobergrenzen einzuführen.

(Beifall bei der FDP)

Nach unserer Überzeugung — ich hoffe, daß sich die Unionsparteien dem nicht verschließen werden — sollten 300 Vieheinheiten je landwirtschaftlicher Betrieb ausreichen. Dabei muß allerdings dafür Sorge getragen werden, daß Betriebe, deren Viehbestand über diese Grenze hinausgeht, Gelegenheit erhalten, ihre Betriebe in angemessenen Fristen entsprechend umzugestalten. Doch darf das auf der anderen Seite nicht dazu führen, daß die Intentionen eines solchen Vorhabens über den Weg von Betriebsteilungen unterlaufen werden.
Gerade die in den letzten Tagen geführte große Diskussion über zukünftige Energien und Ernährungssicherung im Krisenfall läßt es mir geboten erscheinen, den Appell auszusprechen, eine unverzichtbare Vorratspolitik für Ernährungsgüter im Krisenfall sowie Energie aus nachwachsenden Rohstoffen nicht aus dem Auge zu verlieren.
Insgesamt, meine Damen und Herren, bin ich da- von überzeugt, daß dieses heute zu beratende Gesetz ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist: zur Neugestaltung der Agrarpolitik unter veränderten Rahmenbedingungen. Daß aber darüber hinaus gesamtstaatliches Handeln auf dem Agrarsektor auf dem Prüfstand steht, ist ebenso eine Tatsache, die unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit überprüft werden muß. Dabei darf die Frage nicht übersehen werden: Was will diese Gesellschaft für die Landwirtschaft, für den ländlichen Raum ausgeben? Was sind der ländliche Raum und die Landwirtschaft dieser Gesellschaft überhaupt wert?

(Mann [GRÜNE]: Das ist in der Tat eine wichtige Frage!)




Paintner
Alle Maßnahmen müssen vorrangig dem Ziel der Stärkung des bäuerlichen Familienbetriebes dienen. Seitens der FDP-Fraktion bitte ich Sie um zügige Beratung dieses Gesetzes, damit unseren Landwirten diese dringend erforderliche Hilfe möglichst rasch zukommen kann.
Außerdem ist es mir hier und heute noch ein besonderes Anliegen, der Bundesregierung für die schnelle Hilfe für die Landwirtschaft zu danken,

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von den GRÜNEN)

die eben auf Grund des Unfalls in Tschernobyl und dessen Auswirkungen hier erforderlich ist. Die Regierung hat in diesem Fall bewiesen, daß sie der Landwirtschaft einen hohen Stellenwert beimißt. Sie hat schnell gehandelt.

(Zuruf von der SPD: Vergiß den Josef Ertl nicht!)

Den Verbraucher rufe ich auf, aus dieser Katastrophe auch zu lernen. Wenn die Verbraucher es einsähen und eine Vorratspolitik im eigenen Heim, sozusagen im eigenen Kühlschrank betrieben, wenn also jeder Verbraucher 1 kg Fleisch oder 1 kg Butter als Vorrat hätte, würde das erstens ihnen selbst dienen und zweitens auch der deutschen Landwirtschaft.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021701900
Das Wort hat der Abgeordnete Wimmer.

Hermann Wimmer (SPD):
Rede ID: ID1021702000
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Paintner, Sie haben in Ihrer Dankeslitanei heute zum erstenmal den früheren Landwirtschaftsminister Ertl nicht erwähnt. Ist das politische Absicht oder nur ein Versäumnis gewesen?

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Pfuhl [SPD]: Aus der Geschichte gestrichen!)

Der vorgelegte Gesetzentwurf ändert nichts an der verfehlten Agrarpolitik dieser Regierung.

(Mann [GRÜNE]: Und der vorherigen sozialliberalen Regierung!)

Wenn ich Minister Kiechle Hartnäckigkeit bestätigen kann, kann ich es nur insoweit, als er auch falsche Politik über Jahre hinweg hartnäckig verteidigt.

(Hornung [CDU/CSU]: Er hat wenigstens ein ordentliches Konzept!)

Wer nur über die Sozialpolitik einen Beitrag zur Sicherung der Landwirtschaft leisten will, wird auf Dauer ebenso scheitern wie derjenige, der glaubt, daß die Einkommen der Bauern nur über Menge und Preis zu sichern sind.

(Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Das tun wir doch gar nicht!)

Wir brauchen eine Neuordnung der EG-Agrarpolitik. Das ist sicher eine große Aufgabe, die zu leisten
ist. Ich bin fest davon überzeugt, daß diese Regierung dazu nicht in der Lage ist.

(Zustimmung bei den GRÜNEN — Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Beifall nur von den GRÜNEN!)

Die Begründung des von der Regierung eingebrachten Gesetzentwurfs spricht eigentlich Bände. Es wird geschrieben: „Eine Neuausrichtung der agrarsozialen Sicherungssysteme erfordert eingehende Beratungen über einen längeren Zeitraum und kann somit kurzfristig nicht umgesetzt werden." Das ist richtig. Die Frage ist aber, warum denn nur kurze Fristen zur Verfügung stehen.

(Richtig! bei der SPD)

Jahrelang hatten Sie doch die Möglichkeit, eine wirkliche Reform der Agrarpolitik durchzuführen. Ich sage Ihnen: Es geht Ihnen nicht um die Agrarsozialpolitik. Sie haben in den letzten Jahrzehnten zur Sozialpolitik immer ein gestörtes Verhältnis gehabt.

(Beifall bei der SPD)

Ihnen geht es eindeutig um die eigene Entlastung, nicht um die Entlastung der Landwirte;

(Zurufe von der CDU/CSU)

denn Sie merken, daß die Bevölkerung Ihre Politik ablehnt. Auch die Bauern kommen immer mehr zu dem Ergebnis, daß sie sich von Ihrer verfehlten Agrarpolitik abwenden müssen. Das ist eindeutig. Wenn Sie die Versammlungen der Bauern besuchen, werden Sie das feststellen. Ich brauche mein eigenes Urteil gar nicht anzufügen. Ich könnte stundenlang darlegen, was über Sie und Ihre Politik in den Verbänden und in den Organisationen der Betroffenen gesprochen wird.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Wir Sozialdemokraten haben uns seit langem für eine sozial gerechte Gestaltung in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung eingesetzt. Da der Minister heute eine Andeutung im Hinblick auf die Unfallversicherung machte, möchte ich Sie bitten, Herr Minister, doch auch so korrekt zu sein und in den Sitzungsprotokollen nachzulesen. Dann werden Sie feststellen: Wenn feststeht, welche Größenordnung die Altlast ausmacht, stehen wir auch zu dieser Größenordnung und werden sie vertreten. Dazu haben wir uns immer bekannt.

(Eigen [CDU/CSU]: Das ist gar nicht wahr!)

— Herr Eigen, Ihr Gedächtnis scheint sehr kurz zu sein.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021702100
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Eigen?

Hermann Wimmer (SPD):
Rede ID: ID1021702200
Selbstverständlich.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID1021702300
Herr Kollege Wimmer, ist Ihnen nicht bekannt, daß die sozialdemokratisch geführte Bundesregierung die Zuschüsse für die Berufsgenossenschaft auf 278 Millionen DM gesenkt



Eigen
hat und daß in der mittelfristigen Finanzplanung der damaligen Bundesregierung eine Herabsetzung auf annähernd Null vorgesehen war?

Hermann Wimmer (SPD):
Rede ID: ID1021702400
Herr Kollege Eigen, das ist die erste Hälfte. Die zweite Hälfte davon ist, daß wir bei all diesen Beratungen gesagt haben: Wenn der Auftrag erfüllt ist, die Altlast festgestellt ist, dann stellen wir uns auch hin und verteidigen die Höhe der Altlast im Rahmen der Unfallversicherung.

(Beifall bei der SPD — Eigen Das halten Sie für glaubwürdig? — Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Das hätte euer Finanzminister gar nicht zugelassen!)

Wissen Sie, woran vor Jahren eine Staffelung in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung gescheitert ist? — An Ihrem Verhalten im Bundesrat. Wir waren uns doch damals mit der FDP bei dem Gesetz einig und hatten es bereits im Bundestag verabschiedet. Sie haben es dann im Bundesrat blokkiert.

(Mann [GRÜNE]: Hört, hört!)

Wenn es Ihnen um eine sozial gerechtere Verteilung der Bundesmittel gegangen wäre, dann hätten Sie doch vor Jahren eine Möglichkeit zu handeln gehabt.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte aus unserer Sicht einige wichtige Rahmenbedingungen für die zukünftige Sozialpolitik nennen. Wenn heute Sozialpolitik auch Einkommenspolitik sein muß, dann muß man auch auf die regionalen Unterschiede eingehen. Gerade in den ländlichen Problemregionen abseits der Ballungsgebiete existiert ein weitaus überdurchschnittlicher Mangel an außerlandwirtschaftlichen Arbeitsplätzen. Kommen dann noch kleinbetriebliche Strukturen hinzu — wie etwa in Bayern droht in vielen Familien bei weiteren Einkommensverlusten schlicht eine Verelendung.
Unserer Meinung nach muß endlich ehrlich eingestanden werden, daß die Preispolitik als alleinige Einkommenspolitik endgültig an den Realitäten gescheitert ist. Das Ergebnis der diesjährigen Preisrunde in Brüssel zeigt das überdeutlich. Die deutschen Landwirte — das hat mein Kollege Pfuhl bereits angesprochen — müssen in diesem Jahr mit erheblichen Einkommensverlusten rechnen — dank Ihrer Politik.
Auch in Zukunft wird es einen strukturellen Wandel in der Landwirtschaft geben, ob wir das wollen oder nicht. Wer das leugnet, verkennt die großen Unterschiede zwischen den Regionen in der Bundesrepublik Deutschland, aber auch in der Europäischen Gemeinschaft hinsichtlich der landwirtschaftlichen Struktur. Ein Leugnen dieser Unterschiede löst die Probleme nicht. Diese werden lediglich aufgeschoben und für die Zukunft aufgetürmt. Vielmehr kommt es jetzt darauf an, diesen strukturellen Wandel sozial zu beherrschen, um die bäuerlichen Familienbetriebe nicht auf Kosten der kleinsten zu sanieren.
Schließlich muß noch berücksichtigt werden, daß die sinkende Zahl der Beitragszahler in der Sozialversicherung auch in Zukunft Finanzierungsprobleme heraufbeschwören wird. Man kann es sich dann allerdings nicht so einfach machen wie der Kollege Schartz, der lediglich aufgezählt hat, wie hoch die prozentuale Belastung in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung im Vergleich zu anderen ist. Vielmehr muß man auch über Mark und Pfennig reden. Ich bin mir dabei in vollem Umfang dessen bewußt, daß wir auch bei allen anderen Steuerzahlern die Einsicht benötigen, daß die eigene Leistung in einem angemessenen Verhältnis zu dem steht, was der Landwirt später erhält. Denn sonst können wir das in der breiten Öffentlichkeit — es werden schließlich auch die Mittel kleiner Steuerzahler verwendet — nicht vertreten. Es geht nicht nur um Prozente, sondern auch um die eigene Leistung im Verhältnis zu dem, was man später erhält.
Insgesamt begrüßen wir den Vorschlag, der gemacht worden ist, weil er ein Großteil unserer alten Forderungen berücksichtigt, z. B. die degressive Staffelung der Entlastung und die Anwendung von Einkommensmaßstäben, die Sie in den letzten Jahren immer abgelehnt haben. Über die genaue Ausgestaltung muß man sicherlich noch im Ausschuß beraten, auch wenn die Zeit knapp ist. Wir werden uns für eine Präzisierung einsetzen.
Wir sind auch dafür, daß das Gesetz schnell und zügig beraten wird, weil wir wissen, wie es um die Landwirte steht. Aber ich sage ganz klar und deutlich: Das ist nur ein kleines Stück der Hilfe. An der gescheiterten und verfehlten Agrarpolitik ändert dieses Gesetz überhaupt nichts.

(Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: An der gescheiterten Agrarpolitik Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre!)

Wenn Sie vorschlagen, in den nächsten Jahren über eine grundsätzliche Reform der agrarsozialen Sicherung zu beraten, sind wir auch hierzu bereit. Ich hoffe allerdings, daß Sie sich nicht von der Regierungsbank aus, sondern von den Oppositionsbänken aus in der entsprechenden Diskussion darum werden bemühen müssen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das wird nichts werden!)

Wir stimmen dem Überweisungsvorschlag zu.

(Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Stimmt ihr auch dem Gesetz zu?)

Wir werden dazu beitragen, daß das Gesetz schnell über die Runden kommt, damit den Bauern geholfen wird, die von Ihrer verfehlten Agrarpolitik stark getroffen worden sind.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021702500
Das Wort hat der Abgeordnete Rode (Wietzen).

Helmut Rode (CDU):
Rede ID: ID1021702600
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Leben aller Menschen in unserem Gemeinwesen kann nur glücken, wenn alle Gruppen der Gesellschaft



Rode (Wietzen)

verantwortlich jenen Teil erfüllen, der ihnen in unserem Staatswesen als Auftrag zugewiesen ist. Das kann nur in einem verantwortlichen Miteinander gut ausgehen. Eine jede Berufsgruppe hat das Wirkungsfeld der anderen Gruppe mit zu bedenken. In Grenzbereichen wird man sich im Interesse des Bestandes des Ganzen partnerschaftlich und solidarisch verhalten müssen. Selbstbeschränkung des einzelnen ist gut für das Wohl des Ganzen.
Als eine dieser Gruppen hat die deutsche Landwirtschaft vor 40 Jahren den lebenswichtigen Auftrag erhalten, die Nahrungsmittelproduktion schnellstens aufzubauen, damit dem Hunger im eigenen Land begegnet werden konnte. Man forderte sogar von den Kanzeln der Kirchen herab die Bauern auf, modernste Produktionswege mit Chemie, Technik und Intensivbewirtschaftung zu gehen, und sagte: Schaut nach Dänemark, schaut auf die Bauernvolkshochschulen, da kann man so etwas.

(Zurufe von der CDU/CSU: So ist es!)

Wie wir heute wissen, stellten sich die Landwirte diesem Auftrag. Sie steigerten die Nahrungsmittelerzeugung, sowohl in der Quantität als auch in der Qualität, bis es zu Beginn der 80er Jahre zu Überschußproduktion kam. Da stehen wir vor der Tatsache, daß die SPD die Zügel schleifen ließ. Die Kollegen von der SPD müssen sich, wie Wolfgang von Geldern es dieser Tage ausgedrückt hat, sagen lassen: Es ist einfach nicht richtig, dann den Sanitäter zu beschimpfen, der diese Dinge wieder in Ordnung bringt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber, meine Damen und Herren, es scheint heute so zu sein, daß man sich an die früheren Zeiten nicht mehr gerne erinnern will. Allzu sehr wird vielen Mitbürgern der reichhaltig und preisgünstig gedeckte Tisch zu einer Selbstverständlichkeit. Die eigentliche Problematik der Landwirtschaft liegt nun in der Überproduktion, in -den fallenden Preisen und damit in der wirtschaftlichen Sicherung der Betriebe.
Dennoch ist die Fortentwicklung der Landwirtschaft mit einem Pluszeichen zu versehen. Ernährte ein Landwirt in früheren Jahren gerade drei bis fünf Personen, so stieg diese Zahl inzwischen auf rund 50 an. So viele Mitbürger ernährt ein Landwirt heute das ganze Jahr über gut und reichlich!

(Mann [GRÜNE]: Ob gut, daran haben wir so unsere Zweifel, Herr Kollege!)

Diese enorme Leistungssteigerung der Landwirtschaft wird vielfach leider nicht anerkannt, obschon sich viele daran erinnern werden, daß Mangel und Hunger seinerzeit schwieriger zu verkraften waren als heute die Überschüsse.
Heute erfüllen etwa 6 % aller Erwerbstätigen der Bundesrepublik in rund 700 000 landwirtschaftlichen Betrieben die ihnen vom Gemeinwesen zugewiesene Aufgabe; ja, sie haben zusätzlich weitere Aufgaben für die Gesellschaft übernommen, die in den letzten Jahren enorm an Gewicht gewonnen haben, die aber nicht honoriert werden. Hierzu gehören vor allem die Lieferung von sich ständig erneuernden und nachwachsenden Rohstoffen für die Industrie und die Erhaltung und Pflege einer immer noch abwechslungsreichen und auch weiterhin intakten Landschaft.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Die Landwirtschaft hat somit ihre Pflichten gegenüber dem Gemeinwesen vielfältig und gut erfüllt, ja, teilweise übererfüllt.

(Zuruf der Abg. Frau Blunck [SPD] und weitere Zurufe von der SPD)

Nun gerät sie in die Gefahr,. zum Aschenputtel der Gesellschaft zu werden. Frau Blunck, das laste ich tatsächlich der SPD an, die einfach — wenn ich an die Politik der Förderschwelle und an das Versagen der Gegensteuerung bei Beginn der Überschußproduktion denke — geschlafen hat.

(Zustimmung bei der CDU/CSU — Pfuhl [SPD]: Lesen Sie doch einmal das, was Herr Kiechle dazu gesagt hat! — Zurufe der Abg. Frau Blunck [SPD])

Hier sind wir nun aufgefordert, zu helfen, denn unsere bäuerlichen Familien haben Anspruch auf Schutz, weil sie im ländlichen Raum ein Stabilisierungsfaktor von großem Wert sind und weil unsere Dörfer nicht sterben sollen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Lieber Kollege Wimmer, ich muß hier einfach sagen: Das alles hat mit Wahlkampfzeiten überhaupt nichts zu tun.

(Lachen bei der SPD — Mann [GRÜNE]: Nein, überhaupt nicht!)

Zu tun hat es mit dem ständigen Reagieren auf die Agrarberichte und mit dem ständigen Reagieren auf die Beschlüsse der EG und auf die Auswirkungen ihrer Agrarpolitik. Wir können zeigen, daß wir sofort bei der Regierungsübernahme damit begonnen haben, 130 Millionen DM für die Berufsgenossenschaften bereitzustellen, anschließend 225 Millionen für benachteiligte Gebiete, dann 150 Millionen mit dem 3. ASEG, und heute fassen wir wieder einen Beschluß. Das alles soll und wird — meine Damen und Herren, prüfen Sie es bitte nach — immer kleinen und schwachen Betrieben zugute kommen.
Nun komme ich zu dem zentralen Anliegen der Bundesregierung, das in dieselbe Richtung deutet, daß wir nämlich dieses Problem des ländlichen Raumes von verschiedenen Seiten angehen. Es gehört zu meinem Part, diesen Teil besonders hervorzuheben und die Aussage zu machen, daß schon im Juni 1984 der Bundesminister für Raumordnung, Dr. Schneider, auf dem Wesertag in Höxter deutlich machte, es sei sein raumordnerisches Ziel, auf dem Lande gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen zu schaffen. Ich vermerke mit Genugtuung, daß auch die Organe des Europarates im Rahmen der Haushaltsberatungen die Durchführung einer europäischen Kampagne für den ländlichen Raum beschlossen haben, die ihren Schwerpunkt in den Jahren 1987 und 1988 haben soll. Wenn das so ist, dann



Rode (Wietzen)

stehen wir mit dem heutigen Anliegen, unseren Landwirten in einer Notsituation zu helfen und damit die Stabilisierung des ländlichen Raums zu festigen, nicht ohne Bundesgenossen da.
Meine Damen und Herren, es bietet sich geradezu an, den wirtschaftlich wichtigen Faktor Landwirtschaft für den dünn besiedelten ländlichen Raum anzusprechen, um hier einen zweiten guten Grund dafür zu nennen, weshalb wir geradezu die Pflicht haben, der Landwirtschaft mit nationalen Hilfen eine Chance für die Zukunft zu geben. Der Europarat nannte die Ziele seiner Schwerpunkte 1987/88 so: Man wolle im ländlichen Raum würdige Existenzbedingungen sicherstellen und in diesem Sinne sowohl die Raumordnung als auch die Nutzung der wirtschaftlichen Ressourcen des ländlichen Raums entwickeln. Ich stimme dem zu; dabei sollten Lebensqualität, aber besonders auch die Originalität des ländlichen Raumes erhalten bleiben. Auch der Bundesregierung und auch der Fraktion der CDU/CSU ist dies ein besonderes Abliegen. Es ist am besten durch eine Vielzahl von kleineren Betrieben und Familien zu erreichen, die in der Landwirtschaft ihr Einkommen haben, oder aber auch in einer Kombination mit Handwerk und Dienstleistungsaufgaben.
Somit dient dieser heute eingebrachte Entwurf eines Beitragsentlastungsgesetzes dem Ziel, eine möglichst große Anzahl von bäuerlichen Betrieben als Voll-, Zu- oder Nebenerwerbsbetriebe zu erhalten und damit die Funktionsfähigkeit und die Infrastruktur des ländlichen Raumes zu sichern, ja, im Grunde die ländliche Kultur zu bewahren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es ist einfach nicht zu verstehen, daß die Kommission durch ihre Methode der Preisabsenkung für unsere bäuerlichen Betriebe eine Talfahrt einläuten möchte, die dann erhebliche negative Folgen für das gesamte wirtschaftliche Umfeld einer ländlichen Struktur zeigen würde. Die Landwirtschaft ist als Handels- und Geschäftspartner auf dem Lande von erheblicher Bedeutung und im Wirtschaftsgefüge der ländlichen Kleinstädte und Gemeinden Schlichtweg lebenswichtig. Viele Handels- und Handwerksbetriebe, aber auch viele Institutionen würden nicht überleben können, wenn eine Vielzahl kleinerer Betriebe mit den auf ihnen lebenden und wirtschaftenden Menschen die Dörfer verlassen müßte. Immerhin lebt im ländlichen Raum etwa die Hälfte unserer Bevölkerung — in vergleichsweise guter Umwelt und Wohnqualität. In unserem ländlichen Raum wird insgesamt rund ein Drittel des Bruttosozialprodukts erwirtschaftet.
Bedenkt man nun das Anliegen der Raumordnung im Bund und auch in der EG, dann fordert die erfolgreiche Weiterentwicklung des ländlichen Raumes als eigenständiger Lebens- und Wirtschaftsraum ein koordiniertes Handeln vieler Politikbereiche. Die Mitglieder der CDU/CSU im Agrarausschuß sehen in der schnellen nationalen Hilfe neben den von meinen Vorrednern erwähnten hauptsächlichen Gesichtspunkten diese Erhaltung des ländlichen Raums als eine ebenso vordringliche
Aufgabe an, die auch mit diesem Gesetzesvorhaben eine gute Stützung erfährt.
Mir ist heute besonders wichtig, daß die weitere Öffentlichkeit unserem Anliegen helfend zur Seite steht. Ich fordere die Mitbürger geradezu zur Solidarität mit den kleinen bäuerlichen Betrieben auf. Das sollte uns allen leicht fallen, wenn wir bedenken, daß wir heute nur noch zwischen 15 und 22 % unseres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben und daß es vor 30 Jahren noch fast das Dreifache war.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU — Zuruf der Abg. Frau Blunck [SPD])

Nun garantieren uns die Bauern einen preisgünstig und reichhaltig mit gesunden Produkten gedeckten Tisch und stellen die Ernährung sicher. Dafür haben sie Anspruch auf unseren Beistand in der öffentlichen Diskussion. Ich fordere auch dazu auf, die nationalen Hilfen nicht einfach mit dem Schimpfwort „Subvention" madig zu machen und grundlos abzuwerten.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

Auch für seine Anstrengungen und Leistungen als Pfleger der Landschaft hat der Bauer Anspruch auf Anerkennung und auf Vergütung. Wir sollten als Verbraucher gezielt qualitativ gute deutsche landwirtschaftliche Erzeugnisse kaufen, und wir sollten auch ruhig etwas mehr für Nahrungsmittel ausgeben, schließlich kommt es uns doch allen wieder zugute,

(Zuruf der Abg. Frau Blunck [SPD])

weil es den ländlichen Raum vor einem schlimmen und gesellschaftspolitisch schädlichen Strukturwandel bewahren wird.

(Immer [Altenkirchen] [SPD]: Noch mehr essen!)

Landwirte und ihre Familien müssen ein gesellschaftspolitisch stabilisierender Faktor für den ländlichen Raum bleiben, dann bleibt der ländliche Raum auch Lebensraum von Rang und Kraftquelle für seine Bewohner und für die Besucher aus den Ballungsräumen und bietet Möglichkeiten für Freizeit und Gesundheit.

(Pfuhl [SPD]: Ihnen sieht man das viele Essen nicht an, Herr Rode!)

Meine Damen und Herren, oftmals hört man die Äußerung der Bauern, man wolle keine Almosen, man wolle für gute Arbeit auch den entsprechenden Lohn der Arbeit, wie es doch überall üblich sei. Das ist natürlich richtig. Der Preis muß das Einkommen sichern. Wenn es für ein wichtiges Startziel ist, allen Bevölkerungsgruppen möglichst gleichwertige wirtschaftliche und soziale Startchancen zu geben und die Kommission diesen Weg nicht gehen will, dann bietet sich die nationale Hilfe im sozialen Bereich geradezu an. Wir stören dadurch nicht die durch Mehrheitsbeschlüsse auch für uns gültigen Marktordnungen und Kommissionsvorgaben. Wir drängen damit auch nicht zu einer — sicher für



Rode (Wietzen)

unsere Landwirte äußerst schädlichen-Renationalisierung.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

Ich jedenfalls weise Äußerungen entschieden zurück — als ob es sich bei diesen Entlastungshilfen um Almosen oder mürrisch unter den Tisch geworfene Brotsamen handeln würde. Schließlich wurden die sozialen Sicherungssysteme der Landwirtschaft erst sehr spät eingeführt. Sie entwickelten auf Grund dieser kurzen Lebensdauer ein recht ungünstiges Verhältnis von Beitragseinnahmen und Leistungsverpflichtungen. Dramatisch verstärkt wurde diese Tendenz noch durch den Strukturwandel, so daß sich heute eine kleiner werdende Zahl von Erwerbstätigen einer immer größer werdenden Zahl von immer älter werdenden Sozialleistungsempfängern gegenübersieht. Damit wird der Landwirtschaft trotz voller Erreichung ihrer volkswirtschaftlichen Aufgaben eine Sozialbelastung aufgebürdet, wie es mit keiner anderen Gruppe unseres Gemeinwesens auch nur annähernd vergleichbar geschieht.
So gesehen ist die einkommensabhängige und gestaffelte Bezuschussung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung kein Almosen, kein Geschenk, sondern eine durchaus verdiente Entlastung in einer besonderen Notsituation.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe der Abg. Frau Blunck [SPD])

Hier wird heute durch dieses Gesetz eine schnelle Hilfe an die Hand gegeben, die kurzfristig ist und natürlich nur Übergangscharakter haben kann.

(Mann [GRÜNE]: Die vor allem Wahlhilfecharakter hat!)

Als Abfederung und Überbrückungshilfe ist dies gut und richtig so. Ich bin froh, daß wir auf Grund unserer erfolgreichen wirtschaftlichen Daten finanziell in der Lage sind, hier auch Geld auszugeben.
Herr Wimmer, auf Ihre Antwort kann ich Ihnen nur sagen, daß das bei Ihnen nie so gewesen wäre. Ich habe manchmal das Gefühl, Sie haben überhaupt keine Finanzminister mehr gehabt.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Es bleibt die Aufgabe, längerfristig eine Neuordnung der EG-Agrarpolitik aufzulegen. Das kann aber nur mit allen EG-Partnern geschehen.

(Zurufe der Abg. Frau Blunck [SPD])

Wir würden sonst den Verlust von Marktanteilen riskieren. Das wollen wir nicht.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, vorerst — damit komme ich zum Schluß — brauchen unsere kleinen und mittleren Betriebe nationale und vor allem schnelle Hilfe und unsere Unterstützung.

(Dr. Müller [Bremen] [GRÜNE]: „Erblast"!)

Wir wollen die ländliche Kultur erhalten. Die Menschen sollen auf dem Dorf wohnen und arbeiten können. Die Landwirtschaft erfüllt große und wichtige soziale, ökonomische, ökologische, regionale und gesellschaftspolitische Ziele, wie sie kaum eine andere Gruppe unseres Gemeinwesens auch nur annähernd erfüllt.

(Mann [GRÜNE]: Die Bauern wollen Taten sehen und nicht nur schöne Worte hören!)

Deshalb wollen wir den bäuerlichen Betrieben und
Familien helfen. Dieses Gesetz ist eine Hilfe. Wir
alle sollten ihm zustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021702700
Das Wort hat der Abgeordnete Oostergetelo.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1021702800
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um der Redlichkeit willen muß man hier wohl sagen, daß es aus dieser ernsten Lage, in der sich die Landwirtschaft befindet, keinen Königsweg gibt. Wer so tut, als ob er diesen Weg gefunden hätte, der streut den Bauern Sand in die Augen — zumindest vor gewissen Terminen.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich sage ein zweites: Es gibt hier auch niemanden im Hause, der sagen kann, daß er hier ohne Schuld, daß es soweit hat kommen müssen, herauskommt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Einsicht ist gut!)

— Dies ist auch richtig. Herr Rode, ich habe ja Nachsicht auf Grund von Sympathie für Ihre Person. Sie können nicht alles wissen, was da gesagt worden ist. Ich zitiere nur eine einzige Bemerkung unseres gemeinsamen Kollegen Heereman, der hier nach der Wende gesagt hat: Wir von der Union haben ein geschlossenes Konzept; wir werden die Überschüsse abbauen, und es wird keinen einzigen Härtefall geben.

(Mann [GRÜNE]: Wo ist denn Herr Heereman?)

Demnach brauchten wir heute keinen Ausgleich. Also Vorsicht mit der Vergangenheitsbewältigung, sage ich Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir heute über agrarpolitische Maßnahmen der Regierung debattieren, muß ich eines fest= stellen: Es ist eine unmittelbare Folge der Politik der Regierung Kohl,

(Zuruf von der CDU/CSU: Ihrer Politik!)

daß wir in immer kürzeren Abständen hier zusammenkommen müssen, um hektische Notmaßnahmen für unsere Landwirte zu beraten und auf den Weg zu bringen. Die Vorredner aus meiner Partei haben dazu Grundsätzliches gesagt.
Meine Damen und Herren, da beißt die Maus keinen Faden ab: Es ist keineswegs so, daß die Regierung heute die soziale Dimension der Agrarpolitik und insbesondere der Subventionspolitik aus freien Stücken umsetzen will. Wir haben schon damals anläßlich der Diskussionen um die Anhebung der Vorsteuerpauschale die Forderung gestellt, die um-



Ostergetelo
satzbezogene Hilfe wenigstens zum Teil nach sozialen Gesichtspunkten zu vergeben.

(Zustimmung des Abg. Eigen [CDU/CSU])

Das war schon damals die Forderung der SPD. Jetzt, viel zu spät, kommen Sie mit ein paar Millionen nach.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021702900
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Eigen?

Jan Oostergetelo (SPD):
Rede ID: ID1021703000
Bitte schön.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID1021703100
Herr Kollege Oostergetelo, geben Sie mir zu, daß die Brüsseler Beschlüsse des Ministerrats zu den Agrarüberschüssen auf eine Vorlage der Kommission zurückgehen und die Bundesregierung geeignete Vorschläge nach Brüssel gegeben hat, die aber bisher von Kommission und Ministerrat leider nicht in die Tat umgesetzt worden sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1021703200
Wissen Sie, Herr Kollege, ich habe heute nicht die Zeit, darüber zu debattieren, welche Möglichkeit der Einflußnahme auf die EG die Regierung im Zusammenhang mit dem Abbau der Überschüsse, über dessen Notwendigkeit wir uns alle einig sind, hat. Das, was die Bundesregierung hier unternommen hat, angefangen bei der Milchquote, ist so katastrophal, daß wir heute noch die Folgen zu zahlen haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir hätten schon damals, als es um die Zustimmung zu Milliardenbeträgen ging, die Möglichkeit gehabt, wenigstens ein paar Millionen für die Existenzsicherung abzuzweigen. Sie haben sich gewehrt.
Spüren Sie, meine Damen und Herren vom Regierungslager, denn nicht, daß Sie eigentlich völlig blamiert dastehen? Dadurch, daß jetzt die soziale Dimension der staatlichen Agrarpolitik forciert wird, entlarven Sie alle Ihre Diskussionsbeiträge der Vergangenheit —, dies war, wenn ich Sie an der Vergangenheit messe, dummes Geschwätz oder zumindest kurzsichtiges Geschwätz.
Herr Eigen, was haben wir damals gesagt? Es hieß: Umsatzstarke Betriebe verlieren am meisten, deshalb müssen sie auch am meisten von dem Segen abbekommen. Das war die Diskussion beim Grenzausgleich. Trifft das heute bei dem Preisverfall des Getreides nicht mehr zu?

(Zuruf der Abg. Frau Blunck [SPD])

Ist es heute nicht so, daß bei dem Preisverfall derjenige am meisten verliert, der am meisten produziert? Ist alles nicht mehr wahr, was vor einem Jahr wahr war?

(Eigen [CDU/CSU]: Doch!)

Warum dann jetzt so tun, als hätten Sie das erfunden?

(Eigen [CDU/CSU]: Dies ist ein ganz anderes Programm!)

Ich sage Ihnen, weshalb es jetzt auf einmal geht: weil drohende Wahlschlappen Sie dazu zwingen, dies nun endlich zu machen.

(Zuruf der Abg. Frau Blunck [SPD])

Drohende Wahlschlappen sagen Ihnen, was Recht oder Unrecht, was angemessen oder unangemessen ist. Sie wissen es auch, wenn Sie ehrlich zu sich selber sind.
Ich freue mich natürlich darüber, daß jetzt klammheimlich zu einer Politik der direkten Einkommensübertragung übergegangen wird, was sie jetzt planen, ist doch nichts anderes. Das habe ich schon vor Jahren gefordert. Wir hielten das schon vor Jahren für richtig, Sie haben es doch abgelehnt und diffamiert, auch als zusätzliche Hilfe. Wir Sozialdemokraten halten das unverändert für richtig.

(Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Sie hätten es 13 Jahre lang umsetzen können! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Wissen Sie, ich würde Sie bitten, daß Sie sich selber kontrollieren. Soll ich einmal zitieren, was Sie so in Wahlkämpfen sagen?

(Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Ja!)

Nein, Kollege, ich sage Ihnen: Dies ist ein vernünftiger Weg des Einstiegs. Deswegen werden die Sozialdemokraten keine Sonthofener Strategie betreiben, sondern wir werden zustimmen. Das ist doch wohl das Selbstverständlichste der Welt. So haben sich Sozialdemokraten immer benommen.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021703300
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schartz?

Günther Schartz (CDU):
Rede ID: ID1021703400
Herr Kollege Oostergetelo, stimmen Sie mir zu, daß die Entlastungsabsicht der Sozialdemokraten vor etlichen Jahren darin bestanden hat, die Bundesmittel bei den größeren Betrieben abzuziehen und sie den kleineren Betrieben zu geben, und daß die Sozialdemokraten nicht die Absicht hatten, durch zusätzliche Bundesmittel alle bäuerlichen Betriebe zu entlasten?

Jan Oostergetelo (SPD):
Rede ID: ID1021703500
Herr Kollege, ich verrate hier wohl kein Geheimnis, wenn mir klar ist, wie seltsam Sie als Vizepräsident des Bauernverbands für kleine Strukturen gekämpft haben. Sie wissen ganz genau, daß bei der Vorsteuerpauschale und allen sonstigen Entlastungsmaßnahmen immer diejenigen entlastet worden sind, bei denen die Existenzgefährdung am wenigsten gegeben war, und nicht umgekehrt.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, Sie kennen die alte Last: Wir hatten das Gutachten, aber es wurde uns nicht auf den Tisch gelegt. Hermann Wimmer hat das hier richtiggestellt.

(Zustimmung bei der SPD)




Oostergetelo
Sie sind selber mein Zeuge, oder ich müßte Zitate bringen.

(Bohl [CDU/CSU]: Das ist doch gar keine Antwort! — Weitere lebhafte Zurufe von der CDU/CSU — Abg. Schartz [Trier] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Wenn es keine Fragen gibt, bin ich gern bereit, fortzufahren.

(Heiterkeit — Eigen [CDU/CSU]: Es gibt noch eine Frage!)

Vor zwei Jahren ging es den Bauern keineswegs gut, aber jetzt stehen viele in der Gefahr, ihre Existenz einzubüßen. Sie wissen doch, wie es draußen im Lande aussieht. So wie in der Sozialpolitik ist es überall. Heute sind Sie stolz darauf, den Kreis der benachteiligten Gebiete auf 6 Millionen ha erhöht zu haben. Herr Bundesminister, ich prophezeihe Ihnen: Sie werden demnächst auf 8 Millionen ha, dann auf 10 Millionen ha und dann auf 11 Millionen ha erweitern, und dann werden Sie bei dem angekommen sein, was wir wollen, nämlich als zweites Bein Einkommensübertragungen, damit es eine wirksame Existenzsicherung geben kann.
Eine vernünftige Dotierung muß her. Ich darf hier auch einmal die Frage stellen: Wie kommt es eigentlich, daß die Dotierung in meinem Land nur halb so hoch ist wie in Nordrhein-Westfalen, wenn es um den Ausgleich geht? Da sieht man, wo mehr getan wird!
Im „Bayernkurier" stand im übrigen zu lesen: „Es ist gelungen — die Fläche der benachteiligten Gebiete wurde auf 600 Millionen ha ausgedehnt." Das ist ungefähr die Fläche von hier bis zum Ural! So kommen bei Ihnen allein schon die Größenordnungen durcheinander.
Ich denke, daß Sie mit dem 100-Millionen-DMProgramm seitens des Bundes — —

(Eigen [CDU/CSU]: Was war mit dem Ural?)

— Meine Zeit reicht nicht aus, um darauf eingehen zu können. Sie haben im „Bayernkurier" von 600 Millionen ha gesprochen. Da weiß man nicht einmal, wie groß die Fläche der Bundesrepublik ist.

(Pfuhl [SPD]: So groß ist Bayern!)

Es gibt ein 100-Millionen-DM-Programm von seiten des Bundes; mein Vorredner hat es schon gesagt.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Sie wundern sich, meine Freunde, wenn Sie erfahren, wohin das Geld geht: nach Niedersachsen. 1 % der Finanzmasse, die in ersten Überlegungen vorgesehen war, bleibt dafür übrig, und mein Land geht allen voran. Nachdem alles gelungen ist, wird ein weiteres 100-Millionen-DM-Landesprogramm aufgelegt, damit man Bauern aufkauft und damit ihre Flächen in Staatseigentum übergehen..

(Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Das ist ja gar nicht wahr! Das ist doch die Unwahrheit! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU: Die Unwahrheit!)

— Schauen Sie sich das einmal an. Dies ist die Wahrheit, Herr Kollege. Sie können ja eine Zwischenfrage stellen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, ich weiß ja, wer die Flächen abkauft und wer sie dann bekommt. Das ist mir völlig klar. Ich weiß, wie das geht. Die niedersächsische Landgesellschaft muß nach ihrer Satzung wirtschaftlich damit umgehen. Ich weiß, wer in zwei Jahren die Besitzer dieser Flächen sein werden.

(Hört! Hört! bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir lassen hier kein Mißverständnis aufkommen: Die SPD unterstützt die Bestrebungen, Hilfe zu gewähren, auch wenn sie noch so gering ist. Deshalb werden wir heute ja sagen. Wir sollten aber nicht vergessen, daß es diese Koalition war, die es bisher abgelehnt hat, Obergrenzen einzuführen. Sie haben in der Beratung jede vernünftige Obergrenze abgelehnt.

(Beifall bei der SPD — Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Erstmalig eingeführt! Ihr habt 13 Jahre nichts getan! — Weitere lebhafte Zurufe von der CDU/CSU)

Bei der Beratung war mir der Bauernverband lieber, dessen Vertreter zugegeben hat: Wir bringen es nicht; so Herr Dr. Born vom DBV in der Anhörung. Sie haben versucht, eine mit 1,5 und 2,5 manipulierte Obergrenze zu etablieren.

(Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Das war zumindest eine Obergrenze!)

Soll ich Ihnen sagen, was das für Cloppenburg und für Cuxhaven bedeutet?

(Mann [GRÜNE]: Sagen Sie es mal!)

Das war Ihr Antrag vom 23. Mai, entstanden am Tag der Wahl des Bundespräsidenten. Er wurde am 6. Juni von Ihnen so eingebracht. Sie wollten die industrielle Produktion ebenfalls segnen — dies vergessen wir nicht.

(Beifall bei der SPD — Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Das ist doch nicht wahr! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Wir vergessen nicht, was Sie hier alles eingeleitet haben.
Meine Damen und Herren, wir fordern Sie auf: Helfen Sie mit, daß der Kurs nicht weiter in Richtung Abgrund geht. Es ist bequem, auf guten Sätteln auf den Abgrund zuzufahren. Wir dürfen diesen Weg nicht beschreiten. Heute ist ein Beitrag dazu geleistet worden, den Kurs zu ändern; das gebe ich zu. Deshalb sagen wir ja, und deshalb sage ich mit Albert Pfuhl am Ende: Meine Damen und Herren, machen Sie mit, damit hier eine grundsätzliche Kehrtwendung eingeleitet werden kann. Damit wir nicht auch noch die Sargnägel liefern, fordere ich

Oostergetelo
Sie von der Union und von der FDP auf: Handeln wir gemeinsam!

(Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Das haben wir gerne! Erst beschimpfen und dann auffordern, gemeinsam zu handeln!)

Sie haben ihre ideologischen Scheuklappen jetzt teilweise abgelegt. Machen Sie mit! Obergrenzen müssen eingeführt werden, damit der bäuerliche Familienbetrieb echter Nutznießer der Förderung wird. Es darf nicht eine Quasi-Agrarindustrie gefördert werden.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Machen Sie mit bei der Direktübertragung, damit die Förderung für umsatzschwache Existenzen rettend und für die Landschaft und die Landwirtschaft insgesamt existenzerhaltend wirkt und für den Steuerzahler bezahlbar bleibt. Wir fordern die grundsätzliche Reform der Agrarpolitik. Machen Sie mit, damit Ökologie und Ökonomie zum Ausgleich kommen

(Beifall bei der SPD — Ströbele [GRÜNE]: Ja, genau!)

und damit für uns alle eine Agrarstruktur bewahrt wird, deren Wert und deren gesellschaftlicher Nutzen unersetzlich sind. Wir sind zu dieser Arbeit bereit. Es liegt an Ihnen, nicht nur vor Wahlterminen kleine Tuscheln zu geben. Hier brauchen wir ein grundsätzliches Umdenken. Wir sind zur Mitarbeit bereit.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021703600
Das Wort hat der Abgeordnete Funk.

Honor Funk (CDU):
Rede ID: ID1021703700
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bauern sind unruhig. Es ist die Sorge um ihre Zukunft, welche die Bauern umtreibt, nicht die Lust am Protest und an der Demonstration. Herr Kollege Oostergetelo, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, wir hätten alles falsch gemacht, um produktionsbegrenzende Maßnahmen einzuleiten, dann liegen Sie natürlich völlig falsch. Sie haben kein einziges Wort darüber gesagt, wie Sie das anders gemacht hätten.
Ich will Ihnen folgendes sagen: Wenn man produktionsbegrenzende Maßnahmen einleiten muß, ist das schwierig und hart für den einzelnen, der davon betroffen ist. Ich bin auch praktischer Landwirt, und ich bin auch von solchen Maßnahmen betroffen. Sie können doch nicht hierherkommen und so tun, als ob sie ein Konzept hätten, das ohne schmerzhafte Eingriffe in die Landwirtschaft umgesetzt werden kann. Das ist doch das Problem. Diesen schmerzhaften Eingriffen sind Sie 13 Jahre aus dem Weg gegangen. Das ist die ganze Wahrheit, die man hier sagen muß.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dazu ist von Ihnen kein einziger Vorschlag gekommen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021703800
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Oostergetelo?

Honor Funk (CDU):
Rede ID: ID1021703900
Nein, ich habe zu wenig Zeit. -Niemand bezweifelt, daß sich die nationale und die EG-Agrarpolitik in einer ernsten Krise befinden. Die Kritik entzündet sich an den sinkenden Einkommen der bäuerlichen Betriebe. Trotz erheblicher finanzieller Aufwendungen zur Preisstützung landwirtschaftlicher Erzeugnisse sind die Preise für fast alle Produkte wegen des Marktungleichgewichts zusammengebrochen. Das ist die Sorge und die Not der Landwirte. Außerdem haben wir das Mittel der Abwertung nicht, um den Bauern national mehr helfen zu können. Das ist nicht unsere Schuld.

(Frau Blunck [SPD]: Das ist nie eure Schuld!)

Die Preispolitik ist nicht mehr in der Lage, Einkommen zu sichern.
Die wichtigste Aufgabe ist die Beseitigung der Überschüsse. Was aber in zehn Jahren gewachsen ist, kann nicht rasch beseitigt werden. Das größte Problem, dem wir uns gegenübersehen, sind die aus früheren Jahren eingegangenen und übertragenen Verpflichtungen, die heute 22 Milliarden ECU in der EG binden und die finanziert werden müssen.
Eine Rückwärtsbetrachtung und Schuldzuweisung helfen überhaupt nicht weiter.

(Oostergetelo [SPD]: Richtig!)

Wir brauchen eine Vorwärtsstrategie. Die Herstellung intakter Märkte bei Milch, Fleisch, Getreide und anderen Produkten setzt aber voraus, daß wir Maßnahmen ergreifen.
Erstens ist die Bereitschaft aller EG-Partner notwendig, sich rasch am Abbau der Überschüsse und deren künftiger Verhinderung zu beteiligen. Das ist die wichtigste Aufgabe, die wir haben.
Zweitens müssen geeignete, in der EG konsensfähige Lösungen zur Produktionsbegrenzung verwirklicht werden, z. B. der Großversuch „Grünbrache", der nun anlaufen soll,

(Pfuhl [SPD]: Vier Wochen vor der Wahl in Niedersachsen!)

oder Vorruhestandsregelung und weitere Maßnahmen. Aber sie müssen von den EG-Partnern mitgetragen werden; sie dürfen nicht unterlaufen werden. Sonst ist dies ein Schlag ins Wasser.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Drittens müssen Anbauflächen aus dem Getreideüberschußbereich herausgenommen werden. Zu fördern ist der Anbau von Defizitfrüchten wie z. B. Eiweißpflanzen, Ölfrüchten und nachwachsenden Rohstoffen, soweit dies möglich ist. Außerdem sollte mehr Getreide in der Landwirtschaft selber verfüttert werden. Das sind Maßnahmen, die uns weiterhelfen, in etwa von den großen Überschüssen herunterzukommen.
Viertens sind die Marktkapazitäten durch Verhinderung der Lebensmittelimitation zu erhalten. Dazu haben Sie überhaupt nichts gesagt. Wir sind



Funk
dafür, daß die Reinheitsgebote für Milch, Fleisch, Wurst und deren Begleitprodukte langfristig gesichert werden. Ich möchte an dieser Stelle ganz besonders den Vorsitzenden der Gewerkschaft Nahrung - Genuß - Gaststätten, Herrn Döding, nennen, der uns einen vernünftigen Brief geschrieben hat, der uns ermuntert hat und zugesagt hat, uns dabei zu unterstützen, den Kampf gegen diese Lebensmittelimitation zu führen, damit die deutschen Gesetze erhalten bleiben können und nach Möglichkeit auch in der ganzen EG zur Durchführung kommen können.
Fünftens. Wir sind dafür, daß Bestandsobergrenzen zur Verhinderung unerwünschter Konzentrationen in der Tierhaltung zum Schutz der bäuerlichen Betriebe angestrebt und eingeführt werden. Wir sind der Meinung, daß die Regierung auf vielfältigen Ebenen versuchen muß, an dieses Problem heranzugehen. Das hat sie auch eingeleitet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP — Oostergetelo [SPD]: Konkret, Herr Kollege!)

Sechstens. Die Landwirtschaft ist bereit, einen Beitrag zur Schonung von Umwelt und Natur, für die Bereitstellung von Schutzgebieten, für Trinkwasser, Natur- und Landschaftsschutzgebiete zu leisten. Aber diese Leistungen müssen der Landwirtschaft entsprechend der Nutzungsbeschränkung, die sie dabei erdulden muß, auch entschädigt werden,

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ebenso die Leistungen für die Landschaftspflege.
Die EG hat momentan kein Geld für Preiserhöhungen. Die Probleme sind nicht kurz-, sondern eher mittelfristig zu lösen. Die Dollarschwäche kostet die EG zusätzliche Erstattungsmittel. Ein Bündel von Maßnahmen ist erforderlich, um der Landwirtschaft in dieser Notlage zu helfen und die eingetretene Not zu mildern.
Wichtigste Hilfsmaßnahmen sind die Entlastung in der Sozialpolitik. Die Zuschüsse in der Unfallversicherung bringen allen Betrieben eine fühlbare Entlastung. In der Altershilfe sind durch das 3. ASEG schon am 1. Januar 1986 entsprechende Entlastungsmaßnahmen eingeleitet. Sie werden durch den heutigen Gesetzentwurf noch zusätzlich verbessert. Diese Hilfe ist wirksam. Sie erreicht die einkommensschwachen Betriebe. Sie ist ein Einstieg in eine Änderung der Agrarpolitik, welche die hohen Überschüsse abbauen und den bäuerlichen Betrieben dabei helfen will.
Steuerliche Entlastungen und die Ausweitung der benachteiligten Gebiete sind zusätzliche Programme, von denen hier überhaupt niemand gesprochen hat, die diese Regierung in den letzten Monaten auf die Beine gestellt hat.

(Frau Weyel [SPD]: Welche denn?)

Ich möchte den Herrn Minister noch bitten, daß die Futtergetreideflächen in den benachteiligten Gebieten ebenso aufgenommen werden. Ich möchte auch darum bitten, daß die Viehbindung gelockert wird, Herr Minister, damit die Intensität in den benachteiligten Gebieten nicht gesteigert werden muß,

(Oostergetelo [SPD]: Richtig so!)

um überhaupt an die Zuschüsse heranzukommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Oostergetelo [SPD]: Warum nicht gleich? Richtig so!)

Das halte ich für eine wichtige Sache. Ich habe das dem Herrn Minister in einem Brief auch mitgeteilt.

(Oostergetelo [SPD]: Richtig so!)

Denn in dem Gebiet, aus dem ich komme, spielt das eine große Rolle.
Ich möchte aber dem Minister Kiechle ausdrücklich danken für seine zähen Verhandlungen, für sein großes Engagement, ich möchte ihm und seinen Beamten danken, daß sie so rasch diesen heutigen Gesetzentwurf auf die Beine gebracht haben.

(Pfuhl [SPD]: Den habt ihr doch auf die Beine gebracht, nicht er! Das ist ein Antrag der CDU/CSU, nicht von der Regierung!)

Das ist ein klarer Beweis der Bundesregierung: Sie läßt die Bauern nicht im Stich. Die Bundesregierung hat sofort gehandelt. Sie hat die Möglichkeiten, welche ihr national zur Verfügung stehen, genutzt.

(Oostergetelo [SPD]: Wie ist es mit dem Abbau des Grenzausgleichs? — Frau Weyel [SPD]: Ein CDU-Entwurf!)

Direkte finanzielle Zuwendungen sind der einzig praktikable Weg, um die Einkommen der Bauern aufzubessern. Keine Regierung hat bisher in so kurzer Zeit so weitgehende Unterstützungen für die Landwirtschaft in die Tat umgesetzt. Diese Maßnahme muß allseits unsere Anerkennung finden.
Zum Schluß muß ich noch auf eines eingehen. Herr Kollege Werner, wenn Sie sagen, 2 000 DM haben keinen Wert, dann haben Sie sich dabei wohl nichts gedacht.

(Zurufe von den GRÜNEN und von der SPD: Hat er nicht gesagt!)

Ich will Ihnen eines sagen. Wenn ein Landwirt 500 Doppelzentner Getreide verkauft und pro Doppelzentner 4 DM weniger bekommt, dann macht das 2 000 DM aus.

(Ströbele [GRÜNE]: Bau keinen Pappkameraden auf!)

Aber was meinen Sie, wie bestürzt dieser Mann ist, wenn er für 500 Doppelzentner je 4 DM weniger bekommt? Wenn er 100 Ferkel verkauft und pro Stück 20 DM weniger bekommt, dann ist er darüber bestürzt. Deswegen bin ich der Auffassung, daß wir solche Hilfen in keiner Weise diskriminieren sollten.

(Werner [Dierstorf] [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage — Oostergetelo [SPD]: Jetzt müssen Sie ihn ranlassen!)




Funk
Ich möchte für meine Fraktion hier erklären: Wir danken der Bundesregierung ausdrücklich, daß sie diesen Gesetzentwurf so rasch auf die Beine gebracht hat.

(Frau Weyel [SPD]: Die hat keinen Entwurf auf die Beine gebracht!)

Ich bitte das ganze Haus, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Oostergetelo [SPD]: Unfair ist das, ihn anzugreifen und nicht sprechen zu lassen!)

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Pfuhl [SPD]: Unfair!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021704000
Meine Damen und Herren, ich darf darauf aufmerksam machen, daß es kein Gesetzentwurf der Regierung ist, den wir hier gerade behandeln - das war ein Irrtum des Herrn Kollegen —, sondern er ist von den Fraktionen eingebracht worden.
Eben habe ich noch einmal auf den Titel geschaut. Ganz generell darf ich mir erlauben, zu sagen, daß die Sachdebatte eigentlich kaum zu dem Gesetzesinhalt stattgefunden hat; es war mehr eine allgemeine Agrardebatte. Ich darf der Ordnung halber sagen, daß wir ein weites Feld abgedeckt haben, das sachlich nur sehr begrenzt mit dem Gesetzentwurf im Zusammenhang steht.

(Zurufe)

Das freundliche Lächeln der Herren Kollegen zeigt, daß es jeder weiß.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

— Hier ist keiner persönlich angegriffen worden.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Doch!)

— Wenn Sie sich persönlich angegriffen fühlen, haben Sie nach § 30 der Geschäftsordnung das Recht zur Abgabe einer persönlichen Erklärung.

Helmut Werner (GRÜNE):
Rede ID: ID1021704100
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte nur in zwei Sätzen erklären, daß das, was soeben gesagt worden ist, in meiner Rede nicht vorgekommen ist, daß ich behauptet hätte, 2 000 DM würden für die Bauern nichts bedeuten. Ich weiß sehr wohl, daß, wenn ein Bauer im unteren Einkommensviertel nur 2 800 DM Einkommen im ganzen hat, dann 2 000 DM für ihn eine sehr hohe Summe sind und ihn das entlastet. Sie können in meiner Rede nachlesen, daß ich das nicht gesagt habe.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021704200
Meine Damen und Herren, wir sind mit diesem Tagesordnungspunkt noch nicht ganz zu Ende. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf Drucksache 10/5463 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen. Gibt es da noch Ergänzungen? — Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 a bis 21 f auf:
a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 19. November 1984 zur Errichtung. der Interamerikanischen Investitionsgesellschaft
— Drucksache 10/4629 —
aa) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit (20. Ausschuß)

— Drucksachen 10/5468, 10/5512 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Feilcke Dr. Hauchler
bb) Bericht des Haushaltsausschusses

(8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung

— Drucksache 10/5469 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Esters Borchert
Frau Seiler-Albring Suhr

(Erste Beratung 204. Sitzung)

b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit (20. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Sechster Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung
— Drucksachen 10/3028, 10/5174 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Höffkes Dr. Rumpf
Schluckebier
c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit (20. Ausschuß) zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Abgeordneten Repnik, Dr. Pinger, Dr. Laufs, Rühe, Dr. Hüsch, Schreiber, Graf von Waldburg-Zeil, Sauter (Epfendorf), Feilcke, Frau Fischer, Hedrich, Höffkes, Dr. Kunz (Weiden), Lamers, Dr. Pohlmeier, Herkenrath, Echternach, Kraus, Bayha, Hanz (Dahlen), Frau Augustin, Borchert, Dr. Lammert, Sauter (Ichenhausen), Schmidbauer, Dr. Olderog, Hornung, Schartz (Trier), Schulze (Berlin), Weiß, Schwarz, Eylmann, Werner, Susset, Bohl, Schneider (IdarOberstein), Brunner, Dr:Ing. Kansy, Clemens, Magin, Dr. Schwörer, Sauer (Stuttgart), Dr. Stercken, Pfeffermann, Frau Rönsch, Dr. Schroeder (Freiburg), Seehofer, Niegel, Dr. Bugl, Michels, Boroffka, Frau Geiger, Frau Hoffmann (Soltau), Carstensen (Nordstrand), Dr. Hoffacker, Frau Dempwolf, Seesing, Deres, Müller (Wadern), von Ham-



Vizepräsident Frau Renger
merstein, Eigen, Wilz, Rossmanith, Dr. Faltlhauser, Lintner, Frau Dr. Wisniewski, von Schmude, Ehrbar, Louven, Keller, Dr. Czaja, Wissmann, Hinrichs, Hauser (Esslingen), Spilker und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rumpf, Schäfer (Mainz) und der Fraktion der FDP
Erhaltung und Sicherung der natürlichen
Lebensgrundlagen in der Dritten Welt — Drucksachen 10/3089, 10/4032 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Repnik Schanz
d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit (20. Ausschuß)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Pinger, Frau Fischer, Dr. Hüsch, Lamers, Austermann, Repnik, Schreiber, Feilcke, Hedrich, Höffkes, Graf von Waldburg-Zeil, Dr. Pohlmeier, Dr. Kunz (Weiden), Ruf, Biehle, Herkenrath, Sauter (Epfendorf), Dr. Hoffacker, Dr. Lammert, Schulze (Berlin), Link (Frankfurt), Dr. Stavenhagen, Schemken, Dr. Götz, Dr. Rose, Sauter (Ichenhausen), Clemens, Schwarz, Graf Huyn, Jagoda, Pfeffermann, Lenzer, Seehofer, Spilker, Frau Dr. Hellwig, Dr. Möller, Maaß, Dr. Lippold, Dr. Stercken, Roth (Gießen), Dr. Becker (Frankfurt), Magin, Tillmann, Sauer (Stuttgart), Haungs, Dr. Bugl, Dr:-Ing. Kansy, Jung (Lörrach), Dr. Faltlhauser, Dr. Meyer zu Bentrup und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rumpf, Dr. Feldmann, Bredehorn, Frau Seiler-Albring, Schäfer (Mainz), Ronneburger, Dr. Haussmann, Grünbeck, Beckmann, Wurbs, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP
Intensivierung der Handwerksförderung in der Dritten Welt
zu dem Antrag der Abgeordneten Sauter (Epfendorf), Dr. Pinger, Dr. Kunz (Weiden), Herkenrath, Repnik, Graf von Waldburg-Zeil, Bayha, Borchert, Feilcke, Frau Fischer, Hedrich, Höffkes, Dr. Hüsch, Lamers, Dr. Pohlmeier, Schreiber, Echternach, Hanz (Dahlen), Dr. Lammert, Kraus, Rühe, Sauter (Ichenhausen), Schmidbauer, Frau Augustin, Carstensen (Nordstrand), Schartz (Trier), Michels, Niegel, Sauer (Stuttgart), Werner, Dr.-Ing. Kansy, Magin, Weiß, Kittelmann, Hornung, Eylmann, Bohl, Frau Roitzsch (Quickborn), Frau Dr. Wisniewski, Seehofer, Frau Rönsch, Louven, Dr. Stercken, Schwarz, Dr. Schwörer, Dr. Czaja, Clemens, Hauser (Esslingen), Dr. Schroeder (Freiburg), Dr. Miltner, Ganz (St. Wendel), Bühler (Bruchsal), Rode (Wietzen), Frau Geiger, Frau Hoffmann (Soltau), Frau Verhülsdonk, Frau Krone-Appuhn, Petersen, Stutzer, Dr. Hoffacker, Frau Dempwolf, Seesing, Stockhausen, Müller (Wadern), Eigen, Schneider (Idar-Oberstein), Doss, Wilz, Rossmanith, Nelle, Freiherr Heereman von Zuydtwyck und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rumpf, Schäfer

(Mainz), Paintner, Dr. Feldmann und der Fraktion der FDP

Förderung kleinbäuerlicher Betriebe in der Dritten Welt
— Drucksachen 10/1214, 10/1841, 10/5176 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Schreiber Toetemeyer
e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit (20. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Durchführung des Sonderprogramms zur Bekämpfung des Hungers in der Welt
— Drucksachen 10/4983 Nr. 34, 10/5189, 10/5412 —
Berichterstatter: Abgeordnete Brück Dr. Kunz (Weiden)

f) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit (20. Ausschuß) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Pinger, Dr. Hüsch, Höffkes, Hedrich, Dr. Lammert, Lamers, Repnik, Schreiber, Sauter (Epfendorf), Borchert, Feilcke, Frau Fischer, Dr. Kunz (Weiden), Dr. Pohlmeier, Graf von Waldburg-Zeil, Herkenrath, Echternach, Kraus, Schulhoff, Hornung, Weiß, Wilz, Kolb, Dr. Hornhues, Eylmann, Seesing, Frau Roitzsch (Quickborn), Dr. Hoffacker, Schemken, Maaß, Jagoda, Magin, Ruf, Schneider (Idar-Oberstein), Link (Frankfurt), Sauer (Stuttgart), Dr. Olderog, Dr. Schroeder (Freiburg), Clemens und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Schäfer (Mainz), Dr. Rumpf, Frau Dr. Hamm-Brücher, Dr. Feldmann, Frau Seiler-Albring, Ertl, Ronneburger, Dr. Solms, Dr. Weng (Gerlingen) und der Fraktion der FDP
Reformen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen als Voraussetzung für Selbsthilfe in der Dritten Welt
— Drucksachen 10/4109, 10/5405 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Dr. Hauchler Dr. Pinger
Zu den Punkten 21 b und 21 d liegen Änderungsanträge der Fraktion der SPD auf den Drucksachen 10/5482 und 10/5483 vor.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat sind eine gemeinsame Beratung der Punkte 21 a bis 21 f und eine Aussprache von zwei Stunden vorgesehen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? Möchten Sie länger reden? — Nein, das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Wünscht ein Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall.



Vizepräsident Frau Renger
Dann eröffne ich die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Dr. Jürgen Warnke (CSU):
Rede ID: ID1021704300
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte ist für die Bundesregierung Anlaß, im letzten Jahr der Legislaturperiode entwicklungspolitische Bilanz zu ziehen. 40 Jahre ist es her, daß wir selbst Hunger und Elend ausgesetzt waren, daß wir Hilfe brauchten, Hilfe erhielten und Hilfe dankbar annahmen. Wir haben es nicht vergessen. Heute, da wir weltweit in der Spitzengruppe des Wohlstandes sind, ist es unsere Pflicht, denen zu helfen, die hungern und in Armut leben. Wir sind dieser Pflicht nachgekommen. Die Mittel für die Entwicklungshilfe wurden über den Durchschnitt des Haushaltswachstums gesteigert.

(Ströbele [GRÜNE]: Wieviel haben die denn an uns bezahlt?)

Die Herausforderungen der Entwicklungshilfe haben sich der ersten Hälfte der 80er Jahre gewandelt. Die Verschuldung vieler Entwicklungsländer, besonders in Lateinamerika, erreichte krisenhaftes Ausmaß. Afrika wurde zum Hungerkontinent. Ernüchterung hat bei Gebern und Empfängern angesichts massiver Fehlentwicklungen Platz gegriffen.
Auf die gewandelten Herausforderungen hat die Bundesregierung mit der Neuorientierung deutscher Entwicklungspolitik geantwortet. Entwicklung bedeutet für die Bundesregierung die Entfaltung der in den einzelnen und in den Völkern angelegten schöpferischen Kräfte. Nicht wir bestimmen das Ziel. Wir leisten Hilfe im Respekt vor der Andersartigkeit, vor anderer kultureller Identität und in der Einsicht, daß da, wo kultureller und sozialer Wandel selbstgesetztes Ziel unserer Partner ist, dieser Wandel Zeit braucht. Oder, wie es der Bundespräsident unlängst ausgedrückt hat: Entwicklungspolitik braucht Geduld sowie die Bereitschaft und die Fähigkeit, selbstkritisch dazuzulernen.
Die Neuorientierung macht Schluß mit der Illusion, die Übertragung von viel Geld bedeute viel Entwicklung. Geld allein kann Menschen nicht entwickeln. Sicher ist Geld für Entwicklungshilfe nötig. Aber die Umverteilung von Geld zwischen Staaten birgt die gleichen Gefahren wie Umverteilung innerhalb eines Landes: Fehlallokation und Schwächung der Selbstverantwortung.
Die heute für Entwicklungshilfe zur Verfügung stehenden Mittel übersteigen in nicht wenigen Fällen bereits die Aufnahmefähigkeit der Empfänger. Die Forderung der SPD nach Verdoppelung der weltweiten Entwicklungshilfe zeigt: Sie ist bei den quantitativen Vorstellungen der 70er Jahre stehengeblieben. Für die SPD ist die Umverteilung international ebenso Selbstzweck wie die Erhöhung der Staatsquote auf nationaler Ebene.

(Dr. Hauchler [SPD]: So ein Quatsch! — Herkenrath [CDU/CSU]: Die Wahrheit tut weh!)

Steckengeblieben in ideologischer Befangenheit ist die SPD auch bei der Beurteilung, welche Kräfte heute Menschenrechte und Demokratie in Zentralamerika zur Durchsetzung verhelfen

(Ströbele [GRÜNE]: Ach so!)

und welche im Gegensatz dazu totalitäre Tendenz haben,

(Ströbele [GRÜNE]: Ronny Reagan!)

d. h. strukturell unfähig sind zur Achtung von Menschenrechten

(Ströbele [GRÜNE]: Sie und die Menschenrechte!)

und Demokratie im Innern und zur Nichteinmischung nach außen.

(Ströbele [GRÜNE]: Ihre Freunde in Guatemala!)

Die Bundesregierung hat in der Neuorientierung der Entwicklungspolitik

(Bindig [SPD]: Das schlägt dem Faß die Krone ins Gesicht! Sie sind doch ideologisch verblendet!)

die freiheitlichen Kräfte in El Salvador und in Guatemala ermutigt und ihnen zur Durchsetzung verholfen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Bindig [SPD]: Sie haben auf der Seite der Unterdrücker gestanden! — Ströbele [GRÜNE]: Sie finanzieren sie doch!)

Ich hoffe, daß Sie die Konsequenzen daraus ziehen werden und denen, die sich unter Einsatz ihres Lebens — und nicht hier im sicheren Port mit irgendwelchen verbalen Kraftakten — für Menschenrechte in Zentralamerika schlagen, Ihre Unterstützung auch in El Salvador und Guatemala nicht länger verweigern werden.

(Ströbele [GRÜNE]: Sie finanzieren die Mörder, Herr Warnke! — Dr. Hauchler [SPD]: Eine Verhöhnung! — Gegenruf des Abg. Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Verleumder da drüben!)

Bei den GRÜNEN allerdings besteht wenig Hoffnung.

(Ströbele [GRÜNE]: Sie finanzieren die; jawohl! Mitschuldig! — Gegenruf des Abg. Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Unerträglich!)

Allen Bestrebungen zum weltweiten Dirigismus, genannt „Neue Weltwirtschaftsordnung", hat die Bundesregierung eine Absage erteilt. Der Versuch, Rohstoffpreise auch bei Übersättigung des Marktes künstlich hochzuhalten, ist zum Scheitern verurteilt. Der Zusammenbruch des internationalen Zinn-Abkommens und die De-facto-Beendigung des OPEC-Kartells haben die Untauglichkeit planwirtschaftlicher Instrumente erneut erwiesen.
Mut zum Strukturwandel bei uns selbst und Bejahung des Wachstums auch in den Industrieländern schaffen neue Absatzmöglichkeiten für die Entwicklungsländer. Durch ihre Ablehnung des Wachstums bei uns selbst verweigern die GRÜNEN den



Bundesminister Dr. Warnke
Entwicklungsländern jene Steigerung der Nachfrage, die zu Recht von uns verlangt wird. Die Wachstumsfeindlichkeit der GRÜNEN entzieht ihren entwicklungspolitischen Beiträgen jeden Boden.

(Ströbele [GRÜNE]: Die werden doch immer ärmer, jedes Jahr! Es geht denen doch immer dreckiger!)

Arbeitslose bei uns schaffen keine Arbeitsplätze in der Dritten Welt. Nicht eine neue Weltwirtschaftsordnung, sondern mehr Respekt vor den Gesetzen der bestehenden Weltwirtschaftsordnung tut not.
Das heißt zum einen: Öffenhaltung unserer Märkte für die Entwicklungsländer. In ihrem Bekenntnis zum Freihandel weltweit ist die Bundesregierung seit Ludwig Erhard von wenigen Ländern erreicht, von keinem übertroffen worden.

(Ströbele [GRÜNE]: Wieviel haben Sie von denen kassiert?)

Allein im letzten Jahr betrug unser Einfuhrüberschuß gegenüber den Entwicklungsländern mehr als 5 Milliarden DM. Das ist wirksame Hilfe zur Selbsthilfe.

(Ströbele [GRÜNE]: Wieviel haben Sie von denen bekommen?)

Unser Ziel ist es, auch unsere Partner in der Europäischen Gemeinschaft von der Richtigkeit einer Politik der offenen Märkte zu überzeugen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Reform des europäischen Agrarmarkts mit dem Ziel des Abbaus struktureller Überschüsse wird den Entwicklungsländern zusätzliche Chancen auf dem Weltmarkt eröffnen.
Zum anderen: Wer Entwicklungsländer zur Haushaltsdisziplin auffordert, darf selbst nicht Defizite in dreistelliger Milliardenhöhe produzieren und mit der dadurch verursachten Kreditnachfrage die internationale Hochzinsentwicklung anheizen.

(Bindig [SPD]: Sagen Sie es doch deutlich: Die USA meinen Sie!)

Mit dem Wiedergewinnen der Haushaltsdisziplin in Deutschland haben wir auch eine entscheidende entwicklungspolitische Rahmenbedingung gesetzt. Von Deutschland geht senkende Wirkung auf den internationalen Zins aus.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Wir haben in diesem Sinne auch auf unsere Partner, insbesondere auf die Vereinigten Staaten von Amerika, eingewirkt — erfolgreich, wie die Bilanz von Tokio gezeigt hat.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Die Härten der strukturellen Anpassung sind den Völkern der Dritten Welt nur zumutbar, wenn ihnen die Wiedergewinnung des Wachstums ermöglicht wird. Die Bundesregierung ist bereit, zur Wachstumsfinanzierung der Entwicklungsländer durch eine allgemeine Kapitalerhöhung der Weltbank beizutragen.

(Dr. Hauchler [SPD]: Glauben Sie, das reicht aus, Herr Warnke?)

Zugunsten der ärmsten Entwicklungsländer

(Ströbele [GRÜNE]: Warum werden die denn immer ärmer? Sagen Sie doch einmal dazu etwas! Die Schulden werden immer höher!)

hat sie sich für die Bereitstellung von 12 Milliarden Dollar im Rahmen der Internationalen Entwicklungsbank (IDA) für den Zeitraum von 1987 bis 1989 ausgesprochen. Sie setzt damit ihre Politik zur besonderen Entlastung der ärmsten Entwicklungsländer fort, die zur Streichung von Schulden in Höhe von mehr als 4 Milliarden DM geführt hat.
Zur Neuorientierung der Entwicklungspolitik gehört auch die Steigerung der Wirksamkeit der Hilfe. Noch immer wird weltweit zuviel vergeudet, werden zu viele Mittel fehlgeleitet.

(Zuruf von der SPD: In die Rüstung!)

Im Politik-Dialog mit den Partnern wirken wir auf richtige Rahmenbedingungen hin. Ein Mindestmaß an wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Spielraum ist Voraussetzung für die Entfaltung schöpferischer Kräfte.

(Dr. Pinger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Die Verantwortung für die Schaffung solcher Rahmenbedingungen tragen die Entwicklungsländer. Die Bundesregierung läßt die Entwicklungsländer bei dieser Aufgabe nicht allein. Wir unterstützen die Politik solcher Entwicklungsländer, die sich um wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und eine sozial ausgeglichene Gesellschaftsordnung bemühen. Aber der Politikdialog, meine Damen und Herren, ist für uns keine Einbahnstraße. Er dient genau so der Kurskorrektur bei den Geberländern. Geberkoordinierung, eine neue, zielorientierte Planungsmethode und Erfolgskontrolle sind weitere Elemente einer Politik, die die Steigerung der Wirksamkeit als Voraussetzung für den sinnvollen Einsatz der erhöhten Mittel betrachtet.
Der Weg zur Überwindung von Hunger und menschenunwürdiger Armut nimmt seinen Ausgang bei der Selbsthilfe. Die Erfahrungen von Selbsthilfegruppen in der ganzen Dritten Welt werten wir systematisch aus. Erfolg im Einzelfall kann und soll zur Grundlage von flächendeckender Entwicklung, insbesondere des ländlichen Raumes, werden. Unsere Initiative zur Armutsbekämpfung durch Selbsthilfe trägt Früchte. Die Zusammenarbeit von Regierung und Kirchen, von privaten und staatlichen Durchführungsorganisationen in einem neuen, erstmalig zustande gebrachten Verfahren ist ein ermutigendes Zeichen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Gegenstand der heutigen Debatte sind mehrere Anträge der Koalitionsfraktionen, die sich unter der Überschrift „Entstaatlichung" zusammenfassen lassen. Im Sinne dieser Anträge trägt die Bundesregierung der besonderen Erfahrung und der besonderen Eignung nichtstaatlicher Organisationen bei der Bewältigung von Armut und bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen durch Akzentverlagerungen im Haushalt Rechnung. Es ist beabsichtigt, den Zuwachs an staatlichen Mitteln für die Techni-



Bundesminister Dr. Warnke
sche Hilfe im kommenden Jahr im wesentlichen den Kirchen und den Nichtregierungsorganisationen zukommen zu lassen.
Neuorientierung ist auch die ausdrückliche Anerkennung des unverzichtbaren Beitrags der privaten Wirtschaft zu einer selbsttragenden Entwicklung der Dritten Welt,

(Ströbele [GRÜNE]: Aha!)

und zwar auf beiden Seiten: auf seiten der Geberwie der Nehmerländer.
In der Schwerpunktsetzung bei der Ernährungssicherung aus eigener Kraft sind die Zusagen für die afrikanischen Länder südlich der Sahara zur Stärkung der Ernährungsgrundlage von rund einem Viertel im Jahre 1982 auf mehr als 40 % in diesem Jahr erhöht worden. Neue Schwerpunkte — auch damit tragen wir einem Thema dieser Debatte Rechnung — sind die Erhaltung und die Wiederherstellung einer gesunden Umwelt. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist heute für jedes Projekt selbstverständlich. Die Zahl der unmittelbar dem Umweltschutz dienenden Vorhaben wurde um mehr als die Hälfte erhöht.
Die Entwicklungspolitik unterliegt ebenso wie andere Politikbereiche dem grundgesetzlichen Auftrag, dem deutschen Volk zu nutzen und Schaden von ihm zu wenden. Das Ziel, den Entwicklungsländern zu helfen, steht nicht im Widerspruch zur Wahrung eigener legitimer Interessen in anderen Politikbereichen. So achtet die Bundesregierung, wo das mit entwicklungspolitischen Zielen vereinbar ist, auf Beschäftigungswirksamkeit deutscher Entwicklungshilfe für unsere Wirtschaft und für unsere Arbeitnehmer.

(Ströbele [GRÜNE]: Aha, jetzt kommt es raus! Jetzt läßt er die Katze aus dem Sack!)

Wir wollen der Dritten Welt helfen, wo das sinnvoll und möglich ist, mit Leistungen der deutschen Wirtschaft; denn wir haben auch in der Entwicklungshilfe die Sorge für zwei Millionen — und mehr — Arbeitslose. Das ist kein billiges Lippenbekenntnis, sondern wir bemühen uns, dieser Sorge dort gerecht zu werden, wo wir Verantwortung tragen.

(Dr. Hauchler [SPD]: Und dann kommen die Dankschreiben von Siemens!)

Vor allem aber ist Entwicklungspolitik Teil der weltweiten Friedenspolitik der Bundesregierung. Die Bundesregierung sieht in der Überrüstung von Teilen der Dritten Welt und in der überproportional wachsenden Rüstungsindustrie in Entwicklungsländern ein wesentliches Entwicklungshemmnis. Der Leitsatz „Frieden schaffen mit immer weniger Waffen" gilt auch für die Dritte Welt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Bundesregierung setzt ihre Entwicklungspolitik zur Förderung der Kräfte des friedlichen Ausgleichs ein und widersetzt sich gewaltsamen Lösungen in der Erkenntnis, daß eine gedeihliche Entwicklung in Industrieländern wie in Entwicklungsländern Frieden voraussetzt.
Gerade die jungen Menschen in unserem Land sollen wissen: Entwicklungspolitik ist für die Bundesregierung ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer friedlichen Welt für kommende Generationen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021704400
Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Ströbele einen Ordnungsruf für seine Bemerkung „Sie finanzieren Mörder".

(Ströbele [GRÜNE]: Das stimmt aber doch! Bueb [GRÜNE]: Das stimmt doch!)

— Wenn Sie es wiederholen, erteile ich Ihnen einen zweiten Ordnungsruf.

(Bueb [GRÜNE]: Wahrheiten darf man doch wohl noch sagen?!)

— Meine Damen und Herren, menschliche Regungen sind in diesem Hause durchaus verständlich, und politisch-sachliche Bemerkungen sind durchaus zulässig. Aber was Sie sich gelegentlich erlauben, steht wirklich außerhalb aller Möglichkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Bueb [GRÜNE]: Man wird doch noch die Wahrheit sagen können! — Weiterer Zuruf von den GRÜNEN: Nein, eben nicht! — Rusche [GRÜNE]: Die wollen uns dahin bringen, daß wir genauso ruhig sind!)

Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Schluckebier.

Günter Schluckebier (SPD):
Rede ID: ID1021704500
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst will ich bemerken, daß es sehr ungewöhnlich ist, wenn ein Bundesminister eine Debatte über sein Haus eröffnet, wenn also über seine Arbeit gesprochen werden soll.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Das darf er doch!)

Ob das ein Ausdruck des schlechten Gewissens ist oder ob er anschließend vielleicht nicht mehr antworten will oder kann, bleibt dahingestellt. Wir wollen das lediglich festhalten.
Der sechste entwicklungspolitische Bericht ist der erste Bericht, den die amtierende Bundesregierung dem Parlament in eigener Regie vorlegt. Wir Sozialdemokraten haben dem Bericht entnehmen können, daß die deutsche Entwicklungspolitik einige Schwerpunkte erhalten hat, die wir so nicht mittragen können. Ich will einige dieser Punkte nennen und später auf sie noch näher eingehen. Zunächst ist da die Bekräftigung der Haltung der Bundesregierung gegenüber Nicaragua, d. h. eine Wiederaufnahme der Entwicklungszusammenarbeit mit diesem Staate ist demnach so bald nicht zu erwarten.

(Repnik [CDU/CSU]: Wir folgen da nur Herrn Wischnewski!)

Zweitens erwähne ich die weiter verstärkte Betonung der positiven Auswirkungen der Marktkräfte auf die Entwicklungsländer. Drittens ist zu nennen: Die uneingeschränkte Billigung der Politik des Internationalen Währungsfonds, die praktisch ausschließliche Schuldzuweisung im Zusammenhang mit der Verschuldungskrise an die Entwicklungs-



Schluckebier
länder, die weitgehende Vernachlässigung der Binnenmärkte als Entwicklungsfaktoren, die Betonung der positiven Auswirkungen einer verstärkten Exportorientierung der Entwicklungsländer, die verstärkte Betonung der Lieferbindungen in der deutschen Entwicklungshilfe und die Hervorhebung der Mischfinanzierung als Instrument der Entwicklungshilfe, die wir zwar nicht grundsätzlich ablehnen, die wir aber in der derzeitigen Form und in diesem Umfang für verfehlt halten.

(Sehr wahr! bei der SPD)

Diese von mir aufgezählten Positionen verringern die Gemeinsamkeit in der Entwicklungspolitik, die, so glauben wir, heute notwendiger ist denn je. Wir Entwicklungspolitiker wissen allerdings auch, daß sich der übliche Parteienstreit über unsere Hilfe an die Länder der Dritten Welt in der Öffentlichkeit nur zum Schaden der Arbeit und der Hilfe auswirken wird,

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

wenn wir nicht immer wieder den Versuch machen, so viel Konsens wie möglich zu erreichen.

(Dr. Pinger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Wir haben — daran wollen wir noch einmal erinnern — deshalb am 5. März 1982 im Bundestag einmütig Grundsätze für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit aufgestellt. Wir haben diese Grundsätze am 19. Januar 1984 bestätigt und am 18. Oktober 1984 weiter ergänzt. Wir Sozialdemokraten tragen diese Kontinuität bewußt mit. Wir kämpfen um sie — auch im Interesse der Entwicklungsländer, denen nicht zugemutet werden darf, sich bei jedem Regierungswechsel auf eine neue Praxis der wirtschaftlichen Zusammenarbeit einstellen zu müssen.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Da besteht aber keine Gefahr!)

Solche Wechselbäder sind den Entwicklungsländern, aber auch dem Bild der Bundesrepublik, so meinen wir, draußen in der Welt abträglich.
Mit Bedauern und mit wachsender Irritation stellen wir fest, daß die konservative Bundesregierung solche Überlegungen und Überzeugungen nicht teilt. Indem sie die Wende auch in der Entwicklungspolitik praktiziert, gefährdet sie den überparteilichen Konsens, der die Entwicklungspolitik trägt. Sie vermindert auf diese Weise die Qualität der Hilfe, die wir geben, und damit das Ansehen unseres Staates in der Dritten Welt. Ich will das an einigen Beispielen erläutern.
Die Verschuldung der Dritten Welt ist seit Beginn der 80er Jahre ohne jeden Zweifel das zentrale Problem der Entwicklungsländer. Die Schuldenlast bedroht nicht nur die Wirtschaft und die soziale Stabilität der Entwicklungsländer, sondern auch die demokratische Struktur der jungen Demokratien insbesondere in Lateinamerika. Der neue Präsident Perus hat es im letzten Herbst vor der UNO-Vollversammlung auf den Begriff gebracht — ich zitiere —: „Lateinamerika steht vor der Wahl, entweder Schulden oder Demokratie zu haben."
Wir wissen, daß die Schuldnerländer unter groBen Opfern produzieren und exportieren und dabei Devisen erwirtschaften. Dennoch reichen diese nicht einmal aus, um den Schuldendienst zu dekken. Die scharfen Auflagen des Internationalen Währungsfonds, die die Investitionstätigkeit in den Ländern zurückdrängen, führen zu immer mehr Depression, Arbeitslosigkeit und Armut. Entwicklungspolitisch, so glauben wir, ist die Dritte Welt um zehn Jahre zurückgeworfen worden. Widerstand, Streiks und Aufruhr sind in vielen Ländern die Reaktion auf die harten Sparauflagen des Internationalen Währungsfonds.

(Ströbele [GRÜNE]: Zu Recht!)

Obwohl die Gläubiger in den Industrieländern, insbesondere die Privatbanken, ein gerütteltes Maß Schuld an der Überschuldung der Entwicklungsländer trifft, gehört die Bundesregierung zu denen, die den Entwicklungsländern die ganze Last der Krise aufbürden wollen.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Das ist schlicht falsch!)

Warum sage ich das, meine Damen und Herren?

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Weil es falsch ist! — Heiterkeit bei der CDU/CSU)

In den Grundlinien der Entwicklungspolitik der Bundesregierung vom 19. März 1986 — also ganz frisch — hat die Bundesregierung zur Schuldenkrise lediglich ausgeführt, daß in den überschuldeten Entwicklungsländern Anpassungsmaßnahmen zur Reduzierung von Leistungsbilanzdefiziten und zur Beseitigung anderer gesamtwirtschaftlicher Ungleichgewichte unumgänglich sind.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Das ist auch richtig!)

— Das ist auch richtig, aber das alles steht unter dem Motto „IWF", und von einer wirksamen zusätzlichen Hilfe unsererseits ist keine Rede, obwohl wir sie ja teilweise schon praktizieren, wie Sie auch wissen.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Also, was tun wir denn nun, praktizieren oder nicht?)

— Zu wenig, Herr Kollege, viel zu wenig! Wir könnten da viel mehr tun.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Sie haben ja das Geld!)

Meine Damen und Herren, diese Politik steht, so meinen wir, in krassem Widerspruch zu den von mir eingangs erwähnten Beschlüssen; denn am 5. März 1982 hat der Bundestag in Punkt 1 seiner Erklärung auch beschlossen: Bei der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit sollten jene Länder bevorzugt unterstützt werden, die sich um den Aufbau demokratischer Strukturen bemühen.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Richtig!)

Indem Sie allerdings die Last der Schuldenkrise allein auf die Entwicklungsländer abwälzen, gefährden und zerstören Sie deren Chancen einer demokratischen Entwicklung.

(Sehr gut! bei der SPD)




Schluckebier
Sie tun damit — ich bedaure, das sagen zu müssen — genau das Gegenteil dessen, was wir damals im März 1982 gemeinsam beschlossen haben.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

Der zweite Punkt: Die Lieferbindung und die Mischfinanzierung stoßen in sehr starkem Umfang auf unsere Kritik; denn die enormen Handelsbilanzüberschüsse der Bundesrepublik, die zunehmend international kritisiert werden, belegen natürlich die weltweite Konkurrenzfähigkeit deutscher Unternehmen. Das Heruntersubventionieren von Exportkrediten durch die Mischfinanzierung ist also völlig unnötig und trägt uns handelspolitisch nur den Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung ein. Für die Lieferbindung gilt dasselbe. Deutsche Unternehmen sind so konkurrenzfähig, daß sie sich ohne eine solche Bindung des Empfängerlandes durchsetzen können.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Sagen Sie das doch einmal den Betriebsräten bei der DEMAG!)

Sollten sich die Mischfinanzierung und die Lieferbindung in der deutschen Entwicklungspolitik verstärkt durchsetzen, laufen wir Gefahr — und der Zeitpunkt ist absehbar —, daß private Unternehmen dann auch zunehmend die Ziele der Entwicklungspolitik definieren; jedenfalls kann dieser Eindruck entstehen, und das wäre, so glaube ich, schon schlimm genug.

(Dr. Pinger [CDU/CSU]: Es ist trotzdem unzutreffend!)

Weiterhin hat der Bundestag am 18. Oktober 1984 einstimmig beschlossen — ich zitiere —:
Die Blockfreiheit in der Dritten Welt ist zu fördern. Der Ost-West-Konflikt darf nicht auf die Nord-Süd-Politik übertragen werden.
So unser Beschluß.

(Dr. Pinger [CDU/CSU]: Richtig!)

Auch hier entsprechen die Taten der Bundesregierung keineswegs dem einstimmigen Votum dieses Hauses. In Mittelamerika, in Afrika und in Asien bestraft das zuständige Ministerium unter der Leitung von Minister Warnke Länder, die sich eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung wählen, die sie als dritten Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus ansehen.

(Sehr wahr! bei der SPD)

Gefördert werden vornehmlich solche Länder, in denen die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ausreichend privatwirtschaftliche Elemente aufweisen. Ein entsprechender CDU-Antrag liegt j a außerdem dem Hause vor.
Wir als Sozialdemokraten verteidigen die deutsche Entwicklungshilfe gegen diese Umorientierung. Wir bleiben der Auffassung, daß die Entwicklungsländer selber über ihre Gesellschaftsordnung zu befinden haben. Alles andere ist Einmischung, die den Entwicklungsländern nicht förderlich ist.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Gilt das auch für Chile?)

Die moralische Substanz unserer Entwicklungshilfe ist gefährdet,

(Sehr richtig! bei der SPD)

wenn z. B. Nicaragua und Tansania die Mittel entzogen bzw. eingefroren werden, während auf der anderen Seite, Herr Minister, Entwicklungsländer wie El Salvador und Zaire

(Zuruf von der SPD: Jawohl!)

in den Genuß eines reichlichen Geldsegens kommen, obwohl nachweislich in beiden Ländern nach wie vor schwere Menschenrechtsverletzungen vorkommen.

(Repnik [CDU/CSU]: Aber Herr Kollege, Sie wollen doch nicht El Salvador und Zaire miteinander vergleichen!)

Und dies ist auch ein Tatbestand.

(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD)

Bei diesen meinen Feststellungen wundert es eigentlich niemanden, daß die Entwicklungspolitik wieder allgemein ins Gerede gekommen ist, nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in vielen Gruppen in der Bundesrepublik, die den Gedanken der solidarischen Hilfe mit großer Energie verbreiten.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit nicht zuletzt aus diesem Grunde eine Anhörung zum Thema „Entwicklungspolitik, Bilanz und Perspektive" beantragt. Die Aussagen der Anhörung liegen vor. Wir hoffen sehr, daß die Auswertung und das Ergebnis die Bundesregierung veranlassen, stärker darüber nachzudenken, damit ihr Weg nicht völlig in die falsche Richtung geht. Wir, die sozialdemokratische Bundestagsfraktion, bieten Ihnen trotz der durch Sie verursachten Enttäuschungen weiterhin unsere Mithilfe an. Kehren Sie zurück zu den gemeinsamen Entscheidungen vom März 1982 und vom Oktober 1984.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Bleiben Sie dabei!)

Meine Damen und Herren, als Konsequenz der Anhörung, die der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit am 22. Februar 1984 zum Thema „Entwicklung und Rüstung" durchführte, ist der von der Regierungsmehrheit vorgeschlagene Entschließungstext in der Tat zu schwach. Wenn im Ausschuß mit großer Mehrheit gemeinsam richtig festgestellt wird, daß sich die Rüstung in der Dritten Welt im letzten Jahrzehnt besorgniserregend beschleunigt hat, daß sich die Verwendung knapper Ressourcen in den Entwicklungsländern für zivile Zwecke viel produktiver auswirken würde, daß der Import von Rüstungsgütern außerdem die Devisenbilanz der Entwicklungsländer belastet und mit ein Grund für die Verschuldung vieler Länder der Dritten Welt ist, dann genügen, so meinen wir, Restrik-



Schluckebier
tionsappelle an die Hauptliefer- und Empfängerländer von Rüstungsgütern eben nicht, insbesondere dann, wenn man ansonsten im wesentlichen alles beim alten läßt. Auch die größere Transparenz des Rüstungshandelns durch eine Registrierung bei der UNO verschiebt das notwendige Handeln nur in eine ferne Zukunft.
Wir Sozialdemokraten wollen deshalb da ansetzen, wo wir als Bundesrepublik selbst Verantwortung tragen, nämlich bei den bundesdeutschen Waffenexporten. Aus diesem Grunde fordern wir die Berücksichtigung von Rüstungsaufwendungen bei Verhandlungen und Vereinbarungen des Internationalen Währungsfonds und bei Umschuldungsverhandlungen. Die Kontrollbefugnis des Deutschen Bundestages bei Rüstungsexporten muß gestärkt werden. Deshalb sollen die Kriegswaffenliste und die Länderliste Bestandteil des Kriegswaffenkontrollgesetzes werden. Genehmigungen müssen bei gravierenden Verstößen als nichtig erklärt werden. Auch sollen Amtsträger, die grob pflichtwidrig eine Genehmigung erteilen, strafrechtlich belangt werden können. Die Institution eines Beauftragten des Deutschen Bundestages für die Kriegswaffen-kontrolle soll geschaffen werden. Dieser Beauftragte soll jährlich einen Bericht vorlegen, der diesem Hohen Haus und der Öffentlichkeit die Möglichkeit zur Information und zur Kontrolle gibt. Nur OECD-Staaten sollen in die Länderliste zum Kriegswaffenkontrollgesetz aufgenommen werden, da sie demokratisch regierte Rechtsstaaten sind, nicht in Spannungsgebieten liegen und keine Entwicklungsländer sind.
Wir haben deshalb einen entsprechenden Entwurf für die heutige Debatte vorgelegt, weil wir glauben, daß die Mehrheitsentscheidung, die im zuständigen Fachausschuß gefallen ist, nicht aureichend ist. Wir bitten, diesem Antrag hier in diesem Hohen Hause die Zustimmung nicht zu verweigern.
Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID1021704600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Höffkes.

Peter Wilhelm Höffkes (CSU):
Rede ID: ID1021704700
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Mit dem 6. entwicklungspolitischen Bericht der Bundesregierung liegt zum erstenmal ein Bericht vor, der in der Verantwortung der von CDU/CSU und FDP geführten Bundesregierung verfaßt wurde und in allen Punkten die Positionen der neuen Bundesregierung auf dem Gebiet der Entwicklungspolitik berücksichtigt.
Er umfaßt die Jahre 1982 bis 1984. Er ist weniger beschreibend und mehr bewertend als die vorhergehenden. Dies wird schon bei der Gliederung deutlich. Die Analyse der zentralen Probleme der Entwicklungsländer im neuen Bericht ist akzentuierter und wesentlich ausführlicher.
Ich verweise auf die hervorgehobene Stellung der Achtung elementarer Menschenrechte. Das Kapitel
Zusammenarbeit mit der privaten Wirtschaft ist genauer und detaillierter dargestellt.

(Ströbele [GRÜNE]: Das ist wichtig!)


Die Förderung des Handwerks über nichtstaatliche Träger wurde neu aufgenommen, desgleichen der Umweltschutz. Dies — so meine ich — bildet vielversprechende Ansatzpunkte für entwicklungspolitische Zusammenarbeit.
Lassen Sie mich kurz etwas zum Entschließungsantrag der SPD „Erhaltung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen in der Dritten Welt" sagen. Nach unserer Ansicht sind die Forderungen der SPD weitgehend erfüllt, oder die Bundesregierung ist dabei, sie zu erfüllen.

(Zurufe von der SPD: Was? Wo? — Von wegen!)

Deshalb hat sich dieser Antrag unserer Ansicht nach überholt. Wir betrachten ihn als gegenstandslos und werden ihn ablehnen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Nun einige Aussagen zur Gesamtsituation: Die Rezession 1980 bis 1982 traf die Entwicklungsländer besonders schwer. Die in die arbeitsteilige Weltwirtschaft integrierten Schwellenländer litten unter schlechten Absatzchancen ihrer Fertigwaren und unter hohen Zinsen. Weniger entwickelte Staaten - von Rohstoffexporten abhängig — litten unter zurückgehenden Rohstoffpreisen und -mengen. In der Dritten Welt als Ganzes ist das Pro-Kopf-Einkommen in diesen Jahren gesunken. Der weltwirtschaftliche Wiederaufschwung 1983 und 1984 — eingeleitet in den westlichen Industrieländern, vor allem den USA — hat eine Wende zum positiven auch für die Entwicklungsländer erbracht.

(Zuruf von der SPD: Das darf doch nicht wahr sein!)

— Ich werde das jetzt nachweisen.
Die asiatischen Länder mit niedrigem Einkommen wie Indien und China erzielten in der Landwirtschaft hohe Wachstumsraten. In Afrika stagnierte das .Bruttoinlandsprodukt, pro Kopf sank es. In Ostasien gab es ansehnliche Wachstumsraten. Ursache für den Fortschritt war, daß sich diese Länder auf die Marktkräfte verlassen, den Export fördern, die Landwirtschaft nicht benachteiligen und insgesamt wirtschaftspolitische Instrumente flexibel einsetzen.

(Zuruf von der SPD: Die Exporterlöse gehen doch zurück!)

In Lateinamerika schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt. Wegen der Zahlungsbilanzlage mußten Importe gekürzt und Inlandsnachfrage beschränkt werden. Von 1982 bis 1984 haben nahezu 60 Entwicklungsländer wirtschaftliche Stabilisierungsmaßnahmen eingeleitet, die der Internationale Währungsfonds mit Krediten unterstützte.
Probleme wie Protektionismus, Konsolidierungsmaßnahmen der Entwicklungsländer, besonders bei der Haushaltspolitik und der Schuldenkrise, konnten — darüber sind wir uns im klaren — noch nicht



Höffkes
gelöst werden. Aber es liegen erste positive Ergebnisse der anpassungsorientierten Wachstumspolitik der letzten Jahre vor.
Zur Ernährungssicherung und Nahrungsmittelversorgung: Unterernährung ist ein ernstes, die Bevölkerung bedrohendes und entwicklungshemmendes Problem. Armut, unzureichende Möglichkeiten nämlich, genügend für den Eigenkonsum zu produzieren, bzw. das Fehlen von Kaufkraft sind Hauptursache der Unterernährung. Der einzige Weg, Hunger dauerhaft auszurotten, ist es, innerhalb und außerhalb der Landwirtschaft Beschäftigungsmöglichkeiten und damit Einkommen zu schaffen. Da die Mehrzahl Unterernährter auf dem Lande lebt, ist die Entwicklung des ländlichen Raums vordringlich. Die Schuldenlast vieler Länder, insbesondere auch Schwarzafrikas, ist besorgniserregend. Die politischen und wirtschaftlichen Probleme Afrikas kommen auch in der Zahl von Flüchtlingen — heute ca. 2,5 Millionen — zum Ausdruck.
Afrikanische Entwicklungsländer wissen, daß sie die Weichen für die Entwicklung selbst stellen müssen. Dies gilt auch für die Rahmenbedingungen wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung. Sie erkennen, daß Fehler der Vergangenheit zu korrigieren sind. Zukünftige Aufgabe in Afrika ist eine Steigerung der Nahrungsmittelproduktion und auf Erzeugerpreise hinzuwirken, die für die Bauern einen Produktionsanreiz bieten. Selbsthilfe und private Initiative sollten Motor der Entwicklung sein.

(Dr. Pinger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Eine Voraussetzung in Afrika südlich der Sahara, der Region mit dem weltweit niedrigsten Ausbildungsstand, ist die Verbesserung der Ausbildung.
Im Krisenjahr 1984 standen naturgemäß die Katastrophen- und die Nahrungsmittelhilfe im Vordergrund. Bei der Bekämpfung des Hungers kommt, wie in der Entwicklungspolitik insgesamt, der Hilfe zur Selbsthilfe und den Ideen und dem Einsatz von Nicht-Regierungsorganisationen und Privatpersonen wesentliche Bedeutung zu.
Zur Verschuldung und Strukturanpassung: Die dramatisch angewachsene Verschuldung ist eine der großen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen unserer Zeit. Die dauerhafte Überwindung der Schwierigkeiten erfordert erhebliche Anstrengungen aller Beteiligten. Hier ist Politikdialog gefordert.
Die Entwicklungsländer sind auf den Zustrom ausländischen Kapitals angewiesen. Auslandsverschuldung ist als normaler ökonomischer Vorgang nur unbedenklich, wenn produktive Investitionen finanziert werden, aus deren Erträgen die Mittel für den Schuldendienst erwirtschaftet werden.
Zinsanstieg, Dollarkurs, Kapitalströme und Ölpreise sind wichtige Bezugspunkte wirtschaftlicher Entwicklung. Noch bedeutender ist die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Schuldnerländer. Viel zu spät wurde auf Veränderungen des außenwirtschaftlichen Umfelds reagiert. Statt Anpassungen in Angriff zu nehmen, ließen sie sich zu einer inflationären Geld- und Haushaltspolitik verleiten. Kapitalflucht belastete zusätzlich die Rahmenbedingungen.
Stabilisierungsprogramme des Internationalen Währungsfonds stellen hohe Anforderungen an die Regierungen. Soweit der Abbau überhöhter Staatsdefizite, disziplinierte Geldpolitik, effizientere Nutzung der Ressourcen, Stärkung der internen Ersparnisbildung und Verbesserung der Außenhandelsbilanz verlangt werden, können die hieraus resultierenden Maßnahmen auch zu Belastungen im sozialen Bereich führen. Die Schuldnerländer müssen selbst den Hauptbeitrag zur Rehabilitierung und Anpassung ihrer Volkswirtschaft tragen — eine Notwendigkeit, die in den betreffenden Ländern auch anerkannt wird.
Die vereinbarten Anpassungspolitiken dürfen aber die Grenzen des sozial Verantwortbaren nicht überschreiten.

(Zuruf von der SPD: Das tun sie aber in der Regel!)

Der Baker-Plan hat neue Hoffnungen eröffnet. Auch die Bundesregierung hat hier große Verdienste. Ich weise auf die Tokio-Runde der letzten Wochen hin.
Fazit des Sechsten Berichts: Ich meine, es ist ein Dokument aus einem Guß. Hervorzuheben ist, daß man vor der Beschreibung wenig erfolgreicher Projekte nicht zurückgeschreckt ist und fundamentale Probleme beim Namen genannt hat.

(Zuruf des Abg. Bindig [SPD])

Der Bundesregierung sind Dank und Anerkennung für die praktizierte Entwicklungspolitik auszusprechen. Dies kommt in der Beschlußempfehlung, die Ihnen vorliegt, meine Damen und Herren, auch zum Ausdruck. Dort heißt es:
Der Deutsche Bundestag stellt fest, daß die Entwicklungspolitik der Bundesregierung den Beschlüssen des Deutschen Bundestages Rechnung trägt. Dieser hat am 5. März 1982 Grundsätze für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit aufgestellt, am 19. Januar 1984 bestätigt und am 18. Oktober 1984 weiter ergänzt.
Der Deutsche Bundestag begrüßt, daß die Bundesregierung wichtige entwicklungspolitische Erfahrungen und Folgerungen verstärkt in die Praxis der Entwicklungszusammenarbeit umsetz....

In diesen Feststellungen kommt eine Anerkennung aller im entwicklungspolitischen Bereich Tätigen zum Ausdruck. Die CDU/CSU-Fraktion stimmt der Beschlußempfehlung auf Drucksache 10/5174 zu.
Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1021704800
Das Wort hat Frau Wort hat Frau Abgeordnete Eid.

Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1021704900
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Entwicklungspolitik dieser Bundesregierung, die Politik, die Sie, Herr



Frau Eid
Warnke, zu vertreten haben, ist bei einer breiten Öffentlichkeit in der Bundesrepublik in Verruf geraten.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Das stimmt überhaupt nicht!)

— Das stimmt, Herr Hüsch. Hören Sie zu. — In einer bisher nicht gekannten Einmütigkeit wendet sich die große Mehrheit der entwicklungspolitisch engagierten Menschen in unserem Lande gegen die reale Politik des BMZ. Bisher letzter in der Reihe der prominenten Kritiker ist der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor, Prälat Norbert Herkenrath. Er hat bei der Eröffnung der diesjährigen Misereor-Fastenaktion mit vernichtenden Worten die Praxis der bundesdeutschen Entwicklungshilfe verurteilt: Hören Sie genau zu, Herr Warnke, wie selbst Prälat Herkenrath Ihren unermüdlichen Einsatz als Nebenwirtschaftsminister bewertet. Er sagte im Februar dieses Jahres: Wer Entwicklungshilfe mit Wirtschaftsförderung im eigenen Land verwechsle und glaube, der Dritten Welt damit etwas Gutes zu tun, habe von den wahren Problemen nichts begriffen.

(Beifall bei den GRÜNEN — Sehr wahr! bei der SPD — Bindig [SPD]: Dieser Minister hat nichts begriffen!)

Noch deutlicher könnten selbst wir GRÜNEN die Politik des Ministers von der christlichen Union nicht an den Pranger stellen.
Auch die entwicklungspolitischen Führungskräfte der Evangelischen Kirche zählen seit einiger Zeit zu den schärfsten Kritikern des BMZ. Sie, Herr Warnke, scheinen sich j a von dieser Kritik so betroffen zu fühlen, daß Sie die Neugründung staatstreuer Hilfsorganisationen innerhalb der Evangelischen Kirche — nämlich durch die Evangelikalen — aktiv fördern. Ich nenne nur das Stichwort „Christliche Fachkräfte International" als Konkurrenz zu „Dienste in Übersee".
In der Satzung dieses neuen evangelischen Hilfswerkes heißt es, daß der Einsatz der entsandten Helfer nicht den Interessen der Bundesrepublik Deutschland widersprechen dürfe. Wo bleibt da noch die vom BMZ so oft beschworene Autonomie der freien Träger?, frage ich Sie.
Sie, Herr Warnke, als zuständiger Minister der CSU machen mit bei dem schmutzigen Spiel, die evangelischen Hilfswerke zu spalten und gegeneinander auszuspielen.

(Mann [GRÜNE]: Unglaublich!)

Das Ziel Ihrer Aktion ist klar: Sie wollen die Stellung Ihrer kirchlichen Kritiker durch den Aufbau von staatsergebenen Parallelstrukturen schwächen.
Und noch ein Beispiel dafür, wie rücksichtslos das BMZ mit allen, die die Fassade der schönen Worte durch die Konfrontation mit der Realität zum Einsturz bringen, umspringt, möchte ich geben. Der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit hatte z. B. die privaten Träger zu seiner Sitzung am 23. Oktober letzten Jahres gebeten, um über deren Erfahrungen bei Vorbereitung und Durchführung von Projekten zu diskutieren. Und was passiert? Die anwesenden Organisationen, die im Namen des gesamten Bensheimer Kreises sprachen, wagen es doch tatsächlich, die Arbeit des BMZ an konkreten Punkten zu kritisieren. In der Folge erhält der Bensheimer Kreis einen geharnischten Brief voller Drohungen und polemischer Angriffe des zuständigen Referatsleiters vom BMZ. Die Empörung gipfelt in dem Vorwurf, daß die doch so autonomen Hilfswerke das BMZ bei ihrer Vorbereitung auf die AWZ-Sitzung weder informiert noch konsultiert hätten.
Über Ihren Umgang mit den freien Trägern könnte ich noch weitere Beispiele geben; ich denke nicht zuletzt an die Angriffe gegen den Vertreter der Arbeiterwohlfahrt in seiner Funktion als Sprecher des Bensheimer Kreises im Zusammenhang mit der AWZ-Sitzung am 16. April dieses Jahres.

(Mann [GRÜNE]: Der Minister faltet unschuldig die Hände!)

Aber ich denke, das Muster ist klar: Wo sich Kritik rührt, versucht das BMZ die finanzielle Abhängigkeit der Hilfsorganisationen zur Erzwingung von politischem Wohlverhalten auszunutzen.

(Dr. Pinger [CDU/CSU]: Das ist Unsinn!)

Diese Tatsachen sprechen Ihren Worten von vorhin von der Stärkung der freien entwicklungspolitischen Träger Hohn.

(Mann [GRÜNE]: Worte und Taten! — Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Das glauben Sie ja selber nicht!)

Das BMZ behauptet viel und tut das Gegenteil. Nehmen wir die angebliche Fürsorge um die Wahrung der Menschenrechte, Beispiel Mittelamerika. Herr Warnke, Sie zwingen mich durch Ihre vorhergehenden Aussagen, die Wahrheit auf die Füße zu stellen. Obwohl Folter, Mord und Verschwindenlassen in Guatemala und in El Salvador an der Tagesordnung sind, hat die Bundesregierung aus außen- und bündnispolitischem Kalkül heraus diese beiden Länder zu den Hauptempfängerländern bundesdeutscher Entwicklungshilfe in Mittelamerika gemacht.

(Ströbele [GRÜNE]: Aus Versallentreue! — Zuruf von den GRÜNEN: Sie unterstützt die Todesschwadronen! — Gegenrufe von der CDU/CSU)

Im christdemokratischen El Salvador — um nur ein Beispiel zu nennen — wurde am 4. Mai der Vorsitzende der Postgewerkschaft ermordet. Am 6. Mai wurde Laura Pinto, eine Angehörige des Komitees der Mütter der Verschwundenen, entführt, brutal vergewaltigt und gefoltert —

(Zuruf von der CDU/CSU: Doch nicht von der Regierung!)

grausame Taten, die Sie einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen, Herr Warnke.

(Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Das soll Herr Warnke gemacht haben?)




Frau Eid
Mit Ihren Krediten an Guatemala beteiligen Sie sich direkt an der sogenannten zivilen Aufstandsbekämpfung in den Konfliktgebieten im indianischen Hochland. Abgerundet werden Ihre sogenannten entwicklungspolitischen Aktivitäten durch die Zusage des Innenministers, Guatemala in Zukunft Polizeihilfe zu gewähren.

(Mann [GRÜNE]: Hört! Hört!)

Die GRÜNEN fordern von der Bundesregierung eine völlige Umkehr ihrer Entwicklungspolitik in Mittelamerika. Keine Entwicklungshilfe für Guatemala und El Salvador, Wiederaufnahme der Entwicklungshilfe für Nicaragua!

(Zuruf von der CDU/CSU: Und Polizeihilfe!)

Herr Warnke, Sie wissen ganz genau, es sind Rüstungsverkäufe — leider schweigen Sie sich über Rüstungsexporte der Bundesrepublik in Ihrem Bericht weitgehend aus —, es sind Großprojekte wie Staudämme und industrielle Großanlagen, es ist der Zwang zur exportorientierten Landwirtschaft und Industrialisierung,

(Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Das stimmt ja gar nicht!)

die neben der immensen Verschuldung die Rahmenbedingungen für die bedrohliche Zerstörung der Umwelt in der Dritten Welt setzen.

(Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Eine solche Verfälschung ist unerträglich!)

Meines Erachtens zeugt es von Ignoranz, wenn, wie in der Antwort auf die Große Anfrage zur „Erhaltung und Sicherung der Lebensgrundlagen in der Dritten Welt", der hohe Bevölkerungsdruck verantwortlich gemacht wird für die ökologische Zerstörung der Umwelt. Wir stimmen Ihnen darin nicht zu, wenn Sie all die profitablen Geschäfte hier mit der Umweltzerstörung dort den Frauen und Müttern anlasten, die nach Ihrer Logik als Täterinnen hinter dem hohen Bevölkerungsdruck in der Dritten Welt stehen.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ein Schmarren!)

Wer sorgt denn dafür, daß pro Minute 10 000 Bäume in den tropischen Wäldern vernichtet werden? Etwa die Kinder oder die Wanderfeldbauern? — Es sind doch die bundesdeutschen, US-amerikanischen und japanischen Großkonzerne, die von der rücksichtslosen kommerziellen Ausbeutung der Wälder profitieren.

(Mann [GRÜNE]: So ist es! — Widerspruch bei der CDU/CSU)

Die wirksamste Maßnahme im Kampf gegen die irreversible Zerstörung der tropischen Wälder

(Bohl [CDU/CSU]: Drehen Sie doch mal die Platte um! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

— hören Sie bitte zu — ist der sofortige Stopp des Imports tropischer Edelhölzer in die Bundesrepublik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister, hören Sie endlich damit auf, der verarmten ländlichen Bevölkerung die ökologischen Katastrophen anzulasten.
Um einmal zu verdeutlichen, wie ernst es um Ihre Sorge zur Erhaltung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen steht, will ich das jüngste Beispiel aus dem Projektkatalog Ihres Ministeriums anführen: Es geht um den geplanten Bakun-Staudamm in Sarawak in Ost-Malaysia. Aus der Projektstudie geht hervor, daß 750 qkm Land überflutet werden sollen. Davon sind 45% jungfräulicher Urwald. Mehr als 5 000 Menschen werden zwangsumgesiedelt und verlieren damit ihre natürlichen Lebensgrundlagen: die Fische aus dem Balui-Strom, das Wild und die Früchte aus den Wäldern.
Für wen eigentlich werden die 2 400 Megawatt Strom — so viel soll der Bakun-Staudamm nach seiner Fertigstellung liefern — produziert ? Etwa für die Ureinwohner im dünn besiedelten Sawarak? Weit gefehlt! Das BMZ liefert hier nicht nur wichtige Vorarbeiten für bundesdeutsche Firmen, für die endlich der Markt für Investitionen in Milliardenhöhe in Südostasien geöffnet werden soll.

(Tatge [GRÜNE]: Dankschreiben von Siemens!)

Nein, das BMZ bestätigt sich hier ganz konkret als Lobbyist des Multis Reynolds, dessen Aluminiumhütte von der Elbe nach Ost-Malaysia ausgelagert werden soll.

(Mann [GRÜNE]: Unerhört ist das!)

An Zynismus nicht mehr zu überbieten, Herr Warnke, ist die Tatsache, daß Sie bewußt mit der Unwissenheit und Uninformiertheit der einheimischen Bevölkerung kalkulieren. Zum Glück, kann ich da nur sagen, regt sich in Malaysia der Widerstand gegen diese Wahnsinnsprojekte.

(Mann [GRÜNE]: Sehr gut!)

Herr Warnke, wir begrüßen alle Anstrengungen Ihres Ministeriums auf der Suche nach umweltfreundlichen und erneuerbaren Energiequellen, weil wir wissen, daß die Energiebeschaffung ein zentrales Problem in den Ländern der Dritten Welt ist. Wenn wir Sie allerdings in Ihren Bemühungen um den Erhalt und die Sicherung der Lebensgrundlagen in der Dritten Welt ernst nehmen sollen, dann setzen Sie sich zuallererst in Ihrer Regierung dafür ein, daß keine Atomkraftwerke und keine anderen nuklear-technologischen Anlagen in die Dritte Welt exportiert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN — Repnik [CDU/ CSU]: Lieber sollen die das Holz verbrennen! Das ist der Widerspruch!)

Nutzen Sie das von Ihnen so gern zitierte Mittel des Politikdialogs, damit das geplante Atomkraftwerk in El Dabaa, 160 km westlich von Alexandria in Ägypten, von der bundesdeutschen KraftwerkUnion nicht gebaut wird. Oder unterstützen Sie doch das philippinische Volk, damit das Atomkraftwerk in Bataan trotz aller Erpressungs- und Einschüchterungsversuche der US-amerikanischen Betreiberfirma Westinghouse nicht ans Netz geht.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)




Frau Eid
Herr Warnke, mit einem Stopp des Rüstungsexports, Stopp des Exports von Atomkraftwerken, Stopp des Imports von Futtermitteln und Edelhölzern und mit gerechten Weltmarktstrukturen hätten Sie einen wesentlicheren und konkreteren Beitrag zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen' in der Dritten Welt geleistet,

(Ströbele [GRÜNE]: Aber nicht für Siemens!)

als durch all Ihre Projekte, die — falls sie die von Ihnen immer wieder zitierte Zielgruppe der Armen und Ärmsten tatsächlich einmal erreichen sollten — sowieso nur einen Tropfen auf den heißen Stein bedeuten.
Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1021705000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rumpf.

Dr. Wolfgang Rumpf (FDP):
Rede ID: ID1021705100
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Eid, ich schätze Sie im Ausschuß sehr. Aber zu diesen vielen Stopps, die Sie eben genannt haben, hätten Sie auch hinzufügen müssen: Stopp des Nachdenkens in jeder Hinsicht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU — Frau Eid [GRÜNE]: Dann haben Sie nicht zugehört!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will meine Ausführungen mit einem kleinen Bild beginnen.

(Mann [GRÜNE]: Das war ein schwacher Einstieg, Herr Rumpf! — Ströbele [GRÜNE]: Da hat er lange überlegt! — Rusche [GRÜNE]: Vielleicht hätten Sie Herrn Kleinert reden lassen sollen; der ist manchmal origineller!)

Stellen Sie sich vor, deutsche, westliche Entwicklungshelfer sollen in einem Entwicklungsland eine Trasse bauen. Sie verwenden dazu die modernsten Maschinen. Die Einheimischen schauen zu, wie diese Maschinen arbeiten. Es klappt auch alles ganz gut. Auf einmal ist ein großer Felsbrocken im Weg. Diesen Felsbrocken kann man mit den vorhandenen Maschinen nicht beiseite schaffen.

(Mann [GRÜNE]: Das sind Rumpfsche Märchen! — Repnik [CDU/CSU]: Jetzt hört dem mal zu, Mensch!)

Jetzt stellt sich die Frage: Was tun wir?

(Bindig [SPD]: Eine Wende machen, ganz einfach!)

Die nächste Ortschaft, in der man Sprengmittel bekommen könnte, ist zwei Tagereisen entfernt. Das würde einen Verlust von vier Tagen bedeuten. Es meldet sich ein Einheimischer und sagt: Ich kann den Felsbrocken aus dem Wege räumen. Jetzt staunen die Ingenieure. „Was willst du dafür haben?" „Es reicht mir, wenn ich zwei Kühe dafür bekomme." Dann staunt jeder, wie dieser Mann von einem bestimmten Busch ein bestimmtes Holz herbei-
schafft, auf dem Felsen ein Feuer entfacht, ein besonders heißes Feuer, das anschließend mit Wasser ablöscht. Der Felsen springt in zwei Teile. Der Vorgang wird wiederholt; es gibt drei, vier Teile. Dann kann man mit den vorhandenen Maschinen weiterarbeiten, die Trasse weiterführen.
Das ist der Weg, der — im Bild — meines Erachtens für die Entwicklungshilfe und die Entwicklungspolitik maßgebend sein sollte.

(Zuruf von der SPD: Feuer machen! — Bindig [SPD]: Durch Teilung wegsprengen!)

Wir helfen bei der Entwicklungspolitik den Weg zu bauen, aber die Hemmnisse müssen von den Ländern vor Ort beseitigt werden.

(Ströbele [GRÜNE]: Eine Abenteuerreise!)

Das zweite, was wir daraus lernen, ist, daß wir viel voneinander lernen können. Wir Liberale bedauern außerordentlich, daß durch die Diskussionen um den Sinn der Entwicklungspolitik eine große Verunsicherung entstanden ist. Es ist eine Verunsicherung, ja, eine Angst in den Entwicklungsländern entstanden, wir könnten die Hilfeleistungen ganz einstellen. Brigitte Erler und andere haben damit das Gegenteil von dem erreicht, was sie vielleicht eigentlich erreichen wollten.

(Beifall bei der FDP — Ströbele [GRÜNE]: Die kennen sich da aus, im Gegensatz zu Ihnen!)

Sie haben die Länder der Dritten Welt in einen lähmenden Schrecken versetzt, der dazu führt, daß sie ihre Interessen nicht mehr in dem Maße zu vertreten wagen, wie es vielleicht notwendig wäre. Diese Diskussion hat auch bei uns eine Verunsicherung herbeigeführt, ausgerechnet in dem so sensiblen Feld der Entwicklungspolitik.
Ich meine, meine Damen und Herren von der SPD, Sie müßten hier einmal eine klare Position beziehen.

(Repnik [CDU/CSU]: Richtig!)

Diese Position muß unmißverständlich sein. Ich nehme an, daß wir heute noch hören, ob Sie die Meinung von SPD-Mitglied Brigitte Erler und vieler anderer SPD-Stimmen teilen oder nicht. Ein Aufsatz des Vorsitzenden Uwe Holtz im „Vorwärts" reicht nicht aus, diese Bedenken zu zerstreuen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Wir von der FDP meinen jedenfalls, wir sollten uns vor dem Hintergrund des Sechsten entwicklungspolitischen Berichts, der heute zur Debatte steht, auf die Gemeinsamkeiten im Hause konzentrieren,

(Zuruf von der SPD: Herr Kollege Rumpf, Sie haben schon mal bessere Propaganda aufgebaut!)

die Herr Schluckebier angedeutet hat.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Herr Schluckebier, auch Sie haben sich auf den
5. März 1982 bezogen, als wir hier eine gemeinsame
Entschließung verabschiedet haben, und selbst die
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung., Bonn, Freitag, den 16. Mai 1986 16775
Dr. Rumpf
GRÜNEN haben später, im Januar 1984, dieser Entschließung zugestimmt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Nicht erwähnenswert!)

— Das ist doch erwähnenswert, weil Sie heute alles abstreiten und weil Sie so tun, als ob Sie davon gar nichts wüßten. Ich nehme an, es war eine Phase der Unaufmerksamkeit Ihrer Vorgänger, ich könnte auch sagen: eines Blackouts.
Danach behalten die Grundlinien der Entwicklungspolitik ihre volle Gültigkeit: erstens die konzentrierte Hilfe der Entwicklung ländlicher Räume, zweitens vorrangige Hilfe für die ganz armen Länder, die ärmsten der armen, und drittens Erhaltung oder Wiederherstellung der natürlichen Lebensgrundlagen.
Wenn ich beim ersten anfange, so kann ich sagen, daß die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP hierzu zwei Anträge vorgelegt haben, die in eine Beschlußempfehlung eingemündet sind: die Anträge zur Förderung der kleinbäuerlichen Betriebe und zur Intensivierung der Handwerksförderung in der Dritten Welt. Meine Damen und Herren, hierin sehen wir den wesentlichen Schritt zur Beseitigung der hemmenden Steine aus dem Bild von vorhin auf dem Weg der Entwicklungspolitik. Wir wollen den Teufelskreis durchbrechen, der darin besteht, daß durch Landflucht und weitere Urbanisierung in den Entwicklungsländern eine noch schlimmere Verarmung und Verslumung der Bevölkerung erfolgt,

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Dann muß man andere Wege gehen!)

mit einem ganz gefährlichen Potential auch für politische Radikalisierungen.

(Repnik [CDU/CSU]: Das wollen die ja!) — Sie haben recht, Herr Repnik.

Die Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu dieser Thematik im vorigen Jahr hat uns sehr wertvolle Anregungen gebracht. Als Vorsitzender der damaligen interfraktionellen Arbeitsgruppe möchte ich. den Teilnehmern dieser Anhörung ausdrücklich Dank sagen: dem Bensheimer Kreis, der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, dem Deutschen Entwicklungsdienst, dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik, der gemeinsamen Konferenz der beiden großen Kirchen, den vier politischen Stiftungen, der Kreditansalt für Wiederaufbau und dem Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Diese Institutionen leisten zusammen mit vielen anderen in der Entwicklungspolitik engagierten Gruppen ganz Hervorragendes zugunsten vieler Millionen Menschen in der Dritten Welt und für das Ansehen der deutschen Entwicklungshilfe. Ihr Engagement seit über 30 Jahren, übrigens Jahr für Jahr erhöht und verbessert, droht durch so werbewirksame .Schriften verdeckt und zugeschüttet zu werden, wie „tödliche Hilfe" und andere weitere negative und pessimistische Aussagen, wie z. B. soeben gerade von Frau Eid hier gehört.
Meine Damen und Herren, die von uns in den genannten Anträgen formulierte Hilfe ist nicht tödlich. Die Hilfe wird, wenn sie in die Tat umgesetzt wird, viele Millionen von Menschenleben retten und ihnen zu einem würdevollen Dasein verhelfen. Solche Aussagen könnten aber für die Entwicklungshilfe tödlich sein, und damit würden zwei Drittel der Menschheit sich selbst überlassen.

(Ströbele [GRÜNE]: Die passen schon auf, daß sie nicht sich selbst überlassen bleiben!)

Wir Freien Demokraten stehen jedenfalls zu den ersten drei Dekaden unserer deutschen Entwicklungspolitik. Wir wollen aus unseren Fehlern lernen und deshalb unsere Entwicklungspolitik ständig schonungslos, aber ohne Zorn und Eifer analysieren. Deshalb scheuen wir uns nicht, zu fragen: Gehen von unseren Projekten falsche oder richtige wirtschaftliche Impulse aus? Sind die Folgekosten für das betreffende Land annehmbar? Wie sind die Auswirkungen auf die Umwelt im weitesten Sinne, auf die betroffenen Menschen? Akzeptieren sie unsere Hilfe? Identifizieren sie sich damit oder nicht? Wie reagiert die natürliche Umwelt? Gibt es Zerstörungen von gewachsenen Biotopen? Wie reagiert das soziale und kulturelle Umfeld auf unsere Hilfe? Und vor allem: Wie klappt die Koordinierung zwischen den einzelnen Organisationen und den Ländern?
Minister Warnke hat vorhin angesprochen, daß er sich auch bemühen wird, insbesondere diese Koordinierung zu verbessern.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1021705200
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Mann?

Dr. Wolfgang Rumpf (FDP):
Rede ID: ID1021705300
Ja, Herr Stücklen, selbstverständlich. Herr Mann hat von Entwicklungspolitik keine Ahnung.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1021705400
Herr Kollege, dieser Beisatz ist nicht erforderlich, um die Worterteilung zu vollziehen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Mann [GRÜNE]: Herr Kollege Rumpf, würden Sie bitte Ihre Frage, wie sich das auf die Umwelt auswirkt, einmal auf das von der Frau Kollegin Eid angeführte Beispiel der geplanten Kernkraftwerke oder Atomkraftwerke übertragen? Wie wirkt sich das auf die Umwelt da aus?

(Repnik [CDU/CSU]: Da spart man das Abholzen von Wald!)


Dr. Wolfgang Rumpf (FDP):
Rede ID: ID1021705500
Herr Mann, ich kann Ihnen versichern — und Frau Eid weiß das —, daß ich ein engagierter Kämpfer gegen Großstaudämme in der Dritten Welt bin. Sie sind also an der falschen Adresse. Frau Eid weiß außerdem, daß ich andererseits allerdings die Frage stellen muß: Wo soll die Energie herkommen, wenn sie nicht von dem zu verwendenden Holz kommt, das in den Entwicklungsländern heute zu 90 % die einzige Energie-



Dr. Rumpf
quelle ist? Kleine Atomkraftwerke könnten wirklich so manches — —

(Mann [GRÜNE]: Solarenergie!)

— Die Solarenergie ist eine der ganz wichtigen zu entwickelnden Energieformen. Und das wird ja auch vorangetrieben.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Pinger [CDU/CSU]: Mann hat wirklich keine Ahnung!)

Wir Liberalen sind ehrlich genug, wenn wir sagen: Wir nehmen Abschied vom Mythos der Nichteinmischung. Entwicklungshilfe hat zwangsläufig Eingriffe in ökonomische, ökologische und soziokulturelle Prozesse und Strukturen zur Folge. Wir sagen ausdrücklich ja dazu. Wir sagen gleichzeitig: Entwicklungshilfe und entwicklungspolitische Vorhaben sind für uns nur dann als erfolgreich einzustufen, wenn die Summe ihrer Folgewirkungen auf ökonomischer, ökologischer und soziokultureller Ebene positiv ist.

(Ströbele [GRÜNE]: Für wen?)

Lassen Sie mich dazu kritisch anmerken, daß die Europäische Gemeinschaft noch viel klarer und konsequenter als bisher diese Folgewirkungen beachten müßte. Das gilt insbesondere für die europäischen Agrarausfuhren. Die Probleme des EG-Agrarmarkts dürfen nicht auf Kosten der Entwicklungsländer gelöst werden.

(Toetemeyer [SPD]: Sehr gut!)

Dies ist ein Kernsatz, Herr Toetemeyer, der leider nicht mehr in der Beschlußempfehlung steht. Das ist aber nicht Ihre Schuld.

(Toetemeyer [SPD]: Nein!)

Ich bin der Deutschen Stiftung für Entwicklungspolitik — DSE — sehr dankbar, daß sie gerade zu diesem Zeitpunkt und diesem Fragenkomplex kürzlich eine sehr beachtete Podiumsdiskussion durchgeführt hat. Wir Freien Demokraten sind froh, daß in diesen Monaten auch eine Weichenstellung zur Verminderung und späteren Vermeidung von Überproduktion im Agrarbereich der EG und in der Bundesrepublik Deutschland erreicht worden ist. Gerade den ärmsten Ländern kann auf lange Sicht nur geholfen werden, wenn sie ihre eigenen Kapazitäten im landwirtschaftlichen Bereich nutzen können. Ich habe mich auch sehr gefreut, als ich las, daß der Staatssekretär Köhler in Hannover zu diesem Fragenkomplex ausführlich Stellung genommen und darauf hingewiesen hat, daß diesen Ländern Devisen entzogen werden, die sie eigentlich dringend nötig haben. Ich hätte es etwas länger ausgeführt; aber er ist ja da.
Bei dieser Aufgabe wollen wir diesen Ländern helfen. Wir erfüllen damit die zweite Grundlinie der deutschen Entwicklungspolitik, nämlich vorrangige Hilfe für die Allerärmsten. Nicht die Prozentsätze der Ausgaben für Entwicklungsleistungen spielen die entscheidende Rolle, die von der Opposition immer wieder in den Vordergrund gestellt werden. Diese Prozentzahlen sind ja im Licht der Entwicklung des Bruttozozialprodukts zu sehen. Bei einem steigenden Bruttosozialprodukt, wie es bei uns in letzter Zeit Gott sei Dank zu verzeichnen ist, können diese Zahlen sinken, obwohl die Produktivwerte und auch die absoluten Zahlen gestiegen sind. Entscheidend ist hier die Umlenkung der Ströme an Geld und Entwicklungsmitteln auf ländliche Projekte.
Dabei stellen wir leider oft fest, daß die Aufnahmefähigkeit in den betreffenden Ländern begrenzt ist. Wir müssen uns deshalb etwas einfallen lassen, wie die Absorption - so wird es ja immer genannt — verbessert werden kann. Auch der Bundesminister hat vorhin darauf hingewiesen. Ich möchte aber das, was er zur Beschäftigungswirksamkeit gesagt hat, für uns auch so interpretieren, daß wir alle die Projekte bevorzugen, die die Beschäftigung in den entsprechenden Entwicklungsländern wirksam erhöhen. Dabei sind gerade der intensive politische Dialog und die Einbeziehung aller Kräfte in den Ländern, auch der Selbsthilfegruppen, von entscheidender Bedeutung. Auch hierfür hat die Bundesregierung eigens eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Wir halten diesen Ansatz für richtig. Wir wünschen ihr deshalb den besten Erfolg.
Auch die Koalitionsfraktionen haben zu diesem Fragenkomplex einen Antrag formuliert. Er zielt auf eine Reform der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen als Voraussetzung für Selbsthilfe in der Dritten Welt. Solche Rahmenbedingungen können landestypisch angepaßt sein und sind in Afrika, Asien und Lateinamerika sicher höchst unterschiedlich. Aber es sind übergeordnete, allgemein gültige Rahmenbedingungen. Dazu gehört mit Sicherheit, daß Anstrengungen der entsprechenden Länder, die unsere Hilfsmaßnahmen gleichgerichtet unterstützen, in der Entwicklungspolitik notwendig sind.
Dazu gehört auch die Einsicht in notwendige Schritte zur Familienplanung. Meine Damen und Herren, die ganze Entwicklungshilfe ist auf Dauer ein Faß ohne Boden, wenn die Familienplanung nicht zu einer Verminderung der Bevölkerung, zumindest zu einer Einschränkung der Zuwachsrate der Bevölkerung auf der Welt führt.
Die Problematik der Verschuldung — sie ist auf eine Billion Dollar angewachsen — läßt sich nur lösen, indem man jedes einzelne Land besonders untersucht und jedem einzelnen Land angepaßte Lösungsvorschläge macht, nicht etwa durch einen allgemeinen Schuldenerlaß.
Schließlich: Ganz bestimmt gehört zu den Rahmenbedingungen auch die Erhaltung, die Bewahrung oder Wiederherstellung natürlicher Lebensräume. Meine Damen und Herren, Menschen, Tiere und Pflanzen können nur in intakten Kreisläufen existieren. Deshalb müssen diese ökologischen Kreisläufe erhalten oder wiederhergestellt werden.

(Frau Eid [GRÜNE]: Dann tun Sie etwas dafür!)

Hierzu haben die Koalitionsfraktionen eine große Anfrage eingebracht: Erhaltung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen in der Dritten Welt.



Dr. Rumpf
Zusammenfassend meine ich sagen zu können, daß die Fraktionen von CDU/CSU und FDP dem Antrag und dem Anspruch ihrer gemeinsamen Entschließung vom März 1982 insofern gerecht geworden sind, als sie zu allen Fragenkomplexen der drei wichtigsten Grundlinien entsprechende Anträge und Beschlußempfehlungen vorgelegt haben. Das ist das Wichtigste, was — fast am Ende dieser Legislaturperiode — festzustellen ist. Ich würde mich wirklich freuen, wenn gerade auf dem sensiblen Gebiet der Entwicklungspolitik noch viel mehr Gemeinsamkeit, insbesondere von der Fraktion der Sozialdemokratie, in der Öffentlichkeit gezeigt würde. Im Ausschuß ist sie vorhanden, aber in der Öffentlichkeit leider nicht.
Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1021705600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hauchler.

Prof. Dr. Ingomar Hauchler (SPD):
Rede ID: ID1021705700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Warnke, Sie haben der SPD Ideologie vorgeworfen, und doch sind Sie der größte Ideologe der deutschen Entwicklungspolitik.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Widerspruch bei der CDU/CSU — Ströbele [GRÜNE]: Ein schlimmer Ideologe!)

Ihre entwicklungspolitische Bilanz trieft davon: wenig ökonomischer Sachverstand, viel missionarische Arroganz und Selbstgefälligkeit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ihr Bericht verschleiert, daß die deutsche Entwicklungspolitik immer mehr zum Instrument eigener Wirtschaftsinteressen und zu einem Hebel der Außenpolitik verkommen ist.

(Sehr gut! bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU — Ströbele [GRÜNE]: So ist es!)

Was Sie, Herr Warnke, im Kopf haben, ist nicht so sehr Entwicklungspolitik als vielmehr Industriemarketing.

(Ströbele [GRÜNE]: Genau!)

Was Sie umtreibt, ist weniger die Armut der Dritten Welt als vielmehr ihre Eingliederung in ein vom Kapital beherrschtes globales Wirtschaftssystem.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ihr Bericht zeigt, daß die Bundesregierung einer Entwicklungsstrategie anhängt, die längst gescheitert ist, ja, gerade zur Schuldenexplosion mit beigetragen hat.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Ströbele [GRÜNE]: So ist es! Schlimm genug! — Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Das glauben Sie ja selber nicht! — Dr. Kronenberg [CDU/CSU]: Beifall bei den GRÜNEN — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Die Zustimmung der Regierungsfraktion zur Errichtung einer Interamerikanischen Investitionsgesellschaft und ihr Antrag zur Reform der Rahmenbedingungen in den Entwicklungsländern beweisen, daß Sie aus dem Versagen der bisherigen Entwicklungspolitik wirklich nichts gelernt haben.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Worin besteht diese Entwicklungsstrategie, die unserer Meinung nach gescheitert ist? Kurz gesagt: in der Vorstellung, Wachstum in den Industrieländern könnte über eine stärkere Integration der Entwicklungsländer in den Weltmarkt auf die Dritte Welt übertragen werden. Durch Kredite aus den Industrieländern und eine vom Internationalen Währungsfonds bestimmte Wirtschaftspolitik in den Entwicklungsländern soll deren Fähigkeit zum Export so gesteigert werden, daß sie die vermehrte Exportmöglichkeit, die das Wachstum der Industrieländer bietet, realisieren können. Steigende Exporte der Entwicklungsländer, so Ihr Gedanke, erhöhen ihre Fähigkeit, alte Schulden zu bedienen, gleichzeitig aber neue Kredite aufzunehmen, um Investitionen und Importe zu finanzieren. Dadurch können die Industrieländer ihrerseits angeblich mehr exportieren und gleichzeitig auf die Verzinsung ihrer Kredite rechnen. Diese Strategie erweist sich mehr und mehr als Irrweg. Sie haben es nur noch nicht begriffen.

(Zustimmung bei der SPD)

Gerade in einer Zeit, in der die Exporte der Entwicklungsländer stark anstiegen, verringerte sich das reale Wachstum in den Nicht-Öl-Entwicklungsländern. Von 1977 bis 1980 erhöhte sich die Wachstumsrate ihrer Exporte von 19 auf 25% — ein ungeheures Niveau —, während das Wachstum ihres Sozialprodukts von 5,6 auf 4,8 % zurückging.

(Repnik [CDU/CSU]: Da hatten wir einen SPD-Entwicklungsminister!)

Gleichzeitig explodierten die Leistungsbilanzdefizite, die Schulden und der Schuldendienst. Eine Erhöhung der Exporte war also gekoppelt mit einer Verringerung des Wachstums und einer Explosion der Schulden.

(Repnik [CDU/CSU]: Unter einer SPD-Regierung ist das alles geschehen! — Schwarz [CDU/CSU]: Das ist alles Erblast!)

Die Annahme, das Wachstum in den Industrieländern werde über eine stärkere weltwirtschaftliche Integration zu dauerhaften Impulsen in den Entwicklungsländern führen, ist fragwürdig. Die Übertragungseffekte werden immer geringer. Die Tatsache, daß das künftige Wachstum in den Industrieländern zunehmend immaterieller Natur sein wird, verringert kontinuierlich ihren Importbedarf an natürlichen Ressourcen. Zusätzlich wird der immer kleiner werdende Rest an materiellem Wachstum immer weniger auf Rohstoffe aus den Entwicklungsländern angewiesen sein: durch Einsparung, synthetische Stoffe und Miniaturisierung von Produkten.
Der tendenzielle Rückgang der Nachfrage nach Rohstoffen bei steigendem Angebot wird zu einem weiteren Verfall der Terms of Trade und damit zu



Dr. Hauchler
einem Realtransfer vom Süden in den Norden führen.

(Ströbele [GRÜNE]: So ist es!)

Auch der vermeintliche Ausweg, daß die Entwicklungsländer in Zukunft wesentlich mehr verarbeitete Produkte exportieren können, ist letzten Endes illusionär.

(Dr. Pinger [CDU/CSU]: Nein!)

Es hat sich gezeigt, daß den ständigen Reden gegen den Protektionismus keine Taten folgen. Aber selbst wenn es zu einer weiteren Liberalisierung unserer Märkte käme, zeigten sich hier Grenzen. Der wichtigste Standortvorteil der Entwicklungsländer — die niedrigen Reallöhne — wird immer kleiner, weil die Lohnstückkosten im internationalen Wettbewerb eine immer geringere Rolle spielen werden und der technologische Vorsprung der Industrieländer bei Fertigprodukten nur äußerst schwer aufzuholen sein wird.
Eine Entwicklungsstrategie also, die sich weiter vor allem auf kreditfinanzierte Exportexpansion stützt, ist weder empirisch noch theoretisch haltbar.

(Dr. Pinger [CDU/CSU]: Wer tut denn das?)

— Sie, Herr Pinger, und Ihre Fraktion tun es.
Es ist zwar richtig, daß die Wirtschaftspolitik in vielen Entwicklungsländern einer Kurskorrektur bedarf: weniger Bürokratie und mehr wirtschaftliche Initiative, weniger Staatskonsum und mehr ökonomische Anreize, weniger Waffen und mehr produktive Investitionen. Wir sind dafür, daß man an Reformen denkt, die in diese Richtung gehen. Eine solche Reform der Rahmenbedingungen darf aber nicht einseitig auf höhere Exporte abzielen. Sie muß vielmehr auf die Stärkung des Binnenmarktes, auf eine eigenständige ländliche, gewerbliche und technologische Entwicklung gerichtet sein.

(Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Das tun wir j a ohnehin!)

Das setzt aber nicht nur innere Reformen voraus — da unterscheiden wir uns —, sondern steht und fällt mit einer Veränderung der internationalen Rahmenbedingungen. Da habe ich bisher von Ihrer und des Ministers Seite nun wirklich nichts gehört. Der Antrag der Koalition nimmt auf diese internationalen Rahmenbedingungen mit keinem Wort Bezug. Er ist insofern sozusagen auf einem Auge blind. Deshalb können wir ihm nicht folgen.

(Dr. Pinger [CDU/CSU]: Also doch erhöhte Exporte?!)

— Das sagen Sie.
Die Krise der Dritten Welt kann nur mit einer neuen Entwicklungsstrategie bewältigt werden. Der Schuldendienst muß drastisch gesenkt und der reale Kapitaltransfer in den Norden gestoppt werden. Die Binnenmärkte des Südens müssen systematisch gestärkt werden. Die Lösung der Verschuldungskrise erfordert eine Mischung von Umschuldung und Entschuldung, die von Fall zu Fall differenziert werden muß.

(Repnik [CDU/CSU]: Das machen wir!)

Das betrifft vor allem die Schulden, die als private Kredite aufgenommen worden sind, also nicht nur diejenigen, die aus öffentlichen Kassen kommen. Der Baker-Plan führt hier nicht weiter. Er ist nichts anderes als ein neuer Vorschlag im alten Gewande.

(Sehr gut! bei der SPD)

Er ergänzt die Anpassungsmaßnahmen, die in den letzten Jahren vom Internationalen Währungsfonds durchgezogen wurden, allein durch eine neue Initiative zur Vergabe neuer Kredite, die den Schuldenturm noch weiter erhöhen werden.
Eine Lösung könnte entlang des folgenden Denkmodells gefunden werden. Von den zirka 600 Milliarden Dollar privater Altschulden könnte ein Drittel normal bedient werden. Dies entspräche der wirtschaftlichen Leistungskraft der Entwicklungsländer.
Ein weiteres Drittel sollte in ein Zins- und Tilgungsmoratorium eingebracht werden. Der damit verbundene Verzicht auf Zinseinnahmen in Höhe von etwa 20 Milliarden Dollar pro Jahr würde lediglich — nun hören Sie zu — einem Anteil von 0,3 % am Bruttosozialprodukt der OECD entsprechen. Dies wäre also finanzierbar und tragbar. Es fehlt nur der politische Wille dazu.
Für das letzte Drittel wäre ein Forderungsverzicht gerechtfertigt. Zum einen haben die Privatbanken Forderungen in dieser Höhe längst zu Lasten der Steuerzahler abgeschrieben. Zum anderen sind diese Forderungen, wie etwa der frühere Präsident der BIZ offen sagt, völlig uneinbringlich. Ich füge hinzu: Es ist völlig undenkbar, daß Forderungen in dieser Höhe jemals verzinst werden.
Statt also die Fiktion einer Schuldendienstfähigkeit aufrechtzuerhalten und die Wirtschaft in diesen Ländern völlig auf dieses Problem zu fixieren, also den Schuldenturm mit immer neuen Krediten aufzustocken, wie es letzten Endes auch Baker will, sollte die Schuldenlast mit einem Moratorium und mit einer Entschuldung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Entwicklungsländer angepaßt werden. Was auf nationaler Ebene gang und gäbe ist, darf auf internationaler Ebene nicht ausgeschlossen sein. Was die Banken gegenüber der AEG getan haben, kann doch wohl im internationalen Rahmen, beispielsweise gegenüber Peru oder Sambia, nicht unmöglich sein.

(Beifall bei der SPD — Repnik [CDU/CSU]: Das sind doch nicht die Aufgaben des Staates!)

Eine binnenmarktorientierte Strategie ist nur denkbar, wenn der Schuldendienst drastisch gesenkt wird — Herr Repnik, das wissen auch Sie; Sie sagen es nur nicht öffentlich —, wenn die Terms of Trade verbessert werden, wenn die Märkte des Südens durch Präferenzen geschützt und durch einen stärkeren Süd-Süd-Handel gefestigt werden. Die Binnenmarktentwicklung und die Entwick-
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 217. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Mai- 1986 16779
Dr. Hauchler
lungsprojekte bedürfen der Flankierung durch bessere internationale Rahmenbedingungen. Sonst nützen auch interne Reformen in diesen Ländern nichts. Dazu haben wir von seiten der CDU/CSU und der FDP wenig gehört.
Tödlich sind nicht die Entwicklungshilfeprojekte. Tödlich können die Auflagen des Währungsfonds, Waffenexporte und schlechte internationale Rahmenbedingungen für diese Länder sein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich komme zum Schluß, meine Damen und Herren. Die konservativen Parteien haben die Vorschläge der SPD zur Verschuldungskrise und zur Reform der Weltwirtschaft sämtlich vom Tisch gewischt. Wenn man Ihnen deshalb nicht gerade Borniertheit bescheinigen mag, muß man unterstellen, daß darin Methode steckt. Indem sich die Industriestaaten einer Lösung der Verschuldungskrise und der Reform der Weltwirtschaft verweigern, sichern sie sich ein Druckpotential, um die eigenen Wirtschaftsinteressen durchzusetzen und politisches Wohlverhalten zu erzwingen. Macht man denen, die so handeln, zu Unrecht den Vorwurf des Neokolonialismus? Ich denke, nicht.
Der deutsche Entwicklungsminister sagt, nicht schlechtes Gewissen, sondern Weitsicht bestimme seine Politik. Herr Minister, man muß sehr kurzsichtig sein, um die gefährliche Zuspitzung des Nord-Süd-Konflikts so zu verharmlosen, wie Sie es tun.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Und man muß wenig Gewissen haben, um kein — —

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1021705800
Herr Abgeordneter, ich muß Sie dringend bitten, zum Schluß zu kommen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1021705900
Ich bin am Schluß, Herr Präsident. — Man muß wenig Gewissen haben — Herr Warnke, ich hoffe, daß Sie jetzt Ihre Mahlzeit beendet haben —, um kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn man aus der Entwicklungspolitik zuvörderst wirtschaftliches und politisches Kapital für sich selbst schlägt.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1021706000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kunz.

Prof. Dr. Max Kunz (CSU):
Rede ID: ID1021706100
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Sicherung der Grundbedürfnisse, insbesondere die Bekämpfung des Hungers in der Welt, ist unser vorrangiges Ziel in der Entwicklungspolitik. Das Sonderprogramm zur Bekämpfung des Hungers, wie es die EG-Kommission vorschlägt, wird von den Koalitionsparteien weder als notwendig noch als zweckmäßig angesehen, weil dieses Ziel durch das Abkommen von Lomé III abgedeckt wird.
Kennzeichen der Agrarstruktur in den Entwicklungsländern ist das Vorherrschen landwirtschaftlichen Klein- und Kleinstbesitzes, d. h. in der Regel von Subsistenzwirtschaft. Es ist bezeichnend, daß in Afrika, dem Kontinent mit den größten Hungerproblemen, die Kleinbauern 85 % der Agrarproduktion erbringen. Es gilt deshalb für uns der Vorrang der kleinbäuerlichen binnenmarktorientierten Agrarproduktion vor einer exportorientierten und damit großbetrieblichen Erzeugung.

(Bindig [SPD]: In der Theorie ja!)

Die Entwicklung der Kleinbauern wird entscheidend durch eine verbreitete Unwissenheit über die Möglichkeiten einer ertragreicheren Landbewirtschaftung gehemmt. Die Vernachlässigung der traditionellen Landwirtschaft hat die ökologischen Probleme in vielen Entwicklungsländern erheblich verschärft. Unsere Entwicklungshilfe trägt dieser Sorge in besonderem Maße Rechnung, indem alle unsere Entwicklungsvorhaben auf ihre Umweltverträglichkeit überprüft werden.
Schulung und Beratung der Kleinbauern stehen im Vordergrund, wobei wir größtes Gewicht darauf legen, daß die Frauen in alle Ausbildungs- und Beratungsprogramme mit einbezogen werden.
Die beste Beratung wird ihr Ziel verfehlen, wenn ausreichend Spielraum für Eigeninitiativen fehlt und Eigenanstrengungen finanziell nicht honoriert werden. Von einer möglichst breiten Entfaltung privater Kräfte und Selbsthilfeeinrichtungen gehen nach unserer Überzeugung wertvolle Impulse aus.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die äußeren Rahmenbedingungen werden aber von der Regierung des Nehmerlandes festgelegt. Sie trägt deshalb die Hauptverantwortung im Kampf gegen den Hunger. Unsere Hilfe kann nur Hilfe zur Selbsthilfe sein.
Wir setzen auf Entstaatlichung des Marktgeschehens. Der Staat soll die Wettbewerbsregeln festlegen und aufstellen, aber auch darauf achten, daß keine private Monopolisierung des Marktes erfolgt.
Ohne Forschung gibt es keine nachhaltige Entwicklung. Dies gilt auch für die Entwicklungsländer. Zwar sollten die ärmeren Entwicklungsländer die teure Grundlagenforschung den entwickelten Ländern und die anwendungsorientierte Forschung den reicheren Entwicklungsländern überlassen; aber auch die ärmeren Entwicklungsländer können und dürfen nicht auf die angewandte, d. h. angepaßte Forschung verzichten.
Ich fasse zusammen: Die Bekämpfung des Hungers in den Entwicklungsländern, insbesondere in Afrika, stellt ein zentrales Problem unserer Entwicklungspolitik dar. Millionen von Kleinbauern leisten den größten Beitrag zur Ernährungssicherung. Deshalb sind sie — nicht Staatsfarmen und Plantagen — das Ziel unserer Entwicklungspolitik.
Die Hauptverantwortung liegt auch künftig bei den Regierungen der Entwicklungsländer. Sie setzen die politischen, administrativen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Sie müssen Anreiz zur Leistung und Spielraum zur Entfaltung der schöpferischen Kräfte ihrer Völker geben. Ich sagte es



Dr. Kunz (Weiden)

schon: Unsere Hilfe kann nur Hilfe zur Selbsthilfe sein.
Marktwirtschaftliche Prinzipien haben sich besser bewährt als Planwirtschaft. Deshalb sind wir für eine weitgehende Entstaatlichung der Wirtschaft. Die Entwicklungsländer, die mit den richtigen Rahmenbedingungen den effizientesten Einsatz unserer Entwicklungshilfe gewährleisten, sollen deshalb bevorzugte Partner unserer wirtschaftlichen Zusammenarbeit sein. Das ist nicht Einmischung, sondern eine verantwortungsbewußte Verwendung von Steuergeldern, der sich auch die Opposition verpflichtet fühlen sollte.
Die Hoffnungen von Millionen hungernder Menschen richten sich auf uns. Wir können ihnen nur helfen, wenn wir für eine leistungsfähige Wirtschaft im eigenen Lande sorgen und — als die wirtschaftlich Stärkeren — nicht die knappen und endlichen Ressourcen zu Lasten der Entwicklungsländer vorrangig für uns in Anspruch nehmen. Ich bin deshalb davon überzeugt, daß ein Ausstieg aus der sicheren und verantwortbaren Nutzung der Kernenergie in unserem Lande einem wirksamen Kampf gegen Hunger und Elend in der Dritten Welt weitgehend die Grundlagen entziehen würde.

(Ströbele [GRÜNE]: Da haben wir den Bogen endlich! Darum geht's! — Rusche [GRÜNE]: Sie sind auch um keine faule Ausrede verlegen!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1021706200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schreiber.

Werner Schreiber (CDU):
Rede ID: ID1021706300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema „Rüstung und Entwicklung", die Wechselbeziehungen zwischen Ausgaben für Rüstung einerseits und fehlenden Mitteln für Entwicklungspolitik andererseits, ist zweifelsohne ein äußerst sensibles Thema. Weltweit ist ein unüberschaubares Mißverhältnis zwischen Entwicklung und Rüstung entstanden. Dabei ist die Frage der Waffenexporte nicht zu trennen von der Frage einer weltweiten Abrüstung im Sinne einer konsequenten Friedenspolitik. Wir tun jedoch gut daran, das Thema realistisch zu beleuchten und zu beurteilen. Schwarzweißmalerei, wünschenswerte Idealvorstellungen als Politikersatz helfen uns auch auf diesem Politikfeld nicht weiter. Es kann also nicht darum gehen, die Diskussion zu einem Tribunal umzugestalten. Es geht vielmehr darum, die vielfältigen Verästelungen und Problemfelder aufzuspüren und den Zusammenhang zwischen Rüstung und Entwicklung aufzuzeigen. Das Hearing des Bundestagsausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat das Problem schon aufgezeigt. Die Diskussion konzentrierte sich nämlich vornehmlich auf das Thema Waffenexport nach Art und Umfang und weniger auf den eigentlichen Punkt, nämlich den angesprochenen Zusammenhang zwischen Rüstung und Entwicklung. Lassen Sie mich einige Feststellungen treffen, die für eine realistische Einschätzung der Situation wichtig sind.
Erstens. Die Hitliste der Waffenexporteure wird von der Sowjetunion angeführt. Sie ist auch der größte Waffenlieferant der Entwicklungsländer. Dagegen sind die Entwicklungshilfeleistungen der Sowjetunion für die Dritte Welt nach wie vor minimal.
Zweitens. Zweifellos haben die Waffenexporte aus der Bundesrepublik Deutschland zugenommen. Der größte Sprung nach vorne wurde allerdings — das muß man hier sagen — zu Zeiten sozialdemokratischer Bundeskanzler gemacht. Auch das ist ein Faktum.

(Widerspruch des Abg. Bindig [SPDJ] Drittens. Die Bundesrepublik Deutschland rangiert nach wie vor mit weitem Abstand hinter den beiden Großmächten UdSSR und USA und hinter unserem Nachbarland Frankreich. Auch das spricht für eine im Grundsatz restriktive Exportpolitik. Lassen Sie mich weiter noch folgendes feststellen: Erstens. Auch die Länder der Dritten Welt haben legitime Sicherheitsinteressen. Zweifellos hat eine Reihe von Entwicklungsländern bei der Befriedigung dieser Sicherheitsbedürfnisse weit überzogen. Zweitens. Unsere Zusammenarbeit mit den Ländern der Dritten Welt ist durch das Prinzip der Partnerschaft geprägt. Das heißt konkret, daß wir diesen Ländern bei der Formulierung ihrer Sicherheitsbedürfnisse das notwendige Verantwortungsbewußtsein nicht grundsätzlich absprechen dürfen. Drittens heißt das, daß wir auch im Rahmen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit im Dialog mit unseren Partnern auf die Problematik einer Überrüstung hinweisen müssen. Für mich ist es dabei selbstverständlich, daß die Menschenrechtssituation in den betreffenden Ländern eine Rolle spielen muß. Viertens ist festzustellen, daß Länder der Dritten Welt in zunehmendem Maße Rüstungsproduktionen aufbauen. Ich meine, die Frage ist erlaubt, ob der Aufbau weiterer Rüstungsproduktionen der bessere Weg ist gegenüber maßvollen, kontrollierten und sicherheitspolitisch vertretbaren Waffenkäufen in den Industrieländern. Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion hält eine weltweite Beschränkung der Rüstungsexporte unter Einschluß der UdSSR und ihrer Verbündeten für notwendig. Der Rüstungshandel mit der Dritten Welt muß weltweit transparenter gestaltet werden. Es müssen Wege gefunden werden, die Ersparnisse aus künftigen Rüstungskontrollvereinbarungen zur Finanzierung von Entwicklungshilfe zu nutzen. Die Politik der Bundesrepublik Deutschland bei Rüstungsexporten in Länder der Dritten Welt ist aus verfassungsrechtlichen, ethischen, außenpolitischen, außenwirtschaftspolitischen und entwicklungspolitischen Gründen auch weiterhin restriktiv zu gestalten. Schreiber Ich glaube, wir können im Kern durchaus in einigen Fragen kooperieren. Lassen Sie uns das gemeinsam angehen. Herzlichen Dank. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schanz. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schreiber, von Realismus reden und nicht handeln, Nichtstun kennzeichnet Ihre Politik. Infolgedessen haben Sie auch unsere Anträge zu dem Thema, was Sie hier besprochen haben, abgelehnt. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an den Beginn meiner Ausführungen ein Zitat des Häuptlings Seattle setzen, das mehr als 100 Jahre alt ist: Wir wissen, — so sprach er — daß der Weiße unsere Art zu leben nicht versteht. Ihm ist ein Stück Land so gut wie das andere. Er kommt wie ein Fremder in der Nacht und nimmt, was er braucht. Die Erde ist nicht sein Bruder, sondern sein Feind, und wenn er sie unterworfen hat, geht er weiter. Das Land bedeutet ihm nichts, er vergißt die Gräber seiner Väter und das Erbe seiner Kinder. Seine Mutter, die Erde, und seinen Bruder, den Himmel, behandelt er wie eine Ware. Seine Gier wird die Erde kahlfressen und nichts zurücklassen als eine Wüste. Ist das unsere Ausgangssituation? Nein, vor dem Hintergrund der Giftgaskatastrophe in Bhopal, der Reaktorpanne in Harrisburg und jetzt — ganz aktuell — der Katastrophe von Tschernobyl kann sich diese Debatte nicht auf das Thema der Erhaltung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen in der Dritten Welt begrenzen. Wer noch glaubt, daß die Finanzierung von Aufforstungsprojekten, welche der tatsächlichen Entwicklung hinterherlaufen, ausreicht, für eine Umkehr des Menschen zu sorgen, der irrt. Die Zeit für Schaukämpfe ist vorbei. Es ist fünf vor zwölf. Auch unsere Zukunft hängt — wie jeder weiß — von der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen ab, nicht nur von denen in der Dritten Welt. Hüten wir uns also, mit den gehobenen Zeigefingern die armen Länder des Südens zu ermahnen. Schon im März des vergangenen Jahres habe ich hier vor dem Deutschen Bundestag an unsere eigene Vergangenheit erinnert. 150 Jahre Industrialisierung sind nämlich auch 150 Jahre Raubbau an der Natur gewesen. Auch das ist Verwüstung. Und wir setzen sie fort. Mein Kollege Brück hat am 13. Dezember 1984 im Rahmen der Debatte über „Global 2000" ausgeführt, daß es nicht reicht, wenn wir nur Betroffenheit und Mitgefühl ausdrücken. Er hat gesagt: Wir tragen ... Verantwortung. Wir sind verpflichtet, die Erfahrungen, die wir in unserer industriellen Entwicklung gemacht haben, weiterzugeben. Selbstverständlich, wir können helfen, den Menschen eine Existenz zu geben, unseren Kindern eine Zukunft zu garantieren. Aber statt Milliarden und Millionen in die Rüstung zu stecken, den Sternenkrieg gar denkbar zu machen, sollten diese Unsummen zur Entwicklung der armen Länder, zum Zurückdrängen der Wüsten zur Verfügung gestellt werden. Anstatt unsere Bauern über eine zweifelhafte Politik zu zwingen, die Böden zu vergiften, sie auszupowern, Überschüsse zu produzieren, welche dann zur Vernichtung bäuerlicher Kleinstrukturen in der Dritten Welt eingesetzt werden, wäre es sinnvoller, weltweit, also auch bei uns, die Landwirte als Ökologen existenzfähig zu machen. Meine Damen und Herren, die Entwicklungsländer haben unter den hohen Energiepreisen noch stärker zu leiden als die Industriestaaten. Sie sind daher mehr denn je auf ihre traditionellen Brennstoffe — vor allem auf Holz — angewiesen. In Lateinamerika trägt Holz zu 16 %, in Asien zu 17 % zur Energieversorgung bei. In Afrika wird sogar über die Hälfte der notwendigen Energie durch Holz gedeckt. Mit dem rasch wachsenden Energiebedarf der Dritten Welt wächst auch der Bedarf an Brennholz. In einigen Regionen wird schon seit langem mehr verbraucht, als nachwächst. Zusammen mit den Holzexporten in die westlichen Industriestaaten führt dies in manchen tropischen Ländern zur Entwaldung weiter Landstriche — mit allen nachteiligen Folgen für die Fruchtbarkeit des Bodens und für das Klima. Ich frage an dieser Stelle, was wir tun, was Sie tun, meine Damen und Herren von der Regierung, um den unersättlichen Bedarf an tropischem Gehölz in unserer Überflußgesellschaft zurückzudämmen. Wo sind die konkreten Initiativen dieser Bundesregierung, um national, aber auch international dafür einzutreten, daß auf diese Importe verzichtet wird? Die tropischen Regenwälder schützen und erneuern auch unseren Boden und unsere Wasserreserven. In ihnen leben 50 % aller Pflanzen und Tierarten. Dennoch werden jährlich über 11 Millionen Hektar, eine Fläche größer als Österreich, abgeholzt. Wenn die Zerstörung in diesem Tempo weiter fortschreitet, werden im Jahr 2000 noch weitere 225 Millionen Hektar Wald von der Erdoberfläche verschwinden. Dies ist, so sagte Dr. Khoshoo, Indiens ehemaliger Umweltminister, eine der größten Tragödien unserer Zeit, ein klassisches Beispiel für ein Dritte-Welt-Problem, das zu ignorieren die Industrieländer sich keineswegs leisten können. Meine Damen und Herren, fünf Jahre nach Vorlage des Berichts „Global 2000" haben sich die weltweiten Umweltprobleme weiter zugespitzt. Nach dem Unglück von Tschernobyl spüren auch wir unmittelbare Bedrohung. Die Industrieländer haben Schanz es jedoch bisher versäumt, Ansätze zu einer gemeinsamen Bewältigung der ökologischen Krise zu entwickeln. Die Prognosen von „Global 2000" sind weitgehend verdrängt worden. Die in dem Bericht enthaltenen Aktionsvorschläge sind bisher nicht Gegenstand supranationaler Erörterung gewesen. Wir hatten seinerzeit kritisch angemerkt, daß das noch folgen muß. Auch in der Bundesrepublik Deutschland sind Denkanstöße von der Politik, von Ihnen, meine Damen und Herren, nicht gekommen. Wir haben Ihnen gesagt, daß in dem Bericht der Bundesregierung nicht einmal der Versuch gemacht wurde, darzustellen, wie sich die in „Global 2000" aufgezeigten Trends seit 1980 entwickelt haben. Im übrigen: Auch Wissenschaftler haben sich in der Vergangenheit geirrt. Das wird sicherlich auch für die Gegenwart gelten. Darum geht es auch nicht. Denken Sie beispielsweise an den Unsinn der Bewässerung der Kantarasenken in der Sahara. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Seveso, Bhopal, Harrisburg und Tschernobyl sind Warnsignale. Wir sollten sie nicht beiseiteschieben. Die Hungerkatastrophe in Äthiopien und anderen Ländern der Sahel-Zone waren und sind nur die Spitze des Eisbergs. Die Ausbeutung der Erde, die Verwüstung ganzer Regionen nimmt zu. Unsere Wälder sterben, Gewässer und Böden werden weiterhin vergiftet. Unsummen werden für Rüstung statt für Entwicklung ausgegeben. Statt den Hunger zu bekämpfen, Kindern das Leben zu garantieren, werden weiterhin Vernichtungswaffen produziert. In diesem Zusammenhang sehen wir Ihre Anfrage zur Erhaltung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen in der Dritten Welt. Unsere AIternativen haben wir auf den Tisch gelegt. Wir haben mit unserem Programm „Arbeit und Umwelt" den Weg zu einer Alternative gewiesen. Unseren Antrag „Frieden mit der Natur — Für eine umweltverträgliche Industriegesellschaft" haben Sie abgelehnt. Wir haben mit dem „Zukunftsprogramm Dritte Welt — Weltentwicklung statt Weltrüstung" aufgezeigt, wie es anders gehen könnte. Ohne weltweite Abrüstung gibt es keine Entwicklung, keine Wende des Hungers und kein Ende des Raubbaus an der Natur. Ohne Ende des Hungers gibt es keinen Frieden. Ohne Frieden zwischen den Völkern droht die Vernichtung unserer Erde. Der hohe Verbrauch der Industrieländer, ein durch Armut bedingter Raubbau an der Natur in der Dritten Welt und die aus den Industrieländern für den Pflanzenschutz importierten Chemikalien haben unübersehbare Umweltschäden hervorgerufen, wie wir in unserem Programm aufzeigen. Heute liegt Ihnen, meine Damen und Herren, unser Entschließungsantrag vom 27. März 1985 vor, den Sie im Rahmen der Beratung im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit in großen Teilen abgelehnt haben. Dieser Antrag nimmt das von mir Dargestellte auf. (Dr. Rumpf [FDP]: Die vernünftigen Teile haben wir übernommen!)





(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1021706400
Dieter Schanz (SPD):
Rede ID: ID1021706500

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)





(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

— Sie haben teilweise zugestimmt, Herr Rumpf. Aber heute haben Sie das verschwiegen und sind nicht bereit, ihn mitzutragen.
Dieser Antrag nimmt Bezug auf gemeinsame Beschlüsse dieses Hauses vom 5. März 1982, vom 19. Januar 1984 und vom 18. Oktober 1984. Dieser Antrag fordert umweltpolitische Kriterien für alle Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit bis spätestens 1986.
Handlungsbedarf ist gegeben. Mit der Annahme dieses Antrags hätte die Regierung einen Handlungsauftrag.
Die Kirchen, meine Damen und Herren, haben uns am 30. Mai 1985 eine gemeinsame Erklärung zu Fragen der Umweltverantwortung vorgelegt. Sie trägt den Titel „Verantwortung wahrnehmen für die Schöpfung". Im gemeinsamen Vorwort von Kardinal Höffner und Landesbischof Lohse wird auf die tiefen Gegensätze der gegenwärtigen Umweltdiskussion hingewiesen. Ich zitiere:
Die Sorge um mögliche weitere Gefährdungen oder unzureichende Abhilfen hat Mauern des Unverständnisses geschaffen, die Trennungen und Konflikte mit sich bringen. Die gemeinsame Erklärung wirbt deshalb für eine nüchterne, aufgeschlossene und sachliche Diskussion. Die Bewältigung der Umweltprobleme ist eine gemeinsame Aufgabe, die bei allen eine Veränderung des Verhaltens und ein neues Denken verlangt.
Meine Damen und Herren, auch darauf kommt es heute an. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag, habe aber wenig Hoffnung, daß Sie dem entsprechen werden.
Danke schön.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1021706600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Pinger.

Dr. Winfried Pinger (CDU):
Rede ID: ID1021706700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung braucht, wenn es um das Thema „Erhaltung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen" geht, keinen Handlungsauftrag. Wir haben zu Ihrem Antrag im Ausschuß im einzelnen dargelegt, daß die Bundesregierung das, was Sie fordern, bereits erfüllt hat bzw. dabei ist, diese Forderungen zu erfüllen. Sie rennen also offene Türen ein. Die Bundesregierung tut das, was Sie verlangen.
Lassen Sie mich hier eine Klarstellung zu der Rede des Kollegen Schluckebier machen. Sie haben auf die gemeinsame Entschließung des Bundestages hingewiesen. Ich möchte hier für unsere Fraktion erneut betonen — Herr Rumpf hat dies auch schon für die FDP-Fraktion getan —: Wir halten einen Grundbestand gemeinsamer entwicklungspolitischer Ziele nach wie vor für außerordenlich



Dr. Pinger
wertvoll, und wir wollen daran festhalten. Auf der anderen Seite aber gibt es Zielsetzungen, in denen wir nicht übereinstimmen. Dazu gehört unser Antrag „Reformen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen als Voraussetzung für Selbsthilfe in der Dritten Welt", mit dem ich mich gleich noch befassen werde. Es hat keinen Zweck, die Meinungsverschiedenheiten, die tatsächlich vorhanden sind, unter den Teppich zu kehren.
Meine Damen und Herren, die Entwicklungspolitik der Bundesregierung folgt dem Gebot der Neuorientierung. Das heißt — Herr Minister Warnke hat darauf hingewiesen — erstens Hilfe zur Selbsthilfe durch mehr Privatinitiative und zweitens mehr Wirksamkeit der Maßnahmen und Mittel. Die neuen entwicklungspolitischen Grundlinien der Bundesregierung tragen diesen Zielen Rechnung. Allgemeine Ziele und Probleme zu beschreiben genügt auf keinen Fall. Die Ziellyrik vergangener Zeiten ist einer realistischen Sicht für das Machbare gewichen. Es ist wichtig, konkrete Wege und Maßnahmen aufzuzeigen, wie die Probleme bewältigt werden können, und das tut die Bundesregierung. Sie tut es vor allen Dingen in ihren neuen Grundlinien.
Die Bundesregierung hat unsere Unterstützung bei der Überwindung der Armut durch Selbsthilfe im produktiven Bereich der Klein- und Kleinstbetriebe. Es dauerte drei Jahre, bis die SPD unseren Anträgen betreffend die Förderung der Kleinbauern und die Förderung des Handwerks der Zielsetzung und dem wesentlichen Inhalt nach zustimmte. Wir haben dann im Ausschuß eine gemeinsame Beschlußempfehlung angestrebt. SPD und GRÜNE haben die Gemeinsamkeit wegen einiger geringfügiger Passagen platzen lassen.

(Toetemeyer [SPD]: Das ist nicht ganz die Wahrheit, Herr Kollege!)

Wir bedauern das sehr. Wir müssen uns fragen, wie es dann um Ihr wahres Interesse an der Förderung von Kleinbauern und Handwerkern bestellt ist.
Meine Damen und Herren, Kleinbetriebe aus Handwerk und Landwirtschaft können sich nur entwickeln, wenn der Staat im Entwicklungsland für geeignete wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen sorgt. Darauf ist von den Sachverständigen in der Anhörung immer wieder hingewiesen worden. Der von uns vorgelegte Antrag mit dem Thema „Reformen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen als Voraussetzung für Selbsthilfe in der Dritten Welt" ist deshalb die notwendige Ergänzung zu dem Thema Förderung der Kleinbetriebe.
Der Staat darf sich nicht in alle Lebensbereiche des Entwicklungslandes einmischen. Er verdrängt damit die Privatinitiative und die Möglichkeiten seiner Bürger. Auf der anderen Seite sind Fehlentwicklungen und wirtschaftliches Mißmanagement des Staates im Entwicklungsland Folge dieses Handelns. Dabei sind Beachtung der Rahmenbedingungen, Politikdialog und Geberkoordinierung die Voraussetzungen für eine Entwicklungspolitik zugunsten der armen Bevölkerungsschichten.
Wir wundern uns nicht, wenn Sie von der Opposition Hemmungen haben, mit uns die Entstaatlichung der Entwicklung voranzutreiben. Ihr Wunschbild scheint weiterhin zu sein: Regierungsbeamte leiten rentable Staatsunternehmen; staatlich kontrollierte Organisationen fördern umfassend die Wohlfahrt der gesamten Bevölkerung; staatliche Sicherung schafft durch Ausschaltung der Marktkräfte genau das, worin der Markt angeblich versagt.

(Bindig [SPD]: Sie haben ja ideologische Tomaten auf den Augen!)

So sieht die Idylle Ihrer Vorstellung nach aus. Die Wirklichkeit ist anders: Verschwendung, Korruption, Benachteiligungen der armen Bevölkerungsschichten, Unterdrückung von Minderheiten und sinkende Produktion. Daraus gilt es die Konsequenzen zu ziehen. Wer Selbsthilfe will, muß die Rolle des Staates eingrenzen auf die traditionellen hoheitlichen Aufgaben, auf Infrastrukturmaßnahmen und auf die Aufgaben im Gesundheits- und Bildungsbereich.

(Dr. Hauchler [SPD]: Wollen Sie das auch in der Bundesrepublik so machen?)

Zusätzliche Aufgaben allerdings muß der Staat bei der Sicherung von Freiheitsräumen für die Privatinitiative und zur Sicherung eines fairen Wettbewerbs übernehmen. Wer Handwerksförderung und Kleinbauernförderung sagt, zugleich aber nicht bereit ist, für Rahmenbedingungen zu sorgen, bleibt auf halbem Wege stehen. Sie sollten die Gelegenheit in der Opposition nutzen, über den notwendigen weiteren Weg nachzudenken. Ich fürchte, Sie brauchen dafür noch eine längere Zeit.

(Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]) Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1021706800
Das Wort hat der Abgeordnete Toetemeyer.

Hans-Günther Toetemeyer (SPD):
Rede ID: ID1021706900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kleinbäuerliche Entwicklung, ländliche Entwicklung, das waren die Stichworte, die Kollege Pinger gerade aufgegriffen hat. Dazu möchte ich noch kurz Stellung nehmen.

(Reddemann [CDU/CSU]: Warum?)

Ich will zunächst eine Legende zerstören, Herr Kollege Pinger. Es ist einfach nicht richtig, daß die Sozialdemokraten und die GRÜNEN aus einer Gemeinsamkeit ausgebrochen wären. In Wirklichkeit ist es so, daß es eine völlige Übereinkunft zwischen allen Fraktionen gab, aus der die CDU/CSU ausgebrochen ist. Dies ist die Wahrheit.

(Frau Eid [GRÜNE]: So war es!)

Ich will das nur festhalten. Meine Damen und Herren, wir sind uns bei diesem Thema ja in großen Zügen einig; da hat der Kollege Pinger recht. Nur, wir möchten in drei Punkten — das war auch der Dissens im Ausschuß — mehr Klarheit und deswegen klarere Formulierungen haben, über die wir



Toetemeyer
gleich bei der Abstimmung über unseren Änderungsantrag entscheiden.
Nun geht es, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ja nicht um Deklamationen, wenn wir uns in der Sache weitgehend einig sind, sondern es geht um die Praxis. Was uns zur Verfügung steht, ist der Soll-Ist-Vergleich des Jahres 1984, von der Bundesregierung zugeleitet. Dazu sagt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in seiner Betrachtung des Jahresergebnisses 1984 unter der Überschrift „Deutsche Entwicklungshilfe im internationalen Vergleich":
Im Sinne einer grundbedürfnisorientierten Entwicklungspolitik ist die Verteilung der bilateralen ODA-Zusagen nach Verwendungssektoren um so positiver zu beurteilen, je höher der Anteil der Landwirtschaft ist.
Gerade an diesem Punkt wird im Hinblick auf das Jahr 1984 durch dieses Institut erhebliche Kritik an der Bundesregierung geübt, die mit der Forderung endet — ich zitiere wiederum —:
In der gegenwärtigen schwierigen Ernährungslage gerade in den ärmsten Entwicklungsländern ist es sinnvoll und notwendig, den Anteil der Landwirtschaft in der deutschen Entwicklungshilfe zu erhöhen.
Meine Damen und Herren, wenn wir uns den SollIst-Vergleich 1984 ansehen — ich nehme die Zahlen der Bundesregierung —, dann sieht das so aus: ländliche Entwicklung, FZ und TZ zusammen, 18,4 %. Wenn sich dies nicht ändert, lieber Kollege Pinger, dann nützen alle Deklamationen des Deutschen Bundestages nichts.

(Beifall bei den GRÜNEN — Frau Eid [GRÜNE]: Richtig!)

Ich habe eben bei dem Vergleich des Kollegen Rumpf mit dem großen Stein und dem Feuer überlegt: Wer ist der Stein, und wer ist das Feuer? Vielleicht einigen wir uns darauf: Der Stein ist der Minister, und das Feuer ist der Bundestag. Er soll ihm Feuer unter dem Hintern machen.

(Heiterkeit)

War das noch parlamentarisch? — Gut. Herr Minister, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wer wirklich einen Schwerpunkt im Sinne dessen setzen will, was wir heute beschließen, der kann nicht hinnehmen, daß es in der Organisationsstruktur des Deutschen Entwicklungsdienstes in Berlin für ländliche Entwicklung der gesamten Welt einen einzigen Referenten gibt. Sie kennen den Antrag des DED, für das Jahr 1987 einen weiteren Referenten zur Verfügung zu stellen. Wenn Sie den Deutschen Bundestag ernst nehmen — ich gehe davon aus —, sehe ich dem Stellenplan 1987 mit großer Hoffnung entgegen. Es geht darum, zu handeln und nicht nur Deklamationen zu verabschieden.
Ich komme zum Schluß und beschränke mich auf Afrika. Meine Damen und Herren, wer wie wir alle der Auffassung ist, daß der Schwerpunkt der Entwicklungszusammenarbeit in Zukunft im ländlichen Bereich liegen muß — Kollege Kunz hat einige bemerkenswerte Zahlen dazu genannt —, der muß wissen, daß, wenn wir in Afrika nichts tun, die Wüste jährlich um 16 km 2 zunimmt. Wer nichts dagegen tut, nimmt sehenden Auges in Kauf, daß wir im Jahr 2000 in Afrika einen Anteil von 45 % an Wüste haben werden. Dem müssen wir durch eine stärkere Bereitstellung von Mitteln in diesem Bereich, durch alle notwendigen organisatorischen Voraussetzungen entgegenwirken. Von daher die Aufforderung der Opposition an die Bundesregierung, nun einmal endlich zu handeln.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Reddemann [CDU/CSU]: Die Wüste zu beseitigen!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1021707000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hüsch.

(Bindig [SPD]: Zum Schluß ein dicker Brocken!)


Dr. Heinz Günther Hüsch (CDU):
Rede ID: ID1021707100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Schluß der Debatte ist wohl ein kleines Resümee angebracht. Das Resümee lautet: Die Entwicklungspolitik der CDU/CSU- und FDP-getragenen Bundesregierung ist erfolgreich.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Ströbele [GRÜNE]: War das ein Eigenlob? — Bindig [SPD]: Noch sieben Monate, dann ist der Spuk vorbei!)

Diese Politik hat seit 1982 dort Korrekturen angebracht, wo das mehr als erforderlich war. Der Minister hat zu Recht verdeutlicht: Auf die drängenden Fragen, die sich aus der wachsenden Verschuldung der Entwicklungsländer,

(Ströbele [GRÜNE]: Woher kommt das wohl mit der Verschuldung?)

die sich aus dem Hunger und aus massiven Fehlentwicklungen ergeben hatten, sind gute Antworten gegeben worden.

(Ströbele [GRÜNE]: Die Schulden werden immer höher!)

Die Bundesregierung hat ihre Entwicklungshilfe wesentlich wirksamer machen können. Sie hat im internationalen Dialog beachtliche Beiträge geleistet. Ich möchte an dieser Stelle Kanzler Helmut Kohl

(Ströbele [GRÜNE]: Ach du lieber Gott, wollen Sie Minister werden? — Bindig [SPD]: Der hält IDA noch für ein Bienchen!)

ausdrücklich und sehr engagiert dafür danken, daß er auf mehreren Gipfelkonferenzen die drängende Not der Entwicklungsländer auf die Tagesordnung gebracht hat. Sein persönliches Engagement hat sich wohltuend

(Ströbele [GRÜNE]: Bei dem ist nichts wohltuend!)

von der verachtenden Lehrerhaftigkeit seines Vorgängers Schmidt in diesen Fragen abgehoben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)




Dr. Hüsch
Meine Damen und Herren, der Erfolg der jetzigen Politik liegt nicht zuletzt in der Beherrschung des von der früheren Bundesregierung verschuldeten Problems, nämlich die Verpflichtungsermächtigungen mehr ansteigen zu lassen, als sie durch Haushaltsansätze tatsächlich zu beleben.

(Dr. Hauchler [SPD]: Früher war es umgekehrt!)

Wir haben die Entwicklungshilfe vor der Finanzkrise bewahren können. Zugleich sind die Aufwendungen stärker angestiegen als der übrige Haushalt. Es ist gelungen, trotz des richtigen Weges der Sparsamkeit von dem gewachsenen Wohlstand mehr an diejenigen abzugeben, die in Armut leben. Ich möchte mit großem Respekt dem Finanzminister Stoltenberg für diese seine Entscheidungen an dieser Stelle herzlich danken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Bindig [SPD]: Sie sind ein richtiger Jubelperser!)

Was hat nun die Opposition zu bieten? Frau Eid von den GRÜNEN hat missionarischen Eifer an den Tag gelegt. Egal, wie die Mehrheiten hier sind, wie sie in den Entwicklungsländern sind, sie will ihre grüne Ideologie diesen Menschen überstülpen.

(Frau Eid [GRÜNE]: Das stimmt überhaupt nicht! — Ströbele [GRÜNE]: Sie schließen von sich auf andere! Das ist falsch!)

Das, Frau Eid, ist nichts anderes als tiefe Menschenverachtung und mangelnder Respekt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie sind nicht einmal davor zurückgeschreckt, den Geschäftsführer von Misereor falsch, vorsätzlich falsch gegen die Bundesregierung zu zitieren. Das, was Sie als Wortlaut zitiert haben,

(Frau Eid [GRÜNE]: Ich habe nicht wörtlich zitiert!)

hat der Herr Herkenrath ausdrücklich nicht auf die Bundesregierung gemünzt. Er hat vielmehr erklärt, daß die Politik der Bundesregierung von ihm anerkannt wird.

(Schwarz [CDU/CSU]: Sie hat bei Ströbele gelernt!)

Was ist nun von der SPD zu halten?

(Bindig [SPD]: Sehr viel!)

Herr Bindig, die SPD hat bisher nicht die Kraft gehabt, ihre entwicklungspolitischen Vorstellungen in einer geschlossenen Konzeption zusammenzufassen. In Ihrer Regierungszeit haben Sie sich auf die Regierungsrichtlinien verlassen und gelegentlich ein paar ideologische Anmerkungen hinzugesteuert.

(Brück [SPD]: Herr Hüsch ist kein Ideologe!)

Die Oppositionszeit blieb ungenutzt. Man muß Sie
von der SPD deshalb sehr wohl fragen: Fehlt es
Ihnen eigentlich an der Kraft, diese Konzeption zu formulieren,

(Dr. Hauchler [SPD]: Sie stehen unter der Kontrolle des Ministers!)

oder opfern Sie auch Ihre linken Sprüche dem innerparteilichen Kalkül? Welche Antwort Sie auch immer geben, das Fehlen einer geschlossenen Vorstellung der Opposition im entwicklungspolitischen Bereich ist blamabel für die SPD.

(Schwarz [CDU/CSU]: Nicht nur das!)

Gelegentlich beziehen Sie sich auf die Stellungnahmen der Nord-Süd-Kommission. Man tut dies gern, weil der SPD-Vorsitzende auch Vorsitzender dieser Kommission war. Aber nichts von den Vorschlägen der Kommission hat die frühere SPDgeführte Regierung in die Tat umsetzen wollen und können,

(Zuruf von der SPD: Tun Sie es doch jetzt!)

und noch heute folgt die SPD in ihren oppositionellen Äußerungen den Hauptfehlern dieses Gutachtens: Sie überschätzt die Bedeutung des Geldes im Nord-Süd-Dialog und sucht die Zuflucht zu dirigistischen Maßnahmen und zu Steuererhöhungen.
Auf der gleichen gedanklichen Linie liegen die exotischen Vorschläge, die Herr Hauchler heute auch erneut vorgetragen hat, den Entwicklungsländern wesentliche Teile ihrer Schulden zu erlassen. Dieser Vorschlag, Herr Hauchler, strotzt von Unkenntnis der internationalen ökonomischen Beziehungen und Abhängigkeiten.

(Dr. Hauchler [SPD]: Wenn man dumm ist, kann man gescheite Vorschläge nicht verstehen, Herr Hüsch!)

Er prämiert die Entwicklungsländer, die ihr Geld für Rüstung vergeudet haben, die ihre wirtschaftliche Kraft in sozialistische Experimente hineingesteckt haben und die auf sozialem Gebiet durch grenzenloses Wohlverhalten einen Wohlstand auf Kosten Dritter vorgaukeln, der so nicht existiert und nicht existieren kann. Deshalb, Herr Hauchler, haben Ihre Vorschläge z. B. auf dem Weltbanksymposium nur ein müdes Lächeln und nicht das Geringste an Verständnis in einem Kreis auslösen können, in dem die Experten saßen. Sie konnten sich nur auf die wohlfeile Zustimmung eines Fernsehjournalisten beziehen.

(Zurufe von der SPD)

Was nun der entscheidende Fehler ist: Bei der Dominanz, die das Friedensargument in Ihrer Argumentation hat, verschließen Sie die Augen, daß die Gefahr für den Frieden nicht allein aus dem Mißbrauch der Waffensysteme, sondern mehr noch aus den andauernden Verletzungen der Grundlagen des Friedens herrührt, nämlich Verletzungen des Rechts, der Gerechtigkeit und der Menschenrechte.

(Ströbele [GRÜNE]: So ist es!)




Dr. Hüsch
Bezeichnenderweise spielt in Ihrer gefährlichen Nebenaußenpolitik die Frage der Menschenrechte kaum noch eine Rolle,

(Ströbele [GRÜNE]: Aber bei Ihnen!)

sondern Sie suchen Akkorde über Kleinfragen, aber nicht über die Grundlage, die die Entwicklungspolitik betrifft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

In der Überbetonung der materiellen Komponente, der Überbetonung der Fiskalpolitik, der Überbetonung der Quantität der Entwicklungshilfe bei gleichzeitiger Vernachlässigung des inneren Gehaltes der nichtmateriellen Werte und Ziele,

(Bindig [SPD]: Immer hau drauf, noch einmal draufhauen!)

darin liegt der grundlegende Fehler der SPD-Opposition, und damit ist sie nun einmal in der Sache gescheitert.
Wir setzen dem entgegen: Realität ist wichtiger als Illusion, Qualität bedeutet mehr als nur die Menge des Geldes, Wirksamkeit der Entwicklungshilfe bringt mehr für die Erfüllung als ideologische Vorgaben. Es geht nämlich um Menschen, es geht um Not, um Armut, um Krankheit, Unwissenheit, Unterdrückung und Unfreiheit. Da geht es um die Maßstäbe der Menschen, die zu beachten sind.

(Zuruf von der SPD: Das wissen wir doch alles!)

Deshalb wollen wir — anders als Sie — die Rahmenbedingungen beeinflussen, verbessern. Globaldiskussionen, wie Sie sie fordern, schaffen allenfalls neue Konferenzen. Die Fall-zu-Fall-Lösung bringt den konkreten Nutzen, und darauf kommt es an.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Deshalb setzen wir mehr auf die Beteiligung der Menschen und der Betroffenen an dem Prozeß, die ihr eigenes Schicksal verändern sollen. Wir setzen deshalb stärker auf die freien Kräfte, und es ist für mich das Makaberste, daß Sie die Forderung nach Verbreiterung des Korridors der nichtstaatlichen Organisationen und der nichtstaatlichen Hilfen so nachhaltig bekämpfen.

(Frau Eid [GRÜNE]: Bensheimer Kreis!)

Nicht zuletzt geht es um die kulturellen, die sozialen, die geschichtlichen Zusammenhänge, und es geht um das innere Engagement der Mitbürger.
Diese Anforderungen, meine Damen und Herren, hat die Bundesregierung mehr als erfüllt. Wir sind mit ihrer Politik zufrieden. Der Bundeskanzler hat sie persönlich mit nach vorne getragen

(Zurufe von der SPD: Was?)

— Jawohl, ich wiederhole: Der Bundeskanzler hat
diese Sache in vielen Konferenzen nach vorne getragen —,

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Ströbele [GRÜNE]: Peinlich, peinlich! — Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

und deshalb wird diese Bundesregierung auch künftig unsere Unterstützung haben, und alle Ihre Schwarzmalereien, alle Ihre Miesmachereien werden daran nichts ändern. Wir stehen zu dieser Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID1021707200
Wir sind am Ende der Aussprache. Wortmeldungen liegen nicht mehr vor.
Wir kommen zuerst zur Einzelberatung und zur Schlußabstimmung über den Tagesordnungspunkt 21 a, den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf auf Drucksache 10/4629. Der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit empfiehlt, diesen Gesetzentwurf unverändert anzunehmen.
Ich rufe das Gesetz mit seinen Artikeln 1 bis 4, Einleitung und Überschrift auf. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21b: die Beschlußempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf Drucksache 10/5174. Hierzu liegt auf Drucksache 10/5482 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor.
Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wir stimmen jetzt über die Beschlußempfehlung des Ausschusses ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Mit Mehrheit angenommen.
Wir stimmen nun über Tagesordnungspunkt 21 c ab: die Beschlußempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf Drucksache 10/4032. Der Ausschuß empfiehlt, den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 10/3089 abzulehnen.
Wer dieser Beschlußempfehlung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Eine Enthaltung. Mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 21 d: die Beschlußempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf Drucksache 10/5176 zu den Anträgen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf den Drucksachen 10/1214 und 10/1841. Zu dieser Beschlußempfehlung liegt auf Drucksache 10/5483 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Dazu



Vizepräsident Stücklen
wünschen Sie von der Fraktion DIE GRÜNEN, daß absatzweise abgestimmt wird.

(Frau Eid [GRÜNE]: Richtig! — Berger [CDU/CSU]: Das kompliziert doch nur das Verfahren!)

Ich rufe also diesen Änderungsantrag auf. Wer der Ziffer 1 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe Ziffer 2 auf. Wer der Ziffer 2 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Mit Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe Ziffer 3 auf. Wer der Ziffer 3 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen.

(Widerspruch des Abg. Dr. Rumpf [FDP])

— Wünschen Sie im Protokoll namentlich genannt zu werden?

(Große Heiterkeit)

Also bei einer. Enthaltung mit Mehrheit abgelehnt.
Damit sind die einzelnen Ziffern des Änderungsantrages abgelehnt. Der Änderungsantrag ist damit erledigt.
Wir stimmen jetzt über die Beschlußempfehlung des Ausschusses ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 21 e: Beschlußempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf Drucksache 10/5412.
Wer dieser Beschlußempfehlung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Mit Mehrheit angenommen.
Wir stimmen nun über Tagesordnungspunkt 21f ab: Beschlußempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf Drucksache 10/5405. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf Drucksache 10/4109 unverändert anzunehmen.
Wer dieser Beschlußempfehlung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe den Zusatzpunkt 9 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Werner (Dierstorf), Rusche und der Fraktion DIE GRÜNEN
Unverzügliche Entschädigung des Naturkosthandels, der Bioläden, der Direktvermarkter und des Einzelhandels für die durch
die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl entstandenen finanziellen Ausfälle
— Drucksache 10/5513 —
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend)

Haushaltsausschuß
Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

(Dr. Rumpf [FDP]: Die Antragsteller sind gar nicht da, Herr Präsident! — Zuruf von der CDU/CSU: Aus gutem Grund!)

— Es steht in der Geschäftsordnung leider nicht vermerkt, daß Anträge von Antragstellern, die nicht anwesend sind, nicht behandelt werden.

(Rusche [GRÜNE]: Ich bin hier als Antragsteller anwesend! Das ist eine Verleumdung! — Weitere Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

— Sehen Sie, er ist ja da.
Es wird vorgeschlagen, den Antrag auf Drucksache 10/5513 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen. Gibt es weitere Vorschläge? — Das ist nicht der Fall. Damit ist die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe die Zusatzpunkte 10 und 11 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit, einschließlich in der Landwirtschaft, ausüben sowie über Mutterschutz — KOM (84) 57 endg. -
- Drucksachen 10/1404 Nr. 25, 10/5489 —
Berichterstatter: Abgeordneter Peter (Kassel)

Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1364/75 über die Gründung einer Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen — KOM (86) 14 endg. -
- Drucksachen 10/5189 Nr. 28, 10/5490 —
Berichterstatter: Abgeordneter Pohlmann
Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.
Die Beschlußempfehlungen sind einvernehmlich verabschiedet worden.
Ich lasse über die Vorlagen gemeinsam abstimmen. Wer den Beschlußempfehlungen auf den



Vizepräsident Stücklen
Drucksachen 10/5489 und 10/5490 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Also, für irgend etwas müßten Sie sich entscheiden, meine Herren. —

(Heiterkeit bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

Also, mit großer Mehrheit bei vier Abgeordneten, die unentschieden waren, angenommen.

(Eigen [CDU/CSU]: Die hatten keine Lust! — Berger [CDU/CSU]: Die müssen erst bei der Basis nachfragen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich rufe den Zusatztagesordnungspunkt 12 auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
— Chancengleichheit der Frauen — Mittelfristiges Programm der Gemeinschaft — KOM (85) 801 endg. —
— Drucksachen 10/5235, 10/5491 —
Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Dempwolf
Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlußempfehlung auf Drucksache 10/5491 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! -- Enthaltungen? — Die Beschlußempfehlung des Ausschusses ist damit angenommen.
Meine Damen und Herren, bevor ich die Sitzung schließe, wünsche ich Ihnen ein sonniges und erholsames Pfingstfest. Alles Gute!

(Beifall)

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 4. Juni 1986, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.