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ID1703200000

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    Vokabeln: 0
    1. tocInhaltsverzeichnis
      Plenarprotokoll 17/32 (Drucksachen 17/614, 17/623) . . . . . . . . . 2951 B Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . Steffen-Claudio Lemme (SPD) . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 19 Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 17/621) . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 17/622) . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Haushaltsgesetz 2010 (Drucksachen 17/624, 17/625) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt II: Dritte Beratung des von der Bundesregierung 2951 C 2953 D 2954 B 2955 C 2957 A 2958 C 2960 B 2961 B 2962 B 2963 D 2964 C 2978 C 2978 D 2979 A Deutscher B Stenografisc 32. Sit Berlin, Freitag, de I n h a Tagesordnungspunkt I (Fortsetzung): a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsgesetz 2010) (Drucksachen 17/200, 17/201) . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bun- des 2009 bis 2013 (Drucksachen 16/13601, 17/626) . . . . . . . 18 Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit 2951 A 2951 B Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . 2965 C 2966 B undestag her Bericht zung n 19. März 2010 l t : Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Philipp Rösler, Bundesminister BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Koschorrek (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . 2967 C 2969 B 2969 D 2970 A 2971 B 2972 D 2974 B 2976 B 2976 D eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes übe die Feststellung des Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsg setz 2010) r s e- II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 (Drucksachen 17/200, 17/201, 17/601 bis 17/616, 17/619 bis 17/622, 17/623, 17/624, 17/625, 17/1077) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Merkel (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Michael Meister (CDU/CSU) . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2979 B 2979 C 2981 C 2982 C 2983 B 2984 C 2985 A 2985 B 2986 C 2988 C 2990 D 2992 D 2994 D 2996 A 2997 D 3000 B 3001 D 3003 B 3004 A 3006 B, 3006 B 3007 C, 3009 D 3012 C 3012 D 3013 A 3013 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2951 (A) (C) (D)(B) 32. Sit Berlin, Freitag, de Beginn: 9
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      Die Sitzung ist eröffnet. Guten Morgen, liebe Kolle- ginnen und Kollegen! Wir setzen die Haushaltsberatungen – Tagesord- nungspunkt I – fort: a) Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsgesetz 2010) – Drucksachen 17/200, 17/201 – b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haus- haltsausschusses (8. Ausschuss) zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 2009 bis 2013 – Drucksachen 16/13601, 17/626 – Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Barthle Carsten Schneider (Erfurt) Otto Fricke Roland Claus Alexander Bonde Rede Dazu rufe ich den Tagesordnungspunkt I.18 auf: Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit – Drucksachen 17/614, 17/623 – Berichterstattung: Abgeordnete Alois Karl Ewald Schurer Ulrike Flach Michael Leutert Sven-Christian Kindler Zu Einzelplan 15 liegen drei Änderungsanträge der Fraktion Die Linke vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbar die Aussprache eineinhalb Stunden vorges höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. zung n 19. März 2010 .00 Uhr (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Man muss die Zeit nicht ausschöpfen!) Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen Ewald Schurer für die SPD-Fraktion das Wort. (Beifall bei der SPD) Ewald Schurer (SPD): Guten Morgen, Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Einzelplan 15 hat in den letzten Jahren einen deutli- chen Aufwuchs erfahren, einen höheren als andere Ein- zelpläne, und zwar durch die Zuschüsse aus dem Steuer- topf für den Gesundheitsfonds. Dieser Fonds ist zwar nur eine Kapitalsammelstelle, aber die Zuwächse sind vorhanden. Im Haushalt 2010 sind das 15,7 Milliarden Euro, die sich wie folgt aufsplitten: 11,8 Milliarden Euro für gesellschaftlich notwendigen Bedarf, also Zuschüsse an die GKV, und 3,9 Milliarden Euro für die zunächst einmaligen krisenbedingten Zuschüsse für die Ausfälle in der GKV durch die Wirtschafts-, Finanz- und Kon- junkturkrise. Der materielle Kern des Einzelplans beträgt nach ur- sprünglich 467 Millionen Euro nach eigenen Berechnun- text gen nur noch circa 430 Millionen Euro. Da wurden Spar- vorstellungen zum Haushalt realisiert. Wenn ich mir das Sparen anschaue, werte Kolleginnen und Kollegen, dann muss ich aber sagen: Da machen Sie schon Ihre ersten Fehler. Ich erwähne ausdrücklich einen Bereich, der für mich und auch für uns, glaube ich, eine große politische Be- deutung hat, nämlich: Prävention, Aufklärung und Pro- grammmaßnahmen, zum Beispiel auf dem sehr wichti- gen Gebiet des Drogen- und Suchtmittelmissbrauchs. Wer die praktischen Zahlen kennt, Herr Minister, und weiß, was die Studien aussagen, die von Ihrer Amtsvor- gängerin veröffentlicht wurden, müsste einsehen, dass es und anhaltenden Bedarf gibt, Modell- oder aßnahmen zu finanzieren. Was machen n dieser Stelle fangen Sie an, rigide zu kür- 1 66 – Aufklärungsmaßnahmen auf dem ung sind für ehen. – Ich einen großen Aufklärungsm Sie? Genau a zen. Titel 53 Gebiet des Drogen- und Suchtmittelmissbrauchs –: 2952 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Ewald Schurer (A) (C) (D)(B) minus 500 000 Euro. Titel 684 69 – Modellmaßnahmen und Forschungsvorhaben auf dem Gebiet des Drogen- und Suchtmittelmissbrauchs –: minus 740 000 Euro. Das sind die falschen Weichenstellungen bei dem ansonsten natürlich wichtigen Bestreben, den Haushalt zu konsoli- dieren. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Sven- Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]) Herr Minister, natürlich beschäftige ich mich als Haushälter auch mit Ihren gesundheitsökonomischen Überlegungen. Ich frage mich, welche Logik sie in sich tragen, wenn es um das Ziel geht, das System umzu- bauen. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Du musst über den Haushalt reden und nicht über die Logik!) – Ich komme dazu. – In der Generaldebatte am Mitt- woch hatte die Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel nun wirklich alles versucht, um Herrn Rösler beizusprin- gen; das kann man wirklich sagen. Sie hatte zwei Grund- aussagen getroffen. Sie hat erstens ihre Hausphilosophie noch einmal erneuert, dass künftig Solidarität im System nur noch über den Steuerausgleich zu bewerkstelligen ist. Das ist ja die Formel, die Sie im Land predigen. Die zweite war das Bekenntnis dazu, die Lohnnebenkosten von den steigenden Gesundheitskosten zu entkoppeln. Das waren also die beiden Grundaussagen, die die Frau Bundeskanzlerin in den Mittelpunkt gestellt hat. (Heinz Lanfermann [FDP]: Zu Recht!) – Ich hoffe, dass Sie nachher die Chance haben, sich wirklich manifest dazu zu äußern. So wollen Sie die Gesundheitskosten begrenzen. Das ist zunächst einmal ein ehrenwertes Ziel, geht aber, so glaube ich, zulasten der Versicherten; ich werde auch sa- gen, warum. Wenn Sie die Arbeitgeberbeiträge im Rahmen der volkswirtschaftlichen Wertschöpfungskette einfrieren, dann gefährden Sie das bewährte paritätische System. Im Gesundheitsbereich gibt es 4,6 Millionen Beschäf- tigte und zahlreiche hochqualifizierte Jobs. Dort wird mittlerweile ein Neuntel des Bruttoinlandsproduktes er- wirtschaftet. Sie gefährden diese Wertschöpfungskette durch ein ideologisches Versatzstück namens – ich kann mich an den genauen Ausdruck nicht mehr erinnern – Kopfgeldpauschale. (Heinz Lanfermann [FDP]: Falsche Begriffe kommen von Herrn Lauterbach! – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Am besten, du bleibst gesund!) Sie variieren Ihre fachlichen Begründungen. Aber am Schluss bleibt folgende Erkenntnis: Alle sollen einkom- mensunabhängig die gleichen Beiträge zahlen. Es ist also egal, wie viel man verdient. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wer weniger verdient, hat es schwerer!) Sie wollen 40 Millionen Menschen zu Bittstellern eines komplizierten Antragsverfahrens machen. Damit verun- sichern Sie die Menschen. Viele werden sich fragen, ob sie die eine oder andere medizinische Leistung noch be- zahlen können, vor allen Dingen wenn man in Vorleis- tung treten muss. Herr Minister, ich unterstelle Ihnen, dass Sie einen Paradigmenwechsel im Gesundheitssystem wollen; das ist offensichtlich. Liebe Freunde von der CSU, haben Herr Söder und Herr Seehofer nicht recht, wenn sie – wie Seehofer vorgestern in hart aber fair – von einer geplanten Demontage der Solidarität im System spre- chen? Liegt Herr Seehofer damit so falsch? (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Wir haben hier doch keine Fragestunde! – Elke Ferner [SPD]: Er liegt völlig richtig!) Hat er nicht recht, wenn er Herrn Karl Lauterbach oder der geschätzten Kollegin Elke Ferner beispringt? (Beifall bei der SPD) Herr Minister, so wie es aussieht, würden 50 Millionen Versicherte der GKV – einschließlich der Mitversicherten sind es sogar 70 Millionen Menschen – im Extremfall zu Bittstellern. Ich muss Ihnen unterstel- len, dass Ihre Strategie auf eine Abschaffung des Sach- kostenprinzips hinausläuft und dass schließlich ein Kos- tenerstattungsprinzip gilt. Das alleine würde nach meiner Meinung zu einer manifesten Leistungsausgren- zung der Menschen führen, die keinen dicken Geldbeu- tel haben. Diese müssen sich dann zweimal überlegen, ob sie in Vorleistung gehen. Schon wenige Hundert Euro wären eine große ökonomische Belastung für viele Haushalte mit Kindern oder für Menschen, die keine Gutverdiener sind. (Beifall bei der SPD) Blackboxmodelle haben einen gewissen Charme. Es herrschen Laborbedingungen. Wenn Sie aber die Fach- welt und die Leistungserbringer im System fragen, dann werden Sie feststellen, dass diese von Ihrem System – so ist es in der Ärzte Zeitung zu lesen – nicht überzeugt sind. Aktuelle Umfragen haben ergeben: Mehr als 80 Prozent der Versicherten sowie der Patientinnen und Patienten versprechen sich von Ihrer Kopfprämie oder Kopfgeldprämie – wie immer sie auch heißen mag – nichts Gutes. Sie haben eine negative Gefühlslage, ohne vielleicht immer genau zu wissen, worum es geht. Herr Minister, wenn Sie das bewährte Finanzierungs- system, durch das Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen der Wertschöpfungskette zu gleichen Teilen be- lastet werden – das ist der Grundsatz – und in das auch Steuermittel zur Erfüllung gesellschaftlich notwendiger Aufgaben fließen, durch eine fragile Konstruktion eines steuerfinanzierten Sozialausgleichs ersetzen wollen, dann muss ich Ihnen als Haushälter sagen: Das Geld ist nicht da. Der Gesamthaushalt hat ein Volumen von über 320 Milliarden Euro. Der Anteil der Nettokreditauf- nahme liegt bei 25 Prozent. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Aber 75 Prozent nicht! 75 Prozent sind keine Netto- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2953 Ewald Schurer (A) (C) (D)(B) kreditaufnahme! Man muss das mal positiv se- hen!) Allein der Bund muss aufgrund der Folgewirkungen der internationalen Finanzkrise neue Kredite in Höhe von rund 80 Milliarden Euro aufnehmen. Herr Rösler, in der letzten Stufe Ihres Modells geht es nicht um 10 Milliar- den, sondern um 35 Milliarden Euro steuerfinanzierte Zuschüsse. Das ist objektiv eine ökonomische Unmög- lichkeit. Sie müssen sich darauf einstellen: Sie werden auf diesem Weg, auf den Sie sich katapultiert haben, kei- nen Erfolg haben. Sie werden keine Chance haben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wenn ich mir Herrn Singhammer und den Kollegen Karl von der CSU anschaue, dann weiß ich, dass sie aus Mün- chen kein Go! für Ihr Hasardeurspiel, Herr Minister, be- kommen werden, das ein bewährtes Finanzsystem in Ge- fahr bringt. Ideologie ist sicherlich nicht schlecht. Bei wohlwol- lender Betrachtungsweise ist Ideologie so etwas wie Pro- grammatik, also ein Ansinnen, etwas zu verändern. Sie sollten aber darüber nachdenken, dass Sie hier ideologi- sche Versatzstücke in den praktischen Vollzug bringen wollen. Sie und auch der Herr Staatssekretär machen den Menschen, wie ich finde, bei Ihren Auftritten Angst, an- statt ihnen Orientierung zu geben. Die Menschen müs- sen Angst um den sozialen Ausgleich in der Gesellschaft und davor haben, wie es weitergehen soll. (Heinz Lanfermann [FDP]: Sie machen doch Angstkampagnen!) Wenn man die Entwicklung von Reichtum und Armut in dieser Gesellschaft betrachtet, dann kommt man zu dem Schluss, dass das Sachleistungsprinzip für die Men- schen eine wichtige ökonomische und gesundheitspoliti- sche Grundlage darstellt, auf die zu verzichten sich die Menschen schlicht und einfach nicht leisten können. Das ist für mich der entscheidende Punkt. Am Schluss möchte ich Ihnen sagen: Sie müssten drei Aufgaben erfüllen, um diesen Irrweg zu verlassen. Ich meine das nicht persönlich und nicht böse. Ich glaube, dass Sie subjektiv einen guten Weg finden wollen, ob- jektiv aber die falschen Rezepturen haben. Ich möchte Ihnen daher drei Bitten bzw. Empfehlungen geben: Ers- tens. Halten Sie an der paritätischen Finanzierung fest. Bauen Sie diese wieder aus und ergänzen Sie sie da, wo gesamtgesellschaftliche Aufgaben erfüllt werden müs- sen, durch Steuermittel. (Beifall bei der SPD – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Ihr habt doch die paritätische Finanzie- rung aufgehoben!) Zweitens. Versuchen Sie die Kostensteigerungen, die im System tatsächlich vorhanden sind – Krankenhäuser, Pharmamarkt –, durch Effizienzsteigerung in den Griff zu bekommen. Packen Sie den Stier der Pharmaindustrie bei den Hörnern! Beweisen Sie Ihre Kraft! Das ist ganz wichtig. Drittens. Steuern Sie die ärztliche Versorgung, vor allen Dingen durch eine gute Abstimmung zwischen Kliniken und niedergelassenen Ärzten. – Wenn Sie diese drei Punkte beherzigen würden, hätten Sie eine Chance, aus der verfahrenen Situation herauszukommen. Dann hätte das Gesundheitssystem eine gute Zukunft. Wir Sozialdemokraten sind doch die Letzten, die nicht für Beratung zur Verfügung stünden. Nicht nur der Kollege Lauterbach, der dafür prädestiniert ist, (Jens Spahn [CDU/CSU]: Wo der gelandet ist, haben wir schon mal gesehen! – Heinz Lanfermann [FDP]: Das haben wir im letzten Antrag gesehen!) sondern auch andere Kolleginnen und Kollegen bieten Ihnen jede Menge Sachverstand an. Das ist besser, als sechs oder sieben Ministerkollegen einzuladen, die im Wesentlichen fachfremd sind und zum Thema Gesund- heit nichts beizusteuern haben. Holen Sie sich Sachver- stand von den Krankenkassen, von den Leistungserbrin- gern, den Patienten und den Versicherten. Versammeln Sie diese an einem Know-how-Tisch und lassen Sie sich von diesen beraten. Das täte uns allen gut. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Ulrike Flach für die Fraktion der FDP. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ulrike Flach (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Hauptberichterstatterin für dieses Ministerium möchte ich mich erst einmal bei den Kollegen bedanken, die uns positiv begleitet haben. Ich möchte mich auch bei Ihnen, Herr Schurer, bedanken, (Ewald Schurer [SPD]: Gebe ich zurück, Frau Flach!) auch wenn wir inhaltlich an vielen Stellen verschiedener Meinung sind. Ich möchte mich weiterhin beim Ministe- rium bedanken. Es hat uns auch in schweren Stunden po- sitiv begleitet und uns viel zugeliefert. So können wir weitermachen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Lieber Herr Schurer, der Haushalt des Bundesgesund- heitsministeriums hat bekanntlich eine etwas eigenwil- lige Struktur. Wir haben den gesetzlich vorgeschriebenen Zuschuss zum Gesundheitsfonds, in diesem Jahr übri- gens mit einem einmaligen Zuschuss von 3,9 Milliarden Euro, die notwendig waren, weil Sie, lieber Herr Schurer, uns eine Lücke hinterlassen haben. Wenn wir uns auf Ihren Sachverstand verlassen würden, hätten wir wahrscheinlich noch größere Lücken. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Die neue Regierung hat schnell gehandelt und verhin- dert, dass die Beiträge erhöht werden müssen. Auch das 2954 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Ulrike Flach (A) (C) (D)(B) muss wieder gesagt werden. Wir haben daneben Pro- grammtitel und die nachgeordneten Behörden, die nur rund 450 Millionen Euro ausmachen. Wenn man diese Struktur sieht, wird klar, dass wir mit den Einsparungen von immerhin 40 Millionen Euro das Ministerium doch recht hart herangenommen haben. Wir haben einen Haushalt vorgefunden, der noch von dem politischen Wunschzettel von Ulla Schmidt geprägt war. Wir haben auch feste Verträge vorgefunden, aus denen wir, die wir eine neue politische Einstellung haben, nicht sofort aussteigen können. Wir haben trotzdem einige Pflänzchen, die, ehrlich gesagt, eher der medialen Dar- stellung der Vorgängerin von Herrn Rösler dienten, be- schnitten, so zum Beispiel im Zusammenhang mit der von Ihnen eben angesprochenen Prävention oder bei Modellmaßnahmen zum Suchtmittelmissbrauch. (Ewald Schurer [SPD]: Da können Sie doch nicht kürzen, Frau Flach! Das geht doch nicht!) Damit kein Irrtum aufkommt: Prävention ist für uns ein Schwerpunktthema. Nur, wollen Sie den Leuten wirklich klarmachen, dass wir eine Telefonhotline brauchen, über die die Leute angerufen und gefragt werden, ob sie auf- gehört haben, zu rauchen? Das hat uns Ulla Schmidt hin- terlassen. Wollen Sie dafür Geld ausgeben? Ich frage mich, ob der Steuerzahler sein Geld nicht lieber behält und auf vernünftige Programme der neuen Regierung wartet. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: Da wartet er aber lange!) Übrigens stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage: Warum müssen Kitakinder in Berlin dazu be- wegt werden, an einem Zirkusprogramm teilzunehmen? Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lauterbach? Ulrike Flach (FDP): Ja, natürlich. Dr. Karl Lauterbach (SPD): Frau Flach, ich kann Ihrer Logik nicht folgen. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP – Heinz Lanfermann [FDP]: Das erleben wir öfter!) Sie tragen vor, Prävention habe Priorität für Sie. Gleich- zeitig entfallen die einzigen konkreten Kürzungen, die Sie bisher vorgeschlagen haben, auf diesen Bereich. Diese Logik erschließt sich mir nicht, Frau Flach. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Ulrike Flach (FDP): Lieber Herr Lauterbach, hätten Sie die Sparvor- schläge der FDP in Ruhe zur Kenntnis genommen und würden Sie auf das warten, was ich Ihnen in wenigen Se- kunden erzähle, dann wüssten Sie, dass das natürlich nicht die einzigen Kürzungsvorschläge sind. Das ist der eine Punkt. (Ewald Schurer [SPD]: Meinen Sie die Staats- sekretäre? – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Es geht ja um die Fakten, nicht um die Erzählungen!) Das Zweite: Jede Regierung hat das Recht, ihre politi- schen Schwerpunkte zu setzen. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sie kön- nen kürzen, wo Sie wollen! Das stimmt!) Die Schwerpunkte der Ulla Schmidt sind nicht die Schwerpunkte des Philipp Rösler. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wir werden die Fehler der Ulla Schmidt natürlich nicht in die nächste Generation weitertragen. – Herzlichen Dank. (Zuruf von der LINKEN: Antworten!) Ich will in meiner Rede fortfahren und damit ein biss- chen zur Erleuchtung beitragen. Angesichts der Haus- haltslage sind wir an solche Titel herangegangen, bei denen zu kürzen dem Hause wehtut. Wir haben Kürzun- gen bei den Bezügen der Beamten durchgeführt, bei Dienstreisen, bei der Öffentlichkeitsarbeit – bei Ulla Schmidt ein sehr beliebtes Spektrum –, beim Geschäfts- bedarf und bei der Software. Ganz nebenbei haben wir Sparvorschläge in Höhe von immerhin noch 6 Millionen Euro aus unserem hochgeliebten Liberalen Sparbuch umgesetzt. (Beifall bei der FDP – Christian Lange [Back- nang] [SPD]: Welchen Staatssekretär haben Sie gestrichen?) Ich weiß nicht, was Sie da quält. Die Haushälter der FDP haben an diesem Haushalt ziemlich massiv gearbeitet. Die vor dem Hintergrund der milliardenschweren Steuerzuschüsse an den Gesundheitsfonds kleinen Kor- rekturen werden natürlich nicht ausreichen. Da befinden wir uns mit unserer Sorge um das Gesundheitssystem auf demselben Weg, Herr Schurer. Wenn wir die Wachs- tumsschwäche der GKV-Einkommensbasis nachhaltig verbessern und Beitragserhöhungen verhindern wollen – darum geht es –, dann brauchen wir eine große und eine nachhaltige Korrektur bei der Finanzierung der ge- setzlichen Krankenversicherung. (Jens Ackermann [FDP]: Sehr richtig!) 170 Milliarden Euro werden in diesem Jahr vom Ge- sundheitsfonds an die Kassen verteilt. Es fehlen 4 Mil- liarden Euro – das ist eine Erbschaft von Ihnen –, was über Zusatzbeiträge ausgeglichen werden muss. Die Ex- perten haben uns in diesen Tagen gesagt: Für die nächs- ten Jahre müssen wir mit Fehlbedarfen bis zu 15 Milliar- den Euro rechnen. (Ewald Schurer [SPD]: Aber die internationale Finanzkrise ist doch ein FDP-Folge-Modell!) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2955 Ulrike Flach (A) (C) (D)(B) Das, lieber Herr Schurer, sind – trotz allem, was Sie eben so filibusternd von sich gegeben haben – die Auswir- kung und die Logik Ihrer Gesetze. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: Das stimmt doch überhaupt nicht, Frau Flach!) Die SPD stiehlt sich angesichts dieser desolaten finanz- politischen Lage gesundheits- und haushaltspolitisch aus der Verantwortung. (Ewald Schurer [SPD]: Selbst das ist falsch! Da passt ja nichts zusammen bei Ihnen!) Wer fordert, die Zusatzbeiträge wieder abzuschaffen – die er selbst eingeführt hat – und den unter Rot-Grün eingeführten Sonderbeitrag der Versicherten und die Pra- xisgebühr, der muss ernsthaft die Frage beantworten, wie diese Ausfälle kompensiert werden sollen. Da kom- men Sie mit Ihrer Bürgerversicherung, lieber Herr Lauterbach. Von dieser Versicherung höre ich jetzt in der vierten oder fünften Sitzung etwas, ohne dass wir von Ihnen auch nur eine einzige Seite vorgelegt bekommen haben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Heinz Lanfermann [FDP]: Wo bleibt denn der Antrag? – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sie sind doch an der Regierung! Wo bleibt denn Ihr Konzept? Bis heute nichts!) Sie bleiben uns Ihr Konzept schuldig. Immer wieder ver- weisen Sie pauschal, auch im Hinblick auf die Ausga- benseite. (Zuruf des Abg. Christian Lange [Backnang] [SPD]) – Ich rede doch mit Herrn Lauterbach, lieber Herr Lange. Angesichts Ihrer Vorschläge im Ausgabenbereich muss ich an dieser Stelle noch einmal darauf verweisen, dass die SPD von 1998 bis 2009 an der Regierung war. Die Ausgaben der GKV für Arzneimittel haben sich in dieser Zeit von 19,2 Milliarden Euro auf 32,4 Milliarden Euro erhöht. Was sind das denn für Arbeitsergebnisse? Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir an dieser Stelle ir- gendetwas von Ihnen übernehmen. (Ewald Schurer [SPD]: Sie haben uns ja früher nie unterstützt an dieser Stelle! Niemals!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Haushalt, der erste Haushalt der Ära Rösler, zeigt, dass die Koalition auf dem richtigen Weg ist. Die Regierungskommission wird eine tragfähige Finanzierung mit einer einkommens- unabhängigen Prämie mit steuerlichem Sozialausgleich vorlegen. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Nach der NRW-Wahl! Sie wollen die Menschen hinters Licht führen!) Die Vorschläge zur Kostendämpfung bei den patentge- schützten Arzneimitteln sind eine gute Basis für Ein- griffe auf der Ausgabenseite. Der Haushalt des BMG zeigt, dass die Zeit der Schmidt’schen Klientelpolitik vorbei ist (Lachen bei der SPD – Christian Lange [Back- nang] [SPD]: Das ist ein guter Witz!) und dass endlich Platz für nachhaltige Strukturen ge- schaffen wird. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Michael Leutert für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Michael Leutert (DIE LINKE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bürgerinnen und Bürger interessiert im Gesundheits- bereich in erster Linie, dass sie im Krankheitsfall die bestmögliche Versorgung erhalten und dass diese auch bezahlbar ist. Um die Finanzierung dieser Leistungen wird in der Politik seit Jahren heftig gestritten. Was den Bürger allerdings als Ergebnis dieser Debatten erreicht, kann man mit den Worten „permanente Verschlechte- rung“ zusammenfassen. Da ist zum Beispiel der Ärztemangel und die damit verbundenen langen Wartezeiten auf einen Arzttermin zu nennen. Insbesondere in den ländlichen Räumen feh- len Ärzte; die Wege sind zu lang. Da geht es zum Bei- spiel um das Thema der schlechteren Behandlung und der schlechteren Pflege. Das Schlagwort „blutige Entlas- sung“ ist ja jedem hier ein Begriff. Da sind zum Beispiel die Arztpraxen, die privatversicherte Patienten bevor- zugt behandeln oder, noch schlimmer, nur diese behan- deln. Die erste Frage beim Arzt lautet eben nicht mehr: „Was fehlt Ihnen?“, sondern die erste Frage beim Arzt lautet heutzutage: „Sind Sie privat versichert oder Kas- senpatient?“. (Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Stimmt doch gar nicht!) – Na, dann gehen Sie einmal zum Arzt und fragen nach. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Bei mir hat er das letzte Mal gesagt: Herr Schirmbeck, Sie sehen gut aus!) Und es findet natürlich immer wieder der Griff in die Geldbörse der Bürgerinnen und Bürger statt: Zuzahlung zu Arzneimitteln, Praxisgebühr, Erhöhung der Kassen- beiträge usw. usf. Herr Minister Rösler, Sie setzen diese Politik der Ver- schlechterung nahtlos fort und führen seit Amtsantritt eine Debatte um die Kopfpauschale. Aber ob 25 oder 29 Euro – was bei den Bürgerinnen und Bürgern wieder einmal ankommt, ist, dass es bald wieder einen Griff in die private Haushaltskasse geben wird. Jeder bereitet sich natürlich auf diese weiteren Einschnitte vor. Unklug war es allerdings von Ihnen, Herr Minister, die Einfüh- 2956 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Michael Leutert (A) (C) (D)(B) rung einer Kopfpauschale mit dem eigenen Kopf, der ei- genen politischen Zukunft, zu verbinden. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Gähn!) Wie lange wollen Sie eigentlich noch bis zu Ihrem Rück- tritt warten, frage ich Sie. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Tätä! Tätä! Tätä! – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Ihre Witze waren auch schon mal besser!) Die Kanzlerin hat Ihnen in Ihrer Kommission sieben weitere Minister als Aufpasser zur Seite gestellt. Die Mi- nister der Union sympathisieren zwar mit Ihren Ideen – davon bin ich überzeugt –, aber sie wissen auch, dass die Kopfpauschale für die Union zu dem werden kann, was Hartz IV für die SPD geworden ist. (Beifall bei der LINKEN – Ulrike Flach [FDP]: Ach, Herr Leutert!) Wenn die Kopfpauschale kommt, bringt das für Millio- nen von Haushalten in Deutschland eine Schlechterstel- lung mit sich. Millionen würden dann zu Bittstellern ge- genüber dem Staat gemacht. Das sind alles Wählerinnen und Wähler, auch von Ihnen. Wenn die Union zwischen der Einführung einer Kopfpauschale – und als Folge Wahlniederlagen – oder dem Kopf des Ministers wählen muss, dann ist, wie ich denke, der Kopf des Ministers ein lukrativeres Geschäft. (Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU) Nun haben Sie zur Ablenkung die Debatte um die Ausgabenbegrenzung bei den Arzneimitteln angescho- ben. Der Nebel hat sich wieder verzogen. Was allerdings während des Nebels geschah, ist genau das Gegenteil – Stichwort: Klientelpolitik – davon, der Pharmalobby Paroli zu bieten. Die einzige sinnvolle Maßnahme, die im Zuge der Gesundheitsreform des Jahres 2004 unter Ulla Schmidt eingeführt wurde, haben Sie begonnen zu schleifen. Sie haben erst einmal im Apparat aufgeräumt und den Chef des Instituts für Qualität und Wirtschaft- lichkeit im Gesundheitswesen beiseiteräumen lassen. (Beifall des Abg. Dr. Lutz Knopek [FDP] – Zurufe von der LINKEN: Pfui! – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Beachten Sie die Wortwahl!) Was am 15. März in Spiegel Online unter der Überschrift „Operation Hippokrates“ zu lesen war, liest sich wie ein Räuberroman. Mit allen erdenklichen Mitteln und Tricks ging es dem Chef des Instituts, Peter Sawicki, zielgerich- tet an den Kragen. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Kannten Sie das In- stitut überhaupt vor dem Spiegel-Artikel?) Der war natürlich Ihnen und der Pharmaindustrie – ich nenne wieder das Stichwort Klientel – seit langem ein Dorn im Auge. Das ist ja auch kein Wunder, wenn der Chef des Instituts, welches für die Kosten-Nutzen-Be- wertung von Arzneimitteln verantwortlich ist, feststellt: Die pharmazeutische Industrie betrachtet Deutschland als Selbstbedienungsladen. (Ulrike Flach [FDP]: Es ist doch bekannt, dass wir überhaupt keine Stimme bei der Entschei- dung hatten! – Heinz Lanfermann [FDP]: Sie wissen noch nicht einmal, wer was abgestimmt hat!) Das, Herr Rösler, sind zusammengefasst die Ergeb- nisse Ihrer bisherigen Zeit als Gesundheitsminister. Da- bei könnten Sie doch mit ganz einfachen Mitteln vor- weisbare Ergebnisse bringen, Ergebnisse im Übrigen, die bei den Menschen auch einmal für eine positive Er- fahrung sorgen würden: (Jens Spahn [CDU/CSU]: Sozialismus!) Sie könnten zum Beispiel zur Senkung der Arzneimit- telkosten den Vorschlag der Linken unterstützen. Ich for- dere Sie auf: Senken Sie die Mehrwertsteuer auf Arznei- mittel. (Beifall bei der LINKEN – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Das sagt der Haushälter!) Für Steuersenkungen ist die FDP doch immer zu haben. In dem Bereich könnten wir es doch einmal machen. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wissen Sie, wie viel wir aus der Steuerkasse in diesem Jahr geben?) Sie könnten auch unserem Antrag zustimmen, die nicht- kommerzielle Pharmaforschung zu stärken. Das wäre doch auch in Ihrem Interesse, Herr Minister, wenn es Ih- nen wirklich um die Beschränkung der Macht der Phar- makonzerne geht. (Beifall bei der LINKEN) Sie könnten sich mit uns gemeinsam an anderer Stelle dafür einsetzen, dass der Investitionsstau von 50 Milliar- den Euro bei den Krankenhäusern aufgelöst wird. – Das wären Maßnahmen, mit denen altbekannte Probleme ge- löst oder die Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre korrigiert werden könnten. Im Übrigen wären das Maß- nahmen, von denen die Bürgerinnen und Bürger tatsäch- lich etwas hätten und die sie sofort spüren würden. Die Linke – das ist bekannt – ist gegen eine weitere Privatisierung und Kommerzialisierung im Gesundheits- wesen. (Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ihr seid für Verstaatlichung! – Jens Spahn [CDU/CSU]: „VEB Kranken- kasse“ nennt sich das!) Krankenhäuser und Arztpraxen sind keine Profitcenter, sondern Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvor- sorge. Sie gehören dementsprechend geschützt. (Beifall bei der LINKEN – Ulrike Flach [FDP]: Sie müssen uns sagen, wo die Milliar- den herkommen, lieber Herr Leutert!) Sie wissen genau, dass die Menschen in unserem Land keine Zweiklassenmedizin wollen. (Ulrike Flach [FDP]: Wir auch nicht!) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2957 Michael Leutert (A) (C) (D)(B) Die Linke steht an ihrer Seite. Deshalb sind wir der Mei- nung, dass der solidarische Charakter der Krankenversi- cherung erhalten und gestärkt werden muss. Letztlich halten wir eine solidarische Bürgerversicherung für den geeigneteren Weg, die Gesundheitsversorgung auf gleichem Niveau für alle sicherzustellen. Wir halten die Bürger- und Bürgerinnenversicherung für einen geeigne- teren Weg, eine soziale und gerechte Finanzierung des Gesundheitssystems zu realisieren. (Heinz Lanfermann [FDP]: Eine Bürger- verunsicherung!) Solange Sie diese Forderung im Haushalt nicht realisiert haben, können und werden wir diesem Haushalt nicht zustimmen. (Beifall bei der LINKEN – Ulrike Flach [FDP]: Das überrascht uns jetzt wirklich! – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Da sind wir jetzt aber enttäuscht!) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Kollege Alois Karl für die CDU/ CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Jetzt erklär ihnen das mal!) Alois Karl (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Rösler! Herr Kollege Leutert, ich möchte kurz auf Ihre Rede eingehen. Ich muss sagen, das war eine von den Reden, von der ich den Anfang schon wieder vergessen habe. (Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Das ist ja das Problem bei Ihnen!) Den mittleren Teil habe ich nicht verstanden. Das Ende habe ich herbeigesehnt. So ist das mit manchen Reden, die man hier hört. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich danke dem Ältestenrat – der nicht häufig gelobt wird –, dass er den Haushaltsansatz des Gesundheits- ministers als Höhepunkt, (Elke Ferner [SPD]: Ja, das ist wirklich ein Höhepunkt!) quasi als Schlussstein wie in einem gotischen Gewölbe, an das Ende der politischen Auseinandersetzung gesetzt hat. (Beifall des Abg. Georg Schirmbeck [CDU/ CSU] – Christian Lange [Backnang] [SPD]: So sind wir!) Ich danke auch Ihnen, Herr Rösler, (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Reden Sie doch mal über Seehofer!) und Ihren eloquenten Staatssekretären für die – „Einflüs- terungen“ hätte ich beinahe gesagt – guten Gespräche. Auch mit Ihnen, liebe Frau Flach, haben wir den vorlie- genden Haushalt nach vielen Sitzungen auf den Weg ge- bracht. Es wurde bereits angesprochen, dass der Haushalt un- gewöhnlich ist. Es ist ein Rekordhaushalt. In Zeiten, in denen Sparen angesagt ist, ist das für sich gesehen kein Ruhmesblatt. Trotzdem haben wir das Volumen des Haushalts um über 16 Milliarden Euro – um über 39 Prozent – ansteigen lassen. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist mehr als die Mehrwertsteuersenkung!) Wir mussten durch die krisenbedingten zusätzlichen Ausgaben dem Haushalt einmalig 3,9 Milliarden Euro zuschießen, um die Zuschüsse an den Gesundheitsfonds einigermaßen in den Griff zu bekommen. Ich hatte ei- gentlich gedacht – in den Gesprächen mit Ihnen, Herr Bundesminister, deutete einiges darauf hin –, dass diese 3,9 Milliarden Euro nicht nötig sein werden, weil sich die Konjunktur gegenüber 2009 verbessern wird. Trotz- dem ist es richtig, was Sie gesagt haben: Die 3,9 Milliar- den Euro gehen nicht verloren, sondern fließen in die Rücklagen des Gesundheitsfonds. – So wird das sicher- lich auch kommen. Ich glaube übrigens schon, dass es eine starke Leis- tung des Bundesgesundheitsministers war, dass er in den ersten Tagen seiner Amtszeit – ich glaube, es war am 2. November – mit dem Finanzminister verhandelt und 3,9 Milliarden Euro bekommen hat. Es wurde, wie in dieser Koalition üblich ist, eine schnelle Lösung gefun- den und saubere Arbeit geleistet. Herzlichen Glück- wunsch, sehr geehrter Herr Dr. Rösler. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dieser Haushalt zeichnet sich auf der einen Seite durch Sparsamkeit aus. Frau Kollegin Flach ist darauf ja schon eingegangen. Ich brauche nur noch einige we- nige Punkte zu erwähnen: Die Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit sind um 20 Prozent gekürzt worden. Auch die Zuschüsse für die Erstattung der GKV-Beiträge für Aussiedler konnten deutlich gekürzt werden. Ich muss auch sagen, dass ich die Sache mit den Präventions- bzw. Aufklärungsmaß- nahmen anders sehe als Sie, Herr Schurer: 13,2 Millio- nen Euro standen in den letzten Jahren immer im Haus- halt. So ist es auch bei diesem Haushalt. Keine Kürzung, was die Prävention auf diesem Gebiet anbelangt. Keine Kürzung, was die Aufklärung anbelangt. (Ewald Schurer [SPD]: Kollege Karl, was sagen Sie zu Seehofer?) Herr Schurer, ich bin allerdings schon der Meinung, dass wir dieses Thema im Rahmen der nächsten Haus- haltsberatungen in den Mittelpunkt rücken müssen. (Ewald Schurer [SPD]: Kollege Karl, sagen Sie was zu Seehofer!) Es geht zum Beispiel um die Gelder, die wir für Aids- vorsorge und -aufklärung in der Ukraine einsetzen. 2958 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Alois Karl (A) (C) (D)(B) Sextourismus ist sicherlich eine unappetitliche Sache, aber in Zeiten der völligen Freizügigkeit, in Zeiten der offenen Grenzen können wir das nicht kontrollieren. Die bisherigen Maßnahmen werden fortgesetzt, aber wir können auch im nächsten Haushalt die Mittel nicht so er- höhen, um die Aufklärungsmaßnahmen auch auf das sonstige Osteuropa, auf Afrika und auf Asien auszudeh- nen. Wir müssen in den nächsten Haushaltsberatungen auf diesem Gebiet mehr Haushaltsdisziplin an den Tag legen. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich!) Erfreulich ist, dass wir 25 Millionen Euro entsperren konnten für die Stiftung, die jenen materielle Hilfe zu- kommen lässt, die vor über 20 Jahren mit HIV infiziert worden sind. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) So können wir diese Stiftung wenigstens materiell unter- stützen. Die immaterielle Not dieser Menschen kann so- wieso nicht gelindert werden. Trotz des Willens, zu sparen, haben wir auf der ande- ren Seite auch investiert. Wir werden investieren, und zwar intelligent. (Elke Ferner [SPD]: Das wäre etwas Neues!) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinpro- dukte, das BfArM, wird in personeller Hinsicht deutlich gestärkt. Das hat damit zu tun, dass dieses Institut jedes Arzneimittel, bevor es auf den Markt kommt, auf seine Unbedenklichkeit untersucht. Dafür fallen Gebühren an. Durch das zusätzliche Personal können jetzt in kürzerer Zeit mehr Arzneimittel getestet werden. Das will die In- dustrie so. Das kommt dem Patienten zugute. Die Phar- maindustrie muss die Zulassungskosten sowieso bezah- len. Also fließt das Geld lieber jetzt als später. Ich finde, das, was wir hier auf den Weg gebracht haben, ist intelli- gentes Investieren. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Wir investieren auch in das Robert Koch-Institut, die zentrale Forschungs- und Referenzeinrichtung der Bundesrepublik, wenn es um die Biomedizin geht. Das Robert Koch-Institut ist auch zuständig für die Erken- nung und Schadensbegrenzung bei Anschlägen mit bio- logischen Agenzien. 2001, nach den Anschlägen von New York, hat die Regierung Schröder/Fischer die Neu- baumaßnahme auf den Weg gebracht. Aber es krankt bei der Umsetzung, um in der Sprache des Haushaltes zu bleiben. Obwohl jetzt neun Jahre vergangen sind, ist vor lauter Planung, vor lauter Visionen und vor lauter Kos- tenschätzungen noch nichts Wesentliches geschehen. Ich hoffe, dass mit unseren Haushaltsansätzen, sehr geehrte Frau Flach, wir es wenigstens noch erleben können, dass der erste Stein gelegt wird. Das zieht sich in der Tat schon neun Jahre so hin. (Abg. Ewald Schurer [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage) – Der Herr Schurer möchte eine Zwischenfrage stellen. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Ich wollte Sie gerade fragen. Jetzt fragen Sie mich. Daher erteile ich großzügig Genehmigung. (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP) Ewald Schurer (SPD): Herr Kollege Karl, wir beide sind ja Haushälter und deswegen noch mehr als alle anderen zur Wahrheit ver- pflichtet. (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sehr gut!) Wahrheit und Klarheit! Kontrolle des Parlaments! – Kol- lege Karl, haben Sie schon einmal etwas von dem Pro- gramm „RKI 2010“ gehört? Da ist über drei Jahre im Personalbereich und bei der Ausstattung dieses Spitzen- institutes, dieses Referenzinstitutes der deutschen Ge- sundheitsmedizin viel gemacht worden, auch mit viel Geld. Ich wollte Ihnen das begleitend andienen und dazu sagen: Die Probleme des RKI sind nach meiner Meinung nicht umfänglich, aber weitgehend gelöst worden, auch durch gute Planungen der ehemaligen Bundesregierung. Haben Sie das zur Kenntnis genommen? Das ist Punkt eins. Punkt zwei ist: Sie arbeiten sich jetzt an guten, sub- stanziellen Themen aus dem Bereich des BMG ab; das akzeptiere ich. Aber etwas vermisse ich. Ich habe den Freundinnen und Freunden der CSU, mit denen ich im- mer wieder sehr gerne diskutiere und den Dialog suche, ein Dialogangebot gemacht; ich nenne es einmal so. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Ja, genau! – Ulrike Flach [FDP]: Oh!) Ich habe aber noch nichts gehört. Ich würde Sie oder Ihre Kollegen um eine manifeste Einschätzung bitten, wie Sie die Einwürfe sozusagen von der Seite des Spiel- felds sehen, die der bayerische Gesundheitsminister, Herr Söder, und der bayerische Ministerpräsident, Horst Seehofer, immer wieder machen. Sie sagen: Nein, diesen Paradigmenwechsel weg von der Solidarität, eine Durchbrechung der Parität können wir nicht mitmachen. Mit uns geht das auf jeden Fall nicht. – Ich würde Sie bitten, hier einmal eine Einschätzung vorzunehmen. Ich bin davon überzeugt, dass die Menschen im Lande auf eine Antwort vonseiten der CSU warten. Man ist ein biss- chen verunsichert, was jetzt zählt. Zählt das aus Mün- chen, haben Sie hier eine eigene Meinung, oder haben Sie die gleiche Meinung? Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Herr Kollege. Ewald Schurer (SPD): Man muss da ein bisschen Orientierung schaffen. Danke schön. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Danke schön, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2959 (A) (C) (D)(B) Alois Karl (CDU/CSU): Lieber Herr Schurer, ich verstehe ja Ihre Intention, noch einmal ein Referat über das zu halten, was Sie vor- hin schon nicht ganz klar vorgetragen haben. (Ewald Schurer [SPD]: Ich frage Sie! – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das liegt an Ihnen!) Meine Redezeit beträgt noch 3 Minuten und 33 Sekun- den. Ich komme auf dieses Thema also noch zu spre- chen. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Du kannst doch die Zeit jetzt nutzen!) Sie können es offensichtlich kaum erwarten. Dass dieses Thema – ich nehme es jetzt vorweg – noch nicht abge- schlossen ist, hat der Bundesgesundheitsminister häufig gesagt. Auch die Bundeskanzlerin hat hier häufig ausge- führt, dass uns dieses Thema in den nächsten Jahren sehr intensiv begleiten wird. Um Ihre Frage zu beantworten: Ich bin der Meinung, dass es nicht sein kann, dass sich die Kosten der Arbeit jedes Mal erhöhen, wenn die Gesundheit teurer wird. Das ist ein Stück, das wir nicht weiterführen können. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dass eine gewisse Abkopplung der Nebenkosten von den Gesundheitskosten stattfinden muss, muss doch je- dem klar sein. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Da müssen wir uns einig sein!) Auf die Ergebnisse dieser Kommission, Herr Rösler, sind wir natürlich gespannt. Politischer Dialog und poli- tische Auseinandersetzung müssen sein. Sie können aber nicht im Vorfeld beendet werden, Herr Schurer. Sie wer- den sich noch wundern, welch tolle Ergebnisse wir am Ende der Diskussion und des Dialogs haben werden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ewald Schurer [SPD]: Ich bedanke mich für die Antwort!) Ich fahre in meiner Rede fort. Ich bin der Meinung – das ist vorhin schon ausgeführt worden –, dass wir auch im Gesundheitswesen auf die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen in Stadt und Land achten müssen. Die Frage der Ärzteversorgung auf dem flachen Land wird uns in den nächsten Jahren umtreiben. Die ländli- chen Räume könnten deutlich ärmer werden, wenn wir es nicht schaffen, dort in der Zukunft genügend Ärzte zu installieren. Der Bundesminister legt sich augenblicklich mit vie- len Interessengruppen an. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: CSU!) Wer sich mit der Pharmaindustrie anlegt, muss harte Bandagen anlegen. (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Anlegen! – Elke Ferner [SPD]: Ach!) Kurzfristige Erfolge wird es kaum geben. Trotzdem meine ich: Viel Feind, viel Ehr, lieber Herr Gesundheits- minister, das wird eine Überschrift für Ihre Arbeit sein. Aber wenn Sie diese Pläne weiterhin mit Konsequenz, Nachdruck und großem Einsatz betreiben, werden Sie unsere Unterstützung haben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Elke Ferner [SPD]: Wo ist ein konkreter Vor- schlag?) Die Monopolstellung der Pharmaindustrie bei der Ge- staltung der Preise für Arzneimittel muss gebrochen werden. (Lachen des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE] – Elke Ferner [SPD]: Sie müssen sich einmal einen anderen Redenschreiber suchen! – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So einen Stuss muss man doch nicht vorlesen!) Ich glaube, dass das von Ihnen zunächst ins Spiel ge- brachte Einsparvolumen von 2 Milliarden Euro – die Li- teratur spricht davon, dass noch genug Potenzial nach oben vorhanden ist – zunächst einmal ein guter Anfang ist. Zwangsrabatte und Preismoratorien sind gewiss schnell wirkende Kostenbremsen. Wenn man bedenkt, dass eine Anhebung der Herstellerrabatte um nur 1 Prozent eine Einsparung zugunsten der GKV in Höhe von etwa 100 Millionen Euro bedeutet, dann wissen wir, auf welchem Gebiet wir angreifen müssen. Hierbei ha- ben Sie unsere Unterstützung, Herr Rösler. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Elke Ferner [SPD]: Wo bleiben Ihre Vorschläge?) Es geht aber nicht allein um kurzfristige, sondern auch um langfristige Lösungen. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!) Ich denke an Festbetragslösungen auch für patentge- schützte Arzneimittel, insbesondere dann, wenn es sich um Analogpräparate handelt. Diese müssen in die Ver- träge, die zwischen den Krankenkassen und der Pharma- industrie geschlossen werden, einbezogen werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Arznei- mittelkosten sind in den letzten zehn Jahren um 50 Prozent oder mehr gestiegen. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: 30 Prozent!) Man hat geradezu den Eindruck, dass in das Gesund- heitssystem gar nicht so viel Geld hineingepumpt wer- den kann, wie Jahr für Jahr durch übermäßige Medika- tion und viel zu hohe Medikamentenpreise hinausfließt. Ich meine, hier ist der richtige Ort, um darauf hinzu- weisen, dass die Arzneimittelbepreisung für nie- manden ein Selbstbedienungsladen sein darf. Bei der Gestaltung der Arzneimittelpreise scheint jegliche Diszi- plin verlorengegangen und Maßlosigkeit aufgekommen zu sein. (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Und wer hat das befördert? Das wart doch ihr!) Hier müssen wir in der Tat eingreifen und Vergleiche im Hinblick auf Kosten und Nutzen auf den Weg bringen. 2960 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Alois Karl (A) (C) (D)(B) (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Dann tut es doch! Los, anfangen!) Das IQWiG ist nicht geschwächt worden, das IQWiG ist in seiner vollen Blüte erhalten. (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Ach du meine Güte! Das ist seine volle Blüte?) Der Haushaltsansatz betrug in den letzten Jahren und be- trägt in diesem Jahr 800 000 Euro. Lieber Herr Bundesminister, wir sind gespannt, was Sie im Hinblick auf die Handelsspannen des Phar- magroßhandels und damit auch bezüglich der Gestaltung der Rabatte für Apotheken unternehmen werden. Wir sind auch gespannt, welche Einsparpotenziale Sie hier feststellen, was zulasten des Großhandels und was zulas- ten der Apotheken geht. Lassen Sie sich dabei nicht von Querschüssen aus Bayern irritieren. Ich meine nament- lich den dortigen Wirtschaftsminister, Ihren Parteifreund Martin Zeil, der sich dazu geäußert hat. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD]) Meine Damen und Herren, der demografische Wan- del erfordert viel. Er erfordert auch ein Umdenken bei der Finanzierung. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das wird ja ein Filibuster!) Ich habe es angesprochen: Es kann nicht richtig sein, dass die Gesundheitskosten allein an den Lohnnebenkos- ten hängen. (Elke Ferner [SPD]: Auch an den Versicherten, oder nicht?) Es liegen schwierige Aufgaben vor uns, die wir auch im Rahmen der nächsten Haushalte zu bewältigen haben. Für den Haushalt 2010, sehr geehrter Herr Gesundheits- minister, gebe ich Ihnen unser Plazet. Wir stimmen dem Haushalt zu. Wir meinen, dass Sie gute Arbeit geleistet haben. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Sven-Christian Kindler für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bun- deskanzlerin hat am Mittwoch in ihrer Rede zum Kanz- leramtsetat erklärt, es sei nicht fair, dass die Opposition beim Thema Gesundheit immer Dinge behauptet, die nicht stimmen. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist ja auch so!) Die Beobachtung, dass viel über die Unsinnigkeit der Kopfpauschale hergezogen wird, ist richtig. Die Behaup- tung der Kanzlerin ist dennoch in mehrfacher Hinsicht falsch. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Was? Wieso?) Erstens wird die Kopfpauschalendiskussion wesent- lich durch Mitglieder der Parteien, die die Regierungs- fraktionen stellen, mit Hohn und Spott befeuert. Oder zählt Frau Bundeskanzlerin die Herren Seehofer, Söder und Dobrindt mittlerweile schon zur Opposition? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das könnte man mei- nen!) Zweitens stützen wir Grünen uns bei der Bewertung des Regierungshandelns auf Fakten, die uns die Regie- rung liefert. Beim Thema Gesundheitsreform treiben Sie ein dop- peltes Spiel: Einerseits wird im Hinblick auf die Regie- rungskommission immer darauf verwiesen, dass nichts feststehe. Andererseits gackert der Hühnerhaufen täglich wild aufs Neue los. Auch der Bundesgesundheitsminis- ter beteiligt sich rege am Diskussionsprozess. So ver- kommt Ihre Gesundheitspolitik doch in Wahrheit zur Gesprächstherapie in Ihrer zerrütteten eheähnlichen Wunschkoalition. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das ist eine Wunschehe!) Aber nun wird sich die „unfaire“ Opposition einmal den Fakten widmen. Wenn das Versprechen eines umfas- senden Sozialausgleichs erfüllt werden soll, dann wird die Einführung einer Kopfpauschale erstens teuer für den Bundeshaushalt und zweitens für die Bürgerinnen und Bürger zu einem bürokratischen Mehraufwand füh- ren. Die Rahmendaten sind im Wesentlichen klar. Bei der vollen Umwandlung des bisherigen Systems in ein Kopfpauschalensystem ist ein Sozialausgleich mit Steuermitteln in Höhe von 22 bis 35 Milliarden Euro notwendig. Fragt man den Finanzminister, wie sich dann die Einkommensteuer verändern müsste, erfährt der er- staunte Haushälter: Der Spitzensteuersatz müsste im günstigsten Fall auf 73 Prozent steigen, im ungünstigs- ten Fall sogar auf 100 Prozent. Das ist anscheinend die neue FDP-Steuerpolitik. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Aber auch die kleine Zusatzpauschale, gewisser- maßen 29,99 Euro, kann nicht der richtige Weg sein. Denn selbst für den mit ungefähr 5 Milliarden Euro ver- gleichsweise günstigen Sozialausgleich würde der Bun- deshaushalt 2010 die Mittel nicht hergeben, erst recht nicht, wenn die Steuersenkung kommt, die die FDP zu- mindest bis zur NRW-Wahl fordern wird. (Ulrike Flach [FDP]: Die wird weiter ge- fordert! Und sie wird umgesetzt!) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2961 Sven-Christian Kindler (A) (C) (D)(B) Wie sich die innere Logik dieser Reformen zusam- menbringen lässt, kann anscheinend nur ein Orakel sa- gen. Die einzige Antwort der FDP ist: Das geht irgend- wie. Eigentlich muss einen das erstaunen: Nach elf Jahren in der Opposition hat die FDP gerade einmal zwei politische Themen, nämlich Steuersenkung und Kopf- pauschale, und sie hat anscheinend keine Minute über- legt, ob diese beiden Konzepte überhaupt zusammenpas- sen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN) Am schlimmsten finde ich persönlich, dass Sie, wenn der Steuerzuschuss kommt, Millionen Menschen, die sich ihre Krankenversicherung bisher leisten konnten, zu Bittstellern degradieren, die zum Sozialamt gehen müs- sen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN) Man kann also nur zu der Bewertung kommen, dass die Kopfpauschale Kleinverdiener und Geringverdiener stärker belasten würde als Besserverdiener, dass die Kopfpauschale Nonsens sei, dass die Kopfpauschale blanke Illusion sei, dass die Kopfpauschale – egal ob groß oder klein – unsolidarisch sei usw. usf. Diese Be- wertung finden Sie vielleicht unfair; aber dann melden Sie sich bitte bei der CSU. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Kollege Jens Spahn für die CDU/ CSU-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Jens Spahn (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ge- sundheitspolitik ist im Grunde die soziale Frage des 21. Jahrhunderts; denn anders als bei den anderen sozia- len Sicherungssystemen geht es hier nicht nur und nicht unmittelbar um Geld, sondern um Lebensqualität und, wenn es ganz hart kommt, um zusätzliche Lebensjahre. (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Sie sollten die Beschäftigten nicht vergessen!) Wir stehen bei diesem wichtigen sozialen Sicherungs- system vor großen Herausforderungen. Die erste ist die demografische Entwicklung. Wir werden alle gemein- sam – auch Sie, Frau Bunge – älter in diesem Land. 2050 wird ein Drittel der Bevölkerung über 60 sein. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das ist nicht schlimm!) Das ist an und für sich schön; aber für die sozialen Si- cherungssysteme ist es eine Herausforderung. Die zweite Herausforderung ist der medizinische Fortschritt. Erkrankungen, die vor zwanzig oder dreißig Jahren nicht einmal diagnostiziert werden konnten, kön- nen heute behandelt werden. So sind viele zusätzliche Lebensjahre möglich. Eine dritte große Herausforderung für uns – das sage ich als Münsterländer, also als jemand, der aus einer eher ländlichen Region kommt – ist die Frage, wie wir eine flächendeckende Versorgung sicherstellen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Ich behaupte: Gerade die gute flächendeckende medizi- nische Versorgung – 365 Tage im Jahr, 7 Tage die Wo- che, 24 Stunden am Tag, und das nicht nur in Berlin, nicht nur in Hamburg, nicht nur in Düsseldorf, nicht nur in München, sondern auch in den ländlichen Regionen: in der Eifel, in Mecklenburg-Vorpommern, im Bayeri- schen Wald – ist das Qualitätsmerkmal des deutschen Gesundheitssystems, durch das sich unser System von anderen Gesundheitssystemen deutlich abhebt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Wer sich diesen Herausforderungen stellen will und die Qualität, die wir haben, halten will, der wird auf die Kostenentwicklung eine Antwort finden müssen. Denn eines ist klar: Es wird auf jeden Fall teurer werden. So- viel wir uns auch bemühen werden, Effizienzreserven zu heben und da, wo es geht, ohne Qualitätsverlust zu spa- ren, die ehrliche Botschaft muss lauten: Es wird teurer. Wir haben in dieser Woche erste Schätzungen gehört, wie sich das Defizit im nächsten Jahr entwickeln wird. Je nachdem, wovon man ausgeht, wird das Defizit zwi- schen 7 und 15 Milliarden Euro liegen. Der Wert in der Mitte – 11 Milliarden Euro – macht die Größe der He- rausforderungen, vor denen wir stehen, deutlich, macht deutlich, dass das Gesundheitssystem so, wie es heute ist, aber auch das System mit dem Zusatzbeitrag, das wir übrigens gemeinsam verabschiedet haben, liebe Kolle- ginnen und Kollegen von der SPD, spätestens im nächs- ten Jahr an Grenzen stoßen wird. Das System kann also nicht bleiben, wie es heute ist. Darauf braucht es Ant- worten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Geschrei hilft nicht. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Elke Ferner [SPD]: Wo sind denn Ihre Antworten?) Wenn man Sie so reden hört – Herr Schurer hat gere- det; gleich wird Herr Lauterbach reden –, bekommt man öfters den Eindruck, es wäre der 2. Februar. (Heinz Lanfermann [FDP]: Da ist Mariä Licht- mess!) Am 2. Februar ist nämlich Murmeltier-Tag. (Heinz Lanfermann [FDP]: Den kennen wir gar nicht!) 2962 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Jens Spahn (A) (C) (D)(B) Wenn ich Sie in den Debatten, die wir führen, reden höre, geht es mir wie Phil in Und täglich grüßt das Mur- meltier. Woche für Woche wird Ihre Abkehr von elf Jah- ren Regierungspolitik immer deutlicher. Ihr neuer Partei- vorsitzender, Sigmar Gabriel, hat kürzlich gesagt, künftig gelte: „Zuerst die Partei, dann das Land“, das sei das neue Motto der SPD. (Widerspruch bei der SPD – Elke Ferner [SPD]: Wo soll er das gesagt haben?) – Das hat er so gesagt. Das können wir gerade in der Ge- sundheitspolitik sehr deutlich erleben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Sie verabschieden sich von allem, was Sie in den letz- ten elf Jahren an Erkenntnissen gewonnen haben: (Ulrich Kelber [SPD]: Ekelhaft!) in der Frage der Entlastung der Arbeitskosten von den steigenden Gesundheitskosten, in der Frage der Zuzah- lung, in der Frage der Zusatzbeiträge, die wir in der Gro- ßen Koalition verabschiedet haben. Sie machen im Grunde eine Abrechnung – das haben wir Ihnen schon deutlich gesagt; das setzen Sie hier fort – vor allem mit den Ministerjahren von Ulla Schmidt. (Ewald Schurer [SPD]: Wir entwickeln wei- ter!) Sie müssen den Menschen erklären, warum heute nicht mehr gelten soll, was noch vor einem Jahr in den Debat- ten auch im Deutschen Bundestag von Ihrer Seite aus klar und deutlich gesagt wurde. Das ist im Moment in den Debatten Ihr Problem. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Ablenkung!) – Ablenkung ist ein gutes Stichwort, Herr Kollege Lauterbach. Jede Woche kündigen Sie aufs Neue ein durchgerechnetes Konzept zur Bürgerversicherung an. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Sie regieren doch! Kommen Sie zur Sache! Einfach zur Sa- che! Ihre Vorschläge! – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Was denken Sie?) Sie haben hier im Deutschen Bundestag im Dezember angekündigt, Sie würden ein durchgerechnetes Konzept – ich habe mir das Protokoll geben lassen – zur Bürger- versicherung vorlegen. Auf dieses durchgerechnete Konzept warten wir bis heute ebenso wie auf eine Ant- wort. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lauterbach? Jens Spahn (CDU/CSU): Bitte schön. Dr. Karl Lauterbach (SPD): Herr Spahn, können Sie uns erklären, weshalb Sie uns mit falschen Darstellungen dessen, was Sie glauben, was wir in der Vergangenheit gemacht oder gesagt hätten, die Zeit stehlen, statt Ihre konkreten Vorschläge – Sie regie- ren doch, nicht wir – (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]) vorzulegen? Erklären Sie uns doch, weshalb von Ihrem Minister nichts kommt, sodass Sie über unsere vergan- gene Regierung reden müssen und nicht über das spre- chen, was Sie jetzt tun könnten, Herr Spahn. (Beifall bei der SPD) Jens Spahn (CDU/CSU): Über Ihre vergangene Regierung muss man deswegen reden, weil wichtige Erkenntnisse, die wir in der Großen Koalition gemeinsam gewonnen haben und die Sie auch schon in der rot-grünen Regierungszeit gewonnen hatten und die wir auch hier schon diskutiert haben, dass näm- lich die von mir dargestellte ständige Steigerung der Kosten im Gesundheitswesen nicht automatisch und ständig die Arbeitskosten belasten darf, (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das bestreitet niemand! Ich bitte Sie!) heute von Ihnen infrage gestellt werden. Sie müssen be- antworten, warum das so ist. Dieser Frage müssen Sie sich einmal stellen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Heinz Lanfermann [FDP]: Sie waren doch mal klüger!) Angesichts dieser Debatten scheinen Sie eher er- schrocken zu sein, dass wir in einigen Feldern das, was Sie in elf Jahren Regierungszeit im Bundesministerium für Gesundheit nicht geschafft haben, nun tatkräftig an- gehen. (Lachen bei Abgeordneten der SPD – Elke Ferner [SPD]: Was denn? – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das ist das Problem, dass Sie nichts angehen!) Wir werden – darauf hat der Kollege gerade schon hingewiesen – bei der Preisfindung im Arzneimittelbe- reich das, was Sie in elf Jahren nicht geschafft haben, durchsetzen, (Elke Ferner [SPD]: Sie haben doch blo- ckiert!) nämlich dass wir bei Arzneimitteln nur für einen tatsäch- lich erwiesenen Zusatznutzen dauerhaft mehr Geld zah- len, sodass es hier eine Verbindung zwischen Preis und Nutzen gibt. Sie haben elf Jahre lang regiert und das nicht geschafft. (Ewald Schurer [SPD]: Sie haben uns nicht unterstützt!) Nun sind Sie erschrocken darüber, dass es nun gerade eine bürgerliche Koalition ist, die das erreichen wird. Warten Sie ab! Wir werden das noch dieses Jahr hinbe- kommen! Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2963 Jens Spahn (A) (C) (D)(B) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Wir warten schon ewig und drei Tage!) Ich will noch einige Sätze zum IQWiG sagen, zum Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Ge- sundheitswesen und seiner Kosten-Nutzen-Bewertung. Warten Sie erst einmal ab, was am Ende herauskommt! Ich sage Ihnen: Wir werden das IQWiG, das Institut für die Nutzenbewertung von Arzneimitteln, im Zweifel personell, inhaltlich und in den Verfahren eher stärken als schwächen. (Ulrike Flach [FDP]: So ist es!) Messen Sie uns an unseren Taten, nicht an Ihren eigenen Worten! (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das ver- suchen wir verzweifelt! Wenn Sie welche hät- ten!) Sie scheinen in noch einem weiteren Punkt erschro- cken darüber zu sein, dass wir etwas wahrmachen, wo- von Sie viele Jahre lang nur geredet haben. (Lachen der Abg. Elke Ferner [SPD]) Sie haben immer eingefordert – in der Zielsetzung nicht einmal zu Unrecht –, dass es für die gesetzliche Kran- kenversicherung eine breitere Finanzierungsgrund- lage geben muss. Es kann nicht sein, dass alleine die ab- hängig Beschäftigten und insbesondere ihre Arbeitgeber mit ihren Beiträgen das Gesundheitswesen finanzieren. (Elke Ferner [SPD]: Welche Steuern wollen Sie denn erhöhen? – Ewald Schurer [SPD]: Sie haben uns dabei nicht unterstützt!) Wir haben dankenswerterweise in der Großen Koali- tion einen ersten Schritt gemacht, indem wir die Zusatz- beiträge eingeführt haben, die sich nun langsam entwi- ckeln. Der entscheidende Punkt, um den es jetzt geht, ist, dass wir einen steuerfinanzierten Sozialausgleich ein- führen wollen, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) der – das wissen wir im Übrigen ganz genau – natürlich möglichst einfach und möglichst ohne großen zusätzli- chen bürokratischen Aufwand funktionieren muss, (Elke Ferner [SPD]: Sie haben den Sozial- ausgleich blockiert!) der aber als steuerfinanzierter Sozialausgleich das Ge- sundheitswesen und insbesondere den Sozialausgleich auf breitere Schultern stellen wird. Er wird auch zusätz- liche Einnahmen wie Zinsen und Miet- und Kapitalein- künfte durch die Steuern, die darauf erhoben werden, be- rücksichtigen. (Elke Ferner [SPD]: Aha!) Damit erreichen wir das, wovon Sie seit vielen Jahren reden, aber bis heute nicht ansatzweise ein Konzept vor- gelegt haben. Das ist es doch, was Sie an dem, was wir jetzt angehen, so wurmt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Elke Ferner [SPD]: Ist das eine An- drohung von Steuererhöhungen?) Insofern kann ich Ihnen, weil Sie gerade ja auch nach konkreten Vorschlägen fragten, nur sagen: Die Grund- linie ist klar, die Zielrichtung auch. Wir wollen den Einstieg in eine lohnunabhängige Finanzierung – insbe- sondere auch für eine zukünftige moderate Kostenent- wicklung –, bei der es nicht automatisch aufgrund der Steigerungen der Ausgaben im Gesundheitswesen zu ei- ner Erhöhung der Arbeitskosten kommt. Mit dieser kla- ren Zielvorgabe haben wir einen ebenso klaren Auftrag an die Regierungskommission erteilt, die in dieser Wo- che zum ersten Mal getagt hat. Ich empfehle Ihnen, diese Kommission jetzt einmal in Ruhe arbeiten zu lassen, damit sie die Ergebnisse nach und nach erarbeiten und dann vorlegen kann, (Elke Ferner [SPD]: Wen meinen Sie denn jetzt? Herrn Söder oder Herrn Seehofer?) also einfach noch zwei, drei Monate zu warten, bis es erste Ergebnisse der Regierungskommission und eine erste Richtung gibt, um dann tatsächlich in die inhaltli- che Auseinandersetzung einzusteigen, anstatt hier mur- meltierartig jede Woche mit uns die gleiche Debatte zu führen. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das größte Murmeltier steht vor uns!) Lieber Herr Kollege Lauterbach, vielleicht haben Sie bis dahin ja auch ein paar Zahlen zu Ihrem eigenen Kon- zept. Dann könnten Sie sich inhaltlich so einbringen, wie der Kollege Schurer das gerade für die SPD-Fraktion an- gekündigt hat. Das wäre ja auch schon einmal eine Menge wert. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Es gibt eine weitere Anfrage bezüglich einer Zwi- schenfrage, und zwar des Kollegen Lemme. Jens Spahn (CDU/CSU): Bitte. Steffen-Claudio Lemme (SPD): Herr Abgeordneter Spahn, woher nehmen Sie denn die notwendigen Steuermittel in Höhe von 5 Milliarden Euro? Der Haushalt wird ja heute hier verabschiedet. Wenn Sie das anpeilen, was Minister Rösler der Öffent- lichkeit schon angedeutet hat, nämlich eine Kopf- pauschale von 29 Euro, dann fehlt Ihnen ja dieser steuer- liche Anteil. Woher nehmen Sie den aus dem Nachtragshaushalt, und wann ist damit zu rechnen? (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Auf Fehlinfor- mationen brauchen wir nicht zu antworten!) 2964 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 (A) (C) (D)(B) Jens Spahn (CDU/CSU): Herr Kollege, wir reden gerade über den Haushalt 2010. Im Übrigen hat das mit diesem Haushalt noch gar nichts zu tun. (Ewald Schurer [SPD]: Das macht die Kom- mission, oder!? – Birgitt Bender [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Wegducken vor der Zukunft!) Daneben sind die Zahlen, die Sie genannt haben, keine Zahlen, die – das hat der Minister auch schon dargestellt – irgendetwas mit dem Ministerium zu tun haben, sondern sie sind Gott weiß wo aus der Welt gegriffen worden. Ohne Zweifel haben Sie aber recht, dass wir für den steuerfinanzierten Sozialausgleich auch Geld aus dem Bundeshaushalt brauchen; das ist ja überhaupt keine Frage. (Elke Ferner [SPD]: Ja! Woher nehmen Sie es denn?) Genau deswegen sitzen ja die mitbeteiligten und auch mitbetroffenen Ressorts in dieser Regierungskommis- sion mit am Tisch, um gemeinsam eine Lösung zu fin- den. (Elke Ferner [SPD]: Sie sollen dann einen Sparbeitrag leisten, oder wie!?) Eines geht aber eben nicht: Die Linke stellt hier An- träge, 3 Milliarden Euro zusätzlich für Krankenhäuser und andere Dinge zur Verfügung zu stellen, ohne zu sa- gen, wie das finanziert werden soll. Ihr Kollege Lauterbach sagte in einer gemeinsamen Diskussion all- gemein – ich kann mich noch gut daran erinnern –: Die künftigen Kosten der demografischen Entwicklung soll- ten wir einfach irgendwie aus dem Bundeshaushalt fi- nanzieren. Glauben Sie mir: Wir werden ein sauber finanziertes Konzept vorlegen. Dafür sitzt die Regierungskommis- sion zusammen, (Elke Ferner [SPD]: Da sind wir aber ge- spannt, Herr Spahn! – Christian Lange [Back- nang] [SPD]: Das wäre das erste Mal!) und sie diskutiert eben nicht nur in Überschriften, wie man sich das in der Opposition wohl leider erlauben kann. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Deswegen bleibe ich bei dem, was ich auch in den vergangenen Debatten gesagt habe. (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Man kann das Falsche auch immer wiederholen; das ist klar!) Wir werden – – (Abg. Bettina Hagedorn [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage) – Herr Präsident. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Es gibt den Wunsch, eine weitere Zwischenfrage zu stellen. – Bitte schön. Bettina Hagedorn (SPD): Kollege Spahn, ich spreche Sie als Haushälterin und unabhängig von dem an, was wir hier jetzt über die Kopfpauschale diskutieren. Ich möchte Sie an die Gesundheitsreform 2007 erin- nern. Im Haushaltsausschuss, dem wir damals gemein- sam angehört haben, war für die Jahre 2007 bis 2016 eine Unterfinanzierung von aufsummiert 90 Milliarden Euro absehbar. Diese kam durch die Leistungen zu- stande, die wir in der Großen Koalition gemeinsam und solidarisch für die Menschen und für die Patienten woll- ten, für die es aber noch keine Gegenfinanzierung gab – außer dem, was wir gemeinsam wollten und auch ge- macht haben: Wir haben zugesagt, dass das aus Steuer- mitteln geschehen wird. Wir wollten damals eine solide Gegenfinanzierung aufbauen. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Gibt es noch eine Frage?) Das ist damals an der CDU/CSU gescheitert. Kollege Spahn, jetzt ist es aber so, dass dieser in Treppenform ansteigende Steuerzuschuss geblieben ist (Ulrike Flach [FDP]: Frage!) und dass Sie mit der neuen Koalition beschlossen haben, die Arbeitgeberbeiträge zu deckeln. (Ulrike Flach [FDP]: Frage! – Heinz Lanfermann [FDP]: Frage!) Stimmen Sie mir zu, (Heinz Lanfermann [FDP]: Nein!) dass Sie die Versicherten und die Steuerzahler durch die Deckelung der Arbeitgeberbeiträge ab 2011 mit die- sen Mehrausgaben letzten Endes alleinlassen, ohne ein Gegenfinanzierungskonzept zu haben? Jens Spahn (CDU/CSU): Die einfache Antwort wäre: Nein. Ich möchte aber zu zwei Dingen, die Sie mir unterstellt haben, etwas sagen. Erstens. Sie haben mal wieder den Begriff der Kopfpau- schale, von dem ich nicht weiß, woher er kommt, ver- wendet. (Lachen bei der SPD) – Sie können einmal versuchen, darüber nachzudenken. Wir gehen jetzt schließlich ins Wochenende. – Allein der Umstand, dass wir die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern und Kindern beibehalten, (Elke Ferner [SPD]: Das ist aber sehr konstruiert!) macht deutlich, dass es im Ergebnis nicht um einen Pro- Kopf-Beitrag gehen wird, (Elke Ferner [SPD]: Pro Kopf Mitglied GKV!) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2965 Jens Spahn (A) (C) (D)(B) sondern dass wir eine Lösung jenseits dessen finden werden. Dies wird im Übrigen im Rahmen eines ver- nünftigen steuerfinanzierten Sozialausgleichs gesche- hen. Vielleicht geht das zur Abwechslung in Ihren Kopf hinein. (Zuruf der Abg. Bettina Hagedorn [SPD]) – Ich bin gerade dabei, Ihre Frage zu beantworten. Zweitens. Sie haben gesagt, wir hätten die Absicht, den Arbeitgeberbeitrag festzuschreiben. Ich weiß nicht, ob Sie sich daran erinnern, dass wir das bereits zusam- men mit Ihnen gemacht haben. (Elke Ferner [SPD]: Nein! Nicht dauerhaft, Herr Spahn! Lügen Sie hier nicht! Das ist nicht dauerhaft!) Wir haben mit der Einführung des Gesundheitsfonds die automatische Beitragssatzentwicklung bei den Kranken- kassen durch eine zentrale Festsetzung des Beitragssat- zes durch die Bundesregierung nach vorheriger Befas- sung durch den Bundestag abgelöst. (Elke Ferner [SPD]: Aber nicht dauerhaft, Herr Spahn!) Das ist nichts anderes als eine Festschreibung des Ar- beitgeberbeitrags, die Sie vor wenigen Monaten noch für notwendig gehalten haben. (Elke Ferner [SPD]: Das stimmt nicht!) Ich bleibe dabei: Sie müssen einmal erklären, wieso heute nicht mehr gelten soll, was noch vor wenigen Mo- naten gegolten hat. Dieses Glaubwürdigkeitsproblem ha- ben Sie in all diesen Debatten, liebe Frau Kollegin Hagedorn. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das wissen Sie besser, Herr Spahn!) Insofern bleibe ich im Ergebnis bei dem, was ich auch schon in den vergangenen Wochen gesagt habe: Wir ge- hen frohen Mutes gemeinsam mit dem Minister und un- serem Koalitionspartner an diese Aufgabe heran, (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das ist mal eine neue Botschaft!) weil wir glauben, dass die Perspektive steigender Ge- sundheitskosten, die sich aus der demografischen Ent- wicklung und dem medizinischen Fortschritt ergeben, und das Ziel, für den sozialen Ausgleich eine breitere Finanzierungsgrundlage zu schaffen, es notwendig ma- chen, über Wochen und Monate intensiv und gründlich zu diskutieren und daran zu arbeiten. Wir müssen sehen, wie man dies umsetzen kann, ohne es mit Kampfbegrif- fen kaputtzumachen. Wir wollen dieses Ziel erreichen, weil es ein hehres Ziel ist, das nicht die Partei in den Vordergrund stellt. Es soll ein zukunftsfähiges Konzept für das Land erarbeitet werden. Sie sollten an Inhalten arbeiten, nicht an Überschriften. Vielleicht wäre das ein Ansatz dafür, sich in der Opposition eine neue Rolle zu suchen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Elke Ferner für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Elke Ferner (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die Reden der schwarz-gelben Koalition anhört, (Jens Spahn [CDU/CSU]: Christlich-liberal! – Thomas Silberhorn [CDU/CSU]: Der Mitte!) dann kann man wirklich nur sagen: Die schwarz-gelben Chaostage gehen weiter. Ich hätte mir gewünscht, dass die Kollegen von der CSU einmal klar und deutlich sa- gen, ob sie denken, dass der bayerische Gesundheits- minister und der bayerische Ministerpräsident und CSU- Vorsitzende recht haben, und ob sie deren Haltung unter- stützen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Wir fragen uns auch, ob sie die Kosten, die sich durch die demografische Entwicklung und den medizinischen Fortschritt ergeben, künftig allein und unsolidarisch – es ist unsolidarisch, den Arbeitgeberbeitrag einzufrieren – auf die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung verlagern wollen; so wollen es die schwarz-gelbe Koali- tion und insbesondere Herr Rösler. Eine Antwort darauf habe ich heute Morgen noch nicht gehört. (Beifall bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Das ist eine reine Verzerrung!) Man muss sich einmal anschauen, was in den letzten Tagen so hin- und hergeworfen wurde: So bezeichnet zum Beispiel der eine den anderen als Quartalsspinner. Herr Söder sagt: Er ist gegen eine Kopfprämie, egal ob groß oder klein. (Ulrike Flach [FDP]: Die sind alle nicht im Bundestag!) Frau Merkel sagte am Mittwoch in Ihrer Rede: Das Wichtigste in der Gesundheitspolitik ist, dass die Arbeit- geberbeiträge festgeschrieben werden. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Aber Sie haben es doch gemacht!) Da frage ich mich, in welchem Land wir eigentlich le- ben. Das Wichtigste in der Gesundheitspolitik ist, auch künftig sicherzustellen, dass alle Menschen, unabhängig von ihrem Einkommen und unabhängig von ihrer Kran- kenversicherung, eine medizinisch hochwertige Versor- gung bekommen, und zwar dann, wenn sie sie brauchen, und nicht nur dann, wenn sie das Geld dafür haben. (Beifall bei der SPD) Wer den Arbeitgeberbeitrag festschreiben will, muss den Menschen klar und deutlich sagen, wie der Rest bezahlt werden soll. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: So ist es!) 2966 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Elke Ferner (A) (C) (D)(B) Aber das tun Sie nicht. Sie faseln hier davon, wenn das über Steuern finanziert werde mit einem Sozialausgleich – der weder finanzierbar noch organisierbar ist –, sei das alles viel gerechter. Herr Spahn, welche Steuern wollen Sie denn erhöhen? Sie haben eben gesagt, künftig sollen auch Zinseinkünfte, Kapitaleinkünfte zur Finanzierung herangezogen werden. Welche Steuer wollen Sie ganz konkret erhöhen? (Christian Lange [Backnang] [SPD], an den Abg. Jens Spahn [CDU/CSU] gewandt: Ja, sa- gen Sie das mal!) Wenn Sie keine Steuer erhöhen wollen, heißt das, es gibt keinen Sozialausgleich, zumindest keinen ausreichen- den, und das wiederum bedeutet, dass die Menschen hö- here Krankenversicherungsbeiträge zahlen müssen, und zwar die GKV-Mitglieder allein. Das ist der Ausstieg aus einem bewährten, solidarisch finanzierten System. (Beifall bei der SPD) Das kann man vielleicht als kleine Fraktion wie die FDP wollen; aber eine große Fraktion wie die CDU/CSU ist wirklich schlecht beraten, einen solchen Weg zu gehen. (Beifall bei der SPD) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lotter von der FDP-Fraktion? Elke Ferner (SPD): Aber sehr gerne. Dr. Erwin Lotter (FDP): Frau Kollegin Ferner, die strikte Bindung der Ge- sundheitskosten an die Arbeitskosten hat, weil man die Arbeitskosten nicht ausufern lassen wollte, zu einem Budgetierungsdruck geführt, der schon nah an der Ratio- nierung war. Stimmen Sie mir zu, dass, wenn die Arbeit- geberkosten festgeschrieben werden, ein enormer Druck aus diesem System herausgenommen wird (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch! Ausgerech- net bei den Versicherten! Da ist viel Geld zu holen! So denkt ihr!) und die am Gesundheitswesen Beteiligten dann in der Lage sind, das für ihre Patienten zu tun und zu verord- nen, was notwendig und angezeigt ist? (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie war das mit Netto vom Brutto?) Elke Ferner (SPD): Ich bedanke mich sehr für diese Frage. Sie zeigt näm- lich wirklich, wes Geistes Kind Sie sind. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Wenn Sie den Arbeitgeberbeitrag festschreiben, errei- chen Sie zunächst einmal eines: dass ein wichtiger Player in dem ganzen Finanzierungssystem künftig über- haupt kein Interesse mehr daran hat, auf die Ausgaben- seite zu achten. (Ulrike Flach [FDP]: Aber das ist doch Ihr Ge- setz! Das ist doch Schizophrenie! – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das haben Sie doch selbst so gemacht!) Wenn Sie sagen, das führe dazu, dass mehr verschrieben wird – in Klammern: das kostet dann auch mehr – und dass das dann bezahlt werden kann, frage ich Sie: Von wem soll das denn bezahlt werden? Von den Versicher- ten oder von den Patienten über Zuzahlungen? Das wer- den Sie uns hoffentlich irgendwann noch erzählen, vor der NRW-Wahl sicher nicht mehr, (Ulrike Flach [FDP]: Wir warten erst mal auf Ihre Bürgerversicherung!) weil das dann doch zu viele abschrecken würde, einen gravierenden Fehler bei ihrer Wahlentscheidung zu ma- chen. Das zeigt genau, wes Geistes Kind Sie sind. Sie wollen die Versicherten mehr belasten als bisher und die Arbeitgeber aus der Kostenverantwortung entlassen. Das wird mit uns nicht zu machen sein. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen werden am 9. Mai an der Wahlurne die Möglichkeit haben, darüber abzustimmen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ein zweiter Punkt, dem ich mich jetzt widmen will: Wir haben von Herrn Rösler die ganze Zeit nichts ande- res gehört, als dass er die Kopfpauschale will. (Lars Lindemann [FDP]: Hat er nicht gesagt! – Ulrike Flach [FDP]: Was hören Sie eigent- lich?) Es soll einen automatischen Sozialausgleich geben – kein Mensch weiß, wie das gehen soll. Außerdem hören wir, die Arzneimittelausgaben sollen jetzt begrenzt wer- den und der Pharmaindustrie gehe es an den Kragen. (Ulrike Flach [FDP]: Jetzt wird es bizarr!) Wo sind denn die Vorschläge dazu? Ich habe bisher noch keinen Vorschlag auf dem Tisch dieses Hauses ge- sehen. (Heinz Lanfermann [FDP]: Er bespricht gar nicht alles mit Ihnen! Das ist das Problem!) – Es ist sehr parlamentarisch, Herr Lanfermann, dass Sie es nicht für notwendig halten, das, was in Gesetzen gere- gelt werden soll, dem Bundestag zur Beratung vorzule- gen. (Heinz Lanfermann [FDP]: Zur rechten Zeit, Frau Ferner! Bei den Vorplanungen wird die Opposition nicht so sehr einbezogen! Das ist durchaus in Ordnung so!) Drittens will ich einen Blick auf die Defizitentwick- lung werfen. Das Bundesversicherungsamt geht von bis zu 15 Milliarden Euro im nächsten Jahr aus. In Sachen Ausgabenbegrenzung geschieht nichts, zumindest bisher nicht. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Warten Sie es mal ab!) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2967 Elke Ferner (A) (C) (D)(B) – Je länger Sie warten, umso schwieriger wird es. Das weiß eigentlich jeder, der sich in dem System auch nur ein bisschen auskennt. – Wenn man sich einmal an- schaut, was diese 15 Milliarden Euro für die Mitglieder der GKV bedeuten, kommt man auf 24 Euro pro Monat und Kopf. Das kann man ja wollen; aber dann sagen Sie mir bitte, mit welcher Begründung die Sekretärin ge- nauso 24 Euro bezahlen soll wie ihr Chef. (Ewald Schurer [SPD]: Ökonomischer Unsinn ist das!) Weil sie ein niedrigeres Einkommen hat? Weil sie von ei- ner Steuerentlastung, die Sie durchführen wollen – dann wieder nicht und dann wieder doch –, weniger profitiert als ihr Chef? Warum soll das eigentlich so geregelt wer- den? Ich frage mich, welches Verständnis von Solidarität Sie haben. Keines, muss ich feststellen. Das Schlimme ist, dass auch die Union sich davon verabschiedet hat. (Beifall bei der SPD) Jetzt möchte ich noch etwas zu den Vorwürfen von Herrn Spahn sagen. Wir haben nie den Arbeitgeberbei- trag (Heinz Lanfermann [FDP]: Na?) einfrieren wollen. Nie! Das wissen Sie ganz genau. (Heinz Lanfermann [FDP]: Nur festsetzen! Nicht einfrieren!) – Nein, schauen Sie mal in das Gesetz. Lesen bildet be- kanntlich, Herr Kollege. Wir haben ihn nicht dauerhaft eingefroren. (Heinz Lanfermann [FDP]: Sie haben ihn per Gesetz festgesetzt! – Ulrike Flach [FDP]: Das ist doch Ihr Gesetz gewesen!) Sie wollten erst wieder an den Beitrag heran, wenn die Einnahmen des Fonds nur noch 90 Prozent der Ausga- ben der GKV ausmachen. Wir haben gesagt, dass schon bei 98 Prozent eingegriffen werden muss. Das Ganze ist ein Kompromiss gewesen. (Ulrike Flach [FDP]: Sie haben es doch gemacht!) Das wissen Sie genauso gut wie ich. Vor allen Dingen können Sie uns nicht vorwerfen, dass wir unsere Posi- tion durchsetzen wollen genauso wie Sie, die Sie schon immer das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrages und eine Entsolidarisierung im Gesundheitswesen wollten. (Ulrike Flach [FDP]: So kann man sich die Welt schönreden!) Der Unterschied zwischen Schwarz-Gelb und uns ist folgender: Sie wollen die Versicherten alleine die zu- künftig zusätzlichen Kosten tragen lassen. Wir wollen eine solidarische Finanzierung. Sie machen Politik ge- gen die Mehrheit der Bevölkerung, und wir machen Politik für die Mehrheit der Bevölkerung. (Zurufe von der FDP: Oh!) Die Wähler und Wählerinnen in Nordrhein-Westfalen werden das am 9. Mai entsprechend quittieren. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Das glaube ich aber nicht, Frau Ferner! – Heinz Lanfermann [FDP]: Traumtänzerei!) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun der Bundesminister für Gesundheit, Philipp Rösler. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Gesundheit: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich die gute Tradition fortsetzen und mich bei den Berichterstattern des Einzelplans 15 ausdrücklich auch im Namen aller mei- ner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die gute Zu- sammenarbeit bedanken. Die Ergebnisse für den Haus- halt waren nicht immer angenehm, aber zumindest die menschliche Zusammenarbeit. Die Gesundheitspolitik steht vor großen Aufgaben. Sie wurden schon zu Recht beschrieben. Wir werden im- mer älter, wir werden auch gesünder älter. Wir freuen uns über den medizinisch-technischen Fortschritt. Er ist ein Segen für die Menschheit. Aber all das muss natür- lich auch bezahlt werden. Deswegen müssen wir hier alle ehrlich zu den Menschen sein. Zur Wahrheit gehört dann eben, dass Gesundheit und Gesundheitsversorgung in Zukunft besser werden, aber eben nicht billiger. Diese Wahrheit gehört zur Ehrlichkeit einer jeden gesundheits- politischen Debatte einfach dazu. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE]) Weil das so ist, brauchen wir ein robustes Finanzie- rungssystem. Die Menschen müssen die Sicherheit ha- ben und die Gewissheit bekommen, dass das Geld, das sie heute einbezahlen, morgen auch für Vorsorge und Versorgung tatsächlich zur Verfügung steht. Diese Ge- wissheit haben sie bisher nicht. Wir sind als christlich- liberale Regierungskoalition angetreten, diese Gewiss- heit herzustellen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Ihr Finanzierungssystem, in dem wir uns heute befin- den, (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Reden Sie über Ihres!) ist nicht in der Lage, diese Sicherheit den Menschen weiterhin zu geben, (Elke Ferner [SPD]: Ihres erst recht nicht!) weil es sich im Prinzip in einem Zustand befindet wie eine Straße nach einem elf Jahre langen Winter. Überall tun sich neue Löcher auf. Es reicht eben nicht, einfach nur Notreparaturen durchzuführen. Statt Flickschusterei brauchen wir endlich ein solides Finanzierungsfunda- ment für unsere gesetzliche Krankenversicherung. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: Nach Flickschusterei wollen Sie Abriss!) 2968 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Bundesminister Dr. Philipp Rösler (A) (C) (D)(B) Gerade jetzt in Krisenzeiten sehen wir doch die Kon- junkturanfälligkeit reiner lohnbezogener Beiträge. Wir gleichen einen Großteil durch 3,9 Milliarden Euro aus, weil wir alle wissen, dass es fatal wäre, den Beitragssatz in der jetzigen Krisenzeit zu erhöhen. Das würde näm- lich zu mehr Arbeitslosigkeit und zu weniger Einnahmen aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung füh- ren. Dieses System schadet dem Arbeitsmarkt, auch der Krankenversicherung und damit den Menschen insge- samt. Deswegen ist es richtig, die Krankenversiche- rungskosten auf der einen Seite von den Lohnzusatz- kosten auf der anderen Seite stärker zu entkoppeln als bisher; denn wir wollen nicht weniger Arbeitsplätze, sondern endlich wieder mehr. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Wir wollen auch mehr Gerechtigkeit. Ich habe Ihnen eine kurze Situationsbeschreibung mitgebracht. Ich darf zitieren: Angenommen, ein Bankdirektor mit 1 Million Euro Jahresgehalt wäre bei der AOK versichert. Als Spitzenverdiener zahlt er 296,25 Euro. (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Die Bei- tragsbemessungsgrenze könnte wegfallen! – Gegenruf des Abg. Jens Spahn [CDU/CSU]: Die kann nicht wegfallen aus verfassungs- rechtlichen Gründen!) Das entspricht einem Beitragssatz von 0,36 Prozent sei- nes Bruttogehaltes. Wörtlich heißt es weiter: Die Haushälterin des Bankiers und ihr als Gärtner an- gestellter Ehemann, Jahresgehalt jeweils 25 000 Euro, sind auch noch bei der AOK. Zusammen zahlen sie 329,17 Euro an die Kranken- kasse. Das sind gut 30 Euro mehr als ihr Chef. Das, meine Damen und Herren, sind keine Zahlen von CDU/CSU oder FDP, sondern Zahlen aus dem Spiegel der letzten Woche. Der Spiegel steht ja nicht im Ver- dacht, ein reines Regierungsverlautbarungsblatt zu sein. (Heiterkeit und Beifall bei der FDP) Deswegen darf ich das Zitat weiterführen: Willkommen in der gesetzlichen Krankenversiche- rung – dem vermutlich einzigen Solidarsystem der Welt, wo Putzfrauen bisweilen ihre Chefs subven- tionieren … Wer das System noch solidarisch nennt, der hat es nicht verstanden. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Das ist das Gegenteil von sozialer Gerechtigkeit, und deswegen werden wir das System verbessern. (Lachen der Abg. Elke Ferner [SPD]) Die Regierungskommission wird dazu die richtigen Vor- schläge unterbreiten. Wir wollen die Einnahmeseite stabilisieren, (Elke Ferner [SPD]: Durch mehr Niedriglöhne, oder wie?) und zwar durch einen höheren Anteil einkommensunab- hängiger Beiträge. Wir werden jeden, je nach seiner Leistungsfähigkeit, zu einem steuerfinanzierten Solidar- ausgleich heranziehen. Wir werden dafür sorgen, dass nur diejenigen Hilfe erhalten, die unsere Unterstützung wirklich benötigen. (Elke Ferner [SPD]: Das hört sich sehr unbürokratisch an!) In unserem System wird es jedenfalls keinen Solidaraus- gleich für Banker geben. Unser System ist gerechter und sorgt endlich für mehr Solidarität in der Krankenversi- cherung. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das ist abstrakt! Sagen Sie es mal konkret!) Wir werden aber nicht nur die Einnahmeseite stabili- sieren, sondern auch auf die Ausgaben achten. Wir sind es den Menschen schuldig, dafür zu sorgen, dass sie nicht mehr als notwendig für die Krankenversicherung bezahlen. (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Aber wie?) – Das beste Beispiel ist der Arzneimittelsektor. Sie, Herr Kollege, mit all Ihren Vertretern der ehemals gro- ßen Volkspartei SPD hatten elf Jahre lang Zeit, etwas im Arzneimittelsektor zu tun. (Elke Ferner [SPD]: Bundesrat!) Sie haben einfach weggesehen, als die Arzneimittel- industrie den Menschen die Preise diktiert hat. Sie sind die Letzten, die uns an dieser Stelle Ratschläge erteilen sollten. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jens Spahn [CDU/CSU]: Ich sage nur: Rotweingip- fel im Kanzleramt!) Wir brauchen Innovationen im Arzneimittelmarkt. Wir wollen auch eine schnelle Markteinführung. Trotz- dem können wir nicht akzeptieren, dass die Industrie den Menschen die Preise diktiert. Das geht nämlich zulasten der Versicherten, zulasten der Patientinnen und Patien- ten. Deswegen brauchen wir ein neues Preissystem. Künf- tig muss jedes Unternehmen, das einen höheren Preis haben will, zunächst einmal einen höheren Nutzen für Patientinnen und Patienten belegen. Ich finde, die Indus- trie ist diesen Beweis bisher schuldig geblieben. Deswe- gen werden wir sie gesetzlich dazu verpflichten, einen solchen Beweis in Form von Studien vorzulegen. Wir je- denfalls lassen unsere Patientinnen und Patienten nicht im Stich. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Diese Studien werden dann selbstverständlich die Grundlage für Vertragsverhandlungen zwischen den Kassen auf der einen Seite und der Industrie auf der an- deren Seite sein. Seien Sie versichert: Wir werden dafür sorgen, dass die Partner sich an einem Tisch zusammen- finden, um schnellstmöglich Verträge abzuschließen; Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2969 Bundesminister Dr. Philipp Rösler (A) (C) (D)(B) (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Wer nicht mehr weiterweiß, der gründet einen Arbeits- kreis!) denn neben den mittel- und langfristigen Maßnahmen werden wir selbstverständlich auch schnell wirksame In- strumente einsetzen, beispielsweise Preismoratorien oder verpflichtende Rabatte. Diese Maßnahmen und In- strumente werden so lange erhalten bleiben, bis die mit- tel- und langfristigen Instrumente anfangen zu wirken. Gute Versorgung mit Medikamenten zu niedrigeren Prei- sen, das, meine Damen und Herren, ist unser Ziel. (Elke Ferner [SPD]: Das wollen wir mal se- hen, was Sie da vorlegen, Herr Rösler! Wir sind ganz gespannt!) Wir als Regierungskoalition werden dabei erfolgreich sein und dieses Ziel auch erreichen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Sie sehen bei diesen Haushaltsberatungen: Selbstver- ständlich kann es gelingen, auf der Einnahmeseite das System robuster und stabiler zu gestalten und die Ausga- ben besser als bisher zu kontrollieren. Wir sind angetre- ten, damit im deutschen Gesundheitssystem endlich et- was passiert. Wir werden ein Gesundheitssystem auf den Weg bringen, das zukunftsorientiert zu Ende gedacht ist (Elke Ferner [SPD]: Hauptsache, es passiert was, egal welche Auswirkungen!) und endlich wieder sozial gerecht ist. Das haben wir den Menschen versprochen, und das, meine Damen und Her- ren, werden wir auch einhalten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Anhaltender Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Fritz Kuhn. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Hat der keine Rede- zeit gekriegt?) Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister, Sie haben Ehrlichkeit als Prinzip in der Gesundheitspolitik reklamiert. Das kann man natürlich immer tun, weil es niemanden gibt, der gegen Ehrlich- keit ist. Aber Sie haben nicht gesagt, was Sie wollen. Wenn die Forderung nach Ehrlichkeit und Glaubwürdig- keit irgendeinen Sinn haben soll, dann muss man in der aktuellen Diskussion sagen, in welche Richtung man ge- hen will. Das haben Sie noch nicht einmal ansatzweise gemacht. Sie sind im Allgemeinen geblieben. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie dürfen nicht schlafen!) – So wach, wie ich bin, ist so schnell kein anderer. (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ich habe mich aus folgendem Grund zu dieser Kurz- intervention gemeldet: Sie diskutieren über die Einfüh- rung einer kleinen Kopfpauschale oder eines kleinen Ge- sundheitsbeitrages, wie Sie es nennen. Es ist übrigens kein besonderer Ausweis von Konsequenz, wenn man nach 140 Tagen Regierung und Koalitionsverhandlun- gen eine Kommission aus acht Ministern – das ist das halbe Kabinett – braucht, um endlich zu sagen, in welche Richtung man gehen will. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Sie hatten doch die Rürup-Kommission! Was soll das denn?) Wenn ich mir das Verhältnis von großer Kopfpau- schale zu kleiner Kopfpauschale anschaue, dann fällt mir ein Vergleich aus der Landwirtschaft ein: Ob nun ein großer Haufen oder ein kleiner Haufen stinkt, beide stin- ken; beide sind Mist. Der Weg, den Sie gehen, ist nicht vernünftig. (Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP) – Sie können doch niemandem im Land erklären, warum Sie etwas Großes nicht machen können, weil Teile der eigenen Regierung sagen, das sei Mist, wohl aber etwas Kleines nach dem Motto: Das bekommen wir schon hin. Zur Gerechtigkeit. Wenn Sie sagen, eine Kopfpau- schale – ob groß oder klein – sei gerechter, dann müssen Sie auch sagen, wie Sie sich das steuerlich vorstellen. Herr Rösler, Sie, der Sie einer Partei angehören, die für Steuersenkungen eintritt und sogar eine Flattax von 35 Prozent für Bestverdienende will, können hier doch niemandem erzählen, dass die zusätzlichen Belastungen durch den Sozialausgleich im Gesundheitswesen von de- nen bezahlt werden, die Sie steuerlich massiv entlasten wollen. Sie werden nicht bestreiten können, dass eine Senkung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 35 Prozent eine Entlastung für Bestverdienende ist. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie – das ist ehrlich gemeint –: Warum behaupten Sie, dass eine kleine Kopf- pauschale für mehr Gerechtigkeit sorgt, weil der Sozial- ausgleich über Steuern finanziert wird? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Herr Minister. Dr. Philipp Rösler, Bundesminister für Gesundheit: Vielen Dank. Ich helfe gern. – Zuerst zu der Frage, in welche Richtung die Arbeit der Regierungskommission gehen soll. Das ist einfach und klar zu beschreiben. Das ist auch nachzulesen; das steht im Koalitionsvertrag. Ich schicke Ihnen diesen gerne zu. Es lohnt sich übrigens, sich auch alle anderen Kapitel durchzulesen. Herr Kol- lege, die Aufgabe der Regierungskommission ist nicht, das endgültige System zu beschreiben – das steht bereits im Koalitionsvertrag –, sondern, den Weg vom Zustand heute zum Idealzustand von morgen genau vorzugeben; denn nach elf Jahren roter und rot-grüner Gesundheits- politik (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Zu Ihren Plänen!) wird man nicht von heute auf morgen das System schlagartig verbessern können. 2970 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Bundesminister Dr. Philipp Rösler (A) (C) (D)(B) Wir werden daher in kleinen Schritten – das macht Sinn – auch einkommensunabhängige Beiträge einfüh- ren; denn wir dürfen weder die steuerlichen Finanzie- rungssysteme noch die Menschen überfordern. Diese Vorgehensweise ist richtig. Das Ziel ist klar benannt. Der Weg dorthin wird von der Regierungskommission be- schrieben. Wir wollen eine vernünftige Gesundheitsver- sicherung, die solidarischer und gerechter ist als all das, was Sie bisher auf den Weg gebracht haben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Kollege Harald Weinberg für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Harald Weinberg (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Rösler sprach gerade von einer Gewissheit, die man habe. Die einzige Gewissheit, die wir bisher haben, ist, dass diese Gesund- heitsprämie für die Versicherten, vor allem für die schlecht verdienenden Versicherten, teurer wird. (Beifall bei der LINKEN) Was wird tatsächlich angegangen? Die Bundesregie- rung verweigert bislang der Opposition sämtliche Aus- künfte über ihre Vorhaben in der Gesundheitspolitik mit dem Hinweis, das werde die Regierungskommission schon regeln; so lange müsse man eben Geduld haben. Aber weder wir noch die Menschen draußen wollen sich weiter gedulden. Die Menschen draußen verlieren die Geduld – die Umfragen zeigen das deutlich –, wahr- scheinlich weil ihre Erfahrungen mit Regierungskom- missionen – wenn man zum Beispiel an die Hartz-Kom- mission denkt – nicht die allerbesten sind. (Beifall bei der LINKEN) In der aktuellen gesundheitspolitischen Debatte gibt es immer wieder Auseinandersetzungen um die Begriffe. Herr Spahn von der Union und Herr Lanfermann von der FDP würden uns ja am liebsten verbieten, von einer Kopfpauschale zu reden. Stattdessen sollen wir schön brav immer „einkommensunabhängige Gesundheitsprä- mie mit automatischem Sozialausgleich“ sagen. (Beifall bei der FDP – Heinz Lanfermann [FDP]: Richtig! Sie haben es ja doch verstan- den!) Einmal abgesehen davon, dass das ein Begriffsungetüm ist, kann man nur sagen: Netter Versuch, Herr Spahn; netter Versuch, Herr Lanfermann. Herr Bahr von der FDP, heute Staatssekretär, hat früher an dieser Stelle den Versuch unternommen, Begriffsklärungen mithilfe des Duden herbeizuführen. Wir tun es Ihnen einfach einmal gleich: Unter dem Stichwort „Kopfpauschale“ finden Sie dort – Zitat –: von allen Versicherten in gleicher Höhe zu entrich- tender Beitrag zur Krankenversicherung. (Heinz Lanfermann [FDP]: Das ist eben nicht so!) Wenn wir von dem Detail der Familienversicherung ein- mal absehen, dann ist es genau das, was Sie einführen wollen. (Heinz Lanfermann [FDP]: Das sind Millionen Versicherte!) – Nun seien Sie einmal ruhig! – Jeder und jede soll denselben Beitrag zahlen. Was, denken Sie, Herr Lanfermann, steht im Duden unter dem Stichwort „Ge- sundheitsprämie“? Nichts, kein Eintrag. (Heinz Lanfermann [FDP]: Das wollen wir ja füllen!) Laut Duden gibt es dieses Wort gar nicht. Es ist eine Er- findung von Ihnen und von Herrn Spahn, von all denen, die die Kopfpauschale einführen wollen, ohne dass die Bevölkerung es merkt. (Beifall bei der LINKEN) Ich sage Ihnen aber: Dieser Versuch geht schief. Die Menschen sind nicht so dumm, dass sie sich von Ihnen hinters Licht führen lassen. (Heinz Lanfermann [FDP]: So kommen wir sogar in den Duden!) Den Kampf um die Begriffshoheit haben Sie längst ver- loren. Deshalb wiederhole ich hier in aller Deutlichkeit: Die Kopfpauschale ist unsozial, die Kopfpauschale ist unfinanzierbar, auch die schrittweise Einführung der Kopfpauschale ist ein Anschlag auf den Sozialstaat. Die Kopfpauschale muss weg. (Beifall bei der LINKEN – Heinz Lanfermann [FDP]: Sie kann nicht weg! Sie ist ja noch gar nicht da!) Zum Schluss muss noch über ein Stück Schmieren- theater gesprochen werden; es war gerade hier Thema. Der Gesundheitsminister merkt langsam, dass er etwas machen muss. Er kann nicht immer nur unterhaltsame Anekdoten von sich geben, gute Miene zum bösen Spiel machen und ansonsten untätig bleiben. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Heinz Lanfermann [FDP]: Freundliche Miene zum guten Spiel!) Das kauften Ihnen die Medien und die Öffentlichkeit vor einigen Monaten ab, jetzt aber nicht mehr. Es wird über- all berichtet, dass die Kosten aus dem Ruder laufen, vor allen Dingen die der Arzneimittel; das war gerade Thema. Nun denkt sich Minister Rösler: Von mir als FDP-Mitglied – Sie wissen, eine Übersetzung von FDP ist: Freundeskreis der Pharmaindustrie – (Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der FDP: Oh!) erwartet niemand, dass ich der Pharmaindustrie die Ren- dite kürze, aber die Menschen im Land fänden das viel- leicht gut. Also tue ich einmal so, als ob. Ich treffe mich mit den Vertretern der Pharmaindustrie hinter verschlos- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2971 Harald Weinberg (A) (C) (D)(B) senen Türen und frage sie, welche Vorschläge sie haben, um die Pillen billiger zu machen. Nun gut, die Pharmaindustrie macht dann einen Vor- schlag, nämlich dass die großen Konzerne nicht mehr für alle Krankenkassen zugleich die Preise festsetzen sollen, sondern zukünftig mit jeder einzelnen Kasse in Verhand- lungen treten sollen. Dreimal dürfen Sie raten, wer ge- winnt, wenn ein multinationaler Konzern mit einer Betriebskrankenkasse in Verhandlungen tritt. Und nun kommt das Theater: Herr Rösler sagt in der Bild-Zei- tung: Ich lege die Pharmaindustrie an die Leine. Ihr dürft nicht mehr allen Krankenkassen zugleich die Preise diktieren, sondern müsst zukünftig Verhandlungen mit jeder einzelnen Kasse führen. – Die Pharmaindustrie tut so, als wäre sie hart getroffen, ist es aber nicht. Sie ist wieder einmal geschickt um eine wirkliche Preisregulie- rung der Arzneimittel herumgekommen. Das glauben Sie nicht? Im Spiegel vom 15. März – auch Herr Rösler hat gerade aus dem Spiegel zitiert – ist der Vorsitzende des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie, Bernd Wegener, zitiert. Er sagt dort wortwörtlich: Interessant, dass man uns zu unseren eigenen Vor- schlägen zwingen will. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Birgitt Bender für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Mi- nister Rösler, wenn man Ihnen zuhört, dann muss man sagen: Sie unterschätzen den IQ Ihres Publikums erheb- lich. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Besser als andersherum!) Denn wer soll glauben, was Sie da erzählen? Nach Ihrer Darstellung ist der Bankdirektor Mitglied der gesetzli- chen Krankenversicherung. Ha, ha! In Deutschland ist er in der Regel Mitglied einer privaten Krankenversiche- rung. Wollen Sie das ändern und ihn in das Solidarsys- tem einbeziehen? Nein, das wollen Sie nicht. Sie haben in den Koalitionsvertrag eine Bestandsgarantie für die PKV geschrieben. Also, was soll das Argument? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN) Ein kleiner Tipp: Da, wo es Kopfgeldsysteme, deren Fan Sie sind, gibt, nämlich in den Niederlanden und in der Schweiz, ist der Bankdirektor allerdings mit dabei, immerhin. Aber genau das will die FDP verhindern, um die Privilegien der Besserverdienenden zu verteidigen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Jetzt komme ich auf Ihr Rechenbeispiel zu sprechen. Nehmen wir einmal an, der Bankdirektor wäre tatsäch- lich in der GKV und zahlte die 296 Euro Kopfpauschale. Wie sähe es bei Ihrem Kopfgeldsystem aus? Dieser Bankdirektor würde in Zukunft 140 Euro oder 150 Euro zahlen. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Die hat es im- mer noch nicht kapiert!) Wenn man eine Grundschule besucht hat, dann weiß man, dass das die Hälfte von dem ist, was er bis dahin gezahlt hat. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD) Würde das durch Steuermittel kompensiert? Nein. Sie wollen die Steuern doch gar nicht erhöhen. Im Gegen- teil: Sie wollen den Spitzensteuersatz, den der Bank- direktor zahlt, auch noch reduzieren. Dennoch erzählen Sie hier etwas von Solidarität. Dazu sagt man in der Um- gangssprache: Hallo? (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LIN- KEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Jetzt passen Sie sich aber dem Niveau von Herrn Kuhn an!) Da stimmt doch etwas nicht. Herr Minister, immer wieder hört man hier von Ihnen – es ist schon ein Hammer –: Große Aufgaben liegen vor uns; ein robustes Finanzierungssystem brauchen wir. Was passiert? Sie setzen eine Kommission ein. Diese Kommission besteht noch nicht einmal aus Fachleuten; Fachkenntnis dürfte da eher hinderlich sein. Ihnen assis- tieren zwei FDP-Minister, die noch nie etwas vom Ge- sundheitssystem gehört haben, und Sie werden von fünf Ministern aus der Union misstrauisch überwacht. Sie sind vor allem in dieser Kommission, um zu verhindern, dass vor der NRW-Wahl irgendetwas Böses passiert. Bis dahin soll sowieso Ruhe sein. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Ist das eine gute Nachricht? Nein, ist es nicht. Es ist ein Skandal. Was ist denn mit dem Gesundheitssystem los? Allein in diesem Jahr fehlen 4 Milliarden Euro. Im nächsten Jahr sind es – das ist kein Geheimnis; das ha- ben Sie sich gerade vortragen lassen – 15 Milliarden Euro, die dem System fehlen. Woher könnte man dieses Geld nehmen? Ein Steuerzuschuss in Höhe von 15 Milliarden Euro? Haben Sie nicht. Beitragserhöhun- gen, etwa 1,5 Beitragssatzpunkte paritätisch? Wollen Sie nicht. Kopfgeld – dies lässt sich umrechnen in 25 Euro pro Person –: Genau das könnte Ihr Ziel sein. Aber da ist noch nicht eingepreist, dass der Finanzminister kommen und (Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble, kommt in den Saal – Heiterkeit) 2972 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Birgitt Bender (A) (C) (D)(B) im nächsten Jahr garantiert sagen wird: 16 Milliarden Euro Steuerzuschuss, darüber reden wir aber noch ein- mal. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Herr Schäuble, ich bin mir sicher, dass ich in Ihrem Sinne rede. Das, was die FDP plant, wird mit einem Fra- gezeichen versehen, und dann wird die Kopfpauschale, durch die einseitig die Versicherten belastet werden, noch einmal höher. Fazit: Ruhe ist nur bis zur NRW-Wahl am 9. Mai. Dann folgen vier weitere Sitzungen dieser Kommission. Diese Sitzungen wird man damit verbringen, einen Kompromiss zu inszenieren. Wie könnte dieser Kom- promiss aussehen? Den Testballon mit 29 Euro Kopf- pauschale, eingepreist 0,9 Beitragssatzpunkte, die bisher von den Versicherten gezahlt werden, haben Sie schon steigen lassen. Wie geht es dann weiter? Die Geringver- dienenden brauchen einen Sozialausgleich. In Ihrer Rechnung sind das 5 Milliarden Euro – Geld, das Sie nicht haben. Durchschnittsverdienende zahlen im Jahr 100 Euro mehr und Gutverdienende ab einem Einkom- men von 3 200 Euro würden entlastet. Ich gratuliere! Ich sage Ihnen, Herr Minister: Ein solcher Teilaus- stieg aus dem Solidarsystem ist ebenfalls ein Ausstieg. Natürlich verfolgen Sie damit das Ziel des Komplettaus- stiegs. Die Versicherten sollen in Zukunft höher belastet werden – das hat der Kollege Lotter vorhin mit bemer- kenswerter Unbefangenheit gesagt; da spürt man den politischen Neuling –, und die Arbeitgeber sollen an der Finanzierung nicht mehr beteiligt werden. Man glaubt, dass man mehr Geld ins System holen kann, wenn man den Versicherten in die Tasche langt. Das ist ungerecht, und es wird auch nicht funktionieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Sollen wir glauben, dass die CDU das nach den Wah- len in NRW verhindern wird? Nein! Die CDU wird sehr einverstanden sein. Sollen wir glauben, dass die CSU, die sich derzeit als Held des Solidarsystems gibt, das verhindern wird? Schauen wir uns einmal an, was Markus Söder letzte Woche im Bayerischen Landtag ge- sagt hat. Da wurde er von einer grünen Abgeordneten gefragt, wie er den Passus im Koalitionsvertrag interpre- tiere, dass man einkommensunabhängige Arbeitnehmer- beiträge wolle. Seine Antwort war so: Die Anforderung der Einkommensunabhängigkeit beziehe sich nicht auf den ganzen Krankenversicherungsbeitrag, sondern nur auf den Zusatzbeitrag, eine Kopfpauschale in ihrer reinen Form lehne er ab. Im Klartext: Eine kleine Kopf- pauschale ist mit der CSU sehr wohl zu machen. Diese Haltung unterscheidet sich aber gar nicht von dem, was Sie, Herr Minister, inzwischen sagen. Sie haben ja in- zwischen auch schon von der großen Ankündigung auf den kleinen Einstieg umgestellt. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kom- men. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mache ich. – Der CSU wird nur wichtig sein, dass das Geld aus dieser Kopfpauschale nicht in den Finanzaus- gleich der Kassen einbezogen wird, damit dieses Geld in Bayern hängen bleibt. Auch das ist dann wieder ein Stück Entsolidarisierung. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD) Wir glauben, dass diese Kommission dazu da ist, – Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Frau Kollegin! Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): – ein Theaterstück aufzuführen, bei dem das heraus- kommt, was ich eben gesagt habe. Wir werden das zu verhindern wissen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Kollege Rolf Koschorrek, CDU/ CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dr. Rolf Koschorrek (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind in den Beratungen zum ersten Haushalt der neuen Regierung und des neuen Ministers Rösler selbstbewusst an die Arbeit gegangen und haben deutlich gemacht, dass wir zu dem stehen, was vorher in der Gesundheits- politik gemacht worden ist, und dass es uns nicht darum geht, alles schlechtzureden, was vorher gelaufen ist, aber sehr wohl darum, die Dinge weiterzuentwickeln. Wir führen Bewährtes fort und wollen die Finanzierung an- gefangener Projekte auch in Zukunft weiter sicherstel- len. Ich nenne in diesem Zusammenhang die Verbesse- rung der Versorgung Pflegebedürftiger, die Förderung der Kindergesundheit und natürlich auch die Verbesse- rung der Versorgung chronisch Kranker. Kurz gesagt: Wir machen nicht alles anders, aber Vieles und Wesentli- ches deutlich besser. Wichtige Entscheidungen, die angesichts der Verän- derungen in unserer immer älter werdenden Gesellschaft und auch infolge der Einflüsse der Globalisierung nötig sind, wurden jahrelang aus ideologischen Gründen im BMG verhindert und verschleppt. Wir müssen jetzt längst überfällige Weichenstellungen vornehmen und haben keine Zeit mehr zu verlieren, um tragfähige und nachhaltige Lösungen auf den Weg zu bringen. Dabei geht es nicht allein um die zukunftsfeste Finanzierung unseres Gesundheitssystems, die seit Monaten im Zen- trum der öffentlichen Diskussion steht, oder um Einspa- rungen im Arzneimittelbereich. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2973 Dr. Rolf Koschorrek (A) (C) (D)(B) Ich rate den Kolleginnen und Kollegen der Opposi- tion, nicht immer jede Parole, die in irgendeinem sozia- listischen Kampfblatt montagmorgens durch den Äther geistert, (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meinen Sie den Spiegel? – Ewald Schurer [SPD]: Bayernkurier! Herz-Jesu- Marxisten! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Spiegel oder Bayernkurier?) hier gleich zur Grundlage bzw. zur Basis der Regie- rungspolitik zu machen, sondern einmal abzuwarten, was denn die sehr wohl kompetent besetzte Kommis- sion der Regierung berät. Wir werden im Laufe dieses Jahres einen entsprechenden Vorschlag auf dem Tisch haben und können diesen dann sicherlich auch mit dem von Herrn Lauterbach angekündigten durchgerechneten Konzept einer Bürgerversicherung seitens der SPD ver- gleichen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit dem, was wir gemeinsam mit Minister Rösler und der Regie- rungskommission dort entwickeln werden, am Ende zei- gen können, dass es nachhaltiger, gesellschaftlich ver- träglicher und vor allen Dingen auch gerechter sein wird. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Lassen Sie mich aber den Fokus auch auf einige an- dere Bereiche der Gesundheitspolitik der nächsten Mo- nate und auch Jahre richten. Wir haben uns einige Bau- stellen vorgenommen. Neben den mit der Neuordnung im Arzneimittelbereich verbundenen Einsparungen ha- ben wir noch mehr vor. Ich möchte einige Stichworte nennen: Wir werden uns der Sicherung der ärztlichen Versor- gung in der Fläche widmen. Wir werden neue Approbationsordnungen für Ärzte und Zahnärzte auf den Weg bringen. Wir werden den Aufbau einer telematischen Infra- struktur beschleunigen. Wir werden neue Gebührenordnungen zunächst im privatärztlichen und privatzahnärztlichen Bereich auf den Weg bringen. Als letzte Baustelle haben wir uns die Angleichung der zahnärztlichen Honorare zwischen Ost und West vorgenommen. Das sind nur einige Beispiele für die Bereiche, in de- nen wir umgehend Initiativen ergriffen haben. Wir arbei- ten daran, schnellstmöglich in Gesprächen mit den Be- troffenen zu tragfähigen Ergebnissen zu kommen. Die längst überfällige Novellierung der seit 1988 un- veränderten Gebührenordnung für Zahnärzte bringen wir als Erstes auf den Weg. (Zuruf von der SPD: Die armen Zahnärzte!) – Es geht nicht um arme Zahnärzte, liebe Kolleginnen und Kollegen, überhaupt nicht. Aber eine Gebührenord- nung, deren Inhalt in wissenschaftlich-fachlicher Hin- sicht seit 1988 nicht weiterentwickelt worden ist, erfüllt die Bedürfnisse der Versorgung für die Jahre 2010 und folgende nicht mehr. Zur Finanzierung dieses Bereichs kommen wir später. Es geht zunächst um das Definieren einer wissenschaftlichen Gebührenordnung, die drin- gend überfällig ist, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) und das nicht nur im zahnmedizinischen Bereich, son- dern auch im ärztlichen Bereich; denn die Gebührenord- nungen sind nicht mehr zeitgemäß – das müssen wir ak- zeptieren – und in Anbetracht der Tatsache, dass die derzeitige Gebührenordnung seit 1988 gilt, mache ich keinen Hehl daraus, dass die ein oder andere wirtschaft- liche Anpassung dieser Gebührenordnung erforderlich ist. Das werden wir in einer konstruktiven Zusammenar- beit zwischen Politik, Leistungserbringern, aber auch den Kostenerstattern im Bereich der privaten Kranken- versicherung sowie der Beihilfestellen lösen. Ich bin zu- versichtlich – die Vorgespräche sind gut verlaufen –, dass wir schon in den nächsten Wochen Eckpunkte ver- einbaren und zügig, möglichst noch im Laufe dieses Jah- res, vorschlagsreif entwickeln können. Die Gebühren- ordnung für Zahnärzte wird eine Blaupause für das sein, was im ärztlichen Bereich ansteht. Ich bin zuversicht- lich, dass wir auch dort zu tragfähigen und zukunftsfes- ten Konzepten kommen. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, was die Angleichung der Verhältnisse zwischen den neuen Bundesländern und den restlichen Bundesländern angeht, ist eine letzte Aufgabe übriggeblieben, und zwar die Angleichung der Honorare im zahnmedizinischen Bereich. Auch diese Aufgabe müssen wir angehen, das ist längst überfällig. Es ist nicht mehr zu rechtfertigen, dass unterschiedliche Honorare gezahlt werden, wenn man bedenkt, dass sich die Lebens- und Arbeitsverhält- nisse zum Großteil angeglichen haben, und auch vor dem Hintergrund, dass in allen anderen Bereichen eine Angleichung bereits durchgeführt worden ist. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Die Gesundheitspolitik darf sich nach unserer Über- zeugung den notwendigen Neuansätzen nicht länger ver- weigern. Die älter werdende Gesellschaft in Deutsch- land, die Folgen der globalisierten Wirtschaft und der medizinische Fortschritt, der allen Patienten in unserem Lande zugänglich sein und bleiben muss, verlangen von uns Mut für Neuerungen. Wir brauchen eine verbesserte telematische Infrastruktur. Angesichts der älter wer- denden Bevölkerung, aber auch angesichts der zuneh- menden Zahl von chronisch erkrankten Menschen, die dank des medizinischen Fortschritts länger leben und da- mit länger chronisch krank sind, können wir nicht darauf verzichten, uns der neuen technischen Möglichkeiten bei der Betreuung dieser Patienten zu bedienen. Wir müssen erhebliche Anstrengungen machen, dass die Infrastruktur für telematische Anwendungen in der Bundesrepublik verbessert wird. Wir haben das Pro- blem, dass wir durch die in Teilen sehr skurrile und auch durchaus unsinnige Diskussion über die Einführung und Organisation der E-Card in den letzten Jahren einiges an 2974 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Dr. Rolf Koschorrek (A) (C) (D)(B) Gelände verbrannt und Zeit verloren haben. Aber auch dort sind wir willens und in der Lage, die Bestandsauf- nahme sehr schnell voranzutreiben und zusammen mit den Kostenerstattern und Leistungserbringern tragfähige Konzepte zu erarbeiten, um zu schlanken Strukturen und datensicheren Verhältnissen zu kommen, um dafür zu sorgen, dass daraus weitere telemedizinische Entwick- lungen, Qualitäten und Schnittstellen definiert werden, sodass ein Wettbewerb um die beste Versorgung und die beste Qualität auf dem Markt stattfinden wird. Wir haben in den nächsten Jahren einiges vor. Unter anderem wollen wir als Querschnittsaufgabe zusammen mit den Kollegen aus dem Bereich des Bundesminis- teriums für Forschung und Bildung und des Wirtschafts- ministeriums dafür sorgen, unseren Nachholbedarf – zum Beispiel die Versorgungsforschung in der Bun- desrepublik Deutschland – zu beheben und diesen Be- reich nachhaltig auf eine bessere Grundlage zu stellen. In den Haushalten der drei Ministerien ist eine entspre- chende Steigerung der zur Verfügung stehenden Mittel vorgesehen. Wir haben eine gute Versorgung, aber um sie besser zu machen, müssen wir wesentlich mehr über die Ver- sorgungsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland wissen. Dieses Vorhaben werden wir auf den Weg brin- gen. Wir wollen, dass Deutschland auch in den nächsten Jahrzehnten eines der international besten Gesundheits- systeme behält. Nach all den Gesundheitsreformen der letzten Jahre, die hauptsächlich der kurzfristigen Kosten- senkung dienten, müssen wir das System nachhaltig neu justieren und nicht immer komplizierter, sondern trans- parenter machen und für alle Beteiligten die Mitwir- kungsmöglichkeiten deutlich verstärken. Deshalb rich- ten wir den Blick nach vorne und arbeiten für ein System, das über den Tag hinaus zukunftsfähig sein wird. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Karl Lauterbach für die SPD-Frak- tion. (Beifall bei der SPD) Dr. Karl Lauterbach (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich extra an das Ende der Rednerliste meiner Partei setzen lassen, (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Sie hätten sich auch streichen lassen können! – Heinz Lanfermann [FDP]: Das ist schon in Ord- nung!) weil ich auf die inhaltlichen Aussagen und Ankündigun- gen des Ministers reagieren wollte. Ich kann nur sagen: Das hat sich nicht gelohnt. Es ist nichts gesagt worden, worauf ich reagieren könnte. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Heinz Lanfermann [FDP]: Dann können Sie sich ja wieder hinsetzen! – Georg Schirmbeck [CDU/ CSU]: Einfach setzen!) Was haben wir gehört? Was haben wir gelernt? (Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Sie haben nichts gelernt!) Wir haben gelernt, dass es die Wahrheit ist, dass wir älter werden und das Gesundheitssystem teurer wird. Wer hat das je bestritten? Wir haben nicht einen einzigen konkre- ten Vorschlag gehört. Gar nichts. (Ulrike Flach [FDP]: Doch! Natürlich! Wo waren Sie denn?) Oder täusche ich mich? Ist hier jemand im Haus, der vom Minister heute einen einzigen konkreten Vorschlag zur Gesundheitspolitik gehört hat? (Zurufe von der SPD: Nein!) – Niemand. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das ist ein einziges Gegröle! – Lars Lindemann [FDP]: Ihr könnt beim nächsten Mal noch rote Fähn- chen mitbringen! – Ulrike Flach [FDP]: Sie müssen bei Herrn Gabriel gewesen sein!) Somit kann ich nur auf das reagieren, was ich schon vor der Rede wusste. Seit Mittwoch gibt es die Kommis- sion zur Gesundheitsreform. So soll die Kopfpauschale in Deutschland eingeführt werden. Das ist, wenn man so will, die Abrissbirne für unser Solidarsystem. Das ist, wenn man so will, ein Himmelfahrtskommando. Daher wird sofort das halbe Kabinett zur Verstärkung gerufen, um diese Aufgabe wuppen zu können, weil man ganz genau weiß, wie unbeliebt das ist. Es soll nicht den Aus- stieg aus der Kernenergie geben, sondern den Ausstieg aus dem Solidarsystem, aus einer gerechten und durch- finanzierten Gesundheitsversorgung, und das ist eine Aufgabe. Bei allem Respekt vor den zum Teil bereits eingear- beiteten, zum Teil fachfremden Ministern: Unterschät- zen Sie diese Aufgabe nicht. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Es ist so: Selbst 75 Prozent der FDP-Wähler lehnen die von Ihnen gewünschte Kopfpauschale ab (Ulrike Flach [FDP]: Das wollen wir ja auch nicht!) und 80 Prozent der Nicht-FDP-Wähler. Oder sollte ich vielleicht sagen: 75 Prozent der ehemaligen FDP-Wäh- ler lehnen diese Kopfpauschale ab? (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN] – Heinz Lanfermann [FDP]: Mit ehemaligen Wählern kennen Sie sich ja aus!) Herr Rösler, bei allem Respekt, Sie haben sich Sorgen gemacht über die Größe der „ehemals großen“ Volks- partei SPD. Zunächst einmal: Der Lack ist noch nicht Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2975 Dr. Karl Lauterbach (A) (C) (D)(B) ganz ab. Größer als Sie sind wir allemal. Machen Sie sich lieber Sorgen über Ihre zukünftige Größe und nicht über unsere. Wir sind im Aufwind, Sie sind im Abwind, (Ulrike Flach [FDP]: Also, in Nordrhein-West- falen nicht, lieber Herr Lauterbach!) und das verdanken wir unter anderem Ihrer Arbeit, Herr Rösler. (Beifall bei der SPD) Die einzige Verstärkung im Kabinett, die man sich hier gewünscht hätte, ich sage einmal: die einzige Fach- frau im Kabinett zur Kopfpauschale, ist nicht dabei. (Ulrike Flach [FDP]: Aber die Kopfpauschale wollen wir ja nicht!) Das ist nämlich Frau Merkel selbst. Frau Merkel ist da- für nicht dumm genug. Sie kennt den alten Spruch der Industrie: Einen Fehler zu machen, ist verzeihlich, aber wer den Fehler wiederholt, fliegt raus. Die Gefahr ist hier groß; denn Frau Merkel, die Bundeskanzlerin, ist mit der Kopfpauschale schon einmal auf die Nase gefal- len. Sie wird zusehen, wie es Herrn Rösler ergeht. Sie selbst wird sich daran nicht die Finger verbrennen. Das Leipziger Programm hat die Union damals Stimmen ohne Ende gekostet. Das ist der Weg, den die FDP jetzt antritt. Das ist das, was Ihnen bei der Nordrhein-West- falen-Wahl bevorsteht. Erinnern Sie sich an meine Worte. (Beifall bei der SPD) Was soll bis zur NRW-Wahl passieren? Mit Täu- schungsmanövern soll in der Öffentlichkeit die Absicht der Kommission verschleiert werden. Mal heißt es, die Kopfpauschale ist gar keine Kopfpauschale, sondern nur eine Prämie pro Kopf. Aber worin liegt der Unterschied zwischen einer Pauschale pro Kopf und einer Kopfpau- schale? (Ulrike Flach [FDP]: Sie werden das nie begreifen!) Ich frage Sie: Was sollen diese billigen semantischen Tricks? Wen glauben Sie damit noch täuschen zu kön- nen? Dann heißt es, es gäbe einen Sozialausgleich. Man kann aber nicht sagen, wer diesen bezahlt, wie er bezahlt und wie lange er bezahlt wird. Das Einzige, was wir hö- ren, ist, dass er automatisch fließen soll. Das erinnert mich an den biblischen Spruch von der wundersamen Brotvermehrung. Bitte machen Sie sich doch nichts vor: Wenn nicht klar ist, wer bezahlt, woher das Geld kommt, wenn Bund, Länder und Kommunen pleite sind, was soll denn dann automatisch fließen? Das ist doch plumpe Wählertäuschung. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: Das ist Kasperletheater, was Sie machen!) Daher würde es mich schon interessieren, was Herr Schäuble wirklich über diese Pläne denkt, was hier sei- ner Meinung nach wirklich gespielt wird, wer das seiner Meinung nach bezahlen soll. Hier werden bis zu 35 Milliarden Euro notwendig. Aber wir befinden uns im Prinzip in einer Situation, in der wir knapp an einem Nothaushalt vorbeischrammen. (Lachen des Abg. Heinz Lanfermann [FDP]) Was haben wir in der Gesundheitspolitik bisher er- lebt? Wir haben nur eine allgemeine Verunsicherung der Bevölkerung erlebt (Lars Lindemann [FDP]: Die Sie betreiben!) und einen absurden Vorschlag zum Thema Pharma- industrie. (Heinz Lanfermann [FDP]: Es sind doch Ihre falschen Informationen, die die Leute verunsi- chern!) Den Vorschlag, den die Pharmaindustrie selbst unterbrei- tet hat, wollen Sie uns jetzt verkaufen. Bei dem Vor- schlag geht es darum, dass die Pharmaindustrie wie die Teppichhändler erst die Preise um 20 Prozent erhöht, was dann wieder zurückverhandelt werden soll. Dieser Vorschlag ist so schlecht, dass sich sogar die Teppich- händler bei mir beschwert haben, dass sie mit den unse- riösen Geschäftspraktiken der FDP nicht in Zusammen- hang gebracht werden wollen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Ab- geordneten der LINKEN) Wenn es so weit ist – bei allem Respekt vor dieser Handelsgruppe; nicht alle Teppichhändler sind unseriös; (Elke Ferner [SPD]: Aber die FDP schon!) auch das sind Wähler –, dass selbst die Teppichhändler die ehemalige Wirtschaftspartei FDP schmähen, wie weit ist es gekommen, wie weit sind die Vorschläge, die wir heute hören, von einer seriösen Gesundheits-, Haus- halts- und Finanzpolitik entfernt? Wir hören keinen ein- zigen konkreten Vorschlag. Die Vorschläge, die wir hö- ren, sind entweder unseriös oder nicht finanzierbar oder beides. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Demnächst sollen bis zu 35 Milliarden Euro aus ei- nem – ich nenne es einmal so – automatischen Sozial- ausgleich kommen. (Ulrike Flach [FDP]: Das haben Sie schon gesagt!) Dabei sind Sie nicht in der Lage, die sinnvollen Vorbeu- geprogramme, die jetzt laufen, ausreichend zu finanzieren. Sie müssen in diesem Haushalt 500 000 Euro bei Program- men für Bewegung und ausgewogene Ernährung sparen. Sie sparen 400 000 Euro bei der Armutsbekämpfung. Sie schränken um 1,24 Millionen Euro bei Programmen gegen den Drogenmissbrauch ein. 400 000 Euro sparen Sie bei der Bekämpfung von HIV-Infektionen. Sie müssen bei den Kränksten und Ärmsten einzelne kleine Eurobeträge einsammeln. Sie müssen die Vorbeugung beschneiden, 2976 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Dr. Karl Lauterbach (A) (C) (D)(B) und erzählen uns hier Märchen über einen – nicht finan- zierten – automatischen Sozialausgleich, (Ulrike Flach [FDP]: Sie erzählen wirklich gerade Unsinn, Herr Lauterbach!) für den niemand zahlen wird, zuletzt der Gutverdie- nende, der von Ihren Steuervorschlägen noch eine Ent- lastung erwartet. Auch das ist ein Teil der Wahrheit. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Dr. Karl Lauterbach (SPD): Ich komme zum Ende; dies wird mein letzter Satz. – Die Wahrheit ist: Wir werden älter, und die Gesundheits- versorgung wird teurer. Aber die Wahrheit ist auch: Es darf nicht allein um die Entlastung der Arbeitgeber und der Gutverdiener gehen. Es muss auch um die Weiter- führung eines Solidarsystems gehen, auf welches wir bisher gemeinsam stolz waren. Das werden Sie auch mit der Abrissbirne, mit Ihrem gesamten halben Kabinett nicht abreißen können. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: Das war nun ein dickes Ende!) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Rudolf Henke für die CDU/CSU- Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Rudolf Henke (CDU/CSU): Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Lauterbach, Sie waren jetzt vier Jahre lang in der Schmollecke der SPD-Fraktion. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das wäre das erste Mal in meinem Leben gewesen!) Vier Jahre lang haben Sie hinnehmen müssen, dass Ulla Schmidt die Gesundheitspolitik gestaltet hat. Sie hatten vier Jahre Zeit, sich auf den Zeitpunkt der Übernahme der gesundheitspolitischen Führungsrolle in der SPD vorzubereiten. Wie schlecht haben Sie sich eigentlich in den vier Jahren vorbereitet, um jetzt in dieser Haushalts- debatte eine solche Rede zu halten? (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Hier hätten Sie auftrumpfen können. Hier hätten Sie die ganze Kritik, die Sie seit einem halben Jahr vortra- gen, und Ihre Alternative beschreiben können. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Sie regieren doch! Wer stellt denn die Regierung? Regieren wir oder Sie? – Elke Ferner [SPD]: Sie regie- ren!) Hier hätten Sie sagen können, wie Ihr Konzept einer Bürgerversicherung aussieht. Aber weder Sie erläutern Ihr Konzept einer Bürgerversicherung noch die Grünen noch die Linke. Sie tun nur eines: Sie versuchen, mit Blick auf den Muttertag, auf den Termin der nordrhein- westfälischen Landtagswahl, (Elke Ferner [SPD]: Nein, das machen Sie!) durch das Erzeugen von Verhetzungspotenzial Stim- mung zu machen, Punkte zu machen, eine unsachliche Debatte zu führen und in diese Wahlauseinandersetzung einzugreifen. (Lachen bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Sie missbrauchen diese Haushaltsdebatte zum Wahl- kampf. (Zuruf von der LINKEN: Wählerhetzer! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Populismus!) Um das zu verdecken, arbeiten Sie mit semantischen Tricks, die unglaublich sind. (Elke Ferner [SPD]: Nehmen Sie einmal ein Blutdruckmittel!) Verehrter Herr Kollege Lauterbach, Sie können das eigentlich besser. Eigentlich sind Sie in der Lage, zu un- terscheiden. (Ewald Schurer [SPD]: Sie scheinbar nicht! Sie nicht! Kein Vorschlag!) – Ich bin sehr gut in der Lage, zu unterscheiden. – Ich habe mir genau gemerkt, (Ewald Schurer [SPD]: Wieder nicht! Ein Wahnsinn!) dass Herr Lauterbach hier behauptet und in den Mittel- punkt stellt, dass die Politik der Koalition darauf gerich- tet sei, den Ausstieg aus dem Solidarsystem herbeizu- führen. (Elke Ferner [SPD]: Ja, natürlich!) Ich sage Ihnen: Das, was Sie mit Ihrer Bürgerversiche- rung anstreben, ist die Vorbereitung auf einen Ausstieg aus dem Solidarsystem. Ich werde Ihnen jetzt erklären, warum. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Herr Kollege, gestatten Sie vorher eine Zwischen- frage des Kollegen Lauterbach? Rudolf Henke (CDU/CSU): Ja, natürlich. Wenn mir das nicht von der Redezeit ab- gezogen wird, gerne. Dr. Karl Lauterbach (SPD): Herr Henke, ich bin konkret gewesen und habe ein paar Vorschläge gemacht. Aber hier ist niemand, der sich Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2977 Dr. Karl Lauterbach (A) (C) (D)(B) mit den Vorschlägen von Herrn Rösler beschäftigt hat. Tragen Sie doch Ihre eigenen Vorschläge vor, (Beifall bei Abgeordneten der SPD) ob positiv oder negativ, was auch immer. Aber ich bin doch noch nicht der Minister, (Heiterkeit – Heinz Lanfermann [FDP]: Gott sei Dank! – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Um Himmels willen! Dazu darf es niemals kommen!) sondern Herr Rösler ist der Minister. Wo sind denn Ihre konkreten Vorschläge? Nennen Sie Ihre eigenen Vor- schläge. Wir regieren doch noch nicht, Herr Henke. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Rudolf Henke (CDU/CSU): Lieber Herr Lauterbach, das, was Sie in den Mittel- punkt der Debatte stellen, ist doch die Frage, (Zuruf von der SPD: Kommen jetzt mal Vorschläge?) ob mit einem steuerfinanzierten Sozialausgleich, (Elke Ferner [SPD]: Wer will den denn?) wie er in allen Vorschlägen der Koalition und in der ge- samten Philosophie des Gesundheitsministers enthalten ist, oder mit einem beitragsfinanzierten Sozialausgleich besser auf die heutige Situation reagiert werden kann. Das, was Sie immer in den Vordergrund rücken, ist, dass Sie unter allen Umständen und egal zu welchen Kosten und Bedingungen am beitragsfinanzierten Sozialaus- gleich als dem einzigen Instrument festhalten wollen, dem Sie überhaupt attestieren, das Prädikat „solidarisch“ zu verdienen. Genau damit zementieren Sie eine finan- zielle Engführung dessen, was im Gesundheitswesen zu leisten ist. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie gesagt haben, es besteht Konsens darüber, dass wir eine Alterung der Be- völkerung zu verzeichnen haben und dass der demogra- fische Wandel seinen Preis verlangt. Ich bin Ihnen dank- bar dafür, dass Sie sagen, der medizinische Fortschritt führt dazu, dass das Gesundheitswesen teurer wird. Aber dann müssen Sie doch auch eine Antwort auf die Frage geben, wie Sie in dem von Ihnen propagierten Alterna- tivmodell einer Bürgerversicherung den Solidaraus- gleich verbessern wollen. (Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie doch erst einmal, wie hoch Ihre Kopfpauschale sein wird!) Mit genau dieser Frage möchte ich mich jetzt gerne auseinandersetzen, weil sie die Kernfrage ist: Brauchen wir bei der Finanzierung der Gesundheitsversorgung eine Stärkung der steuerfinanzierten Anteile, oder brau- chen wir eine Konzentration allein auf die Beitragsfinan- zierung? Das ist die Kernfrage. (Zuruf von der SPD: So ist es!) Sie weigern sich natürlich, Ihr angeblich klug konstru- iertes Modell auch nur ein einziges Mal konkret zu be- schreiben, (Elke Ferner [SPD]: Legen Sie doch auch mal etwas vor!) weil Sie wissen, dass dieses Modell ohne Zukunft ist, wenn die Bürger erfahren, wie Ihr Modell konkret aus- sieht. (Ewald Schurer [SPD]: Sie haben doch jetzt die Mehrheit! Sie müssen jetzt regieren! Aber Sie machen es nicht!) Sie wissen, dass es verfassungsrechtlich völlig ausge- schlossen ist, eine Bürgerversicherung einzuführen, in der Abgaben erhoben werden, für die das Äquivalenz- prinzip verlassen wird. Aber Sie täuschen die Bürger, indem Sie sie darüber im Unklaren lassen. (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Elke Ferner [SPD]: Nein! Sie lassen die Bürger im Unklaren!) Von der vermeintlich idealen Solidaritätsleistung in der Bürgerversicherung sind gerade die ausgenommen, denen es am besten geht, während gleichzeitig die durchschnittliche Belastung der mittleren Schichten weit stärker steigt, als es bei jedwedem einkommensunabhän- gigen Beitrag mit sozialem Ausgleich je der Fall sein könnte. Wo wir soziale Verantwortung ernst nehmen, da set- zen Sie sich für ein Modell ein, das nichts und nieman- den so sehr schont wie den leistungslosen Wohlstand. (Elke Ferner [SPD]: Ach! Das ist doch Quatsch!) Mittwochs beklagen Sie hier den leistungslosen Wohl- stand, und freitags werben Sie mit Ihrem Eintreten für die Bürgerversicherung dafür, leistungslosen Wohlstand zu belohnen. Unsere Überzeugung ist, dass eine Zusatz- finanzierung, in der Steuermittel den Sozialausgleich or- ganisieren, eine stärkere Beteiligung derer sicherstellt, die auf der sonnigsten Seite des Lebens stehen. Das ist der Unterschied: Wir nehmen das Solidaritätsgebot ernst, aber Sie tun nur so, als nähmen Sie es ernst, und versuchen, ein Verwirrspiel zu spielen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Elke Ferner [SPD]: Sie wollen den Sozialstaat platt- machen! Das ist die Wahrheit!) Herr Lauterbach, vielleicht gestatten Sie mir, dass ich Ihnen in Erinnerung rufe, was die SPD-Fraktion zu Zei- ten Ihrer Vorgänger über die Bürgerversicherung gedacht hat: Eine ganz entscheidende Frage bei der Bürgerversi- cherung ist, bis zu welchem Einkommen Beiträge gezahlt werden müssen. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Darum geht es heute doch überhaupt nicht! Es geht um Ihre Vorschläge!) Hier gibt es die Überlegung, die Beitragsbemes- sungsgrenze deutlich anzuheben oder sie ganz auf- zuheben. Das wird uns aus verfassungsrechtlichen Gründen aber nicht gelingen. Man kann nicht die Beitragsbasis beliebig ausweiten, ohne die Leistun- 2978 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Rudolf Henke (A) (C) (D)(B) gen anzupassen. Das hat das Bundesverfassungsge- richt in mehreren Urteilen deutlich gemacht. Daher wird die Grenze wohl in der Nähe des heutigen Be- trags … bleiben … Das heißt, auch bei einer Bür- gerversicherung werden die Gutverdienenden auf einen großen Teil ihres Einkommens keine Beiträge zahlen. (Ulrike Flach [FDP]: So ist es! Das ver- schweigt die SPD!) Besonders deutlich wird das Problem, wenn auch noch Zinsen oder Mieteinnahmen einbezogen wer- den. Davon sind dann nämlich nur die Bezieher von geringen und mittleren Einkommen betroffen. Die Reichen werden verschont. Das ist nicht das, was ich mir unter einer guten Bürgerversicherung vor- stelle. Das hat Frau Schaich-Walch, damals stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, im Jahr 2003 erklärt. (Zuruf von der SPD: Fast zehn Jahre her!) Daran hat sich nichts geändert. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen. Rudolf Henke (CDU/CSU): Ja. – Wir haben diese Debatte fortgeführt. Deswegen sind wir überzeugter denn je, dass es richtig ist, den Soli- darausgleich stärker auf Steuermittel abzustellen, als Sie es wollen. (Widerspruch bei der SPD) Das ist der konzeptionelle Unterschied, der in dieser De- batte deutlich wird. (Zuruf von der SPD: Wieder nichts Neues!) Ich bedanke mich sehr für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel- plan 15 – Bundesministerium für Gesundheit – in der Ausschussfassung. Hierzu liegen drei Änderungsan- träge der Fraktion Die Linke vor, über die wir zuerst ab- stimmen. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck- sache 17/1037? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Änderungsantrag ist bei Zustimmung der Fraktion Die Linke mit den Stimmen des übrigen Hauses abgelehnt. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck- sache 17/1038? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit der gleichen Mehrheit wie zuvor abgelehnt. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck- sache 17/1039? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Fraktio- nen der CDU/CSU, der FDP und von Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Linksfraktion bei Stimmenthaltung der SPD abgelehnt. Wir kommen nun zu der Abstimmung über den Einzelplan 15 in der Ausschussfassung. Wer stimmt da- für? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Einzelplan 15 ist mit den Stimmen der beiden Koali- tionsfraktionen gegen die Stimmen der drei Oppositions- fraktionen angenommen. Ich rufe auf: Einzelplan 32 Bundesschuld – Drucksache 17/621 – Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Barthle Carsten Schneider (Erfurt) Otto Fricke Dr. Gesine Lötzsch Alexander Bonde Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wir kommen daher gleich zur Abstimmung über den Einzelplan 32 – Bundesschuld – in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Einzelplan ist mit den Stimmen der beiden Koalitions- fraktionen gegen die Stimmen der drei Oppositionsfrak- tionen angenommen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe jetzt auf: Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung – Drucksache 17/622 – Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Barthle Carsten Schneider (Erfurt) Otto Fricke Dr. Gesine Lötzsch Alexander Bonde Auch hier ist eine Aussprache nicht vorgesehen. Bevor wir dem Einzelplan 60 in der Ausschussfas- sung zustimmen können, müssen wir über zwei Ände- rungsanträge befinden, die die Fraktion Die Linke einge- bracht hat. Wir kommen zunächst zu dem Änderungsantrag auf der Drucksache 17/1040. Wer stimmt gegen diesen Än- derungsantrag? – Wer enthält sich? – Damit ist der Än- derungsantrag abgelehnt. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf der Drucksache 16/1041? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent- hält sich? – Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Wir stimmen jetzt über den Einzelplan 60 – Allge- meine Finanzverwaltung – in der Ausschussfassung ab. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2979 Präsident Dr. Norbert Lammert (A) (C) (D)(B) Stimmt jemand gegen diesen Einzelplan 60? – Wer ent- hält sich? – Der Einzelplan ist in der Ausschussfassung damit mehrheitlich angenommen. Ich rufe nun auf: Haushaltsgesetz 2010 – Drucksachen 17/624, 17/625 – Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Barthle Carsten Schneider (Erfurt) Otto Fricke Roland Claus Alexander Bonde Auch hier ist eine Aussprache in der zweiten Bera- tung nicht vorgesehen. Wir kommen daher gleich zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz in der Ausschussfassung. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die Linke auf der Drucksache 17/1009 vor, über den wir zuerst abstim- men. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Änderungs- antrag ist mit Mehrheit abgelehnt. Wer stimmt für das Haushaltsgesetz 2010 in der Aus- schussfassung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Das Haushaltsgesetz ist mit der Mehrheit der Koalition gegen die Oppositionsfraktionen angenom- men. Wir kommen nun zum Finanzplan des Bundes 2009 bis 2013 auf den Drucksachen 16/13601 und 17/626. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/626, den Finanzplan zur Kenntnis zu nehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die erkenn- bar große Mehrheit des Hauses ist bereit, den Finanzplan zur Kenntnis zu nehmen, was hiermit so protokolliert wird. Ich rufe den Tagesordnungspunkt II auf: Dritte Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsgesetz 2010) – Drucksachen 17/200, 17/201, 17/601 bis 17/616, 17/619 bis 17/622, 17/623, 17/624, 17/625, 17/1077 – Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Barthle Carsten Schneider (Erfurt) Otto Fricke Roland Claus Alexander Bonde Es wurden insgesamt 13 Entschließungsanträge ein- gebracht, über die wir nach der Schlussabstimmung ab- stimmen werden. Ich weise darauf hin, dass wir später über das Haushaltsgesetz sowie über einen Entschlie- ßungsantrag der Fraktion der SPD namentlich abstim- men werden. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache zwei Stunden vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile der Kollegin Petra Merkel für die SPD-Fraktion das Wort. (Beifall bei der SPD) Petra Merkel (Berlin) (SPD): Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Schlussrunde der ersten Lesung des Haushalts 2010 im Januar stand ich auch hier und habe gesprochen. Wenn ich jetzt über- lege, was in den letzten acht Wochen dazwischen pas- siert ist, dann stelle ich fest, dass wir lange und intensive Beratungen hinter uns haben. Die einzelnen Fachausschüsse haben zum Haushalt 2010 getagt. Meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Haushaltsausschuss haben in Berichterstatterrunden be- raten. Vor allen Dingen gab es lange Sitzungen im Haus- haltsausschuss: 8 Sitzungen, runde 80 Stunden, über 1 130 Anträge haben wir im Haushaltsausschuss abge- stimmt, damit wir hier im Plenum in dieser Woche die abschließenden Beratungen des Haushalts 2010 durch- führen konnten. Wir sind jetzt wenige Meter vor dem Ziel. „Sind Sie denn mit dem Ergebnis zufrieden?“, wurde ich am Tag nach der Bereinigungssitzung von der Presse gefragt. Na ja, ich war erst einmal froh, dass ich nach der 14-stündigen Bereinigungssitzung, die erst gegen 3.30 Uhr morgens beendet war, wieder aus den Augen gucken konnte. Das ging sicherlich allen Kolleginnen und Kollegen so. Natürlich kann kein Haushälter und keine Haushälterin mit einer Nettokreditaufnahme von 80,2 Milliarden Euro zufrieden sein. (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist wahr!) Das ist nun einmal eine Rekordverschuldung. (Otto Fricke [FDP]: Stimmt!) Das ist wahrlich kein Grund zum Jubeln. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) Jetzt kommt sicherlich der Hinweis darauf, dass im Verlauf der parlamentarischen Beratungen immerhin 5,6 Milliarden Euro eingespart werden konnten. Ja, das stimmt. (Otto Fricke [FDP]: Auch das!) Aber das ist nicht Ihr Verdienst, liebe Kolleginnen und Kollegen von der schwarz-gelben Koalition. Das ist auf eine bessere Konjunktur und auf zum Glück weniger Ausgaben für Arbeitslosigkeit zurückzuführen. 80,2 Milliarden Euro schmerzen mich besonders, weil Peer Steinbrück 2008 dicht vor dem Ziel war, keine neuen Schulden mehr aufnehmen zu müssen. Dann kam die Finanz- und Wirtschaftskrise. Wir haben gehandelt. Wir mussten riesige Summen in die Hand nehmen und wieder Schulden machen, um der Krise zu begegnen. 2980 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Petra Merkel (Berlin) (A) (C) (D)(B) Das war erfolgreich. Die Konjunkturpakete haben ge- wirkt, die Kurzarbeit ist ein gutes Instrument, die wirt- schaftliche Entwicklung verlief besser als erwartet. Der Haushalt 2009 – Steinbrücks letzter – konnte mit fast 15 Milliarden Euro geringerer Schuldenaufnahme als geplant abgeschlossen werden. So weit zum vergange- nen Jahr. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Davon profitieren jetzt Sie von der schwarz-gelben Koalition. Sie haben erst einmal noch einen kräftigen Schluck genommen, statt sofort die zusätzlichen Einnah- men zu nutzen und auf die Schuldenaufnahme zu verzichten; denn das neue Jahr begann mit dem Inkraft- treten Ihres schwarz-gelben Wachstumsbeschleuni- gungsgesetzes, das seinem Namen nicht gerecht werden wird. Selbst der Sachverständigenrat mahnt Sie in sei- nem Jahresgutachten, die Zukunft nicht aufs Spiel zu setzen. Zurück zu den 80,2 Milliarden Euro Nettoneuver- schuldung in diesem Jahr. Ein Leitartikel in der Berliner Morgenpost – wahrlich kein sozialistisches Kampfblatt, Herr Koschorrek – stammt von Jochim Stoltenberg und ist überschrieben mit: „Ein Haushalt ohne politischen Ehrgeiz“. Ich zitiere daraus: Das können die Schönfärber in der schwarz-gelben Koalition selbst wohl nicht ganz ernst meinen: Als Sparkurs zu bewerten, was jetzt nach den soge- nannten Bereinigungsverhandlungen im Haushalts- ausschuss mit den Stimmen von CDU, CSU und FDP für den Bundesetat 2010 beschlossen worden ist, kommt im freundlicheren Betrachtungsfall ritu- alhafter Parteilichkeit gleich, bei realistischer Bewertung verantwortungsloser finanzpolitischer Ignoranz. Ich habe mich morgens nach der Bereinigungssitzung mit kleinen Augen, aber wachem Verstand immer wieder gefragt: Warum hat Schwarz-Gelb nicht wenigstens ver- sucht, unter 80 Milliarden Euro Neuverschuldung zu bleiben? Warum ist es nicht „nur“ eine Verschuldung, die im Bereich der 70er-Marge bleibt? Meine Erfahrun- gen in einer Regierungsfraktion liegen ja noch nicht so lange zurück. Ich bin mir sicher, Peer Steinbrück hätte uns getrieben, dass wir unter 80 Milliarden Euro kom- men – ganz sicher. (Beifall bei der SPD – Otto Fricke [FDP]: Egal, ob vernünftig oder nicht: Ihr hättet das einfach gemacht! Hauptsache 79, weil sich das besser anhört! So seid ihr!) Was fällt auf? Bei Steinbrück lag die strukturelle Verschuldung, nämlich die Verschuldung, die Investi- tions- und Wachstumsförderung bedingt, bei knapp 40 Milliarden Euro. Ihre liegt jetzt bei 68 Milliarden Euro. Sie müssen doch erklären, warum Sie trotz besse- rer wirtschaftlicher Entwicklung und trotz einer nicht so stark wie befürchtet gestiegenen Arbeitslosigkeit eine so hohe Verschuldung aufnehmen. Sie hätten locker unter eine Neuverschuldung von 80 Milliarden Euro kommen können. Wenn Sie gewollt hätten, dann hätten Sie durch- aus bei 77 bis 78 Milliarden Euro landen können. Das al- les hat mit der Schuldenbremse zu tun. Vom Haushalt 2011 an gilt die Schuldenbremse, das Ergebnis der Föderalismuskommission II. Ich war dort Mitglied und kann mich gut an die Verhandlungen erin- nern. Damals war die Haltung der Vertreter von Schwarz und der Vertreter von Gelb – noch nicht in einer Koali- tion, aber ganz im Geiste eines unsichtbaren Bandes – eindeutig: Erklärtes Ziel war die Nullschuldenregel. Der Staat sollte keinen Puffer haben und keine strukturellen Schulden aufnehmen dürfen, also nicht die Möglichkeit haben, Investitionen und Wachstum mit Schulden zu för- dern – weder der Bund noch die Länder. Die Regel konnte gar nicht streng genug sein. Und jetzt dieses Er- gebnis im Haushalt 2010! Eines steht fest: Mit diesem Haushalt verschafft sich Schwarz-Gelb ein Polster. Mit diesem Haushalt legt Schwarz-Gelb die Höhe der Stufen für die nächsten sechs Jahre fest; denn 2016 muss eine Neuverschuldung in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ein- gehalten werden. Anders ausgedrückt: 2016 dürfen die strukturellen Schulden nicht höher als ungefähr 8 Milliarden Euro sein. Das bedeutet pro Jahr durch- schnittlich 10 Milliarden Euro bis zu 15 Milliarden Euro – wenn die Zinsen steigen – Kürzungen im Haushalt. Sie schaffen sich jetzt das Polster, aus dem Sie dann zumin- dest in den ersten Jahren wie bei einer Luftmatratze die Luft rauslassen können. (Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD] – Otto Fricke [FDP]: Großer Applaus!) Ich komme jetzt zum nächsten Punkt. Das ist Haus- haltstechnik. Hier sehe ich gerade uns Haushälter gefor- dert. Gerade bei einer so hohen Neuverschuldung müs- sen wir viel stärker als früher den tatsächlichen Mittelabfluss kontrollieren. Man wirft uns ja durchweg in allen Fraktionen Buch- haltermentalität vor. Manchmal ist Buchhaltung aber ganz gut. Wir müssen das Soll durchgehend mit dem Ist vergleichen. Wir müssen den aktuellen Stand des gesam- ten Haushalts regelmäßig bei der Verwaltung abfragen und von ihr erhalten. Nur so können wir Haushälter er- kennen, wo die Mittel abfließen, wo Reste sind und wo Luft ist. Es reicht nicht mehr aus, einmal im Jahr die Liste mit den Istmitteln in die Hand zu bekommen. Wir wissen doch: Der Bund hat kein Geld, die Kom- munen erst recht nicht, und die Länder auch nicht. Ge- rade weil das so ist, muss es zumindest jetzt einen Kon- sens dahin gehend geben, dass die Steuern in allen Bundesländern in gleichem Maße erhoben werden müs- sen, Stichwort: Bundessteuerverwaltung. Meine Frak- tion hat sich im Rahmen der Föderalismuskommission dafür eingesetzt, dieses Thema endlich in Angriff zu nehmen. Schätzungen zufolge wurde von jährlichen Mehreinnahmen in Höhe von mindestens 8 Milliarden Euro ausgegangen. Die Bundessteuerverwaltung bringt auch eine Vereinfachung und eine Entbürokratisierung mit sich. Herr Finanzminister Schäuble, auch Sie müssen ein Interesse daran haben. Diskutieren Sie mit Ihren Kol- leginnen und Kollegen aus den Ländern, auf welche Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2981 Petra Merkel (Berlin) (A) (C) (D)(B) Weise Steuern zu erheben sind. Diskutieren Sie mit ih- nen bitte noch einmal über eine Regelung in Bezug auf eine Bundessteuerverwaltung. Es gibt verschiedene Mo- delle; diese liegen alle vor. Es ist wirklich ein Skandal, wenn in einem Bundes- land Steuerfahnder aus dem Amt gedrängt oder gemobbt werden, weil sie zu erfolgreich sind. In einer Zeit, in der diskutiert wird, ob Steuerdaten-CDs aus der Schweiz ge- kauft werden, um so Steuerhinterzieher zu verfolgen, müssen wir im eigenen Land doch alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die dem Staat zustehenden Steuern zu erhalten. (Beifall bei der SPD) Ich komme zum Schluss. Für mich war es eine Pre- miere; denn es war der erste Etat, den ich als Vorsitzende des Haushaltsausschusses begleiten konnte. Deshalb möchte ich mich jetzt bei einigen Menschen bedanken: Herr Finanzminister Schäuble, ich danke Ihnen ganz be- sonders, dass Sie heute an der Abschlussrunde teilneh- men. Gestatten Sie mir außerdem ein ganz persönliches Wort: Wir alle haben uns Sorgen um Sie gemacht. Wir hoffen sehr, dass Sie die nächste Zeit nutzen, um Kraft zu tanken, und sich diese Zeit auch nehmen können. Sie haben harte Wochen und Monate vor sich. Denn Sie müssen Ihre Kolleginnen und Kollegen von einem rigi- den Sparkurs überzeugen. (Otto Fricke [FDP]: Nein! Überzeugen muss er nicht!) Dafür wünschen wir Ihnen viel Erfolg. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ich möchte mich ganz offiziell bei meinen Kollegin- nen und Kollegen im Haushaltsausschuss für die gute Zusammenarbeit bedanken. Mein Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des gesamten Haus- haltsausschusssekretariats, die die langen Sitzungen vor- bereitet, nachbereitet und uns während der Sitzungen bis in die Morgenstunden begleitet haben. Einige von ihnen haben hinter der Bundesratsbank Platz genommen. (Beifall) Ich bedanke mich außerdem bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien, beim Parlamentari- schen Staatssekretär Steffen Kampeter, beim Rech- nungshof und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen sowie aus den Abgeordnetenbüros. Auch wenn Sie es nicht so recht glauben: Ich freue mich schon auf die Beratungen für den nächsten Haushalt, die im Herbst stattfinden werden. Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Ich glaube ihr das!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Zunächst freuen wir uns auf die nächste Rede, die vom Kollegen Norbert Barthle für die CDU/CSU-Frak- tion gehalten wird. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) Ich weise vorsichtshalber darauf hin, dass die vorge- sehene Redezeit zur Verlesung des dicken Bandes, das Sie mitgebracht haben, sicher nicht reicht. (Heiterkeit) Norbert Barthle (CDU/CSU): In Ordnung. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will sagen: Heute ist ein schöner und ein guter Tag. (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ein schlechter Tag! – Zuruf von der LINKEN: Für wen denn?) Denn wir können heute den Bundeshaushalt 2010 ab- schließend beraten. Nach langer harter Arbeit wird er dem Bundespräsidenten und dem Bundesrat übergeben und somit in das Gesetzblatt gehievt. Damit endet nicht nur der Winter, sondern auch die vorläufige Haushalts- führung. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Lassen Sie mich nach diesen Beratungen zunächst al- len Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss und deren Mitarbeitern einen ganz herzlichen Dank aus- sprechen. Ich weiß, wie viel Arbeit dahintersteckt. Ich möchte auch dem Haushaltsausschusssekretariat, das uns unter neuer Führung hervorragend unterstützt hat, ganz herzlich danken: herzliches Dankeschön. Ich danke natürlich auch der Frau Vorsitzenden für die gute Füh- rung. Liebe Frau Kollegin, ich wünsche Ihnen noch eine jahrelange, vielleicht auch jahrzehntelange Ausübung dieser Aufgabe. (Heiterkeit und Beifall – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Keine Hoffnung!) Mein herzlicher Dank richtet sich auch an Bundes- finanzminister Wolfgang Schäuble und seine Staatsse- kretäre. Dies gilt natürlich auch für sein Haus, das uns unter neuer Führung bestens unterstützt hat. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Lassen Sie mich nun auf den Haushalt zurückkom- men. Die Fakten bleiben Tatsachen, auch wenn es von- seiten der Opposition immer wieder anders dargestellt wird. Wir befinden uns in einer historischen Krisen- situation. Dieser historischen Krisensituation ist auch eine historisch hohe Nettokreditaufnahme geschuldet. Das erfreut niemanden in diesem Hause, im Gegenteil. Nicht nur wir Haushälter sehen das mit großer Sorge und empfinden diesen Schuldenberg sozusagen fast als kör- perlich spürbare Last. Ich bin deshalb unserer Bundes- kanzlerin sehr dankbar, dass sie diese bedrückende Si- tuation in aller Deutlichkeit dargelegt hat. 2982 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Norbert Barthle (A) (C) (D)(B) Aber der Schuldenberg liegt nicht am mangelnden Sparwillen der christlich-liberalen Koalition, (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber auch!) weit gefehlt. Denn trotz der Krise haben wir die Netto- kreditaufnahme durch schwierige, schmerzhafte Ein- schnitte um 5,6 Milliarden Euro abgesenkt; (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hatten wir doch schon mal!) das sind 6,5 Prozent. Eigentlich waren es sogar 5,9 Milliarden Euro. Da wir aber auf der Einnahmeseite sehr vorsichtig kalkuliert haben, verbleiben 5,6 Milliar- den Euro. Nennen Sie mir eine andere Koalition als die der christlich-liberalen, die so etwas schon einmal ge- schafft hätte! Da werden Sie wahrscheinlich sprachlos bleiben müssen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Schauen wir uns einmal die Sparbemühungen der Op- position an. Denn eines muss festgehalten werden: Eine um 1 oder 2 Milliarden Euro niedrigere Nettokreditauf- nahme rettet die Welt nicht. Mehr war aber auch bei der Opposition nicht zu sehen. Schaue ich mir die Änderungsanträge der SPD an, stelle ich fest, dass mit ihnen unter dem Strich eine um 2 Milliarden Euro niedrigere Nettokreditaufnahme vor- gesehen ist als bei der Koalition. So weit, so gut. Bei ge- nauerer Betrachtung der Einzelpläne aber sieht man, dass in Summe 840 Millionen Euro mehr ausgegeben werden sollten, die Einsparungen aber nur durch niedri- gere Zins-ausgaben, eine globale Minderausgabe und un- realistisch angesetzte Steuermehreinnahmen erreicht werden sollten. Das sind, mit Verlaub, Luftbuchungen. (Bettina Hagedorn [SPD]: Stimmt ja gar nicht!) – Doch, schauen Sie es nach. Ähnlich sieht es bei den Grünen aus. Die Grünen wollten über alle Haushalte hinweg 14 Milliarden Euro mehr ausgeben. Auch hier sollten Einsparungen nur durch unrealistische Steuermehreinnahmen und eine um 1,1 Milliarden Euro geringer veranschlagte Position bei den Zinsausgaben erfolgen. Auch das sind Haus- haltstricks. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!) Dass die Grünen überdies im Verteidigungsetat mal eben 1,8 Milliarden Euro kürzen wollten, will ich nur am Rande erwähnen, vielleicht auch in Richtung des Kolle- gen Johannes Kahrs, der unsere Einsparungen vehement kritisiert hat, obwohl auch die SPD-Fraktion fast 140 Millionen Euro in diesem Etat einsparen wollte. Dann weiß der Kollege Kahrs, wo seine wahren Freunde sind. Jetzt lassen Sie mich noch auf die Linken blicken. Die Änderungsanträge der Linken zeigen, dass trotz einer Kürzungsorgie von 3,7 Milliarden Euro im Verteidi- gungsetat (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) unter dem Strich 44 Milliarden Euro mehr ausgegeben werden sollten, frei nach dem Motto: Im Himmel ist Jahrmarkt, wir schöpfen aus dem Vollen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Kollege Barthle, der Kollege Bonde wollte ver- mutlich zu Ihren Anmerkungen zu den Vorschlägen der Grünen noch eine Zwischenfrage stellen. Norbert Barthle (CDU/CSU): Gerne. Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege Barthle, sind Sie bereit, Ihre doch sehr reduzierten Lesekünste auf das gesamte Antragswerk der Grünen auszuweiten und zu bestätigen, dass wir mit den Haushaltskonzepten, die wir Ihnen vorgelegt haben, un- ter anderem durch den Abbau von klima- und umwelt- schädlichen Subventionen in Höhe von 9 Milliarden Euro und durch eine vorgeschlagene Reduzierung im Haushalt in einer Größenordnung von 4,7 Milliarden Euro, ein Paket geschnürt haben, mit dem wir einerseits belegt haben, dass wir sowohl die eine oder andere von uns gewünschte Investition mehr hätten tätigen können, aber andererseits auch gezeigt haben, dass die Netto- neuverschuldung für dieses Jahr um 7,5 Milliarden Euro niedriger hätte liegen können als bei Ihrer Rekordver- schuldung? Norbert Barthle (CDU/CSU): Lieber Herr Kollege Bonde, ich gehe gerne nochmals mit Ihnen jeden einzelnen Antrag der Grünen durch. Ich habe die Auflistung in meinem Büro; wir können sie uns gerne anschauen. Dann kann ich Ihnen zeigen, dass Sie zwar innerhalb der einzelnen Einzelpläne durchaus Ge- genfinanzierungen für die von Ihnen geplanten Mehraus- gaben vorgesehen hatten, dass aber über alle Einzelpläne hinweg – mit Ausnahme der Einzelpläne 32 und 60 – un- ter dem Strich 14 Milliarden Euro Mehrausgaben blie- ben. Das können wir uns gerne noch einmal anschauen; dann werden auch Sie vielleicht schlauer werden. – Danke. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vor diesem Hintergrund erscheinen viele der in dieser Woche hier aus den Reihen der Opposition vorgetrage- nen Vorwürfe in einem ganz anderen Licht. Da wurde immer wieder behauptet, wir wollten gar nicht, nicht ernsthaft oder zu wenig sparen. Das relativiert sich sehr schnell. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch kurz zurück- kommen auf die ominöse 900-Millionen-Euro-Sperre bei den Eingliederungshilfen für Langzeitarbeitslose. (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist in der Tat ominös, was Sie da gemacht haben!) Das war schon eine besondere Nummer. Da stellen die Haushälter der SPD-Fraktion diese Sperre als Kürzung dar. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bringt es gar fertig, öffentlich per Pressemitteilung nur noch von Kür- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2983 Norbert Barthle (A) (C) (D)(B) zung zu reden. Dabei kennen die erfahrenen Kollegen im Haushaltsausschuss den Unterschied zwischen einer Sperre und einer Kürzung ganz genau. Darüber hinaus wissen sie sogar, dass wir in aller Regel – mit wenigen Ausnahmen – diese Sperre irgendwann im Haushaltsaus- schuss aufheben. (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Das muss aber schnell passieren! In der April-Sitzung!) Sie wird also nicht zu einer Kürzung führen. Das wissen Sie genau. Trotzdem stellen Sie es in der Öffentlichkeit anders dar. Das finde ich nicht korrekt. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) An diesem geradezu paradigmatischen Beispiel kann man sehen, dass viele der hier aus den Reihen der Op- position vorgetragenen Kritikpunkte billige Effektha- scherei und teilweise Polemik waren. Leider ist in dieser Woche die Kritik teilweise in persönliche Diffamierun- gen ausgeartet. Da wünsche ich mir für künftige Haus- haltsberatungen wieder etwas mehr Kultur in den Debat- ten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Kollege Barthle, möchten Sie eine Zwischen- frage der Kollegin Hagedorn beantworten? Norbert Barthle (CDU/CSU): Gerne. Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich will zwischendurch darauf hinweisen, dass ich aufgrund der von uns vereinbarten Gesamtredezeit nicht geneigt bin, eine sich abzeichnende substanzielle Aus- weitung der Debattenzeit durch eine Fülle von Zusatz- fragen und Kurzinterventionen zuzulassen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ich möchte daher schon jetzt um eine freiwillige Sortie- rung entsprechender Wünsche bitten. – Bitte, Frau Kol- legin Hagedorn. Bettina Hagedorn (SPD): Die Anzahl der Wünsche nach Zwischenfragen wird sich sicherlich reduzieren, wenn das, was hier vorgetra- gen wird, auch den Tatsachen entspricht. Herr Kollege Barthle, zu der 900-Millionen-Euro- Sperre. Ich habe nicht von einer Kürzung, sondern von einer faktischen Kürzung gesprochen. Sie haben vorhin gesagt, dass jede Sperre irgendwann einmal aufgehoben wird. Norbert Barthle (CDU/CSU): Nicht jede, aber viele. Bettina Hagedorn (SPD): Irgendwann, haben Sie gesagt. Als wir in der Bereinigungssitzung mit Frau von der Leyen über die Sperre gesprochen haben, habe ich sie gefragt, wann diese Sperre aufgehoben sein muss, damit die 900 Millionen Euro noch in diesem Jahr für aktive Arbeitsmarktpolitik ausgegeben werden können. Die Ministerin hat daraufhin gesagt, sie müsste spätestens in der Plenarwoche im April aufgehoben werden, damit das Geld noch ausgegeben werden kann. Können Sie das be- stätigen? Wird Schwarz-Gelb die Sperre am 21. April in der Haushaltsausschusssitzung aufheben? Norbert Barthle (CDU/CSU): Verehrte Frau Kollegin, ich möchte Ihnen Folgendes antworten: Erstens. Sie haben tatsächlich von einer faktischen Kürzung gesprochen. Aber darunter versteht die Öffent- lichkeit eben eine Kürzung. Ihre feine Unterscheidung versteht kein Mensch. (Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Dr. Michael Meister [CDU/CSU]) Zweitens. Sie haben vollkommen recht: Die Frau Mi- nisterin hat im Ausschuss dargelegt, dass es sinnvoll und gut wäre, wenn diese Sperre noch in den ersten beiden Quartalen aufgehoben werden könnte, möglichst bis Ende April. In diesem Monat haben wir noch eine Sit- zungswoche. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es unserer Ministerin, die sehr tüchtig ist, gelingen wird, bis zu diesem Termin ein Konzept vorzulegen, das zeigt, wie dieses Geld zweckentsprechend, zielgerichtet und öko- nomisch sinnvoll eingesetzt werden kann. Verehrte Frau Kollegin, ich muss Ihnen noch eines sa- gen: Die SPD hat dieses Land elf Jahre lang regiert. Da kann es nicht falsch sein, einmal nachzuschauen, ob das Geld tatsächlich ökonomisch sinnvoll und zielgerichtet eingesetzt wird. Dies ist im Sinne von uns Haushältern. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Zurück zum Haushalt 2010. Wir haben erste Signale hin zu einer Konsolidierungspolitik für künftige Haus- halte bereits in diesem Gesetz gegeben. Ich erinnere daran: Im Bereich der Verwaltungs- und Personalkosten haben wir 500 Millionen Euro eingespart. Rund 2 600 Stel- len brutto werden durch eine wieder eingeführte pau- schale Stelleneinsparung abgebaut. An dieser Stelle möchte ich gerne mit Erlaubnis des Präsidenten aus der Neuen Osnabrücker Zeitung zitie- ren. Dort gab es am 16. März Lob vom Bund der Steuer- zahler. Das ist ja eher die Ausnahme als die Regel. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Herr Däke, wird folgendermaßen zitiert: Die Änderungen zeigten, „dass das Parlament sein Budgetrecht ernst nimmt und nicht jedem Wunsch der Bundesregierung erliegt“ … Das bestätigt die Anstrengungen von uns Haushältern. Ich gebe dieses Lob gerne an die gesamte christlich-libe- rale Koalition weiter. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) 2984 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Norbert Barthle (A) (C) (D)(B) Wir alle wissen, dass man es sich beim Sparen bei den Ausgaben nicht leicht machen darf. Das ist ein schwieri- ges Unterfangen. Dabei gibt es immer wieder auch scharfen Gegenwind aus den Reihen der Fachpolitiker, aus den Ländern, aus den Kommunen. Deshalb haben wir uns in mühevoller Kleinarbeit darangemacht, diese 5,9 Milliarden Euro einzusparen. Das lassen wir uns von niemandem, auch nicht von der Opposition, madigma- chen. Das ist eine großartige Leistung in diesem Haus- halt. Wir haben den Blick schon auf die Maastricht-Krite- rien und auf die Schuldenbremse gerichtet. Das steht vor uns. Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Rede dazu ge- sagt: Es wird eine Herkulesaufgabe sein, die Vorgaben zu erfüllen. Wir werden uns mit großem Elan daranma- chen. Die Schuldenbremse ist ein historischer Erfolg der letzten Legislaturperiode. Gerade in dieser Krisenzeit zeigt die Schuldenbremse bereits, dass sie ihre Wirkung entfalten wird. Das wird den Druck zur Konsolidierung aufrechterhalten, und dafür bin ich sehr dankbar. Nun gab es in diesen Tagen die Aufforderung der EU- Kommission an Deutschland, noch mehr zu sparen. Das betrifft aber nicht den jetzigen Haushalt; das betrifft kommende Haushalte. Das betrifft natürlich insbeson- dere unsere Partnerländer. Wenn ich dorthin schaue, stelle ich fest, dass wir mit unserer Defizitquote von 5,5 Prozent an der Spitze liegen. Das ist im Vergleich zu Frankreich – 8 Prozent –, Spanien – rund 10 Prozent – und Großbritannien – rund 13 Prozent – deutlich besser. Das heißt, dieses Land wurde und wird gut regiert. Wir stehen in dieser Krisenzeit besser da als so manch an- dere. Deshalb hat Jean-Claude Juncker dieser Tage das deutsche Modell der Schuldenbremse als ein Modell für die Euro-Zone in ganz Europa dargestellt. Dem ist ei- gentlich nichts mehr hinzuzufügen. (Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Dann kön- nen wir ja aufhören!) Meine Damen und Herren, damit Sie auch sehen, dass wir nicht nur in Milliarden- oder Millionenbeträgen den- ken, habe ich den ersten Band des Haushalts 2009 mitge- bracht. Der gesamte Haushalt erscheint ja in zwei Bän- den. Die sind mir zu schwer; deshalb habe ich nur einen Band mitgebracht. Wir Haushälter haben auch im Klei- nen gespart. Wir werden den Haushalt 2010 nicht mehr vielhundertfach in zwei solch dicken Bänden drucken, sondern nur noch in geringer Stückzahl. Wir werden ihn für die Kolleginnen und Kollegen in elektronischer Form zur Verfügung stellen. Dann kann sich jeder den Part ausdrucken, den er braucht, und wird nicht von zwei schweren Bänden sozusagen erschlagen. Auch da sparen wir also Geld ein. Sie sehen: Wir Haushälter lassen keine Gelegenheit aus, mit dem Geld der Steuerzahler sorgsam umzugehen. In diesem Sinne freue ich mich auf die künftigen Haus- haltsberatungen. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Präsident Dr. Norbert Lammert: Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Kahrs das Wort. Johannes Kahrs (SPD): Lieber Norbert, du hast gesagt, dass die SPD sich zu Recht über die Kürzungen im Verteidigungsbereich aufgeregt hat. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Nein!) Den Vorgang muss man sich einmal auf der Zunge zer- gehen lassen. Der Inspekteur des Heeres hat alle 91 Flugabwehrpanzer Gepard, jede Menge Schützenpan- zer Marder und die Panzerhaubitzen stillgelegt, weil schon jetzt kein Geld mehr für Munition und Instandhal- tung vorhanden ist. In dieser Situation der Bundeswehr – mit Einsätzen in Afghanistan, auf dem Balkan und an- derswo – habt ihr in laufender Sitzung über 450 Millio- nen Euro aus dem Verteidigungsetat herausgestrichen: 100 Millionen Euro beim A400M, 30 Millionen Euro beim Tiger, 30 Millionen Euro beim NH-90 usw. Zu al- lem gibt es feste Verträge. Da kommt man gar nicht he- ran. Das heißt, der Staatssekretär Wolf muss im laufen- den Haushaltsjahr 450 Millionen Euro aus dem Verteidigungsetat herausstreichen, wo doch schon jetzt Panzer stillgelegt werden, weil nicht genug Geld da ist. Das Ganze habt ihr gemacht, ohne eure eigenen Fach- politiker, die von der CDU/CSU, zu beteiligen. Das Ganze habt ihr gemacht ohne Wissen eures Ministers. Das Ganze habt ihr gemacht ohne Absprachen mit den Staatssekretären. Das heißt, ihr habt in einer Nacht-und- Nebel-Aktion den Verteidigungshaushalt rasiert. Nichts gegen Sparen, aber es muss schon schlau sein. Das ist hier nicht der Fall. Im nächsten Jahr werden die Soldaten an allen Ecken und Enden bespart werden: bei Infrastruktur, bei In- standhaltung; das tägliche Leben wird eingeschränkt – und das nach all den warmen Worten, die ihr bei dem Beschluss zu Afghanistan gefunden habt, dass nämlich den Soldaten, die wir irgendwo hinschicken, immer das beste Gerät mitgegeben wird. Ich finde, das ist schäbig. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Ihr hättet wenigstens mit euren Fachpolitikern, dem Kol- legen Beck und den anderen Kollegen aus dem Verteidi- gungsausschuss, reden können, um zu erfahren, was sie zu dem Thema sagen. Fragt doch mal den Minister, wa- rum er in der Debatte über den Einzelplan seines Minis- teriums nicht geredet hat! Fragt doch mal die Staatsse- kretäre und die Berichterstatter! Ich finde, so kann man mit der Bundeswehr, der Truppe nicht umgehen: auf der einen Seite schöne, wohl- feile Sonntagsreden halten und auf der anderen Seite un- abgestimmt einen Haushalt regelrecht rasieren, der so- wieso schon knapp genäht ist, ohne eine Alternative anzubieten. Norbert, das hat nichts mit Sparen zu tun. Das ist eine unintelligente Schikane eines Ministers. Das hat die Armee nicht verdient. (Beifall bei der SPD) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2985 (A) (C) (D)(B) Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Kollege Barthle, da Sie offenbar erwidern wol- len: Ich habe eigentlich den Eindruck, dass es noch ge- nügend Redner gibt – angefangen mit dem Finanzminis- ter bis zu den Kollegen aus der Fraktion –, die auf die angesprochenen Fragen antworten können, sodass wir wiederum im Sinne des vereinbarten Gesamtzeitbudgets auf eine weitere Erwiderung verzichten können. Können wir das machen? Norbert Barthle (CDU/CSU): Nur einen Satz. Ich mache es ganz kurz. Präsident Dr. Norbert Lammert: Gut, einen Satz. Norbert Barthle (CDU/CSU): Herr Kollege Kahrs, ich will nicht auf die Einzelhei- ten eingehen, da das zu weit führen würde. Nur so viel: Wir erleben hier ein Phänomen, das man häufiger be- obachten kann. Dort, wo wir gespart haben, schreien die jeweiligen Fachpolitiker: Hilfe, bei uns nicht, lieber wo- anders! – Dort, wo es Zuwächse gibt, heißt es: Ihr habt zu wenig draufgelegt. Warum nicht mehr? – Das kann man durch jeden Einzelplan durchdeklinieren. Aber die- ses Spiel hilft uns nicht weiter. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Präsident Dr. Norbert Lammert: Die Kollegin Gesine Lötzsch ist die nächste Rednerin für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- ren! Sie, Frau Bundeskanzlerin Merkel, haben am Mitt- woch in Ihrer Rede kein Wort darüber verloren, wie Sie den Haushalt langfristig sanieren wollen. Wir reden hier über 80 Milliarden Euro Neuverschuldung. Hinzu kom- men über 27 Milliarden Euro Kapitalhilfen und fast 17 Milliarden Euro für den Tilgungsfonds. Das macht in der Summe über 124 Milliarden Euro. Frau Merkel, mehr Haushaltsnotstand geht wirklich nicht. (Beifall bei der LINKEN) Frau Merkel, Sie haben eine Rede gehalten, die ich – um einen Begriff der Börsensprache aufzugreifen – als einen typischen Leerverkauf bezeichne. (Otto Fricke [FDP]: Da kennst du dich ja mit aus!) Sie haben eine große Steuerreform versprochen, ohne dafür einen einzigen Euro in der Tasche zu haben. Was Sie wirklich haben, ist über 1 Billion Euro Schulden. Damit sich die Zuschauer das vorstellen können: 1 Billion ist eine Zahl mit zwölf Nullen. Sie, Frau Merkel, gehen riskante Wetten ein und hoffen, dass die Einnahmeverluste durch Wunder ausgeglichen werden. Aber solche Wunder gibt es in der Politik nicht. Machen Sie endlich eine vernünftige, nachhaltige Politik und si- chern Sie die Einnahmeseite des Haushaltes! (Beifall bei der LINKEN) Statt die Einnahmen zu sichern, diskutieren Sie über eine wirklich irrwitzige Idee. Sie wollen noch vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen quasi als Geschenk für die Wählerinnen und Wähler – eigentlich als Geschenk für Herrn Rüttgers, den Sie vor dem Untergang retten wol- len – Steuersenkungen mit einem Volumen von 10 Mil- liarden Euro beschließen. Sie haben das halbherzig de- mentiert. Aber ich glaube, wenn wir am kommenden Sonntagabend den Fernseher einschalten, dann werden wir sehen, dass Sie Ihre Meinung geändert haben. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Für mich wäre es wirklich ein Missbrauch der Demokratie, wenn die Vorsitzenden der Koalitionsparteien am Sonntag eine Blitzsteuerreform, wie sie es offensichtlich geplant haben, beschließen wür- den. Es darf nicht sein, dass wir hier im Parlament eine ganze Woche um einen vernünftigen Haushalt ringen und dann am Wochenende eine Steuerreform von drei Parteivorsitzenden beschlossen wird. So sieht seriöse, demokratische Politik nicht aus, Frau Merkel. (Beifall bei der LINKEN) Ich will Ihnen erklären, welche Gemeinsamkeiten zwischen der Arbeit der Bundesregierung und dem Köl- ner U-Bahn-Bau bestehen. Beide haben die Stützpfeiler verkauft und wundern sich nun, dass alles zusammen- bricht. Der Bundeshaushalt, über den wir reden, hat nur noch zwei Stützpfeiler: die Lohnsteuer und die Mehr- wertsteuer. Den Stützpfeiler Gewinnsteuer haben die Re- gierungen der letzten 20 Jahre für ein paar Spenden an ihre Klientel verkauft. (Beifall bei der LINKEN) Der Anteil der Einnahmen aus der Gewinnsteuer am ge- samten Steueraufkommen betrug 1960, also vor 50 Jah- ren, 35 Prozent. Heute beträgt er nur noch 20 Prozent. Das heißt, um es zu übersetzen: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen nahezu die gesamte Steuerlast allein tragen. Das ist verantwortungslos, und das ist keine soziale Politik. (Beifall bei der LINKEN) Ich füge hinzu: Der Pfeiler Lohnsteuer gerät durch den wachsenden Niedriglohnsektor weiter unter Druck. Wer prekäre Arbeitsverhältnisse zum Standard machen will, der darf sich nicht wundern, wenn Steuern und Sozialab- gaben spärlicher fließen. Darum brauchen wir endlich den gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn und vernünftige Arbeitsverhältnisse. (Beifall bei der LINKEN) Damit hätten wir nebenbei endlich auch europäischen Standard erreicht, wo sich die Regierung doch gerne als Lehrmeister Europas aufspielt. Wenn wir uns an europäi- schen Standards orientieren würden, dann müssten wir diese Maßnahme endlich im Bundestag beschließen. Wir als Linke wollen nicht, dass der Bundeshaushalt das gleiche Schicksal wie das Kölner Stadtarchiv erlei- 2986 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Dr. Gesine Lötzsch (A) (C) (D)(B) det. Darum fordern wir, dass wieder starke Pfeiler in un- ser Steuersystem eingezogen werden. Das ist nämlich die Voraussetzung für einen funktionierenden Sozial- staat. Wir, die Linke, sind die einzige Partei, die wirklich eine deutliche Umverteilung von oben nach unten will. Ich sage Ihnen, meine Herren und Damen von der FDP, auch: Armut kann man nur bekämpfen, wenn man Reichtum begrenzt. Das ist unsere Position. Ihre ist es nicht, das weiß ich. (Beifall bei der LINKEN) Die Bundeskanzlerin und auch andere haben immer wie- der darauf hingewiesen, dass wir immer mehr Geld für Soziales ausgeben müssen. Das wird als Ausweis einer besonders guten Sozialpolitik angeführt. Das stimmt nicht. Das ist kein Ausweis einer guten Sozialpolitik, sondern Ausweis einer ganz schlechten Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der LINKEN) Wenn diese Regierung prekäre Arbeitsverhältnisse und Minijobs zur Dauereinrichtung machen will, dann wird sich diese Situation immer mehr verschärfen. Wir brau- chen, um unseren Haushalt zu stützen, um die Sozialkas- sen zu stärken und um den Menschen die Möglichkeit zu geben, in Würde zu arbeiten, endlich gute Arbeit zu gu- ten Löhnen, aber keine prekären Verhältnisse. (Beifall bei der LINKEN) Die Bundeskanzlerin hat die Lohnzurückhaltung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelobt und die Gier der Manager getadelt. Schauen wir uns einmal an, ob die Manager diesen Tadel beherzigen. Er hat sie über- haupt nicht beeindruckt. Es ist doch geradezu unanstän- dig, dass Herr Ackermann, der diese Krise durch sein Verhalten mit verursacht hat und der durch hochriskante Spekulationen sein Geld verdient, jetzt schon wieder ein Gehalt von fast 10 Millionen Euro im Jahr bekommt. Da können Sie sehen, Frau Merkel, wie Ihre Tadel wirken. Augenscheinlich sind die gar nicht ernst gemeint. Was tun Sie wirklich, um die Gier zu begrenzen? Wir brau- chen endlich Gesetze zur Finanzmarktregulierung. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Der Internationale Währungsfonds, IWF, soll noch in diesem Jahr einen Vorschlag zur Beteiligung der Banken an den Krisenkosten vorlegen. Warum eigentlich nur eine Beteiligung? Warum, frage ich Sie, gilt nicht die alte Regel, dass derjenige, der einen Schaden verursacht, auch dafür aufkommen muss? Wir als Linke werden uns nicht damit abfinden, dass die Banken nur einen symbo- lischen Beitrag zahlen sollen. Wir haben klare Forderun- gen an die Banken. An dieser Stelle zeigt sich, dass un- sere Forderung richtig war, den Rettungsschirm für die Banken mit klaren Bedingungen zu verbinden. Sie haben das abgelehnt. Jetzt haben Sie keinerlei Druckmittel ge- gen die Banken in der Hand. Das ist nicht hinnehmbar. Sie lassen sich weiter von den Banken erpressen. Diese Politik muss endlich beendet werden. (Beifall bei der LINKEN) Wenn ich die Kanzlerin am Mittwoch richtig verstanden habe – davon gehe ich aus –, dann will sie den Banken- schirm zu einer Dauereinrichtung machen. Das heißt im Klartext: Die Banken können jetzt die Gewissheit haben, dass der Staat sie immer auffangen wird, auch wenn sie in den Kasinos der Welt weiter zocken und die Banker dicke Boni einstreichen. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Eben nicht!) Ich kann wiederholen, was ich schon am Dienstag gesagt habe: Dieser Haushalt ist gut für Spekulanten, aber schlecht für Menschen, die einer ehrlichen Arbeit nach- gehen, und ganz schlecht für Arbeitslose. Kehren Sie endlich um! Gestalten Sie eine soziale, gerechte und nachhaltige Politik! Die ist an diesem Haushalt nicht ab- lesbar. Darum werden wir ihn ablehnen. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN) Präsident Dr. Norbert Lammert: Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Koppelin für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den vielen Beratungen im Haushaltsausschuss und den vielen Debatten hier im Plenum zum Bundeshaus- halt 2010 wird heute ein Bundeshaushalt in schwieriger finanz- und wirtschaftspolitischer Zeit verabschiedet. Genauso wie meine Vorredner möchte ich erst einmal den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Haushalts- ausschusses einen ganz herzlichen Dank sagen. Ich möchte mich auch für die faire Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen bedanken, bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger; das ist ganz klar. Wir hatten einen schwierigen Haushalt zu beraten. Schwierig war er dadurch, dass er noch vom Finanz- minister Steinbrück vorgelegt wurde. (Johannes Kahrs [SPD]: Steinbrück, guter Mann! – Zurufe von der SPD) – Ja, sicher. Das ist doch bekannt; das ist kein Geheim- nis. – Er hatte eine sehr hohe Neuverschuldung vor- gesehen. Unsere Koalition hatte sich ganz fest vorge- nommen, sich mit einer Neuverschuldung in der von Steinbrück geplanten Höhe nicht der deutschen Öffent- lichkeit zu präsentieren. Uns war zwar klar, dass wir mit einer hohen Neuverschuldung leben müssen; aber sie sollte weniger hoch ausfallen. Kollegin Merkel von der SPD – Sie sind hier heute als haushaltspolitische Sprecherin aufgetreten –, Sie sagen, die Neuverschuldung könnte geringer als 80 Milliarden Euro sein. (Bettina Hagedorn [SPD]: Deutlich!) – „Deutlich“. – Dazu sage ich Ihnen Folgendes: Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2987 Dr. h. c. Jürgen Koppelin (A) (C) (D)(B) Erstens. Wir betreiben keine Schönfärberei, sondern wir wollen Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit. Zweitens. Dieser Vorwurf geht doch ins Leere. Wür- den wir all den von Ihnen gestellten Erhöhungsanträgen folgen, dann würde die Neuverschuldung noch höher als von Steinbrück vorgesehen ausfallen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordne- ten der SPD) – Empören Sie sich ruhig. – Ich nenne nur ein Beispiel: Haben Sie in der Kulturdebatte hier einen einzigen Streichvorschlag gemacht, oder haben Sie eine einzige Kürzung für in Ordnung erklärt? Stattdessen haben Sie zig Erhöhungsvorschläge gemacht und haben uns dafür kritisiert, dass wir an diversen Stellen nicht mehr Mittel zur Verfügung stellen. Lesen Sie nach, was Sie gesagt haben, als Sie hier am Rednerpult gestanden haben. Ähnlich war es bei allen anderen Beratungen: Sie haben nur Erhöhungsvorschläge gemacht. Ich sage Ihnen bei dieser Gelegenheit auch: Ich bin sehr stolz darauf, dass wir über 50 Prozent der Punkte unseres Liberalen Sparbuchs – wir haben es hier lange Zeit präsentiert – durchgesetzt haben. (Beifall bei der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist ei- gentlich aus dem Vorschlag geworden, Staats- sekretäre abzuschaffen?) Ich schaue jede Woche in die Spiegel-Bestsellerliste. Allmählich müsste auch das Liberale Sparbuch dort er- scheinen, so oft ist das zitiert worden. (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Das Verlangen danach ist anscheinend groß. Vielleicht stimmt mit dieser Liste etwas nicht. Ich kann nur sagen: Wir haben das Liberale Sparbuch nicht zu den Akten ge- legt. Wir arbeiten die darin enthaltenen Punkte weiter ab. Ich muss die Opposition fragen: Wo sind Ihre Ein- sparvorschläge gewesen? Sie können uns kritisieren, auch im Hinblick auf dieses Sparbuch – das muss man aushalten können –; aber legen Sie doch selber einmal ein solches Sparbuch vor. Das tun Sie nicht; denn dann müssten Sie Farbe bekennen und erklären, an welchen Stellen gespart werden sollte. Allerdings täten Sie damit auch Ihrer Klientel weh, und deswegen verweigern Sie sich dem. Sie sind nicht in der Lage, ein solches Spar- buch vorzulegen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ich fordere Sie auf, bis zu den nächsten Haushaltsbera- tungen selber ein solches Sparbuch vorzulegen. Die einzige Alternative zu unserer Politik und zur Politik dieser Koalition, die ich in dieser Woche gehört habe, war die Kritik der Sozialdemokraten an der Erhö- hung des Kindergeldes. (Nicolette Kressl [SPD]: Das ist nicht wahr! Das war der Freibetrag!) – Das können Sie nachlesen. Auch der Kollege Schneider hat diese Erhöhung in seiner Rede kritisiert. – Ich nenne Ihnen den Unterschied zwischen Ihrer und un- serer Politik: Wir haben das Kindergeld angehoben. Wir sind für eine gerechte Familienbesteuerung. Sie hinge- gen haben – das war eine Ihrer letzten großen Taten – 5 Milliarden Euro für die Abwrackprämie bereitgestellt. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns. (Beifall bei der FDP) Ein Wort zu den Grünen. Wenn wir hier noch eine Woche länger debattiert hätten, dann hätte ich womög- lich geglaubt, die FDP sei der Erfinder von Hartz IV gewesen; so haben Sie hier diskutiert. Sonst kam gar nichts. Sie hatten nur ein einziges Motto: Sie haben sich am Parteivorsitzenden der FDP, am Außenminister, ab- gearbeitet. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Erfolglos!) Ich will das einmal an einem Beispiel erläutern: Es ist doch peinlich, wenn man hier in einer Diskussion über den Justizetat fast den Eindruck gewinnt, Herr Westerwelle sei der neue Justizminister, da Sie sich hauptsächlich mit ihm beschäftigen. Warum konnten Sie nicht zur Sache kommen? Warum konnten Sie mit uns nicht sachlich diskutieren? Sie hatten nur ein Thema. Das war mehr als peinlich. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Ich möchte auf einen weiteren Aspekt aufmerksam machen. Hier ist kritisiert worden, wir hätten keine Sym- pathie für die Kommunen, die sich in einer schwierigen Finanzsituation befänden. Ich kann Ihnen sagen: Es stimmt, deren Finanzsituation ist schwierig. Nur, darauf haben wir Freien Demokraten, zum Beispiel meine Kol- legin Piltz und andere, schon seit mehreren Jahren hin- gewiesen. Was haben Sie denn gemacht? Sie haben sich doch darum überhaupt nicht gekümmert. Soll ich Ihnen sagen, was Sie gemacht haben? Ich sage es Ihnen: (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gewerbesteuer abschaffen!) Peer Steinbrück hat mehrfach in seinen Reden bis zum Schluss hier erklärt, dass es den Städten doch besser gehe als dem Bund. Das hat er hier wörtlich erklärt. Sie hatten damals Redeverbot; Sie durften nichts dazu sa- gen. (Widerspruch bei der SPD – Bettina Hagedorn [SPD]: Stimmt doch überhaupt nicht!) Jetzt sind Sie in der Opposition und beklagen die Situa- tion der Kommunen. Auch dieses Themas werden wir uns annehmen. Schade, dass Peer Steinbrück sich hier nicht selber äußern kann; denn man liest ja im Spiegel, Peer Steinbrück habe Redeverbot – nicht von der SPD; das kommt vielleicht noch – bis zum Sommer, bis zum Er- scheinen seines Buches, für das er ein Honorar in Höhe von 200 000 Euro bekommt. Bis dahin dürfe er keine Aussage machen. Das finde ich interessant. Ich hätte 2988 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Dr. h. c. Jürgen Koppelin (A) (C) (D)(B) gerne einmal gehört, wie der Abgeordnete Steinbrück zu den Aussagen in seinen früheren Reden steht. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Thomas Oppermann [SPD]: Ich glaube, Sie brauchen dringend seinen Rat!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach Verabschie- dung des Etats 2010 werden wir Haushaltspolitiker der Koalition uns umgehend mit den Vorarbeiten zum Haus- halt 2011 beschäftigen. Es ist uns klar, beim Haushalt 2011 müssen wir noch größere Anstrengungen unterneh- men. Das haben wir uns als Ziel vorgenommen. Es muss ein Haushalt der Bescheidenheit werden. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der jetzige ist schon bescheiden!) Wir müssen weitergehen auf dem Wege der Konsolidie- rung, und vor allem sollten Sie, damit meine ich alle Mi- nister und Ministerinnen, bei Ihren Vorschlägen für den Haushalt 2011 darauf achten, dass wirklich nur Notwen- diges von Ihnen gewünscht und verlangt wird. Möglich- keiten zur Erhöhung sehe ich nicht. Ehe Sie auf die Idee kommen, starke Anhebungen zu fordern oder Wunsch- kataloge vorzulegen, sollten Sie sich vielleicht vorher lieber mit den Haushaltspolitikern in Verbindung setzen, damit Sie nicht nur eine Absage vom Finanzminister be- kommen. Von unserer Seite sehe ich keine Chance für solche Pläne. Also, auch für Sie gilt schon für den Ent- wurf: Sparen, sparen und noch einmal sparen! Das hal- ten wir für einen wichtigen Schritt. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Als Obmann der FDP-Fraktion im Haushaltsaus- schuss möchte ich mich ganz herzlich vor allem natür- lich bei meinen Kolleginnen und Kollegen der Union für eine sehr, sehr faire und sachliche Zusammenarbeit be- danken. Hierbei denke ich vor allem an den Obmann Barthle; das ist ganz klar. Wir sind miteinander immer in einem guten Gespräch gewesen. Ich möchte aber auch Ihnen, Herr Minister Schäuble, Ihrem Ministerium und Ihrem Staatssekretär Kampeter Dank sagen. Es war eine hervorragende Zusammenarbeit, es war eine harmoni- sche Zusammenarbeit. Man hatte kaum den Eindruck, dass da Vertreter mehrerer Parteien zusammensitzen; das sage ich sogar in Richtung CSU. Es war eine hervorra- gende Zusammenarbeit, für die ich mich zu bedanken habe. Ich bin guten Mutes, dass wir in dieser Art der guten Zusammenarbeit den Haushalt 2011 ebenfalls meistern werden – der Kollege Meister redet ja gleich noch – in der Verantwortung gegenüber dem deutschen Steuerzah- ler. Ansonsten sind wir niemandem verantwortlich. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Präsident Dr. Norbert Lammert: Das Wort hat nun der Kollege Sven Kindler für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit ich letzten Oktober in den Bundestag gewählt wurde, werde ich häufig gefragt, warum ich unbedingt Mitglied des Haushaltsausschusses werden wollte. (Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Das haben wir uns auch gefragt!) Ich werde gefragt: Ist das nicht langweilig? Geht es da nicht um trockene Rechnerei und endlose Zahlenkolon- nen? Ich antworte immer: Das ist eine hochspannende, hochinteressante Aufgabe, weil ja der Haushalt in Zah- len gegossene Politik darstellt. Außerdem finden die meisten politischen Projekte ja schon lange Eingang in den Bundeshaushalt, bevor sie dann Realität werden. Der Bundeshaushalt ist also eigentlich auch in Zahlen dargestellte politische Zukunft; das gilt aber nicht für diesen Bundeshaushalt: Er ist leider in Zahlen gegossene Vergangenheit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die Bundeskanzlerin predigt ja immer, die Bundes- republik müsse gestärkt aus der Krise herausgehen. Das ist auch richtig. Wir haben nicht nur eine extrem schwere Wirtschafts- und Finanzkrise. Wir haben auch eine sehr gefährliche Klimakrise. Wir haben eine globale Ernäh- rungskrise; denn es hungern über 1 Milliarde Menschen. Wir brauchen Antworten auf diese verschiedenen Kri- sen, die sich gegenseitig bedingen. Aber diese Antwor- ten finden wir nicht im Bundeshaushalt, und das trotz einer Rekordverschuldung, einer Neuverschuldung in Höhe von 80,2 Milliarden Euro. Und das ist noch nicht einmal das ganze Ausmaß der Verschuldung; denn die Schattenhaushalte, die sich nicht im Haushalt finden las- sen, lassen Sie immer gerne unter den Tisch fallen. Nimmt man nämlich die krisenbedingten Sonderausga- ben für Bankenrettung und für den Investitions- und Til- gungsfonds hinzu, liegt die wahre Neuverschuldung im Jahr 2010 sogar bei 126 Milliarden Euro. Der bisherige Schuldenrekordhalter war ja Bundes- finanzminister Theo Waigel mit rund 40 Milliarden Euro im Jahr 1996. Auch das geschah damals unter einer schwarz-gelben Regierung. Doch jetzt verdreifachen Sie, Herr Schäuble, diese einheitsbedingte Rekordver- schuldung. Respekt: Verdreifachung! Da heißt es im- mer, Mitte-Links-Regierungen könnten nicht mit Geld umgehen. Wenn ich mir Ihren Haushalt so anschaue, muss ich sagen: Sie, Konservative und Wirtschaftslibe- rale, können nicht mit Geld umgehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN) Es stimmt: Dieser Haushalt wird in einer wirtschaft- lich schwierigen Lage aufgestellt. Es stimmt auch, dass die hohe Verschuldung größtenteils darauf zurückzufüh- ren ist. Politik muss darauf reagieren – Herr Schäuble, ich komme gleich darauf zu sprechen –, besser gesagt: müsste; denn Sie reagieren nicht. Sie schrauben die Aus- gaben nach oben, aber ändern nichts an der Struktur. Sie Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2989 Sven-Christian Kindler (A) (C) (D)(B) steuern nicht um. Dieser Haushalt ist ein Haushalt der verpassten Chancen, weil er keine Rendite für die Zu- kunft bringt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Die schwarz-gelbe Koalition rühmt sich, dass sie die Neuverschuldung gesenkt hätte. Aber haben Sie wirklich gespart? Haben Sie unsinnige Ausgaben gekürzt? Haben Sie falsche Subventionen gestrichen? Das alles haben Sie nicht gemacht. Sie haben leider nichts anderes ge- macht, als die konjunkturelle Entwicklung und ihre posi- tiven Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu berück- sichtigen. Das alles haben wir aber der Leistung von Betrieben, Gewerkschaften und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu verdanken. Mit Sparanstrengung hat das nichts zu tun. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir haben Ihnen aufgezeigt, wie man sparen kann. Es ist nicht so, als ob es kein Sparpotential im Haushalt gebe, zum Beispiel bei den Subventionen, mit denen Sie immer noch den Klimawandel befeuern statt ihn zu be- kämpfen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Der Staat fördert mit Milliardensummen die Anschaf- fung von schweren Dienstwagen mit hohem CO2-Aus- stoß, die schmutzige Kohleenergie und befreit die Flug- unternehmen bei Inlandsflügen von der Kerosinsteuer. Der Abbau dieser ökologisch schädlichen Subventionen und Steuervergünstigungen würde allein im Bundes- haushalt 2010 rund 8,5 Milliarden Euro bringen. Wir hätten damit eine doppelte Rendite: Einerseits hätten wir Einsparungen, andererseits betrieben wir Klimaschutz. Es kann nicht sein, dass wir weiterhin mit Milliarden- summen den Klimawandel subventionieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Aber wenn schon nicht gespart wird, wird dann we- nigstens gestaltet? Werden im Haushalt neue Schwer- punkte gesetzt? Wird in Zukunftsbereiche wie Bildung oder Umwelt investiert? Werden soziale Ungleichheiten angegangen? Stellt sich die Koalition ihrer internationa- len Verantwortung? Das kann man anhand einiger Bei- spiele prüfen. Zu den Zukunftsinvestitionen. Umweltminister Röttgen hat während der Haushaltsdebatte am Dienstag wieder einmal sehr allgemein über die Verbindung von Ökologie und Ökonomie gesprochen. Er hat aber nicht erklären können, warum ausgerechnet im Umweltetat bei dem Titel zur Förderung von Einzelmaßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien 20 Millionen Euro ge- kürzt werden und rund ein Viertel – 115 Millionen Euro – gesperrt ist. Wenn die Sperre nicht zurückgenommen wird, muss Minister Röttgen – im schlechtesten Fall – eine Kürzung von 135 Millionen Euro verantworten, und das bei einem Titel, bei dem es um konkrete Maßnahmen geht, wie zum Beispiel den Austausch von Wärme- pumpen oder Mini-KWK-Anlagen. Dadurch werden Energiekosten gespart, das entlastet die Umwelt, und es schafft vor allen Dingen Arbeitsplätze beim Handwerk und bei kleinen und mittleren Unternehmen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN) Das ist das Fatale an der Kürzung und der Sperre: Sie wracken nicht nur den Klimaschutz ab, sondern Sie ge- fährden gleichzeitig auch Arbeitsplätze. Mit der Verbin- dung von Ökonomie und Ökologie hat das nichts zu tun. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN – Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!) Ich komme zum Thema soziale Ungerechtigkeiten. Was machen Sie in diesem Bereich? Setzen Sie sich da- für ein, die soziale Schere in unserem Land zu schlie- ßen? Nein, das machen Sie nicht! Das Verfassungsge- richt hat festgestellt, dass das Hartz-IV-Niveau nicht verfassungskonform berechnet wird. Zusammen mit den Wohlfahrts- und Sozialverbänden setzen wir uns dafür ein, dass die Regelsätze beim Arbeitslosengeld II auf mindestens 420 Euro steigen. Außerdem müssen wir Kinderarmut bekämpfen. Dazu brauchen wir eine eigen- ständige Berechnung der Kinderregelsätze und perspek- tivisch eine Kindergrundsicherung. Wir fordern das nicht einfach nur, sondern wir haben im Haushaltsverfahren eine solide Gegenfinanzierung vorgelegt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Es war keine Überraschung, dass Sie auf unsere Vor- schläge nicht eingegangen sind. Was machen Sie stattdessen? Sie sperren 900 Millionen Euro für die Wie- dereingliederungshilfe von Langzeitarbeitslosen. Herr Kollege Koppelin, dass der selbsternannte Sozialstaats- beauftragte der Bundesregierung, Herr Westerwelle, von spätrömischer Dekadenz spricht (Otto Fricke [FDP]: Meine Güte!) und gegen angeblich leistungsunwillige Arbeitslosen- geld-II-Empfänger hetzt, finde ich extrem unseriös, vor allem angesichts der Tatsache, dass nur sehr wenig Sanktionen verhängt werden und insgesamt 1,4 Millio- nen Menschen aufstocken, also ALG II beziehen, ob- wohl sie arbeiten gehen. Es ist also nicht nur inhaltlich falsch, sondern extrem unanständig. Das vergrößert die Spaltung unserer Gesellschaft. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN) Ich komme jetzt zu den internationalen Verpflich- tungen, die die Bundesrepublik Deutschland eingegan- gen ist. Die Bundesrepublik hat als Industriestaat im Norden eine besondere Verantwortung für globale Pro- bleme wie den Klimawandel oder den Hunger. Deshalb hat sich die Bundesregierung auch verpflichtet, die ODA-Quote zu erfüllen und 2010 0,51 Prozent des Brutto- nationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen. Außerdem haben sich Kanzlerin Merkel und Umweltminister Röttgen in Kopenhagen verpflich- 2990 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Sven-Christian Kindler (A) (C) (D)(B) tet, 420 Millionen Euro zusätzlich – ich betone: zusätz- lich – für Klimaschutz in Entwicklungsländern bereitzu- stellen. Doch in beiden Fällen haben sie unversehens und ohne Scham die Versprechen gebrochen. Das ist eine Bankrotterklärung der Bundesregierung. Damit ver- spielen Sie die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik auf dem internationalen Parkett. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Damit ist klar: Die richtigen Schwerpunkte werden in diesem Haushaltsentwurf nicht gesetzt. Die Rekordver- schuldung wird nicht genutzt, um Investitionen in die Zukunft zu ermöglichen. Das ist ganz und gar nicht ge- nerationengerecht. Der Gestaltungsspielraum wird durch zusätzliche Zinsbelastungen weiter eingeschränkt, und Sie investieren nicht in Projekte, von denen Kinder und Jugendliche heute und in Zukunft profitieren würden. Warum nicht? Sie meinen, dafür sei kein Geld da. Aber warum ist kein Geld da? Weil Sie, statt in den sozial- ökologischen Umbau der Wirtschaft zu investieren, lie- ber Klientelgeschenke verteilen. Das konnte man ganz klar am „Schuldenbeschleunigungsgesetz“ sehen, mit dem Sie vor allem Erben, Gutverdiener und Hoteliers entlastet haben. (Beifall bei Abgeordneten des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN) Wer aber in die Zukunft und in soziale Gerechtigkeit investieren will, darf die Einnahmen des Staates nicht weiter verkleinern, weil er ihn sonst irgendwann hand- lungsunfähig macht. Im Gegenteil: Für eine gerechte Zukunft brauchen wir eine Einnahmeverbreiterung. Diejenigen, die vor der Finanzkrise von den laxen Regu- lierungen profitiert haben, müssen jetzt, in der Krise, an den Kosten der Krise beteiligt werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Deshalb fordern wir eine Abgabe auf große Vermö- gen und setzen uns für eine Finanztransaktionsteuer ein, damit auch die Spekulationen auf den Finanzmärkten eingeschränkt werden. Frau Bundeskanzlerin, Sie haben sich verbal für eine solche Steuer eingesetzt, gemacht haben Sie bisher aber noch gar nichts. Dieser Haushalts- entwurf macht klar: Ihnen fehlt der Wille, aus der Fi- nanzkrise zu lernen und endlich umzusteuern. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Wie geht es nun weiter? (Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Das fragen wir uns auch!) Sie denken kein Stück über das Jahr 2010 hinaus. Sie ha- ben keinen aktuellen Finanzplan vorgelegt. Sie haben vergessen, einen einzubringen. Stattdessen haben Sie, Herr Schäuble, in allerletzter Minute den alten Finanz- plan Ihres Vorgängers vorgelegt. Dass dieser Finanzplan völlig veraltet und damit wertloser Schrott ist, ist Ihnen offensichtlich total egal. Hauptsache, Sie müssen vor der NRW-Wahl keine Giftlisten vorlegen, in denen aufge- führt wird, wo gestrichen werden soll. (Otto Fricke [FDP]: Aber Sie haben uns doch gerade Giftlisten vorgeworfen!) Dabei wäre es doch für alle interessant, auch für die Wählerinnen und Wähler, wie das alles zusammengehen soll. Einerseits haben Sie eine Rekordverschuldung, die Sie in den kommenden Jahren abbauen müssen, anderer- seits haben Sie die Steuern gesenkt. Sie diskutieren über die Abschaffung der Gewerbesteuer, obwohl die Kom- munen sowieso schon unter Ihrem Steuersenkungswahn leiden, (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Wer hat Ih- nen diesen Unsinn aufgeschrieben?) und jetzt wollen Sie auch noch Ihren Kopfpauschalen- nonsens finanzieren und weitere Steuersenkungen durchführen. Das heißt dann: 10 Milliarden Euro Senkung der Neu- verschuldung, 10 Milliarden Euro Kopfpauschale und bis zu 20 Milliarden Euro Steuersenkungen. Insgesamt sind das bis zu 40 Milliarden Euro, die Sie finanzieren müssen. Herr Schäuble, wo wollen Sie das eigentlich hernehmen? Das passt alles nicht zusammen. Damit trei- ben Sie den Bundeshaushalt und die Kommunen weiter in den Ruin. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Wenn man wie ich frisch in den Bundestag gewählt worden ist, ist am Anfang vieles neu und ungewohnt. (Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Das merkt man!) Da ist es wirklich schön, wenn einem eine Sache vertraut ist, wenn da etwas ist, das man kennt. So hat sich bei mir ein Gefühl eingestellt, das mich durch meine ganze Kindheit und meine Jugendzeit begleitet hat und mich der Politik nahegebracht hat. Schon damals habe ich ver- standen – das bestätigt sich leider jeden Tag aufs Neue –: Schwarz-Gelb kann es einfach nicht. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN) Präsident Dr. Norbert Lammert: Das Wort hat nun der Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan- zen: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gegen Ende der Haushaltsberatungen möchte ich mich zunächst bedanken bei den Mitgliedern und der Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, bei den Mitar- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2991 Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble (A) (C) (D)(B) beitern des Haushaltsausschusses und allen Abgeordne- ten, bei den Mitarbeitern des Bundesfinanzministeriums, besonders bei den Parlamentarischen und beamteten Staatssekretären. Dass wir am 19. März 2010 im Bun- destag den Haushalt 2010 verabschieden können, beruht auf einer Anstrengung aller, in ungewöhnlich kurzer Zeit die vorläufige Haushaltsführung zu Ende zu bringen. Ich möchte mich für die gute Zusammenarbeit bedanken. Ich bedanke mich auch für die guten Wünsche an mich; ich kann sie gebrauchen und werde davon Gebrauch ma- chen. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wie auch immer Sie das interpretieren wollen. Herr Kollege Kindler, die Argumente sind zwar schon oft vorgebracht und oft widerlegt worden, aber – viel- leicht haben auch Sie das früher gehört – repetitio est mater studiorum, die Wiederholung ist die Mutter des Lernens. Warum haben wir es geschafft, den Haushalt so schnell vorzulegen, den Entwurf so schnell zu beraten und zu verabschieden? Wir sind von einem Haushalts- entwurf ausgegangen, den wir schon in der vergangenen Legislaturperiode aufgestellt haben. Sonst wäre das nicht möglich gewesen. (Zuruf des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Diesen haben wir um bestimmte Sofortmaßnahmen zum 1. Januar 2010 ergänzt. Wir haben darauf verzichtet, eine Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung vor- zulegen, was gesetzlich möglich war. Sie wird mit dem nächsten Haushaltsentwurf vorgelegt. Ferner haben wir die wirtschaftliche Lage und die Situation auf dem Arbeitsmarkt dazu genutzt, die Verschuldung weiter zurückzuführen. Die Neuverschuldung ist mit 80,2 Mil- liarden Euro außergewöhnlich hoch, und das macht Sorgen. Übrigens, Frau Kollegin Merkel, ob es nun 79,9 oder 80 Milliarden Euro sind, ist nicht so wichtig. (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: 77 Milliarden Euro!) – Na gut. – Wissen Sie, es hat mit Kosmetik zu tun, ob man die Zahl nun knapp unter oder knapp über 80 Milliarden Euro ansetzt. Wir haben uns bei den Haus- haltsberatungen sehr bewusst für Substanz statt Kosme- tik entschieden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dahinter verbirgt sich genau wie hinter Ihrer Doppel- kritik ein Problem – liebe Kolleginnen und Kollegen, das wissen wir doch alle; Kollege Koppelin hat es gerade noch einmal beschrieben und glossiert –: Sie kritisieren natürlich auf der einen Seite, dass die Verschuldung viel zu hoch ist. Zugleich kritisieren Sie, dass wir viel zu we- nig ausgeben. Das passt nicht richtig zusammen. Sie müssten dann Steuererhöhungen fordern. Sie nennen das Subventionsabbau, aber in Wahrheit meinen Sie, wenn Sie Subventionsabbau sagen, Steuererhöhungen; damit wir uns da klar verstehen. (Widerspruch bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sven- Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Abbau von Privilegien!) Wir glauben, dass in der gegebenen wirtschaftlichen Ge- samtsituation Steuererhöhungen für die weitere wirt- schaftliche Entwicklung Gift wären. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Nun stehen wir vor dieser außergewöhnlich anstren- genden und herausfordernden Aufgabe, die die Bundes- kanzlerin am Mittwoch in der Generalaussprache be- schrieben hat: Auf der einen Seite müssen wir in einer ungewöhnlich schwierigen und unsicheren wirtschaftli- chen Lage Schritt für Schritt die Voraussetzungen für wirtschaftliche Nachhaltigkeit, Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten. Übrigens ist in die- sem Haushalt eine Stärkung der Aufwendungen für For- schung und Bildung von 12 Milliarden Euro für diese Legislaturperiode enthalten. Das sind Aufwendungen für die Infrastruktur, für die Zukunftssicherung unseres Lan- des. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Auf der anderen Seite müssen wir die kurzfristig zu hohe Neuverschuldung in den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden zurückführen. Die Bundeskanzlerin hat zu Recht gesagt, dass dies vor dem Hintergrund einer älter werdenden Gesellschaft geschehen muss, einer Gesellschaft, die durch rückläu- fige Geburtenzahlen und – das ist ein Glück für uns alle – steigende Lebenserwartung geprägt ist. Diesen Dreiklang müssen wir leisten. Er ist unge- wöhnlich herausfordernd. Deswegen ist es richtig, dass wir den Haushalt für das Jahr 2010 mit dieser Neuver- schuldung, auf Sicht und mit den Impulsen, die wir ge- setzt haben, so umsetzen, wie wir ihn jetzt zur Verab- schiedung vorschlagen. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zum Bundeshaushalt 2010. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Im internationalen bzw. europäischen Vergleich sind wir übrigens gar nicht so schlecht. Die britische Zeit- schrift The Economist – in britischen Zeitschriften wer- den wir nicht immer nur gelobt – hat davon gesprochen, Deutschland sei wirtschaftspolitisches Vorbild. (Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das ist aber nicht Ihr Verdienst! – Gegenruf des Abg. Otto Fricke [FDP]: Es ist doch ganz egal, wes- sen Verdienst das ist!) – Daran haben wir alle mitgewirkt. Herr Kollege Schneider, Sie sollten bei Ihrer Kritik gelegentlich be- denken, dass ich immer erwähnt habe: Der erste Entwurf dieses Haushalts ist noch von meinem Vorgänger Steinbrück in der vergangenen Legislaturperiode vorge- legt worden. Warum die Gräben tiefer machen, als sie sind? Die Aufgabe ist groß genug. Wir sollten die Grä- ben nicht tiefer machen, als sie sind. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) 2992 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble (A) (C) (D)(B) Auch hinter mancher kritischen Aussage unserer fran- zösischen Freunde verbirgt sich ein Stück weit Lob da- für, dass Deutschland seine Aufgabe relativ gut macht. (Beifall der Abg. Peter Altmaier [CDU/CSU] und Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]) Ich glaube, dass wir in Europa alle miteinander darauf setzen müssen, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken; das ist auch der Inhalt der Lissabon-Strategie. Deswegen werde ich weiterhin dafür eintreten, dass Deutschland wettbewerbsfähig bleibt und dass sich die, die vielleicht ein bisschen schwächer sind, anstrengen und nicht um- gekehrt. Sonst wird das nämlich nicht funktionieren. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Den Entwurf dieses Haushalts werden wir im Kabi- nett vor der Sommerpause verabschieden, einschließlich einer Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung. Diese wird so ehrgeizig, wie es der Kollege Koppelin gerade beschrieben hat. Das erfordert das Grundgesetz. Diese Herausforderung müssen wir vor dem Hintergrund unseres föderalen Systems bewältigen. Frau Kollegin Merkel, es nützt nichts: Ob eine Bun- dessteuerverwaltung leistungsfähiger wäre oder nicht, darüber kann man endlos streiten. Aber die Ordnung des Grundgesetzes ist so, wie sie ist. (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Aber man kann sich doch bemühen, etwas noch ein bisschen besser zu machen!) Deswegen werden wir diese Herausforderung im födera- len Verständnis unseres Bundesstaates bewältigen. (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Nicht hinter dem Grundgesetz verstecken! Das kann man durchaus verändern! – Fritz Kuhn [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! So ist es nicht! Natürlich kann man eine Bundessteuerverwal- tung machen!) – Bitte? (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Selbstverständlich kann man eine Bundessteuer- verwaltung machen! – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Genau!) – Dazu muss man das Grundgesetz ändern. (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Ja! Na und? Dann machen wir das!) Aber dafür hatten Sie in der Föderalismusreform- kommission II keine Mehrheit. Das Grundgesetz gilt in der Form, in der es jetzt ist. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Otto Fricke [FDP], zur SPD gewandt: Das wollen doch eure Länder auch! Die SPD-Länder wol- len das doch auch!) Ich bin überzeugt, dass unser föderales System leis- tungsfähig ist. Ich bin überzeugt, dass wir diese Aufga- ben meistern. Deswegen hat die Koalition beschlossen, dass wir uns zunächst der nachhaltigen Stärkung der Finanzbasis der Kommunen widmen; mit dieser Arbeit haben wir genauso begonnen wie mit der Arbeit an der Reform unseres Gesundheitssystems. Das ist die Grund- lage unseres föderalen Systems: eine nachhaltige Stär- kung der Selbstständigkeit und Leistungsfähigkeit unse- rer kommunalen Selbstverwaltung. Dabei muss man die Ausgaben- und die Einnahmeseite betrachten und ohne Tabus vorgehen. Nur so können wir diese Aufgabe be- wältigen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Schulden- bremse des Grundgesetzes werden wir in der Tat erfüllen müssen. Das heißt, wir müssen das strukturelle Defizit in den kommenden Jahren um etwa 10 Milliarden Euro jährlich zurückführen. Ich warne Neugierige: Im Jahre 2011 ist die Anstrengung vergleichsweise gering. Im Jahre 2012 wird sie größer, und im Jahre 2013 wird sie noch größer. Das muss jeder und jede wissen. Aber diese Aufgabe müssen wir erfüllen. Damit halten wir den Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt ein. Sollte ihn die Bundesrepublik Deutschland nicht einhal- ten, würde er scheitern. Wenn er scheitert, scheitert mehr als nur der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig! So ist das!) Wir brauchen in dieser Welt der Globalisierung ein starkes, ein verlässliches, ein handlungsfähiges Europa und eine starke europäische Währung. Wir müssen un- sere Verantwortung auch vor diesem Hintergrund sehen. Mit dem Dank für die gute Zusammenarbeit bei der Beratung des Haushalts 2010 verbinde ich die Bitte um Unterstützung und gute Zusammenarbeit bei der Bewäl- tigung der noch schwierigeren Aufgabe der Beratung des Haushalts 2011 und bei der mittelfristigen Finanzpla- nung. Herzlichen Dank. (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Präsident Dr. Norbert Lammert: Nächster Redner ist der Kollege Joachim Poß für die SPD-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU], an die SPD-Fraktion ge- wandt: Ein bisschen mehr Beifall, ihr müden Krieger!) Joachim Poß (SPD): Sie können ja mitklatschen, Herr Kauder. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Vor sieben Mo- naten hätte ich es noch gemacht!) Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Schäuble, wir wollen die Gräben nicht tiefer machen; aber wir wollen die Realität in diesem Lande beschreiben. (Beifall bei der SPD) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2993 Joachim Poß (A) (C) (D)(B) Auch nach Ihrer Rede gilt: Sie haben in keinem Be- reich ein Konzept für die nächsten Jahre: nicht für die Stabilisierung der Finanzsituation der Kommunen, nicht für die Haushalts- und nicht für die Steuerpolitik und auch nicht dafür, wie es an den Finanzmärkten weiterge- hen soll. Das ist die Realität. (Beifall bei der SPD) Zur Realität gehört, dass in Ihrem Ministerium, dem Finanzministerium – einem der wichtigsten Ministerien –, Stillstand herrscht, weil der Ressortchef seinem Haus jeg- liche Aktivität verboten hat. Die Bundeskanzlerin redet zu allen möglichen Fragen viel – so hier am Mittwoch –; aber bei keinem der Schlüsselprobleme der deutschen Politik bekommt sie in dieser Koalition Boden unter die Füße. Das ist die Realität. (Beifall bei der SPD – Norbert Barthle [CDU/ CSU]: Hervorragende Rede! Die müssen wir mal nachlesen!) Diese Regierung, lieber Kollege Barthle, haben die Bürgerinnen und Bürger – das kann man nach dieser Woche wohl sagen – nicht verdient. Sie versagen ange- sichts der Probleme, die Sie lösen sollen. Das ist die Si- tuation. (Beifall bei der SPD) Davon haben Frau Merkel und Herr Schäuble in die- ser Woche mit betulichen Reden abzulenken versucht. Auch der europäische Währungsfonds ist so ein Ablen- kungsthema. Man könnte noch mehr sagen, zum Bei- spiel dazu, was die Äußerungen von Frau Merkel euro- papolitisch bedeuten und wie das zu bewerten ist; aber dazu bleibt hier nicht die Zeit. Sie haben in dieser Woche versucht, sich in einer bestimmten Weise zu inszenieren. Ihre Redebeiträge hatten ein Ziel: zu zeigen, dass die Kanzlerin und der Finanzminister alles im Griff haben und beide stetig und solide an der Lösung auch der größ- ten Probleme arbeiten; (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist die Reali- tät!) denn damit hätten Sie das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger verdient. Das ist Ihnen aber nicht gelungen, Frau Merkel, Herr Schäuble. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Die Fakten und die Wirklichkeit lassen sich durch eine Rede nicht verdecken. (Beifall bei der SPD) Die Menschen sind kritisch geworden in den letzten Wo- chen und Monaten, und sie werden immer kritischer. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Ge- genüber der SPD, ja!) Deswegen ist in den letzten Tagen wieder die Steuerpanik bei Ihnen ausgebrochen. Immer, wenn Sie nicht weiter- wissen, kommen Sie – das ist schon irrational – auf das Steuerthema. Dabei hatten Sie einander im „Borchardt“ versprochen, bis zur NRW-Wahl Ruhe zu halten. Einige Wochen hat das erstaunlicherweise geklappt. Aber jetzt geht es wieder rund, und jeder ist sich selbst der Nächste, wie in diesen Tagen wieder zu hören und zu le- sen ist. Zu Recht wächst bei Ihnen die Angst vor der Wahl in NRW. Die Regierungskoalition sucht ihr Heil jetzt in hektischen Aktivitäten. Entgegen Ihrer Inszenie- rung wurde in dieser Woche überdeutlich: Frau Merkel hat nichts im Griff, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPD) An keiner Stelle arbeiten Sie seriös und überlegt an der Lösung der anstehenden Probleme. Schon Ihre Koali- tionsvereinbarung passt nicht zur Lage. Von Anfang an haben Sie die wirtschaftliche, die soziale und die finan- zielle Realität ignoriert. An dieser Realität scheitern Sie zurzeit; der Realität kann man sich eben nicht entziehen. Jetzt kommt Frau Merkel und verlangt „neues Den- ken“. Was soll das heißen? Mit welchem neuen Denken wollen Sie die Probleme, von denen ich gerade gespro- chen habe, bewältigen? Sie haben keine Antworten, und auch in dieser Woche sind keine gekommen. (Beifall bei der SPD) Deswegen verspielen Sie schrittweise das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Taktisch versuchen Sie da- mit umzugehen, indem Sie die Regierungstätigkeit bis zur Landtagswahl einstellen, und haben daher strikte Wei- sung an Ihr Haus erteilt, Herr Schäuble, nicht zu arbeiten, weder an einem Haushaltskonsolidierungskonzept noch an steuerpolitischen Positionen. Aus der Finanzmarktab- teilung kommt auch nichts Eigenes. Die wenigen Finanz- marktgesetze, die Sie bisher in fünf langen Monaten vor- gelegt haben, sind weitgehend die Umsetzung von EU- Verordnungen und -richtlinien; nichts darüber hinaus. Die letzten Wochen waren mit Blick auf die NRW- Wahl voll von Ankündigungen aus Ihren Reihen: Ban- kenabgabe, neues Bankeninsolvenzrecht, die Neustruktu- rierung der Aufsicht oder auch das Verbot von Leerver- käufen. All das soll bald kommen. Aber, Herr Schäuble, warum soll irgendjemand Ihren in den letzten Wochen ge- machten Ankündigungen Glauben schenken, wo doch Ihre bisherige Regierungszeit an dieser Front so gar nichts bewegt hat? Warum sollte Ihnen da jemand glau- ben, Herr Schäuble? Mit dieser Vorgehensweise vertreten Sie keine glaubwürdige Politik mehr. Ankündigungspoli- tik ist das, nichts anderes. (Beifall bei der SPD) Sie sind doch mit Ihrem Koalitionspartner in allen Fragen über Kreuz. Ihre Kanzlerin hat Sie vorgestern im Bundestag bei der Bankenabgabe höchstselbst gestoppt. (Zuruf von der CDU/CSU: Was?) – Ja, lesen Sie einmal nach, was Frau Merkel zur Ban- kenabgabe gesagt hat (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Das hat sie nicht gesagt!) und in welchem Verhältnis das zu Ihrer Ankündigung steht, Sie würden noch im April ein Konzept vorlegen. So sieht es aus, wenn die neue Regierung an den Proble- men arbeitet. 2994 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Joachim Poß (A) (C) (D)(B) Herr Schäuble, Sie werden schon im Bundeskabinett keinen Entwurf zu einer Bankenabgabe durchbekom- men, weder im April noch später, (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie träumen!) weil Sie dazu nie und nimmer einen Konsens in der Re- gierungskoalition erreichen werden. Sie und die Kanzle- rin sind zu schwach, um sich gegen die Bankenlobbyisten in der FDP und in Ihrer eigenen Partei durchzusetzen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich zitiere aus dem Handelsblatt vom Dienstag zum Thema Bankenabgabe: In der Union zeigte man sich überrascht über die Ankündigung, – die Ankündigung Schäubles – schon im April einen Regierungsbeschluss herbei- zuführen. Herr Wissing von der FDP wird zitiert: „Noch ist kein Konsens in Sicht.“ (Otto Fricke [FDP]: Guter Mann, der Wissing!) Das ist Ihre Finanzmarktpolitik: reine Ankündigun- gen vor der NRW-Wahl, die dann auch noch in der Ko- alition relativiert und dementiert werden. In der Steuerpolitik, Herr Schäuble, sind Sie der ver- antwortliche Minister. Aber ich frage Sie zur Idee eines 5- bis 10-Milliarden-Euro-Paketes, die jetzt in der Koali- tion herumgeistert: Was wissen Sie eigentlich davon? Werden Sie hier von der Kanzlerin und den Koalitions- partnern vorgeführt? Es gibt keine einzige Vorstellung, kein Papier aus dem Hause Schäuble darüber, was steuerpolitisch jetzt passieren soll. Sie überlassen das Feld den Steuerfantas- ten der FDP und in Ihren eigenen Reihen. Es kann doch wohl nicht angehen, dass ein so wichtiges Land wie un- ser Land de facto von Steuerfantasten geführt wird. (Beifall bei der SPD) Politische Führung, lieber Herr Kollege Schäuble, lieber Herr Minister, sieht anders aus. Von Ihnen kommt immer nur ein Satz, nämlich der Verweis auf die Steuerschätzung im Mai. Als ob man im Mai etwas grundlegend Neues für die Entscheidun- gen in der Steuerpolitik erfahren würde! Eine solch bil- lige Ausrede ist weit unter Ihrem Niveau. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Auch Sie gehen die Dinge ausschließlich parteipolitisch- taktisch an, so wie die Bundeskanzlerin. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Was machen Sie?) Aber allein mit Taktik löst sich kein einziges Sachpro- blem. Bisher haben Sie kein einziges Sachproblem ge- löst. (Beifall bei der SPD) Inzwischen schauen auch internationale Organisa- tionen mit immer größerer Sorge auf die politischen Füh- rungsprobleme in unserem Lande. Dass jetzt wieder die Steuerpanik in der Regierung ausbricht, wird mit Sicher- heit nicht zur Beruhigung unserer Partner in Europa und beim Internationalen Währungsfonds beitragen. Die EU- Kommission hat Ihnen in dieser Woche eine schwere Rüge erteilt. Die deutsche Regierung, so die Kommis- sion, müsse ihre Konsolidierungsstrategie endlich präzi- sieren. (Otto Fricke [FDP]: Dann hat sie ja eine!) Bisher reiche die Konsolidierung allerdings nicht aus. Die größten Gefahren seien die Steuersenkungspläne der Koalition. – Ein klarer Schuss vor den Bug der Bundes- regierung! Die EU-Kommission zeigt die Klarheit, die Sie ver- weigern, die die Menschen aber immer stärker von Ihnen einfordern werden. Die Wunschkombination Schwarz- Gelb scheitert an der Praxis. Das konnten wir in den letz- ten Monaten jeden Tag erleben. In dieser Woche konnten wir es noch besser beobachten als sonst. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Präsident Dr. Norbert Lammert: Otto Fricke ist der nächste Redner für die FDP-Frak- tion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Otto Fricke (FDP): Geschätzter Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Poß, eigentlich fühlt man sich ja zu ei- ner sofortigen Replik veranlasst, aber das will ich heute nicht tun. Ich will auf etwas hinweisen, was mir gestern Abend aufgefallen ist: Ich war in der vergangenen Nacht vor 20 Jahren zum ersten Mal in meinem Leben in Berlin, und es war für mich, damals noch als Student in einer spontanen Aktion aus Freiburg kommend, schon bemer- kenswert, zu sehen, was alles in einem Land möglich ist, wenn man ein Ziel hat. Schauen Sie sich an, was wir in den 20 Jahren alles geschafft haben, was das für eine Herkulesaufgabe in diesen 20 Jahren war, wer die Ver- antwortung gehabt hat, wie Wahlen überraschend ausge- hen können und wie dann andere Leute Verantwortung übernehmen und die Arbeit machen. Sie werden sich wundern, was diese Koalition in den vier Jahren, für die sie den Auftrag hat – Sie können so viel reden, wie Sie wollen: Sie wird den Auftrag behal- ten –, noch erreichen wird. Sie werden sich auch über das wundern, was im Bereich des Haushalts noch alles kommen wird und was ohne auch nur einen einzigen konstruktiven Vorschlag von der Opposition gemacht werden muss, weil Sie nicht in der Lage sind, Wahrhei- ten auf den Tisch zu legen, sondern nur kritisieren kön- nen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2995 Otto Fricke (A) (C) (D)(B) Es ist viel von Herkulesaufgaben geredet worden. Da- bei ist mir als Erstes eingefallen, dass es ja eigentlich „Herakles“ – er war ja ein Grieche – heißt und dass „Herkules“ der lateinische Name ist. Bleiben wir aber bei dem Begriff der Herkulesaufgaben. Es waren die zwölf Arbeiten des Herkules – oder des Herakles; wie man will –, die wichtig waren. Wenn ich nach links gucke, würde mir bei manchen Dingen als Erstes der Augiasstall einfallen, aber belassen wir es lie- ber bei der Aufzählung von zwölf Punkten. Wir haben 310 Ausgabensenkungen vorgenommen, bei denen Sie fast immer mit Nein gestimmt haben, weil Ihnen nichts anderes einfiel. Wir haben kurzfristig die Hilfe für Haiti gesichert. Wir haben mehrere Steuersen- kungen – unsere Steuersenkungen und übrigens auch Ihre Steuersenkungen aus den Zeiten der Großen Koalition – und unsere Kindergelderhöhung eingearbeitet. Wir haben Subventionen gekürzt. Sicherlich kann man noch viel weiter gehen, aber wir haben damit angefangen. Wir ha- ben die CO2-Gebäudesanierung gesichert. Wir haben bei den Flexibilisierungen pauschale Kürzungen vorgenom- men. Wir haben Deckungsverbünde entflochten. Wir ha- ben nicht bei den Sozialleistungen gekürzt. Wir haben die NKA so weit wie noch nie reduziert. Wir haben anderer- seits die Mittel für Bildung und Forschung und für die Kultur erhöht. Wir haben die Verwaltungsausgaben des Staates, des Bundes, reduziert, was anderen Ebenen unse- res Landes sehr schwerfällt, und wir haben den Perso- nalabbau vorangetrieben. Schließlich – das ist der zwölfte Punkt; zählen Sie nach – haben wir die Investitionen kon- stant gehalten. (Ulrike Flach [FDP]: So ist es!) Das ist eine Herkulesaufgabe, die wir in dieser Legis- laturperiode wiederholen werden. Das ist die erste, und es werden weitere folgen. Sie werden weiterhin auf den Zuschauerplätzen sitzen bleiben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die sich in den letzten Wochen ja mehr oder weniger im Windschatten befunden hat und meint, es seien eigene Leistungen, hat hier gerade wieder wunderbar vorgetragen, wie viel an- ders sie das machen würde und dass sie ja ganz gerechte Steuererhöhungen vorschlagen würde. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!) Wenn es dann aber um die konkreten Steuererhöhun- gen und darum geht, den Bürgern konkret zu sagen, wo Sie ihnen in den nächsten Jahren das Geld aus der Ta- sche nehmen wollen, dann bleiben Sie die Antwort schuldig, (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!) bewegen Sie sich in grünen Fantastereien und erzählen, es sei alles gerecht. Rechnen Sie einmal aus, was Ihre Anträge bedeuten! (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir ausgerechnet!) Bei dem Papier, das wir erhalten haben, kann ich das im Übrigen auch der SPD nur empfehlen. Sie versuchen das immer auf 2 Milliarden Euro he- runterzurechnen, wenn es im wirklichen Leben tatsäch- lich 8 oder 9 Milliarden Euro sind, und dann sagen Sie immer: Tut uns leid, wir haben uns halt verrechnet. (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Jemand, der das Wachstumsbeschleunigungsgesetz beschlossen hat, sollte lieber ruhig sein! Wirklich!) Ich glaube nicht, dass es Ihnen gelingen wird, auf Dauer in diesem Windschatten zu fahren. Sie müssen dann auch Farbe bekennen, (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir doch!) und die Farbe ist dann leider nicht grün, sondern eher grau. (Beifall bei der FDP) Meine Damen und Herren, ich möchte einen ganz wichtigen Punkt noch einmal klarmachen, weil das auch seitens der Vorsitzenden des Haushaltsausschusses ange- sprochen wurde, die ich zu ihrer Arbeit, aber natürlich auch zu ihrem Sekretariat beglückwünschen möchte. Frau Merkel, (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Herr Fricke!) Sie sagen immer, die Koalition habe das nur durch güns- tigere wirtschaftliche Bedingungen erreicht. (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Genau!) Ich erinnere die Bürger draußen daran: Es hat in der Ver- gangenheit immer wieder günstigere wirtschaftliche Be- dingungen gegeben. (Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: 10 Milliar- den Euro habt ihr verprasst! Lobbyistenregie- rung!) Der Unterschied war aber: Wann immer die SPD an der Regierung war, haben Sie gesagt: Oh, wir haben günsti- gere wirtschaftliche Bedingungen. Könnte nicht der So- zialminister Scholz noch ein paar Milliarden Euro ausge- ben? Könnte man nicht da und nicht dort noch ein bisschen mehr ausgeben? – Jedes Mal, sobald die wirt- schaftlichen Bedingungen besser waren, haben Sie die Ausgaben gesteigert. Das tun wir nicht. Im Gegenteil: In vertrauensvoller Zusammenarbeit – ich will das nochmals betonen – sen- ken wir die Ausgaben in einem Rekordtempo, was Sie uns nicht zugetraut haben, worüber Sie jetzt aber gar nicht mehr gerne reden wollen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Ich möchte noch auf den Stil der Haushaltsberatungen zu sprechen kommen. Ich habe hier wirklich viele Stun- den gesessen und mir Reden zu unterschiedlichen Berei- chen angehört. Im Rahmen der Fachdiskussionen hat niemand gesagt – das sollte der Bürger bei aller Kritik an einer Regierung in einer Demokratie berücksichtigen –: Lassen Sie uns an dieser Stelle mehr sparen. Lassen Sie 2996 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Otto Fricke (A) (C) (D)(B) uns da weniger ausgeben. Lassen Sie uns an jener Stelle etwas herunterfahren. – (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Das stimmt ja gar nicht!) Die Linken sprechen immer von Verteilung – das ist un- gefähr alles, was sie wollen – und fordern, international eingegangene Verpflichtungen aufzukündigen. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Wir wol- len keinen Krieg! Das ist alles!) Andere sprechen von Ökologie. Über die SPD wollte ich an dieser Stelle eigentlich nicht mehr reden. Ein großer Sozialdemokrat, der aufgrund seiner Lebensleistung in die Geschichtsbücher eingegangen ist, hat aber einmal gesagt: Opposition ist Mist. – Deswegen muss man aber keinen Mist machen und erst recht nicht Mist reden. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich erteile das Wort der Kollegin Barbara Höll für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Barthle, vorneweg eine Bemerkung: Diesen Haushalt als Kunstwerk zu bezeichnen, ist eine Beleidigung der Kunst. (Beifall bei der LINKEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Im Gegenteil!) Die Bundeskanzlerin nannte am Mittwoch hinsicht- lich der Verschuldung zwar Zahlen. Das war aber nicht einmal die halbe Wahrheit; denn gerade in der Debatte über den Bundeshaushalt müssen wir die Situation des gesamten Gemeinwesens im Blick haben. Genau in die- sem Moment beträgt die Verschuldung der öffentlichen Haushalte 1,684689 Billionen Euro. Die letzten Zahlen ändern sich so schnell, dass ich sie hier gar nicht vorle- sen kann. Die Schulden nehmen pro Sekunde um 4 481 Euro zu. Das macht eine Pro-Kopf-Verschuldung in Höhe von 20 610 Euro. Das sind die Fakten, denen wir uns stellen müssen. Sie aber betreiben eine Politik nach dem Sankt- Florians-Prinzip – verschon’ mein Haus, zünd’ andre an –, indem Sie die Belastungen auf die Länder und insbeson- dere die Kommunen, auf die Bürgerinnen und Bürger abwälzen. So haben Sie zum Beispiel den Zuschuss des Bundes für die Unterkunftskosten der Bezieherinnen und Bezieher von Hartz-IV-Leistungen rückwirkend ab Ja- nuar gekürzt, und zwar von 26 Prozent auf 23,6 Prozent. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Unglaub- lich!) Das heißt, Sie lassen die Kommunen auf Problemen sit- zen, die sie weder verursacht haben noch lösen können. Gerade für Städte wie meine Heimatstadt Leipzig bedeu- ten diese verringerten Bundeszuschüsse enorme Mehr- kosten. Das geht zulasten der Erfüllung von freiwilligen Aufgaben wie Kultur und Sport, aber auch Bildung ins- besondere der jüngeren Generation. (Beifall bei der LINKEN) Wir fordern Sie auf: Sorgen Sie für die Umsetzung der finanziellen Eigenverantwortung der Kommu- nen. Geben Sie ihnen ausreichende Möglichkeiten zur Selbstfinanzierung. Wandeln Sie die Gewerbesteuer in eine Gemeindewirtschaftsteuer um. Unser Vorschlag dazu liegt auf dem Tisch. (Beifall bei der LINKEN) Sie sparen bei den Kommunen; Sie sparen aber auch an vielen anderen Stellen. Herr Bundesfinanzminister Schäuble sagte, dieser Haushalt sei ein Haushalt der Notwendigkeit. Da stellt sich schon die Frage: Sind alle Dinge, die im Haushalt zu finden sind, notwendig? Ist der Eurofighter notwendig, (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Nein!) der untaugliche NATO-Hubschrauber, (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Nein!) das Großraumtransportflugzeug A400M? (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Nein!) Wir als Linke sagen klar: Nein. (Beifall bei der LINKEN) Notwendig sind lebenswerte Kommunen, in denen sich alle Bürgerinnen und Bürger, Kinder, Rentner, Kul- turschaffende und Arbeiter, wohlfühlen können. (Beifall bei der LINKEN) Frau Merkel, Ihrer Regierung und Ihrer Koalition fällt nichts weiter ein als Sparmaßnahmen auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung. Am Mittwoch kündigten Sie notwendige jährliche Einsparungen in Höhe von 10 Mil- liarden Euro an. Die Vermögenden und die Unternehmen werden sicher nicht belastet werden. Ich möchte ein Beispiel aus diesem Haushalt nennen. Es gab einmal einen Goldenen Plan Ost – wir waren immer für einen Goldenen Plan Ost und West – für die Förderung von Sportstätten. Dafür waren 2 Millionen Euro vorgesehen. Diese sind in der letzten Sitzung, der Bereinigungssitzung, gestrichen worden. Dadurch kön- nen in den neuen Bundesländern jährlich drei bis vier Sportstätten nicht mehr saniert werden. Diese Sanierung aber wäre lebenswert, nicht der Eurofighter. (Beifall bei der LINKEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Wozu haben wir denn ein Kon- junkturprogramm?) Wir suchen trotz des Urteils des Bundesverfassungs- gerichts vergebens eine Erhöhung der Hartz-IV-Regel- sätze für Kinder. Wir suchen vergebens die überfällige Angleichung des Rentenwertes Ost an den Rentenwert West. Ebenso suchen wir vergebens die Schließung der Überführungslücke im Rentenrecht. Ich kann Ihnen sa- gen: Die in der DDR geschiedenen Frauen sind sehr ver- bittert, dass diese Regierung scheinbar auf eine biologi- sche Lösung hofft. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2997 Dr. Barbara Höll (A) (C) (D)(B) Trauen Sie sich doch endlich einmal an den Geldbeu- tel derjenigen heran, die das finanziell locker verkraften: an die Profiteure der Finanzkrise, Vermögende und Spit- zenverdiener! Die Idee einer Bankenabgabe ist endlich auch bei Ihnen angekommen; aber mit der Umsetzung lassen Sie sich fahrlässig viel Zeit. Angekündigt ist wie- der: irgendwie vor dem Sommer, vielleicht, ein bisschen. (Beifall bei der LINKEN) Zudem spielen Sie die Bankenabgabe auch noch gegen die notwendige Finanztransaktionsteuer aus, statt die Kraft und den Mut zu entwickeln, beides durchzusetzen; denn beides ist notwendig, um Finanzmärkte zu regulie- ren, Spekulationen zu begrenzen und Einnahmen zu er- zielen. Doch Ihnen fällt lediglich eine Kopfpauschale in der gesetzlichen Krankenversicherung ein, sozial unge- recht wie Ihre gesamte Politik. (Beifall bei der LINKEN) Wir fordern Sie als Linke auf: Führen Sie endlich den gesetzlichen Mindestlohn ein, (Beifall bei der LINKEN) da auch dadurch die sozialen Sicherungssysteme ge- stärkt und die Steuereinnahmen erhöht werden! Ein Min- destlohn gibt vielen Menschen ihre Würde zurück – das sollte für uns entscheidend sein –, (Beifall bei der LINKEN) Menschen, die heute trotz Erwerbsarbeit auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Des Weiteren würde ein gesetzlicher Mindestlohn dafür sorgen, dass die Binnen- nachfrage gestärkt wird und Handelsungleichgewichte abgebaut werden. Damit sind wir beim Thema Gerechtigkeit. Gerech- tigkeit heißt auch, gerecht zu besteuern. Ihr laut Koali- tionsvertrag geplanter Stufentarif für die Einkommen- steuer, von dem wir nicht wissen, wann er kommen wird, ist alles andere als gerecht. Jeder Stufentarif ver- stößt gegen das Gerechtigkeitsprinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit; denn er entlastet vorrangig Bezieher hoher Einkommen und reißt riesige Finanzlöcher, die im Endeffekt zu weiteren Ein- sparorgien führen. Laut Bundesfinanzministerium ist zu- mindest der FDP diese Entlastung der Reichen 67 Mil- liarden Euro wert. Dabei muss der Bund in diesem Haushalt 80 Milliarden Euro Schulden aufnehmen. Trotzdem sind Sie der Ansicht, dass Sie die 67 Milliar- den Euro für den Stufentarif aufbringen können, nach dem Motto: Das Geld haben wir locker, auch wenn wir uns wieder Geld borgen müssen. Besteuern Sie endlich Kapitalerträge genauso hoch wie Lohneinkommen! Die Abgeltungsteuer gehört abge- schafft. Erhöhen Sie den Spitzensteuersatz! Heben Sie die Körperschaftsteuersätze an! Drücken Sie bei der Bankenabgabe und der Finanztransaktionsteuer aufs Tempo! Und erheben Sie endlich wieder die Vermögen- steuer! (Beifall bei der LINKEN) Dadurch ließen sich die 25 Milliarden Euro für Kinder- betreuung, die Anhebung des Rentenwertes Ost auf das Niveau West, einen Hochschulpakt und die Aufstockung der Hartz-IV-Regelsätze locker finanzieren. Herr Barthle, es ist schlicht gelogen, wenn Sie am Ende der Haushaltsberatungen sagen, wir hätten keine Gegenfinanzierungsvorschläge gemacht. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Eine Streichor- gie bei der Bundeswehr! Das habe ich doch gesagt!) Eine Vielzahl von Vorschlägen liegt auf dem Tisch. Man muss sich natürlich die Mühe machen, diese zu lesen und vielleicht auch geistig zu verarbeiten. (Beifall bei der LINKEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Nehmen Sie das zurück!) Tun Sie nicht so, als ob es keine Vorschläge gäbe! Wir Linken bieten konkrete Alternativen für eine sozial ge- rechte, demokratische Politik. Ihren Haushalt können wir nur ablehnen. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der LINKEN) Präsident Dr. Norbert Lammert: Dr. Michael Meister ist der nächste Redner für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) Dr. Michael Meister (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kol- lege Barthle ist ein aufrechter und wahrhaftiger Kollege. Die Beleidigung lassen wir uns als Fraktion nicht gefal- len. (Lachen bei der LINKEN) Der Kollege Barthle macht hervorragende Arbeit im Haushaltsausschuss. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich stelle erstens fest, dass die Bundesrepublik Deutschland hervorragend vorbereitet in die Wirt- schafts- und Finanzkrise gegangen ist – das ist ein Ver- dienst der Arbeit, die wir seit 2005 geleistet haben – und dadurch überhaupt in der Lage war, Krisenbekämpfung aktiv zu betreiben. Ich stelle zweitens fest: Wir haben in dieser Haus- haltsdebatte gesehen, dass das außergewöhnliche Defizit – ein Defizit in Höhe von 80 Milliarden Euro hatten wir noch nie – eine Folge bewusst getroffener politischer Entscheidungen ist, durch Konjunkturprogramme und über das Wirkenlassen der automatischen Stabilisatoren der Wirtschafts- und Finanzkrise entgegenzusteuern. Da- mit haben wir die Krise entschärft. Die Folge ist das extrem hohe Defizit, das wir dieses Jahr in Kauf nehmen müssen. (Beifall bei der CDU/CSU) 2998 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Dr. Michael Meister (A) (C) (D)(B) Ich stelle drittens fest: Wir, die christlich-liberale Ko- alition und die Bundesregierung, haben eine Strategie, wie wir dieses extrem hohe Defizit zurückführen kön- nen. (Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Jetzt bin ich gespannt!) Diese Strategie, die deutlich geworden ist, besteht aus drei Elementen. Diese Elemente sind: erstens sparsame Haushaltsführung, zweitens Anregen von Wachstum und drittens die Bereitschaft, Strukturen in diesem Land auf den Prüfstand zu stellen. (Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Aha!) Zu diesen drei Elementen will ich etwas sagen. Zum ersten Element. Wir haben in den Haushaltsbe- ratungen mit der Rückführung der Nettokreditauf- nahme um 5,6 Milliarden Euro unseren Sparwillen klar und deutlich bewiesen. Herr Kollege Schneider hat vor- hin dazwischengerufen. Deswegen möchte ich ihm di- rekt antworten. Sie haben zu Beginn der Haushaltswo- che ein Programm vorgelegt, das den Bund jedes Jahr 14 Milliarden Euro mehr kosten würde. Wo ist denn Ihr Beitrag zum Sparen? Sie machen Vorschläge, die uns auf Dauer jedes Jahr teuer zu stehen kommen würden. Wir haben den Willen, zu sparen. Wir haben eine andere Strategie als Sie, Herr Schneider. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich will betonen: Für uns heißt Sparen nicht Einnah- meverbesserung durch Steuererhöhungen. Das war die Antwort, die der Kollege vom Bündnis 90/Die Grünen gegeben hat. Er hat davon gesprochen, man müsse die Basis verbreitern, auf der Steuern erhoben werden. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, auch! Und Subventionen weg!) Er hat davon gesprochen, dass wir in Deutschland keine energieintensive Industrie mehr haben wollen. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!) Schauen Sie sich doch mal Großbritannien an. Dort hat die Industriepolitik dazu geführt, dass es keine Industrie mehr gibt. Wir können sehen, was mit einem solchen Land in der Finanz- und Wirtschaftskrise geschieht. Das, was Sie hier vorschlagen, ist doch keine zukunftsfähige Politik für die Bundesrepublik Deutschland. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Zum zweiten Element. Sparen alleine reicht nicht. Wir müssen auch gezielt Wachstumsimpulse setzen, um die Einnahmebasis zu stärken, zu stabilisieren und auszuweiten. (Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Darauf warten wir!) Wir sind sehr wohl der Meinung, dass es richtig war, die Menschen im Jahr 2010 in der Krise um 24 Milliarden Euro zu entlasten und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Sozialbeiträge nicht ansteigen. Das war eine richtige politische Entscheidung als Impuls für mehr Wachstum. Ich will Ihnen noch Folgendes sagen: Wir werden eine Steuerreform auf den Weg bringen, die das Ziel hat, das deutsche Steuerrecht einfacher zu gestalten; denn die Komplexität des Steuerrechts ist ein massives Hindernis für Wirtschaftswachstum in diesem Land. Deswegen ist Steuervereinfachung für uns ein wichtiges Thema. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wir wollen die Menschen auch motivieren, mehr Leis- tung zu erbringen. Wenn sie mehr Leistung erbringen, dann können wir ihnen aber nicht gleichzeitig einen Großteil der Mehreinnahmen, die sie erwirtschaften, wegbesteuern. Deswegen werden wir etwas gegen die kalte Progression und den Mittelstandsbauch im Steuer- recht tun. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Macht doch! Das hätten Sie schon längst machen können!) Jetzt sagen viele, wir wären nach der Steuerschät- zung nicht schlauer. Ich sage, wir werden im Mai schlauer sein als heute. (Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Nach der NRW-Wahl!) Die letzte Steuerschätzung, mit der der mittelfristige Finanzplanungszeitraum in Augenschein genommen wurde, datiert vom Mai 2009. Damals gab es ganz an- dere Beschäftigungszahlen und Wachstumszahlen, als wir sie heute erwarten können. Deshalb gehe ich fest davon aus, dass uns die Steuerschätzung im Mai neue Erkenntnisse bringen wird, auf deren Basis wir in sach- licher und nicht in politischer Weise diesen Wachstums- impuls geben können. Diese Geduld muss man an den Tag legen. Wir haben sie. Wir werden dann handeln, wenn wir die sachlichen Grundlagen haben. (Beifall bei der CDU/CSU – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Das ist vernünftig!) Zum dritten Element. Ja, wir brauchen Strukturän- derungen in diesem Land. Wir brauchen mehr For- schung und Entwicklung. Wir brauchen weniger Büro- kratie. Dies sind nur zwei Beispiele. Auch hier will ich darauf hinweisen, lieber Herr Schneider: Was haben Sie denn vorgeschlagen? Sie haben zu Beginn dieser Woche nicht vorgeschlagen, wie Strukturen zukunftsfähig wei- terentwickelt werden können, sondern Sie haben vorge- schlagen, durchgeführte Strukturreformen zurückzudre- hen. Zurück in die Vergangenheit – das ist nicht die Antwort, die wir brauchen. Wir brauchen keine Verfesti- gung der Arbeitslosigkeit, sondern Flexibilität, um Ar- beitslosigkeit in Deutschland abzubauen. Deshalb müs- sen wir für neue Strukturreformen offen sein. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Haben Sie denn schon was gemacht? Ein Beispiel!) Diese Strategie hilft übrigens auch den Kommunen. Ein riesiges Problem der Kommunen sind steigende Ar- beitslosenzahlen und, dadurch verursacht, steigende So- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 2999 Dr. Michael Meister (A) (C) (D)(B) zialausgaben. Deshalb ist jeder Beitrag, den wir zu mehr Beschäftigung leisten, auch eine Maßnahme zugunsten der kommunalen Haushalte. (Bettina Hagedorn [SPD]: So ein Schwachsinn!) Deshalb sind wir an der Stelle auf dem richtigen Weg. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wir wollen nicht das, was Sie verkünden. Wir möch- ten die Kommunen nicht in eine stärkere Abhängigkeit von Bund und Ländern bringen, sondern wir stehen für eine Politik, die mehr kommunale Selbstverwaltung zum Ziel hat. (Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Mit weniger Geld!) Deshalb wollen wir den Kommunen nicht Schecks aus Berlin überbringen, sondern wir wollen mit ihnen da- rüber diskutieren, wie die kommunale Selbstverwaltung gestärkt werden kann. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) Dafür müssen wir den Kommunen auf der Ausgaben- seite mehr Freiraum geben, und wir müssen ihre Einnah- meseite verstetigen und stabilisieren. Deshalb freue ich mich darüber, dass der Bundesfinanzminister die Ge- meindefinanzkommission eingerichtet hat. Ich möchte an Sie appellieren, möglichst zügig und schnell zu arbei- ten, damit wir über die Kommunen nicht nur reden, son- dern ihnen am Ende des Tages auch helfen; denn das ist der entscheidende Punkt. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Jetzt möchte ich einmal etwas zur Frage der Wett- bewerbsfähigkeit sagen. Alle Debatten, die wir nach dem Motto „Wir sind zu wettbewerbsfähig“ führen, sind doch nicht von dieser Welt. (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Deutschland braucht den Mindestlohn! Das sagen sogar die konservativen Franzosen!) Wir mögen das in Deutschland diskutieren. Es gibt viel- leicht noch den einen oder anderen, der das in Europa diskutiert. Aber die eigentliche Herausforderung liegt nicht in Deutschland oder in Europa; die eigentliche He- rausforderung liegt darin, was in Asien – in China, in Ja- pan, in Indien – geschieht. Es geht darum, dass wir als Europäer und als Deutsche in diesem Wettbewerb beste- hen können. Ich behaupte: Da sind wir zwar fit, aber nicht so fit, dass wir auf dem Stand stehen bleiben dür- fen. Deshalb müssen wir an dieser Stelle weiter nach vorn gehen, Forschung, Innovation, Flexibilität in unse- rem Land nach vorn bringen. Ich trete dafür ein, dass wir im Haushalt trotz des Spa- rens die Mittel für Projektförderung ausweiten und mehr Geld dahin lenken, gleichzeitig aber über die Frage nachdenken, ob wir neben der Projektförderung eine steuerliche Forschungsförderung einführen können. Das haben wir uns im Koalitionsvertrag gemeinsam als Prüfaufgabe gestellt. Wir werden prüfen, ob wir damit einen Schritt weiterkommen und Deutschland für die Zukunft innovationsfähiger aufstellen können. (Beifall bei der CDU/CSU – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Die FDP ist begeis- tert!) Jetzt komme ich zum Thema Finanzmärkte. Das ist eine wesentliche Basis für die Frage, ob es uns gelingt, den Staatshaushalt, die Finanzen für künftige Generatio- nen wohl zu ordnen. Wir haben die klare Botschaft ge- sendet: Wir wollen Märkte, Marktteilnehmer, Produkte in Zukunft beaufsichtigen, und zwar umfassend, was nicht heißt, dass wir keine Wettbewerbswirtschaft mehr zulassen. Wir definieren aber, dass wir eine bessere Re- gulierung für alle Marktteilnehmer, für alle Produkte und für alle Finanzmärkte brauchen. An dieser Stelle möchte ich an etwas erinnern, Herr Schneider; vielleicht haben Sie damals noch nicht so gut aufgepasst. (Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Na ja!) Die Finanzmarktpolitik in Deutschland, wie sie heute ist, wurde wesentlich von Ihnen mitbestimmt. Sie wurde in der Zeit zwischen 1998 und 2005 gemacht. Deshalb müssten Sie, wenn Sie hier alles kritisieren, einmal in den Spiegel schauen und nicht immer zu anderen hin. Das würde der Debatte guttun. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) Wir wollen eindeutig Vergütungsregeln ändern – das haben wir bereits gemacht –, weil wir glauben, dass Ver- gütungsregeln ein Problem waren. Wir sind dabei, ein Gesetz zum Thema Rating zu machen, um das Problem der Ratingagenturen aufzugreifen und zu erreichen, dass sie nicht unreguliert tätig sind. Wir sind dabei, ein neues Insolvenzrecht für Banken zu erarbeiten, damit in Zu- kunft nicht mehr derjenige aufgefangen wird, der Miss- wirtschaft betrieben hat, sondern das System stabilisiert wird und wieder die Grundregel gilt: Wer in der Markt- wirtschaft Misswirtschaft betreibt, geht aus dem Markt und wird nicht künstlich im Markt gehalten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Das sind richtige Positionen. Die werden wir umset- zen – in aller Ruhe und Gelassenheit, (Dr. Peter Danckert [SPD]: Wann denn?) sodass die nächste Krise vielleicht weniger wahrschein- lich wird. Wir werden als Nächstes das Thema Verbraucher- schutz angehen, weil wir natürlich auch einen Schirm für unsere Mitbürger brauchen. An der Stelle werbe ich für ein bestimmtes Verbraucherbild. Wir dürfen dem Verbraucher die Entscheidung nicht abnehmen; aber wir müssen darauf achten, dass er wirklich in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen. Deshalb brauchen wir Infor- mation und Transparenz für einen mündigen Verbrau- cher. Wir brauchen Verantwortung für all diejenigen, die Information kommunizieren und Entscheidungen tref- fen. Deshalb wird das Thema „Verantwortung und Haf- 3000 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Dr. Michael Meister (A) (C) (D)(B) tung“ im Mittelpunkt stehen müssen. Außerdem rate ich uns, Verbraucherschutz nicht als Instrument zu nehmen, Wettbewerb auszuhebeln. Wir brauchen wettbewerbs- neutrale Lösungen: mehr Schutz für die Verbraucher, aber kein Aushebeln des Wettbewerbs; denn der ist auch im Interesse der Verbraucher dringend notwendig. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) Letzte Bemerkung zum Thema Finanzmarkt. Mich hat in dieser Woche gestört, dass wir – bedauerlicher- weise – aufgrund der Haltung der britischen Regierung nicht in der Lage waren, auf europäischer Ebene Rege- lungen betreffend die Hedgefonds zu treffen. Ich appel- liere an unsere Bundesregierung, in dieser Richtung wei- ter tätig zu sein; denn es kann nicht sein, dass wir einfach so lange zuschauen, bis das nächste Problem da ist. Wir wissen, dass es Probleme geben kann. Deshalb brauchen wir eine vernünftige Aufsicht und Transpa- renz. (Beifall bei der CDU/CSU) Ich sehe das Bankenthema wenig entspannt. Ich glaube, wir sind noch mitten in der Finanzkrise. Wir ha- ben sie noch nicht hinter uns. Die Anforderung der Märkte an uns wird über die Finanzkrise hinaus sein, das Eigenkapital der Banken zu stärken. Deshalb müssen wir das Ganze von der Zeitschiene und vom Zusammenwir- ken her so klug organisieren, dass es noch möglich ist, dass sich die Realwirtschaft und die Privaten von den Banken finanzieren lassen können. Deshalb appelliere ich, keine Schnellschüsse zu machen. In Zukunft darf nicht der Steuerzahler, sondern muss das Finanzsystem selbst die Kosten von Fehlentwicklungen tragen. Wenn die Bundesregierung uns zeitnah Vorschläge dazu macht, Herr Finanzminister, werden wir sie wohlwollend prüfen und diskutieren. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Präsident Dr. Norbert Lammert: Klaus Brandner ist der nächste Redner für die SPD- Fraktion. (Beifall bei der SPD) Klaus Brandner (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! In der Abschlussrunde der Haushaltsberatungen kann man nur ein Resümee ziehen: Diese Regierung ist re- kordverdächtig. Kollege Meister, Sie haben gerade ein weiteres Beispiel für diesen Rekordverdacht gegeben, indem Sie einen Kanon an Unverbindlichkeiten und An- kündigungen angestimmt haben. Das passt genau zur Politik der Bundesregierung. (Beifall bei der SPD) Die Regierung ist rekordverdächtig, wenn es um nega- tive Schlagzeilen geht. Sie ist rekordverdächtig, wenn es um Zank, Streit und Chaos geht. Sie ist rekordverdächtig wegen einer Neuverschuldung von sage und schreibe 80,2 Milliarden Euro. Für diese Rekorde können Sie keine Medaillen erwarten; denn für diese Resultate ha- ben Sie – Kollege Barthle, Sie haben uns einen schönen Tag angekündigt – die Note „mangelhaft“ verdient. Das kann man nicht anders beschreiben. (Beifall bei der SPD) Anstatt die Schulden abzubauen, betreiben Sie Klien- telpolitik und verteilen Steuergeschenke an reiche Erben und Hoteliers. (Otto Fricke [FDP]: Warum haben Sie alle denselben Redenschreiber?) Als angeblich soziale Komponente erhöhen Sie zwar das Kindergeld. Aber das kommt bei den Grundsicherungs- empfängern gar nicht und bei den Beziehern hoher Ein- kommen doppelt an. Das nennen Sie auch noch sozial. Die Belastungen aufgrund der hohen Schulden haben zu- künftige Generationen zu tragen. Für die Mehrheit der Bürger enthält das von Ihnen verpackte Geschenk unan- genehme Überraschungen. Statt dafür zu sorgen, dass die Bürger mehr netto vom Brutto haben, wie Sie es ge- betsmühlenartig wiederholen, holen Sie die Kosten durch Abgaben, Gebühren und Zinsen wieder herein. (Joachim Poß [SPD]: Hat heute keiner mehr von denen gesagt!) In diesem Zusammenhang darf ich auf Sie verweisen, Herr Meister. Sie haben wieder ein einfacheres Steuer- system angemahnt. Ihre Gesetzgebung zur Hotelier- steuer ist der beste Beweis dafür, dass Sie den Bürokra- tieabbau nicht ernst nehmen. Herr Meister, Sie haben damit ein Meisterstück dafür abgeliefert, wie man es nicht machen darf. (Beifall bei der SPD) Bei Ihrer Politik muss ich an eine Inschrift an einem Fachwerkhaus in der alten Stadt Rheda-Wiedenbrück in meinem Wahlkreis Gütersloh denken: „Hüte dich vor den Katzen, die vorne lecken und hinten kratzen.“ Ihre Politik ist ein gigantisches Täuschungsmanöver. Auch das ist rekordverdächtig. (Beifall bei der SPD) Dieses Täuschungsmanöver setzt schon jetzt bei den Jüngsten an. Wir alle sind uns wohl darüber einig, dass gute Bildung der Schlüssel für den Einstieg in ein er- folgreiches Berufsleben und der Ausgangspunkt für die Teilhabe in unserer Gesellschaft ist. In eine gute Bil- dungsinfrastruktur müssen vorrangig die Finanzmittel fließen. Stattdessen setzen Sie die finanzielle Grundlage der Kommunen aufs Spiel. Ob bei der Erbschaftsteuer, den Unternehmensteuern, der Mehrwertsteuer oder dem Kindergeld, überall zahlen die Kommunen mit. Im Gegenzug werden die Kitagebühren erhöht, die Schul- bibliotheken werden nicht mehr ausreichend gefördert, Schwimmbäder und Theater werden geschlossen, und für die Benutzung von Sportplätzen und Sporthallen müssen Gebühren eingeführt oder deutlich erhöht wer- den. Das führt nicht zu mehr netto vom Brutto, sondern das führt zu weniger netto vom Brutto. (Beifall bei der SPD) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 3001 Klaus Brandner (A) (C) (D)(B) Ihre Aufgabe wäre stattdessen, durch Investitionen in Bildung dafür zu sorgen, dass junge Menschen auf die Arbeit von morgen vorbereitet sind. Dabei geht es aber nicht um Arbeit um jeden Preis. Nicht billig ist besser. Auch gilt nicht der Satz: „Sozial ist, was Arbeit schafft“, sondern: „Sozial ist, was gute Arbeit schafft“. Wir brau- chen gute Arbeit zu fairen Bedingungen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Was unternehmen Sie? Nehmen wir das Beispiel der Generation Praktikum. Der Missbrauch von Praktikan- ten wird nicht beendet. Prekäre Beschäftigungsverhält- nisse nehmen immer weiter zu. Was lesen wir heute? Anstatt sie einzuschränken, sollen sie erleichtert werden. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie im Koali- tionsvertrag als Sicherung des Kündigungsschutzes be- schrieben haben. Sie sorgen für mehr Unsicherheit an- statt für mehr Sicherheit. Da sollten Sie den Hebel ansetzen. (Beifall bei der SPD) Lassen Sie mich zur Leiharbeit und dem gesetzlichen Mindestlohn kommen. Das sind Baustellen, wo Sie die Würde der Arbeit wiederherstellen könnten. Aber bei Ih- nen ist hier durchweg Fehlanzeige. Jetzt lese ich, dass sich die konservative französische Regierung wegen des fehlenden Mindestlohns in Deutschland über eine Wett- bewerbsverzerrung zwischen den beiden Volkswirt- schaften beschwert. Auf Exportüberschüsse, die mit Niedriglöhnen und schlechten Arbeitsbedingungen er- zielt werden, dürfen wir nun gerade nicht stolz sein. (Beifall bei der SPD) Wir sollten vielmehr auf Arbeit, die unter guten Bedin- gungen qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleis- tungen schafft, stolz sein. Ich kann Ihnen nur anheim- stellen, sich daran zu orientieren. Bei einigen Themen spitzen Sie, immer wenn es eng wird, die Lippen. Dann kündigen Sie an, was Sie viel- leicht vorhaben. Ich denke an die Ankündigungen von Frau von der Leyen im Zusammenhang mit der Zeit- arbeit oder auch an Herrn Rüttgers, der Hartz IV als himmelschreiendes Unrecht empfindet. Das gilt auch für den nordrhein-westfälischen Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann, den ich sonst schätze, der nach ei- nem gesetzlichen Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche ruft. Aber wenn es konkret wird, dann bleiben die Ergeb- nisse aus. Es reicht nicht, dass man die Lippen spitzt, man muss auch pfeifen. Man muss die Dinge konkret an- gehen. Ansonsten bleibt man unglaubwürdig. (Beifall bei der SPD) Da Sie, außer bei der Neuverschuldung, mit Ihrem Haushalt kein ausreichendes Wachstum erzeugen, führen Ihre Maßnahmen zu allem Möglichen, aber nicht zu mehr qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen. Genau das aber wäre die Voraussetzung für einen nachhaltigen Schuldenabbau. Auch den Rentnern in unserem Land bietet die Regie- rung nichts. Es gibt keine Rentenerhöhung auf lange Sicht. Wir müssen uns vor Augen führen, dass in diesem Jahr die Renten in Westdeutschland um 2,1 Prozent ge- senkt werden müssten. Das ist einmalig in Deutschland. Würde es passieren, dann würde das zu großer Verun- sicherung und zu einer weiteren Schwächung der Bin- nennachfrage führen. Man kann nur durch ordentlich be- zahlte Arbeit einen solchen Trend stoppen. Auf dem Gebiet ist bei Ihnen Fehlanzeige. (Beifall bei der SPD) In diesem Haushaltsjahr stellen Sie die falschen Wei- chen. Ihr sogenanntes Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist doch in Wahrheit, wie Sie selbst wissen und wie in vielen Presseveröffentlichungen nachzulesen war, ein Wachstumsverhinderungsgesetz. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ein Umverteilungsbeschleunigungsgesetz!) Statt einer Traumkoalition erleben wir jeden Tag einen Regierungsalbtraum, verzweifelte Kommunen und einen Anstieg von Gebühren und Abgaben. Ihnen fehlen we- gen Ihrer inneren Zerrissenheit der Mut und die Kraft, aus der Krise die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wachs- tum erzielt man anders. Wachstum und Arbeit schaffen wir durch höhere Bildungsinvestitionen. Wachstum und Arbeit schaffen wir durch finanziell gesunde Kommu- nen. Sie stemmen den Löwenanteil öffentlicher Investi- tionen, Investitionen in neue Technologien für die Märkte von morgen, in Schlüsselfelder wie Energieeffizienz, Ma- terialeffizienz, erneuerbare Energien, Antriebstechnolo- gien und in eine verbesserte Kommunikationsinfrastruk- tur. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Wachstum und Arbeit schaffen wir durch mehr Binnen- nachfrage, nicht zuletzt durch bessere Löhne und mehr Einkommensgerechtigkeit sowie durch Entlastungen für die Menschen, die es am meisten brauchen. Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Wachstum und Arbeit schaffen wir auch durch mehr solidarische Betei- ligung derer, die es am besten verkraften können. Dieser Aspekt fehlt in Ihrem Haushalt 2010. Angesichts solch gravierender Mängel können wir diesem Haushalt nicht zustimmen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Das Wort hat nun der Kollege Dr. Hans Michelbach für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Haushaltswoche neigt sich dem Ende entgegen. Es ist an der Zeit, ein Fazit zu ziehen: Unsere christlich- liberale Koalition steht für eine Krisenbewältigung und für einen Neuaufschwung. Die Opposition dagegen redet alles schlecht. Das ist der Unterschied, den wir heute zur Kenntnis nehmen müssen. 3002 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Dr. h. c. Hans Michelbach (A) (C) (D)(B) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Wo bleibt denn Ihre Alternative? Neid, Angst, Mangel- verwaltung, Steuererhöhungen, Ausgabenmehrungen sind eben keine Alternative. Wir reagieren in kurzer Zeit auf die tiefgreifende Fi- nanzmarktkrise und den schwersten Wirtschaftseinbruch der Nachkriegszeit. Das sind die Tatsachen. Wir lassen, ökonomisch richtig, die automatischen Stabilisatoren wirken. Wir stellen wirtschaftliche Dynamik in den Mit- telpunkt, und wir schaffen eine neue Vertrauensbasis für Wirtschaft und Arbeitsplätze. Es ist eine Tatsache: Die- ser Haushalt ist antizyklisch, krisenbekämpfend, arbeits- platzschaffend, wachstums- und investitionsfreundlich. Wir verfolgen eine klare Wachstumsstrategie für neue Sicherheit, Konsolidierung und wirtschaftlichen Auf- schwung. Für die Realwirtschaft ist wichtig, dass wir zunächst einmal für einen stabileren Finanzmarkt sorgen. Die christlich-liberale Koalition hat bewirkt, dass die Politik – das ist wesentlich – wieder das Primat über die Finanz- märkte hat. Diese Koalition hat die Finanzierungschan- cen für die Wirtschaft wieder in Gang gebracht. Das hilft allen, insbesondere im Hinblick auf Investitionen und Arbeitsplätze in diesem Land. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Sven-Christian Kindler [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben bisher gar nichts gemacht!) Wir sanieren und regulieren die Finanzmärkte neu. Wir haben Schutzschirme aufgespannt und Konjunktur- pakete geschnürt. Wir haben den Kreditmediator einge- führt. Wir haben bereits neue Finanzmarktrichtlinien verabschiedet. Wir haben die Stärkung der Finanzmarkt- und Versicherungsaufsicht vorgenommen. Wir haben die Regelungen über die Angemessenheit der Vorstandsver- gütung und das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz ver- abschiedet. Zweifellos müssen wir noch mehr verabschieden. Denn eine solche Finanzmarktkrise darf sich nie mehr wiederholen. Das ist die Botschaft, die wir senden müs- sen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Wir werden ein neues Insolvenzrecht, neue Ratingver- ordnungen, ein Verbot ungedeckter Leerverkäufe und si- cher auch eine Regelung zur Kostenbeteiligung der Ban- ken auf den Weg bringen. Hier ist Vernunft angesagt. Wer nationale Alleingänge startet, begibt sich nämlich auf den Holzweg. Das Beschreiten internationaler Wege ist notwendig, wenn wir unsere Wettbewerbs- fähigkeit erhalten wollen. Wir wollen natürlich keine Substanzbesteuerung. Ei- nes darf nicht passieren: dass die Bankkunden und die Kreditnehmer in Zukunft über eine Bankenabgabe die Zeche zahlen; das wollen wir nicht. Vielmehr wollen wir Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Basis und die Stärkung unserer Realwirtschaft. Wir kämpfen gegen die Verletzung des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts, für dessen Schaf- fung Theo Waigel mitverantwortlich ist. Wir als wirt- schaftliche Lokomotive in Europa müssen bei der Ein- haltung dieses Pakts natürlich Vorbild sein. Ich bin zuversichtlich, dass wir über die mittelfristige Finanz- planung diese Vorbildfunktion in Europa übernehmen. Wer soll denn das sonst tun, meine Damen und Herren? (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Deswegen ist es so wichtig, dass keine Nivellierung der Wirtschaftsleistung Deutschlands stattfindet. Diese wirtschaftsstarke Nation ist für ganz Europa wich- tig und bedeutend. Wenn man nämlich zwei Kranke ins Bett legt, kommt noch lange kein Gesunder heraus. Des- wegen ist Nivellierung das Falscheste, was man in die- sem Bereich tun könnte. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das kommt darauf an!) Wir haben ein klares Konzept zur Stabilisierung des Finanzmarktes. Vonseiten der Regierungskoalition möchte ich Ihnen einmal sagen: Rot-Grün hat in der Vergangen- heit die Kasinotüren weit geöffnet. Heute tun Sie so, als ob Sie nicht gewusst hätten, dass man da Roulette spielt. Sie haben nämlich letzten Endes die Deregulierung der Hedgefonds vorgenommen. (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Das wollten Sie doch auch!) Sie haben die Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne von Konzernen eingeführt. Da wurde Roulette gespielt. Das ist der Ausgangspunkt für das Finanzmarktkasino. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!) Sie von Rot-Grün sind die Verursacher hiervon. Das ist Tatsache, meine Damen und Herren. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Unschuldig sind Sie auch nicht!) Im Übrigen, der Finanzminister hieß damals Hans Eichel. Meine Damen und Herren, wir wollen, dass unsere Realwirtschaft wieder neue Leistungsanreize bekommt. Für die Stärkung der Binnenwirtschaft haben wir Steuersenkungen beim Tarif in Höhe von 20 Milliarden Euro, Kindergelderhöhungen und Korrekturen bei den krisenverschärfenden Elementen der Unternehmen- und Erbschaftsteuer vorgenommen. Ich kann nicht verstehen, wenn ausgerechnet Manager dies nicht anerkennen. Es war eine große Leistung, dass wir Korrekturen bei der Substanzbesteuerung vorgenommen haben und damit die Möglichkeiten der Verlustnutzung in den Unterneh- men zur Sanierung und Erhaltung der Arbeitsplätze wie- der gestärkt haben. Das war eine großartige Leistung, die wir hier vollbracht haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 3003 Dr. h. c. Hans Michelbach (A) (C) (D)(B) Wir wollen weiterhin eine Steuerreform, die zu mehr Vereinfachung und Gerechtigkeit führt, zum Beispiel durch Reduzierung der kalten Progression, weil das den Menschen, der Wirtschaft und den Arbeitsplätzen in un- serem Land dient. Hierzu gibt es keine Alternative. Wir wollen, dass sich Leistung in Deutschland wieder lohnt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das musste jetzt auch noch einmal ge- sagt werden!) Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposi- tion, sagen, bei all dem handle es sich letztendlich um Steuergeschenke, dann entgegne ich Ihnen darauf: Sie haben ein falsches Staatsverständnis. Sie glauben, dass alles Geld der Bürger zunächst dem Staat gehört. (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Das lasse ich mir aber von Ihnen nicht vorschreiben! Das ist ja unglaublich!) Das Geld gehört aber zunächst den Bürgern selbst; diese müssen bereit sein, einen entsprechenden Obolus zu leis- ten. Hier liegt der entscheidende Unterschied zwischen Ihrer und unserer Philosophie. (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Reden Sie doch einmal mit den Bürgern! – Zuruf des Abg. Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]) Abschließend möchte ich folgendes Fazit ziehen: Wir werden die Haushaltskonsolidierung vornehmen, neues Wachstum schaffen, die Sozialsysteme stabilisieren. Die Herausforderung ist zweifellos groß, weil das Ganze mit einer dramatischen Veränderung des Altersaufbaus unse- rer Gesellschaft einhergeht. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ihnen laufen die Wähler davon!) Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen. Wir werden diese Herausforderung offensiv und positiv an- gehen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das war aber ein schwacher Auftritt!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächster Redner ist der Kollege Florian Toncar für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Florian Toncar (FDP): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Haushalt ist das Beste, was man in der jetzigen Lage aus der Haushaltssituation ma- chen kann. Er ist ein Haushalt, der angesichts der Lage, in der wir uns befinden, ausgesprochen gelungen ist. (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Glauben Sie doch selber nicht!) Ich möchte schon sagen, weil Sie, Kollege Bonde, wie eigentlich immer bei mir üblich, dazwischenrufen: Es ist unredlich, (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Da muss man doch zwischenrufen!) dass die Opposition hier den Eindruck erweckt, dass man mit einer Neuverschuldung in einer ganz anderen Größenordnung arbeiten könnte. (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: 7,5 Milliarden Euro weniger!) Man kann über jeden einzelnen Posten sprechen und sa- gen, da oder da wäre etwas anderes sinnvoller. Aber der Eindruck, den Sie erwecken, der ist einfach unredlich. Ich möchte einmal daran erinnern, Kollege Bonde, womit Sie abgetreten sind, als Sie im Jahre 2005 von den Bürgerinnen und Bürgern abgewählt worden sind. (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Woher wissen Sie das denn?) Da hatten wir nicht einmal eine im Ansatz vergleichbare Wirtschaftskrise. Die Neuverschuldung, für die Sie auch persönlich mit verantwortlich waren, betrug 4,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Deutschland war damals ei- nes der Sorgenkinder Europas. Heute ist das nicht der Fall. Heute gehört Deutschland, was die Neuverschul- dung angeht, zur Spitzengruppe Europas. (Joachim Poß [SPD]: Aber weshalb?) Ich glaube, das ist ein beträchtlicher Unterschied, auf den man hinweisen sollte. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Alexander Bonde [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben schon mit- bekommen, dass wir eine Rekordverschuldung haben!? – Zuruf der Abg. Petra Merkel [Ber- lin] [SPD]) – Das sind Tatsachen. Sie kennen die gesamte Problema- tik. Bei Rot-Grün war das jahrelang ein Problem. Es ist mitnichten so, dass die Höhe der diesjährigen Neuverschuldung irgendjemanden beruhigen könnte. Sie wissen, wie das alles zusammenhängt. Das hat mit der Krise zu tun, die weltweit zuschlägt. (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Regierungskrise!) Herr Kollege Bonde, es wäre redlich, wenn Sie darauf hinweisen würden, wie hoch die Neuverschuldung in den Ländern ist, die mit Deutschland verglichen werden können: in den USA zweistellig, Großbritannien zwei- stellig, Frankreich über 8 Prozent, Italien fast zweistellig und Spanien zweistellig. Das sind Industrieländer wie Deutschland, die von uns nicht weit weg sind. Die Neu- verschuldung liegt dort weit höher als in Deutschland. Es wäre redlich, das zu erwähnen. Bei all den Sorgen, die wir uns um den Haushalt machen müssen, stelle ich 3004 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Florian Toncar (A) (C) (D)(B) fest: Wir machen es besser als alle vergleichbaren Län- der um uns herum. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Wo gibt es denn so was?) Sie als Opposition haben darauf hingewiesen, dass es im vorliegenden Haushalt im Vergleich zum Regierungs- entwurf – auch im Vergleich zum Entwurf von Minister Steinbrück im letzten Jahr – Entlastungen durch die konjunkturelle Entwicklung und eine günstigere Arbeits- marktentwicklung gegeben hat. Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass wir die frei gewordenen Mittel für den Abbau der Staatsschulden verwenden. Sie haben verschwiegen – das wäre bei einer vollstän- digen Darstellung Ihrerseits zu erwarten gewesen –, dass wir im selben Zeitraum erhebliche Zusatzbelastungen hatten, (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Ja, die Hotel- steuer zum Beispiel!) für die wir Vorsorge treffen mussten. Als Ihre Regie- rungsmitglieder im letzten Oktober abgetreten sind, ha- ben Sie uns ein heruntergewirtschaftetes Gesundheits- system hinterlassen. Einen Monat nach der Wahl ist herausgekommen, dass der Gesundheitsfonds eine Lü- cke von 3,9 Milliarden Euro aufweist, die wir mit Mit- teln aus dem vorliegenden Haushalt stopfen müssen. Es sind Belastungen hinzugekommen, die Sie uns aufgebür- det haben und die wir im vorliegenden Haushalt berück- sichtigen mussten. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Da muss die Frau Merkel aber versagt haben!) Selbstverständlich gab es weitere Belastungen, die wir einarbeiten mussten, wie die Afghanistankonferenz und die UN-Klimakonferenz in Kopenhagen. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kopenhagen haben Sie nicht ein- gearbeitet!) Man muss feststellen: Wir haben trotz dieser Zusatzbe- lastungen und unter Berücksichtigung der Entlastungen einen Haushalt hinbekommen, der hinsichtlich der ge- planten Neuverschuldung deutlich unter dem liegt, was im letzten Jahr von Herrn Steinbrück und auch im zwei- ten Regierungsentwurf vorgesehen war. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sie verteilen Klientelgeschenke!) Die Frage ist, wie wir wieder zu mehr Wirtschafts- wachstum kommen. Die Kolleginnen und Kollegen von der Union haben bereits darauf hingewiesen, dass die Koalition beabsichtigt, in diesem Jahr das Thema Steu- ern anzugehen. (Joachim Poß [SPD]: Welche Rede haben Sie vor einem Jahr gehalten?) Ich kann mich dieser Absicht nur anschließen, und zwar aus zwei Gründen. Was das Wirtschaftswachstum an- geht, haben wir in der momentanen Situation zwei Pro- bleme: Das eine ist der Bereich der privaten Investitio- nen. Sie bleiben aus, weil Unternehmen oft nicht richtig planen können und daher zurückhaltend sind. Das an- dere – das ist eine dauerhafte Schwäche Deutschlands – ist der private Konsum, also das, was die Bürgerinnen und Bürger für ihren Bedarf ausgeben bzw. ausgeben können. An diesen beiden Punkten können Steuersen- kungen ansetzen und für die Wirtschaft tatsächlich etwas erreichen. Wir wollen diese Punkte angehen. Wir wollen eine Entlastung der Bezieher kleiner und mittlerer Ein- kommen, weil das fair ist und vor allem die Schwäche unserer Binnenkonjunktur beseitigt. Das ist die Voraus- setzung dafür, dass es wirtschaftlich wieder bergauf ge- hen kann. Darüber hinaus wollen wir eine Entlastung im investi- ven Bereich, Stichwort steuerliche Forschungsförde- rung. Es stellt sich die Frage, wie wir mit Investitionen, Abschreibungen und all den Instrumenten umgehen, die Unternehmen jetzt brauchen, damit sie wieder investie- ren können. Diese Strategie ist abgestimmt. Wir werden im nächsten Jahr die Schuldenbremse, die es in Deutsch- land zum Glück gibt, penibel einhalten. Wir werden den Haushalt Schritt für Schritt konsolidieren. Dieser Haus- halt ist ein Anfang. Wir haben bereits einiges eingespart. Diesen Weg werden wir weitergehen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Nichts gespart habt ihr! – Sven- Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Nicht gespart! Klientelgeschenke habt ihr verteilt!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nun bitte ich Sie noch um Aufmerksamkeit für den letzten Redner in dieser Debatte. Es ist der Kollege Leo Dautzenberg für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Haushalt ist ausrei- chend viel gesagt worden. Darüber ist ausreichend de- battiert worden. Ich möchte für meine Fraktion dennoch einige Dinge zur Finanzmarktproblematik und zur Finanzmarktpolitik darlegen, weil der Bund bei vielen finanzmarktpolitischen Aufgaben in einer finanziellen Verantwortung steht. Dieser Verantwortung kommen wir in Form bestimmter Sonderfonds und Sonderhaushalte nach. Deshalb gehört es zu einer Haushaltsdebatte, dass wir auch Bereiche des Finanzmarktes beleuchten. Auf- grund der Folgen der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise wurde der Bund schließlich in erheblichem Maße in An- spruch genommen. Verehrter Herr Kollege Poß, Ihr Vorhalt geht im Grunde fehl. Ich glaube, Sie sollten unser gemeinsames Wirken hier nicht unter Wert verkaufen. (Joachim Poß [SPD]: Das mache ich nicht!) Das gilt insbesondere für das, was wir mit dem Finanz- marktstabilisierungsgesetz und den Weiterentwicklun- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 3005 Leo Dautzenberg (A) (C) (D)(B) gen dieses Gesetzes auf den Weg gebracht haben, und dafür, wie wir die Stabilisierung des Finanzmarktes be- trieben haben. (Joachim Poß [SPD]: Auch die Konjunktur- pakete und die Managervergütung waren nicht schlecht!) Wir als Union werden die Politik auf dieser Grundlage fortsetzen. Wenn Sie dem Minister hier vorhalten, er hätte sich vorschnell zum EWF, zum Europäischen Währungs- fonds, geäußert, sage ich Ihnen: Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass er unabhängig von der Situation Grie- chenlands das Erfordernis anderer Strukturen und Me- chanismen als Handlungskasten sieht, um den Euro zu- künftig weiterhin stabil zu halten. Wenn man das unter das Thema „Europäischer Währungsfonds“ subsumiert, kann das von der Aufgabenstellung her im Grunde nur richtig sein. Was damit in keiner Weise beabsichtigt war – das ist hier immer klargestellt worden –, ist, den Ein- druck zu vermitteln, dass wir nur vordergründig einen Fonds gründen wollen, der nichts anderes als einen Finanzausgleich herbeiführen soll. Das kann vielleicht am Ende eines Prozesses stehen, wenn der Instrumenten- kasten für eine Fortentwicklung des Stabilitätspaktes und der Maastricht-Verträge für alle Staaten vorhanden ist. Von daher war das ein richtiger Beitrag, der in die Zukunft wies. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Was haben wir bisher schon auf den Weg gebracht? Das waren nationale Stützungsmaßnahmen. Es gibt jetzt eine stärkere Aufsicht über die Ratingagenturen; das werden wir umsetzen. Es gibt höhere Eigenkapital- vorgaben, auch vom Baseler Ausschuss, die wir um- zusetzen haben. Außerdem haben wir ein Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung auf den Weg gebracht. (Joachim Poß [SPD]: Richtig! Alles Vorschläge der SPD!) Außerdem kann die Aufsicht über die Finanzinstitute jetzt aufgrund der Aufsichtsrichtlinie auch auf die Ver- gütungssysteme in den Banken im Bereich unterhalb der Vorstandsebene Einfluss nehmen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Das sind doch entscheidende Beiträge, die wir schon auf den Weg gebracht haben. Herr Kollege Poß, es wäre hilfreich gewesen, wenn Sie es positiv unterstützt hätten, als sich unsere Regie- rung und unser Finanzminister am Montag auf der Fi- nanzministerkonferenz für eine Regulierung von Hedge- fonds eingesetzt haben. Da Großbritannien sich gegen die Umsetzung sperrt, müssen wir doch nachdrücklich um Unterstützung nachsuchen, damit wir auch auf die- sem Gebiet eine Regulierung auf den Weg bringen kön- nen, (Joachim Poß [SPD]: Da sind wir uns einig!) damit wir das umsetzen können, was in unserem Koali- tionsvertrag steht. In Zukunft soll es keine Finanz- märkte, keine Finanzprodukte mehr geben, die nicht ei- nem Mindestmaß an Regulierung unterliegen. (Joachim Poß [SPD]: Da sind wir uns ja einig!) Von daher sollten wir positiv registrieren, dass die Vorschläge, die Obama vorgelegt hat, zeigen, dass in den USA zumindest Handlungsbedarf erkannt worden ist. Wir sollten die Zeit nutzen, um das auch auf unserer Ebene, auf europäischer Ebene nach vorne zu bringen. Wir sollten mit nationalen Maßnahmen anfangen. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig!) Wir haben schon vor Monaten Eckpunkte vorgestellt – das war nicht überraschend; denn daran arbeiten wir schon seit Monaten – und gesagt, wo wir auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene Handlungsbe- darf hinsichtlich der Regulierung der Finanzmärkte se- hen. Das ist im Grunde – ich nenne das einmal so – unser Dreiklang: eine verbesserte, effektivere Finanzaufsicht – durch Bündelung der Finanzaufsicht bei der Bundes- bank – verbunden mit einem weiter gehenden Insolvenz- recht für Finanzinstitute und einem Restrukturierungs- fonds, der diese Maßnahmen begleiten und auf den Weg bringen soll. Das wollen wir mit einer Sonderabgabe für den Finanzsektor verbinden. Ich betone bewusst Finanzsek- tor, weil wir neben den Banken auch den Versicherungs- bereich einbeziehen müssen. Von daher sollte Herr Brüderle überlegen, ob es sinnvoll ist, von Anfang an be- stimmte Bereiche des Bankensektors davon auszuschlie- ßen. Gehen Sie davon aus, dass wir eine solche Sonder- abgabe in den jeweiligen Säulen des Bankensektors nach Risikogewichtung und nicht pauschal für den ganzen Banken- und Finanzsektor vornehmen werden. (Joachim Poß [SPD]: Da sieht man, dass die Koalition nicht handlungsfähig ist! Er spricht Herrn Brüderle an!) Von daher, Kollege Poß, sind wir hier auf gutem Wege. Gehen Sie davon aus, dass der Finanzminister und die Bundesregierung uns auf Grundlage dieser Forderungen im Frühjahr rechtzeitig Eckpunkte zu diesen Bereichen präsentieren werden. (Joachim Poß [SPD]: Was sagt die FDP? Was sagt Herr Brüderle?) Wir gehen davon aus, dass wir dies dann auch auf europäischer Ebene durchsetzen können. (Joachim Poß [SPD]: Sie gegen die FDP zu unter- stützen, das könnten wir uns überlegen!) Wir müssen aufpassen, dass die Maßnahmen, die wir na- tional in Gang setzen, mit den EU-Vorgaben kompatibel sind; sonst wäre das im Endeffekt kontraproduktiv. (Beifall bei der CDU/CSU) Noch eines: Denen, die hier immer betonen, man sollte einige Bereiche des Finanzsektors von der Sonder- abgabe ausschließen, weil sie die Krise nicht mit verur- 3006 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Leo Dautzenberg (A) (C) (D)(B) sacht haben, muss ich sagen: Wenn der Staat und damit der Steuerbürger die erfolgten Rettungsaktionen nicht unternommen hätte, wäre der gesamte Finanzbereich in Mitleidenschaft gezogen worden. Deshalb sollte man keinen Bereich von Anfang an aus einer bestimmten Pflicht entlassen. Wie gesagt, die Sonderabgabe wird risikoadjustiert sein. Daran sehen Sie: Die Union bleibt in der Finanzpoli- tik auf Kurs. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf dem falschen Kurs!) Schritt für Schritt werden wir die richtigen Maßnahmen umsetzen. Wir setzen darauf, dass wir sie auch auf inter- nationaler Ebene umsetzen können, um damit einen we- sentlichen Beitrag zu leisten. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Ich schließe die Aussprache. Wir kommen nun zur Schlussabstimmung über das Haushaltsgesetz 2010. Es geht dabei um die Druck- sachen 17/200, 17/201, 17/601 bis 17/616, 17/619 bis 17/625 sowie 17/1077. Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich weise darauf hin, dass nach dieser nament- lichen Abstimmung noch eine weitere namentliche so- wie zahlreiche einfache Abstimmungen über Entschlie- ßungsanträge folgen werden. Ich bitte nun die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre vorgesehenen Plätze an den Urnen einzunehmen. – Ist dies erfolgt? Sind die Plätze an den Urnen alle be- setzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die Abstim- mung. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme bei dieser ersten namentlichen Abstimmung nicht abgegeben hat? – Ich frage vorsichtshalber noch einmal, da gerade noch Stimmen abgegeben wurden: Haben alle anwesenden Abgeordneten ihre Stimme ab- gegeben? – Das ist der Fall. Dann schließe ich die Ab- stimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schrift- führer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.1) Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen nun zu den Entschließungsanträgen. Wir beginnen mit der Abstimmung über drei Entschließungsanträge der Frak- tion der SPD. Über den Entschließungsantrag auf Drucksache 17/1083 soll namentlich abgestimmt werden. Dazu bitte ich die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre Plätze wieder einzunehmen. Ist das erfolgt? Sind alle Plätze an den Ur- nen besetzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die Ab- stimmung. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das die Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist offensichtlich 1) Ergebnis Seite 3007 C nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte auch hier die Schriftführer um die Auszählung. Auch dieses Ergebnis wird Ihnen später bekannt gege- ben.2) Nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich Sie, nach Möglichkeit Platz zu nehmen, damit wir die weite- ren Abstimmungen vornehmen können und wir hier eine Übersicht über die Mehrheitsverhältnisse haben. Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/1082. Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungs- antrag ist abgelehnt mit den Stimmen der Koalitionsfrak- tionen bei Gegenstimmen der Oppositionsfraktionen. Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/1088. Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungs- antrag ist ebenfalls abgelehnt mit den Stimmen der Ko- alitionsfraktionen, der Fraktion Bündnis 90/Grünen und der Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen der SPD- Fraktion. Wir stimmen nun über sechs Entschließungsanträge der Fraktion Die Linke ab, zunächst über den Entschlie- ßungsantrag auf Drucksache 17/1081. Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Ent- schließungsantrag ist mit den Stimmen der Koalitions- fraktionen und den Stimmen der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen und der SPD abgelehnt gegen die Stimmen der Linken. Entschließungsantrag auf Drucksache 17/1084. Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Auch dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt mit dem gleichen Stimmenverhältnis. Entschließungsantrag auf Drucksache 17/1086. Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Auch dieser Entschließungsantrag ist mit dem gleichen Stim- menergebnis abgelehnt. Wir kommen zum Entschließungsantrag auf Druck- sache 17/1087. Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist ebenfalls abgelehnt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion der SPD gegen die Stimmen der Linken. Entschließungsantrag auf Drucksache 17/1089. Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist abgelehnt gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen. Nun kommen wir zum Entschließungsantrag auf Drucksache 17/1090. Wer stimmt dafür? – Wer ist dage- gen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist ab- gelehnt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke. 2) Ergebnis Seite 3009 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 3007 Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) (C) (D)(B) Ilse Aigner Axel E. Fischer (Karlsruhe- Jürgen Herrmann Dr. Karl A. Lamers Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Peter Gauweiler Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Josef Göppel Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dr. Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Peter Altmaier Land) Ansgar Heveling (Heidelberg) Nun kommen wir zur A schließungsanträge der Frak nen. Zunächst der Entschl sache 17/1085. Wer ist dafür Enthaltungen? – Der Entschl mit den Stimmen der Koalitio tion der Linken bei Enthaltun gen die Fraktion der Grünen. Entschließungsantrag auf stimmt dafür? – Wer ist dageg Entschließungsantrag ist eb Stimmen der Koalitionsfrakti bei Enthaltung der Fraktion men der Grünen. Entschließungsantrag auf stimmt dafür? – Wer ist dageg Entschließungsantrag ist geg mit den Stimmen aller übrige Entschließungsantrag auf stimmt dafür? – Wer stimmt d Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 569; davon ja: 313 nein: 256 Ja CDU/CSU bstimmung über vier Ent- tion Bündnis 90/Die Grü- ießungsantrag auf Druck- ? – Wer stimmt dagegen? – ießungsantrag ist abgelehnt nsfraktionen und der Frak- g der Fraktion der SPD ge- Drucksache 17/1091. Wer en? – Enthaltungen? – Der enfalls abgelehnt mit den onen und der SPD-Fraktion Die Linke gegen die Stim- Drucksache 17/1092. Wer en? – Enthaltungen? – Der en die Stimmen der Grünen n Fraktionen abgelehnt. Drucksache 17/1093. Wer agegen? – Enthaltungen? – Ralph Brinkhaus Gitta Connemann Leo Dautzenberg Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Auch dieser Entschließungsa Stimmenergebnis abgelehnt. Liebe Kolleginnen und K namentlichen Abstimmunge Deshalb unterbreche ich die der Ergebnisse der beiden nam (Unterbrechung von 1 Vizepräsidentin Gerda H Liebe Kolleginnen und K Sitzung ist wieder eröffnet. Es liegen nun die von d Schriftführern ermittelten namentlichen Abstimmung bekannt geben möchte. Zunächst das Ergebnis de stimmung über den Gesetzen das heißt über das Haushal Stimmen 569. Mit Ja haben g ben gestimmt 256, Enthaltun setzentwurf ist damit angenom Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich ntrag ist mit dem gleichen ollegen, die Ergebnisse der n liegen noch nicht vor. Sitzung bis zum Vorliegen entlichen Abstimmungen. 3.36 bis 13.43 Uhr) asselfeldt: ollegen, die unterbrochene en Schriftführerinnen und Ergebnisse der beiden en vor, die ich Ihnen gerne r namentlichen Schlussab- twurf der Bundesregierung, tsgesetz 2010: abgegebene estimmt 313, mit Nein ha- gen gab es keine. Der Ge- men. Manfred Kolbe Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach 3008 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) (C) (D)(B) Stefan Müller (Erlangen) Nadine Müller (St. Wendel) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Lucia Puttrich Daniela Raab Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Wolfgang Schäuble Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Marco Bülow FDP Jens Ackermann Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Hellmut Königshaus Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Torsten Heiko Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Nein SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 3009 Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) (C) (D)(B) Andrea Nahles Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Eva Bulling-Schröter Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothée Menzner Cornelia Möhring Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Uwe Kekeritz Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Oliver Krischer Agnes Krumwiede Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Olaf Scholz Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit (Beifall bei der CDU Nun kommen wir zu dem Abstimmung über den Entsc Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Konstantin Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer /CSU und der FDP) Ergebnis der namentlichen hließungsantrag der Frak- Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Alexander Ulrich Kathrin Vogler Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Birgitt Bender Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) tion der SPD auf Drucks Stimmen 565. Mit Ja haben g eine Enthaltung. Dieser Ents abgelehnt. Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Daniela Wagner Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler ache 17/1083: abgegebene estimmt 253, mit Nein 311, chließungsantrag ist damit Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann DIE LINKE Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Yvonne Ploetz Paul Schäfer (Köln) Michael Schlecht Dr. Herbert Schui Dr. Ilja Seifert Raju Sharma Dr. Petra Sitte Fritz Kuhn Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar 3010 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) (C) (D)(B) Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 565; davon ja: 253 nein: 311 enthalten: 1 Ja SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Sabine Bätzing Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Klaus Brandner Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Marco Bülow Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Elvira Drobinski-Weiß Garrelt Duin Sebastian Edathy Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Peter Friedrich Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf (Rosenheim) Michael Groschek Michael Groß Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Michael Hartmann (Wackernheim) Hubertus Heil (Peine) Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Hofmann (Volkach) Dr. Eva Högl Christel Humme Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Lars Klingbeil Hans-Ulrich Klose Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe (Leipzig) Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Petra Merkel (Berlin) Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Carsten Schneider (Erfurt) Olaf Scholz Ottmar Schreiner Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Peer Steinbrück Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Uta Zapf Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries DIE LINKE Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Steffen Bockhahn Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Annette Groth Dr. Gregor Gysi Heike Hänsel Inge Höger Dr. Barbara Höll Andrej Konstantin Hunko Ulla Jelpke Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Kipping Jan Korte Jutta Krellmann Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Ulla Lötzer Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Ulrich Maurer Dorothée Menzner Cornelia Möhring Niema Movassat Wolfgang Nešković Thomas Nord Petra Pau Jens Petermann Richard Pitterle Yvonne Ploetz Paul Schäfer (Köln) Michael Schlecht Dr. Herbert Schui Dr. Ilja Seifert Raju Sharma Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Sabine Stüber Alexander Süßmair Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Alexander Ulrich Kathrin Vogler Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Kerstin Andreae Volker Beck (Köln) Cornelia Behm Alexander Bonde Ekin Deligöz Katja Dörner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Winfried Hermann Priska Hinz (Herborn) Ulrike Höfken Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Uwe Kekeritz Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Anna Klein-Schmeink Ute Koczy Oliver Krischer Agnes Krumwiede Fritz Kuhn Stephan Kühn Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Nicole Maisch Agnes Malczak Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Krista Sager Manuel Sarrazin Christine Scheel Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Daniela Wagner Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 3011 Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) (C) (D)(B) Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Gitta Connemann Leo Dautzenberg Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Dirk Fischer (Hamburg) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Erich G. Fritz Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Peter Gauweiler Dr. Thomas Gebhart Norbert Geis Alois Gerig Eberhard Gienger Josef Göppel Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Olav Gutting Florian Hahn Holger Haibach Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Jürgen Herrmann Ansgar Heveling Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Thomas Jarzombek Dr. Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster Volker Kauder Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Volkmar Klein Jürgen Klimke Julia Klöckner Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Dr. Martina Krogmann Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Marlene Mortler Dr. Gerd Müller Stefan Müller (Erlangen) Nadine Müller (St. Wendel) Dr. Philipp Murmann Michaela Noll Dr. Georg Nüßlein Franz Obermeier Eduard Oswald Henning Otte Dr. Michael Paul Rita Pawelski Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Beatrix Philipp Ronald Pofalla Christoph Poland Ruprecht Polenz Eckhard Pols Lucia Puttrich Daniela Raab Thomas Rachel Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Erwin Rüddel Albert Rupprecht (Weiden) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Wolfgang Schäuble Dr. Annette Schavan Dr. Andreas Scheuer Karl Schiewerling Norbert Schindler Tankred Schipanski Georg Schirmbeck Christian Schmidt (Fürth) Patrick Schnieder Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Bernhard Schulte-Drüggelte Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Carola Stauche Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Karin Strenz Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew FDP Jens Ackermann Christine Aschenberg- Dugnus Daniel Bahr (Münster) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Klaus Breil Rainer Brüderle Angelika Brunkhorst Sylvia Canel Helga Daub Reiner Deutschmann Dr. Bijan Djir-Sarai Patrick Döring Mechthild Dyckmans Rainer Erdel Jörg van Essen Ulrike Flach Otto Fricke Paul K. Friedhoff Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Wolfgang Gerhardt Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Joachim Günther (Plauen) 3012 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) (C) (D)(B) Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Heiner Kamp Michael Kauch Dr. Lutz Knopek Pascal Kober Dr. Heinrich L. Kolb Hellmut Königshaus Dr. h. c. Jürgen Koppelin Sebastian Körber Patrick Kurth (Kyffhäuser) Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Sabine Leutheusser- Schnarrenberger Lars Lindemann Christian Lindner Dr. Martin Lindner (Berlin) Michael Link (Heilbronn) Dr. Erwin Lotter Oliver Luksic Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Dr. Birgit Reinemund Dr. Peter Röhlinger Dr. Stefan Ruppert Björn Sänger Frank Schäffler Christoph Schnurr Jimmy Schulz Marina Schuster Dr. Erik Schweickert Werner Simmling Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Joachim Spatz Torsten Heiko Staffeldt Dr. Rainer Stinner Stephan Thomae Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Enthaltung BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Birgitt Bender Damit sind wir am Ende der Debatte über den Haus- halt 2010 und auch am Schluss unserer heutigen Tages- ordnung. Ich berufe die nächste S destages auf Mittwoch, 24. Ich wünsche Ihnen ein angenehmes, wenn auch kur- zes Wochenende und schließe die Sitzung. .45 Uhr) wurde, es solle eine Sonderm Fraktion Die Linke gesagt: Ja Deutschland austragen, dann gen, zumal es zu zusätzlichen ünze geben, haben wir als wohl, wenn wir eine WM in möge sich der Bund beteili- Einnahmen kommt.“ itzung des Deutschen Bun- März 2010, 13 Uhr, ein. (Schluss: 13 Berichtigung 31. Sitzung, Seite 2868 (A), erster Absatz, der erste Satz ist wie folgt zu lesen: „Als darüber gesprochen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 3013 (A) (C) (D)(B) zung nachwachsender Rohstoffe – Drucksachen 16/14061, 17/591 Nr. 1.29 – DIE GRÜNEN – Drucksachen 16/12955, 17/591 Nr. 1.10 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Aktionsplan der Bundesregierung zur stofflichen Nut- Koch, Harald DIE LINKE 19.03.2010 Koenigs, Thomas BÜNDNIS 90/ 19.03.2010 Anlage 1 Liste der entschuldi Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aken, Jan van DIE LINKE 19.03.2010 Barchmann, Heinz- Joachim SPD 19.03.2010 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.03.2010 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 19.03.2010 Bollmann, Gerd SPD 19.03.2010 Buchholz, Christine DIE LINKE 19.03.2010 Burchardt, Ulla SPD 19.03.2010 Cramon-Taubadel, Viola von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.03.2010 Dörmann, Martin SPD 19.03.2010 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.03.2010 Götz, Peter CDU/CSU 19.03.2010 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 19.03.2010 Gohlke, Nicole DIE LINKE 19.03.2010 Golze, Diana DIE LINKE 19.03.2010 Granold, Ute CDU/CSU 19.03.2010 Hempelmann, Rolf SPD 19.03.2010 Hoff, Elke FDP 19.03.2010 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.03.2010 Jung (Konstanz), Andreas CDU/CSU 19.03.2010 Keul, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.03.2010 Anlagen zum Stenografischen Bericht gten Abgeordneten Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Ge- schäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nach- stehenden Vorlagen absieht: – Unterrichtung durch die Bundesregierung Nationaler Biomasseaktionsplan für Deutschland Kopp, Gudrun FDP 19.03.2010 Kossendey, Thomas CDU/CSU 19.03.2010 Mattheis, Hilde SPD 19.03.2010 Möller, Kornelia DIE LINKE 19.03.2010 Pflug, Johannes SPD 19.03.2010 Roth (Esslingen), Karin SPD 19.03.2010 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.03.2010 Dr. Scheer, Hermann SPD 19.03.2010 Senger-Schäfer, Kathrin DIE LINKE 19.03.2010 Dr. Steffel, Frank CDU/CSU 19.03.2010 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.03.2010 Dr. Troost, Axel DIE LINKE 19.03.2010 Werner, Katrin DIE LINKE 19.03.2010 Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 19.03.2010 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 3014 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 32. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. März 2010 (A) (C) (D)(B) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 17/720 Nr. A.4 Ratsdokument 17686/09 Drucksache 17/720 Nr. A.5 Ratsdokument 17697/09 Drucksache 17/720 Nr. A.6 Ratsdokument 17702/09 Finanzausschuss Drucksache 17/178 Nr. A.8 Ratsdokument 15047/09 Drucksache 17/504 Nr. A.17 Ratsdokument 10875/09 Drucksache 17/592 Nr. A.2 Ratsdokument 17760/09 Haushaltsausschuss Drucksache 17/504 Nr. A.19 Ratsdokument 12448/09 Drucksache 17/592 Nr. A.3 Ratsdokument 17588/09 Drucksache 17/720 Nr. A.11 Drucksache 17/136 Nr. A.74 Ratsdokument 10883/09 Drucksache 17/136 Nr. A.75 Ratsdokument 11374/09 Drucksache 17/136 Nr. A.76 Ratsdokument 11717/09 Drucksache 17/136 Nr. A.77 Ratsdokument 11778/09 Drucksache 17/136 Nr. A.78 Ratsdokument 12671/09 Drucksache 17/178 Nr. A.26 Ratsdokument 15305/09 Drucksache 17/504 Nr. A.20 EuB-EP 1985; P7_TA-PROV(2009)0063 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 17/136 Nr. A.84 Ratsdokument 12097/09 Drucksache 17/720 Nr. A.13 Ratsdokument 5272/10 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 17/136 Nr. A.99 EuB-EP 1975; P7_TA-PROV(2009)0019 Drucksache 17/315 Nr. A.4 EuB-EP 1981; P7_TA-PROV(2009)0056 Drucksache 17/315 Nr. A.5 EuB-EP 1983; P7_TA-PROV(2009)0059 Drucksache 17/315 Nr. A.6 EuB-EP 1984; P7_TA-PROV(2009)0060 Drucksache 17/592 Nr. A.7 Ratsdokument 5175/10 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 17/136 Nr. A.72 EuB-EP 1962; P6_TA-PROV(2009)0370 Drucksache 17/136 Nr. A.73 Ratsdokument 10628/09 EuB-EP 1995; P7_TA-PROV(2009)0103 Drucksache 17/592 Nr. A.8 EuB-EP 1996; P7_TA-PROV(2009)0104 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 17/136 Nr. A.118 Ratsdokument 12814/09 32. Sitzung Berlin, Freitag, den 19. März 2010 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2
    Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)