Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte Ihnen zu-
nächst einmal mitteilen, dass der Kollege Eckhardt
Barthel heute seinen 65. Geburtstag feiert.
(Beifall)
Ich gratuliere ihm im Namen des ganzen Hauses sehr
herzlich und wünsche alles Gute, auch für die kommen-
den Jahre.
Sodann möchte ich Sie davon unterrichten, dass die
Fraktion der CDU/CSU auf die von ihr verlangte Aktu-
elle Stunde verzichtet.
Die Fraktion der CDU/CSU hat mitgeteilt, dass der
Kollege Friedrich Merz zum 31. Dezember 2004 auf
seine Mitgliedschaft im Verwaltungsrat der Kreditanstalt
für Wiederaufbau verzichtet. Als Nachfolger wird der
Kollege Ronald Pofalla vorgeschlagen. Sind Sie damit
einverstanden? – Das ist der Fall. Damit ist der Kollege
Ronald Pofalla als Mitglied im Verwaltungsrat der KfW
bestellt.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
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Redet
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Informationsfreiheits-
gesetzes
– Drucksache 15/4493 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reakto
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO
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ung
. Dezember 2004
0 Uhr
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
er dem Kollegen Dr. Michael Bürsch von der
PD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Dr. Michael Bürsch (SPD):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor
ngefähr fünf Jahren hat die Regierungskoalition das
rinzip „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ entdeckt und
ur Grundlage ihres Handelns gemacht.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: So kann man es
auch sagen!)
Wir haben etwas Zeit gebraucht; aber das Ergebnis
echtfertigt die Dauer, mit der wir uns dem Thema Infor-
ationsfreiheit gewidmet haben. Wir haben heute die
reude, das Informationsfreiheitsgesetz in erster Lesung
u beraten. Der wesentliche Inhalt ist – auf einen ganz
infachen Nenner gebracht –: Jedermann hat Anspruch
uf Zugang zu amtlichen Informationen des Bundes.
ext
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Hans-Joachim Hacker [SPD]:
Jeder Mann und jede Frau!)
– Ich korrigiere: Jeder Mann, jede Frau hat Anspruch auf
Zugang zu amtlichen Informationen des Bundes.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Diese einfache Feststellung enthält, wenn man so
will, eine Umkehr der Beweislast. Bisher galt der Grund-
satz, dass Bürgerinnen und Bürger begründen müssen,
warum sie zu welchen amtlichen Informationen des
Bundes Zugang haben wollen. Diese Beweislast wird
n Satz „Jeder Mann, jede Frau hat An-
ng zu amtlichen Informationen des Bun-
. Das heißt: Wenn der öffentliche Sektor
in bestimmten Fällen nicht zugänglich
rsicherheit mit dem simple
spruch auf Zuga
des“ umgekehrt
Informationen
13946 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Dr. Michael Bürsch
macht, dann wird er das in Zukunft selbst begründen
müssen.
Ein kleiner internationaler Vergleich – darauf wer-
den meine Kolleginnen und Kollegen noch etwas ge-
nauer eingehen –: Über 50 Staaten der Welt gewährleis-
ten einen solchen Anspruch schon; sie haben ein
Informationsfreiheitsgesetz. In den USA gibt es schon
seit 40 Jahren gute, positive Erfahrungen mit einem sol-
chen Informationsfreiheitsgesetz, dem Freedom of Infor-
mation Act. In Schweden blickt man auf eine wesentlich
ältere Tradition der Gewährung von Informationsfreiheit
zurück. Dort gibt es seit 1766 ein entsprechendes Gesetz.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
„Von den Schweden lernen“ heißt auf diesem Gebiet
vielleicht auch „Das Richtige machen“. Das Prinzip der
Transparenz ist in Schweden zum Bestandteil der Ver-
waltungskultur geworden. Das geht in Schweden so
weit, dass jeder das Recht hat, zum Beispiel über ein
amtliches Kraftfahrzeugkennzeichen direkt über das In-
ternet zu erfahren, wer Eigentümer des betreffenden
Kraftfahrzeugs ist. Das geht noch weiter – das wäre in
Deutschland eine Revolution –:
(Norbert Geis [CDU/CSU]: Vielleicht auch, ob
das Auto schon bezahlt ist!)
Man kann in Schweden über das Internet auch erfahren,
wer welche Einkünfte hat und welche Steuererklärung er
abgegeben hat. Das hätte manches, was sich in den letz-
ten Wochen im Zusammenhang mit der Frage, welche
Politiker welche Einkünfte haben, ergeben hat, wahr-
scheinlich wesentlich früher transparent gemacht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Aber das ist nur ein kleiner Aspekt am Rande. Vielleicht
kommen wir auf dem Wege über das Informationsfrei-
heitsgesetz auch zu einer solchen Offenheit.
Was ist die Zielsetzung? Das Informationsfreiheits-
gesetz ist ein sozialdemokratisches Projekt, im Urkern
ein sozialdemokratisches Projekt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Norbert Geis [CDU/CSU]:
Jetzt wollen wir mal nicht übertreiben!)
– Herr Kollege, ich begründe dies. – Es ist sozialdemo-
kratisches Projekt, dem sich die Grünen angeschlossen
haben, was wir natürlich begrüßen. Wir haben gemein-
sam einen Weg gefunden, um daraus ein Gesetz zu ma-
chen.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: Das Bundeskanz-
leramt wollte das Gesetz stoppen!)
Es verwirklicht einen Satz von Willy Brandt, Herr Kol-
lege, der historisch ist und immer noch seine Bedeutung
hat, nämlich den Satz aus den 60er-Jahren: Mehr Demo-
kratie wagen.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: Dafür haben Sie
aber lange gebraucht!)
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ieser Satz wird mit dem Informationsfreiheitsgesetz
erwirklicht; denn Beteiligung der Bürgerinnen und
ürger am Gemeinwesen können wir nur von Menschen
rwarten, die auch informiert sind, die die Möglichkeit
aben, die Informationen über alles das, was im öffentli-
hen Bereich, in der Verwaltung passiert, auch tatsäch-
ch abzurufen. Also, „Mehr Demokratie wagen“ wird in
iesem Gesetz verwirklicht.
Das Gesetz verwirklicht noch etwas Weiteres, woran
uch ich persönlich ein großes Interesse habe. Die
nquete-Kommission „Bürgerschaftliches Engagement“
at sich in mehreren Jahren der letzten Legislaturperiode
it dem Thema „Bürgerengagement und Bürgerbe-
eiligung“ beschäftigt. Auch dort war Informationsfrei-
eit eine ganz entscheidende Forderung. Wenn wir mehr
enschen zum Engagement bewegen wollen, wenn wir
rreichen wollen, dass sich Menschen mit diesem Ge-
einwesen tatsächlich identifizieren, dann müssen die
enschen diesen Zugang zu Informationen im öffentli-
hen Sektor bekommen. Das Projekt Bürgergesellschaft,
as Bürgerengagement umfasst, hat sehr viel mit Infor-
ationsfreiheit und mit Zugang zu solchen Informa-
onen zu tun.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Hinter dem Projekt Bürgergesellschaft – insofern
och einmal der Hinweis darauf, dass es sich um ein so-
ialdemokratisches Projekt handelt – steckt auch die
rundidee, dass wir eine neue Verantwortungsteilung
wischen Staat und Gesellschaft brauchen. Wir brau-
hen ein größeres Stück Eigenverantwortung, aber auch
elbstorganisation von Bürgerinnen und Bürgern. Das
t aus meiner Sicht die richtige Leitlinie über all den
eformen, über die wir in diesen Tagen und Wochen re-
en. Wir brauchen an dieser Stelle Verantwortungstei-
ng, mehr Verantwortung in Richtung der Bürgerinnen
nd Bürger. Um ein Missverständnis von vornherein zu
ermeiden: Das kann nie und nimmer heißen, dass sich
er Staat aus allem zurückzieht, dass wir einen schlan-
en Staat erreichen oder dass wir nach 20 Jahren Maggie
hatcher nachmachen. Das kann nicht das Ziel sein. In
ezug auf das, was der Staat weiterhin als Aufgabe hat,
as er unterstützen muss, was er ermöglichen muss, darf
ngagement nie im Leben der Lückenfüller sein. In die-
em Projekt Informationsfreiheit steckt wirklich auch ein
normes Stück Förderung der Bürgergesellschaft. Von
aher: ureigenes SPD-Thema.
Mit diesem Gesetz soll auch das Gebot der Transpa-
enz verwirklicht werden. Wir reden überall in der Wirt-
chaft von Transparenz. Es sollen die Gehälter offen ge-
gt werden. Es gibt die Institution Transparency
nternational, die inzwischen in vielen Ländern der Welt
afür sorgt, dass Schluss ist mit der Korruption. Diese
rganisation hat auch Erfolge – so mühsam das in man-
hen Ländern sein mag –, weil Informationen zugäng-
ch sind. Transparenz, die wir in der Wirtschaft fordern,
ordern wir auch für die öffentliche Seite, damit Korrup-
on unterbunden wird, damit schon im Vorfeld deutlich
ird: Niemand, der im öffentlichen Sektor an so etwas
enkt, hat eine Chance, damit durchzukommen, weil es
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13947
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Dr. Michael Bürsch
nämlich veröffentlicht wird. An dieser Stelle haben wir
mit dem Informationsfreiheitsgesetz genau die andere
Seite der Medaille zu dem, was von der Wirtschaft er-
wartet wird, geprägt. Korruption zu vermeiden heißt
eben auch eine transparente Verwaltungskultur zu schaf-
fen, die dann gegen Korruption gewappnet ist. Ein offe-
ner Umgang mit öffentlicher Information ist die beste
Vorsorge gegen Filz und gegen Korruption.
Es gibt noch einen weiteren Aspekt, für den dieses
Gesetz ein Markenzeichen wird: Wir schaffen mit die-
sem Gesetz ein gutes Stück Modernisierung der Ver-
waltung. Wir bringen damit die Verwaltung wirklich
voran.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es liegt sehr nahe – mein Kollege Jörg Tauss kann als
Fachmann für den Datenschutz nachher genauer darauf
eingehen –,
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Datenschutz
macht er auch noch? Allzweckwaffe!)
dass wir das mit der elektronischen Verwaltung verknüp-
fen, das heißt, mit dem, was jetzt mit „Bund Online“ und
mit anderen Konzepten auf dem Wege ist. Transparente
Ausschreibungsverfahren stärken den Wettbewerb. Sie
reduzieren die Beschaffungskosten und sie helfen, Ver-
waltung zu modernisieren. Es gibt also vieles, was an
diesem Gesetz genau richtig ist, was in die Zeit passt.
Zu dem Faktum „Modernisierung der Verwaltung“
gehört noch ein anderer Aspekt: Es ist auch insofern ein
modernes Gesetz – darauf möchte ich besonders hinwei-
sen –, dass es kurz und bündig ist. Wer von Ihnen kann
ein Gesetz nennen, das nur 15 Paragraphen hat? Auch
das ist doch ein Fortschritt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Wir haben versucht, es so zu formulieren, dass es jeder
Mann und jede Frau lesen kann. Auch das ist ein Beitrag
zur Modernisierung und zum Abbau von Bürokratie.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Sogar Herr
Tauss versteht dieses Gesetz!)
– Nicht nur Herr Tauss versteht dieses Gesetz, sondern
wir haben versucht, es so zu formulieren – für Verbesse-
rungsvorschläge sind wir natürlich offen –, dass es aus
sich heraus verständlich ist.
Es hat einen Anspruch, den wir damit einlösen wol-
len, nämlich Informationsfreiheit zu gewähren. Der An-
spruch auf die Informationsfreiheit – darüber müssen wir
uns im Klaren sein – steht immer in einem Spannungs-
verhältnis zu anderen Rechtsgütern. Genau darin be-
steht die schwierige, aber aus meiner Sicht gelungene
Gratwanderung, die dieses Gesetz erbringt. Es steht im
Spannungsverhältnis zu Datenschutz, zur Wahrung von
Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und zum Schutz
des geistigen Eigentums. Daraus ergeben sich schwie-
rige Abwägungen. Das Gesetz hat aber die entsprechen-
den Vorschriften gefunden, es hat einen Weg gefunden,
auch diese Rechtsgüter zu schützen. Es gewährleistet
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lso den Schutz von besonderen öffentlichen Belangen,
um Beispiel der äußeren und inneren Sicherheit. Es ge-
ährleistet den Schutz von personenbezogenen Daten.
s gewährleistet in zureichender Weise auch die Wah-
ung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie
en Schutz des geistigen Eigentums.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: Das alles entschei-
den dann die Gerichte?)
Nun kommen wir zu den häufigsten Bedenken, die
egen dieses Gesetz geäußert werden: Wird damit nicht
ie Verwaltung lahm gelegt? Werden damit nicht Pro-
esslawinen ausgelöst? Werden damit nicht Behördenin-
erna offen gelegt, sodass die Verwaltung nur noch ganz
orsichtig agiert und bloß nichts in die Akten hinein-
chreibt, weil das dann der Öffentlichkeit zugänglich ge-
acht werden kann? Ich sage dazu: Wir haben noch
eine Erfahrungen, aber das Gesetz basiert auf Erfahrun-
en aus anderen Ländern, die durchweg positiv sind, wo
olche Szenarien eben nicht wahr geworden sind. Die
erwaltungen sind nicht lahm gelegt worden. Es sind
uch keine Prozesslawinen losgetreten worden. Ich darf
inen unverfänglichen Zeugen, Fritz Behrens, Innenmi-
ister in Nordrhein-Westfalen – dort hat man nämlich
chon Erfahrungen mit einem solchen Gesetz gesam-
elt –, zitieren:
Von einer Überlastung der Ämter kann keine Rede
sein. Im Gegenteil – das Gesetz müsste noch viel
bekannter werden und als Instrument der direkten
Beteiligung an gesellschaftlichen Prozessen häufi-
ger wahrgenommen werden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
erzlichen Dank, Fritz Behrens. Ich unterschreibe das.
Ich rate dazu, dass wir jetzt einfach einmal mit diesem
esetz, wie wir es nach dieser langen Zeit sorgfältig zu-
tande gebracht haben, einen Versuch machen, wie es
ndere Länder auch gemacht haben, um herauszufinden:
o funktioniert es, wo gibt es noch Sand im Getriebe,
o ist das Spannungsverhältnis zwischen der Informa-
ionsfreiheit einerseits und den Rechtsgütern, die ich ge-
annt habe, andererseits vielleicht nicht genügend ge-
ahrt?
Es liegt bei solch einer schwierigen Gesetzesmaterie
ahe, für den Schweiß, die Gedanken und die Arbeits-
raft, durch die das Gesetz gut geworden und nun end-
ich zustande gekommen ist, Dank zu sagen. Ich nenne
einen Kollegen Dieter Wiefelspütz,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
en wandelnden Vermittlungsausschuss, der diese
chwierige Gratwanderung, die wir dort vollbracht ha-
en, vorzüglich, wie ich meine, moderiert und dafür ge-
orgt hat, dass die Balance zwischen Rot und Grün, dem,
as wir als Parlamentarier wollten, und dem, was die
erwaltung dazu eingebracht hat, gewahrt ist. Er wurde
underbar unterstützt von Fritz Rudolf Körper, der die
chwierige Aufgabe hatte, die Meinungen der verschie-
enen Ministerien mit einzubringen, und der das auch im
13948 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Dr. Michael Bürsch
Sinne der Verwaltung durchaus mit Manneskraft und
starken Schultern getan hat.
(Gisela Piltz [FDP]: So genau wollten wir es
gar nicht wissen!)
Außerdem hatten wir Jörg Tauss als Unterstützer und ve-
hementen Betreiber dieses Themas an der Seite.
Von den Grünen haben sich Silke Stokar und Grietje
Bettin mit großem Engagement eingebracht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie
beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert
Geis [CDU/CSU]: Kaum zu glauben!)
Wir haben die Diskussionen schätzen gelernt, die uns
insgesamt weitergebracht haben.
Ich möchte auf der Arbeitsebene auch den beiden
Mitarbeitern Sven Berger und Jürgen Roth danken, die
unsere Gedanken, die manchmal etwas kraus und chao-
tisch waren, in die richtige Gesetzesform und uns damit
auf den richtigen Weg gebracht haben.
Wie sieht das weitere Verfahren aus? Wir werden im
neuen Jahr eine Anhörung haben, die das parlamentari-
sche Verfahren unterstützen wird. Es wird – so sieht es
das Gesetz vor – nach drei Jahren einen Bericht der Bun-
desregierung geben und nach vier Jahren eine Einschät-
zung von unabhängiger Seite, neudeutsch: eine Evalua-
tion. Das Gesetz ist befristet. Auch das zeigt, dass es ein
modernes Gesetz ist.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: Ob Befristung un-
bedingt ein Zeichen von Modernität ist, ist
doch sehr fraglich!)
Jeder, der sich mit Verwaltungsmodernisierung beschäf-
tigt hat, kann das bestätigen: Gesetze werden nicht be-
fristet, weil man nicht an sie glaubt, sondern weil man
damit eine Möglichkeit schafft, das, was man zu Papier
gebracht und als Gesetz niedergelegt hat, grundsätzlich
zu überdenken.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: Das ist aber keine
Befristung!)
Das ist für mich das Signal, das von einer Befristung
ausgeht.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: Das können Sie
jederzeit ohne Befristung!)
Es ist nicht nur bei uns, Herr Kollege, sondern auch in
anderen Ländern Stand der Technik, dass Gesetze befris-
tet werden, um die Möglichkeit zu schaffen, dass sie
grundlegend überarbeitet werden. Insofern ist auch das
ein Beitrag zur Modernisierung.
Ich rufe dazu auf, dass wir dieses Gesetz wirklich in
Anwendung bringen. Wir brauchen dazu vertrauensbil-
dende Maßnahmen in Richtung der Verwaltung in dem
Sinne, dass es nicht zu einer Überforderung und einer
Lahmlegung der Verwaltung kommt. Ebenso brauchen
wir ein wenig Vertrauensbildung in Richtung Politik, um
deutlich zu machen, dass das kein Teufelszeug ist. Ich
sage den Skeptikern: Lassen Sie es uns einfach mal ver-
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uchen! Ich glaube, der Weg ist der richtige und wir wer-
en damit Erfolg haben.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Beatrix Philipp für die
DU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Beatrix Philipp (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
en! Erstens. Herr Bürsch, ich weiß gar nicht, warum Sie
o skeptisch und pessimistisch sind. Wenn Sie von der
ualität des Gesetzentwurfs wirklich überzeugt wären,
ann könnten Sie auch etwas optimistischer in die Zu-
unft blicken.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das war doch ein
optimistischer Aufschlag! – Dr. Cornelie
Sonntag-Wolgast [SPD]: Er strotzt doch vor
Optimismus! – Norbert Geis [CDU/CSU]:
Dann hätte er auch nicht so lange gebraucht!)
enn Sie es nicht sind, könnte das allerdings daran lie-
en, Herr Bürsch, dass Sie eingangs gesagt haben: Jeder
at Anspruch auf Informationen des Bundes. – Damit
ecken Sie wieder, wie in den vergangenen sechs Jahren
so lange haben Sie ja gegackert, bis Sie das Ei gelegt
aben –,
(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Na, na!)
alsche Erwartungen. Denn auf immerhin anderthalb
eiten sind – sehr ordentlich, aber ich kann im Augen-
lick nicht beurteilen, ob komplett – alle die Bereiche
ufgeführt, in denen der Zugang zu Informationen ver-
chlossen ist.
(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das ist auch
richtig so!)
Herr Tauss, Sie müssten sich eigentlich jetzt aufregen,
eil Sie nämlich immer behauptet haben, es werde über-
aupt keine Einschränkungen geben. Darauf komme
ch gleich aber noch zu sprechen.
Zweitens. So einfach scheint das Ganze nicht zu sein.
ch könnte natürlich verstehen, Herr Bürsch, wenn Sie
eswegen Skepsis zum Ausdruck bringen, weil ja wohl,
enn ich das richtig gesehen habe, das Kanzleramt das
echt auf Akteneinsicht stoppen möchte. Jedenfalls geht
as aus Pressemeldungen hervor.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Was haben Sie
denn da gelesen? – Ute Kumpf [SPD]:
Schlecht recherchiert!)
„Schlecht recherchiert“? Wenn Sie meinen, dass da-
urch das Gesetz besser wird, haben wir natürlich noch
enauere Informationen. – Jedenfalls möchte Herr Mi-
ister Schily das Informationsrecht schon dann kappen,
enn die Belange bestimmter Bundesministerien berührt
erden.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13949
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Beatrix Philipp
Ich will das hier gar nicht werten. Das ist auch nicht
möglich, weil wir diesen Gesetzentwurf erst seit zwei
Tagen auf dem Tisch des Hauses haben. Aber der Ein-
druck, den Sie, Herr Bürsch, erweckt haben, nämlich je-
der könne demnächst alles einsehen, ist einfach falsch.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Dritter Punkt. Anscheinend soll es ein neues Quali-
tätskriterium dieser Bundesregierung sein – man muss
allerdings bemerken, dass sich die Bundesregierung an
diesem Gesetzentwurf nicht beteiligt hat, weil es unter-
schiedliche Auffassungen gibt; aber das ist gar nicht so
schlimm –, dass ein neues Gesetz kurz und bündig ist.
Darüber müssen wir einmal an anderer Stelle intensiv
sprechen. Es kann nicht sein, dass die Seitenzahl eine
Rolle spielt.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das fordert die
CDU doch immer! Kurze Gesetze und Büro-
kratieabbau!)
Herr Bürsch, im Rheinland würde man kurz und knapp
sagen: rein in die Kartoffeln – raus aus den Kartoffeln.
Sie haben für diesen Gesetzentwurf, wie ich eben
schon gesagt habe, sechs Jahre gebraucht. Wenn man
einmal schaut, warum es so lange gedauert hat, dann
stellt man fest, dass es in Ihren Reihen völlig unter-
schiedliche Auffassungen gibt. Die Meinungsunter-
schiede waren jedenfalls bis vorgestern nicht ausge-
räumt.
(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das
kommt überall vor!)
– Vielleicht haben Sie keine Kenntnis darüber, Frau Kol-
legin. Aber wir wissen,
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Es gilt das
geschriebene Wort!)
– seien Sie doch einmal ruhiger; ich habe Ihnen auch ru-
hig zugehört –, dass bis vorgestern nicht feststand, ob
wir heute über diesen Gesetzentwurf debattieren.
(Ursula Heinen [CDU/CSU]: Genau!)
Sie können das, was Sie gemacht haben, nicht als seriöse
Vorbereitung bezeichnen. Dass es bei Ihnen nicht kracht
und knallt, das können Sie uns nicht weismachen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Vierter Punkt. Ich will darauf verzichten, die Leidens-
geschichte dieses Gesetzentwurfs vorzutragen. Ich ver-
zichte auch darauf, Frau Stokar von Neuforn zu zitieren,
die sich zu Recht darüber echauffiert hat, dass Herr
Wiefelspütz der Auffassung war, man müsse warten, bis
die Regierung gestattet, einen Gesetzentwurf einzubrin-
gen. So habe ich ihn jedenfalls verstanden. Frau
Dr. Herta Däubler-Gmelin hat bei der Vorstellung von
neuen Projekten dieses angeblich größte Vorhaben je-
denfalls nicht erwähnt.
Außerdem ist noch zu bemerken, dass Sie zwei Koali-
tionsvereinbarungen gebraucht haben, bis es zu diesem
Gesetzentwurf kam. Nun liegt er auf dem Tisch. Ich
habe mir die Zeit genommen, einmal nachzuschauen, wo
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s kleine Unterschiede gibt. In der zweiten Koalitions-
ereinbarung fehlte die Formulierung „unter Berück-
ichtigung des Datenschutzes“. Herr Tauss, das hätte
ie auf die Barrikaden bringen müssen.
Es hat eine außerparlamentarische Initiative gegeben,
as ich in Ordnung finde. Dazu gehörte auch die Huma-
istische Union, in der pikanterweise der Datenschutz-
eauftragte Mitglied ist. Ferner haben sich der Deutsche
ournalisten-Verband, die Deutsche Journalistinnen- und
ournalisten-Union und Transparency International da-
an beteiligt und einen ganz vernünftigen Entwurf vorge-
egt.
(Jörg Tauss [SPD]: Bringen Sie den ein?)
ieser Entwurf war für Sie eine Initialzündung und Sie
aben sich auf den heute vorliegenden Gesetzentwurf
eeinigt. Ich nehme an, dass es zwischen Ihnen und die-
er Initiative keinen Konflikt gibt.
(Zuruf des Abg. Jörg Tauss [SPD])
Herr Tauss, Sie sind immer so aufgeregt.
(Jörg Tauss [SPD]: Nein, ganz entspannt!)
an kann Sie bis in den letzten Winkel des Hauses hö-
en. Sie können doch nachher vom Pult aus sprechen.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Man nennt dies
Debatte!)
Herr Minister Schily hat zu Recht schon bei der
mtseinführung des neuen Datenschutzbeauftragten
arauf hingewiesen, dass es einen Konflikt zwischen
atenschutz auf der einen Seite und Informationsfreiheit
uf der anderen Seite gebe, der nicht leicht zu lösen sei.
iese Auffassung ist akzeptabel. Wir werden uns im
ahmen der anstehenden Ausschussberatungen Mühe
eben, diesen Konflikt möglichst klein zu halten oder
ogar zu lösen. Trotzdem darf man an dieser Stelle Be-
enken äußern.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich die Bundes-
egierung an diesem Gesetzentwurf nicht beteiligt hat.
ch möchte gerne wissen – wenn das nicht der Fall ist,
ann es richtig gestellt werden –, ob Herr Wiefelspütz
nzwischen so darf, wie er möchte, was dieses Gesetz an-
eht. Sie haben in einer Fernsehsendung darauf hinge-
iesen, dass Sie ein Jahr lang an diesem Gesetzentwurf
earbeitet haben.
Auch in einem anderen Punkt teile ich die Auffassung
es Ministers, was nicht so häufig vorkommt. Es ist
chon merkwürdig, dass es häufig dieselben sind, die auf
er einen Seite mangelnden Datenschutz durch den Staat
eklagen und die auf der anderen Seite das Hohelied des
echts auf informationelle Selbstbestimmung singen
nd die volle Informationsfreiheit verlangen. Dieses
pannungsverhältnis – Herr Bürsch, auch Sie haben von
ielen Spannungsverhältnissen gesprochen; aber ich
laube nicht, dass Sie diese Spannung meinten – wird im
ahmen der Debatte behandelt werden.
Es mag ein Zeichen von Prophylaxe sein, wenn im
euesten Entwurf – ich gehe davon aus, dass der
13950 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Beatrix Philipp
Entwurf von vorgestern der neueste Entwurf ist – mit ei-
ner personellen Aufstockung um mindestens fünf Stel-
len beim Datenschutzbeauftragten gerechnet wird. Das
steht im neuesten Entwurf; das war bisher nicht vorgese-
hen. Mal schauen, ob es dabei bleibt!
Denn unbestritten ist doch – wer etwas anderes be-
hauptet, hat keine Ahnung –, dass sich dann, wenn Bür-
ger Einsicht nehmen wollen und an verschiedenen Stel-
len gesagt wird, das dürften sie an dieser Stelle nicht,
mehrere Leute mit diesem Wunsch befassen müssen.
Das macht natürlich die Schaffung neuer Stellen erfor-
derlich. Das muss man zugeben, wenn man ehrlich mit-
einander umgeht.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Schauen wir
mal!)
Unbestritten ist – ich glaube, es wäre nicht fair, wenn
man das nicht sagen würde –: Wir müssen natürlich das
Notwendige dafür tun, alle Möglichkeiten auszuschöp-
fen, um Korruption zu verhindern. Dazu kann das vor-
liegende Gesetz sicherlich ein Beitrag sein; das ist wahr.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Frau Philipp,
stimmen Sie dem zu, ja oder nein?)
Auch darüber werden wir noch sprechen.
Ich habe eine Frage, die aus meiner Sicht nicht gelöst
ist; vielleicht können Sie, Herr Tauss, sie beantworten.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Ja, das machen
wir!)
Im vorliegenden Gesetzentwurf steht:
Das Gesetz soll das Verwaltungshandeln … trans-
parenter gestalten.
Richtig ist natürlich, dass mehr Informationen über das
Verwaltungshandeln zugänglich gemacht werden sollen.
Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie das Gesetz selbst
auf das Handeln der Verwaltung Einfluss nimmt.
(Beifall der Abg. Ilse Falk [CDU/CSU])
Das müssten Sie einmal erklären. Sie könnten sagen:
Das bisherige Handeln ist im Prinzip korrekturbedürftig.
Das ist ein Vorwurf, der begründet werden müsste. Des-
wegen hieß es auch im, so glaube ich, vorletzten Ent-
wurf, dass das Verwaltungshandeln transparenter ge-
macht werden müsste. Damit bin ich völlig
einverstanden. Warum Sie sich inzwischen davon verab-
schiedet haben, weiß ich nicht. Warum aber das Verwal-
tungshandeln an sich durch dieses Gesetz anders werden
würde, wie Sie glauben, das müsste man einmal genauer
hinterfragen.
Dass es schließlich zu Fehlern der Regierung kom-
men und es auch beanstandungswürdiges Verwaltungs-
handeln geben kann, das wissen wir.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Diese Regie-
rung macht keine Fehler, Frau Philipp! – Ge-
genruf der Abg. Gisela Piltz [FDP]: Doch, das
habe ich gestern nachgewiesen!)
– Herr Wiefelspütz, dass diese Regierung keine Fehler
macht, suggerieren Sie all überall auf den Tannenspit-
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en. Selbst die Bevölkerung glaubt Ihnen das nicht mehr.
ass Sie das noch glauben, mag etwas damit zu tun ha-
en, dass Sie hier sitzen.
Unbestritten ist also, dass Fehler gemacht werden.
ber dafür gibt es doch den jährlichen Prüfbericht des
undesrechnungshofes. Nun wäre es eigentlich nahe
iegend, dass man diesen Bericht – wie haben Sie eben
esagt, Herr Bürsch? – „jedermann“ zugänglich macht.
ber just dieser Bericht des Bundesrechnungshofes fällt
nter die Kategorie der Verwaltungsinformationen, die
icht zugänglich gemacht werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und
der FDP)
as ist ein Bruch in der Logik, den Sie sicherlich gleich
ufklären können. Dies leuchtet mir überhaupt nicht ein.
s kann doch nicht wahr sein, dass man einerseits Trans-
arenz schaffen will und anderseits dort, wo man bereits
ransparenz geschaffen hat, einen Zugang zu Informati-
nen verweigert.
Herr Tauss, eben haben Sie sich ja wie immer aufge-
egt.
(Jörg Tauss [SPD]: Nein!)
er „Spiegel“ schrieb am 11. Oktober – das ist erst zwei
onate her –, dass Sie gesagt haben:
(Ute Kumpf [SPD]: Frau Philipp, Sie sind ja
ganz begeistert von Herr Tauss!)
Bis auf die Geheimdienste soll es im neuen Gesetz
keine Ausnahmeregelung geben.
(Jörg Tauss [SPD]: Ach!)
Da müssen Sie sich beim „Spiegel“ beschweren.
timmt das nicht, was da geschrieben wurde? Da war
hre Fraktion sehr viel schlauer und realitätsnäher.
Im vorliegenden Gesetzentwurf sind insgesamt
4 Ausnahmeregelungen vorgesehen. – Herr Bürsch,
ie sprachen ja davon, dass jedermann Zugang haben
olle. – Ich bin sicher: Es wird nicht bei diesen
4 Ausnahmeregelungen bleiben. Ich sage für meine
raktion, die, da der Gesetzentwurf erst vor kurzem ein-
ebracht wurde, noch keine abschließende gemeinsame
einung dazu hat, dass wir nicht wissen, ob es bei die-
en Ausnahmeregelungen bleibt, ob sie zu zahlreich oder
u gering sind. Aber ein ungehinderter Zugang zu allen
erwaltungsinformationen ist sicherlich nicht möglich.
s muss zumindest – so ist das in Nordrhein-Westfalen
orgesehen – ein berechtigtes Interesse bestehen. Dass
ich jeder in der Verwaltung bewegen kann, nur weil er
paß haben will, dient nicht der Transparenz.
Im Übrigen haben Sie gleich die Möglichkeit, die
rnsthaftigkeit Ihres Informationsfreiheitsgesetzes ganz
onkret unter Beweis zu stellen. Denn im Anschluss an
iese Debatte fordern wir die Bundesregierung auf, die
orgänge bei der Mauteinführung transparent zu ma-
hen. Wenn Sie es ernst mit dem Zugang zu Informatio-
en meinen, dann können wir nur mit Ihrer Zustimmung
echnen. Sie können damit ganz konkret beweisen: Wir
einen es ernst.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13951
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(B) )
Beatrix Philipp
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP)
Wenn Sie eine Aufklärung der Vorgänge bei der Maut-
einführung, in deren Zusammenhang nicht nur auf natio-
naler, sondern auch auf internationaler Ebene der Kopf
geschüttelt wurde, wenn ich das so sagen darf,
(Ute Kumpf [SPD]: Sie haben doch gar keine
Ahnung von der Technik!)
und bei der es um viel Geld geht – bei der Aufklärung
geht es nicht nur darum, was der eine oder andere da ge-
macht hat –, verweigern, dann haben Sie die erste
Schlacht um das Informationsfreiheitsgesetz verloren,
ehe wir überhaupt angefangen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP – Dr. Michael Bürsch [SPD]:
Darüber können Sie nur im Konjunktiv reden!)
– Nein, Herr Bürsch, wissen Sie: Wir machen das immer
so, wie Sie eben gesagt haben: kurz und bündig. Konkre-
ter, als Ja zu sagen, wenn das Parlament die Vorgänge
bei der Maut erfahren will, geht es nicht.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Ja, gucken wir
mal!)
Das Parlament hat einen Auftrag. Deswegen ist es
mehr als recht und billig, wenn wir diesem Auftrag da-
durch nachkommen, dass wir uns mit den Fragen be-
schäftigen, über die jeder gern mehr wissen würde. Da-
rüber können wir gleich ausführlich sprechen. Sie sollten
das ernst nehmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind
nicht in der Stunde null unserer Demokratie. Die Infor-
mation der Menschen in unserem Lande ist und war im-
mer sichergestellt und für eine demokratische Meinungs-
bildung geeignet. Herr Tauss, das Grundvertrauen der
Bevölkerung in politische Entscheidungen und Entschei-
dungsprozesse wie auch in die handelnden Personen ge-
winnt man nicht durch neue Gesetze, sondern durch eine
glaubwürdige, verantwortungsvolle und zukunftsfähige
Politik, die berechenbar und zuverlässig ist und durch
ihre Argumente überzeugt.
(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Die
machen wir ja außerdem noch! – Jörg Tauss
[SPD]: Das machen wir ja! Das ergänzen wir
jetzt noch! – Dr. Michael Bürsch [SPD]:
Danke für den Werbeblock!)
– Nein, Herr Tauss, sie sollte nicht durch Brüllen, son-
dern durch Argumente überzeugen!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP – Dr. Michael Bürsch [SPD]:
Wunderbar!)
Die Menschen in unserem Land haben existenzielle Sor-
gen und Zukunftsängste. Beides sollten Sie ernst neh-
men. Daran sollte Ihre Regierungskoalition arbeiten,
wenn sie wirklich etwas für die Menschen in unserem
Lande tun will.
Stattdessen hat sich der Herr Innenminister – das ist
etwas zum Schmunzeln; aber wir sind ja in der Vorweih-
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achtszeit – im Zusammenhang mit dem Informations-
reiheitsgesetz eine verschlossene Auster verleihen las-
en. Dagegen kann man sich nur schwer wehren.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Was haben Sie
gegen Austern? – Dr. Michael Bürsch [SPD]:
Was ist das denn?)
Das kennen Sie nicht? Ich kann es Ihnen gleich zei-
en. – Ihre Gegenrede, Herr Minister, fand ich zwar aus-
esprochen spannend. Aber mit der Auster ist das so
ine Sache; denn es gibt immer noch Leute, die glauben,
ie könnten mit der Perle, die sie darin finden, eine
echnung bezahlen. Das klappt nur ganz selten.
(Heiterkeit des Abg. Dr. Michael Bürsch
[SPD])
eswegen glaube ich, dass aus dieser verschlossenen
uster, die Ihnen, Herr Minister, verliehen worden ist,
enn man sie öffnet, nicht gerade eine Perle von Infor-
ationsfreiheitsgesetz zum Vorschein kommen wird.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Frau Philipp,
Sie sind aber eine Perle!)
ennoch sind wir bereit, im Rahmen der Ausschussbera-
ungen und einer Expertenanhörung mitzuarbeiten. Ich
abe gehört, dass Ihre Terminvorstellungen schon relativ
eit fortgeschritten sind.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Ja, wir haben fünf
Jahre lang daran gearbeitet!)
ielleicht können wir darüber noch mit Ihnen reden.
ibt es eigentlich schon konkrete Termine?
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Nein, nein! –
Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Vereinbaren wir
mit Ihnen!)
Nein? Das ist gut.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Wir reden so-
gar miteinander!)
Wir reden nicht nur über Termine miteinander; das ist
n Ordnung.
Schließlich, Herr Bürsch, sage ich Ihnen: Es könnte
ein, dass Sie Recht haben, wenn Sie sagen, dass dieser
esetzentwurf viele Spannungsverhältnisse deutlich
acht.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das ist ja sehr
interessant!)
eswegen könnte es sein, dass es auch über das Infor-
ationsfreiheitsgesetz zu einer spannenden Debatte
ommt. Darauf freuen wir uns sehr.
(Beifall bei der CDU/CSU – Norbert Geis
[CDU/CSU]: Ja, wir freuen uns! – Gegenruf
des Abg. Dr. Michael Bürsch [SPD]: Ja, wir
uns auch! Ein schöner, weihnachtlicher
Schluss!)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Silke Stokar von
euforn vom Bündnis 90/Die Grünen.
13952 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD – Norbert Geis [CDU/CSU]:
Jetzt gibt es wieder was zum Zwischenrufen!)
Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist
tatsächlich ein bisschen wie Weihnachten; denn wir ma-
chen dem Parlament und den Bürgerinnen und Bürgern
ein Geschenk. Die einen mäkeln daran herum, einige
wollen es am liebsten wieder zurückgeben, aber es gibt
auch eine Reihe von Leuten, die sich darüber ganz ein-
fach freuen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD – Hans-
Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Ja, wir zum Beispiel!)
Hier ist gesagt worden, dass es Informationsfreiheits-
gesetze in unterschiedlicher Ausprägung in über
50 Staaten gibt. Ich möchte darauf hinweisen, dass auf
der Internetseite der EU, die seit 2002 eigene Regelun-
gen zur Informationsfreiheit hat, Fortschrittsberichte zur
Entwicklung der Informationsfreiheit in den einzelnen
Ländern veröffentlicht werden.
Es ist eine Tatsache, dass die große Industrienation
Deutschland in diesem Bereich Schlusslicht ist und dass
auf unserer grauen Landkarte nur aufgrund der Tatsache,
dass vier Bundesländer Informationsfreiheitsgesetze ha-
ben, zumindest ein paar Flecken von Informationsfrei-
heit zu finden sind. Ich denke, wenn wir den Anspruch
haben, eine moderne Mediengesellschaft zu sein, dann
gehört zum Selbstverständnis und zur Modernisierung
unseres Landes, dass auch wir ein Informationsfreiheits-
gesetz bekommen.
Lassen Sie mich nur am Rande erwähnen: Auch das
Umweltinformationsgesetz konnte im Parlament nur
aufgrund einer EU-Richtlinie verbessert werden.
Ich finde es richtig – nur so viel zu dem Verfahren –,
dass nach einem Jahr sehr intensiver Diskussion – –
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Jahre haben
wir mit Ihnen verbringen müssen!)
– Die anderen Jahre? Da gab es die Blockade der Sozial-
demokratie in der 14. Legislaturperiode! Zugegeben,
„Mehr Demokratie wagen“ ist eine grundsozialdemokra-
tische Idee, das Erbe von Brandt. Aber die Sternstunde
bei der Umsetzung dieses Anspruches war die Gründung
von Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –
Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Ach so war
das!)
Aber so weit müssen wir nicht in die Vergangenheit der
Idee der Informationsfreiheit gehen.
Natürlich war es nicht nur Manneskraft, sondern es
war in der Endphase auch ganz schön viel Frauenpower,
die dazu geführt hat, dass die Fraktionen den Mut hatten,
das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und zu sa-
gen: Wir haben genug verhandelt. Es besteht jetzt die
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efahr, dass dieses gute Gesetz zerredet wird, dass es zu
iner Blockade dieses Gesetzes kommt. Wir haben unse-
en Verfassungsauftrag wahrgenommen – wir, die Frak-
ionen, sind der Gesetzgeber – und einen Entwurf einge-
racht.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN – Norbert Geis [CDU/
CSU]: Muss aber nicht unbedingt der bessere
Entwurf sein!)
Frau Philipp, Sie haben sich auf den Entwurf der Ver-
ände bezogen. Aber das war nicht der Auslöser für un-
er Handeln, vielmehr waren wir zu diesem Zeitpunkt
chon mitten in den Verhandlungen. Dennoch hat er uns
och einmal beflügelt. Wir haben die sehr guten Anre-
ungen, die in diesem Entwurf enthalten sind, aufge-
ommen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wird die
DU/CSU ihre bisherige Blockade von Informations-
reiheitsgesetzen – Sie haben so etwas ja schon einmal
m Bundesrat verhindert – aufgeben; das freut mich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD)
ch freue mich auch auf die Änderungsanträge, die von
hnen kommen werden.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: Warten Sie es ab!)
ch möchte hier ankündigen, dass wir offen für Verbes-
erungen an dem Gesetzentwurf in die öffentliche Anhö-
ung hineingehen.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: So, wie er jetzt ist,
können wir ihn nicht annehmen!)
In der Diskussion ist ja deutlich geworden, dass wir
ns hier – deswegen sind es so schwierige Verhandlun-
en – in einem Spannungsverhältnis bewegen: Auf der
inen Seite ist da der Paradigmenwechsel, weg vom bis-
erigen Prinzip der Amtsverschwiegenheit. Grundsätz-
ich sollen die Bürgerinnen und Bürger Zugang zu
nformationen haben. Sie müssen dafür kein Interesse
achweisen – es reicht ihre Neugier und ihr Wille, sich
n politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen.
(Gisela Piltz [FDP]: Das reicht nach Ihrem Ge-
setzentwurf nicht aus, Frau Stokar!)
uf der anderen Seite stehen die schutzwürdigen
elange. Da Sie den Fall „Maut“ angesprochen haben:
u den schutzwürdigen Belangen gehören eben auch Be-
riebs- und Geschäftsgeheimnisse und Verträge mit Drit-
en. Über diese sehr schwierigen Fragen werden wir im
nnenausschuss und in der Anhörung sehr intensiv zu re-
en haben. Die Medaille hat eben zwei Seiten: Zwischen
atenschutz und Informationsfreiheit besteht ein Span-
ungsverhältnis. Wir sind aber sicher, dass es durch den
undesdatenschutzbeauftragten, der die Aufgabe eines
nformationsfreiheitsbeauftragten übernehmen wird, zu
inem guten Ausgleich in diesem Spannungsverhältnis
ommen wird.
Meine Damen und Herren, ich freue mich auf die De-
atte und ich denke, wir sollten dieses Gesetz in den
änden des Parlamentes behalten.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: Jedes Gesetz
bleibt im Parlament!)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13953
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Silke Stokar von Neuforn
Ich bin mir sicher, dass die Bundesregierung diesen Ge-
setzentwurf dann auch unterstützen wird.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Gisela Piltz von der
FDP-Fraktion.
Gisela Piltz (FDP):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
freue mich sehr, dass wir heute endlich den Entwurf ei-
nes Informationsfreiheitsgesetzes beraten.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Wo ist denn Ihr
Entwurf?)
Noch mehr hätte ich mich allerdings darüber gefreut,
wenn Sie, meine Damen und Herren von Rot und Grün,
die demokratischen Beteiligungsrechte, die Sie den Bür-
gerinnen und Bürgern zur Verfügung stellen wollen,
auch für das Parlament vorgesehen hätten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU – Silke Stokar von Neuforn
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das beginnt
doch heute!)
Es ist schon mutig und auch eine Missachtung der parla-
mentarischen Gepflogenheiten, einen Gesetzentwurf
zwei Tage vor der Beratung vorzulegen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU –
Norbert Geis [CDU/CSU]: Das ist unerträg-
lich!)
Erschwerend kommt hinzu, dass Sie Ihren Entwurf der
Presse schon seit Monaten verkaufen, ihn dem Parla-
ment jedoch vorenthalten. Aber das sind wir aus anderen
Bereichen ja leider gewohnt.
(Ute Kumpf [SPD]: Was? Also, Frau Piltz!)
Andererseits freut es uns in der vorweihnachtlichen
Zeit sehr, dass wir Ihnen damit die Gelegenheit geben,
sich als Fraktion einmal so richtig Mut gegenüber der
Regierung zu machen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Ich weiß wohl, dass meine Kritik vor allen Dingen an
die Bundesregierung gerichtet werden muss. Es tut mir
Leid, Herr Schily; das ist schon das zweite Mal in dieser
Woche.
(Jörg Tauss [SPD]: Nicht so devot, Frau Kolle-
gin! Sie sind Parlamentarierin!)
Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, Ihr
Umgang mit der eigenen Fraktion und damit auch dem
Parlament spottet doch eigentlich jeder Beschreibung.
Sie wollen hier eine lebendige Demokratie. Aber welche
Transparenz erwarten Sie eigentlich in den Beratungen,
wenn Sie den Fraktionsentwurf erst einmal im stillen
Kämmerlein zerrupfen und ihm im Kabinett alle Zähne
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iehen wollen, die Sie für gefährlich halten? Das wird ei-
em solchen Anliegen nicht gerecht.
Wie wollen Sie eigentlich den Bürgerinnen und Bür-
ern erklären, dass Sie sich für Ihren eigenen Bereich
it Händen und Füßen dagegen sträuben, die Informa-
ionsfreiheit zuzulassen? Es ist schon seltsam, in der Ko-
litionsvereinbarung ein Informationsfreiheitsgesetz zu
erankern und dann in den internen Beratungen alles da-
anzusetzen, es zu verhindern.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Woher wissen
Sie denn das? – Dr. Michael Bürsch [SPD]:
Waren Sie denn dabei?)
Herr Wiefelspütz, das alles weiß ich aus der Zeitung.
a Sie nicht widersprochen haben, kann ich davon aus-
ehen, dass es auch so ist.
(Beifall der Abg. Birgit Homburger [FDP] –
Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wir zeigen Ihnen
mal die internen Protokolle, wie konstruktiv
das vor sich ging!)
Ehrlich gesagt, Herr Bürsch, möchte ich mir nicht zu-
uten, alle Ihre internen Protokolle zu lesen. Vielen
ank.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Du hast gar
nicht die dafür notwendige Zeit! – Dr. Michael
Bürsch [SPD]: Ja, das ist Informationsfrei-
heit!)
Das, was heute hier vorgelegt wird, ist aus unserer
icht allenfalls halbherzig zu nennen. Ihr Gesetzentwurf
ässt erahnen, dass die Informationsfreiheit noch schnell
ier und da doch lieber eingeschränkt werden sollte.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Wo ist Ihr
Entwurf?)
ie anders lassen sich denn die handwerklichen Fehler
rklären?
Wir als FDP wollen Informationsfreiheit ohne Wenn
nd Aber.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Aber ohne
Entwurf!)
er Zugang zu amtlichen Informationen soll ohne Vo-
aussetzungen möglich sein. Sie aber verkaufen eine
ogelpackung.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Herr Tauss, hö-
ren Sie mal zu!)
Nach aktuellem Recht muss ein Informationsbegeh-
en von den Behörden nach pflichtgemäßem Ermessen
eschieden werden. Grundsätzlich gilt, dass, wenn ein
erechtigtes Interesse dargelegt wird, dem Begehren
tattzugeben ist. Das führen Sie in Ihrer Begründung
uch ausführlich aus.
Ich versuche es jetzt einmal als Juristin für Nichtjuris-
en zu erklären; das ist ein bisschen schwierig.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Das glaube ich!)
anchmal aber ist eben mehr erforderlich als nur ein be-
echtigtes Interesse, nämlich ein rechtliches Interesse.
13954 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Gisela Piltz
Das gilt zum Beispiel bei Auskunftsbegehren in Bezug
auf bestimmte Register. Rechtliches Interesse bedeutet
also ein Plus, ein Mehr an Voraussetzungen. Wenn Sie
nun in § 1 Abs. 1 Ihres Entwurfes schreiben, dass der
Anspruch bestehe, ohne dass ein rechtliches Interesse
dargelegt werden müsse, dann klingt das natürlich erst
einmal nach mehr Informationsfreiheit. Das ist es aber
nicht.
(Jörg Tauss [SPD]: Ist es auch! Ist es doch! –
Gegenruf der Abg. Beatrix Philipp [CDU/
CSU]: Schon wieder verloren!)
– Nein, Herr Tauss, dann haben Sie es nicht begriffen
– tut mir Leid –, denn durch diesen Nebensatz schränken
Sie in Wirklichkeit den Anspruch wieder ein. Er ist nicht
mehr voraussetzungslos; lediglich die schärfere Variante
der Voraussetzungen, das rechtliche Interesse, wird nicht
mehr gefordert.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Nimm ihm doch
nicht alle Illusionen!)
– Ich nehme ihm gern die Illusionen, aber ich glaube, er
hört nicht auf mich.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wir werden die
Einzelheiten gern im Ausschuss klären!)
Mit einem grammatikalischen Trick führen Sie sozu-
sagen durch die Hintertür ein, dass der allgemeine
Rechtsgrundsatz weiter gilt. Das hat nach unserer Auf-
fassung mit Informationsfreiheit nichts zu tun. Sie kön-
nen das auch der Begründung entnehmen. Es ist verräte-
risch, wenn Sie in der Begründung schreiben, der
Anspruch solle eigentlich weder ein rechtliches noch ein
berechtigtes Interesse voraussetzen. Sie widersprechen
also in Ihrer Begründung dem Gesetzentwurf und sich
selber.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wir klären das
mit Ihnen mal im Ausschuss!)
– Auf diese Klärung freue ich mich.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Genaue Lektüre
erspart falsche Kritik!)
Das ist, wie gesagt, nicht konsequent. Wir wollen ein
Informationsfreiheitsgesetz und kein Informationsver-
hinderungsgesetz.
(Beifall bei der FDP)
In § 3 Nr. 1 d schließen Sie den Anspruch auf Infor-
mationsfreiheit auch noch aus, wenn nachteilige Auswir-
kungen auf Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der
Finanzbehörden zu befürchten sind. In der Begründung
weisen Sie explizit darauf hin, dass hiervon gerade der
Steuerpflichtige betroffen ist, dessen Informationsan-
spruch gegenüber den Finanzbehörden ausgeschlossen
werden soll. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz hat
aber jeder Bürger schon jetzt einen Anspruch auf Infor-
mationen über die über ihn selbst gespeicherten Daten.
(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Aber nur für die eigenen!)
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as gilt selbstverständlich auch gegenüber den Finanz-
ehörden. Von daher ist dies auch wieder eine Ein-
chränkung, ein Minus und nicht ein Mehr an Informa-
ionsfreiheit.
(Beifall bei der FDP)
Natürlich dürfen Steuerstrafverfahren nicht gefährdet
erden, aber hiermit verschlechtern Sie in Wahrheit die
osition der Bürger, statt sie zu verbessern. Aber viel-
eicht meinen Sie es auch gar nicht so, wie Sie es in der
egründung schreiben; denn schließlich sollen Spezial-
esetze ja vorgehen, worunter in diesem Falle wohl das
undesdatenschutzgesetz fiele. Dann ist die Regelung
ber überflüssig.
Sie kündigen weiterhin an, dass Sie die Zusammen-
ührung der verschiedenen Informationsfreiheitsrechte
ealisieren wollen. Dann tun Sie es doch! Das Stück-
erk, mit dem Sie hier antreten, ist kein Beitrag zur
echtsklarheit. Sie stückeln hier ein wenig Verbraucher-
nformationsgesetz in das Lebensmittel- und Futter-
ittelgesetz, Sie regeln die Informationsfreiheit im Um-
eltbereich im Umweltinformationsgesetz und jetzt
egen Sie ein allgemeines Informationsfreiheitsgesetz
or.
(Ursula Heinen [CDU/CSU]: Ja, genau!)
Entscheiden Sie sich und machen Sie es einmal rich-
ig: Legen Sie ein vernünftiges allgemeines Informa-
ionsfreiheitsgesetz vor! Dann sind wir zufrieden.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Es ist hier schon mehrfach gesagt worden: Die Trans-
arenz der Verwaltung und die Kontrolle des Staates
ind Basisvoraussetzungen für eine offene und freie Bür-
ergesellschaft. Sicherlich ist eine Kontrolle der Behör-
en über dieses Gesetz richtig. Dadurch kann Korruption
erhindert werden. Ich glaube, hierin sind wir uns aus-
ahmsweise einmal alle einig, was kurz vor Weihnach-
en ja auch schön ist.
Wir begrüßen es, dass der Schutz personenbezogener
aten sowie von Betriebs- und Geschäftsgeheimnis-
en in diesem Gesetzentwurf strikt beachtet werden soll.
aneben begrüßen wir es, dass in dem vorliegenden Ge-
etzentwurf den Bedenken der Wirtschaft Rechnung ge-
ragen wurde – ich sage das, damit Sie nicht enttäuscht
ind, dass wir dazu nichts sagen –, indem der Schutz der
etriebs- und Geschäftsgeheimnisse ohne Ausnahme ge-
ährt wird. Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt, an
em wir nicht vorbeikommen.
Gleichzeitig haben Sie im Lebensmittel- und Futter-
ittelgesetz diesem Schutz vor zwei Wochen wesentlich
eniger Beachtung geschenkt.
(Ursula Heinen [CDU/CSU]: Ja, genau!)
as ist aus unserer Sicht keine stringente Politik, die den
nteressen der deutschen Wirtschaft auch nur ansatz-
eise Rechnung trägt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Sie wollen
doch auch nicht rinderwahnsinnig werden!)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13955
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Gisela Piltz
Ein weiterer Punkt: Das Vertrauen in das Behörden-
handeln wird aus unserer Sicht auch dadurch empfind-
lich gestört, wenn diese Falschinformationen verbreiten.
Laut § 7 Abs. 3 des Gesetzentwurfs sollen die Behörden
nicht verpflichtet sein, die Richtigkeit der Informatio-
nen zu überprüfen. Nun stellen Sie sich vor, es wird zum
Beispiel ein Bericht über eine Sekte erstellt, die als ver-
fassungsfeindlich eingestuft wird. Die Behörde gibt die-
sen also einfach heraus, ohne das weiter zu prüfen. Wäre
das in Ordnung und im Sinne des Bürgers? Oder stellen
Sie sich vor, das Verbraucherschutzministerium gibt ei-
nen fehlerhaften Bericht über eine angebliche Belastung
eines Lebensmittels heraus. Sie als Behörde prüfen das
nicht und der Betrieb geht Pleite. Wäre das im Sinne des
Bürgers? Aus unserer Sicht wäre es das nicht. Mehr
Überprüfung hilft dem Bürger. So gesehen hilft Ihr Ge-
setzentwurf leider nicht.
(Ute Kumpf [SPD]: Redezeit!)
Ein letzter Punkt, der heute auch schon erwähnt
wurde.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Time-out! Die
Zeit ist abgelaufen!)
– Herr Bürsch, das stellt immer noch der Präsident fest
und nicht Sie.
(Otto Fricke [FDP]: Bürsch schwätzt gerne!
Lass’ ihn doch!)
Die Kollegin Philipp hat es bereits gesagt – damit
komme ich zum Schluss –: Sie nehmen den Bundes-
rechnungshof von der Auskunftspflicht aus.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Der Eishockey-
grundsatz gilt auch hier!)
Gerade dann, wenn Sie, also das Regierungshandeln,
überprüft werden sollen, nehmen Sie sich aus. Das ist
Augenwischerei und das wird die FDP nicht mitmachen.
Wir sind gerne bereit, mit Ihnen zu beraten, um ein bes-
seres Informationsfreiheitsgesetz zu schaffen. So, wie es
ist, ist daran aber noch viel zu arbeiten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Jörg Tauss von der
SPD-Fraktion.
(Gisela Piltz [FDP]: Oh, nein!)
Jörg Tauss (SPD):
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr ver-
ehrten Damen und Herren! Die Kollegin Stokar von
Neuforn hat von der Sternstunde der Grünen gespro-
chen. Ich will in diesem Zusammenhang darauf verwei-
sen, dass Otto Schily bei dieser Sternstunde damals da-
bei war. Insofern ist hier natürlich kein Konflikt
hineinzuinterpretieren.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: So alt ist das
schon?)
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Frau Kollegin Philipp, ich weiß nicht genau, wie die
nformationsstränge innerhalb Ihrer Fraktion verlaufen,
(Otto Fricke [FDP]: Besser als bei Ihnen!)
ber ich will Ihnen folgende lustige Begebenheit schil-
ern: Ich habe dem Kollegen Stadler, den ich jetzt nicht
ehe – bei der FDP ist es also ähnlich –, angeboten, je-
erzeit zur Verfügung zu stehen, wenn es Fragen zu die-
em Verfahren gibt.
(Birgit Homburger [FDP]: Er war gerade hier,
Herr Tauss! Er hat Ihre Belehrungen aber nicht
nötig!)
ch habe im Büro Ihres innenpolitischen Sprechers ange-
ufen und ihm gesagt, dass wir in den nächsten Tagen
ertig sind
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Oh, haben wir
uns nicht alle bei Ihnen gemeldet? Ja, ist es
denn wahr!)
nd dass Sie sich jederzeit an den Kollegen Bürsch, den
ollegen Wiefelspütz und die Kolleginnen und Kollegen
er Grünen wenden können, wenn Interesse daran be-
teht, Informationen zum Verhandlungsstand zu bekom-
en. Was hat der Kollege Koschyk gemacht? Er hat of-
ensichtlich nicht Sie informiert, sondern er hat sich
chriftlich beim Bundesinnenministerium über diesen
nruf von mir beschwert. Das halte ich für einen ganz
erkwürdigen Vorgang. Bitte beklagen Sie sich jetzt
icht, Sie hätten keine Informationen gehabt! Ich hätte
s für ein normales parlamentarisches und kollegiales
erhalten gehalten, wenn wir uns hier vorher zusam-
engesetzt hätten. Sie wissen doch, ich schätze Sie sehr,
uch wenn es nicht auf Gegenseitigkeit beruht.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Was er alles
weiß!)
Kurt Tucholsky hat vor geraumer Zeit gesagt:
Das deutsche Schicksal: vor einem Schalter zu ste-
hen. Das deutsche Ideal: hinter einem Schalter zu
sitzen.
ch finde, dies ist ein sehr schöner Tucholskyspruch. Er
einte in erster Linie natürlich die Machtungleichheit
wischen Herr und Knecht bzw. Obrigkeit und Bittstel-
ern zu seiner Zeit. Auf den modernen Staat und die mo-
erne Verwaltung der Wissens- und Informationsgesell-
chaft angewendet, könnte man sagen: Damit wird eine
ewisse Informationsasymmetrie zwischen Bürgerin-
en und Bürgern und ihrer Verwaltung beschrieben.
Es geht nicht mehr in erster Linie um die Trennung
wischen Macht und Ohnmacht, sondern um die Schei-
ewand zwischen Wissen und Nichtwissen. Mit dem
orliegenden Informationsfreiheitsgesetz haben wir den
ersuch unternommen, diese Ungleichheit ein Stück
eit abzubauen und damit gleichzeitig einen Beitrag für
ie weitere Modernisierung von Staat und Verwaltung zu
eisten.
Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen für ein
nformationsfreiheitsgesetz verfolgt das Ziel, in Abkehr
on übertriebenen Grundsätzen der Vertraulichkeit
13956 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Jörg Tauss
staatlichen Handelns, das Verwaltungshandeln zumin-
dest des Bundes transparenter zu gestalten und die
demokratischen Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und
Bürger zu stärken. Bisher galt in Deutschland beim
Bund wie in den Ländern das althergebrachte Prinzip des
Amts- und Aktengeheimnisses. Jetzt wollen wir, liebe
Kollegin Piltz – nur so ist § 1 dieses Gesetzentwurfs zu
interpretieren –, einen voraussetzungslosen freien
Informationszugang gewähren. Dies ist in § 1 gemeint
und das geht auch aus seiner Begründung eindeutig her-
vor. Kollege Bürsch hat dies unter dem Stichwort „Je-
dermannsrecht“ bzw. „Jederfrausrecht“ bereits darge-
stellt.
Der Grundsatz dieses Gesetzes lautet tatsächlich:
Mehr Demokratie durch Transparenz wagen! Alle Vor-
rednerinnen und Vorredner seitens der Koalition haben
bereits darauf verwiesen, dass andere Staaten mit einem
solchen Gesetz wirklich gute Erfahrungen gemacht ha-
ben. Ein Blick auf die Landkarte macht deutlich, dass es
wirklich höchste Zeit ist. Dafür brauchen wir nicht bis
zum Jahr 1766 und zu den Schweden zurückzugehen.
Auch die jüngste Vergangenheit macht klar, dass es an
der Zeit ist, ein nationales Informationsfreiheitsgesetz,
das es anderswo schon gibt und in der Praxis genügend
angewandt wird, in Deutschland einzuführen.
(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]:
Wenn Herr Tauss spricht, ist das ein einziger
Zwischenruf!)
In einigen Ländern hat dieser Informationszugang so-
gar Verfassungsrang. Ein kleines Land wie Estland, das
neu der EU beigetreten ist, hat dies in vorbildlichster
Form geregelt. Wenn man über die EU-Erweiterung mit
ihren Belastungen redet, dann sollte man dabei auch be-
rücksichtigen, dass aus den neu beigetretenen Ländern
ein frischer Wind zu uns herüberweht. Das Verständnis
der Beitrittsländer von Verwaltungshandeln – ich be-
ziehe mich natürlich auf die postsowjetische Zeit – kann
für uns durchaus interessant sein.
In der Europäischen Union waren wir auf diesem Ge-
biet bisher ein weißer Fleck auf der Landkarte. Wir ha-
ben, wie ausgeführt, bisher kein Informationsfreiheitsge-
setz gehabt. In einigen Bundesländern wie Berlin,
Brandenburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-West-
falen gibt es bereits Landesinformationszugangsgesetze.
Sie haben sich in der Praxis bewährt.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: Das stimmt doch
gar nicht!)
– Dem Zuruf „Das stimmt doch gar nicht“ will ich wi-
dersprechen. – Auf europäischer Ebene haben wir seit
2001 eine entsprechende EU-Verordnung, dass Doku-
mente der Kommission, des Rates und des Europäischen
Parlamentes im Grundsatz der Öffentlichkeit zugänglich
sein müssen.
In all den Bereichen, von denen ich gesprochen habe,
kam es eben nicht zu den häufig in der Vergangenheit
prognostizierten bzw. befürchteten Verwerfungen, zu de-
nen ein solches Informationszugangsrecht führen würde,
wie etwa dem Lahmlegen der Verwaltung durch querula-
torische Anfragen, dem Ausspähen von Betriebs- und
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eschäftsgeheimnissen und einer zwangsläufig einset-
ende Prozesslawine. Ich kann nur sagen: In allen Län-
ern, die praktische Erfahrungen mit Informationsfrei-
eitsgesetzen gemacht haben, sind diese Befürchtungen
icht eingetreten. Dies ist ein wichtiger Ansatz für un-
ere weitere Diskussion.
Das Informationsfreiheitsgesetz ist eine Antwort,
rau Kollegin Philipp, auf immense gesellschaftliche
mbrüche im modernen Staat, der mit Etikettierungen
ie der Informations- und Wissensgesellschaft um-
chrieben werden kann. Wenn es zutrifft – ich als Bil-
ungs- und Forschungspolitiker bin überzeugt davon,
ass es zutrifft –, dass die entscheidende Ressource der
odernen Gesellschaft der Zugang zu Information und
issen ist, dann muss dies selbstverständlich auch für
ie Information bei Behörden und Verwaltungen prakti-
che Folgen haben. Davon sind wir überzeugt.
Unser Informationsfreiheitsgesetz soll den Zugang
er Bürgerinnen und Bürger zu diesen relevanten amtli-
hen Dokumenten und Informationen sicherstellen und
egeln. Ziel ist es, die Menschen in die Lage zu verset-
en, Verwaltungshandeln nachzuvollziehen und kon-
truktiv an diesem Verwaltungshandeln mitzuwirken.
ierfür sind Information und Transparenz in einer De-
okratie selbstverständlich zentrale Voraussetzungen.
ur informierte Bürgerinnen und Bürger und – da
timme ich Ihnen zu – nur informierte Parlamentarierin-
en und Parlamentarier können ihre Aufsichts- und Kon-
rollpflichten sachgerecht und effektiv erfüllen. Auch
ies ist Kennzeichen eines modernen demokratischen
taates.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und beim
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Im Vorfeld der heutigen Beratung wurden seitens der
erwaltung, aber auch von Teilen der Wirtschaft vor al-
em zwei Bedenken formuliert: Erstens werde ein IFG
usätzliche Bürokratie schaffen und damit dem Trend
ur Deregulierung und Entbürokratisierung entgegenste-
en. Zweitens bestehe mit einem IFG die Gefahr, dass
etriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Unternehmen
n die Öffentlichkeit gelangten, beispielsweise im Zu-
ammenhang mit Genehmigungs- oder Ausschreibungs-
erfahren. Aus diesen Gründen, liebe Kollegin Piltz, gibt
s Einschränkungen. Sie haben nach Ihrer grundsätzli-
hen Kritik an den Einschränkungen selbst gesagt, dass
inschränkungen an diesen Stellen sinnvoll sind.
Im Übrigen habe ich nicht jedes Zitat von mir, das im
Spiegel“ erscheint, im Kopf.
(Gisela Piltz [FDP]: So oft stehen Sie auch
nicht im „Spiegel“!)
enn es so wäre, dann wäre es ein völlig falsches Zitat.
ch habe nicht davon gesprochen, dass es außer für die
eheimdienste für keine Bereiche Ausnahmen gebe.
as ist so nicht richtig. Ich habe vielmehr gesagt, dass
ie Geheimdienste – das gilt natürlich auch für die Poli-
ei und für andere für die Sicherheit zuständige Behör-
en – von diesen Regelungen ausgenommen bleiben.
as gilt selbstverständlich auch für die Bundeswehr, wo
s um militärische Geheimnisse und die Sicherheit
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13957
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Jörg Tauss
betreffende Fragen geht. Das ist doch selbstverständlich.
Darüber braucht man gar nicht zu diskutieren. Kein
Mensch käme auf die Idee, dass es einem Kriminellen
gestattet werden kann, sich durch Blick in die Akte der
Polizei oder des Geheimdienstes Informationen zu ver-
schaffen. Das ist ein völlig undenkbarer Vorgang. Inso-
fern ist das, was hier befürchtet wird, übertrieben – so
steht es nicht im Gesetz – und lässt auf Missverständ-
nisse schließen.
Mit der Wirtschaft gab es Gespräche, zum Beispiel
mit dem BDI. Ich fand lustig, dass Herr Rogowski, der
auf einer Tagung des Arbeitgeberverbandes sagte, wir
sollten die Fenster in Deutschland öffnen und frischen
Wind ins Land lassen, beim Informationsfreiheitsgesetz,
das frischen Wind in die Verwaltung bringt, ganz schnell
die Fenster schließen wollte, weil möglicherweise die
Wirtschaft betroffen ist. Die Bedenken der Wirtschaft
kann man aufgreifen, Frau Kollegin Piltz. Es wäre Ihre
Aufgabe, als Lobbyistin der Arbeitgeberverbände zu
wirken.
(Gisela Piltz [FDP]: Lieber Lobbyistin als
Zwischenrufer!)
In anderen Ländern zeigt sich, dass die Wirtschaft
durch stärkere staatliche Transparenz nicht belastet wird,
sondern davon in hohem Maße profitiert. Es liegen dazu
Untersuchungen aus dem internationalen Bereich vor. Es
gibt eine interessante Studie der Bertelsmann-Stiftung,
die ich Ihnen allen zur Lektüre empfehle. Sie stellt fest,
dass erstens Unternehmen davon profitieren, wenn die
Verwaltung effizient arbeitet und Informationen syste-
matisch bereitstellt.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist aber
überraschend!)
Zweitens profitieren sie davon, dass eventueller Amts-
missbrauch, Misswirtschaft und Korruption – das gilt für
den Korrupten und für den Korrumpierenden – reduziert
werden. Drittens wird durch Nutzung des Informations-
zugangsgesetzes eine bessere Abschätzung von Ge-
schäftsperspektiven möglich. Viertens werden durch die
Verfügbarkeit von staatlicher, oft nicht genutzter Infor-
mation neue Geschäftsmodelle möglich – das zeigen
Beispiele in den USA – und damit können Arbeitsplätze
geschaffen werden.
Diese vier Punkte, die hier bezüglich der Wirtschaft
festgestellt worden sind, ermutigen uns, mit der Wirt-
schaft in die Diskussion zu kommen. Was übrigens ganz
besonders interessant ist – das sollte man auch wissen –:
In den USA und in Kanada kommen 50 Prozent der IFG-
Anfragen aus dem Kreis kommerzieller Akteure. Man-
che Quellen sprechen sogar von 80 Prozent.
Ebenfalls sehr interessant ist, dass deutsche Firmen,
die in den USA investieren und Geschäfte machen wol-
len, zu den intensivsten Nutzern des amerikanischen In-
formationsfreiheitsgesetzes gehören. Auch das ein hoch-
interessantes Ergebnis bereits bekannter Vorgänge, die
sich sicherlich auf uns übertragen lassen.
Transparency International ist bereits angesprochen
worden. Dabei handelt es sich um eine Antikorruptions-
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rganisation, die ein Ranking vieler Staaten erstellt und
estgestellt hat, dass es in Staaten mit Informationsfrei-
eitsgesetzen weniger Korruption als in anderen Staa-
en oder sogar keine Korruption gibt.
Ich will zum Schluss dieser Debatte noch einige
orte des Dankes vorbringen. Hierzu hat mein Kollege
ürsch bereits das eine oder andere ausgeführt. Spaßes-
alber haben wir uns vorhin gefragt, ob dieser moderie-
ende Mensch tatsächlich unser Kollege Wiefelspütz ist,
ie wir ihn sonst kennen. Er war es wirklich und er hat
ine wichtige Rolle gespielt.
(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)
Ich danke ausdrücklich dem Parlamentarischen
taatssekretär im Bundesministerium des Inneren, der
ft zwischen den Fronten stand und uns ebenfalls in ei-
er hervorragenden und sehr qualifizierten Art und
eise geholfen hat, übrigens mit den Beamtinnen und
eamten des Innenministeriums.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Die haben doch
gut gearbeitet!)
ch weiß nicht, an welchen Legenden Sie arbeiten. Es
ab zwar unterschiedliche Auffassungen, aber die Ar-
eitsebene des BMI war an allen Beratungen beteiligt.
ie waren mit Sicherheit nicht die Vorreiter dessen, was
ir erreichen wollten. Das gebe ich zu. Sie waren oft auf
er Seite der Bedenkenträger. Aber ich halte es für rich-
ig, dass diejenigen, die in den Ämtern und Verwaltun-
en arbeiten und über eine entsprechende Erfahrung ver-
ügen, in einem solchen Verfahren ihre Erfahrungen und
edenken in die Koalitionsberatungen mit einbringen.
as ist ein selbstverständlicher Umgang, den wir vonsei-
en unserer rot-grünen Regierungskoalition mit dieser
undesregierung pflegen. Dabei darf sich im Übrigen je-
er zu Wort melden. Das gilt selbstverständlich auch für
en Staatsminister im Bundeskanzleramt. Ich weiß nicht,
as Sie daran verwundert. Ich weise jeden Angriff in
iesem Zusammenhang zurück.
Ich bedanke mich bei dem Fraktionsvorsitzenden, den
raktionsführungen und dem Kollegen Hacker, der als
tellvertretender Vorsitzender beteiligt war. Frau Kolle-
in Rupprecht – sie sitzt gerade hinter mir –, ich bedanke
ich auch ausdrücklich beim Petitionsausschuss,
(Otto Fricke [FDP]: Tolles Gremium!)
er ein äußerst positives Votum abgegeben hat. Ich
laube, auch diese Entscheidung des Petitionsausschus-
es hat uns in unserem Vorhaben sehr gut vorangebracht.
Ich habe eine Bitte an die Opposition. Vonseiten der
DP haben wir gehört, dass Sie sich blondgelockt – –
(Gisela Piltz [FDP]: Vorsicht!)
Blondgelockt trifft es vielleicht nicht ganz. Ich wollte
on einem blondgelockten Jüngling sprechen, der sich
uf ein Pferd schwingt. Aber Spaß beiseite. Wenn Sie
ich sozusagen aufs Pferd schwingen, konstruktive Vor-
chläge machen und konstruktive Ansätze verfolgen, die
n die richtige Richtung weisen, dann heiße ich Sie herz-
ich willkommen.
13958 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
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Jörg Tauss
Das gilt natürlich auch für die Union. Der Kollege
Geis hat manchmal mit leichten Bedenken sein Haupt
gewiegt. Ich weiß noch nicht, wie er sich in seiner Rede
äußern wird. Der Kollege Geis ist so konservativ, dass er
auch ohne Rechtschreibreform konservativ mit c
schreibt.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: Das kommt aus
dem Lateinischen! Ich kann mich aber nicht
erinnern, das so gemacht zu haben!)
Aber vielleicht erleben wir auch hierbei eine Überra-
schung, indem wir von Ihrer Seite einen frischen Wind
verspüren. Das wäre wunderbar, weil wir dann das von
Kurt Tucholsky beschriebene Verhältnis zwischen der
Position vor und hinter einem Schalter zugunsten des
Bürgers gestalten könnten.
Erlauben Sie mir eine letzte Anmerkung zum Daten-
schutz. Wir haben den Punkten, die den Datenschutz be-
treffen und dazu in einem Spannungsverhältnis stehen
können, in der Form Rechnung getragen – das ist eine
intelligente Lösung, wie wir sie auch von den Ländern
kennen –, dass der Bundesbeauftragte für den Daten-
schutz gleichzeitig auch Informationsbeauftragter für
das Recht auf Akteneinsicht ist. Ich halte das für eine
vernünftige Kombination, weil Datenschutz und Infor-
mationsfreiheit zwei Seiten einer Medaille sind. Ich
glaube nicht, dass wir dafür fünf Stellen brauchen. Aber
das wird sich zeigen. Der Datenschutzbeauftragte – das
haben die Erfahrungen der Länder gezeigt – kann sehr
gut beide Funktionen ausüben.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wie Sie sicherlich
gemerkt haben, bin ich heute sehr entspannt und froh.
(Zuruf der Abg. Beatrix Philipp [CDU/CSU])
– Ja, Frau Kollegin Philipp. Ich habe heute Hochzeitstag,
bin seit 28 Jahren glücklich verheiratet
(Beifall des Abg. Norbert Geis (CDU/CSU)
und habe ein wunderbares Gesetz mit auf den Weg ge-
bracht. Insofern bin ich rundum zufrieden.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Was hier für
eine Redezeit verplempert wird! Das ist un-
glaublich!)
Wenn Sie sich an den Gesetzesberatungen konstruktiv
und mit Verbesserungsvorschlägen beteiligen, dann wer-
den wir einen guten Start ins neue Jahr haben.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN –
Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]:
Schönen Gruß an Ihre Frau!)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Da Sie es angesprochen haben, gratulieren wir Ihnen
natürlich, und zwar besonders zu Ihrer Frau.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Das ist wohl
wahr!)
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Norbert Geis.
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Norbert Geis (CDU/CSU):
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten
amen und Herren! Herr Tauss, auch von mir die Gratu-
ation, vor allen Dingen an Ihre Frau.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das artet jetzt
aber aus!)
Diese Gelegenheit darf man ja einmal nutzen.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wenn jeder mit
seinem Hochzeitstag kommt, wird es schwie-
rig!)
Ich habe bis jetzt nie die Gelegenheit gehabt. Mir ist
in solcher Vorteil nicht zuteil geworden.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Mein Sohn hat
außerdem Geburtstag!)
Lieber Herr Tauss, ich weiß nicht, ob ich „konserva-
iv“ jemals mit c geschrieben habe. Das deutsche Wort
tammt jedenfalls vom lateinischen Begriff „conservare“
b. Damals gab es noch kein k. Möglicherweise sind das
ewissermaßen noch Rückstände aus meiner Schulzeit.
Eine Vorbemerkung: Wir alle müssen aufpassen, dass
ir nicht ein Informationsfreiheitsgesetz auf den Weg
ringen, das lauter Ausnahmen enthält. Dass in einem
olchen Gesetz Ausnahmen vorgesehen werden müssen,
st selbstverständlich; das kann auch gar nicht anders
ein.
(Jörg Tauss [SPD]: Aber zu viele sollten es
nicht sein! Da haben Sie Recht!)
enn jedermann, wie es der vorliegende Gesetzentwurf
orsieht, das Recht auf Akteneinsicht hat – ob Inländer
der Ausländer, ob vom Ausland oder vom Inland –,
ann muss man sich natürlich die Frage stellen, ob dem
m jeweiligen Einzelfall nicht gewichtige Rechte entge-
enstehen. Das bedarf wieder Ausnahmeregelungen.
arüber sind wir alle sicherlich einer Meinung.
Es gibt ganz gewiss gute Gründe, das Informations-
echt der Bürger auszuweiten; denn die freie Meinungs-
ildung und damit die Möglichkeit der freien Meinungs-
ußerung hängen von den Informationsmöglichkeiten
b.
(Zuruf von der SPD: Aber?)
ie freie Meinungsbildung ist für die freie Meinungsäu-
erung notwendig. Letztere ist wiederum für das Funk-
ionieren der Demokratie notwendig und ist auch wichtig
ür den jeden einzelnen Menschen; denn Menschen sind
uf Kommunikation angewiesen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
as Bundesverfassungsgericht hat in einer sehr frühen
ntscheidung festgestellt, dass das Recht auf freie Mei-
ungsäußerung eines der vornehmsten Menschenrechte
st und dass das Recht auf Information zu diesem Men-
chenrecht gehört und selbstständig neben dem Recht
uf freie Meinungsäußerung steht. Konrad Hesse sagt,
ass es das Gegenstück zur freien Meinungsäußerung
st. Das Informationsrecht ist zweifellos ein Grundrecht.
o ergeben sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Grundgeset-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13959
(A) )
(B) )
Norbert Geis
zes zum einen das Recht auf freie Meinungsäußerung
und zum anderen das Recht, sich aus öffentlichen Quel-
len zu informieren, allerdings nicht aus den Inhalten der
Verwaltungsakten. Insoweit geht der vorliegende Ge-
setzentwurf über die Begrenzung des Art. 5 des Grund-
gesetzes hinaus. Das kann man machen. Aber darüber
muss man reden, weil das mit Abwägungsprozessen ver-
bunden ist.
Wir haben bereits in Spezialgesetzen Informations-
rechte für jedermann geregelt, beispielsweise im Um-
weltinformationsgesetz. Es ist aber fraglich, ob man
über die spezialgesetzlich geregelten Auskunftsansprü-
che hinaus ein generelles Auskunftsanspruchsrecht ein-
führen sollte. Die Koalitionsparteien haben sich mit die-
ser Frage schwer getan. Sonst hätten sie nicht sechs
Jahre benötigt, um einen entsprechenden Gesetzentwurf
vorzulegen. Auch die Regierung hat sich schwer getan
und ihre Bedenken geäußert, wie wir aus der „Berliner
Zeitung“ vom 11. Dezember 2004 wissen. Wir, die CDU/
CSU – das hat Frau Philipp schon gesagt –, teilen das
Anliegen des vorliegenden Entwurfes und haben gegen
die Möglichkeit, von der Regierung und der Verwaltung
mehr Informationen zu erlangen, nichts einzuwenden.
Allerdings müssen wir – vielleicht stärker, als Sie das
getan haben – auch die Nachteile einer solchen Regelung
bedenken.
Kommt es zu einem allgemeinen Informationsrecht
für jedermann, dann ist wahrscheinlich mit einer starken
Mehrbelastung der Verwaltung zu rechnen. Wenn tat-
sächlich jedermann davon Gebrauch machen würde,
dann kann man sich sehr leicht vorstellen, wie sehr die
Verwaltung belastet würde. Die Mehrbelastung resultiert
nicht daraus, dass beispielsweise ein Beamter in den
Keller gehen muss, um dort einen Akt herauszusuchen,
sondern, dass immer ein Abwägungsprozess notwendig
ist; denn in jedem Einzelfall muss abgewogen werden,
ob das Recht auf Information, das jedermann geltend
machen kann, nicht gegen die Geheimnispflicht des
Staates in bestimmten Fällen oder gegen das Recht einer
einzelnen Person auf Datenschutz verstößt. Ein solcher
Abwägungsprozess benötigt Zeit, führt zwangsläufig zu
einer Behinderung der Verwaltung und steht im Wider-
spruch zu den Bemühungen um Deregulierung und Ver-
fahrensbeschleunigung. Auch das sollte man in aller
Ruhe bedenken.
Weil im Einzelfall immer eine Abwägung vorgenom-
men werden muss, kann es auch zu einer Art doppelter
Aktenführung kommen. Es kann dazu kommen, dass
die Verwaltung in einer Akte all das zusammenfasst, was
für jedermann zugänglich sein soll, und in einer anderen
Akte, die zum selben Vorgang gehört, all die Vermerke
und Vorschläge unterbringt, die nicht für jedermann zu-
gänglich sein sollen. Es wäre verständlich, wenn es zu
einer solchen doppelten Aktenführung käme.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Das versucht die Staatsanwalt-
schaft auch immer!)
Das wäre jedoch sehr gefährlich, weil damit die Voll-
ständigkeit der Akten nicht unbedingt gegeben sein
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ürde. Darüber hinaus wäre die behördeninterne Zu-
ammenarbeit behindert.
Ein weiterer wichtiger Punkt, der heute noch nicht zur
prache kam, ist nach meiner Auffassung zu bedenken.
s geht darum, ob ein solches generelles Informations-
echt nicht zu sehr den Kernbereich exekutiver Eigen-
erantwortung einer Verwaltung oder Regierung stört.
ie Eigenverantwortung ist notwendig und ermöglicht
rst ein vernünftiges Verwaltungshandeln. Sie müssen
ich eines vorstellen: Einer Verwaltungsentscheidung
eht immer ein Abwägungsprozess voraus.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist in § 4
doch geregelt!)
Moment, ich will Ihnen den Zusammenhang erklären.
as ist eine Ausnahme und wenn Sie diese Ausnahme
ulassen, können Sie das Gesetz vergessen; denn jeder
nspruch auf Akteneinsicht greift unter Umständen in
en Kernbereich der Verwaltung hinein. Sie müssen im-
er bedenken, dass in einem Entscheidungsprozess
einungen geäußert werden, die in Form von Vermer-
en in die Akten gelangen und somit Gegenstand der
kte werden. Vielleicht ändert derjenige, dessen Äuße-
ung als Vermerk in der Akte steht, im Laufe des Prozes-
es seine Meinung und will sich nicht unbedingt festna-
eln lassen. Er wird es sich in einem anderen Fall drei-
is viermal überlegen, ob er seine Meinung noch einmal
n Form eines Aktenvermerks kundtun wird. Das stört
ach meiner Auffassung den Kernbereich der Verwal-
ung und wird in der Praxis sicherlich zu großen Schwie-
igkeiten führen. Ich glaube, dass wir darüber noch aus-
iebig nachdenken müssen, wenn dieses Gesetz wirklich
as Tageslicht erblicken soll.
Durch Akteneinsicht für jedermann könnte der Kern-
ereich von Regierung und Verwaltung gestört werden.
eshalb stellt sich die Frage, ob die Meinungsbildung
er Öffentlichkeit, die durchaus ein Recht auf Informa-
ion hat – dieses Recht unterschätzen wir keineswegs,
ondern unterstützen es vom Grundsatz her –, und das
ontrollrecht, das dadurch entsteht, wirklich so bedeut-
am sind, dass die Nachteile, die ich genannt habe, zu-
ückstehen können.
Den Berichten der Bundesländer, in denen dieses
echt bereits eingeführt wurde, entnehmen wir, dass von
em Recht auf Akteneinsicht völlig unbetroffener Bür-
er bisher noch nicht viel Gebrauch gemacht worden ist.
ass es das Recht der Akteneinsicht betroffener Bürger
ibt, ist unstrittig und nicht Gegenstand des Gesetzent-
urfs. Das Recht unbetroffener Bürger wird in den Bun-
esländern, in denen es bereits eingeführt ist, nicht sehr
ft wahrgenommen.
Wir hören aber, dass beispielsweise Organisationen
ie Scientology sehr wohl von ihrem Recht der Akten-
insicht Gebrauch machen, um Informationen darüber
u erhalten, wie groß das Verwaltungswissen über die ei-
ene Tätigkeit ist. Wir können uns auch vorstellen, dass
riminelle Organisationen ein solches Bedürfnis haben.
arüber hinaus können wir uns vorstellen, dass sich
echts- und linksextremistische Kreise, vielleicht auch
lamistische Kreise dieses Recht zunutze machen. Diese
spekte müssen bei der Beratung des Gesetzentwurfs
it bedacht werden.
13960 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Norbert Geis
Ich glaube auch nicht, dass Ihr Argument, durch das
unbeschränkte Informationsrecht von jedermann könnte
Korruption verhindert werden, zutrifft.
(Zuruf von der SPD)
– Ich will Ihr Argument durchaus anerkennen, bin aber
zunächst skeptisch, weil ich mir gut vorstellen kann,
dass diejenigen, die einen Händel miteinander haben,
alle Spuren auslöschen und diesen eben nicht aktenkun-
dig machen, sodass sich aus den Akten ein solcher Kor-
ruptionstatbestand sicher nicht ergibt. Deswegen ist auch
das Argument, man könne dadurch mehr Korruption
verhindern, genau zu prüfen und von dieser Prüfung
müssen wir unsere Zustimmung abhängig machen.
Insgesamt will ich aber noch einmal betonen, Herr
Bürsch, dass wir dieser Gesetzesvorlage, die in ähnlicher
Weise von der nordrhein-westfälischen CDU-Landtags-
fraktion eingebracht worden ist, offen gegenüberstehen.
Wir wollen mit Ihnen darüber diskutieren. Wir wollen
eine umfangreiche Anhörung durchführen und zusam-
men mit Ihnen dieses Gesetz so umgestalten, dass es
praktikabel wird. Dass wir dieses Gesetz unter Umstän-
den auch ablehnen, müssen Sie uns ebenfalls zubilligen.
Jedenfalls wollen wir hiermit unsere Diskussionsbereit-
schaft signalisieren.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Petra Pau.
Petra Pau (fraktionslos):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir diskutieren heute nicht einfach über ein Gesetz unter
vielen. Es geht um einen grundlegenden Mentalitäts-
wechsel im Verhältnis zwischen Bürger und Staat.
(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [frakti-
onslos])
Die Bürgerinnen und Bürger sollen ein Recht auf Akten-
einsicht erhalten und der Staat muss dem nachkommen.
Dieses demokratische Prinzip ist das Gegenteil vom her-
kömmlichen Amtsgeheimnis. Deshalb ist die PDS
grundsätzlich dafür.
Zur Vorgeschichte gehört allerdings auch, dass sich
alle Bundesregierungen – egal welche – bislang nicht
mit Ruhm bekleckert haben, wenn es um ein Informa-
tionsfreiheitsgesetz ging. Dabei wurde das erste Gesetz
dieser Art – es wurde heute schon erwähnt – schon 1766,
also vor fast 250 Jahren, in Schweden beschlossen. In-
zwischen haben die meisten EU-Staaten und auch die
Bundesländer nachgezogen. Nur der Bund folgt noch
überholten Standards.
Deshalb wird es höchste Zeit, dass uns hier ein gutes
Gesetz gelingt.
(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [frak-
tionslos])
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abei geht es nicht nur um ein allgemeines Prinzip.
ehr Transparenz ist die Grundlage für mehr Demo-
ratie und zugleich ein hilfreiches Mittel gegen Filz und
orruption. Daran gibt es bekanntlich keinen Mangel.
mtsstuben und Behördengänge sollen keine Blackbox
ehr sein, ihre Türen sollen geöffnet und die Rollläden
ehoben werden, sodass staatliches Innenleben für alle
eller und einsehbarer wird. So weit der gute Anspruch.
Das funktioniert aber nur, wenn berechtigte Ausnah-
en nicht zur Regel werden und wenn die Bürgerinnen
nd Bürger die gewünschten Informationen auch pro-
lemlos und unbürokratisch erhalten können. Genau
ier, bei den Ausnahmen und den Hürden, beginnen
ach dem Studium der Gesetzesvorlage allerdings meine
weifel. Erst in der vergangenen Woche hatten Bundes-
nnenminister Otto Schily und andere gegen das Gesetz
nterveniert. Es ging ihm zu weit. Das war zu erwarten,
chließlich geht es um einen Mentalitätswechsel und da-
ür ist nicht jeder geeignet.
(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]:
Sie haben Erfahrung darin!)
eshalb steht Rot-Grün vor einer Wahl: entweder ein
chlechtes Gesetz mit Otto Schily oder ein gutes Gesetz
rotz Otto Schily.
(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [frakti-
onslos] – Jörg Tauss [SPD]: Woher wissen Sie
das?)
Ich sage dies auch vor einem viel weiteren Hinter-
rund: Es darf nicht länger sein, dass sich der Staat wei-
erhin bedeckt hält, während er seine Bürgerinnen und
ürger immer nackter macht. Das ist aber Praxis beim
ollzug vieler Gesetze, die wir in diesem Jahr hier be-
chlossen haben, ob zu Hartz IV, zur Autobahnmaut,
um internationalen Datenhandel oder die so genannten
Otto-Pakete“. Die Bürgerinnen und Bürger werden im-
er gläserner und der Datenschutz wird immer löchri-
er. Das verträgt auf Dauer keine Demokratie.
(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [frak-
tionslos])
Deshalb muss der Trend gewendet werden: gläserne
athäuser und selbstbestimmte Bürgerinnen und Bür-
er. Von diesem Leitbild lässt sich die PDS leiten. Das
nformationsfreiheitsgesetz könnte dafür ein Baustein
ein.
(Anhaltender Beifall der Abg. Dr. Gesine
Lötzsch [fraktionslos] – Jörg Tauss [SPD]: Für
die Rathäuser können wir das leider nicht
gleich mitregeln! Das ist schwierig!)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Grietje Bettin.
Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-
egen! Endlich ist es so weit: Nach sechs Jahren, unzäh-
igen Verhandlungsrunden und einer Reihe von Kompro-
issen liegt uns heute ein Koalitionsentwurf eines
nformationsfreiheitsgesetzes vor.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13961
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Grietje Bettin
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN und der SPD)
An dieser Stelle möchte ich auch den Bürgerrechts-
verbänden für die tolle Unterstützung, die sie uns in die-
sem langen Prozess gewährt haben, ausdrücklich dan-
ken.
Bereits im Jahr 1986 hat die damalige grüne Bundes-
tagsfraktion den ersten Entwurf eines Gesetzes zur Re-
gelung des Rechts auf Akteneinsicht vorgelegt. Die da-
malige schwarz-gelbe Bundesregierung war jedoch nicht
bereit, sich vom Geist einer preußisch-obrigkeitlichen
Staatsdoktrin zu verabschieden und ihrer Verwaltung in
die Karten schauen zu lassen.
(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/
CSU und der FDP)
Bis heute, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP
und von der CDU/CSU, liegt von Ihnen keine Initiative
zur Stärkung der Informationsfreiheit vor. Das muss man
hier wirklich einmal ausdrücklich sagen.
(Jörg Tauss [SPD]: Das wird sich ja jetzt än-
dern!)
Heute, 18 Jahre nach der ersten Initiative, bringen wir
endlich mehr Transparenz in deutsche Amtsstuben.
In diesem Zusammenhang möchte ich betonen: Es
gab in den vergangenen Jahren auch in vielen Behörden
auf allen staatlichen Ebenen Kräfte, die sich selbst mehr
Transparenz und Bürgernähe geben wollten. Unser Ziel
ist es nun, durchsichtiges Verwaltungshandeln in
Deutschland möglichst flächendeckend einzuführen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN und der SPD)
Nach unserem Gesetz hat jeder einen Anspruch auf
Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber den Be-
hörden des Bundes, und zwar ohne ein besonderes Inte-
resse begründen zu müssen. Damit schaffen wir einen
neuen Grundsatz für Verwaltungshandeln: Nicht mehr
die Bürgerinnen und Bürger sind in der Begründungs-
pflicht; vielmehr müssen die Ämter darlegen, warum sie
in einzelnen, gesetzlich genau geregelten Fällen den An-
trag ablehnen.
Wir wollen damit nicht etwa – wie uns vielfach vor-
geworfen wurde – Bürokratie fördern oder Behörden
überlasten. Wir wollen vielmehr, dass Ämter und Ein-
richtungen des Bundes von sich aus ihr Wissen, zum
Beispiel über das Internet, zur Verfügung stellen. Das
ist heutzutage ziemlich kostengünstig möglich und bei-
spielsweise für uns Abgeordnete – zumindest für die
meisten von uns – ein Automatismus.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN und der SPD)
Information soll selbstverständlich für jede und jeden er-
hältlich sein. Dies senkt die Zahl der Anfragen und er-
höht den Kenntnisstand der Öffentlichkeit.
Freier Zugang zu Daten und Transparenz in Verwal-
tungen erleichtern im Übrigen die journalistische Re-
cherche und können helfen, Korruption vorzubeugen.
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o zeigt der internationale Korruptionsindex klar, dass
iejenigen Länder, die bereits ein Informationsfreiheits-
esetz haben, eine wesentlich geringere Bestechungsan-
älligkeit aufweisen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Jörg
Tauss [SPD]: Das stimmt, Kollege Geis! –
Otto Fricke [FDP]: Das merken wir in NRW! –
Norbert Geis [CDU/CSU]: Stimmt das für
NRW? – Jörg Tauss [SPD]: Was glauben Sie,
was dort sonst los wäre! – Dr. Michael Bürsch
[SPD]: Dort gibt es keinen Korruptionsindex!)
Wenn ich mir andere europäische Länder und diejeni-
en Bundesländer ansehe, in denen es Informationsfrei-
eitsgesetze gibt, so ist mir immer wieder unbegreiflich,
arum wir auf ein solches Gesetz so lange warten muss-
en. Klar ist: Mit dem weit reichenden Akteneinsichts-
echt ist ein gewisser Verwaltungsaufwand verbunden.
edoch sind in keinem der Länder mit einem Informa-
ionsfreiheitsgesetz Behörden unter einer Flut von An-
rägen zusammengebrochen und nirgends wurden Ver-
ahren und Prozesse durch Bekanntgabe von geheimen
nformationen vereitelt. In Schleswig-Holstein, wo es
in solches Gesetz bereits seit vier Jahren gibt,
(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])
ind innerhalb der ersten zwei Jahre circa 2 000 Anfra-
en auf Informationszugang eingegangen. Das heißt, der
nspruch auf freien Informationszugang wird wahrge-
ommen. Die Anträge haben sich aber dabei gut auf die
inzelnen Behörden verteilt. Der Großteil der Ämter
atte maximal fünf Anfragen innerhalb von zwei Jahren
u bearbeiten.
Die Beispiele aus Schleswig-Holstein zeigen außer-
em, dass vieles, was bisher als geheimhaltungsbedürf-
ig galt, bei Licht besehen ohne weiteres zugänglich ge-
acht werden kann. Bei über 90 Prozent der Fälle wurde
ie gewünschte Akteneinsicht gewährt. Auch die Bear-
eitungsdauer je Antrag in Schleswig-Holstein kann
en Bedenkenträgern die Angst nehmen: In 90 von
00 Fällen konnte die Antwort innerhalb einer Woche
itgeteilt werden.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN und der SPD)
n lediglich 7 Prozent der Fälle dauerte die Bearbeitung
wei bis vier Wochen.
Dies zeigt, dass die Fristenregelung – sie ist in Schles-
ig-Holstein dieselbe wie in unserem Entwurf – keines-
alls eine unzumutbare Belastung für die Behörden dar-
tellt. Wenn die gewünschte Information vorhanden ist,
uss eine Frist von einem Monat ausreichen, um dem
ürger eine Antwort zur Verfügung zu stellen. Bei kom-
lexen Informationsanforderungen gilt ein Bearbei-
ungszeitraum von zwei Monaten. Das sind Vorgaben,
ie nach unserer Einschätzung durchaus eingehalten
erden können.
Wichtig war für uns auch: Die Höhe der Bearbei-
ungsgebühr darf niemanden vom Zugang zu Informa-
ionen abhalten.
13962 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Grietje Bettin
Die Informationsbeschaffung wird für interessierte
Bürgerinnen und Bürger, aber beispielsweise auch für
Unternehmen in Zukunft viel weniger aufwendig. Infor-
mationsfreiheit im Bereich der öffentlichen Vergabe
kann den Wettbewerb stärken und zum Motor für Ent-
wicklungen werden.
Abschließend: Ich bin mir sicher, dass uns ein Gesetz-
entwurf vorliegt, der in seiner Ausgewogenheit den vie-
len Bedenken in die eine oder andere Richtung gerecht
wird und der sich unter dem Strich sehen lassen kann.
Für weitere Verbesserungen und Anregungen sind wir
aber offen. Wir sollten uns endlich neben die europäi-
schen Nachbarländer stellen, die alle, außer Luxemburg,
bereits über ein solches Gesetz verfügen.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Das Wort hat jetzt der Herr Bundesinnenminister Otto
Schily.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Otto Schily, Bundesminister des Innern:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-
gen!
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Wenn der Herr
Tauss seine Lebensverhältnisse nicht offen ge-
legt hätte, hätte er noch mehr Minuten!)
– Frau Kollegin Philipp, wenn Sie gestatten! – Deutsch-
land ist als Republik konstituiert. Wir wissen, was das
heißt: res publica, die öffentliche Angelegenheit. Wir
sprechen vom öffentlichen Recht, vom öffentlichen
Dienst. Das heißt, unser Staat ist auf Öffentlichkeit ange-
legt. Insofern ist dieser Gesetzentwurf zu begrüßen; er
löst dieses Verfassungsversprechen ein.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Dr. Michael Bürsch [SPD]:
Das ist das schönste Wort zum Sonntag!)
Es ist von verschiedenen Seiten dazu Stellung genom-
men worden. Aus den Äußerungen aus der CDU/CSU
bin ich nicht so recht schlau geworden.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: Das ist nicht unser
Problem!)
– Nein, nein. Sie haben auch einen sehr konstruktiven
Beitrag geleistet, Herr Geis. Das war interessant. Das
war sozusagen auf positive Mitarbeit angelegt. Bei Frau
Philipp habe ich das nicht entdecken können. Aus Ihrem
Beitrag, Frau Philipp, habe ich eigentlich entnommen,
dass Sie überhaupt nichts wollen, was der Position in
den 16 Jahren der Regierung Kohl entspricht. Das ist der
Eindruck, den ich bei Ihrem Beitrag gewonnen habe.
(Widerspruch der Abg. Beatrix Philipp [CDU/
CSU] – Norbert Geis [CDU/CSU]: Das war
jetzt übertrieben, Herr Minister! 16 Jahre er-
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folgreiche Politik kann man nicht wegstrei-
chen!)
Wenn ich das missverstanden habe, umso besser.
Frau Philipp hat mich noch nachträglich zu dem Preis
Verschlossene Auster“ beglückwünscht, den mir die
resse verliehen hat.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Das war doch
nett! – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Von dem
der Innenminister nichts weiß!)
anke schön, Frau Philipp. Ich habe den Preis etwas un-
erdient erhalten, finde ich, es sei denn, dass man meine
prichwörtliche Pressescheu damit würdigen wollte.
(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
ch habe auch eine Dankesrede gehalten.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: War nett!)
Ach, Sie kennen sie. Sehr gut. Das war eine gute Rede.
(Heiterkeit)
n dieser Rede habe ich gesagt: Es ist für einen Innenmi-
ister nicht ganz schlecht, wenn er nicht alles aus seinem
mtsbereich ausplaudert. – Insofern habe ich den Preis
ielleicht auch wieder verdient.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Ich habe das mit
dem Lob ernst gemeint! – Dr. Michael Bürsch
[SPD]: Es bezog sich nicht auf dieses Ge-
setz! – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]:
Allgemein war das!)
Dann ist es ja in Ordnung.
Meine Damen und Herren, ich will mich bei dem Kol-
egen Bürsch und bei der Kollegin Stokar ausdrücklich
afür bedanken, dass sie hier zum Ausdruck gebracht
aben: Es gilt auch für dieses Gesetz die strucksche Re-
el: Es kommt kein Gesetz so aus dem Gesetzgebungs-
erfahren heraus, wie es hineingegangen ist.
(Jörg Tauss [SPD]: Man kann es besser ma-
chen, klar!)
ir werden eine Anhörung durchführen. Wir werden
ber Verbesserungsvorschläge und über kritische Punkte
eden. Das müssen wir in der Tat. Der Kollege Geis hat
chon einige Punkte angesprochen, die meines Erachtens
ehr bedenkenswert sind. Er hat mir damit einiges vor-
eggenommen. Ich will es aber unterstreichen.
Wenn man einen Popularanspruch eröffnet, dann
uss man sich darüber im Klaren sein, dass davon natür-
ich nicht nur der politisch interessierte Bürger Gebrauch
achen kann. Hinter einem solchen politisch interessier-
en Bürger können sich sehr unterschiedliche Interessen
erbergen. Mit diesem Problem müssen wir sehr sensi-
el und sehr sorgsam umgehen.
(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann
[FDP])
ie haben einige Beispiele angesprochen, etwa Sciento-
ogy.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13963
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Bundesminister Otto Schily
(Abg. Volker Kauder [CDU/CSU] spricht mit
Abg. Petra Ernstberger [SPD])
– Herr Kauder, habe ich die Möglichkeit zu sprechen
oder wollen Sie jetzt hier Verhandlungen führen? Im
letzteren Fall würde ich einen Moment unterbrechen.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Herr Kollege Kauder, es ist nicht erwünscht, dass dem
Redner der Rücken zugekehrt wird und dabei Verhand-
lungen geführt werden.
Otto Schily, Bundesminister des Innern:
Ich kann gerne meine Rede unterbrechen und mich
dann später noch einmal zu Wort melden. Ich halte Ihr
Verhalten für nicht angemessen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Volker
Kauder [CDU/CSU]: Die Bundesregierung hat
mich überhaupt nicht zu disziplinieren! – Jörg
Tauss [SPD]: Das ist typisch Kauder! Unhöf-
lich bis dort hinaus!)
– Sie, Herr Kollege Kauder, mögen Kujonieren als ange-
messenes, taktvolles Verhalten bezeichnen; ich habe da
eine andere Erziehung als Sie genossen. So viel will ich
Ihnen dazu nur sagen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf
von der CDU/CSU: Schwacher Beifall!)
Ich will noch einmal auf den Punkt zurückkommen:
Popularklagen sind gefährlich, Allgemeinansprüche
bergen Risiken. Wir müssen dabei bedenken – –
(Abg. Volker Kauder [CDU/CSU] spricht mit
Abg. Ilse Falk [CDU/CSU])
– Ich empfinde das wirklich nicht als angemessen. So
können wir nicht miteinander umgehen.
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Dass aus-
gerechnet Sie sich beschweren!)
Es ist ja in der Tat so – das ist hier schon mehrfach an-
gesprochen worden –, dass kein berechtigtes Interesse
für einen Informationsanspruch geltend gemacht werden
muss. Jedoch können sehr starke Interessen hinter einem
solchen Informationsverlangen stehen. Über diesen
Sachverhalt müssen wir uns im Klaren sein.
Es ist dankenswerterweise von allen Seiten – auch von
der SPD-Fraktion und der Fraktion des Bündnisses 90/
Die Grünen – angesprochen worden, dass es ein Span-
nungsverhältnis zwischen Datenschutz und Auskunftsan-
spruch gibt. Der Datenschutz kann ja indirekt über den
Auskunftsanspruch verletzt werden. Deshalb bitte ich in
aller Freundschaft, nicht der Frage auszuweichen, ob es
richtig ist – wir können uns darüber unterhalten; es gibt ja
auch verschiedene Argumente für die Lösung, die im Ge-
setz vorgesehen ist –, den Datenschutzbeauftragten zu-
gleich zum Informationsbeauftragten zu machen.
(Jörg Tauss [SPD]: Damit haben wir gute Er-
fahrungen gemacht!)
– Ob all diese Erfahrungen übertragbar sind, da habe ich
Bedenken. Sonst wohnen da zwei Seelen in einer Brust.
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ich verbindet ja mit einigen Kollegen die anwaltliche
rfahrung. Als Anwalt habe ich immer ein wenig Skep-
is gegenüber dem Anspruch der Staatsanwaltschaft ge-
abt, die objektivste Behörde der Welt zu sein, die sozu-
agen auch die Verteidigung übernehmen kann. Deshalb
age ich, es ist schwierig, dem Datenschutzbeauftragten
ugleich das Feld der Information zu übertragen. Er
ann da in einen Konflikt kommen. Er müsste dann für
ich diesen Interessenkonflikt ausgleichen.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Norbert
Geis [CDU/CSU])
ch bitte noch einmal, zu bedenken, ob das wirklich der
eisheit letzter Schluss ist.
Ich möchte auch noch einmal einen Sachverhalt be-
onders hervorheben, den Kollege Geis angesprochen
at, nämlich die exekutive Eigenverantwortung. Das
teht im Zusammenhang mit der Frage, wie die Exeku-
ive ihre Entscheidungen vorbereiten kann, ohne dass sie
n das Geflecht von Interessen gerät. Darin ist mögli-
herweise auch ein Hintergrund für Korruption zu sehen.
Wie sieht es dann mit dem Zugang zu Gutachten aus?
iese Frage hängt ja zusammen mit dem Urheberrecht,
as an Gutachten geltend gemacht werden kann. Ich
eiß, dass es bei Wirtschaftsprüfergutachten erhebliche
eschränkungen gibt. Auch an der Stelle müssen wir
och einmal darüber nachdenken, wie die beste Lösung
ussieht.
Wir müssen auch über die Fristen nachdenken. Sie,
rau Kollegin, haben gemeint, die Stufung der Fristen
on einem Monat zu zwei Monaten sei in Ordnung. Ich
itte hier, zu überlegen, ob das zum Beispiel bei einem
rzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren mit 150 Ak-
enordnern praktikabel ist. Hier wird dann nämlich auch
ie Frage der Gewähr der Richtigkeit von Auskünften
nd der damit verbundenen Haftungsansprüche berührt.
or diesem Hintergrund müssten die vorgesehenen Fris-
en noch einmal beurteilt werden.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)
ch bin an der Stelle der Meinung, dass wir darüber
achdenken sollten, ob nicht die Formel, die wir aus dem
GB kennen, nämlich „unverzüglich“, also ohne schuld-
aftes Zögern, oder eine andere Formel besser geeignet
äre.
Ich habe die herzliche Bitte, noch einmal darüber
achzudenken, ob solche starren Fristen nicht doch in zu
iel Bürokratie hineinführen.
(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann
[FDP])
ie Verwaltungen sind heute ohnehin mit Auskunftsan-
prüchen aus vielen Richtungen stark gefordert, alleine
urch die Zahl der Großen und Kleinen Anfragen und
as es sonst alles noch gibt. Ich mache das der Opposi-
ion nicht zum Vorwurf; das haben wir, als wir noch in
er Opposition waren, genauso gemacht. Aber das macht
inen großen Teil der Arbeit von Verwaltungen aus.
enn nun noch Auskünfte auf der Grundlage des Infor-
ationsfreiheitsgesetzes hinzukommen, muss die Frage
13964 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Bundesminister Otto Schily
gestellt werden, inwieweit dem nachgekommen werden
kann, ohne dass die originären Aufgaben der Verwaltung
Schaden nehmen.
Meine Damen und Herren, im Grundsatz begrüße ich
dieses Gesetz sehr.
(Zurufe von der CDU/CSU: Aha! – Hans-
Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Das hören wir gerne!)
Aber ich bin dankbar dafür, dass wir im Verfahren noch
über einzelne Punkte reden können. Da auch die Opposi-
tion durch Herrn Geis konstruktive Mitarbeit zugesagt
hat, bin ich zuversichtlich, dass das Verfahren im nächs-
ten Jahr zu einem guten Ende kommen wird.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/
CSU und der FDP – Dr. Michael Bürsch
[SPD]: Zugesagt! Frau Philipp, wir können
auch eine Sondersitzung machen!)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Ursula Heinen.
Ursula Heinen (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war jetzt doch sehr
spannend, dem Innenminister zuzuhören; denn die An-
zahl von Bedenken, die er hier vorgebracht hat, stellen
uns vor die Frage, warum dieser Entwurf unbedingt
heute in erster Lesung beraten werden muss, ohne dass
vorher grundsätzliche Dinge betrachtet bzw. zwischen
den Regierungsfraktionen und der Regierung ausführlich
diskutiert worden sind.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg
Tauss [SPD]: Bitte?)
Das, was der Innenminister gesagt hat, passt ja nicht un-
bedingt zu dem, was Sie uns heute als Gesetzentwurf
vorgelegt haben. Das ist Punkt eins.
Punkt zwei. Die CDU/CSU hat überhaupt keinen
Nachholbedarf in Sachen Informationsfreiheitsgesetz.
Wir sind es gewesen, die in Nordrhein-Westfalen im
Oktober 2000 einen ersten Gesetzentwurf zu diesem
Thema vorgelegt haben,
(Jörg Tauss [SPD]: In der Opposition!)
der von Ihnen erst einmal abgelehnt worden ist. Es hat
dann eine lange Diskussion gegeben, bis es zu einem
Gesetz kommen konnte. Die CDU/CSU hat also, Herr
Tauss, überhaupt keinen Nachholbedarf in diesen Fra-
gen.
Was uns allerdings unterscheidet, ist, dass wir die
Dinge grundsätzlich angehen, dass wir versuchen, sie bis
ins Letzte zu überdenken – im Gegensatz zu Ihnen.
(Jörg Tauss [SPD]: Oh!)
Dafür will ich Ihnen gerne ein Beispiel nennen. Jahre-
lang wollten Sie ein Verbraucherinformationsgesetz
verabschieden; die Kollegin von der FDP hat es schon
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ngesprochen. Dann kam zur Weihnachtszeit das neue
ebensmittelrecht, in das Sie ein abgespecktes Ver-
raucherinformationsgesetz eingefügt haben. Die FDP
at – das unterstützen wir nachdrücklich – den Antrag
ingebracht, das Verbraucherinformationsgesetz und das
nformationsfreiheitsgesetz aufeinander abzustimmen
nd nicht zwei getrennte Gesetzesvorhaben zu machen.
iese Chance haben Sie außer Acht gelassen. Wir kön-
en nur dem Bundesrat dankbar sein, dass er das Le-
ensmittelrecht mit dem abgespeckten Verbraucherinfor-
ationsgesetz heute zurückgewiesen und somit uns eine
hance eröffnet hat, erneut gemeinsam zu überlegen, ob
an nicht die verschiedenen Gesetzesvorhaben zu einem
esetz bündeln kann.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP)
Wir fordern echte und handhabbare Informations-
echte. Es bringt doch gar nichts, wenn die Bürger auf
em Papier viele Rechte haben, aber der Katalog der
usnahmetatbestände enorm groß ist, eine Kritik, die
on vielen geteilt wird. „FAZ.NET“ hat ihren Artikel
ber den Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes beti-
elt mit: „Katastrophal und kontraproduktiv“.
(Jörg Tauss [SPD]: Das war aber auch kein gu-
ter Artikel!)
in Professor für öffentliches Recht an der Universität
reiburg beklagt in diesem Artikel vom 14. Dezember
ich zitiere –:
„Das Gesetz verspricht in der Zielsetzung mehr, als
es halten kann.“ Der Entwurf nehme ganze Berei-
che aus der Informationspflicht heraus …
as beweist doch, dass Ihr Gesetz überhaupt nicht
urchdacht ist. Sie wollten in der Vorweihnachtszeit den
ürgern ein Geschenk machen, ohne zu sagen, was tat-
ächlich dahintersteckt. Was Sie uns heute vorgelegt ha-
en, ist nur heiße Luft.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Nicht alle Profes-
soren haben die Weisheit mit Löffeln geges-
sen! Das ist so!)
ch kann mich in diesem Fall den Worten des Innenmi-
isters nur anschließen, dass es sinnvoll ist, darüber noch
inmal intensiv in den Anhörungen nachzudenken und
olche Nacht-und-Nebel-Aktionen, wie sie in dieser Wo-
he stattgefunden haben, künftig zu unterlassen.
(Jörg Tauss [SPD]: Das ist eine Unverschämt-
heit, Frau Heinen! Das ist falsch! So ein
Quark!)
Ein weiterer Punkt ist die Finanzierung. Dazu heißt
s in Ihrer Begründung zum Gesetzentwurf nur lapidar,
ass sich Personal- und Sachkosten für den Bundeshaus-
alt zurzeit nicht quantifizieren lassen. Das ist eine Aus-
age, die wir in Zeiten knapper Kassen nicht so stehen
assen können. Es müssen schon Ross und Reiter ge-
annt werden. Es muss zumindest gesagt werden, wel-
he Kosten in etwa auf die öffentlichen Haushalte zu-
ommen.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13965
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Ursula Heinen
Ein letzter Punkt. Die Kollegin von den Grünen hat
Schleswig-Holstein als Beispiel genannt, wo es in der
Tat schon ein Informationsfreiheitsgesetz gibt. Die Ver-
braucherzentrale Bundesverband ist gerade vor dem Ver-
waltungsgericht in Schleswig mit einer Klage geschei-
tert. Sie wollte von den Eichämtern Auskunft über die
Verpackung von Lebensmitteln haben. Das Verwaltungs-
gericht in Schleswig hat diese Klage mit der Begründung
abgewiesen, dass die behördlichen Daten aus Gründen
der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen selbst dann
der Geheimhaltung unterlägen, wenn es sich um ein
rechtswidriges Verhalten der Unternehmen handele. Die
Ungenauigkeit bei der Abfüllung führe für den Verbrau-
cher nur zu einem geringfügigen Nachteil.
Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der Ko-
alition: Was haben Rechte für einen Sinn, wenn man sie
nicht einklagen kann bzw. wenn man die entsprechenden
Informationen doch nicht bekommt?
Ich kann zum Abschluss meiner Rede nur sagen: Die
Beratungen, die in den nächsten Monaten stattfinden
werden, sind dringend notwendig. Wir sollten uns damit
entsprechend Zeit lassen. Wir sollten außerdem versu-
chen, die verschiedenen Informationsgesetze aufeinan-
der abzustimmen, und wir sollten keine halben Sachen
machen.
Recht herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Die Geschäftsführer der Fraktionen sind übereinstim-
mend der Meinung, noch eine Kurzrunde mit jeweils
drei Minuten Redezeit pro Fraktion zuzulassen.
Zunächst hat der Abgeordnete Wiefelspütz das Wort
für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich bin froh darüber, dass wir heute die erste Le-
sung dieses Gesetzes haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der
Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir reden, wenn es um den Geschäftsbereich des
Bundesinnenministers geht, in diesem Hause in der Re-
gel – und das zu Recht – über Fragen der öffentlichen Si-
cherheit. Der Bundesinnenminister ist gleichsam die
Verkörperung und der Garant für die öffentliche Sicher-
heit in Deutschland. Bei aller Notwendigkeit, über die
öffentliche Sicherheit in Deutschland zu reden, muss ich
sagen: Wir haben Veranlassung, auch das Thema Bür-
gerrechte in das Blickfeld unserer Politik zu nehmen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und der FDP)
Wir müssen leider an der einen oder anderen Stelle
über Gesetze reden – die Zeiten sind nun einmal so –, die
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ingriffe in Grundrechte bedeuten. Wir sollten aber
icht aus dem Auge verlieren, dass es an der einen oder
nderen Stelle möglich ist, dieses wunderbare Haus
deutsche Demokratie“, dieses Haus der Zivilgesell-
chaft um das eine oder andere Zimmer zu erweitern. Ich
ürde aber nicht so weit gehen, von „mehr Demokratie
agen“ zu sprechen. Das ist mir ein etwas zu großes
ort. Aber das Informationsfreiheitsgesetz stellt eine
eue Qualität dar. Diese Tatsache wollen wir nicht zerre-
en.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir laden die Opposition herzlich ein, daran mitzu-
irken. Wir wollen das Gesetzgebungsverfahren nicht
berstürzen. Heute beginnt es formal.
Ich bin dem Bundesinnenminister für seine nachträg-
ichen Hinweise ausgesprochen dankbar. Wir alle wissen
och: Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Die
ragen, die er aufgeworfen hat, müssen wir gemeinsam
erantwortlich beantworten. Ich meine, das kann geleis-
et werden. Wir werden uns ausreichend Zeit nehmen.
ir werden eine große öffentliche Anhörung durchfüh-
en. Wir alle werden uns die notwendige Zeit für dieses
esetzgebungsvorhaben nehmen.
Wenn das Gesetzgebungsvorhaben Ende des nächsten
albjahres abgeschlossen sein wird, dann haben wir uns
m Parlament die nötige Zeit genommen und nicht nur
nter uns, also mit den Fachressorts und der Bundes-
egierung, sondern auch mit der Fachöffentlichkeit in
estalt einer Anhörung sehr intensiv über dieses Vorha-
en gesprochen. So kann daraus etwas Gutes werden.
Ich sage es noch einmal: Wir sollten dieses Vorhaben
eute nicht durch Besserwisserei zerreden. Dies ist viel-
ehr eine Einladung an die Opposition, an diesem Ge-
etz mitzuwirken. Ich fände es ganz wunderbar, wenn es
enn in einigen Monaten gelingen könnte, vielleicht mit
iner noch größeren Mehrheit, als Rot-Grün sie heute
at, diesen Gesetzentwurf zum Schluss zu verabschie-
en.
(Norbert Geis [CDU/CSU]: Mal abwarten!)
ch bitte Sie sehr um Mitwirkung.
Schönen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Philipp.
Beatrix Philipp (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Herr Minister, ich glaube, Sie werden sich an
ich gewöhnen müssen. Ihre Kolleginnen und Kollegen
m Innenausschuss haben das schon getan. Wir sind
ämlich schon sehr viel weiter, was das weitere Vorge-
en in dieser Sache angeht, als Sie das eben zum Aus-
ruck gebracht haben. Vielleicht kann man Ihrer Un-
enntnis ja dadurch abhelfen, dass Sie noch häufiger den
13966 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
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Beatrix Philipp
Einladungen, im Ausschuss zu erscheinen – die wir öfter
an Sie aussprechen –, Folge leisten. Dann hätten Sie mit
mir nicht das Problem, das Sie anscheinend haben.
Ich finde es gut, dass zwischen den nicht ganz er-
staunten Kolleginnen und Kollegen schon nach meinem
Redebeitrag eine kurze Absprache darüber stattgefunden
hat, wie wir in Zukunft mit diesem Gesetzesvorhaben
umgehen wollen. Ich finde das sehr viel besser, als An-
kündigungen von Ihnen über das eine oder andere entge-
gennehmen zu müssen, wie wir das ja in vielen anderen
Politikfeldern des Innenausschusses gewohnt sind. Ich
will jetzt keine Beispiele nennen, weil mir dazu die Zeit
fehlt.
Ich glaube, dass sich die Presse all das, was sie zum
Informationsfreiheitsgesetz schreibt, nicht ausgedacht
hat. In einer Überschrift steht: „Schily zögert – Bundes-
regierung prüft Einwände gegen das Informationsfrei-
heitsgesetz“. Weiter heißt es:
Bundesinnenminister Schily … wünscht dem Zei-
tungsbericht nach strengere Zugangsbeschränkun-
gen, wo es um die Belange bestimmter Ministerien
geht, und er sei gegen die von SPD und Grünen ge-
plante Frist von einem Monat, in der Auskünfte von
den Behörden erteilt werden müssen.
Das geht so weiter.
Das heißt, die Bedenken, die Herr Geis mit Recht
zum Ausdruck gebracht hat, sind zum Teil die gleichen,
die Sie, Herr Schily, haben. Deswegen habe ich darauf
verzichtet, in meiner Rede noch einmal auf diese Beden-
ken einzugehen; denn ich glaube, dass wir nach vorne
schauen müssen und uns nicht nur mit den Bedenken be-
fassen dürfen, die Sie zweifellos so sehr zum Ausdruck
gebracht haben, dass Kanzleramtschef Steinmeier einge-
griffen und die Bundestagsfraktionen der SPD und des
Bündnisses 90/Die Grünen in einem Brief aufgefordert
hat, den Gesetzentwurf wieder von der Tagesordnung
des Bundestages am heutigen Freitag zu nehmen.
(Jörg Tauss [SPD]: Schauen Sie mal, was Sie
für eine Akteneinsicht haben!)
Ich will Ihnen einmal etwas Grundsätzliches sagen
und schließe an das an, was Frau Piltz eben gesagt hat:
Sie versprechen den Bürgern – ich habe das in meiner
Rede vorhin eingangs erwähnt – Zugang zu allen Akten.
Sie sagen: Wir wollen nichts mehr verschleiern. Mit uns
als Oppositionsfraktion gehen Sie aber so um, dass wir
14 Stunden vor der Debatte nicht genau wissen, ob sie
angesetzt wird oder nicht, ob Sie sich geeinigt haben
oder nicht und auf was Sie sich geeinigt haben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Dann müssen wir uns noch gefallen lassen, dass wir
wegen unserer Reaktion darauf gerüffelt werden, dass
Sie, Herr Schily, hier unvorhergesehenerweise das Wort
ergreifen und damit die verabredete Debattenzeit nicht
eingehalten wird. Das hat ja auch ein bisschen damit zu
tun, wie man miteinander umgeht. Dadurch musste bei
uns und auch bei den Koalitionsfraktionen geklärt wer-
den, wie wir mit Ihrem spontanen Redewunsch umge-
hen. Das wird in der Geschäftsordnung geregelt. Deswe-
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en ist die kurze Unruhe, die dadurch entstanden ist,
ertretbar, akzeptabel und für diejenigen, die der Sache
undig sind, verständlich.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg
Tauss [SPD]: Dass der Kauder ein unmögli-
cher Strick ist, ist trotzdem richtig! Das ist
wohl so!)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Herr Kollege Tauss, das Reglementieren ist eigentlich
eine Sache. Diese Aufgabe sollten Sie dem Präsidium
icht abnehmen.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Machen Sie sich
nichts daraus! Der ist so!)
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Silke Stokar.
Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich
inde, ein Gutes haben wir mit dem Informationsfrei-
eitsgesetz schon erreicht: Wir führen heute Morgen
ine spannende politische Debatte, mit der wir schon
etzt für mehr Transparenz in den politischen Entschei-
ungsprozessen gesorgt haben. An den Beiträgen der
edner von der CDU/CSU-Fraktion ist gerade erneut
ehr deutlich geworden, wie unterschiedlich man das
pannungsverhältnis zwischen schutzwürdigen Belan-
en und freiem Informationszugang angehen kann.
iese Debatte haben wir ein Jahr lang sehr intensiv ge-
ührt.
Ich möchte mich ausdrücklich bei Bundesinnenminis-
er Otto Schily dafür bedanken, dass er heute gesagt hat,
r begrüße das Informationsfreiheitsgesetz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD – Beatrix Philipp [CDU/
CSU]: Es ist ihm aber nicht egal, von wem er
gelobt wird, Frau Kollegin!)
Allerdings möchte ich, weil ich in dieser Frage für ei-
en transparenten politischen Prozess bin, nicht ver-
chweigen:
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Dann loben Sie ihn
nicht so viel! Das hat er nicht so gern!)
ir sind die Einwände der Verbände – sie haben einen
ürgerentwurf zum Informationsfreiheitsgesetz einge-
racht –, dass die Ausnahmen zu weit gehen, wesentlich
äher als die hier geäußerte Auffassung, dass weiter ge-
ende Beschränkungen aufgenommen werden sollten. In
iesem Fall würde das Informationsfreiheitsgesetz abge-
ehen von der Einschränkung, die Herr Geis angespro-
hen hat, keine Freiheit mehr beinhalten.
Lassen Sie mich als letzte Bemerkung Folgendes zu
en umstrittenen Fristen sagen: Vielleicht wäre es ganz
ut, wenn wir einmal mit ein paar Experten aus dem
nnenausschuss nach Estland fahren würden. Mich faszi-
iert dieses kleine Land. In Estland wird nicht über
risten geredet. Dort hat jedes Ministerium ein Akten-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13967
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Silke Stokar von Neuforn
register im Internet. Meine Vision von der Zukunft ist,
dass die Bürgerinnen und Bürger ins Internet gehen, dass
es kein „PARLAKOM“ nur für Abgeordnete, sondern ei-
nen freien Zugang zu Informationen für alle gibt und
dass wir die Aktendeckel ganz selbstverständlich mit ei-
nem Mausklick öffnen können.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Mit einem
Mausklick?)
Dann müssten wir uns über das Thema Beantwortungs-
zeiten nicht mehr unterhalten.
Das Thema dieses Gesetzentwurfs kann man auf sehr
unterschiedliche Weise angehen. Wir werden dazu eine
Anhörung durchführen, in der die unterschiedlichen
Sichtweisen erneut zur Geltung kommen werden. Ich bin
mir sicher: Wir werden es in Deutschland schaffen, ein
modernes und weit gehendes Informationsfreiheitsgesetz
auf den Weg zu bringen, das sich im europäischen Ver-
gleich sehen lassen kann und hinter dem wir uns nicht
verstecken müssen. Dann werden wir sagen können:
Deutschland hat seinen Rückschritt in einem Ruck wett-
gemacht. Ein solches Informationsfreiheitsgesetz wer-
den wir dem Parlament präsentieren. Mein Zeitplan ist
ehrgeizig. Ich denke, wir werden das bis zur Sommer-
pause 2005 schaffen.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD – Otto
Fricke [FDP]: Und wenn nicht?)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Gisela Piltz.
Gisela Piltz (FDP):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ehrlich gesagt bin ich manchmal froh, wenn der Bun-
desinnenminister von dem ihm gesetzlich garantierten
Recht, als Minister jederzeit hier zu sprechen, Gebrauch
macht. Ich denke, wenn ich mich bei Ihnen, Herr Innen-
minister, für Ihre Beteiligung an der heutigen Debatte
bedanke, tue ich dies im Namen meiner gesamten Frak-
tion.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Oh nein!
Abwarten!)
– Nein, ich habe in meinem Beitrag vorher kritisiert, wie
sich die Bundesregierung verhalten hat. Dann muss man
auch einmal sagen, wenn man etwas gut findet; das ist
nur konsequent. Wenn Sie die Kraft dazu nicht haben,
wir haben sie.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU – Beatrix Philipp [CDU/CSU]:
Das ist doch keine Kraftfrage!)
Ich möchte insbesondere einen Punkt kurz aufgreifen:
die Frage, ob wir den Bundesbeauftragten für den
Datenschutz auch zum Bundesbeauftragten für Infor-
mationsfreiheit machen. Sie haben das angesprochen.
Das ist sicherlich etwas, worüber wir intensiv nachden-
ken müssen. Denn wir bewegen uns ja in dem Span-
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ungsfeld zwischen Datenschutz und Sicherheitsbeden-
en auf der einen Seite und Bürgerrechten auf der
nderen. Darüber sollten wir in Ruhe sprechen.
Ich finde es spannend, dass sich in dieser Debatte
eute gezeigt hat, dass wir die Kraft haben, über alle
raktionen hinweg eine sachliche, ruhige Debatte im
inne des Interesses, das wir alle haben, zu führen. Ich
offe, dass wir in der Lage sind, es in den Ausschüssen
nd bei der abschließenden Beratung weiterhin so zu
achen. Es würde mich im Sinne dieses Gesetzes
reuen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU – Dr. Michael Bürsch [SPD]:
Wir sind bereit!)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Ich schließe damit die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwur-
es auf Drucksache 15/4493 an die in der Tagesordnung
ufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es ander-
eitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die
berweisung so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Dirk Fischer
(Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der CDU/CSU
Transparenz bei den Vorgängen zur Maut-
Vorbereitung herstellen – Bericht des Bundes-
rechnungshofes öffentlich machen
– Drucksache 15/4391 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)
Haushaltsausschuss
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Wider-
pruch höre ich nicht. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
er Abgeordnete Klaus Lippold.
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ei-
en Antrag eingebracht „Transparenz bei den Vorgängen
ur Maut-Vorbereitung herstellen – Bericht des Bundes-
echnungshofes öffentlich machen“. Statt Transparenz
önnte man auch Informationsfreiheit für Abgeordnete
agen. Die haben Sie gerade eingefordert.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
ir werden gleich erleben, dass Sie im nächsten Akt der
inforderung des Informationsfreiheitsgesetzes genau
as Gegenteil tun: dass Sie keine Transparenz schaffen
nd die Veröffentlichung ablehnen. Sie können den Be-
icht des Bundesrechnungshofes doch ins Internet stellen
nd damit Zugang für alle schaffen. Ich wette, Sie
13968 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
werden gleich das genaue Gegenteil von dem tun, was
Sie in der Debatte vor einer Viertelstunde beschlossen
haben. Das ist meines Erachtens der Punkt, wo man
deutlich machen muss, dass Sie zwar öffentlich antäu-
schen, aber dann doch nichts von dem realisieren, was
Sie gesagt haben.
(Lachen bei der SPD)
Wir brauchen ein funktionierendes Mautsystem; das
sage ich für meine Fraktion noch einmal ganz deutlich.
Wir müssen sehen, dass unsere Straßen wieder in einen
vernünftigen Zustand gebracht werden. Die Osterweite-
rung der EU hat Konsequenzen für den Straßenbau, aber
auch für die Bahn. Wir müssen auch sehen, dass die
Wasserwege wieder in Ordnung gebracht werden. Si-
cherlich ist es auch notwendig, dass wir mit der Benach-
teiligung des deutschen Transportgewerbes gegenüber
den ausländischen Konkurrenten Schluss machen. Das
wird man hiermit nicht allein schaffen können, aber hier-
mit könnte ein Beitrag geleistet werden. Das wird nach
den gegenwärtigen Erkenntnissen von Ihnen so nicht
umgesetzt. Die Vorfreude ist also wirklich nicht unge-
trübt.
Die Bundesregierung steht nach wie vor nicht zu den
Fehlern, die sie in der Vergangenheit bei der Mautvorbe-
reitung gemacht hat und die immense Schäden zur Folge
gehabt haben. Die Verheimlichung des Bundesrech-
nungshofberichtes zur Maut tut der Sache nicht gut. Ich
fordere deshalb: Schluss mit der Heimlichkeit! Das gilt
gerade dann, wenn Sie ein reines Gewissen haben und
sich sicher sind, dass der Bericht nichts Neues zutage
bringt.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Frau Staatssekretärin, ich sage immer: Nur wer Dreck
am Stecken hat, hat etwas zu verbergen.
(Zurufe von der SPD: Na, na!)
Alle anderen können Transparenz herstellen. So deutlich
muss man das sagen, weil Sie es sonst nicht verstehen.
Ich weiß, dass der Kollege Albert Schmidt gleich wie-
der in beredten Worten darlegen wird, das sei alles nicht
neu, das liege alles auf dem Tisch, das sei alles schon be-
kannt. Verehrter Kollege Schmidt, wenn das alles so be-
kannt ist, warum haben Sie dann Bedenken, die Sachen
auf den Tisch zu legen? Das ist doch ein Widerspruch.
Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen.
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sehr
richtig!)
Sachverhalt ist – da hilft auch ein späteres Polemisie-
ren nicht mehr –: Wir wollen die Fakten wissen, wir wol-
len wissen, wo und wie versagt wurde.
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Lesen Sie es nach! Sie kön-
nen es nachlesen in der Geheimschutzstelle
des Deutschen Bundestages!)
– Eben, darum geht es: Wofür der Geheimschutz?
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Das werde ich Ihnen nachher
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erklären! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder
[CDU/CSU]: Macht ihr jetzt ein Informations-
freiheitsgesetz oder nicht?)
ir wollen hier offen über die Inhalte reden können, wir
ollen über die Fakten reden können. Dafür muss der
eheimschutz weg. So einfach ist das.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Die Konsequenz, Kollege Schmidt, die Sie dankens-
erterweise in Ihrem Interview angesprochen haben, be-
teht darin, dass das Toll-Collect-Management ange-
ichts der Fehler komplett ausgewechselt wurde.
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Das ist doch gut!)
ngesichts der Fehler, die Sie selber dem Ministerium in
hrem Interview attestieren, haben Sie dann aber verges-
en, zu sagen, dass in gleicher Weise auch das Manage-
ent in der Bundesregierung hätte ausgewechselt wer-
en müssen. Wir hätten nicht mehr die alten Gesichter
uf den gleichen Plätzen haben dürfen.
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Es hat sich ja auch etwas ver-
ändert! Der Abteilungsleiter hat gewechselt!)
iese Verfahrensweise ist nicht richtig.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dietrich
Austermann [CDU/CSU]: Ganz alte Gesich-
ter!)
Darüber hinaus – um das auch sehr deutlich zu sa-
en – diskreditieren Sie die Public-Private-Partner-
hip-Modelle, denn das, was hier geschieht, bedeutet
och nichts anderes, als dass die Nutzerfinanzierung, die
ir gemeinschaftlich einführen wollten – das war auch
as Ziel der Union –, völlig in Misskredit gebracht wor-
en ist.
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Wie denn das?)
ir hatten mit der Bundesregierung vereinbart, dass die
ittel zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Was ha-
en Sie gemacht? Sie haben das Gesetz gebrochen, Sie
aben die Vereinbarung gebrochen, Sie haben die Inves-
tionen im Verkehrsbereich gekürzt und kürzen sie wei-
rhin. Die Mittel, die durch die Maut hereinkommen,
erschwinden in dem Loch, das Sie verursacht haben. Es
ibt keine zusätzliche Finanzierung. Die Idee der Nut-
erfinanzierung wird durch Sie diskreditiert. Das kön-
en wir so nicht hinnehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg.
Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP] – Uwe
Beckmeyer [SPD]: So viel Unsinn auf einmal
habe ich lange nicht gehört!)
Im Übrigen ist das deutsche Transportgewerbe nach
ie vor schlechter gestellt. Ich höre immer noch nicht,
ass Sie in Brüssel bei den Verhandlungen entscheidend
eitergekommen seien. Es ist ausgesprochen wichtig,
ass dieser Punkt realisiert wird.
Zur Begründung verdeutliche ich noch einmal Fol-
endes: Wir haben gerade im Verkehrsgewerbe einen
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13969
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Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
fürchterlichen Abgang zu verzeichnen. Es gibt eine
ganze Menge an Pleiten, nicht zuletzt verursacht durch
diese Bundesregierung. Mit jeder Pleite, mit jedem
LKW, der nicht mehr unter deutscher Flagge fährt, ent-
steht, wenn man alles hinzurechnet, ein Einnahmever-
lust an Steuern und Abgaben von circa 80 000 Euro im
Jahr. Es geht also nicht nur um die Grundsatzfrage des
Schutzes des Mittelstandes; vielmehr ist dies auch ein
finanzielles Problem, das in diesem Zusammenhang auf-
gearbeitet werden muss.
Ich rufe noch einmal in Erinnerung, welche Fehler
Sie insgesamt gemacht haben: Die Ausschreibung für
das Mautkonsortium wurde verschleppt. Vertragsver-
handlungen wurden auf die lange Bank geschoben. Der
Vertrag wurde zwei Tage vor der Bundestagswahl über-
hastet unterzeichnet. Darin war aus wahltaktischen
Gründen ein viel zu knapp bemessener Zeitplan festge-
schrieben. Vertragsstrafen wurden zulasten und nicht zu-
gunsten des Bundeshaushalts und der Steuerzahler aus-
gehandelt.
Gerade diese Vertragsaushandlung und die Vertrags-
strafen haben deutlich gemacht, dass Sie wussten, dass
dieses Projekt in der von Ihnen den Unternehmen vorge-
gebenen Zeit nicht zu realisieren war. Anderenfalls hät-
ten Sie damals schon höhere Vertragsstrafen realisieren
können.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Sie haben das nicht gemacht, weil Sie schon damals ge-
wusst haben, dass Sie in der Sache täuschen, Frau
Mertens. Das kann schlussendlich so nicht hingenom-
men werden.
Meine Damen und Herren, insbesondere das, was wir
immer bemängelt haben, ist deutlich zutage getreten: Sie
haben kein vernünftiges Projektmanagement durch
das Bundesverkehrsministerium auf die Beine ge-
bracht. Kollege Schmidt hat in seiner Aussage noch ein-
mal deutlich gemacht, dass es im Ministerium Pannen
gegeben hat, die nicht hingenommen werden können. Er
hat diese Aussage auf die erste Phase beschränkt. Darü-
ber, Herr Kollege Schmidt, könnten wir sehr ausführlich
diskutieren, aber auch dafür ist es notwendig, dass der
Bericht des Bundesrechnungshofs hier in aller Öffent-
lichkeit vor uns liegt und wir auf dieser Grundlage etwas
tun können.
Meine Damen und Herren, es ist ein Skandal – ich
sage es noch einmal –, dass die für den Straßenbau vor-
gesehenen Ausgaben trotz Mauteinnahmen nicht stei-
gen, sondern sogar noch sinken. Vor dem Hintergrund
der EU-Osterweiterung hätten gerade jetzt wesentlich
mehr Mittel aus der Maut in bestehende Verkehrspro-
jekte fließen müssen. Außerdem erleben wir, dass sei-
tens der EU der Verkehrssektor zwar immer wieder deut-
lich angesprochen, aber in der Realität nicht finanziert
wird. Sie begleiten dies auf der deutschen Ebene noch
zusätzlich. Das führt dazu, dass die vorhandenen Mög-
lichkeiten nicht wirklich wahrgenommen werden.
Ich hoffe, dass wir jetzt mit dem Start der Maut – in
verschiedenen Zeitungsberichten ist zu lesen, dass wir
jetzt einen Weg beginnen und noch nicht an dessen Ende
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ind – relativ problemlos fahren werden. Ich möchte
icht, dass es die angekündigten Staus und die angekün-
igten Behinderungen gibt. Ich möchte, dass wir hier ein
eibungslos funktionierendes System haben, weil ich
ach wie vor darauf setze, dass wir mit der technologi-
chen Innovation, die mit diesem System verbunden ist,
ann auch europaweit arbeiten können und dass wir die-
es System nicht nur in Deutschland einführen, sondern
s nach Möglichkeit europaweit verbreiten.
(Zuruf von der CDU/CSU: Weltweit!)
as war unsere damalige Intention. Von dieser Intention
ollten wir keinen Abstand nehmen.
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Lob und Ehre dem
Verkehrsministerium!)
Herr Kollege, das hängt nicht so zusammen, wie Sie es
tzt darzustellen versuchen. – Es sind noch Detailfragen
u beantworten. Ich hoffe, dass es trotz dieser Notwen-
igkeit zu einem problemlosen Start kommt und dass das
ystem exportiert werden kann. Wir werden das Ganze
onstruktiv begleiten.
Im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes bestehen
ir aber darauf, dass der Bericht veröffentlicht wird. Sie
aben jetzt Gelegenheit, dem, was Sie hier vorhin voll-
undig zum Ausdruck gebracht haben, Rechnung zu
agen. Ich hoffe, das ist keine Fehlbitte.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Das Wort hat jetzt die Parlamentarische Staatssekretä-
in Angelika Mertens.
Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bun-
esminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen:
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-
egen! Herr Lippold, es ist ein abenteuerlicher Antrag,
ber die Rede, die Sie hier gehalten haben, war noch
benteuerlicher.
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Was? –
Volker Kauder [CDU/CSU]: Das Abenteuer-
liche kommt jetzt! – Dirk Fischer [Hamburg]
[CDU/CSU]: Das wird jetzt die abenteuer-
lichste Rede, die der Deutsche Bundestag 2004
erlebt hat!)
Sie behaupten in Ihrem Antrag – das haben Sie hier
iederholt –, wir hätten die Unternehmen zu einem ver-
rühten Vertragsabschluss gezwungen. Ich frage mich,
ie wir sie gezwungen haben sollen. Haben wir das mit
armen Worten oder vorgehaltener Pistole getan? Wie
tellen Sie sich das eigentlich vor? Ich denke, Sie ma-
hen sich mit einer solchen Aussage lächerlich. Vor allen
ingen machen Sie damit die Unternehmen lächerlich.
s ist doch völlig absurd, zu behaupten, man könne welt-
eit operierende Unternehmen zwingen, Verträge zu un-
erschreiben, die sie gar nicht wollen.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Dann geben Sie
den Bericht doch frei!)
13970 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Parl. Staatssekretärin Angelika Mertens
Ich denke, dass Ihre Aussagen rufschädigend sind.
Für solche Freunde kann sich die Wirtschaft wirklich be-
danken.
Sie beweisen ja auch an anderer Stelle, wie wenig Sie
von Wirtschaft verstehen.
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Und das
von Ihnen! Jetzt sind Sie aber auf dem Glatt-
eis!)
Ich denke nur an das Port Package, also an den Markt-
zugang der Hafendienste. Herr Börnsen ist hier gar nicht
erst aufgetaucht.
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Reden Sie
doch einmal zum Thema, Frau Staatssekretä-
rin! So ein Unsinn!)
Ich kann nur sagen: So viel Kaltschnäuzigkeit habe
ich selten erlebt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Ich denke, das wird man an der Küste sicherlich nicht
so schnell vergessen. Vielleicht kann Herr Austermann
– er kommt ja auch von der Küste – im Interesse der
Wirtschaft nachher das eine oder andere Wort dazu sa-
gen
(Zuruf von der SPD: Richtigstellen!)
– meinetwegen auch richtigstellen.
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Dann wer-
den Sie versenkt!)
Meine Damen und Herren von der Opposition und
insbesondere von der CDU/CSU, Sie drehen im Moment
ja ständig das große Rad des Patriotismus. Auf der ande-
ren Seite kann das Karo bei Ihnen gar nicht klein genug
sein.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth]
[FDP]: Das schmerzt intellektuell!)
Mit einem solchen Antrag erweisen Sie dem Wirt-
schaftsstandort Deutschland wirklich einen Bärendienst.
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ach, du
liebe Zeit!)
Es geht Ihnen gar nicht darum, einen erfolgeichen
Start dieses einzigartigen Systems zu erreichen. Ihnen
geht es um den kurzfristigen politischen Erfolg. Deshalb
kann ich nur sagen: Genießen Sie Ihre Redezeit in diesen
45 Minuten.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist ja eine
unglaubliche Arroganz der Bundesregierung
dem Parlament gegenüber!)
Aus meiner eigenen Betroffenheit kann ich sagen,
dass man solche Probleme auch anders lösen kann. Ich
denke an die problematische Situation bei der Startbahn-
verlängerung für den Airbus 380 in Hamburg-Finken-
werder. Ich kann nur sagen: Wir sind gerne bereit, hier
zu helfen.
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Zu spät!)
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Wir tun alles, was rechtlich möglich ist, damit dieses
orhaben erfolgreich ist. Das tun wir übrigens unabhän-
ig davon, wie Hamburg regiert wird. Es ist unser Stil,
m Interesse des Wirtschafts- und Technologiestandorts
eutschlands zu arbeiten, wodurch die mit dem Vorha-
en verbundenen Arbeitsplätze geschaffen und gesichert
erden können.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth]
[FDP]: Jetzt reden Sie vom Flughafen! Das ist
eine Missachtung des Parlaments!)
Sie fordern in Ihrem Antrag Transparenz. Abgese-
en davon, dass die zuständigen Ausschüsse über die
orgänge bei den Vorbereitungen zur Einführung der
KW-Maut laufend informiert wurden, hat die Presse
usgiebig darüber berichtet. Es gab und gibt in dieser
rage nichts zu verbergen.
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Warum le-
gen Sie den Bericht nicht vor, wenn es nichts
zu verbergen gibt? – Renate Blank [CDU/
CSU]: Widersprüchliche Aussagen, Frau
Staatssekretärin!)
Der Misserfolg bei der Einführung der Maut war vom
oll-Collect-Konsortium zu verantworten. Das Toll-
ollect-Konsortium konnte zwei Starttermine aufgrund
echnischer Schwierigkeiten nicht einhalten.
(Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/
CSU]: Jetzt kommen Ihre einseitigen Schuld-
zuweisungen!)
ir haben mit der besonderen vorläufigen Betriebser-
aubnis jetzt Vollzug gemeldet. Dem sind intensive und
nallharte Verhandlungen vorausgegangen. Es ging um
ine letzte Chance. Das Konsortium hat diese letzte
hance ergriffen. Ich jedenfalls freue mich sehr, dass die
eue Aufstellung bei Toll Collect nun die Grundlage für
en Mautstart am 1. Januar nächsten Jahres geschaffen
at.
Was den Bundesrechnungshofbericht angeht,
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Jetzt
kommt das Thema!)
o hat sich der Rechnungshof an den Vorsitzenden des
aushaltsausschusses gewandt und mitgeteilt, dass der
ericht vertrauliche, zu schützende Geschäftsdaten ent-
alte. Er werde daher den Bericht dem Ausschuss erst
ann zuleiten, wenn der Ausschuss einen Beschluss
asse, wonach dieser Bericht als geheim entsprechend
er Geheimschutzordnung eingestuft werde.
Der Rechnungshof gibt dafür zwei Gründe an: Ers-
ens. Der Bericht des Rechnungshofes und übrigens auch
ie Stellungnahme des BMVBW beschäftigen sich unter
nderem mit der Ergänzungsvereinbarung und dem Ver-
leich der Angebote im Vergabeverfahren und enthalten
amit vertrauliche und zu schützende Geschäftsdaten.
weitens sagt er: Bund und Toll-Collect-Konsortium be-
inden sich derzeit im laufenden Schiedsgerichtverfah-
en.
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist das
eigentliche Problem!)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13971
(A) )
(B) )
Parl. Staatssekretärin Angelika Mertens
Der Bericht befasst sich bekanntlich einseitig mit dem
Verhalten des Auftraggebers und beleuchtet nicht das
Verhalten des Auftragnehmers. – Dieser Argumentation
haben sich das Bundesministerium für Verkehr, Bau-
und Wohnungswesen und übrigens auch die Mehrheit
der Abgeordneten im Haushaltsausschuss angeschlos-
sen.
Die Presse bewertet den bevorstehenden Mautstart
positiv und begleitet ihn auch. Mit Erlaubnis der Präsi-
dentin möchte ich gerne aus der „Berliner Morgenpost“
zitieren:
Lange hat die Lkw-Maut durch Pannen, Peinlich-
keiten und Personalwechsel für Schlagzeilen ge-
sorgt.
(Beifall des Abg. Dietrich Austermann [CDU/
CSU] – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das ist
wohl wahr!)
– Warten Sie es einmal ab.
Deutschland sei jetzt auch noch die Technologie-
Lachnummer Europas, hieß es. Doch das stimmte
nie ganz und hätte auch etwas von deutscher Selbst-
überschätzung: Auch unsere Nachbarn wie andere
große Industrieländer haben ihre technologischen
Flops. Und noch immer gilt auch: Scheitern und
Fehler machen kann nur, wer Neues wagt.
Der letzte Absatz in diesem Kommentar lautet:
Vielleicht befördert das technologisch höchst an-
spruchsvolle Maut-System am Ende gar noch einen
überfälligen Umdenkungsprozeß: Es geht um mehr
als um reine Technik; um die Einstellung einer Ge-
sellschaft zur eigenen Leistung und damit zu sich
selbst.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich denke, das ist ein guter Kommentar in Fragen der
Maut.
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Selbst ge-
schrieben?)
– Ich habe doch gesagt, Herr Austermann, dass ich zitiert
habe. Diesen Kommentar hat ein Mann geschrieben.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Na so etwas!
Das ist ja unglaublich!)
Opposition ist bekanntlich die Kunst, so geschickt da-
gegen zu sein, dass man später dafür sein kann. Ich
denke, diese Chance haben Sie heute gründlich versiebt.
Ich wünsche Ihnen schöne Weihnachten und vor allen
Dingen einen guten Rutsch ins neue Jahr.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Uwe Beckmeyer [SPD]: Wer
da wohl Knecht Ruprecht spielt!)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Horst Friedrich.
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Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ehr verehrte Frau Staatssekretärin, als ersten Punkt
uss man festhalten: Ich betrachte es als eine Unver-
chämtheit, wenn zu dem Tagesordnungspunkt „Trans-
arenz bei den Vorgängen zur Maut-Vorbereitung her-
tellen – Bericht des Bundesrechnungshofes öffentlich
achen“ von Ihnen über das Port Package und die Ver-
ängerung der Start- und Landebahn für den Airbus in
amburg geredet wird. Das hat mit dem Thema erkenn-
ar überhaupt nichts zu tun. Sie sollten sich genau über-
egen, wem Sie etwas vorwerfen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Der zweite Punkt: Das, was Sie hier vorgetragen ha-
en, mussten wir uns auch beim Grundlagenvertrag
ber die Maut anhören: Der Vertrag enthalte schützens-
erte Unternehmensdaten, diese könne man aus Grün-
en des Steuergeheimnisses nicht veröffentlichen. – Es
at ein halbes Jahr lang gedauert, bis uns der Grundla-
envertrag vorlag. Das einzig wirklich Schützenswerte
m Vertrag war die grandios schlechte Verhandlungsfüh-
ung der Bundesregierung hinsichtlich der Haftungsre-
elungen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Warum sollte die Opposition Ihnen abnehmen, dass
er Bericht des Rechnungshofes etwas anderes als wie-
erum das Verhalten einer Bundesregierung dokumen-
iert, die vor dem Hintergrund des Schiedsverfahrens
das haben Sie deutlich angesprochen, darum geht es
ämlich – Ansprüche von rund 4,5 Milliarden Euro an-
emeldet hat?
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Sie können es ja
nachlesen, Herr Kollege!)
iese sind nur realisierbar, wenn es Ihnen zweifelsfrei
elingt, der anderen Seite Vorsatz nachzuweisen; denn
ehr stand in dem Vertragswerk ja nicht. Die Frage wird
ann sein: Ab wann konnte diese Bundesregierung wis-
en, dass das, was vereinbart wurde, nicht stimmt?
Die Blauäugigkeit, sehr verehrte Frau Staatssekretä-
in, war wohl eher auf Ihrer Seite. Ich darf aus der Ant-
ort der Bundesregierung – von Ihnen höchstselbst un-
erschrieben – vom August 2003 auf eine Kleine
nfrage zitieren:
Im Juli wiesen Experten auf technische Probleme
hin, die von der Betreibergesellschaft TC nicht
fristgerecht behoben werden konnten.
an höre und staune: im Juli 2003. Das Bundesamt für
üterverkehr als zuständige Stelle hat die Bundesregie-
ung darauf hingewiesen. Es geht dann weiter mit der
inschränkung:
Dieser Erkenntnisstand wurde in den Gesprächen
des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen (BMVBW) regelmäßig und nach-
drücklich gegenüber dem Konsortium zur Stellung-
nahme dargelegt.
13972 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Horst Friedrich (Bayreuth)
Das Konsortium hat sich darauf bezogen, dass das im-
mer nur eine Momentaufnahme des Bundesamtes für
Güterverkehr gewesen sei. Sie haben zu dem Zeitpunkt
immer noch öffentlich dargestellt, dass die Maut am
31. August 2003 eingeführt wird. Vor dem Hintergrund
kann man doch jetzt von uns nicht erwarten, dass wir
glauben, dass alles das, was angeblich in dem Rech-
nungshofbericht steht, schützenswert ist.
(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Da ist über-
haupt nichts schützenswert!)
Eines werden wir als Abgeordnete nicht tun, nämlich
uns in der Geheimschutzstelle den Rechnungshofbericht
anschauen, was wir natürlich können. Denn dann hätten
wir unterschrieben, dass wir das, was wir gelesen haben,
nicht mehr weiter verwerten dürfen.
(Zuruf von der SPD: So ist das!)
Das ist aus unserer Sicht aber die Einschränkung des
Kontrollrechts genau dieses Gremiums.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zu-
ruf von der SPD: Wir haben es doch beschlos-
sen, Herr Kollege!)
Über den Haushalt zu bestimmen ist nun einmal nach
dem Grundgesetz ein Hoheitsrecht des Bundestages und
es ist seine Aufgabe, die Minister zu kontrollieren. Aber
wenn man das, was man weiß, bevor man in der Ge-
heimschutzstelle war, hinterher nicht mehr verwerten
darf, dann kann die Opposition die Aufgabe, für die sie
da ist, nämlich aufzuzeigen, wo Fehler in diesem Land
gemacht werden, nicht mehr erfüllen.
(Zuruf von der SPD: Diese Möglichkeit haben
Sie sich selbst genommen!)
Die Fehler werden von Ihnen gemacht. Sie verschwen-
den die Steuergelder!
(Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Pinkwart
[FDP]: Unglaublicher Vorgang!)
Man kann mit Händen greifen, warum Sie die Einstu-
fung als geheimhaltungsbedürftig gewählt haben. Es
geht uns nicht darum, Deutschland schlechtzureden, die
deutsche Industrie schlechtzureden oder irgendetwas zu
verschleiern. Es geht nur darum, aufzudecken, wann
diese Bundesregierung wissen musste, dass die Maut zu-
mindest nicht zum 31. August 2003 eingeführt werden
kann. Ich glaube, das steht in dem Rechnungshofbericht.
Die Opposition hat angeboten, dass alles das, was das
Steuergeheimnis oder Betriebsgeheimnisse betrifft, ge-
schwärzt werden kann. Dagegen haben wir überhaupt
nichts. Ich bleibe dabei: Verhalten und Wissen der Bun-
desregierung können nicht geheim sein. Das muss der
Überprüfung des Parlaments zugänglich sein. Dafür sind
wir da. Sie sprechen sich mit pathetischen Worten für die
Informationsfreiheit aus und haben beim vorhergehen-
den Tagesordnungspunkt dafür plädiert, dass alle Bürger
das Recht zur Akteneinsicht haben müssen. Aber dieje-
nigen, die gewählte Vertreter des Volkes sind, werden
von der Freiheit, Akteneinsicht zu nehmen, ausgeschlos-
sen oder sie werden mundtot gemacht. Frau Staatssekre-
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rin, wenn das Ihr Verständnis von Informationsfreiheit
t, dann haben Sie noch einen gewissen Nachholbedarf.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zu-
ruf von der SPD: So viel Unsinn!)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete „Ali“ Schmidt.
Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Bei dem Thema, das uns heute beschäftigt,
tehen zwei legitime Interessen gegeneinander. Das soll
ar nicht verschwiegen werden. Auf der einen Seite steht
as vollkommen legitime Interesse nicht nur der Abge-
rdneten – die können in der Geheimschutzstelle Ein-
icht nehmen –,
(Renate Blank [CDU/CSU]: Aber dann dürfen
sie nicht darüber reden!)
ondern auch der Öffentlichkeit, Kenntnis davon zu er-
alten, wie Projekte dieser Größenordnung in dem Span-
ungsfeld öffentlich-privater Partnerschaft gelaufen sind
nd was untersucht und gegebenenfalls durch den Rech-
ungshof beanstandet worden ist. Es wird gar nicht be-
tritten, dass es dieses Interesse gibt.
(Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt kommt der
Alt-68er!)
Auf der anderen Seite hat – auch das ist schon von
einer Vorrednerin ausgeführt worden – der Bundes-
echnungshof, bevor er bereit war, seinen Bericht an den
aushaltsausschuss auszuhändigen, selbst darum gebe-
en, diesen Bericht als vertraulich im Sinne der Geheim-
chutzbestimmungen einzustufen, und zwar mit einer
oppelten Begründung. Die erste Begründung lautet, es
ehe dabei auch – nicht nur, aber auch – um Zahlen und
aten, die Geschäftsinteressen des beteiligten Kon-
ortiums berühren. In dem Bericht geht es eben nicht
ur um das Verhalten der Bundesregierung.
Der zweite Grund ist: Wenn man ein faires Verfahren
or dem Schiedsgericht will, in dem weder die Interes-
enlage des Auftragsgebers noch die des Auftragsneh-
ers schon im Vorhinein beschädigt oder zumindest in-
rage gestellt wird, indem alle Daten und Fakten
ffentlich ausgebreitet werden, ehe die juristisch rele-
anten Ermittlungen erfolgt sind, dann halte ich es für
öllig unverantwortlich, in einer brenzligen Phase – wie
ie wissen, geht es um sehr viel Geld; schließlich wird
ine Forderung des Bundes in Höhe von über 4 Mil-
iarden Euro geltend gemacht – vonseiten der Opposi-
ion zu fordern, den Bericht öffentlich zu machen und
einen Inhalt zu diskutieren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD)
enn wenn wir ein faires Verfahren wollen, dann müs-
en die Voraussetzungen dafür stimmen. Ich glaube, das
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13973
(A) )
(B) )
Albert Schmidt (Ingolstadt)
ist ein überzeugendes Argument des Bundesrechnungs-
hofs, dem man sich nicht verschließen kann.
Wenden wir uns nun dem Inhalt des Berichts zu.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kalb?
Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Aber selbstverständlich, Herr Kollege. Aus Bayern
kommen immer gute Fragen.
Bartholomäus Kalb (CDU/CSU):
Herr Kollege Schmidt, würden Sie bitte zur Kenntnis
nehmen, dass wir als Opposition uns immer sehr korrekt
verhalten und – ich selbst bin Berichterstatter im Haus-
haltsausschuss für den Verkehrsetat – immer darauf ge-
achtet haben, dass die Interessen des Bundes nicht einge-
schränkt oder beschädigt werden, während es einem
nicht ganz unbedeutenden Kollegen der SPD-Fraktion
vorbehalten war, öffentlich und offensichtlich in einer
Ausschusssitzung darüber zu spekulieren, dass das
Schiedsverfahren für den Bund völlig falsch angelegt sei
und zu keinem Ergebnis führen werde?
Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Was aus dem Ausschuss angeblich von irgendjeman-
dem berichtet worden ist, kann ich nicht beurteilen. Der
Vorgang ist mir nicht bekannt. Insofern kann ich ihn
auch nicht bewerten.
(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das ist in
den Medien berichtet worden!)
Es handelt sich dabei um eine Behauptung, die ich inso-
fern nicht als Tatsache zur Kenntnis nehmen kann.
Ich nehme allerdings sehr gern zur Kenntnis, dass
sich der Haushaltsausschuss in Gänze und Sie in persona
bisher immer korrekt verhalten haben und sehr wohl be-
müht waren und sind, in Ihrer Funktion als Haushälter
die Interessen der Bundesrepublik Deutschland wahrzu-
nehmen. Umso weniger kann ich verstehen, verehrter
Herr Kollege Kalb, warum Sie jetzt mit diesem Prinzip
brechen und ausrasten, indem Sie fordern, es müsse alles
auf den Marktplatz kommen. Sie wissen doch, dass das
Schiedsgerichtsverfahren noch nicht eröffnet ist und
dass es um sehr viel Geld und auch um öffentlich wahr-
nehmbare Verfehlungen von Toll Collect geht. Dass Sie
jetzt den Finger heben und auf die andere Seite zeigen,
grenzt für mich an Ignoranz gegenüber den Interessen
des Bundes. Das ist für einen Haushälter unverzeihlich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Gestatten Sie eine zweite Zwischenfrage des Kolle-
gen Kalb?
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Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Ja bitte.
Bartholomäus Kalb (CDU/CSU):
Können Sie Verständnis für die Situation aufbringen,
n der beispielsweise ich mich befinde, nämlich dass
der Kollege Friedrich hat es vorhin bereits dargestellt –
lle Informationen bereits vorliegen und der Bericht bis
uf einen einzigen Punkt, den der Minister persönlich öf-
entlich gemacht hat, für mich zumindest nichts Neues
nthält? Ich befinde mich jetzt in einer Situation, in der
ch meine Rechte eingeschränkt sehe, weil ich das Wis-
en, das ich vorher erworben habe, nicht mehr nutzen
ann.
Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Verehrter Kollege Kalb, ich bin Ihnen auch für diese
weite Zwischenfrage sehr dankbar. Denn sie bringt das
roblem auf den Punkt. Es ist schon fast absurd. Sie ha-
en – wie ich finde, zu Recht; ich habe den Bericht, zu
em ich mich an dieser Stelle nicht äußere, auch gele-
en – selbst festgestellt, dass er im Grunde nichts Neues
nthält. Darum geht es ja: Es handelt sich um einen
weitaufguss aller Vorwürfe, die wir alle – nicht nur im
eutschen Bundestag, sondern quer durch die gesamte
epublik – über Wochen und Monate gehört, gelesen
nd diskutiert haben, nämlich dass der Ursprungsver-
rag hinsichtlich der Vertragsstrafen relativ lausig war,
ie ich es formulieren will. Das ist erkannt worden. Des-
alb wurde er auch nachverhandelt und korrigiert. Es
urde festgestellt, dass der Zeitraum für die Realisie-
ung des Projekts viel zu kurz bemessen war. Auch das
st erkannt und korrigiert worden. Übrigens kommt die
ealisierung des Projekts jetzt eher und schneller zum
rfolg, Herr Kollege Kalb, als es der Bundesrechnungs-
of für möglich hielt. Er ist in seinem Bericht davon aus-
egangen, dass es bis zum Herbst 2005 dauern würde.
un geht es aber schon – hoffentlich – im Januar 2005
os.
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das war
jetzt aber Geheimnisverrat!)
Dass beispielsweise die Projektsteuerung nicht opti-
al war, ist bekannt. Das können Sie überall nachlesen;
lles stand im Grunde genommen in irgendeiner Form
chon in den Zeitungen. Deshalb wundere ich mich,
eshalb Sie mit fast missionarischem Eifer auf der Ver-
ffentlichung des Berichts des Bundesrechnungshofes
estehen. Es hat auch personelle Konsequenzen gege-
en, und zwar nicht nur beim Konsortium.
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Aber nicht
die richtigen!)
Das kann ich nicht bestätigen; denn der momentane
rfolg gibt uns Recht.
Fakt ist heute: Dank des neuen Managements und des
tringenteren Projektcontrollings durch die Zuständigen
ind in einem relativ überschaubaren Zeitraum offenbar
ie technischen Probleme gelöst worden und dürfen wir
13974 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Albert Schmidt (Ingolstadt)
darauf hoffen und vertrauen, dass es am 1. Januar 2005
losgeht. Der Erfolg gibt doch dem neuen Management
und dem neuen Controlling Recht. Weil Sie das nicht
mehr kritisieren können, klammern Sie sich an die Ver-
öffentlichung des Bundesrechnungshofsberichtes als Ne-
benkriegsschauplatz, anstatt zu sagen: Prima! Ihr habt
dazugelernt und es richtig gemacht; es funktioniert. Sie
nehmen hierzu eine jämmerliche Haltung ein.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Herr Kollege Austermann – das ist des Pudels Kern;
das finde ich schon delikat –, ich habe Sie noch als Hel-
den der Aufklärung, als Siegfried mit dem scharfen
Schwert des Untersuchungsausschusses vor Augen,
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wart’s
ab!)
der vor die Kameras getreten ist und erklärt hat: entwe-
der Veröffentlichung oder Untersuchungsausschuss!
Während die Republik erzitterte, habe ich von Anfang
an gesagt, dass ich kein Problem mit einem Untersu-
chungsausschuss habe. Aber nun ist Ihnen, Herr
Austermann, die eigene Fraktion in diesem Punkt nicht
gefolgt. Noch nicht einmal die Verkehrspolitiker aus
dem zuständigen Fachausschuss haben das getan.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Weil es einen
noch größeren Skandal gibt!)
Aus dem Siegfried mit dem scharfen Schwert ist ein
kleiner Junge mit einer stumpfen Holzkeule geworden,
der einen papiernen Antrag vorlegt. Ist Ihnen das eigent-
lich nicht peinlich, Herr Austermann?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD – Dietrich Austermann
[CDU/CSU]: Nein!)
Müssten Sie nicht auf Ihre Rede verzichten? Ich hätte
großes Verständnis dafür. Ich würde dann sofort die ent-
sprechende Passage in meiner Rede aus dem Protokoll
streichen lassen.
(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN und bei der SPD)
Die eigentliche Nachricht des Tages ist doch nicht,
dass wir noch einmal schrille Begleitmusik erzeugen und
darauf hinweisen, was man damals hätte alles richtig
machen können – darüber haben wir schon hundertmal
diskutiert und inzwischen hat man es besser gemacht –,
sondern dass alle Seiten dazugelernt haben und dass of-
fenbar wesentliche Fehler – es waren über 300 System-
fehler – Fehler für Fehler aufgearbeitet worden sind. Es
besteht nun die Chance, dass es klappt. Es gibt sogar
Exportmöglichkeiten. Großbritannien, Tschechien und
andere Länder sind an unserem Mautsystem interessiert.
In einer solchen Situation von den Problemen in der Ver-
gangenheit anstatt von den Chancen dieses Projekts in
der Zukunft zu reden, das ist nicht nur verlogen, sondern
wirtschaftspolitisch gesehen schlicht und einfach auch
dumm. Es tut mir Leid, aber ich kann Ihnen diesen Vor-
wurf nicht ersparen.
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(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth]
[FDP]: Das Einzige, was nicht geheuchelt war,
ist der Satz „Es tut mir Leid“!)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Dr. Gesine
ötzsch.
Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Der Antrag der CDU/CSU ist ein stumpfes
chwert. Wenn Sie wirklich wissen wollten, was zwi-
chen Telekom, Daimler-Chrysler und Vertretern der
undesregierung in den Hinterzimmern gedealt wurde,
ann müssten Sie die Einsetzung eines parlamenta-
ischen Untersuchungsausschusses beantragen. Ich bin
ir sicher, dass ein Untersuchungsausschuss „Maut“
ehr interessante Ergebnisse ans Tageslicht bringen
ürde. Dagegen sind die Stromrechnungen von Laurenz
eyer wirklich nur Peanuts. Aber offensichtlich haben
uch Sie, meine Damen und Herren von CDU und CSU,
ngst vor einem solchen Untersuchungsausschuss. Viel-
eicht haben Daimler-Chrysler und die Telekom auch die
enzin-, die Telefonkosten oder sonstige Kosten einiger
hrer Kollegen übernommen, aber das nur nebenbei.
Ich würde in einem solchen Untersuchungsausschuss
um Beispiel folgende Fragen stellen: Erstens. Welche
olle spielte der damalige Verkehrsminister Bodewig,
PD, in diesem Deal, als völlig überstürzt zwei Tage vor
er letzten Bundestagswahl der Vertrag zuungunsten der
teuerzahler abgeschlossen wurde?
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Interes-
sante Frage!)
Zweitens. Welchen Zusammenhang gibt es zwischen
em Mautdeal und dem fetten Nebenjob des Herrn
odewig bei einer renommierten Beraterfirma?
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Aha!)
Drittens. Warum hat Toll Collect bisher nur 176 Mil-
ionen Euro Vertragsstrafe gezahlt und wann zahlt Toll
ollect den von der Bundesregierung geforderten Scha-
enersatz in Höhe von 4,6 Milliarden Euro?
Viertens. Trifft es zu, dass Toll Collect an einen Mit-
ewerber um den Mautauftrag eine Abfindung in Höhe
on 700 Millionen Euro gezahlt hat, um eine Klage zu
erhindern, und dass Toll Collect diese 700 Millionen
uro jetzt die Steuerzahler zahlen lassen will?
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das muss
man nicht mehr fragen! Das ist so!)
Doch diese Fragen werden wohl nie beantwortet wer-
en. Wahrscheinlich gibt es noch zu viele Abgeordnete
it Nebenjobs, von denen die Öffentlichkeit nichts
eiß.
Auch die Grünen, die früher immer alles aufklären
ollten, haben jetzt kein Interesse mehr an Aufklärung.
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist
wohl wahr!)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13975
(A) )
(B) )
Dr. Gesine Lötzsch
Waren Sie von den Grünen im vergangenen Jahrhundert
nicht einmal eine Antikorruptionspartei? Doch es geht
den Grünen wie auch allen anderen Parteien um den
Götzen Export, für den viele Prinzipien über Bord ge-
worfen werden.
(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])
Alte und neue Bundesregierungen haben sich zusam-
men mit der Industrie an Exportgroßprojekten versucht,
die in der Regel unverkäuflich sind. Ich erinnere nur an
den Transrapid. Immer wurden diese Exportprojekte
zulasten der Steuerzahler konstruiert, die diese bezahlen
durften. Auch das Mautsystem soll nun zum Export-
schlager aufgeblasen werden und wieder einmal soll
China der Abnehmer sein. Schließlich hat das ja auch
mit dem Transrapid so wunderbar geklappt: Es ist abso-
lut danebengegangen.
Ich bin sehr gespannt, ob sich dieses teure System
verkaufen lässt, da es doch in Österreich und in vielen
anderen Ländern einfachere und preiswertere Systeme
gibt. Es ist, um es bildlich zu sagen, so, als wenn man
am Kiosk eine Schachtel Streichhölzer kaufen will und
stattdessen ein satellitengestütztes Feuerzeug bekommt.
(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])
Vielleicht irre ich mich aber auch.
Die Bundesbürger werden im Übrigen nach der Bun-
destagswahl 2006 eine Überraschung erleben. Dann
wird nämlich nicht mehr nur die LKW-Maut zu bezahlen
sein, sondern auch die PKW-Maut. Darüber kann man
natürlich diskutieren, aber man sollte es ehrlich tun.
Um noch einmal auf den CDU/CSU-Antrag zurück-
zukommen: Machen Sie doch Ernst und beantragen Sie
einen Untersuchungsausschuss zur Maut! Die beiden
Stimmen der PDS im Bundestag wären Ihnen sicher.
(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])
Ich kann Ihnen, meine Damen und Herren auf den
Rängen, versichern: Wenn es in dieser Legislaturperiode
eine PDS-Fraktion gäbe, hätte sie diesen Untersuchungs-
ausschuss beantragt. Aber das können wir ja im Jahr
2006 nachholen.
Vielen Dank.
(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] –
Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Dann müs-
sen Sie mehr als 25 Prozent der Mitglieder
stellen!)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dietrich
Austermann.
Dietrich Austermann (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr
Kollege Schmidt, die Frage, ob zu diesem Thema ein
Untersuchungsausschuss einzusetzen ist, ist für uns noch
nicht vom Tisch, weil wir der Meinung sind – das sage
ich nach der Lektüre des Geheimberichts –, dass einer
Fülle von Fragen nachgegangen werden kann und muss,
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ie deutlich machen, dass wir in der Bundesrepublik auf-
rund der Versäumnisse insbesondere des Verkehrsmi-
isters einen erheblichen Schaden erlitten haben. Es geht
m nicht weniger als 4,5 Milliarden Euro. Das ist mehr,
ls manch einer besitzt.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
chmidt?
Dietrich Austermann (CDU/CSU):
Er kann sich dabei kaum auf meine Rede konzentrie-
en, da ich gerade erst angefangen habe. Aber ich ge-
tatte sie gern.
Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Herr Kollege Austermann, auch Sie haben den Be-
icht gelesen. Können Sie daher bestätigen – ich verrate
etzt keine Geheimnisse; denn das stand in allen Zeitun-
en, zum Beispiel in der „Leipziger Volkszeitung“ am
2. November 2004 –, dass der Bundesrechnungshof
ffenbar niedergelegt zu haben scheint, dass erstens die
auptverantwortung für den Misserfolg eindeutig beim
onsortium liegt und dass zweitens Kontrollen des Auf-
raggebers von Toll Collect behindert oder sogar verhin-
ert worden sind?
Dietrich Austermann (CDU/CSU):
Das kann ich nicht bestätigen, Herr Schmidt. Ich bin
uch empört darüber, dass Sie die Behauptung, die Sie in
er Zeitung aufgestellt haben, wiederholen.
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Dann haben Sie den Bericht
offenbar nicht gelesen! Danke, das genügt!)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Sie müssen schon stehen bleiben, Herr Schmidt.
Dietrich Austermann (CDU/CSU):
Ich kann Ihnen das deshalb nicht bestätigen, weil in
em Bericht etwas anderes steht. In einem halben Absatz
ird auf die Versäumnisse des Konsortiums eingegan-
en, aber vier Seiten in der Zusammenfassung befassen
ich mit den Versäumnissen der Bundesregierung, insbe-
ondere dieses Bundesministers. Bei den Versäumnissen
es Bundesministers geht es nicht nur um die Versäum-
isse des Ministers, der bis zum Jahre 2002 im Amt war,
ondern auch um die Versäumnisse des amtierenden
undesministers.
Nachdem Sie die zusätzliche Vergütung von
00 Millionen Euro öffentlich gemacht haben
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Ich?)
nd es um die Frage geht, ob Geheimhaltungsbedürftig-
eit besteht und ob ein Untersuchungsausschuss einge-
ichtet werden soll, sage ich ganz deutlich: Die Tatsache,
ass hier Vereinbarungen nach dem Vertragsabschluss
om neuen Minister über 700 Millionen Euro ohne jede
13976 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Dietrich Austermann
Gegenleistung abgeschlossen worden sind, das heißt
Steuerzahlergeld in entsprechender Höhe verschleudert
worden ist, rechtfertigt mindestens zwei Untersuchungs-
ausschüsse. Brüsten Sie sich jetzt nicht damit, dass Sie
sagen, der Sachverhalt wäre aufgeklärt und wir wüssten
alles.
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Dann erklären Sie das einmal
Ihrer Fraktion!)
Es geht um 4,5 Milliarden Euro, die dem deutschen
Steuerzahler entgangen sind. Ich wiederhole das, damit
jeder weiß, worum es geht. Auch der Kollege Lippold
hat darauf hingewiesen. Die Länder warten seit andert-
halb Jahren auf dieses Geld, welches sie für Infrastruk-
turmaßnahmen im Bereich der Straße, der Schiene und
der Wasserstraßen benötigen.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Richtig!)
Dort fehlen 4,5 Milliarden Euro an Investitionsmitteln.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Uwe
Beckmeyer [SPD]: Das ist doch völliger Un-
sinn!)
– Natürlich ist das so.
Die Situation bessert sich auch im nächsten Jahr
nicht.
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Das stimmt genauso wenig
wie alles andere, was Sie vorher gesagt ha-
ben!)
Selbst wenn die Mauteinnahmen in voller Höhe fließen,
wovon ich nicht ausgehe, stehen im nächsten Jahr weni-
ger Infrastrukturmittel zur Verfügung als in den
Jahren 2003 und 2004, obwohl ursprünglich die Investi-
tionsmittel um die Mauteinnahmen erhöht werden soll-
ten. Das ist die Situation.
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Sehr rich-
tig! – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch das ist falsch!)
Das bedeutet, dass sich der Bundesverkehrsminister
mit 66er-Listen beschäftigen muss, dass also an vielen
Stellen gespart, gestrichen, gestreckt, gekürzt werden
muss sowie Bauvorhaben abgesagt werden müssen. Das
ist die Folge dieses Mautdesasters und darüber, wer da-
für die Verantwortung trägt, wollen wir die Öffentlich-
keit aufklären.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Ich habe den Bericht des Bundesrechnungshofes gele-
sen. Darüber haben wir im Haushaltsauschuss auch dis-
kutiert.
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Sie haben ihn offenbar nicht
gelesen!)
Es hieß, darin seien geheime Geschäftsdaten enthalten,
deshalb müsse er geheim gehalten werden. Ich habe kein
einziges geheimes Geschäftsdatum gefunden. Das Ein-
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ige, was aus Sicht der Bundesregierung geheimhal-
ungsbedürftig ist, ist das Versagen der zwei Minister,
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ja!)
es jetzigen Verkehrsministers und seines Vorgängers.
ass wir eine unfähige Regierung haben, ist aber kein
chützenswerter Tatbestand.
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Wollen Sie damit behaupten,
dass der Bundesrechnungshof in seiner Be-
gründung lügt?)
Angesichts des Versagens dieser rot-grünen Bundes-
egierung an vielen Stellen kommt man gar nicht mehr
interher, Untersuchungsausschüsse zu fordern. Sie dür-
en sich aber nicht wundern, wenn wir an dieser Stelle
ielleicht einmal etwas zurückhaltend sind.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will die Situation noch einmal deutlich machen:
s geht um 4,5 Milliarden Euro. Sie sagen jetzt, wir
ürden Geschäftsgeheimnisse verraten und die Position
es Bundes schwächen, wenn öffentlich bekannt würde,
er versagt habe.
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Das sagt der Bundesrech-
nungshof, der nach unserer Verfassung mit
richterlicher Unabhängigkeit ausgestattet ist!)
Herr Schmidt, melden Sie sich doch zu einer Zwi-
chenfrage.
Ich kann Ihnen das Verfahren gern erläutern. Wir ha-
en im Haushaltsausschuss über den Bericht beraten.
ir haben gesagt: Daran ist doch gar nichts geheim.
arauf hat der Vertreter des Bundesrechnungshofes im
usschuss gesagt, dann müsse der Minister sagen, ob es
eheim ist oder nicht. Sie wären bereit, den Bericht offen
u legen.
(Renate Blank [CDU/CSU]: Aha!)
ann haben sich die Vertreter des Verkehrsministeriums
nd des Bundesrechnungshofes zurückgezogen und eine
tunde lang palavert. Ergebnis war, dass der Bericht auf
unsch des Bundesverkehrsministers nicht öffentlich
emacht wird. Das ist der Sachverhalt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Horst Friedrich
[Bayreuth] [FDP]: Aha!)
Welches ist der schützenswerte Sachverhalt? Sie sa-
en, durch die Offenlegung werde die Position des Bun-
es im Schiedsverfahren gefährdet. Wie läuft ein sol-
hes Schiedsverfahren ab? Kann man in einem solchen
erfahren schwindeln? Kann man dort die Fakten und
ie eigene Schuld unterdrücken?
(Uwe Beckmeyer [SPD]: Ich finde, das tun Sie
gerade!)
uss man dort nicht die Wahrheit auf den Tisch legen?
enn sich ein reguläres Verfahren anschließen würde,
äre das, was Sie beabsichtigen, Prozessbetrug. Sie
ürden die Position des Gegners dadurch schmälern,
ass Sie die Unwahrheit behaupten. Die Wahrheit lautet,
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13977
(A) )
(B) )
Dietrich Austermann
dass der Minister versagt hat, dass er an vielen Stellen
sehenden Auges in die Misere hineingeschlittert ist. Das
bedeutet einen Schaden von 4,5 Milliarden Euro und
darüber muss die Bevölkerung aufgeklärt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Ich könnte eine Reihe von anderen Positionen auffüh-
ren, aus denen sich ganz klar ergibt – auch das alles ist
nicht schützenswert –, an welcher Stelle sich der Minis-
ter eingeschaltet hat, an welcher Stelle er den Sachver-
stand von Beratern, die für teures Geld eingekauft wor-
den sind, an welcher Stelle er den Sachverstand der
Fachabteilungen ignoriert hat, die ebenso wie das Bun-
desamt für Güterverkehr auf die Risiken hingewiesen
und Warnlampen aufgestellt haben. Nein, das Ganze
musste durchgezogen werden. Der erste war natürlich
Bodewig. Er wollte zwei Tage vor der Bundestagswahl
ein Ergebnis vorweisen in der Hoffnung, dass er als
Nordrhein-Westfale und nicht Ulla Schmidt Minister
bleiben bzw. werden könnte. Das hat sich so nicht be-
wahrheitet. Trotzdem hat man Interessen des Steuerzah-
lers verraten, indem man sehenden Auges einen Vertrag
abgeschlossen hat, der so gar nicht erfüllt werden
konnte, was auch jeder wusste.
Das erklärt auch die Haftungsbedingungen. Wenn es
einen ordentlichen Vertrag gegeben hätte, hätte das Kon-
sortium natürlich in größerem Umfang haften müssen.
Daraus ist aber nichts geworden, weil schließlich alle
wussten, dass das so schnell nicht funktionieren würde.
Und mit dieser Position wollen Sie in ein Schiedsverfah-
ren gehen?
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Das ist doch alles bekannt!
Das ist nicht neu!)
– Wenn das alles bekannt ist, warum sagen Sie dann, der
Bericht des Bundesrechnungshofes müsse geheim gehal-
ten werden?
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –
Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Ich persönlich sage das
nicht!)
– Sie, Herr Schmidt, gehen her und zitieren den Halbsatz
aus dem Bericht, der Ihnen gefällt, in dem das Konsor-
tium herhalten muss. Alles andere, also das, was auf den
restlichen 40 Seiten – dort wird das Ministerium ange-
griffen – steht, darf die Öffentlichkeit offenbar nicht wis-
sen. Wir haben für Ihre Kritik kein Verständnis.
Die Staatssekretärin hat von einem kleinen Karo gere-
det. Wir finden, dass man im Zusammenhang mit Ver-
kehrsinvestitionen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro
nicht von einem kleinen Karo reden kann. Schließlich
hat noch nicht einmal der gesamte Straßenbauetat einen
Umfang von 4,5 Milliarden Euro. Ich wiederhole: Ich
kann überhaupt nicht verstehen, dass Sie von einem klei-
nen Karo sprechen.
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: So ist es!)
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Sie haben an vielen Stellen versagt. Auch zum Thema
armonisierung liegt – trotz der Verzögerung um an-
erthalb Jahre – überhaupt nichts vor.
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: So ist es!)
as ist denn aus der im Bundesrat gegebenen Zusage,
ine Regelung zugunsten der deutschen Spediteure zu
inden, geworden? Nichts ist daraus geworden! Das
eißt: Sie haben auf der ganzen Linie versagt. Die Mit-
lieder unserer Fraktion im Haushalts- und im Verkehrs-
usschuss haben dem Verkehrsminister gewissermaßen
in Korsett angelegt, indem sie ihn zur Kündigung auf-
efordert haben, damit die Dinge endlich einmal in die
eihe kommen.
Herr Schmidt versucht ab und zu einmal, den
Metzger“ zu machen. Er profiliert sich dann außerhalb
einer eigenen Truppe. Das bringt immer wieder einmal
inen Auftritt im Fernsehen mit sich. Aber alle anderen
on Rot-Grün haben doch Nebelkerzen geworfen. Sie
aren nicht daran interessiert, die Vorgänge aufzuklären
nd zu konkreten Entscheidungen zu kommen.
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Es ehrt mich aber, wenn Sie
mich mit dem Kollegen Metzger vergleichen!)
Die Öffentlichkeit muss wissen, wie mit dem Geld
es Steuerzahlers über Jahre hinweg, auch nach der Bun-
estagswahl 2002 – 700 Millionen Euro Steuergelder
ind verschenkt worden; damit kann man sehr viele
rtsumgehungen bauen –, umgegangen worden ist und
elcher Schaden dadurch angerichtet worden ist. Wenn
ie nicht bereit sind, unserem Antrag zu folgen und die
ngelegenheit aufzuklären, dann schließe ich einen Un-
ersuchungsausschuss in dieser Sache auch heute noch
icht aus.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –
Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Sie entscheiden das nicht! –
Gegenruf des Abg. Dietrich Austermann
[CDU/CSU]: Na, warte es mal ab!)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Uwe Beckmeyer.
Uwe Beckmeyer (SPD):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Es ist schon verwunderlich, was hier passiert.
ie Bundesrepublik Deutschland steht vor einem erfolg-
eichen Mautstart.
(Renate Blank [CDU/CSU]: Das hat kein
Mensch bezweifelt!)
in industrielles Konsortium hat ein auf der Welt einma-
iges System entwickelt. Was hier passiert, inszeniert die
pposition nach dem Motto: „Wir brauchen Bad News
nd keine Good News“. Ihr Problem ist eigentlich: Sie
ollen davon ablenken, dass wir in Deutschland ab dem
rsten Tag des nächsten Monats endlich ein funktionie-
endes Mautsystem haben werden. Und dass wir das ha-
en werden, ist gut so!
13978 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Uwe Beckmeyer
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Dirk Fischer [Hamburg]
[CDU/CSU]: Ihre Geheimhalterei deutet auf
ein schlechtes Gewissen hin!)
– Herr Fischer, hören Sie zu!
(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Da las-
sen wir Sie nicht raus!)
Wir haben damit im Rahmen der Verkehrspolitik zum
ersten Mal in Deutschland die Chance, etwas Nutzerfi-
nanziertes auf den Weg zu bringen. Davon haben Sie in
der Vergangenheit nur gesprochen. Wir dagegen tun es,
und zwar hier in Deutschland.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Industrie hatte Probleme mit einem so umfangrei-
chen, technisch sehr schwierigen System. Das sei ein-
fach einmal festgestellt. Das zu behaupten, ist Ihnen un-
benommen. Aber dieses System funktioniert jetzt. Das
passt Ihnen wohl nicht und deshalb steht die Beratung
dieses Antrags auf der heutigen Tagesordnung des Deut-
schen Bundestages. Sie handeln nach dem Motto: Wol-
len wir doch einmal mit Dreck schmeißen, an den Sozis
und an den Grünen wird schon etwas hängen bleiben.
Sie, Herr Austermann, sind doch Mitglied des Haus-
haltsausschusses des Deutschen Bundestages.
(Rainer Fornahl [SPD]: Der schmeißt gern mit
Dreck, der Herr Austermann!)
Sie haben als Mitglied dieses Ausschusses einen Brief
bekommen.
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Mehrere!)
– Ja, das stimmt. – Interessant ist, dass dieser Brief vom
13. Oktober 2004 an die Mitglieder des Haushaltsaus-
schusses von Herrn Carstens, dem Vorsitzenden des
Haushaltsausschusses, stammt. Darin teilt er mit, dass er
beabsichtige, den Ausschussmitgliedern einen vertrauli-
chen Bericht mit schützenswerten Daten zuzuleiten und
einen entsprechenden Beschluss hinsichtlich der
Geheimhaltung herbeizuführen.
(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Welcher Partei gehört dieser
Carstens eigentlich an?)
– Herr Carstens ist wie Herr Austermann Mitglied der
CDU/CSU-Fraktion. – Dieser Beschluss ist am 20. Ok-
tober einstimmig, also auch mit Ihrer Stimme, gefasst
worden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Dennoch tun Sie hier so, als müssten Sie sich davon dis-
tanzieren. Distanzieren Sie sich doch im Ausschuss!
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Austermann?
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Uwe Beckmeyer (SPD):
Ja, natürlich. Er hat jetzt ein schlechtes Gewissen.
Dietrich Austermann (CDU/CSU):
Herr Kollege Beckmeyer, Ihnen ist doch wohl klar,
ass der Rechnungshof gesagt hat, er werde dem Aus-
chuss den Bericht nur dann vorlegen, wenn sich der
usschuss verpflichte, ihn geheim zu halten. Ihnen ist
uch klar, dass man, nachdem man den Bericht gelesen
at, zu dem Ergebnis kommen kann, er sei nicht geheim-
altungsbedürftig. Oder sind Sie zu solch einer Verände-
ung des Standpunktes aufgrund unterschiedlicher Sach-
erhalte nicht in der Lage?
(Lachen bei der SPD)
Uwe Beckmeyer (SPD):
Lieber Herr Austermann, Sie können mir durchaus
utrauen, dass ich differenziert denken kann.
(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Aber heute
haben Sie Schwierigkeiten damit!)
issen Sie, was Sie aus der Opposition heraus gemacht
aben? Einen schlichten Fehler.
(Georg Girisch [CDU/CSU]: Welchen Feh-
ler?)
eshalb sind Sie in Ihrer Rede in dieser Weise verfahren.
ie haben aus Ihrer Oppositionsposition heraus einen
ehler gemacht und meinen, Sie müssten das jetzt der
undesregierung anhängen. Die Bundesregierung hat
it dem Verhalten des Bundesrechnungshofs überhaupt
ichts zu tun. Der Bundesrechnungshof ist eine eigen-
tändige, nach der Verfassung unabhängige Instanz in
eutschland. Der lässt sich in keiner Weise schurigeln,
chon gar nicht von der Bundesregierung. – Jetzt dürfen
ie sich wieder hinsetzen, Herr Austermann.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Ich bin der festen Überzeugung: Es wird Ihnen heute
icht gelingen, die Öffentlichkeit zu verdummen,
(Renate Blank [CDU/CSU]: Das ist eine un-
verschämte Behauptung, Herr Kollege
Beckmeyer! Nehmen Sie die zurück!)
ndem Sie Ihre entsprechende Maschine hier anstellen,
m den Leuten draußen vorzugaukeln, dass es hier etwas
chlechtes, eine Art Versagenspolitik gibt. Die Motive
ei Ihnen sind klar. Sie möchten gerne die Vokabeln
Mautdesaster“ und „Versagenspolitik von Rot-Grün“
Sie haben es ausgesprochen – weiter in den Schlagzei-
en halten.
(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Das
macht schon die Presse von ganz allein!)
as Gegenteil ist jetzt der Fall. Wir haben ein intaktes
autsystem. Es funktioniert. Wir wollen dieses System
um Erfolg führen. Das, denke ich, werden wir in den
or uns liegenden Wochen und Monaten auch schaffen.
Sie haben wieder mit dem Thema Harmonisierung
ngefangen. Ich kann Ihnen nur Folgendes empfehlen:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13979
(A) )
(B) )
Uwe Beckmeyer
Schauen Sie in die Beschlüsse, die wir im Deutschen
Bundestag, im Vermittlungsausschuss gefasst haben!
Dort steht:
Die Mauthöhe wird zunächst mit einem Eingangs-
satz von durchschnittlich 12,4 Cent/km festgesetzt.
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist
keine Harmonisierung!)
Dieser Mautsatz wird je nach dem Wirksamwerden und
dem Umfang der Maßnahmen, die in den voranstehen-
den Punkten aufgeführt sind und die teilweise einer vor-
herigen Zustimmung der EU-Kommission bedürfen, auf
das ursprünglich vorgesehene Niveau der Mautsätze von
durchschnittlich 15 Cent/km festgesetzt.
Wir sind bei 12,4 Cent. Die Bundesregierung hat die
Pflicht, in der vor uns liegenden Zeit bei der EU die an-
deren Punkte durchzusetzen.
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Seit ein-
einhalb Jahren!)
Solange das nicht geschehen ist, gilt eine Harmonisie-
rung und Absenkung des Mautsatzes von 15 auf
12,4 Cent pro gefahrenen Kilometer.
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist
doch keine Harmonisierung!)
Angesichts dieser aktuellen Lage sagen Sie: Wir ha-
ben noch keine Harmonisierung, das Gewerbe zahlt zu
viel. Auch das ist Unsinn. Gegen alle Fakten haben Sie
im Deutschen Bundestag erneut eine Mär erzählt. Die
lasse ich nicht gelten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Abg. Dirk Fischer [Ham-
burg] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwi-
schenfrage)
– Schönen Dank, Herr Fischer, aber ich komme jetzt
gleich zum Schluss.
Ich möchte in dieser Sache noch Folgendes hinzufü-
gen:
Erstens. Wir haben in Deutschland endlich die
Chance, im Einklang mit der EU-Verkehrspolitik durch-
zusetzen, dass die Wegekosten durch LKW den Verursa-
chern angelastet werden. Damit haben wir zum ersten
Mal die Chance, den Schatz der Autobahnen zu heben,
auch für zukünftige Finanzierungsmodelle in der Bun-
desrepublik Deutschland.
Zweitens. Wir haben damit zum ersten Mal Finanzie-
rungen in Höhe von über 3 Milliarden Euro für den
nächsten Haushalt sichergestellt. Wer hier die Behaup-
tung wagt, das Haushaltsvolumen gehe zurück, der
muss sich einfach einmal mit den Fakten und Zahlen be-
schäftigen.
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ein Blick
in den Haushaltsentwurf entlarvt alle Ihre Aus-
sagen, Herr Beckmeyer!)
Diese sind von Ihnen nicht korrekt dargestellt worden,
Herr Austermann. Wenn Sie die Ausgaben im Haushalt
für den Verkehrsbereich unter Wissmann und zu Beginn
der rot-grünen Koalition nehmen plus die UMTS-Erlöse
–
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das läuft jetzt aus – plus die entsprechenden Höhen der
aut jetzt, dann werden Sie feststellen, dass wir sozusa-
en auf UMTS-Level bleiben.
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Nein!)
nd das ist gut für Deutschland.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Albert
Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN])
Drittens. Wir werden mit der Einführung der Maut die
ettbewerbsbedingungen von Schiene und Straße fai-
er gestalten. Das ist auch gut so. Das wird für uns in
eutschland zu hervorragenden Ergebnissen führen.
Viertens. Mit dem in Deutschland gewählten Weg ei-
er weitgehend automatischen Erhebung der LKW-Maut
esteht die Möglichkeit, in einem Technologiebereich
eltweit wieder eine Vorreiterrolle zu spielen. Das ist
oderne Innovationspolitik. Die leisten wir jetzt, also in
iner Zeit der rot-grünen Koalition.
(Beifall bei der SPD)
as ist auch für uns ein ganz hervorragender Ausweis ei-
er erfolgreichen Innovationspolitik, mit der wir drau-
en in der Welt Geld verdienen können. Dass wir auf un-
erem industriellen Know-how basierend eine weltweit
rfolgreiche Wirtschaftspolitik betreiben, ist ebenfalls
ut für den Standort Deutschland.
Insofern, meine Damen und Herren, gibt es hier auch
inen guten Schluss: Gott sei Dank haben wir mit der
eutschen Industrie einen Weg gefunden, ein erfolgrei-
hes Modell zu starten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth]
[FDP]: Und das ist gut so!)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Die Kollegin Blank möchte eine Kurzintervention
achen.
Renate Blank (CDU/CSU):
Herr Kollege Beckmeyer, Sie haben der Opposition
orgeworfen, sie wolle die Bevölkerung für dumm ver-
aufen. Herr Kollege Beckmeyer, das weisen wir als Op-
osition energisch zurück. Wir wollen die Bevölkerung
ufklären,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
ass die Bundesregierung die Verantwortung dafür trägt,
ass 4,5 Milliarden Euro im Verkehrshaushalt fehlen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Schmidt
[Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Jetzt sind wir aber tief beeindruckt! – Zuruf
von der SPD: Das wissen Sie doch gar nicht!)
Uwe Beckmeyer (SPD):
Liebe gnädige Frau, ich antworte sehr zurückhaltend.
(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist
auch gut so!)
13980 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Uwe Beckmeyer
Ich bin sehr dankbar dafür, dass Sie, wie ich finde, sich
sehr zurückhaltend geäußert haben. Deshalb will ich
auch so antworten.
Der Bundesminister ist ja aktuell dabei, die
4,5 Milliarden Euro über das Schiedsverfahren für den
Bund zu gewinnen. In diesem Prozess befinden wir uns.
Hoffentlich unterstützen Sie uns dabei. Das wäre im In-
teresse des Bundeshaushaltes und der Verkehrspolitik zu
wünschen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Ich schließe damit die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/4391 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b auf:
a) – Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Einführung einer Strategi-
schen Umweltprüfung und zur Umsetzung
der Richtlinie 2001/42/EG (SUPG)
– Drucksache 15/3441 –
(Erste Beratung 118. Sitzung)
– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Einführung einer Strategi-
schen Umweltprüfung und zur Umsetzung
der Richtlinie 2001/42/EG (SUPG)
– Drucksachen 15/4119, 15/4236 –
(Erste Beratung 138. Sitzung)
Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Umwelt, Naturschutz und Reak-
torsicherheit (15. Ausschuss)
– Drucksachen 15/4501, 15/4540 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gabriele Lösekrug-Möller
Marie-Luise Dött
Winfried Hermann
Michael Kauch
b) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-
derung des Gesetzes über die Umweltverträg-
lichkeitsprüfung
– Drucksache 15/1497 –
(Erste Beratung 66. Sitzung)
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Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (15. Ausschuss)
– Drucksache 15/1955 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Petra Bierwirth
Marie-Luise Dött
Winfried Hermann
Birgit Homburger
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Wider-
pruch höre ich keinen.
Ich eröffne jetzt die Aussprache. Das Wort hat zu-
ächst die Abgeordnete Gabriele Lösekrug-Möller.
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir
enden uns jetzt einem Thema zu, das wohl für eine
eutlich niedrigere Betriebstemperatur als beim zurück-
iegenden Tagesordnungspunkt sorgen wird.
(Horst Kubatschka [SPD]: Weißt du das?)
leichwohl ist es ebenfalls von außerordentlicher Be-
eutung.
(Beifall des Abg. Winfried Hermann [BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN])
Der vorherige Tagesordnungspunkt lässt leider ge-
auso wenig wie dieser erkennen, dass wir den letzten
itzungstag vor Weihnachten haben. So geht in der Tat
on dem Gesetz zur Einführung einer Strategischen Um-
eltprüfung, zu dem ich hier spreche, weder Sternen-
lanz noch Lebkuchenduft aus. Es ist also in keiner
eise adventlich oder weihnachtlich. Insofern kann ich
ir jede rhetorische Brücke zu Christstollen oder ande-
em sparen.
Worum geht es bei diesem Gesetz? Viele wird, wie
ch denke, schon interessieren, was sich hinter dieser oft
älschlicherweise als Suppengesetz verspotteten Rege-
ung verbirgt. Es geht um die Umsetzung verschiedener
ichtlinien der Europäischen Gemeinschaft. Ich lade Sie
u einer kleinen Addition ein: Zu den umzusetzenden
ichtlinien gehören die EG-Richtlinie 2003/35, teilweise
ie EWG-Richtlinie 85/337, die EG-Richtlinie 96/61, das
EA-Protokoll und die EG-Richtlinie 2001/42. Wenn
an all diese addiert, kommt unterm Strich im nationa-
en Recht das Gesetz zur Einführung einer Strategischen
mweltprüfung heraus, zu dem heute die zweite und
ritte Lesung stattfinden.
Warum habe ich Ihnen diese Rechenaufgabe zugemu-
et? Ich möchte damit deutlich machen, dass nationale
msetzung europäischen Rechts ein nicht immer einfa-
hes Unterfangen ist. Das wissen wir alle in diesem
aus. Darunter leiden viele parlamentarische Beratun-
en. Auch diese Schwierigkeit war hier zu meistern. Wir
lle wissen, dass es schön gewesen wäre, wenn wir die-
es Gesetz eher gehabt hätten. Das Verfahren war aber
ehr kompliziert. Umso zufriedener bin ich, dass wir das
esetz heute abschließend beraten können.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13981
(A) )
(B) )
Gabriele Lösekrug-Möller
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Worum geht es im Kern? Es geht um Pläne und Pro-
gramme mit voraussichtlich erheblicher Auswirkung auf
die Umwelt. Sie sollen einer strategische Prüfung unter-
zogen werden. Das ist auch richtig so. Ziel ist es näm-
lich, nachteilige Auswirkungen eines Planungsvorha-
bens anders als bisher frühzeitig zu erkennen und zu
berücksichtigen.
Wir Umweltpolitikerinnen und -politiker begrüßen
dieses Verfahren als gut und notwendig. Ich gehe aller-
dings davon aus, dass wir hier im Plenum genau wie im
Ausschuss keine breite Zustimmung zu unserem Gesetz
bekommen werden. Das liegt meines Erachtens an eini-
gen Details, zu denen ich später kommen werde.
Als erste Rednerin erlaube ich mir, das Gesetz ein
bisschen ausführlicher vorzustellen. Ich beginne damit,
dass ich das entscheidende Instrument der Strategischen
Umweltprüfung näher beschreibe, nämlich den Umwelt-
bericht. Mit ihm werden Umweltauswirkungen des
Plans oder Programms nicht nur erfasst, sondern auch
bewertet. Zudem dient er der Darstellung von Maßnah-
men zur Verhinderung oder Abschwächung negativer
Auswirkungen. Es ist also ein sinnvolles Instrument.
Was sind die wesentlichen Verfahrensschritte bei
der Strategischen Umweltprüfung? Da es nur sieben an
der Zahl sind, mute ich allen zu, sich diese kurz anzuhö-
ren.
Erster Schritt: Feststellung der Notwendigkeit einer
SUP. Da stellt sich die Frage: Ist sie obligatorisch oder
genügt eine Vorprüfung im Einzelfall mit einem offenen
Ergebnis?
Zweiter Schritt: Festlegung des Untersuchungsrah-
mens und Bestimmung der in den Umweltbericht auf-
zunehmenden Informationen. Das nennen Fachleute
Scoping.
Dritter Schritt: Der Umweltbericht wird erstellt.
Vierter Schritt: Behörden- und Öffentlichkeitsbeteili-
gung, grenzüberschreitende Beteiligung. Meine Damen
und Herren, damit sind nicht die Grenzen zwischen Hes-
sen und Rheinland-Pfalz gemeint, sondern wir wollen,
was wirklich nötig ist, in Europa zu Regelungen kom-
men, insbesondere bei der Planung größerer Vorhaben,
die aufeinander abgestimmt sind. Das ist mit grenzüber-
schreitender Beteiligung gemeint.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Fünfter Schritt: Berücksichtigung von Schritt drei und
vier bei der weiteren Entscheidungsfindung. Das scheint
eigentlich redundant. Wer aber die Praxis kennt, weiß,
dass man unbedingt und zwingend Wert darauf legen
muss, dass die Pflicht der Einbeziehung der Konsultatio-
nen und des Umweltberichts festgeschrieben wird.
Sechster Schritt: Bekanntgabe der Entscheidung; das
ist nichts Neues.
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Siebter und letzter Schritt: Überwachung des Ganzen,
achbegriff: Monitoring. Darauf werde ich später zu-
ückkommen.
Das alles ist schlüssig, einleuchtend und sinnvoll.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
rotzdem werden bereits hier Haarrisse deutlich, näm-
ich in der Frage, ob das jetzt die so genannte berühmte
nd gewollte Eins-zu-eins-Umsetzung der Richtlinie ist.
as ist ja die Zauberformel, an der wir immer messen,
b etwas zu akzeptieren ist,
(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Ist es nicht!)
b wir dem zustimmen oder nicht. Wir haben in der Dis-
ussion im Ausschuss erkannt, dass es da unterschiedli-
he Einschätzungen gibt. Ich freue mich, dass Sie diese
ier live einbringen und sagen: „Ist es nicht!“ Ich sage:
st es doch! Das werde ich jetzt auch begründen.
(Beifall bei der SPD)
Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU,
aben zum Beispiel Zweifel, ob die Landschaftspla-
ung der SUP unterliegt. Die Kolleginnen und Kollegen
on der FDP hingegen haben Zweifel bei Lärmminde-
ungs- und Hochwasserschutzplänen. Rot-Grün hin-
egen sagt: Es ist eindeutig, dass diese Pläne ihr unter-
iegen. Auch für die Landschaftsplanung muss es eine
UP-Pflicht geben. Das führt nicht zu einer Verdoppe-
ung, sondern bedeutet, dass zukünftig im Umweltbe-
icht ein erweiterter Fokus in Bezug auf die Landschafts-
lanung enthalten sein muss. Das ist das Mehr an
ualität, das sein muss und auch sein soll.
Nun stellen sich natürlich die Fragen: Wird es einfa-
her oder komplizierter? Belasten wir Behörden unnö-
ig? Diese Frage stellen wir ja häufig und auch zu Recht.
ührt dieses Gesetz zu vermeidbaren Kosten? Meine
amen und Herren, ich bin fest überzeugt: Vermeidbare
das Wort ist wichtig – Kosten entstehen nicht. Sehr
ohl fallen Vollzugskosten an. Aber ich bin überzeugt,
ass sich eine frühzeitige Prüfung auf Umweltauswir-
ungen, die Entwicklung und Abwägung von Alterna-
iven insgesamt rechnen werden. Es wäre zu billig, an
ieser Stelle nur zu schauen, was das Verfahren teuer
acht, ohne eine Gesamtrechnung aufzumachen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
ch bin ganz sicher: Die Gesamtrechnung wird unter
em Strich ergeben, dass das Ganze nicht nur kosten-
ünstiger wird, sondern auch für höhere Akzeptanz sor-
en wird.
Das SUPG, wie wir es heute verabschieden wollen, ist
o angelegt, dass durch das Abschichten der einzelnen
rüfungen Doppelungen vermieden werden, indem man
uf bereits durchgeführte Prüfungen zurückgreifen kann.
adurch gewinnt der Planungsprozess an Qualität. Ich
ehaupte einmal ganz kess: Die gute fachliche Praxis,
ie wir in anderen Politikfeldern kennen, könnte jetzt
13982 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Gabriele Lösekrug-Möller
auch hier Einzug halten. Darauf freue ich mich schon
jetzt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Der Vollständigkeit halber ist allerdings zu ergänzen
– Frau Groneberg wird sicherlich noch darauf eingehen –,
dass weder der Bau- noch der Raumordnungsbereich be-
troffen sind. Das liegt nicht daran, dass wir der Meinung
sind, für diesen Bereich seien keine Regelungen notwen-
dig. Ganz im Gegenteil: Die notwendigen Änderungen
wurden bereits mit der Novellierung des Baugesetzbu-
ches herbeigeführt. Das haben wir also schon längst ab-
gehakt.
Werfen wir noch einen Blick auf das parlamentari-
sche Verfahren: Welche Änderungen gab es? Wir haben
die wortgleichen Entwürfe der Bundesregierung und der
Koalition an wenigen, aber meines Erachtens wichtigen
Punkten verbessert. Wir haben zwei Anregungen des
Bundesrates aufgenommen. Sie dienen zum einen der
Klarstellung des Untersuchungsrahmens und zum ande-
ren der Richtigstellung insofern, als für forstliche Pläne
und Programme in der Tat keine Bundesregelung zu tref-
fen ist.
Aus der Sachverständigenanhörung hat Rot-Grün
ebenfalls einige Vorschläge aufgenommen. Wir haben
mehr Klarheit geschaffen, was der Vermeidung von
Mehrfachprüfungen dient. Wir haben bei der Verkehrs-
wegeplanung im frühen – ich betone: im frühen – Sta-
dium der Alternativenprüfung Raum gegeben. Wir ha-
ben die von der Richtlinie geforderte Qualitätssicherung
aufgenommen und dabei den Anwendern dieses neuen
Instruments maximalen Gestaltungsspielraum gegeben.
Und wir haben dem Monitoring – ich sprach es schon
an – mehr Bedeutung eingeräumt. Es soll eben nicht
Plan auf Plan folgen, sondern es soll ein sinnvolles Feed-
back stattfinden. Richtig angewandt ist auch dies ein
Beitrag zur Entbürokratisierung, Qualitätssteigerung und
Kostensenkung.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Wie eingangs dargelegt, gibt es keinen Zusammen-
hang zwischen SUPG und Advent, Weihnachten oder
anderen kalendarischen Höhepunkten. Auch enthält das
Gesetz keine Überraschungen. Im Gegenteil! Es bleibt
festzustellen: Das SUPG ist notwendig; es ist europa-
tauglich und es ist dreifach chancenreich: Denn es för-
dert die Umweltverträglichkeit, es verhilft den Behörden
zu effektiven Planungsprozessen und es sorgt dafür, dass
die Öffentlichkeit früher und umfassender beteiligt wird.
Das SUPG schenkt uns auch über Weihnachten hi-
naus zwei Vorteile: höhere Akzeptanz und optimierte
Planungsprozesse. Wie schön, dass dadurch ein Um-
tausch nach Weihnachten nicht erforderlich sein wird.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
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Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort hat nun die Kollegin Marie-Luise Dött,
DU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU – Winfried
Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Jetzt sind wir auf Ihren weihnachtlichen Bezug
gespannt!)
Marie-Luise Dött (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe
as Gefühl bzw. die Befürchtung, dass sich vor allem die
achpolitiker und die Fachbehörde der Regierung nicht
etailliert genug mit dem heute zu beratenden Gesetz
useinander gesetzt haben.
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist mehr
als ein Gefühl!)
enn sonst wäre es zu einigen offensichtlichen Schwä-
hen des Gesetzentwurfs nicht gekommen.
Die Umweltprüfung auf Planungs- und Programm-
bene ist zugegebenermaßen schwer greifbar und sehr
bstrakt. Bei einzelnen konkreten Vorhaben ist dagegen
infacher nachzuvollziehen, ob und welche Auswirkun-
en das Vorhaben auf die Umgebung und die Umwelt
at. In der Gesetzgebung zur Umweltverträglichkeits-
rüfung haben wir das berücksichtigt. Jedes Vorhaben
ird nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeits-
rüfung auf seine Umweltauswirkungen hin untersucht.
ie Ergebnisse fließen in die Abwägung ein, ob das Vor-
aben zugelassen wird oder nicht.
Nun haben EU-Parlament und Rat den Mitgliedstaaten
er Europäischen Union ins Stammbuch geschrieben,
ass eine solche Prüfung auch schon auf Planungsebene
tattfinden soll. Pläne und Programme, wie etwa Ver-
ehrswegeplanungen oder Abfallwirtschaftsplanungen,
erden daraufhin untersucht, ob und welche Auswirkun-
en auf die Umwelt durch sie zu erwarten sind.
Zwangsläufig ist es so, dass über die Umweltauswir-
ungen in diesem anfänglichen Stadium nur Annahmen
etroffen werden können. Konkrete Aussagen sind zu
iesem frühen Zeitpunkt noch nicht möglich. Ergebnis
er Strategischen Umweltprüfung ist also lediglich eine
rwartung, die in die Abwägung im Planungsprozess
infließt. Um diese Erwartung zu ermitteln, wird eine
enge Aufwand getrieben, der meines Erachtens nicht
n Relation zu dem tatsächlichen Nutzen steht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
en Einwand, dass die Bundesregierung darauf keinen
influss hat, da es sich um eine Vorgabe der EU handelt,
ann ich nicht gelten lassen.
Natürlich muss die Richtlinie zwingend umgesetzt
erden. Die Umsetzungsfrist war übrigens am 21. Juli
004 abgelaufen. Die Bundesregierung war also ein wei-
eres Mal nicht in der Lage, einen Pflichtumsetzungster-
in in der Umweltgesetzgebung einzuhalten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13983
(A) )
(B) )
Marie-Luise Dött
Obwohl die EU-Richtlinien zwingende Vorgaben
enthalten, sind sie nicht über alle Kritik erhaben. Nicht
jede Regelung, die aus Brüssel kommt, ist der Weisheit
letzter Schluss. Es muss zumindest erlaubt sein, über die
Sinnhaftigkeit einer europäischen Regelung nachzuden-
ken.
(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Erlaubt ja, nutzt nur nichts!)
Im Bereich der Umweltgesetzgebung sollten wir das viel
häufiger tun, Frau Hustedt.
(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Ja, aber vorher!)
Fakt ist nun aber, dass der Ministerrat, dem die Bun-
desregierung angehört, der Richtlinie zugestimmt hat.
Sie ist damit in deutsches Recht zu transferieren. Bei der
nationalen Umsetzung besteht ein Handlungs- und Ge-
staltungsspielraum, der vonseiten der Bundesregierung
auch regelmäßig genutzt wird, leider in den meisten Fäl-
len so, dass durch eine überambitionierte Übererfüllung
ein deutscher Sonderweg beschritten wird, der unseren
Wirtschaftsstandort belastet.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auf die Verzahnung mit bestehendem Recht und die
Anerkennung der Tatsache, dass viele neue europäische
Vorgaben durch die vorbildliche Umweltpolitik der
Union unter den Ministern Töpfer und Merkel in
Deutschland bereits seit vielen Jahren Realität sind,
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Da muss sie selber lachen!)
wird dagegen keinerlei Wert gelegt, so auch wieder bei
der Umsetzung der SUP-Richtlinie in deutsches Recht.
Die nahtlose Integration der europäischen Vorgaben
in ein bestehendes Gesetzeswerk ist Ihnen auch in die-
sem Fall misslungen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Durch Ihre Gesetzgebung werden Doppelprüfungen
entstehen, die so nicht notwendig sind. Der EU-Gesetz-
geber hat diese Gefahr sogar gesehen und in den Art. 4
und 5 der SUP-Richtlinie Möglichkeiten eröffnet, solche
Doppelprüfungen zu vermeiden. Diese Option wurde
von Ihnen nicht genutzt.
Art. 11 der EU-Richtlinie betrifft das Verhältnis der
Richtlinie zu anderen Gemeinschaftsvorschriften. In
Abs. 2 wird deutlich klargestellt, dass die Mitgliedstaa-
ten koordinierte und gemeinsame Verfahren für die ver-
schiedenen Prüfungsebenen erarbeiten sollen. Damit
wäre die Verknüpfung der Strategischen Umweltprüfung
mit allen anderen Rechtsvorschriften, in denen ebenfalls
eine Prüfung der Umweltauswirkungen vorgesehen ist,
möglich und sogar gewünscht gewesen.
§ 14 n des deutschen Gesetzentwurfes ist in diesem
Zusammenhang zu abstrakt, da in ihm keine konkreten
Möglichkeiten aufgezählt werden. Verbunden werden
können zum Beispiel die Strategische Umweltprüfung
und die anlagenbezogene Umweltverträglichkeitsprü-
fung sowie die Verträglichkeitsprüfung nach der Flora-
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auna-Habitat-Richtlinie, kurz genannt: FFH. Für die
aumverträglichkeitsprüfung ist in § 16 des Entwurfes
ine Sonderregelung vorgesehen. Besser wäre jedoch
ine einheitliche Regelung gewesen, die sämtliche Ver-
ahren im Hinblick auf die Verträglichkeitsprüfung um-
asst. Das heißt, die Möglichkeiten zur Verknüpfung der
m deutschen Recht vorgesehenen Prüfung, also der
trategischen Umweltprüfung, der Raumverträglich-
eitsprüfung, der anlagenbezogenen Umweltverträglich-
eitsprüfung und der FFH-Verträglichkeitsprüfung, wur-
en von Ihnen nicht ausgeschöpft.
Notwendig wäre, bezogen auf eine Zeitachse, eine
echselseitige Anerkennung der durchgeführten Prüf-
chritte. Dies würde bei allen Beteiligten Kosten sparen
nd das Verfahren beschleunigen. Mit Ihrem Gesetzent-
urf haben Sie aber die Chance vertan, Verfahrensbe-
chleunigungen und -vereinfachungen im deutschen
echt zu verankern.
Parteiübergreifend wird sich seit Jahren der Kopf da-
über zerbrochen, wie wir uns in Deutschland von der
esetzesflut und den bürokratischen Fesseln befreien
önnen. Vor genau einem Jahr, im Dezember 2003, hat
as Bundeskabinett den „Masterplan Bürokratieabbau“
erabschiedet. Mit ihm sollte eine messbare Verbesse-
ung, vor allem durch die Verkürzung der Verwaltungs-
erfahren sowie die Verringerung des Kostenaufwands,
rreicht werden. Wir haben uns viel von dieser Initiative
rhofft. Die heutige Bilanz ist niederschmetternd. Abge-
ehen von ein paar unbedeutenden Einzelfällen sind die
emühungen spurlos im Sand verlaufen. Eine faktische
ntlastung der staatlichen Institutionen hat nicht stattge-
unden. Eher ist das Gegenteil der Fall.
In diesem Zusammenhang und gerade am heutigen
ag möchte ich noch einmal auf unser Ziel eines
mweltgesetzbuches hinweisen. Vor dem Hintergrund
er Beratungen der Föderalismuskommission darf dieses
orhaben nicht aus den Augen verloren werden;
(Beifall bei der CDU/CSU – Winfried
Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der
Schein der Heiligen geht über Ihnen auf!)
enn dadurch wäre einer klaren Vereinfachung im Um-
eltrecht der Weg gebahnt.
Zurück zu unserem Thema. Mit der zusätzlichen Prü-
ung auf der Planungsebene innerhalb des SUP-Gesetz-
ntwurfes kommt ein weiteres Element hinzu, das die
ommunalen Behörden beansprucht. In der Begründung,
ie die Bundesregierung für ihren Gesetzentwurf gege-
en hat, ist sogar nachzulesen – ich zitiere –:
Die Neufassung des UVPG beinhaltet eine Erhö-
hung des Verwaltungs- und Vollzugsaufwandes für
Bund, Länder und Gemeinden. Von den damit ver-
bundenen Kostenbelastungen sind vor allem die
Länder, die für die Ausarbeitung, Annahme und
Änderungen der meisten Pläne und Programme zu-
ständig sind, betroffen. Den … Kommunen wird,
zum Beispiel bei der Ausarbeitung, Annahme und
Änderung von Abfallwirtschaftsplänen, Lärmmin-
derungs- und Luftreinhalteplänen, ebenfalls ein
erhöhter Verwaltungs- und Vollzugsaufwand entste-
hen.
13984 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
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Marie-Luise Dött
So lautet die Begründung der Bundesregierung für ihren
Gesetzentwurf.
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Anstatt die nationale Umsetzung so schlank und effizient
wie möglich zu gestalten, hat die Bundesregierung auch
in diesem Fall der Bürokratisierung Vorschub geleistet.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP)
Neben der mangelhaften Integration in bestehendes
Recht ist auch die Übererfüllung von Umsetzungsanfor-
derungen zu nennen. Wieder einmal gehen Sie über die
Vorgaben der europäischen Richtlinie hinaus, so zum
Beispiel bei den §§ 14 b und 14 h, die bestimmen, wel-
che Pläne und Programme SUP-pflichtig sind und wel-
che weiteren Behörden zu beteiligen und zu unterrichten
sind. In der Richtlinie ist eindeutig vorgeschrieben, dass
solche Behörden zu beteiligen sind, die – ich zitiere –
„betroffen sein könnten“. Das deutsche Gesetz stellt
demgegenüber nicht auf die tatsächliche Betroffenheit,
sondern auf den abstrakten Aufgabenbereich der Be-
hörde ab. Meines Erachtens wird der Behördenkreis da-
durch ausgeweitet. Eine weitere Ausweitung erfolgt
durch die Einfügung des – ich zitiere – „gesundheitsbe-
zogenen Bereiches“. So ist damit zu rechnen, dass künf-
tig sämtliche Behördenorganisationen an den fraglichen
Verfahren beteiligt sein dürften.
Ebenso ist auf § 14 f Abs. 4 zu verweisen, demzu-
folge Sachverständige und Dritte von den Behörden hin-
zugezogen werden können. Hier geht der Gesetzentwurf
deutlich über den Richtlinientext hinaus, was auch vor
dem Hintergrund abzulehnen ist, dass die Verfahrenskos-
ten durch eine solche Möglichkeit unnötig in die Höhe
getrieben werden.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Sie es nicht ge-
schafft haben, erstens die Strategische Umweltprüfung
sinnvoll in die bestehende deutsche Umweltgesetzge-
bung zu integrieren, zweitens die Richtlinie ohne er-
schwerende Zusätze in nationales Recht umzusetzen,
drittens Doppelregelungen und -prüfungen zu vermeiden
und viertens den bürokratischen Aufwand für Länder
und Kommunen so gering wie möglich zu halten. Die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion muss Ihren Gesetzent-
wurf daher ablehnen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich erteile das Wort dem Kollegen Winfried
Hermann, Bündnis 90/Die Grünen.
Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich möchte zunächst in die Zeiten zurückgehen,
in denen Sie von der Union das Umweltministerium ge-
stellt haben. Das war vor rund 15 Jahren.
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das waren
gute Umweltzeiten! – Gegenrufe von der SPD:
Um Gottes Willen! – Eine Zeit der Versäum-
nisse war das!)
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In Ihren Augen waren das gute Zeiten. Gleich werden
ie sogar von mir Gutes hören. – Vor gut 15 Jahren
urde die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund ei-
er Initiative der Europäischen Union in Deutschland
ingeführt, wie dies heute bei der Strategischen Umwelt-
erträglichkeitsprüfung der Fall ist. Damals haben man-
he Planer und Verwalter einen Umweltbürokratismus
efürchtet, durch den Projekte und Maßnahmen gestört
erden. Inzwischen ist, wie ich meine, hinlänglich be-
egt, dass das nicht der Fall war.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Franz
Obermeier [CDU/CSU]: Weil wir das vernünf-
tig gemacht haben!)
Sie, wir und die Behörden haben das gemacht, und in
eutschland hat man sich daran gewöhnt. – Heute kann
an sagen, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung für
eutsche Verwaltungsverfahren und die öffentliche De-
atte in Deutschland eine Selbstverständlichkeit ist; ich
laube, das ist gut so.
Im Laufe der Jahre mit diesem Verfahren ist aber auch
eutlich geworden, dass man diese Umweltverträglich-
eitsprüfung immer nur auf einzelne Maßnahmen und
uf einzelne Projekte bezogen hat; so war die Rechts-
age. Man hat also überprüft, welche negativen Auswir-
ungen Einzelmaßnahmen und Einzelprojekte auf die
mwelt und auf den Menschen haben können. Nicht nur
mweltschützer, sondern auch vernünftige Planer und
erwaltungsleute haben sehr schnell erkannt, dass eines
abei nicht ganz in Ordnung war: Es ist zwar richtig,
rojekte und Maßnahmen zu prüfen, aber bisweilen
ommt man mit einer Prüfung zu spät, nämlich dann,
enn vorab schon ganz grundsätzlich entschieden
urde, was gemacht werden soll. Beispielsweise war es
ftmals so, dass die grundsätzliche Entscheidung über
en Bau eines Flughafens, einer Bahntrasse oder einer
traßentrasse schon gefällt war, noch bevor man prüfen
onnte, ob das Projekt umweltverträglich ist. Das war
er eigentliche Mangel. Diese wichtige Einsicht hat man
etzt auch auf europäischer Ebene gewonnen: dass man
it der Prüfung der Umweltverträglichkeit eine Stufe
rüher anfangen muss, nämlich bei der Entwicklung, Ge-
taltung und Ausarbeitung von Plänen und Programmen.
(Beifall bei der SPD)
Wenn Sie so wollen, besteht der eigentliche Fortschritt
etzt darin, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen prä-
entiv durchgeführt werden. Das ist der Grundgedanke
er Strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung: zu ver-
eiden, dass man hinterher, auf der Maßnahmenebene,
leinliche Prüfungen vornimmt, ohne das Problem fak-
isch wirklich beeinflussen zu können. Das ist, wie ich
inde, ein großer Fortschritt: Planungsprozesse werden
rühzeitig umweltverträglich abgewickelt.
Darüber hinaus ist – das ist neu; Frau Dött, dazu ha-
en Sie gar nichts gesagt; es ist aber bedeutend – eine er-
ebliche Ausweitung der Bürgerbeteiligung vorgese-
en. Das ist gut so; denn auch das ist Teil eines
odernen Umweltrechts.
Ich möchte nun im Einzelnen darauf eingehen, in wel-
her Form wir mit diesem Gesetz in Planungsprozesse
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13985
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Winfried Hermann
eingreifen werden. Das Leitbild ist, vorsorgend umwelt-
verträglich nachzudenken, vorsorgend im Großen zu
überlegen, ob ein Plan überhaupt passt, und vorsorgend
Fehlplanungen zu vermeiden. Das ist ganz wichtig; denn
wenn man Bürokratie abbauen will, muss man teure
Fehlplanungen durch Vorabprüfung vor Ort vermeiden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
In Zukunft wird man also Programme ganz konkret da-
raufhin prüfen, welche Auswirkungen sie auf Flora und
Fauna haben, auf die biologische Vielfalt, auf Boden und
Wasser, auf die Landschaft, auf das Klima und auch auf
die menschliche Gesundheit. Ziel muss ein kohärentes
Verfahren sein, in dessen Zuge sowohl auf der Planungs-
und Entscheidungsebene als auch auf der Projektebene
zusammenhängend nach einheitlichen Umweltverträg-
lichkeitsprinzipien geprüft und entschieden wird – natür-
lich nicht über alles, sondern über das, was erhebliche ne-
gative Auswirkungen auf die Umwelt hat. Entscheidend
ist, dass mit dieser Gesetzgebung ein Rahmen gesetzt
wird: Die Prüfung soll nicht ausufernd sein, sondern wird
eingegrenzt. Auch da geht Ihr Vorwurf, wie ich finde,
ziemlich ins Leere.
Jetzt komme ich zu einem Punkt, der in der Anhörung
und in der Debatte eine große Rolle gespielt hat und
auch für mich ein wichtiges Beispiel ist: die Land-
schaftsplanung. Es wurde ja gesagt: „Typisch, da gibt
es eine wunderbare Planung, jetzt wollt ihr auch noch
die der Strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung
unterziehen; das ist doch die glatte Doppelung.“ Wir ha-
ben uns das genau angeschaut: Natürlich wird im Be-
reich der Landschaftsplanung vieles gemacht, was nun
auch in der Strategischen Umweltverträglichkeitsprü-
fung für alle Pläne gilt. Aber eben nicht alles: Zum Bei-
spiel wird die Auswirkung auf die Menschen nicht gere-
gelt. Zum Beispiel ist die Beteiligung der Öffentlichkeit
nicht geregelt.
Was haben wir gemacht? Wir haben uns entschieden,
die Pläne aufzunehmen. Man kann das aufsatteln; sobald
es mit aufgenommen ist, wird aus dem Landschaftsplan
die Strategische Umweltverträglichkeitsprüfung. Dies ist
also mitnichten eine Doppelprüfung; vielmehr haben wir
es geschickt ergänzt. Deswegen haben wir übrigens auch
einen Ergänzungsantrag vorgelegt, in dem klar gemacht
wird, dass man die verschiedenen Verfahren abschichten
bzw. addieren kann, sodass sich ein insgesamt einheitli-
ches Verfahren ohne Dopplung und ohne zu viel Bürokra-
tie ergibt. Im Gegenteil: Damit werden eher die Möglich-
keiten genutzt, das Verfahren sehr effizient zu gestalten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
All dies dient der Entbürokratisierung, sowohl vom Ver-
fahren als auch vom grundsätzlichen Vorgehen her.
Nun haben Sie in der Debatte immer wieder gefragt,
ob denn alle Programme darunter fallen müssten und ob
man nicht – so eine konkrete Forderung – zum Beispiel
den Hochwasserschutzplan oder die Lärmminderungs-
pläne ausnehmen könne. Der Bundesrat hat zahlreiche
Forderungen dieser Art gestellt; auch aus Ihren Kreisen
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ind solche Forderungen gekommen. Ich muss Ihnen sa-
en: Sie verlangen doch immer eine Umsetzung eins zu
ins. Wenn Sie an dieser Stelle einige Pläne ausnehmen
ollen, wird daraus eine Umsetzung eins zu 0,5. Wir ha-
en bei der Kommission nachgefragt, ob einzelne Pläne
avon auszunehmen seien. Das ist mitnichten vorgese-
en; diese Pläne sind ausdrücklich als dazugehörig er-
ähnt worden. Auch ein Lärmminderungsplan – nur ein
eispiel – kann natürlich Auswirkungen auf die Natur,
uf die Biologie, auf die Artenvielfalt haben.
Wenn man eine Umsetzung eins zu eins will, dann
ürfen Sie auch wirklich nichts herunterrechnen. Ihre
altung zur Ökologie ist, um es vorsichtig zu sagen,
chon arg zurückhaltend. Ihre geringen ökologischen
nsprüche sind uns zu wenig. Außerdem: Auch eine
msetzung eins zu eins ist nicht immer das Optimum; es
st vielmehr das Minimum. Gute Ökologen würden noch
twas draufsetzen, nicht immer etwas abziehen.
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das müssen
Sie mal Herrn Steinbrück in Nordrhein-West-
falen sagen! – Franz Obermeier [CDU/CSU]:
Da klatschen auf Ihrer Seite alle begeistert!)
Offenkundig waren gerade alle von meiner Argumen-
ation angetan; so habe ich das gedeutet.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
as war eine weihnachtliche Vorfreude, dass einer hier
och argumentieren kann.
Kommen wir noch zum Thema Bürgerbeteiligung:
rau Wallström hat, was viele nicht wahrgenommen ha-
en, genau wegen ihres Einsatzes für diese Strategische
mweltverträglichkeitsprüfung den Globalen Umwelt-
reis der International Association for Impact Assess-
ent erhalten. In diesem Zusammenhang hat sie gesagt,
ie Richtlinie zur Strategischen Umweltverträglichkeits-
rüfung sei ein wichtiger Schritt zu nachhaltiger Ent-
icklung und verstärkter Demokratie. Sie sei von größ-
er Bedeutung, um sich stärker mit Diskussionen und
ntscheidungen auseinander zu setzen und Bürger zu be-
eiligen, die sich um ihre Zukunft in ihren Wohngebieten
orgen machen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege, denken Sie bitte an die Redezeit!
Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich komme zum Schluss.
Meine Damen und Herren, mit der Strategischen Um-
eltverträglichkeitsprüfung haben wir einen wichtigen
ortschritt im Umweltverfahrensrecht erreicht. Wir ha-
en, wie Sie zu Recht sagen, kein optimales Gesetz ma-
hen können,
(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Doch, ihr habt
es nicht machen wollen!)
eil wir eben keine optimale Bundeskompetenz haben.
ie haben an dieser Stelle gesagt – dies ist mein letztes
13986 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Winfried Hermann
Wort –, dazu benötigten wir ein einheitliches Umweltge-
setzbuch. Damit haben Sie Recht. Allerdings ärgert es
mich ziemlich, wenn Ihre CDU-Provinzfürsten in der
Kommission zur Föderalismusreform alles daransetzen,
dass ökologischer Provinzialismus in Deutschland fröh-
liche Urständ’ feiert,
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Sie sind doch
gar nicht auf dem neuesten Stand! Wer hat Ih-
nen denn das erzählt?)
sodass kein Umweltgesetzbuch möglich ist.
(Zuruf von der CDU/CSU: Ach, das ist doch
gar nicht wahr!)
Angesichts dessen finde ich es scheinheilig, wenn Sie
hier fordern, wir hätten es besser machen sollen, wir
bräuchten ein Umweltgesetzbuch.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Dann hätten Sie gemeinsam mit uns sagen sollen: Wir
erwarten von der Föderalismuskommission keine Ver-
schlechterung der Umweltkompetenz, –
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege!
Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
– sondern eine deutliche Verbesserung. Das wäre
schön gewesen, das wäre wirklich ein Weihnachtsge-
schenk gewesen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD – Dr. Peter Paziorek [CDU/
CSU]: So ein Stuss! Das steht in völligem Ge-
gensatz zu dem, was gestern noch mit Herrn
von Weizsäcker verabredet worden ist! – Wei-
tere Zurufe von der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort hat nun der Kollege Michael Kauch für die
FDP-Fraktion.
Michael Kauch (FDP):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf den
Beitrag von Herrn Hermann kann ich nur mit Unver-
ständnis reagieren. Auf Initiative der FDP-Bundestags-
fraktion hat sich der Umweltausschuss des Deutschen
Bundestages fraktionsübergreifend sehr eindeutig für ein
Umweltgesetzbuch ausgesprochen. Deshalb finde ich es
nicht in Ordnung, das so der Union vorzuwerfen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU –
Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Den Landesfürsten habe ich es vorge-
worfen!)
Die FDP begrüßt das Instrument der Strategischen
Umweltprüfung, da es Belange der Umwelt bereits bei
der Aufstellung von Plänen und Programmen berück-
sichtigt. Auf diese Weise wird die Öffentlichkeit frühzei-
tig informiert. In diesem Punkt sind wir ganz Ihrer Mei-
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ung: Das hilft auch, kostenträchtige Fehlplanungen zu
ermeiden.
Die Strategische Umweltprüfung ist ein richtiges und
ichtiges Instrument der Umweltpolitik. Aber: Wie so
ft, hat es Rot-Grün auch hier bei dieser Umsetzung ei-
er europäischen Vorgabe geschafft, Bürokratie draufzu-
atteln und der Umweltpolitik einen Bärendienst zu er-
eisen.
(Beifall bei der FDP)
it Ihrem Gesetzentwurf vermeiden Sie eben nicht Dop-
elprüfungen und damit Mehraufwand für die Behörden.
Die FDP fordert, dass bestimmte Umweltprüfungen
ntweder nur im Planungs- oder nur im Zulassungsver-
ahren durchgeführt werden. Wir wollen, dass bereits
urchgeführte Prüfungen in anderen Verfahrensschritten
nerkannt werden müssen. In Ihrem Gesetzentwurf
leibt es bei einer Sollvorschrift. Diese reicht nicht aus.
ier hätten Sie klarere Regelungen treffen müssen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
ie Anhörung im Umweltausschuss hat unsere Kritik
estätigt.
Auch die Anwendungsbereiche des Gesetzes schei-
en uns überzogen. Es ist nicht zwingend und nicht
weckmäßig, Lärmminderungs- und Luftreinhaltepläne
owie die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten
er Strategischen Umweltprüfung zu unterziehen.
chließlich dienen diese Pläne selbst dem Umwelt-
chutz. Hier stehen Kosten und Nutzen eben nicht in ei-
em angemessenen Verhältnis.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Die Schwächen dieses Gesetzentwurfs konnten auch
urch die Korrekturen, die die Koalitionsfraktionen in
en Bundestag eingebracht und denen wir zugestimmt
aben, nicht behoben werden; denn sie gehen nicht weit
enug und sie setzen nicht an den entscheidenden Punk-
en an. Es gibt zu viele Kritikpunkte, die weiterhin Be-
tand haben. Nehmen Sie nur die Reihe von unbestimm-
en Rechtsbegriffen, die im Gesetz nicht näher definiert
erden. Ich finde, das sollten Sie sich als Parlamentarier
och einmal gut durch den Kopf gehen lassen.
Schließlich nenne ich die vorgesehene Regelung, wo-
ach die Bundesregierung den Anwendungsbereich des
esetzes unter bestimmten Bedingungen per Rechtsver-
rdnung ausweiten darf. Verfassungsrechtlich ist dies
roblematisch, politisch ist dies eine Missachtung des
arlaments.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
as gilt auch, wenn es sich wie hier um die Umsetzung
indender Rechtsakte der EU handelt; denn auch die
msetzung weiterer EU-Richtlinien sollte im Parlament
it einer entsprechenden Öffentlichkeit erfolgen.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend kann
an sagen: Die Strategische Umweltprüfung, die jetzt
on Rot-Grün vorgesehen ist, ist zu bürokratisch und
ird Doppelprüfungen der Behörden eben nicht vermei-
en, wie Sie uns das hier vorgaukeln wollen. Die Chance
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13987
)
(B) )
Michael Kauch
einer schlanken und effizienten Umsetzung der europäi-
schen Vorgaben wurde vertan. Die FDP-Bundestagsfrak-
tion teilt zwar die Zielsetzung, die mit diesem Gesetzent-
wurf verfolgt wird; seine handwerklichen Mängel und
die mangelnde Sensibilität der Koalition für die Ver-
schlankung von Verfahren führen aber dazu, dass wir
dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen kön-
nen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Liebe Frau Lösekrug-Möller, ich fand es sehr char-
mant, wie Sie heute mit Ihrer Rede das Thema einge-
führt haben
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
und wie Sie es geschafft haben, Bezüge zu Weihnachten
herzustellen. Da wurde einem ganz warm ums Herz.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU,
der SPD und des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN)
Zu Ihrer Einschätzung, Sie hätten einen so guten Gesetz-
entwurf vorgelegt, dass er nach Weihnachten vom Um-
tausch ausgeschlossen ist, muss ich Ihnen allerdings sa-
gen: Zum Glück hat der Bundesrat hier auch noch ein
Wort mitzureden. Dort werden wir das Geschenk umtau-
schen;
(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Wir ahnen Schlimmes!)
zumindest werden wir es reparieren und verschönern,
um eine wirklich gute Strategische Umweltprüfung für
Deutschland zu erreichen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort hat nun die Kollegin Gabriele Groneberg,
SPD.
(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Es ist schon alles
gesagt worden!)
Gabriele Groneberg (SPD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Liebe Frau Dött, Ihr Vorwurf, dass wir uns
nicht detailliert mit dem Gesetz auseinander gesetzt ha-
ben, geht vollkommen ins Leere. Ich kann nur an Sie ap-
pellieren, einmal daran zu denken, wie zum Beispiel Ihre
Kollegen im Verkehrsausschuss mit dem Gesetz umge-
gangen sind. Sie haben nämlich überhaupt keine Debatte
mehr gefordert. Insofern: Wir haben uns intensiv damit
auseinander gesetzt. Diesen Vorwurf müssen Sie an sich
selbst richten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Dr. Peter Paziorek [CDU/
CSU]: Oh Gott!)
Es ist auch nicht so, dass all das, was wir jetzt disku-
tieren und als Gesetz verabschieden, vollkommen neu
ist. Der Kollege Hermann hat schon darauf hingewiesen,
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ass bereits seit Anfang der 80er-Jahre Überlegungen zu
iner Umweltverträglichkeitsprüfung für Pläne und Pro-
ramme in den ersten Richtlinienentwürfen der Europäi-
chen Union vorhanden gewesen sind. Zunächst hat man
ich aber aufgrund der Widerstände mit einer reinen Pro-
ekt-UVP begnügt. Die nun vorliegende Richtlinie der
U ergänzt die Richtlinie zur Umweltverträglichkeits-
rüfung von Projekten mit dem Ziel, Umweltgesichts-
unkte schon zu Beginn der Planungsphase zu berück-
ichtigen.
Die Pflicht zur Durchführung einer Strategischen
mweltprüfung, SUP genannt – das ist ein bisschen kür-
er –, für Verkehrswegeplanungen des Bundes ein-
chließlich der Bedarfspläne, für Ausbaupläne nach § 12
uftverkehrsgesetz und für Raumordnungsplanungen ist
eshalb im Bereich des Verkehrs- und Bauwesens
eine umwälzende Neuigkeit. Es wird – das ist der er-
reuliche Unterschied – in einem ganz frühen Verfah-
ensstadium mit mehr Transparenz und Bürgerbeteili-
ung gearbeitet. Grundsätzliche Alternativen können
chon in diesem frühen Verfahrensstadium Erwähnung
inden.
Insofern ist zu erwarten – auch das ist an diesem Ge-
etz erfreulich –, dass damit frühzeitig auch Konflikte im
lanungsverfahren aufgedeckt und beseitigt werden kön-
en.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
ür Linienbestimmungen im Verkehrsbereich bleibt es
ei der Projekt-UVP.
Ebenso haben wir darauf geachtet, dass Regelungen
ufgenommen werden, die die Durchführung einer Strate-
ischen Umweltprüfung in der Bundesverkehrswegepla-
ung handhabbar und beherrschbar machen. Dazu sieht
er Gesetzentwurf die Möglichkeit einer Abschichtung
er SUP bei den Bedarfsplänen vor. Was beim Bundes-
erkehrswegeplan geprüft wurde, muss im Bedarfsplan
icht erneut geprüft werden.
Weiterhin sind Verordnungsermächtigungen für das
undesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungs-
esen zu Einzelheiten des Untersuchungsrahmens, zu
nhalt und Ausgestaltung des Umweltberichts, zur Betei-
igung von Behörden und Öffentlichkeit, zur Form der
ekanntgabe von Planungsentscheidungen und das Mo-
itoring vorgesehen worden, um den Besonderheiten der
erkehrswegeplanung auf Bundesebene Rechnung tra-
en zu können.
Im Übrigen haben wir bereits bei der Aufstellung des in
iesem Jahr verabschiedeten Bundesverkehrswegeplans
arauf geachtet, die Auswirkungen von Verkehrswege-
lanungen in einem frühen Stadium auf ihre Umweltver-
räglichkeit zu prüfen. Auch das ist nicht neu. Der Öko-
tern oder der ökologische Fachauftrag, den wir im Bun-
esverkehrswegeplan verankert haben, hilft, ökologische
onflikte bei Einzelprojekten schon vor der Realisie-
ung des Projektes planerisch zu lösen. Ebenso gilt dies
ür den Baubereich, Frau Dött. Bei der Neufassung des
augesetzbuches, welche unter anderem aufgrund der
nstehenden Umsetzung der hier besprochenen
(A)
13988 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Gabriele Groneberg
Richtlinie vorgenommen worden ist, sind die durch das
jetzt zu verabschiedende Gesetz eintretenden Änderun-
gen bereits in vorausschauender Weise eingearbeitet
worden.
Dabei war das Planspiel, bei dem die Kommunen tes-
ten konnten, wie sich die von uns geplanten Regelungen
möglicherweise auswirken, sehr wertvoll. Wir haben ein
praxistaugliches Baurecht geschaffen. Ich darf daran er-
innern: Wir haben das hier gemeinsam gemacht. Inso-
fern können Sie an dieser Stelle nicht den Vorwurf auf-
rechterhalten, dass in diesem Gesetz eine bürokratische
Regelung Raum greift. Diese ist vielmehr mit Ihnen zu-
sammen verabschiedet worden. Sie ist gut, für die Kom-
munen handhabbar und in voller Übereinstimmung um-
gesetzt.
Das, was wir damals vertreten haben, gilt auch jetzt.
Eine nachhaltige Bauplanung muss mögliche Umwelt-
auswirkungen konsequent berücksichtigen. Deshalb set-
zen wir diese Richtlinie um. Unsere Umwelt und unsere
Zukunft sollten uns dies wert sein. Schließlich wird auch
dieses Gesetz dazu beitragen, dass unsere Kinder noch in
einigen Jahren Naturweihnachtsbäume erleben können
und keine aus Plastik brauchen. Das ist gut so.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Der letzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist
der Kollege Franz Obermeier für die CDU/CSU-Frak-
tion.
(Horst Kubatschka [SPD]: Jetzt machen Sie ei-
nen auf Weihnachtsmann, sonst bringt Ihnen
das Christkind nichts!)
Franz Obermeier (CDU/CSU):
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! „Alle
Jahre wieder“ möchte man anstimmen. Aber das ist nicht
passend; denn in Bezug auf Umsetzungen von europäi-
schen Richtlinien, die nicht eins zu eins erfolgen, könnte
man bei dieser rot-grünen Bundesregierung eher sagen:
„Alle Wochen wieder“.
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Wohl wahr!)
Mit jeder Umsetzung einer europäischen Richtlinie in
nationales Recht greift die neue deutsche Krankheit wei-
ter um sich.
(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sagen
Sie das mal Ihren Leuten in der Föderalismus-
kommission!)
An den Gesetzentwürfen zeigen sich grüne, manchmal
auch rote Pusteln, allerdings nicht nur zur Weihnachts-
zeit, sondern zu allen Jahreszeiten. Die deutsche Wirt-
schaft, die Bürokratie und die Bürger werden bei jedem
Umsetzungsakt einem weiteren Belastungstest unterwor-
fen. Was immer die Mitgliedstaaten der Europäischen
Union als Richtlinie beschlossen haben – unsere rot-
grüne Bundesregierung probiert munter vor sich hin und
setzt immer noch eins drauf.
(Beifall bei der CDU/CSU)
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ie Umsetzung kommt noch raffinierter, noch kompli-
ierter, noch teurer daher als das Original. Aber der
usterknabe Deutschland, der vorne so prächtig heraus-
eputzt ist, geht unter seiner Last immer mehr in die
nie.
Ein Beispiel sind die SUP-pflichtigen Pläne und
rogramme. In der Liste sind Pläne enthalten und Pro-
ramme aufgeführt, die weit über die Vorgaben der EU-
ichtlinie hinausgehen. Hier muss ich meiner Vorredne-
in widersprechen. In der Liste sind unter Nr. 1.1 die
erkehrswegeplanungen auf Bundesebene, unter Nr. 1.4
ie Festsetzung der Überschwemmungsgebiete nach
32 Wasserhaushaltsgesetz, unter Nr. 2.2 die Lärmmin-
erungspläne nach den §§ 47 d und 47 e des Bundes-
mmissionsschutzgesetzes und unter Nr. 2.3 die Luft-
einhaltepläne nach § 47 Abs. 1 Bundes-Immissions-
chutzgesetz aufgeführt.
Damit für die Öffentlichkeit plastisch wird, worüber
ir reden, muss ich ein Beispiel für die Feststellung der
UP-Pflicht nennen. Da heißt es in § 14 a SUPG, dass
ie Feststellung der zuständigen Behörden, dass bei ei-
em Projekt keinerlei Verpflichtung zur Durchführung
iner Strategischen Umweltprüfung besteht, noch längst
icht das Ende behördlicher Aktivitäten bedeutet. Denn
uch diese Negativfeststellung muss nach Ihrem Ge-
etzentwurf noch weiter nach allen Regeln der Verwal-
ungskunst bürokratisch bearbeitet werden. Es steht
ämlich in dem Gesetzentwurf, dass ein Negativattest
ffentlich bekannt gemacht werden muss und dass es
icht reicht, dass die Vollzugsbehörden bekannt machen,
ass für ein bestimmtes Projekt keine Strategische Um-
eltprüfung notwendig ist. Es heißt vielmehr ausdrück-
ich im Gesetzentwurf, dass auch noch eine Begründung
eröffentlicht werden muss. Derjenige, der weiß, wel-
her Aufwand in den Behörden im Zuge von öffentli-
hen Beteiligungsverfahren getrieben wird, kann nur
eststellen: Hier gibt es eine völlige Überregulierung, die
an wirklich nicht braucht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg.
Michael Kauch [FDP])
Vollends ärgerlich und nicht mehr nachvollziehbar
ird dieser Gesetzentwurf, wenn man bedenkt, dass wie-
er einmal doppelt und dreifach genäht werden soll. So
nthält der Gesetzentwurf Umsetzungsregelungen für
en gesamten Bereich der Raumordnung, also auch für
ie Raumordnungspläne nach den §§ 8 und 9 Raumord-
ungsgesetz. Für diese wurde jedoch bereits durch das
uroparechtsanpassungsgesetz die SUP-Richtlinie im
aumordnungsgesetz umgesetzt. Außerdem stehen die
orgesehenen Regelungen im SUP-Gesetz teilweise im
iderspruch zu den Umsetzungsregelungen des Raum-
rdnungsgesetzes.
(Gabriele Groneberg [SPD]: Sie hätten
zuhören sollen!)
Jetzt möchte ich mich Herrn Hermann zuwenden.
ielleicht kann er mir sein Ohr schenken.
(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Das mache ich! Alle beide!)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13989
(A) )
(B) )
Franz Obermeier
Herr Hermann, man hat an Ihrer Rede gemerkt, dass Sie
in Ihrem bisherigen Leben noch nie etwas mit Verfahren
mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu tun hatten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wer jemals auch nur am Rande solchen öffentlichen Ver-
fahren beigewohnt hat, beispielsweise Flächennutzungs-
planverfahren, Landschaftsplanungsverfahren, Raum-
ordnungsverfahren, Bebauungsplanverfahren oder
Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren, der hat genau
gemerkt, dass Sie in der Sache völlig daneben liegen. Es
wird schon jetzt ein präventiver Aufwand getrieben. Es
ist doch nicht so, dass die Behörden bzw. diejenigen, die
Planungsvorhaben verwirklichen wollen, keine Strate-
gien für die Zukunft entwickeln, die unberücksichtigt
lassen, welche umweltpolitischen Wirkungen sich aus
diesen Maßnahmen ergeben. Es verhält sich ganz anders.
(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Na also!)
Ungeachtet dessen ist das SUP-Gesetz zwar zu begrü-
ßen, aber in der von Ihnen vorgesehenen Form kann es
auf keinen Fall unsere Zustimmung finden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lassen Sie mich noch etwas zum Umweltgesetzbuch
ausführen, weil Sie sich dazu ziemlich flapsig über einen
Prozess geäußert haben, der noch nicht abgeschlossen
ist.
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ja! Das war
völlig unangemessen!)
Sie dürfen mir eines abnehmen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Aber dieses eine muss dann auch Ihr letztes Wort
sein, Herr Kollege Obermeier.
Franz Obermeier (CDU/CSU):
Herr Präsident, das werden meine letzten Sätze sein.
(Heiterkeit – Wilhelm Schmidt [Salzgitter]
[SPD]: Können wir uns darauf verlassen?)
Gerade im Hinblick auf die Möglichkeiten eines Um-
weltgesetzbuches wird eine vernünftige Regelung mit
Sicherheit nicht an uns, der CDU/CSU und der FDP, in
der Föderalismuskommission scheitern. Diesen Schuh
müssen Sie sich selber anziehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP – Dr. Peter Paziorek [CDU/
CSU]: Das ist die Wahrheit!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 19 a: Abstim-
mung über die von den Fraktionen der SPD und des
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ündnisses 90/Die Grünen sowie von der Bundesregie-
ung eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Einfüh-
ung einer Strategischen Umweltprüfung und zur Umset-
ung der Richtlinie 2001/42/EG mit den dazugehörigen
undestagsdrucksachen. Der Ausschuss für Umwelt,
aturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt in seiner
eschlussempfehlung, die genannten Gesetzentwürfe
usammenzuführen und als Gesetz zur Einführung einer
trategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der
ichtlinie 2001/42/EG in der Ausschussfassung anzu-
ehmen. Hier geht es um die Drucksachen 15/4501 und
5/4540. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
er Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
eichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der
timme? – Der Gesetzentwurf ist mit Mehrheit in zwei-
er Beratung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf in dieser Fassung zustimmen wollen, sich
on den Plätzen zu erheben. – Wer stimmt dagegen? –
er enthält sich der Stimme? – Der Gesetzentwurf ist
it derselben Mehrheit angenommen.
Tagesordnungspunkt 19 b: Abstimmung über den Ge-
etzentwurf des Bundesrates zur Änderung des Gesetzes
ber die Umweltverträglichkeitsprüfung auf Drucksa-
he 15/1497. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
nd Reaktorsicherheit empfiehlt auf Drucksache 15/1955,
en Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die
em Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-
hen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der
esetzentwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt. Damit
ntfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Bera-
ung.
Ich rufe Zusatzpunkt 9 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu-
nität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Angela
Merkel, Michael Glos, Siegfried Kauder (Bad
Dürrheim), weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
– Drucksachen 15/4285, 15/4552 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Dieter Wiefelspütz
Dr. Jürgen Gehb
Volker Beck (Köln)
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache 45 Minuten vorgesehen. – Dazu höre ich
einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst dem
ollegen Dr. Dieter Wiefelspütz für die SPD-Fraktion
as Wort.
13990 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen
und Kollegen! Wir schicken uns an, den zweiten Unter-
suchungsausschuss dieser Wahlperiode einzusetzen.
Diese Idee stammt nicht von uns, sondern von der CDU/
CSU. Sie haben das zu verantworten. Tragen Sie die
Verantwortung, Herr Dr. Gehb und Herr Dr. Uhl! Das
Untersuchungsausschussrecht nach Art. 44 des Grund-
gesetzes ist ein Minderheitenrecht. Wir werden uns der
Wahrnehmung dieses Rechtes nicht widersetzen.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das geht auch
gar nicht!)
Das können, dürfen und wollen wir auch nicht.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Wollen wollt
ihr schon, bloß dürfen dürft ihr nicht!)
Denn wir wollen selbstverständlich die Verfassung wah-
ren, respektieren und gebührend achten.
Die Minderheit hat Rechte, die wir achten und respek-
tieren. Auch die Mehrheit hat Rechte, die wir respektiert
wissen wollen. Dazu gehört, dass wir das Recht haben,
die Verfassungsmäßigkeit des Einsetzungsantrags zu
würdigen. Das haben wir als Verantwortliche im
Geschäftsordnungsausschuss gemeinsam getan. Es ist
ein sachgerechtes Verfahren, das die Einsetzung nicht
verzögert hat, aber uns geholfen hat, die Sache rund zu
machen und das Thema angemessen zu beraten. Wir ha-
ben in den Beratungen das eine oder andere Bedenken
geltend gemacht. Wir haben insbesondere die exekutive
Eigenverantwortung und das Bestimmtheitsgebot ange-
sprochen. Ich möchte positiv hervorheben, dass wir uns
in diesen Bereichen mit dem Antragsteller, der CDU/
CSU-Bundestagsfraktion, verständigt haben.
Wir, die wir die Mehrheit haben, haben des Weiteren
das Recht, den Untersuchungsauftrag maßvoll zu ergän-
zen und zusätzliche Fragen zu stellen. Das haben wir in
Ziffer II der Beschlussempfehlung getan. Die zusätzli-
chen Fragen dienen dazu, den Untersuchungsauftrag
abzurunden, damit wir ein vollständiges Bild bekom-
men. Wir sind daran interessiert, dass der Unter-
suchungsausschuss heute installiert wird, dass er sich
konstituiert, damit er seine Arbeit zügig aufnehmen und
– hoffentlich – zügig beenden kann. Herr Dr. Gehb, wir
werden schon in wenigen Minuten den Vorsitzenden des
Untersuchungsausschusses wählen. Hier muss man
schon die Frage stellen, ob Herr Dr. Uhl, der präsumtive
Vorsitzende, der Richtige ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das muss man noch einmal sehr intensiv würdigen.
Wäre ich Mitglied des Untersuchungsausschusses,
würde ich möglicherweise eine geheime Wahl beantra-
gen, Herr Dr. Uhl.
Ich wünsche Ihnen, Herr Dr. Uhl, als Berichterstatter
des Geschäftsordnungsausschusses eine gute Hand und
einen neutralen Kopf, damit das Untersuchungsrecht des
Parlamentes auch unter Ihrem Vorsitz angemessen ge-
wahrt wird. Ich wünsche dem Untersuchungsausschuss
guten Erfolg. Der Untersuchungsgegenstand ist so, wie
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ir über ihn beraten haben, verfassungskonform. Wir
aben eine sinnvolle Ergänzung vorgenommen. Wir hal-
n den Untersuchungsausschuss insgesamt für eher
berflüssig. Deswegen bitte ich um Verständnis, dass wir
n nicht begrüßen. Aber wir werden uns selbstverständ-
ch konstruktiv an diesem Untersuchungsausschuss be-
iligen.
Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich erteile das Wort dem Kollegen Dr. Jürgen Gehb,
DU/CSU-Fraktion.
Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine
erren! Eigentlich hätte ja der letzte Tag der Sitzungs-
oche im alten Jahr unter das Motto gestellt werden
önnen – das pflege ich gerne lateinisch auszudrücken –:
arpe diem! Genieße den Tag! Aber dass wir heute zum
weiten Mal innerhalb von 14 Tagen eine Einsetzungs-
ebatte führen, ist nicht meine Schuld, sondern liegt da-
an, dass Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün,
on der jahrzehntelangen Praxis, dass über Einsetzungs-
nträge sofort entschieden wird, abgewichen sind und ei-
en Umweg über den Geschäftsordnungsausschuss ge-
ommen haben.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das war doch
klug, Herr Dr. Gehb!)
Das war sehr klug. – Deshalb fühle ich mich in eine
eitmaschine versetzt; denn fast auf den Tag genau vor
wei Jahren haben wir das gleiche Phänomen erlebt,
ass nach den Beratungen im Geschäftsordnungsaus-
chuss hier im Plenum zum zweiten Mal über einen An-
rag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses de-
attiert werden musste.
Ich möchte kurz den Anlass in Erinnerung rufen. An-
ass für die beantragte Einsetzung des Untersuchungs-
usschusses – es hat sich bereits der Name „Schleuser-
usschuss“ eingeschliffen – ist das mögliche – ich
etone ausdrücklich: mögliche – Fehlverhalten der Lei-
ung des Auswärtigen Amtes und der Bundesregierung
ls Folge der Neuorientierung rot-grüner Visapolitik, zu-
ückgehend auf den so genannten Volmer/Fischer-Erlass.
ch möchte nicht wieder das Landgericht Köln bemühen;
as alles kennen Sie bereits. Aber inzwischen hat auch
as Landgericht Memmingen festgestellt, dass das alles
nter Mitschuld der Bundesregierung geschehen ist. Nun
offen wir, dass es keinen Flächenbrand gibt und dass
icht sämtliche Landgerichte dieser Republik so ent-
cheiden müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
or allen Dingen hoffe ich, dass nicht sämtliche Kam-
ervorsitzenden der Landgerichte der gleichen Ver-
eumdung ausgesetzt werden wie Richter Höppner, des-
en angebliche Honorarverträge mit dem Auswärtigen
mt gekündigt worden seien.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13991
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(B) )
Dr. Jürgen Gehb
Art. 44 Grundgesetz besagt Folgendes:
Der Bundestag hat das Recht und auf Antrag eines
Viertels seiner Mitglieder die Pflicht, einen Unter-
suchungsausschuss einzusetzen …
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Wo Sie Recht
haben, haben Sie Recht!)
– Herr Wiefelspütz, das bedarf nicht Ihrer gönnerhaften
Attitüde. Es bedarf auch nicht Ihrer gönnerhaften Atti-
tüde, Herr Montag. Sie haben in Ihrer letzten Rede ge-
sagt: Es ist ein Minderheitenrecht, sollen sie ihn haben. –
Das Recht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschus-
ses ist verfassungsrechtlich verbürgt. Ich weiß, dass es
Ihnen schwer fällt, an der Verfassung festzuhalten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt
[Salzgitter] [SPD]: Das ist unglaublich! Das ist
reine Verunglimpfung! Das lassen wir uns
nicht bieten! – Weitere Zurufe von der SPD)
Es gibt überhaupt keine Gründe – jedenfalls kommt
es auf kluge, sinnhafte oder angemessene nicht an – den
Antrag in den Geschäftsordnungsausschuss zu überwei-
sen. Es gibt eigentlich nur einen einzigen Grund, den
GO-Ausschuss anzurufen. Das ist die verfassungsrecht-
liche Prüfung.
(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist
Quatsch! – Gegenruf des Abg. Eckart von
Klaeden [CDU/CSU]: Doch! Das ist so!)
Herr Wiefelspütz, Sie haben gerade davon gespro-
chen, wie toll und ausführlich Sie diese Prüfung
vorgenommen haben. Dazu wurden nicht nur die Be-
richterstatter, sondern die ganze Phalanx der Geschäfts-
ordnungsausschussmitglieder herangezogen. Ich will Ih-
nen sagen, zu welcher Superprüfung das geführt hat: Es
führte zu einer redaktionellen Marginalie, so haben wir
das Wort „gegebenenfalls“ in „soweit dies feststehen
sollte“ geändert. Ferner haben wir die Frage, ob auf
sonstige Art und Weise die Sicherheit der Bundesrepu-
blik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet wird, in
eine andere Nummer gesetzt und „auf sonstige Art und
Weise“ weggelassen. Dann haben wir die verfassungs-
rechtlich unglaubliche Neuheit
(Peter Dreßen [SPD]: Ist Rosenmontag?)
gebracht, dass der Arkanbereich nur in verfassungsrecht-
lich zulässiger Weise beeinträchtigt werden darf. Was für
eine tolle Leistung der verfassungsrechtlichen Prüfung:
soweit das mit der Verfassung in Einklang ist!
Wir hätten eigentlich unter V. schreiben können: Alle
Handlungen, nicht nur die des Untersuchungsausschus-
ses, sondern auch und gerade die der Regierung stehen
unter dem Vorbehalt, dass sie sich an Recht und Gesetz
messen lassen.
(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Aber das müssen wir nicht schreiben!)
Aber das, meine Damen und Herren von Rot-Grün, kön-
nen Sie überhaupt nicht. Wenn Sie überhaupt irgendeiner
Linie bisher treu geblieben sind, dann ist es die Linie:
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echt, Gesetz und Verfassung bei jeder passenden und
npassenden Gelegenheit zu verletzen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die einzige quantitativ zählbare und qualitativ wirk-
ame Veränderung liegt darin, dass Sie unter II. unseren
ntrag bepackt haben, indem Sie ausführen, dass die
isaerteilungspraxis nicht nur seit Oktober 1998 zu un-
ersuchen sei, sondern auch für den Zeitraum vor 1998.
(Sebastian Edathy [SPD]: Das ist sinnvoll!)
iese Änderung ist allerdings in doppelter Hinsicht ver-
assungswidrig. Sie ist per se verfassungswidrig, weil sie
egen das Bepackungsverbot verstößt, und sie ist ver-
assungswidrig, Herr Wiefelspütz, weil sie gar nicht be-
timmt ist. Sie, der Sie immer als der Papst des Untersu-
hungsausschussrechts aufgetreten sind – in der letzten
itzung vor zwei Jahren habe ich Sie als solchen be-
eichnet –
(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Völlig
zu Recht!)
aben nicht nur den Papstcharakter eingebüsst, weil Sie
ie Dogmen, die Sie verhängen, selbst nicht einhalten,
ondern Sie sind inzwischen auch offenbar rechtsunkun-
ig geworden.
(Sebastian Edathy [SPD]: Der Papst ist unfehl-
bar!)
Was heißt vor 1998? Heißt das 1988? Heißt das 1978?
der 1968?
(Zuruf von der SPD: Der Papst hat immer
Recht!)
Herr Montag, Sie haben, als ich in meiner letzten
ede ausführte, dass Sie Prüfungen bis zu Konrad
denauer durchführen wollen, dazwischengerufen:
ein, so weit wollen wir nicht gehen. – Die Formulie-
ung „vor 1998“ reicht sogar bis zur Regierungszeit
arls des Großen. Das ist die Bestimmtheit unserer Rot-
rünen!
(Beifall bei der CDU/CSU – Jerzy Montag
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben
wir nicht vor! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter]
[SPD]: So gehen Sie mit Ihrem Ausschuss
um!)
Soeben haben wir Herrn Wiefelspütz auf Samtpfoten
rlebt.
(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Eine
Lachnummer! – Volker Beck [Köln] [BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann ein lustiger
Ausschuss werden!)
enn der Herrgott eines Tages zur Auferstehung des
leisches ruft, müssen Sie liegen bleiben, Herr
iefelspütz.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU)
ie verkörpern inzwischen nicht nur den Papst und den
echtswissenschaftler, sondern Sie sind im Grunde ge-
ommen die moderne Version der Romanfigur
13992 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Dr. Jürgen Gehb
„Dr. Jekyll und Mr Hyde“. Ich will Ihnen das erklären:
Sie kommen als Rechtswissenschaftler auf Samtpfoten
daher und führen in Ihrer Doktorarbeit aus: Der Arkan-
bereich kann nicht für abgeschlossene Sachverhalte gel-
ten. Sie sagen in Ihrer Doktorarbeit weiter: Man darf An-
träge der Minderheit nicht bepacken.
(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Schön,
dass Sie sich damit beschäftigen!)
Sie schreiben in einem Aufsatz in „Wild und Hund“ oder
in der „Bäckerblume“,
(Heiterkeit bei der CDU/CSU)
dass der Untersuchungsausschuss nicht nur ein gerichts-
förmig zu leitendes Gremium ist,
(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Zitieren Sie genau!)
sondern dass es ein genuin verfassungsrechtlich vorgese-
henes parlamentarisches Kampfgremium ist. Das ist es
auch. Damit Sie keinem Trugschluss unterliegen, sage
ich Ihnen: Wir haben zwar vieles einvernehmlich gere-
gelt und wir müssen uns auch nicht mit Verbalinjurien
belegen, es gibt aber zwei Fronten, und die CDU/CSU
will ihr Minderheitenrecht geltend machen und sich das
nicht durch Bepackungen Ihrerseits oder sonstige Mani-
pulationen verwässern lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das müssen Sie sich, Herr Wiefelspütz, obwohl Sie dem
Ausschuss gar nicht angehören, hinter die Ohren schrei-
ben lassen.
(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was ist
das für ein Maßstab? – Gegenruf von der
CDU/CSU: Bei den Ohren!)
Herr Montag hat auch in seiner letzten Rede, am
2. Dezember, also vor 14 Tagen gesagt,
(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Gut in Erinnerung!)
dieser Untersuchungsausschuss sei überflüssig. Demge-
genüber hat Rot-Grün seinerzeit beantragt, den Pluto-
niumausschuss einzusetzen, und zwar aufgrund einer
Presseerklärung, wonach der BND sich irgendwie krimi-
nell verhalten haben soll, und trotz gerichtlicher Rein-
waschung oder Freisprechung des BND nach wie vor
dessen Auflösung verlangt und den Untersuchungsaus-
schuss weiterbetrieben hat. Dazu muss ich Ihnen sagen:
Wenn ein Gericht nicht nur nicht freispricht, sondern die
Bundesregierung geradezu in einem Obiter Dictum ver-
urteilt, ist dieser Untersuchungssauschuss nicht überflüs-
sig, sondern so notwendig wie nur irgendetwas.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich denke, dazu wird auch der Kollege Grindel noch ein
paar Aussagen machen.
(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das war
zu befürchten!)
Mein Blick fällt mit Schrecken auf den Kollegen
Neumann, auch noch vorgesehen als stellvertretender
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orsitzender. Allerdings hätte ich keine Bedenken, Sie
u wählen. Jedoch werden die Ausschussvorsitzenden
ar nicht gewählt – Herr Wiefelspütz, hören Sie gut zu,
ie können noch etwas lernen –, schon gar nicht geheim,
ondern sie werden bestimmt und benannt. Das können
ie in einem Ihrer vielen Aufsätze in der „Bäckerblume“
nter Fußnote 17 noch einmal vermerken.
(Beifall bei der CDU/CSU – Jerzy Montag
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geschenkt!
Das einzig Richtige an Ihrer Rede!)
Herr Neumann, ich will es nicht bei der bloßen Be-
ennung Ihres Namens bewenden lassen, sondern ich
ill Ihnen noch etwas sagen: Im Parteispendenaus-
chuss, dessen Vorsitzender Sie waren, haben Sie einen
eweisantrag von CDU/CSU mit der Begründung abge-
ehnt, er verzögere das Verfahren.
(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Das ist in der StPO vorgesehen!)
araufhin sind wir vor das Bundesverfassungsgericht
egangen. Von dem haben Sie einen üblen Rüffel be-
ommen und mussten das kleinlaut zurücknehmen. Sie
aben dann nicht nur einen draufgesetzt, sondern zu al-
em Überfluss auch noch einen eigenen Zeugen benannt,
er lange nach der Anfertigung des Abschlussberichtes
ehört werden sollte, nämlich den bayerischen Minister-
räsidenten.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Ich glaube, Sie verwechseln da et-
was!)
Nein, nein, Herr Ströbele. Verwechslungen unterliegen
n der Regel Sie.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Gehb, darf Ihnen der Kollege Neumann
ine Zwischenfrage stellen?
Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU):
Ja.
Volker Neumann (Bramsche) (SPD):
Herr Kollege Dr. Gehb, –
Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU):
Machen Sie bitte keinen Gebrauch vom Titel.
Volker Neumann (Bramsche) (SPD):
– vielen Dank, ich werde das sein lassen – haben Sie
en Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gelesen,
it dem der Antrag der Mitglieder des Parteispendenun-
ersuchungsausschusses zurückgewiesen worden ist, mit
em die Vernehmung bestimmter Zeugen erzwungen
erden sollte?
Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU):
Ich habe die Entscheidung gelesen, aber die Wen-
ung, die Sie ihr haben geben wollen, habe ich ihr nicht
ntnehmen können.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13993
(A) )
(B) )
Dr. Jürgen Gehb
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU –
Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Haben Sie es
auch verstanden?)
Die Frage, ob man das in diesem Jahr erneut verfas-
sungswidrige Verhalten der Bepackung durch die Anru-
fung des Bundesverfassungsgerichtes klären lassen
sollte, stimmt mich unter einem anderen Gesichtspunkt
eher bedenklich. Sie halten sich nicht nur bei der Entste-
hung von Gesetzen nicht an die Verfassung – Wowereit
und dessen Bewertung des Abstimmungsverhaltens las-
sen grüßen –, sondern Sie halten sich auch sonst nicht
daran. Zu der Entscheidung des Bundesverfassungsge-
richts zur Neubesetzung des Vermittlungsausschusses
und der Aufforderung, das unverzüglich zu tun, fiel Ih-
rem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Stiegler
nichts anderes ein, als zu sagen: Das kann sich die Oppo-
sition für fünf Jahre ans Himmelstor nageln. – Sie halten
sich also weder an Recht und Gesetz noch an die Ent-
scheidung des Bundesverfassungsgerichts. Sie halten
sich nur an ein einziges Motto, nämlich: Mehrheit ist
Mehrheit. Ich würde Ihnen sogar zutrauen, dass Sie mor-
gen hier zur Abstimmung stellen, ob zwei mal zwei fünf
ist, um damit sogar Naturgesetzlichkeiten auf den Kopf
zu stellen.
(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Kom-
men Sie doch einmal zum Thema!)
Bevor ich zum Abschluss
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
etwas durchaus Versöhnliches sagen möchte, noch Fol-
gendes: Der Umweg über den Geschäftsordnungsaus-
schuss mag ein listiger Schachzug von Ihnen gewesen
sein. Wahrscheinlich haben Sie gehofft, dass die heute
zu beschließende Einsetzung des Untersuchungsaus-
schusses medial keine Beachtung findet. Schließlich ste-
hen heute weltpolitische und tagespolitische Besonder-
heiten im Vordergrund, was vielleicht dazu führt, dass
die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses am
Ende dieses Tages eher bedeutungslos erscheint. Aber
glauben Sie nicht, dass das so bleibt. Die helle Sonne
bringt es an den Tag.
(Sebastian Edathy [SPD]: Ja, ja, die helle
Sonne bringt es an den Tag!)
Irgendwann wird der Ausschuss auch die ihm gebotene
mediale Bedeutung haben.
In wenigen Tagen ist Weihnachten.
(Sebastian Edathy [SPD]: Genau, besinnen Sie
sich! Gehen Sie in sich!)
Trotz aller Schärfe will ich die Gelegenheit nutzen, allen
– ohne Ansehen der Zugehörigkeit zu einer Fraktion
oder zu sonstigen Logen, nicht wahr, Herr Wiefelspütz –
ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest zu wünschen.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Jetzt sagen Sie
mal was Nettes!)
Ich wünsche Ihnen einen glücklichen Start in das für alle
hoffentlich erfolgreiche Jahr 2005.
Herzlichen Dank.
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(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –
Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Erfolgreich, das
nehmen wir an! – Sebastian Edathy [SPD]:
Eine seltsame Rede, Herr Kollege!)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Nächster Redner ist der Kollege Jerzy Montag, Bünd-
is 90/Die Grünen.
Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber
err Kollege Gehb, was Sie hier heute abgeliefert haben,
ar die Vorverlegung des Rosenmontags auf die Zeit vor
em vierten Advent. Das ist eine größere Leistung, als
u erklären, zwei mal zwei sei fünf. Dazu gratuliere ich
hnen recht herzlich.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Der Antrag der Union auf Einsetzung eines Untersu-
hungsausschusses ist im Geschäftsordnungsausschuss
es Deutschen Bundestages bearbeitet worden.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Bearbeitet?
Verarbeitet!)
r hat darunter nicht gelitten, sondern er ist verbessert
orden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD – Dr. Jürgen Gehb [CDU/
CSU]: Verbessert oder verwässert?)
Verbessert. Sie müssen sich die Ohren putzen.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Sie sprechen
so undeutlich!)
In dem Text, den Sie uns vorgelegt hatten, wurde im
esentlichen die Absicht verfolgt, der Bundesregierung
orzuwerfen, sie habe Beihilfe zu Schwarzarbeit, Prosti-
ution, Frauenhandel und Ähnlichem geleistet. Der An-
rag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses,
ber den wir heute abstimmen werden, enthält nunmehr
inen völlig neuen Absatz II. Für diesen Absatz haben
ir gesorgt, damit Ihr Antrag aus sich heraus überhaupt
erständlich wird.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Bestimmt vor
allen Dingen!)
Bestimmt und verständlich.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Vor 98!)
anke für diesen Einwurf, lieber Herr Kollege Gehb.
Jetzt steht in diesem Antrag, dass wir überprüfen wer-
en, welche Vorgaben für die Ermessensentscheidung
er Behörden vonseiten der Regierung gemacht worden
ind. Wir haben für diese Änderung gesorgt, um erklären
nd nachprüfen zu können, wie es in den von Ihnen dar-
estellten Fällen zu Visaentscheidungen gekommen ist.
abei geht es nicht nur um Erlasse, Weisungen und
onstiges Verhalten vonseiten der Bundesregierung seit
ktober 1998. Das ist zwar ein gutes Datum,
13994 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Jerzy Montag
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Und ein be-
stimmtes Datum vor allen Dingen!)
weil Sie die Regierungsmacht damals – zum Glück – ab-
gegeben und wir sie erlangt haben. Mit einer Verände-
rung der Weisungen und Erlasse in Sachen Visa hat es
aber überhaupt nichts zu tun. Der Text des Antrags er-
möglicht es uns jetzt, auch die Erlass- und Weisungslage
vor 1998 zu überprüfen.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Bis wohin
denn?)
Ich sage Ihnen hier in aller Verbindlichkeit: Sie brau-
chen sich nicht zu fürchten; denn wir werden nicht bis zu
Karl dem Großen zurückgehen müssen, um die Wahrheit
ans Tageslicht zu bringen.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Warum haben
Sie es dann nicht hineingeschrieben?)
Sie haben uns in den letzten Tagen über die Presse Ihr
Vorhaben mitgeteilt, sofort das Verfassungsgericht anzu-
rufen, wenn wir nur einen Punkt oder ein Komma Ihres
Textes ändern. Dieses Vorhaben wird sich in heiße Luft
auflösen.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Was lesen Sie
eigentlich immer für Presseerklärungen?)
Herr Kollege Gehb, Sie werden das Verfassungsgericht
nicht anrufen. Nachdem Sie sich heute wieder gebüh-
rend aufgeregt haben, werden Sie im Januar damit be-
ginnen, mit uns sachlich zusammenzuarbeiten. Sie wer-
den sehen: Der Untersuchungsausschuss wird alle
notwendigen Fragen stellen, Antworten bekommen und
einen Abschlussbericht schreiben, mit dem Sie dann
wiederum nicht zufrieden sein werden.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Ostern sind wir
fertig!)
– Ihr Wort in Gottes Ohr, lieber Kollege. Hoffentlich
wird es so sein.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Sie können je-
denfalls nicht verzögern!)
Zu dem Inhalt, über den wir streiten, möchte ich
schon gern noch einiges sagen. Sie haben das Wort
„Volmer-Erlass“ schon wieder in den Mund genom-
men.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Fischer/
Volmer-Erlass!)
– Sie haben das Wort „Volmer-Erlass“ wieder einmal in
den Mund genommen.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Fischer/
Volmer-Erlass!)
Deswegen frage ich: Welche Verbindung wollen Sie
zwischen dem Volmer-Erlass und der Situation bei der
Visaerteilung in Kiew eigentlich herstellen?
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das sagt
Ihnen das Landgericht Memmingen! –
Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das ist schon
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gesagt worden! Das ist schon gerichtsfest ge-
sagt worden!)
Warten Sie doch einmal! – In der „Frankfurter Allge-
einen Sonntagszeitung“ vom 12. Dezember 2004 wird
er damalige Botschafter in Kiew mit folgendem Satz zi-
iert: Es sei klar – klar! –, dass der „ganz überwiegende
eil“ der Antragsteller „keine legalen Reisezwecke ver-
olgt, sondern illegale Arbeitsaufnahme im Schengen-
aum beabsichtigt“.
Wenn dieses Zitat zutrifft, wenn der Herr Botschafter
ies tatsächlich so gesehen hat, dann stellt sich wirklich
ie Frage, meine Damen und Herren von der Opposition,
arum bei dieser völlig klaren Sachlage in Kiew so viele
isa erteilt worden sind. Das werden wir gemeinsam zu
rüfen haben.
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Da hat die
Dienstaufsicht versagt!)
Der Volmer-Erlass besagt Folgendes: Erstens. Die
ehörden haben sich an Recht und Gesetz zu halten.
weitens. Alle Visaversagungsgründe sind ordentlich
nd vollständig zu prüfen. Wenn „klar“ ist, dass illegale
rbeitsaufnahme erfolgen soll – ich wiederhole damit
ie zitierte Aussage des Botschafters –, dann – so besagt
er Volmer-Erlass – ist das Visum zu versagen und nicht
u erteilen. Das sind die Fakten.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Die Botschaft hö-
ren wir wohl, allein uns fehlt der Glaube!)
Nur in den Grenzfällen, in denen das eben nicht ganz
lar war, also in den Fällen, in denen sich die für und ge-
en die Antragsteller sprechenden Gründe die Waage
ielten, möge – so besagt der Volmer-Erlass – zugunsten
er Reisefreiheit entschieden werden. Es geht um Ein-
elfälle, aber nicht um ein flächendeckendes Vorgehen.
Es gibt gleichzeitig die vielen Fälle – ich muss auch
arauf zu sprechen kommen –, in denen Kolleginnen
nd Kollegen dieses Hohen Hauses bei Botschaften vor-
esprochen und gesagt haben: Wir haben hier solche
inzelfälle. Einiges mag dafür, einiges mag dagegen
prechen. Wir möchten, dass eine für die Antragsteller
reundliche Entscheidung ergeht.
So etwas ist überhaupt nicht zu kritisieren, egal ob es
us Ihren Reihen oder aus unseren Reihen kommt. Das
oll auch nicht geprüft werden, aber das, was wir heute
ber ddp auf den Tisch bekommen haben, schon. Mit ei-
em Verhalten, das für die Visaerteilung zuständige An-
estellte zum offenen Rechtsbruch auffordert, müssen
ir uns beschäftigen und werden wir uns auch beschäfti-
en.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege!
Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident, Sie geben mir seit 43 Sekunden ein
eichen, dass ich zum Ende kommen soll.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: 44 zu lang!)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13995
(A) )
(B) )
Jerzy Montag
Deshalb werde ich jetzt auch zum Ende kommen und nur
noch sagen: Insbesondere der designierte Vorsitzende,
Herr Dr. Uhl, möge im nächsten Jahr, vielleicht durch
den Weihnachtsfrieden besänftigt, zu der Rolle finden,
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Gerechtigkeit!)
die er bisher noch nie hatte, nämlich ein Vorsitzender
und wenn nicht objektiv und neutral, so wenigstens
freundlich und kollegial zu allen Mitgliedern des Aus-
schusses zu sein. Herr Dr. Uhl, in dem Fall werden Sie
jedenfalls in mir einen sachlichen Mitstreiter im Unter-
suchungsausschuss finden.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Es ist fast schon eine Andeutung der Besserung, wenn
die Redner freiwillig den Zwischenstand Ihrer Redezeit-
überschreitung vom Rednerpult aus bekannt geben.
(Heiterkeit)
Noch schöner wäre es, wenn sie das gänzlich vermeiden
oder spätestens nach dieser Meldung zum Schluss kom-
men könnten.
Nun erteile ich dem Kollegen Hellmut Königshaus
für die FDP-Fraktion das Wort.
Hellmut Königshaus (FDP):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben
Ihnen schon beim letzten Mal mitgeteilt: Wir halten an
und für sich, jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt,
einen Untersuchungsausschuss nicht für erforderlich.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Aber natürlich respektieren wir den Wunsch der Union,
weil es durchaus auch Umstände gibt, die wir aufklären
wollen und die wir aufklären müssen. Deshalb werden
wir uns bei der Abstimmung enthalten.
Wir begrüßen es, dass im Kern offenbar Konsens über
den Untersuchungsauftrag hergestellt werden konnte,
auch wenn, wie wir hier eben gehört haben, gewisse
Meinungsverschiedenheiten bleiben werden. Für eines
sollten wir in jedem Fall sorgen, nämlich dass wenigs-
tens dieser Untersuchungsausschuss ohne Anrufung des
Bundesverfassungsgerichts auskommt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN)
Bezüglich des zeitlichen Rahmens, der vom Untersu-
chungsauftrag erfasst werden soll, möchte ich in Erinne-
rung rufen, dass wir uns beim Berichterstattergespräch
darauf verständigt haben, dass wir die Zeit vor 1998 so-
zusagen als Referenzgröße brauchen. Es geht hier also
um den Stand vor 1998 und nicht darum, den Untersu-
chungsgegenstand auszuweiten.
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(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der
SPD)
as heißt, der Status quo per 1998 soll festgestellt wer-
en.
In der Sache selbst ist unsere Haltung klar. Ich habe
as letztes Mal hier auch schon gesagt. Der Volmer-Er-
ass war wirklich nicht in Ordnung. Die Interpretation,
ie Herr Montag hier eben gegeben hat, steht in glattem
iderspruch zum Textinhalt, insbesondere was den Ab-
ägungsbereich, der dort ausdrücklich angesprochen
urde, angeht. Das sieht offenbar auch die Hausspitze
o, sonst hätte es ja keinen Grund gegeben, diesen Erlass
u ändern.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Es gibt sicherlich Unterschiede darin, wie der Erlass
n den einzelnen Vertretungen umgesetzt wurde. Das se-
en wir auch an den konkreten Zahlen. Wir werden also
ntersuchen, wie der Erlass im Einzelnen gehandhabt
urde. Die politische Verantwortung für diesen auch
ach unserer Auffassung rechtswidrigen Volmer- oder
einetwegen auch Volmer/Fischer-Erlass – der Minister
ird darin ja ausdrücklich auch erwähnt –
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Natürlich!)
iegt jedenfalls – das ist ganz klar – bei der politischen
pitze des Auswärtigen Amtes. Wer Sicherheitsinteres-
en in Zweifelsfällen vor anderen Erwägungen zurück-
reten lässt, der versündigt sich, so meinen wir, an dem
ebot seines Amtseides, Schaden vom Volke abzuwen-
en. Wer Sicherheit gefährdet, nimmt Schaden in Kauf
nd wendet ihn nicht ab.
Unsere Kritik zielt dabei nicht auf die Sachbearbeiter
or Ort. Diese haben einen außerordentlich schwierigen
ob und haben ihn unter Rahmenbedingungen zu erledi-
en, die geradezu erbärmlich sind.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
s war ein offenkundiges Versagen der Bundesregie-
ung, dass sie dort auch noch Stellenkürzungen vorneh-
en wollte. Das konnte nur durch mehrfache Initiativen
onseiten der FDP verhindert werden. Stellen Sie sich
inmal vor, wie schlimm die Situation heute wäre, wenn
ei der Personalausstattung noch schlimmere Zustände
errschen würden!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
ie Hilferufe, die aus den einzelnen Auslandsvertretun-
en an die Spitze des Auswärtigen Amtes gerichtet wa-
en und die wir zwischenzeitlich lesen konnten, zeigen
och, wie schäbig diese Leute dort behandelt
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!)
nd wie sehr sie von der politischen Spitze im Stich ge-
assen wurden.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
13996 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Hellmut Königshaus
Wo wir gerade darüber sprechen, wie die Leute dort
behandelt wurden, möchte ich noch auf eines hinweisen:
Das letzte Mal wurde hier immer wieder gesagt, dass es
angesichts der Demokratiebewegung in Kiew unange-
messen sei, sich ausgerechnet auch die dortige Vertretung
vorzunehmen. Sie sollten nicht solche Ablenkungsmanö-
ver starten, meine Damen und Herren! Sie beschränken
sich auf demonstrative Symbolik und legen hier irgend-
welche Orangen auf den Tisch, aber verstecken sich dann,
wenn es konkret wird, unter den Tischen.
(Sebastian Edathy [SPD]: Was? – Jerzy
Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir
waren in Kiew!)
Ich erinnere Sie nur an den Umgang mit Putin und an die
Aufhebung des Waffenembargos gegenüber China. Han-
deln Sie in solchen Fällen auch wirklich konkret und
nicht einfach nur symbolisch!
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU –
Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Zur Sache!)
Wir werden in dem Ausschuss natürlich verantwor-
tungsvoll mitarbeiten. Das ist ganz klar. Wir werden
auch dafür sorgen und dafür einstehen, dass dieser Aus-
schuss und die Missstände, die die Regierung zu verant-
worten hat, nicht dazu genutzt werden, die Einreisepra-
xis in einer Art und Weise zu verschärfen, dass der
freiheitliche Charakter unseres Landes verändert wird.
Das wollen wir auf keinen Fall.
(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Das ist das, was die Union will! Ihr ge-
wünschter Koalitionspartner!)
Das soll auch jeder wissen, der die Untersuchung solcher
Missstände organisiert. Der Missbrauch dieser Vor-
gänge, um damit die Visapraxis zu verschärfen – das
muss man sehen –, wäre genauso übel wie die behaupte-
ten Missstände selbst. Deshalb appellieren wir an Sie:
Lassen Sie uns gemeinsam handeln. Übrigens: Der Zwi-
schenstand beträgt minus 9 Sekunden.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
15.
Hellmut Königshaus (FDP):
Ich bin auch schon fertig. – Also: Die behaupteten
Missstände sind schlimm. Wenn sie sich als wahr erwei-
sen sollten, wäre das übel. Aber wenn dieses Fehlverhal-
ten missbraucht werden würde, wäre das mindestens ge-
nauso schlimm. Deshalb lassen Sie uns konstruktiv an
dem Thema weiterarbeiten.
Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen ebenfalls frohe
Weihnachten.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Nächster Redner ist der Kollege Volker Neumann für
die SPD-Fraktion.
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Volker Neumann (Bramsche) (SPD):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das
st nun die dritte Debatte zu diesem Thema: 90 Minuten
ur Großen Anfrage, 90 Minuten vor 14 Tagen, 45 Mi-
uten heute.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das hätten Sie
sich sparen können, Herr Kollege!)
s scheint alles gesagt zu sein, offensichtlich nur noch
icht von jedem.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das wäre ein
guter Anlass, sich jetzt hinzusetzen!)
Ich halte den Untersuchungsausschuss weiterhin für
nnötig, denn alle Fragen, die Sie gestellt haben, sind
eantwortet worden und die Maßnahmen, die notwendig
aren, sind getroffen worden. Mit dem Erlass vom
6. Oktober 2004 sind alle Erfordernisse, die nach den
eutigen Erkenntnissen rechtlich und tatsächlich von Be-
eutung sind, eingearbeitet worden. Der Erlass ist klar
efasst und dürfte auch unmissverständlich sein. Soweit
n der Vergangenheit durch kriminelle Handlungen ein-
elne Visa erschlichen worden sind, sind die Justizbe-
örden tätig geworden. Sie zitieren ja das Urteil aus
öln.
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]:
Memmingen auch noch!)
ine Kritik an der Arbeit der Justizbehörden ist nicht er-
ennbar. Auch ich habe keinen Anlass, sie zu kritisieren.
Es wird in unserem Land – das wissen Sie alle – im-
er Menschen geben, Ausländer wie Deutsche, die sich
icht an Gesetze halten.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]:
Ja, das gibt es!)
as gilt natürlich auch für diesen Bereich, in dem wir
ns heute bewegen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Muss man den denn
unbedingt zum Staatssekretär machen?)
s wird auch immer Fehler bei der Bearbeitung von Vi-
aanträgen geben. Das ist bei jährlich 3 Millionen Anträ-
en und 2,5 Millionen erteilten Visa gar nicht zu verhin-
ern,
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist
auch nicht das, was uns interessiert! –
Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Darum geht es
gar nicht!)
gal unter welcher Regierung und welchem Außenmi-
ister. Aber Sie wollten ja unbedingt den Untersu-
hungsausschuss, also setzen wir ihn ein.
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Sie haben noch
gar nicht verstanden, worum es geht!)
Mir fällt zu den Beiträgen in der letzten anderthalb-
tündigen Debatte ein Wort von Kurt Schumacher ein:
Die Demokratie beruht auf dem Prinzip der Gegen-
seitigkeit und Ehrlichkeit. Die Demokratie kann nur
leben, wenn die Menschen selbständig sind und den
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13997
(A) )
(B) )
Volker Neumann (Bramsche)
Willen zur Objektivität haben. Aber die technokra-
tische und geradezu kriegswissenschaftliche Hand-
habung der politischen Mittel führt zum Gegenteil.
Vordergründig scheint Ihr Ausschuss dazu zu dienen,
Missstände in der Visapolitik aufzudecken. Aber in
Wirklichkeit habe nicht nur ich das Gefühl, dass es Ihnen
um etwas ganz anderes geht: Es geht Ihnen darum, dem
Ansehen des Außenministers zu schaden.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Ach, der arme
Kerl!)
Michael Glos hat Bundesminister Fischer in der
Haushaltsdebatte vorgeworfen, er habe „illegal die
Schleusen aufgemacht“ und damit dem Schleuser, der in
Köln verurteilt worden ist, die entsprechenden Möglich-
keiten eröffnet. Er verbarg nicht, dass es darum gehe,
den „beliebtesten Minister vorzuführen“. Was heißt ei-
gentlich „vorführen“?
Herr Gehb sagt:
Wir nehmen sicher billigend in Kauf, dass auch ein
bisschen von der Popularität und dem Heiligen-
schein des Außenministers verloren geht.
So weit die „Sächsische Zeitung“. Juristen sagen, „billi-
gend in Kauf nehmen“ bedeutet bedingter Vorsatz.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Er ist doch nun
einmal der Chef des Auswärtigen Amtes, Herr
Kollege Neumann! Sollen wir etwa den Eichel
nehmen, weil er sich besser eignet, weil er we-
niger populär ist?)
– Herr Gehb, am 2. Dezember haben Sie auf die Bitte
von Herrn Scholz: „Bleiben Sie gelassen!“ geantwortet:
„Das ist gut! Die erfüllen wir!“ Herr Gehb, als ehemali-
ger Richter wissen Sie, dass Vorurteile entlarvend sein
können. Dennoch haben Sie vor 14 Tagen ausgeführt:
Trotz medialen Heiligenscheins und des Versuchs,
ihn unter Denkmalschutz zu stellen: Herr Fischer ist
und bleibt der Chef des Auswärtigen Amtes und
muss zur Verantwortung gezogen werden.
Wir haben noch keine Akte gesehen und keinen Zeugen
vernommen, aber dennoch muss schon jemand zur Ver-
antwortung gezogen werden.
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Sie sind
doch auch schon zu einem Ergebnis gekom-
men, Herr Neumann!)
Es geht Ihnen also nicht um die Aufklärung von Sach-
verhalten, sondern es geht Ihnen um die Person des Bun-
desaußenministers.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das aus Ihrem
Munde zu hören ist ja die größte Heuchelei,
die es überhaupt gibt!)
Nun bin ich ja nicht so blauäugig, dass ich nicht
wüsste, was Untersuchungsausschüsse bedeuten. Dies ist
mein fünfter Untersuchungsausschuss. Viele meiner
Kollegen haben gefragt: Warum tust du dir das an? Ich
will Ihnen fünf Gründe nennen:
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Erster Grund. Ich möchte mich vor die Mitarbeiter
es Auswärtigen Amtes stellen und dafür sorgen, dass
icht Einzelfälle zu Verallgemeinerungen führen und die
itarbeiter in den Rechts- und Konsularabteilungen, die
ine schwierige Arbeit zu leisten haben,
(Clemens Binninger [CDU/CSU]:
Dank des Erlasses!)
iel ungerechtfertigter Vorwürfe werden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Zweitens. Ich möchte vermeiden, dass alle, die einen
ntrag auf ein Visum stellen, unter Generalverdacht ge-
aten. Wir haben viele Besucher, Touristen, Freunde,
erwandte, und dieses Misstrauen ist einfach ungerecht-
ertigt. Vielleicht sollten wir auch das bei unserer Aus-
chussarbeit bedenken.
Drittens. Ich möchte nicht, dass die Visaerteilung re-
triktiver wird und unsere Wirtschaft dadurch behindert
ird. Sie muss auch weiterhin die notwendige Unterstüt-
ung bekommen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Viertens. Ich möchte einfordern, dass das Gebot der
airness und Wahrhaftigkeit beachtet wird. Deshalb bitte
ch Sie, den Volmer-Erlass richtig zu lesen. Es ging beim
rundsatz „im Zweifel für die Reisefreiheit“ nicht um
ie Sicherheitsfrage. Diese muss selbstverständlich
orab geklärt werden. Es ging nur darum, ob man, wenn
s an der Rückkehrbereitschaft Zweifel gibt, nicht im
inne des Antragstellers entscheidet.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]:
Eine interessante Auslegung!)
Fünftens. Ich bin der Meinung, dass es nicht gerecht-
ertigt ist, Außenminister Fischer, der sich Verdienste
m unser Land erworben hat, aus rein wahltaktischen
ründen in seinem Ansehen zu beschädigen. Mir kom-
en manche Vorwürfe lächerlich und konstruiert vor.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Noch bevor
wir ihn überhaupt angegriffen haben, nehmen
Sie ihn in Schutz! – Abg. Dr. Hans-Peter Uhl
[CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischen-
frage)
Das Recht auf einen Untersuchungsausschuss wird
on uns nicht bestritten.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das würde
auch nichts nutzen!)
a Sie dieses Recht einfordern, werden wir unseren Bei-
rag zu der Arbeit leisten: zügig, aber auch – wie unser
bmann sagt – gelassen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Da der Kollege Neumann den Zwischenstand seiner
edezeitüberschreitung nicht mitgeteilt hat, konnten Sie,
13998 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Herr Kollege Uhl, nicht wissen, dass seine Redezeit be-
reits erschöpft war, als Sie sich zu einer Zwischenfrage
meldeten.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das erspart uns
eine Antwort!)
Deshalb habe ich nach ständiger Übung keine zusätzli-
che Verlängerung der Redezeit zulassen können.
Das Wort für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der
Kollege Reinhard Grindel.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Dieter
Wiefelspütz [SPD]: Mäßigen Sie sich, Herr
Grindel!)
Reinhard Grindel (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Kollege Neumann, Ihr Auftritt war schon ein-
drucksvoll: Auf der einen Seite sagen Sie, dass Sie noch
keine Akte gelesen haben, und warnen vor Vorverurtei-
lungen, aber auf der anderen Seite sind Sie der Meinung,
dieser Ausschuss sei völlig überflüssig und unnötig.
Man muss wohl Sozialdemokrat sein, um zu verstehen,
wie das zusammenpasst.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lieber Herr Kollege Wiefelspütz, Sie sind ansonsten
sehr fair. Ich sage aber ganz offen: Die Bemerkung, die
Sie über den Kollegen Uhl gemacht haben, habe ich als
etwas unfair empfunden. Ich kann nur sagen, dass ich
mir mit den Kollegen meiner Fraktion ganz sicher bin,
dass Herr Uhl genauso unabhängig diesen Ausschuss
führen wird wie der Kollege Benneter, der heutige SPD-
Generalsekretär, den Lügenausschuss.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Hoffentlich ein
bisschen besser!)
Für Herrn Uhl spricht vor allen Dingen, dass er von uns
allen derjenige ist, der wahrscheinlich am besten den
Sachverhalt kennt. Ich glaube, das ist eine sehr gute Vo-
raussetzung, um Vorsitzender eines solchen Ausschusses
zu sein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Grindel, gestatten Sie eine Zwischen-
frage?
Reinhard Grindel (CDU/CSU):
Ja.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Bitte schön, Herr Kollege Wiefelspütz.
Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Ich lerne zum wiederholten Male, dass Ironie bzw.
menschenfreundlicher Spott nicht immer verstanden
werden.
(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Das liegt am
Intellekt!)
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ehen Sie bitte davon aus, Kollege Grindel, dass ich
elbstverständlich weiß, dass der Vorsitzende eines Un-
ersuchungsausschusses benannt wird und dass es sich in
iesem Fall um den Kollegen Dr. Uhl handeln wird, mit
em ich vertrauensvoll zusammenarbeite und den ich
chte und schätze.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]:
Das war eine tolle Frage!)
Reinhard Grindel (CDU/CSU):
Ich finde es in Ordnung, dass Sie dieses klargestellt
aben. Herr Montag, der ebenfalls ein paar Bemerkun-
en in diese Richtung gemacht hat, könnte sich dieser
larstellung noch anschließen.
(Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischen-
frage – Heiterkeit bei der CDU/CSU)
Ich geben Ihnen gerne dazu Gelegenheit.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Mit Blick auf die weitere Tagesordnung des heutigen
ages möchte ich nur ungern serienweise bestellte oder
irekt auf Aufforderung zurückgehende Zwischenfra-
en zulassen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der
FDP)
Ich stelle Einvernehmen in diesem Punkt fest.
Herr Kollege Grindel, fahren Sie bitte fort.
Reinhard Grindel (CDU/CSU):
Herr Präsident, gleichwohl möchte ich mich mit den
ussagen des Kollegen Montag beschäftigen. Herr
ontag, Sie haben Ihre Argumentation erheblich geän-
ert. Vor 14 Tagen haben Sie uns an dieser Stelle be-
chimpft, wir würden die Diplomaten vor Ort an den
ranger stellen. Sie haben sich damals vor die Mitarbei-
er des Auswärtigen Amtes gestellt. Heute aber haben
ie genau das gemacht, was Sie uns damals vorgeworfen
aben. Denn Sie sagen jetzt: Die Mitarbeiter vor Ort ha-
en falsch gehandelt, wodurch es zu dem Hilferuf des
otschafters Stüdemann gekommen sei.
Ich will Ihnen sagen, wie die Zusammenhänge sind.
s gibt ein weiteres Urteil, nämlich ein Urteil des Land-
erichts Memmingen, das die Sache ganz gut auf den
unkt bringt. Ich zitiere von Seite 94 des Urteils:
Die Einreiseanträge sind nicht kritisch geprüft, son-
dern auf politischen Wunsch der zuständigen Ver-
antwortlichen der Bundesregierung wohlwollend
behandelt worden, sodass den Angeklagten ihr
strafwürdiges Tun sehr leicht gemacht wurde.
ch frage: Was hat Joschka Fischer von den Hilferufen
er Botschafter gewusst? Was hat er getan, um den
issbrauch bei der Visaerteilung zu unterbinden? Es ist
chäbig, dafür jetzt die Mitarbeiter des Auswärtigen
mtes verantwortlich zu machen. Es geht um die politi-
che Verantwortung des Außenministers.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 13999
(A) )
(B) )
Reinhard Grindel
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg.
Hellmut Königshaus [FDP])
Herr Kollege Scholz, für den dieser Ausschuss so eine
Art politische Wiedereingliederungsmaßnahme ist,
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]:
Resozialisierung!)
hat uns zur Gelassenheit aufgerufen. Ich muss aber sa-
gen: Wer sich so große Mühe gibt, so viele Themen zum
Gegenstand des Untersuchungsauftrages zu machen, der
zeigt sich relativ aufgeregt und lässt die notwendige Ge-
lassenheit vermissen.
Ich will auf einen großen Widerspruch hinweisen:
Diese rot-grüne Bundesregierung hat sich bereits kurz
nach dem Regierungswechsel 1998 vor allen Dingen ih-
rer Klientel gegenüber damit gerühmt, eine völlige
Kehrtwende bei der Visapolitik in Deutschland vorzu-
nehmen, die Welt nach Deutschland einzuladen und
Deutschland als weltoffenes, ausländerfreundliches
Land zu gestalten. Alles sollte anders werden und eine
völlig neue Visapolitik sollte betrieben werden.
Das ist genau der Punkt, weshalb wir fordern: Dann
lasst uns jetzt mit den Auswirkungen, damit, was das für
unser Land bedeutet, beschäftigen!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP)
Plötzlich sagen Sie, hier bestehe Kontinuität, nachdem
Sie vorher gesagt haben, es werde alles neu gemacht.
Deswegen wollen wir die Sachverhalte ab 1998 untersu-
chen.
Ich möchte mich an den Kollegen Volmer und an die
Kollegen der Grünen wenden, weil Sie, Herr Kollege
Volmer, in mehreren Interviews gesagt haben, Sie wür-
den alles wieder genau so machen, wie Sie es getan ha-
ben.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Unbelehrbar!)
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich habe für so etwas kein
Verständnis. Zumindest die Auswirkungen einer fal-
schen politischen Weichenstellung müssten Sie doch
nachdenklich gestimmt haben. Denn weitermachen
würde bedeuten, weiter Schwarzarbeiter in den gesam-
ten Schengen-Raum zu lassen, weiter zuzulassen, dass
Terrorverdächtige unsere Sicherheit in Deutschland und
im Schengen-Raum gefährden, und weiter hinzunehmen,
dass Zwangsprostitution stattfindet.
Ich frage mich in vollem Ernst, warum sich nicht ein
einziges weibliches Mitglied der Fraktion der Grünen
einmal dazu geäußert hat, ob man bei aller Bereitschaft
zu Weltoffenheit an einer Visapolitik, die die Menschen-
würde von Frauen sehr nachhaltig verletzt hat, festhalten
darf. Ich frage mich, warum es damals nicht eine Stel-
lungnahme von Ihnen dazu gegeben hat.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Wir haben allen Grund zu diesem Untersuchungsaus-
schuss, weil sich die Praxis eben nicht verändert. Der
Chrobog-Erlass führt zu keiner Verbesserung, wie wir
anhand der Zugangszahlen beim Visaverfahren gesehen
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aben. Wir werden untersuchen müssen, wie die Abwä-
ung, die jetzt von den Diplomaten vor Ort vorgenom-
en wird, konkret stattfinden soll. Wir werden vor allen
ingen auch fragen, warum die Staatsministerin in meh-
eren Fragestunden und auch Staatssekretär Chrobog uns
mmer wieder berichtet haben, 16 Ortskräfte in Kiew
eien als Reaktion auf die dortigen Missstände entlassen
orden, und warum Staatssekretär Chrobog in der letz-
en Innenausschusssitzung einräumen musste, es seien
icht 16, sondern nur vier Ortskräfte entlassen worden.
iese Widersprüche gilt es aufzuklären. Das werden wir
un.
Es ist auch in Ordnung, dass der Untersuchungsauf-
rag erweitert worden ist und wir ausdrücklich aufgefor-
ert sind, Meinungsverschiedenheiten in der Bundesre-
ierung in Bezug auf die Visapolitik zu untersuchen.
as werden wir tun. Wir werden sehen, wie sich Herr
chily dazu verhält, von dem ja bekannt ist, dass er, ge-
ade was die Fraktion der Grünen angeht, eine andere
einung hat. Es wird auch deutlich untersucht, ob Ver-
uche abgeblockt worden sind, das Verfahren zu ändern.
ir werden uns auch damit beschäftigen, ob es nicht
esser wäre, die Visavergabe dort zu konzentrieren, wo
um Beispiel auch über die Rückkehr von Ausländern
ntschieden wird, ob es also nicht besser wäre, sie vom
uswärtigen Amt hin zum Innenministerium zu verla-
ern.
Es ist hier verschiedentlich gesagt worden, dieser Un-
ersuchungsausschuss sei überflüssig. Die „FAZ am
onntag“ sieht das offenbar nicht so. Sie berichtet:
Im Auswärtigen Amt herrscht Nervosität. Seine
Leute hat Joschka Fischer zum Schweigen verdon-
nert. … Es geht um bestechliche Beamte, erschli-
chene Visa, um Schleuserkriminalität.
ie „FAZ am Sonntag“ schreibt weiter:
Ein hoher Beamter beteuert, es werde „mit eisernen
Besen gefegt“. Doch bis zu welcher Etage des Hau-
ses der Frühjahrsputz gehen wird, werden erst die
kommenden Monate zeigen.
(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)
Nun hat der Kollege Fischer aus seiner Frankfurter
eit mit Putzkolonnen so seine Erfahrung. Deswegen
age ich Ihnen: Wir halten es nicht für ausgeschlossen,
ass Herr Fischer am Ende des Frühjahrsputzes nicht als
eister Proper dasteht, sondern als ein Mann, der in Sa-
hen Visapolitik weiß Gott kein Saubermann ist.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort hat nun der Kollege Sebastian Edathy, SPD-
raktion.
Sebastian Edathy (SPD):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Ich habe auch nach intensivem Zuhören in
14000 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Sebastian Edathy
dieser Debatte immer noch nicht verstanden, warum wir
zur Klärung all der Fragen,
(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ein biss-
chen lauter, Herr Kollege! – Beatrix Philipp
[CDU/CSU]: Sprechen Sie schon?)
die die Union aufgeworfen hat, einen Untersuchungsaus-
schuss brauchen. Das scheint mir eher den Charakter ei-
ner Beschäftigungstherapie zu haben. Vielleicht ist man
dankbar, dass man Herrn Gehb mit seinem impulsiven
Temperament in einen Untersuchungsausschuss senden
kann, damit er einem an anderer Stelle weniger auf die
Nerven geht.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Wenn man
trotz Zuhören nicht richtig versteht, sollte man
sich Gedanken über seine Begabung machen!)
– Herr Gehb, das einzig Erfreuliche an Ihren Ausführun-
gen ist, dass Sie nicht mehr als Richter Recht sprechen.
Das wäre schlimmer, als Ihren Reden hier zuhören zu
müssen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Was die Frage der Notwendigkeit, einen Untersu-
chungsausschuss einzurichten, betrifft: Der Kollege
Grindel hat auf die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“
Bezug genommen. Auch ich will mit dem Einverständ-
nis des Präsidenten kurz aus der „Frankfurter Allgemei-
nen Zeitung“ zitieren,
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Sein Einver-
ständnis brauchen Sie nicht!)
die im November dieses Jahres geschrieben hat:
Viele andere Themen hatte die Union in letzter Zeit
schon kämpferisch als Untersuchungsgegenstände
des Parlaments erwogen: die Arbeitslosenverwal-
tung, die Lkw-Maut, den angeblichen Akten-
schwund im Kanzleramt am Ende der Ära Kohl oder
das Versagen eines Bundeswehrkontingents im Ko-
sovo waren im Gespräch. Auch die „Visa-Krimina-
lität“ … Nun fiel in der Fraktion die Entscheidung
auf dieses Thema. Sie fiel einstimmig (bei einer Ent-
haltung), und das alleine ist für die Unionsfraktion
schon ein schönes Erlebnis.
Warum wir jetzt aber, nur um Ihnen durch einstimmige
Abstimmungen schöne Erlebnisse in der Fraktion zu er-
möglichen, ein unverhältnismäßiges Instrument in die
Hand nehmen sollen, kann ich mir nicht erklären. Das
kann ich nicht nachvollziehen.
Bei der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses
– der Kollege Wiefelspütz hat darauf hingewiesen – han-
delt es sich um ein Minderheitenrecht. Aber, liebe Kol-
leginnen und Kollegen von CDU und CSU, die Tatsache,
dass es sich um ein Minderheitenrecht handelt, entbindet
Sie nicht von der Verantwortung, mit diesem Instrument
sehr sorgfältig umzugehen.
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ja, das tun
wir!)
Das lassen Sie gerade vermissen.
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(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Reinhard
Grindel [CDU/CSU]: Das tun wir doch! –
Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Spärlicher Ap-
plaus von der SPD!)
Wenn man Ihnen lediglich Selbstverständlichkeiten
m die Ohren haut, dann muss nicht intensiv geklatscht
erden; denn es ist klar, dass ich Recht habe.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der
SPD)
Wir werden die Arbeit im Untersuchungsausschuss
ügig und effizient aufnehmen.
(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Und sie vor al-
len Dingen beenden!)
ch denke, wir werden sie deutlich vor der
ommerpause 2005 beenden können. Selbstverständlich
erden wir für unsere Bewertung auch die Zeit bis zum
erbst des Jahres 1998 ins Auge fassen müssen. Aller-
ings habe ich insbesondere an CDU und CSU die Bitte
das sage ich, weil sich der Kollege Königshaus sehr
ifferenziert geäußert hat –, bei dieser schwierigen The-
atik nicht in Schwarz-Weiß-Malerei zu verfallen.
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das liegt uns
doch völlig fern!)
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Es passt nicht zu-
ammen und es kann auch nicht vernünftig sein, wenn
ie im Bundestag die ukrainische Bevölkerung – wie
ch finde: zu Recht – als beispielgebend bezeichnen, was
as Voranbringen des Demokratisierungsprozesses in
steuropa betrifft, aber am nächsten Tag sagen, dass all
iejenigen aus der ukrainischen Bevölkerung, die ein
ouristenvisum für Deutschland beantragen, potenzielle
chwarzarbeiter, Prostituierte und Kriminelle sind.
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das hat ja
keiner gesagt! – Gegenruf des Abg. Jerzy
Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie
haben doch davon gesprochen!)
as passt nicht zusammen. Lassen Sie uns hier insbe-
ondere in der öffentlichen Debatte sehr sorgfältig sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN –
Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Wie der heilige
Joseph Fischer! – Andreas Scheuer [CDU/
CSU]: So ein Stichler und Hetzer!)
Den heiligen Josef gerade kurz vor Weihnachten in-
rage zu stellen, das sollte eine christliche Fraktion ei-
entlich nicht tun.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Jetzt fehlt nur
noch der Adventskalender für Hunde!)
as ist aber nur eine Randbemerkung.
Ich will Ihnen an einem Beispiel verdeutlichen, dass
ir als Abgeordnete von dieser Thematik direkt betrof-
en sind. Das, was die Union bisher erreicht hat, ist, auch
ei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Auswärti-
en Amtes, die zum Beispiel in den Visaabteilungen der
onsulate und Botschaften tätig sind, Unsicherheit zu
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14001
(A) )
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Sebastian Edathy
schüren. Aus dem Landkreis Schaumburg, der zu mei-
nem Wahlkreis in Niedersachsen gehört, hat sich – das
ist ganz aktuell – ein älteres Ehepaar an mich gewandt,
und zwar mit folgendem Sachverhalt: Sie sind mit einer
Familie aus dem Kosovo befreundet, die vor zwei Jahren
ausgereist ist. Vor einem Jahr ist der Ehegatte zu Weih-
nachten eingeladen worden, um das Fest im Kreise der
befreundeten deutschen Familie zu verbringen. Das hat
ohne Probleme geklappt. Er ist auch ordnungsgemäß
ausgereist. In diesem Jahr sollte seine Ehefrau kommen.
Das wurde bisher vom Verbindungsbüro des Auswärti-
gen Amtes in Pristina abgelehnt, weil man dort gesagt
hat, man wolle mit Blick auf die öffentliche Debatte in
Deutschland vorsichtig sein.
Bei aller Notwendigkeit, einen genauen und sorgsa-
men Blick auf die Thematik, mit der sich der Untersu-
chungsausschuss beschäftigen wird, zu werfen, sollten
wir auch im Auge haben, dass sich die Erteilung von
Visa ständig und notwendigerweise in einem Span-
nungsfeld von Sicherheitsfragen, humanitären Fragen
und Abwägungsprozessen bewegt.
(Beifall des Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz
[SPD] sowie des Abg. Gert Weisskirchen
[Wiesloch] [SPD])
So zu tun, als sei eine Schwarz-Weiß-Entscheidung
möglich, ist weltfremd und trägt nicht dazu bei, unsere
Interessen im Ausland besser zu verfolgen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihnen
jetzt nicht frohe Weihnachten wünschen.
(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/
CSU]: Das wäre aber eine gute Idee!)
Vielmehr wünsche ich uns allen im neuen Jahr einen gu-
ten Einstieg in die Arbeit des Untersuchungsausschus-
ses. Herr Kollege Gehb und Herr Kollege Grindel, viel-
leicht ist der Jahreswechsel eine gute Gelegenheit, sich
den Vorsatz zu nehmen, diese Thematik mit mehr Sach-
lichkeit und Besonnenheit und mit weniger Schaum vor
dem Mund anzugehen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Dr. Jürgen Gehb [CDU/
CSU]: Das müssen gerade Sie sagen! Das ist ja
wohl ein Hohn!)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
Kollege Olaf Scholz, SPD-Fraktion.
Olaf Scholz (SPD):
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-
gen! Ich glaube, dass wir hier eine Situation haben, die
sich ganz einfach beschreiben lässt:
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wir sind die
Guten!)
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ir werden dafür sorgen, dass aufgeklärt wird, was auf-
uklären ist. Vieles wissen wir schon; deshalb glaube
ch, dass der Ausschuss schnell fertig werden kann.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
ch möchte gerne in Erinnerung rufen, dass sowohl bei
er Vorbereitung des heutigen Beschlusses im Ge-
chäftsordnungsausschuss als auch hier heute in den Re-
en von vielen gesagt wurde, man glaube auch, schnell
ertig zu werden. Das soll noch einmal festgehalten wer-
en. Denn aus meiner Sicht geht es darum, dass wir jetzt
icht einen Ausschuss einsetzen, der über eine lange Zeit
agt und immer wieder eine neue Wendung nimmt, son-
ern dass wir das, was an Aufklärungsinteresse exis-
iert, realisieren können.
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Dazu hat Ihre
Bepackung einen Beitrag geleistet! –
Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Ohne Bepa-
ckung hätte das sehr viel schneller gehen kön-
nen!)
Mein Appell an Sie: Bleiben Sie bei den guten Vorsät-
en. Der Jahreswechsel kommt und es wäre schön, wenn
ie auch im nächsten Jahr gelten. Dann können wir ganz
rüh im nächsten Jahr mit diesem Ausschuss fertig sein;
as wäre eine gute Sache.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD –
Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Das hätten
Sie gern!)
Zweiter Punkt. Es hat sich bewährt, dass wir noch
inmal im Geschäftsordnungsausschuss miteinander ge-
prochen haben.
(Zurufe von der SPD und der CDU/CSU:
Sehr! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Wir ha-
ben Ihnen ja die Veränderung benannt!)
enn das hat dazu geführt, dass wir hier ein gemeinsa-
es Vorgehen für die Arbeit im Ausschuss entwickeln
önnen. Ich will da dem Kollegen von der FDP nicht wi-
ersprechen: Diese Erweiterung war notwendig. Es ist
ernünftig, hier mit Ruhe vorzugehen. Da Sie, Herr
ehb, ja dazu neigen, sich etwas aufzuregen, will ich für
ie Zukunft davon ausgehen, dass Sie sich zwischen-
urch immer einmal aufregen, aber dass wir trotzdem
ügig und schnell vorankommen
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Auf jeden
Fall!)
nd einigermaßen sachlich bleiben. Wenn das gelingt,
ann wäre das eine gute Sache.
Dritte Bemerkung. Was wir hier vorhaben, ist nicht
ur, aufzuklären, was sich zugetragen hat, und etwas für
ie Zukunft zu lernen, sondern es ist auch von hoher
erantwortung für unser Land. Es geht zum Ersten da-
um, dass wir die Sicherheitsinteressen der Bundesre-
ublik Deutschland berücksichtigen und realisieren müs-
en. Zum Zweiten geht es darum, dass wir nicht ständig
ergessen, welche Perspektiven es in dieser Frage auch
ibt. Viele junge Leute – uns hören auch heute viele zu –
achen jedes Jahr oder oft oder zumindest einmal in ih-
em Leben Gebrauch davon, mit Interrail durch Europa
14002 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Olaf Scholz
zu reisen; das ist eine tolle Sache. Nach den Bestimmun-
gen, die wir in Deutschland für Angehörige einiger an-
derer Länder erlassen haben, und dem, was Sie hier er-
forschen wollen, dürften andere nicht wie unsere
deutschen Staatsbürger durch Europa reisen,
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist
doch Unsinn!)
weil wir ihnen nicht zutrauen, dass sie zurückkehren
wollen; dabei sind unsere jungen Leute genauso mittel-
los.
(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Und wenn sich
die CDU/CSU für sie einsetzt, wird sie von Ih-
nen auch noch diffamiert!)
Ich glaube, eine offene Gesellschaft muss wollen, dass
die engagierten jungen Menschen dieser Welt dieses
schöne Land, diese blendende Demokratie kennen ler-
nen. Wir wollen, dass sie hierher kommen
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
und dass sie durch nichts, was wir hier tun, beeinträch-
tigt werden.
Schönen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immuni-
tät und Geschäftsordnung zum Antrag der CDU/CSU-
Fraktion auf Einsetzung eines Untersuchungsausschus-
ses auf der Drucksache 15/4552.
Nach Art. 44 Abs. 1 des Grundgesetzes ist der Deut-
sche Bundestag verpflichtet, einen Untersuchungsaus-
schuss einzusetzen, wenn die Einsetzung von einem
Viertel seiner Mitglieder verlangt wird. Der Ausschuss
empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/4285 in der
Ausschussfassung anzunehmen. Dazu wünscht die Frak-
tion der CDU/CSU getrennte Abstimmung. Deshalb
stimmen wir zunächst über die Ziffern I, III und IV so-
wie die Einleitungssätze ab. Wer stimmt dafür? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Da-
mit ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenom-
men bei einer großen Anzahl von Enthaltungen und we-
nigen Gegenstimmen.
Ich frage nun: Wer stimmt für die Ziffer II der Aus-
schussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich der Stimme? – Damit ist die Ziffer II der
Beschlussempfehlung ebenfalls mit Mehrheit angenom-
men.
Damit ist zugleich der 2. Untersuchungsausschuss der
15. Wahlperiode eingesetzt.
Es wird gebeten, für das Protokoll festzuhalten, dass
die Mehrheiten bei den beiden Einzelabstimmungen
nicht identisch waren. Vielmehr war die zweite Mehrheit
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ine Mehrheit der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
en der CDU/CSU-Fraktion. Das ändert nichts am Er-
ebnis, hält die Mehrheitsverhältnisse aber präziser fest.
Diese zusätzliche Mitteilung hat uns ein bisschen Zeit
ür die unvermeidlichen Schichtwechsel hier im Plenar-
aal verschafft. Ich wäre ganz dankbar, wenn diejenigen,
ie wegen anderer Verpflichtungen der weiteren Bera-
ung nicht folgen können oder wollen, diesen Interessen
nd Verpflichtungen außerhalb des Plenarsaales nach-
ommen könnten.
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 21 auf:
Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Schaffung wettbewerbsfähiger Strukturen in
Wissenschaft und Forschung
– Drucksache 15/4519 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für
iese Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Dazu
öre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
en.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst
ie Kollegin Ute Berg für die SPD-Fraktion.
Ute Berg (SPD):
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-
en! Geeignete Arbeitskleidung erleichtert effektives
nd angenehmes Arbeiten. Das dienstrechtliche Gewand
er Alma Mater, also der Wissenschaft, ist aber mittler-
eile so abgetragen, dass es scheuert und behindert.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
enn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erfolg-
eich arbeiten sollen, brauchen sie geeignete rechtliche
nd finanzielle Arbeitsbedingungen. Unsere Vorschläge
azu liegen auf dem Tisch.
Wir wollen ein Dienstrecht, das dem hoch dynami-
chen Arbeitsmarkt in Wissenschaft und Forschung ge-
ügend Spielraum lässt, ein Dienstrecht, das den Wis-
enschaftlerinnen und Wissenschaftlern gerechte und
ransparente Bedingungen bietet, ein Dienstrecht, das es
en Wissenschaftseinrichtungen ermöglicht, wirtschaft-
ich zu arbeiten und ein Erfolg versprechendes Profil he-
auszubilden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Dazu gehört mehr Leistungsorientierung in der Ver-
ütung. Für die Professoren und Professorinnen haben
ir das Besoldungssystem schon modernisiert. Das
uss nun auch – ich füge hinzu: endlich – bei den übri-
en Beschäftigten im Wissenschaftsbereich geschehen.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14003
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(B) )
Ute Berg
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg
Tauss [SPD]: Und in den Ländern umgesetzt
werden!)
Auch sie sollen ein Grundgehalt bekommen, das bei ent-
sprechend guten Leistungen aufgestockt wird. Wenn
zum Beispiel ein Wissenschaftler, eine Wissenschaft-
lerin durch großen persönlichen Einsatz viele Drittmittel
einwirbt, sollte dies natürlich auch bei der Vergütung ho-
noriert werden. Das ist nicht nur gerecht, sondern auch
ein Anreiz, sich wirklich richtig reinzuknien.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und der FDP)
Ein weiterer Punkt, der uns bei der Vergütung ganz
wichtig ist: Wir wollen weg von veralteten Regelungen
wie der Vergütung nach Lebensalter sowie Zeit- und Be-
währungsaufstiegen und hin zu einer stärkeren Gewich-
tung der eigentlichen Tätigkeit, der Leistung der Be-
schäftigten. Damit erreichen wir nämlich unser Ziel,
dass effektiver und effizienter wissenschaftlich gearbei-
tet werden kann, wesentlich besser.
In einem neuen Dienstrecht müssen auch moderne
Arbeitszeitmodelle ermöglicht werden, zum Beispiel
Arbeitszeitkonten. Ein Wissenschaftler hat in der Regel
keinen Nine-to-five-Job. Er muss so flexibel sein, wie
sein Forschungsprojekt es verlangt. Eine Biologin zum
Beispiel, die Zellkulturen züchtet, kann nicht davon aus-
gehen, dass diese montags zwischen 9 und 17 Uhr genau
das Wachstumsstadium erreichen, in dem sie sie unter
das Mikroskop schieben muss.
Ein drittes Feld, auf dem dringend etwas geschehen
muss, ist das der Nebentätigkeiten. Hier sind die gelten-
den starren Regelungen oft hinderlich, wenn Wissen-
schaftler eine Zusammenarbeit mit der Wirtschaft auf-
bauen wollen. Dabei ist klar, dass wir diese
Zusammenarbeit dringend brauchen.
(Ulrike Flach [FDP]: Dann müssten Sie unse-
ren Vorstellungen folgen!)
Die Wirtschaft profitiert von innovativer Forschung, die
Wissenschaft profitiert wiederum von Investitionen der
Wirtschaft in Forschung. Eine Vernetzung ist wichtig für
die Innovationsfähigkeit unseres Landes.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Wie ist nun der Stand der Reformbemühungen insge-
samt? Wie Sie wissen, verhandeln die Tarifparteien des
öffentlichen Dienstes derzeit über eine grundlegende
Reform des BAT. Im Frühjahr 2005 sollen diese Ver-
handlungen abgeschlossen sein. Dann werden wir sehen,
ob es möglich ist, den Wissenschaftsbereich innerhalb
des BAT zu berücksichtigen, oder ob wir einen geson-
derten Wissenschaftstarifvertrag brauchen. Falls hie-
rüber keine Einigung mit den Ländern gefunden werden
kann, müssen wir als ersten Schritt zumindest für die
Forschungsorganisationen tarifliche Neuregelungen
schaffen, die Modellcharakter haben und für den Beitritt
anderer Organisationen offen sind.
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(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulrike Flach
[FDP])
Das böte sich an, da sich die Forschungsorganisatio-
en bereits im Reformprozess befinden.
Herr Tauss hat das mit seinem Zwischenruf eben an-
esprochen und auch ich kann mir an dieser Stelle eine
ritik an die Bundesländer nicht verkneifen. Die derzei-
igen Verhandlungen leiden sehr stark darunter, dass sich
ie Länder einfach vom Verhandlungstisch zurückgezo-
en haben. Zur Erinnerung: Die Tarifgemeinschaft der
änder hat im Frühjahr 2004 die Arbeitszeitregelungen
ekündigt. Daraufhin haben auch die Gewerkschaften
ie Reformverhandlungen ausgesetzt. Das war das frühe
nde der Arbeitsgruppe Wissenschaft, die den Wissen-
chaftsbereich bei den BAT-Verhandlungen vertreten
ollte.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
erade angesichts der Diskussionen in der Föderalis-
uskommission und der Forderung der Länder, mehr
ompetenzen im Wissenschaftsbereich zu erhalten, ist
ieses Vorgehen natürlich alarmierend. Ich muss an die-
er Stelle auch noch einmal meiner tiefen Enttäuschung
arüber Ausdruck verleihen, dass die gesamte Situation
nnerhalb der Föderalismuskommission jetzt sehr ver-
ahren ist.
Ungeachtet der Entscheidung über die künftige Kom-
etenzverteilung dürfen wir das übergeordnete Ziel nicht
us den Augen verlieren, das lautet: Deutsche Hoch-
chulen und Forschungseinrichtungen müssen sich im
nternationalen Wettbewerb behaupten. Es geht da-
um, die besten Bedingungen für Wissenschaft und For-
chung zu schaffen, damit wir international konkurrenz-
ähig bleiben und die klügsten Köpfe aus dem In- und
usland anziehen.
Wer auch immer am Schluss der Schneider ist: Unsere
issenschaft braucht ein neues arbeitsrechtliches Ge-
and, mit dem sie sich auch auf internationalem Parkett
licken lassen kann.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der
FDP)
Da das eben eingefordert wurde, wünsche ich natür-
ich allen Kolleginnen und Kollegen schöne Weihnachts-
age und einen guten Rutsch.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Das Präsidium ist besonders begeistert, wenn die
eihnachtswünsche sogar noch innerhalb der Redezeit
usgeteilt werden können. – Nun hat Vera Dominke für
ie CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vera Dominke (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es
eht auf Weihnachten zu und so will ich im Zeichen des
14004 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Vera Dominke
anstehenden Festes der Liebe mit etwas eher Liebens-
würdigem beginnen.
(Jörg Tauss [SPD]: Och, Frau Dominke!)
Herr Tauss, es ist erfreulich, dass es die regierungstra-
genden Fraktionen dieses Hauses endlich geschafft ha-
ben, ihre Vorstellungen zur Schaffung wettbewerbsfähi-
ger Strukturen in Wissenschaft und Forschung zu Papier
zu bringen.
(Beifall der Abg. Ulrike Flach [FDP] – Jörg
Tauss [SPD]: Das war aber eine Gemeinheit!)
Sie gehen damit grundsätzlich in die richtige Rich-
tung.
Als Bildungs- und Forschungspolitikerinnen und -po-
litiker wissen wir alle schon lange, dass unsere Hoch-
schulen nicht nur hoffnungslos unterfinanziert sind, son-
dern dass sie vor allem durch Überbürokratisierung,
Gängelung und staatlich verordneter Verkrustung ausge-
bremst werden. Hilft Ihr Antrag den Hochschulen groß
weiter? Von Wettbewerb, Freiheit und Autonomie der
Hochschulen findet sich wenig. Entbürokratisierung
– eine der ganz dringlichen Forderung der Wissen-
schaftsszene – kommt in Ihrem Antrag nicht vor. Statt-
dessen wollen Sie die Gängelung der Forschung fest-
schreiben,
(Jörg Tauss [SPD]: Bitte?)
die Sie nun leider schon seit Jahren betreiben. Wo bleibt
das in unserer Verfassung garantierte Recht auf Freiheit
der Forschung? Indem Sie Ihre Forschungsförderung
ideologisch einseitig gestalten, haben Sie bereits bedeu-
tende zukunftsorientierte Forschungsbereiche wie etwa
die Kernenergieforschung weitgehend platt gemacht.
(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Was hat das
mit den Tarifverträgen zu tun? – Dr. Ernst
Dieter Rossmann [SPD]: Sind Sie beim fal-
schen Tagesordnungspunkt?)
Mit Ihrem Antrag schränken Sie ein, wo Freiheit zu ge-
ben ist. Sie wollen regeln, wo zu entriegeln ist. Sie haben
gefragt: Was hat das mit dem Thema zu tun? Ihr Antrag
heißt nicht: Einsetzung eines Wissenschaftstarifvertrages,
sondern der Titel lautet: „Schaffung wettbewerbsfähiger
Strukturen in Wissenschaft und Forschung“. Dazu ge-
hört einiges mehr. Das, was Sie, Frau Berg, eben darge-
stellt haben, findet sich in Ihrem Antrag allenfalls am
Rande wieder.
(Ute Berg [SPD]: Das ist gar nicht wahr! – Ute
Kumpf [SPD]: Sie müssen alles lesen, auch
zwischen den Zeilen, Frau Dominke!)
Was beinhaltet Ihr Antrag konkret, soweit sich über-
haupt etwas Konkretes finden lässt? Meine Redezeit er-
laubt es mir nur, einige wenige Punkte zu nennen. Sie
fordern zum Beispiel Bund und Länder auf, „den von der
Bundesregierung eingeschlagenen erfolgreichen Weg
der programmorientierten Förderung mit den dafür er-
forderlichen Flexibilisierungsmaßnahmen konsequent
weiter zu verfolgen.“
(Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut!)
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as heißt das? Soll die Bundesregierung etwa so weiter-
achen wie bisher und den eingeschlagenen Weg wei-
erverfolgen? Da sei Gott vor.
(Beifall bei der CDU/CSU)
ollen Sie, dass der Bundestag den Ländern vorgibt,
ie sie die Hochschulen zu finanzieren haben? Da sei
um wiederholten Mal das Bundesverfassungsgericht
or. Was sind die „erforderlichen Flexibilisierungsmaß-
ahmen“? Etwa die tarifvertraglichen Regelungen, die
hren Antrag ohne nähere Spezifizierung durchziehen?
a sind dann im Endeffekt leider die Gewerkschaften
or.
Sie fordern „die qualifizierte Durchlässigkeit für
achhochschulabsolventen“? Was meinen Sie damit?
achen Sie doch lieber Ernst damit, das Fachhoch-
chulstudium als vollwertiges Studium anzuerkennen,
o wie es hochschulrechtlich mit allen Konsequenzen
odiert ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
ann brauchen Sie keine „qualifizierte Durchlässigkeit“,
as immer Sie damit auch meinen.
(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Was halten
Baden-Württemberg und Bayern davon?)
Ihr Antrag, verehrte Kolleginnen und Kollegen von
PD und Grünen, kommt zu einem Zeitpunkt auf den
isch, an dem wir alle gespannt darauf warten, ob die
undesregierung ihre Blockadehaltung in der Föderalis-
uskommission endlich aufgibt und sich bewegt
(Jörg Tauss [SPD]: Das ist unglaublich! – Ute
Berg [SPD]: Dummes Zeug!)
der ob sie wegen ihres Geierns auf die Bildungs- und
ochschulpolitik die gesamte Föderalismuskommission
cheitern lässt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Peter
Kemper [SPD]: Wer hat Ihnen das denn aufge-
schrieben?)
hr Antrag erweckt den Eindruck, als wollten Sie mit al-
er Macht den Starrsinn Ihrer Ministerin untermauern,
ie sich einfach nicht damit abfinden kann, dass sie nicht
erechtigt ist, die Hochschulen mit zentralistischen De-
ailregelungen zu überziehen. Etwas anderes, Substanti-
ertes, steht in Ihrem Antrag leider nicht.
Statt beizeiten zu handeln und durch Vorlage eines
chlüssigen Konzeptes eine tragfähige Ausgangsbasis
ür die dringend notwendige Diskussion zu schaffen, lie-
ern Sie jetzt ein solches Nullum ab. Sie begnügen sich
it der Aufzählung einiger vager Einzelmaßnahmen und
älzen im Übrigen die Verantwortung auf die Länder
b, denen Sie Blockade vorwerfen. Sie sollten aufhören,
en Ländern verfassungswidrige Knüppel zwischen die
eine zu werfen, und stattdessen lieber Ihrer Finanzver-
ntwortung nachkommen. Entlassen Sie die Länder und
ie Hochschulen aus bundesstaatlicher Gängelei! Geben
ie den Hochschulen die Autonomie, die sie brauchen,
m sich dem nationalen und internationalen Wettbewerb
u stellen.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14005
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(B) )
Vera Dominke
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und
der FDP – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]:
Tiefsinnige Gedanken!)
Wenn Sie nicht wissen, wie das geht – offensichtlich
wissen Sie das nicht oder wollen das nicht wissen –,
(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Wir wis-
sen gar nichts! Wir sind doof!)
dann nehmen Sie sich unseren Antrag vom 27. April die-
ses Jahres vor. In diesem Antrag ist unter dem Titel „Mit
Innovationen auf Wachstumskurs – eine einheitliche
Strategie“ in allen Einzelheiten aufgezeigt, wie wir un-
sere Hochschulen, unsere Forschung und unsere Wissen-
schaft wieder nach vorne bringen können.
In diesem Sinne wünsche ich allen ein gesegnetes
Weihnachtsfest.
(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]:
So was Peinliches habe ich schon lange nicht
gehört!)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich erteile das Wort Hans-Josef Fell, Bündnis 90/Die
Grünen.
Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Frau Dominke, eigentlich wollte ich zur Wahrung des
beginnenden weihnachtlichen Friedens gar nicht auf Ihre
Kritik eingehen, die im Wesentlichen das Thema verfehlt
hat. Auf einen Punkt möchte ich aber doch hinweisen:
Wenn Sie behaupten, dass die Hochschulen hoffnungslos
unterfinanziert seien – was ich für falsch halte –, dann
frage ich mich, wie Sie das mit der alleinigen Finanzie-
rungskompetenz der Länder korrigieren wollen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Wenn Sie dieses Thema wirklich ernst nähmen, dann
müssten Sie die in der Föderalismuskommission durch
Ihre Ministerpräsidenten aufgebaute Blockade endlich
beenden und dem Bund mehr Kompetenzen im Hoch-
schulbau und in den anderen Bereichen geben. Ansons-
ten wird sich Ihre Befürchtung in noch viel stärkerem
Maße bewahrheiten.
(Beifall bei der SPD)
Dies ist nur ein Aspekt. Die anderen Aspekte will ich gar
nicht ansprechen.
(Jörg Tauss [SPD]: Das lohnt sich nicht!)
Wir sprechen heute bereits zum zweiten Mal inner-
halb kürzester Zeit über die Arbeitsbedingungen in For-
schung und Lehre. Nicht allein das zeigt, wie wichtig
diese Bedingungen für den Wissenschaftsstandort
Deutschland sind. In der letzten Sitzungswoche haben
wir die so genannte Reparaturnovelle verabschiedet, mit
der wir das Rechtsvakuum beseitigt haben, das durch das
Juniorprofessururteil entstanden war. Freilich ging es
dabei nur um die möglichst schnelle Herstellung von
Rechtssicherheit für alle Betroffenen.
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Wir wollen aber mehr. Wir wollen die Befristungsre-
eln des Hochschulrahmengesetzes, das allgemeine Ar-
eitsrecht und die tariflichen Regelungen für die Wis-
enschaft harmonisch aufeinander abstimmen. Unser
iel ist: Wir wollen eine dauerhafte Beschäftigung in
orschung und Lehre unterhalb der Professur praktisch
rmöglichen. Derzeit ist das nur zum Teil der Fall. Die
ochschulen und Forschungseinrichtungen fürchten,
ass sich der wissenschaftliche Nachwuchs auf
nbefristete Stellen einklagt.
Der Entschließungsantrag der Koalition zur Repara-
urnovelle greift diese Problematik in erfreulicher Weise
uf. Wir haben uns verpflichtet, spätestens bis Ende
006 zu einem entsprechenden Ergebnis zu kommen.
er nächste Schritt ist nun die Einführung eigener tarif-
icher Regelungen für Forschung und Lehre gemein-
am mit den Tarifpartnern. Ob dies nun als eigenständi-
er Wissenschaftstarifvertrag oder als Spartenfenster
nnerhalb eines reformierten Tarifvertrages für den öf-
entlichen Dienst geschieht, ist für uns zweitrangig. Das
irklich Wichtige daran ist, auf welchem Weg wir mög-
ichst viel Selbstbestimmung für die Wissenschaft errei-
hen. Die Ausgestaltung der Arbeits- und Qualifika-
ionsbedingungen wie auch der Befristungsregelungen
oll nach grünen Vorstellungen weitgehend in die Hände
er Tarifpartner überführt werden.
Der Antrag der Koalition nimmt auch zwei wichtige
lemente auf, die für uns besonders wichtig sind: Ers-
ens betont er die Rolle der Hochschulen und For-
chungseinrichtungen bei den Tarifverhandlungen. Un-
erer Meinung nach müssen sie an maßgeblicher Stelle
n den Verhandlungen teilnehmen. Betroffene zu Betei-
igten machen, heißt hier unsere Devise. Zweitens sollen
ie Tarifparteien auch über angemessene Lösungen für
tudentische Hilfskräfte beraten. Es geht uns um pra-
isnahe Regelungen für die Beschäftigung von Studie-
enden, die derzeit von Land zu Land völlig unterschied-
ich behandelt werden und selbst kaum eine Lobby
aben.
Der Antrag der Koalition folgt der Überzeugung, dass
ie Wissenschaft wie kein anderer öffentlich finanzierter
ereich im internationalen Wettbewerb steht. Er folgt
er Überzeugung, dass Forschung und Lehre weitestge-
ende Autonomie in der Setzung ihrer Rahmenbedin-
ungen brauchen, um sich entfalten zu können, und er
olgt der Überzeugung, dass sich die Arbeitsbedingun-
en in der Wissenschaft ganz erheblich von denen in der
ffentlichen Verwaltung unterscheiden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Im Gegensatz zu Ihnen, liebe Kolleginnen und Kolle-
en von der Opposition, gehen wir aber von einem
rundsätzlich öffentlich finanzierten Hochschulsystem
us. Das ist wohl der fundamentale Unterschied zur FDP,
ie im Zusammenhang mit dem Wissenschaftstarifver-
rag offensichtlich mit der völligen Privatisierung der
ochschulen liebäugelt. Die damit einhergehende Öko-
omisierung der Bildungs- und Forschungsinteressen
önnen und wollen wir uns nicht leisten.
14006 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Hans-Josef Fell
Wir müssen an unseren Hochschulen auch Themen er-
forschen und lehren lassen, die sich vielleicht nicht in
barer Münze auszahlen, die aber für unsere gesamte Ge-
sellschaft gut und wichtig sind. Dafür brauchen wir die
staatliche Grundfinanzierung der Hochschulen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Solange dies so ist, wird es immer eine – wenn auch
noch so minimale – Anbindung an den öffentlichen
Dienst geben. Das liegt in der Logik der Sache.
Weil wir in diesem Hohen Hause alleine nichts aus-
richten können, wenn es um konkrete Tariffragen geht,
freue ich mich, dass auch aus der Reformkommission für
den öffentlichen Dienst positive Signale für den Wissen-
schaftstarif zu vernehmen sind. Offenbar kommen die
Verhandlungen gut voran.
(Vorsitz: Präsident Wolfgang Thierse)
Aber leider sind die Länder nicht daran beteiligt. So-
lange die Tarifgemeinschaft der Länder, die bislang für
alle Bundesländer einheitlich verhandelt hat, ernsthafte
Auflösungserscheinungen zeigt, kann es die hier drin-
gend erforderliche bundeseinheitliche Lösung nicht ge-
ben. Deshalb appelliere ich insbesondere an die Minis-
terpräsidenten der Union: Kehren Sie an den
Verhandlungstisch zurück! Verzichten Sie auf einseitige
Maßnahmen wie Arbeitszeiterhöhungen und verhelfen
Sie dieser wichtigen Reform für die Zukunftsfähigkeit
Deutschlands zum Erfolg!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Für heute freuen wir uns erst einmal vorweihnachtlich
darüber, dass der Weg zum Wissenschaftstarifvertrag un-
umkehrbar beschritten ist.
Ich wünsche an dieser Stelle allen Kolleginnen und
Kollegen ein schönes, gutes und gesegnetes Weihnachts-
fest.
(Beifall bei der SPD)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile Kollegin Ulrike Flach, FDP-Fraktion, das
Wort.
(Jörg Tauss [SPD]: Frau Flach, enttäuschen
wenigstens Sie uns jetzt nicht!)
Ulrike Flach (FDP):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht
um Hirn.
(Zuruf von der SPD: Na, na!)
Deswegen habe ich Ihnen ein gut verpacktes Hirn mitge-
bracht, das allerdings nicht echt ist, sondern aus Kunst-
stoff.
Es geht, wie gesagt, um Hirn, und zwar um das Hirn
der Akademiker, die wir in diesem Land halten müssen.
Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es die
FDP war, die vor zwei Legislaturperioden darauf hinge-
wiesen hat, dass dies nur mithilfe geeigneter Wissen-
schaftstarifverträge möglich ist.
(Beifall bei der FDP)
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Insofern freue ich mich, liebe Kolleginnen und Kolle-
en von der SPD und den Grünen, dass Sie nun endlich
ach fast zwei Jahren dieser neuen Legislaturperiode et-
as vorlegen, was wir in jeder Debatte zu dem Thema
ingefordert haben. Das ist ein Weihnachtsgeschenk,
elches wir Liberalen im Gegensatz zur CDU/CSU gou-
ieren, annehmen und in den von uns mitregierten Län-
ern entsprechend umzusetzen versuchen.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie des
Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN] – Jörg Tauss [SPD]: Das ist die
richtige Einstellung!)
Wir wissen, dass wir das starre Recht der Laufbahn-
ruppen und die altersbezogenen Zulagen nicht länger
rauchen. Wir brauchen endlich ein leistungsabhängiges
ehalt. Das ist die Kernaussage Ihres Antrags. Ich bin
llerdings ebenso wie Frau Dominke der Meinung, dass
ie Überschrift nicht besonders gut dazu passt. Mir geht
s aber in diesem Fall um den Inhalt. Sie werden dafür
nsere Unterstützung erhalten. Wir wollen einen Wis-
enschaftstarifvertrag und appellieren an dieser Stelle
och einmal an die Länder, endlich an den gemeinsamen
isch zurückzukehren.
Ich will in diesem Zusammenhang noch einmal beto-
en, Frau Berg, dass es uns nicht um eine Regelung im
AT geht. Das wissen Sie auch. Die FDP steht für den
ampf um einen eigenen Wissenschaftstarifvertrag, den
ir durchsetzen wollen. Das würden wir notfalls auch
it Ihnen gemeinsam tun.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
Lassen Sie mich aber noch etwas ansprechen, über
as wir gemeinsam diskutieren sollten. Was Ihren An-
rag angeht, ist zu bedenken, ob die Aufwertung erfah-
ungsbezogener Kriterien nicht zu einer neuen Alterszu-
age unter einem neuen Etikett führen wird. Darüber
ürden wir gerne mit Ihnen diskutieren.
Wir sind auch nicht sicher, ob die Leistungsbezogen-
eit im Professorenbesoldungsreformgesetz aus dem
ahr 2002 tatsächlich zu unserer Zufriedenheit ausgestal-
et wurde. Sie geht unserer Ansicht nach nicht weit ge-
ug. Im Zusammenhang mit dem Thema Bewährungs-
ufstieg werden wir intensiv darüber diskutieren, ob wir
ie negative Einschätzung teilen, die Sie in Ihrem An-
rag zum Ausdruck bringen.
Trotzdem möchten wir unterm Strich, dass Frau
ulmahn in ihrem Kampf mit Herrn Schily gestärkt
ird. Deshalb werden wir Sie bei diesem Antrag unter-
tützen. Wir halten ihn für das eigentliche Hindernis auf
nserem Weg.
(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Nein! Es
ist diesmal gar nicht so schlimm!)
Wir werden auch noch einmal an unsere Freunde in
er CDU/CSU appellieren, sich in den von ihnen regier-
en Ländern dafür einzusetzen, dass endlich wieder ge-
einsame Verhandlungen zustande kommen.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14007
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(B) )
Ulrike Flach
(Marion Seib [CDU/CSU]: Daran sind aber
andere schuld! Das sind nicht die Länder! Wir
sind verhandlungsbereit!)
Das ist der Weg zu einer wettbewerbsorientierten Wis-
senschaftslandschaft. Ich glaube, dass wir alle gemein-
sam dies erreichen werden. Sie haben einen erstaunli-
chen Antrag vorgelegt, den wir fast uneingeschränkt
unterstützen können.
Zum Abschluss dieses Jahres wünsche ich Ihnen
schöne Weihnachtstage, einen guten Rutsch und uns al-
len gute Debatten im nächsten Jahr.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Sehen Sie,
Frau Dominke, so macht man das! – Hans-
Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Das ist weihnachtlicher Frieden!)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegen Hans-Peter Kemper,
SPD-Fraktion.
Hans-Peter Kemper (SPD):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Frau Dominke, ich möchte auf Ihre Rede inhaltlich nicht
näher eingehen; das hat schon der Kollege Fell getan.
Nur so viel: Sie haben mit dem Satz geendet, dass Sie
Wissenschaft und Forschung wieder nach vorne bringen
wollen. Ich glaube, mit solchen Plattitüden und pole-
misch vorgetragenen Ausführungen bringen Sie Wissen-
schaft und Forschung nicht weiter nach vorne. Im Ge-
genteil: Sie zerstören die gemeinsame Basis, die wir
bisher in diesem Bereich gehabt haben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Wir haben einen Antrag vorgelegt, der zum einen der
Notwendigkeit von Neuregelungen und zum anderen der
Forderung der Wissenschaft nach einem eigenen Tarif-
vertrag Rechnung trägt. Innovationen in Wissenschaft
und Forschung sind ein zentrales Thema für die Zukunft
Deutschlands. Wir brauchen, wenn wir im internationa-
len Wettbewerb bestehen wollen, die besten Köpfe sowie
die besten Hochschulen und Forschungseinrichtungen,
die für exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissen-
schaftler attraktiv sein müssen. Diese kommen nicht zu
uns, weil wir so nette Leute sind – obwohl das Grund ge-
nug wäre –, sondern nur, wenn es entsprechende Anreize
gibt. Diese schaffen wir mit unserem Antrag. Vorausset-
zung dafür sind gute und unbürokratische Forschungsbe-
dingungen, mehr Flexibilität, stärkere Leistungsorientie-
rung sowie ein modernes und effektives Management
und nicht zuletzt eine stärker leistungsbezogene Bezah-
lung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Vera
Dominke [CDU/CSU]: Sprüche!)
Mit der Reform der Professorenbesoldung haben
wir im Jahre 2002 einen ersten Schritt getan, um leis-
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ungsbezogene Elemente in das System einzubauen. Das
esetz enthält bereits solche Elemente für besondere
eistungen. Wir wollen nun eine qualifizierte Durchläs-
igkeit zwischen Fachhochschulen und Universitäten.
enn ich das richtig in Erinnerung habe, entspricht das
uch Ihren Forderungen. Das Gesetz wird darüber hi-
aus auch den Forderungen der übrigen Beschäftigten in
issenschaft und Forschung nach modernen und wis-
enschaftsspezifischen Arbeitsbedingungen gerecht. Die
rforderlichkeit flexibler, leistungsorientierter und wett-
ewerbsfähiger Tarifregelungen für Hochschulen und
ußeruniversitäre Forschungseinrichtungen ist völlig un-
estritten.
Unser vorliegender Antrag ist wichtig für die Wissen-
chaft. Es hat eine ganze Zeit gedauert, da Fachleute und
nsbesondere der Wissenschaftsrat einbezogen worden
ind. Ich glaube, die überwiegende Mehrheit dieses Hau-
es ist sich darüber einig, dass wir mehr Flexibilität bei
er Arbeitszeit, bei den Verwendungsmöglichkeiten der
eschäftigten, bei Nebentätigkeiten und insbesondere
ei der Bezahlung brauchen. Erfahrungs-, leistungs- und
rfolgsorientierte Kriterien müssen stärker in den Vor-
ergrund treten.
Es ist aber auch klar: Die Arbeitsbedingungen für die
eschäftigten in Wissenschaft und Forschung werden
icht vom Deutschen Bundestag, sondern von den Tarif-
arteien bestimmt. Dabei spielen die Länder – das ist ja
isher von jedem Redner angesprochen worden – eine
entrale Rolle. Es wird sich jetzt zeigen, welche Rolle
ie tatsächlich spielen werden, ob sie sie bis zum bitteren
nde austesten werden und unter Umständen ein wichti-
es Reformprojekt zu Fall bringen werden.
(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)
ie Tarifregelungen sind Ländersache. Auch bei den au-
eruniversitären Forschungseinrichtungen sind die Län-
er maßgeblich beteiligt.
Bei der Reform der Professorenbesoldung hat sich al-
erdings gezeigt, dass die Bereitschaft der Länder, diesen
ichtigen Reformschritt mitzugehen, relativ gering ist.
ir müssen hier gemeinsam noch eine Menge tun und
uf die Länder dahin gehend einwirken, dass sie die
hancen nutzen, die wir ihnen mit der Reform der Pro-
essorenbesoldung gegeben haben.
(Jörg Tauss [SPD]: Nur die SPD-regierten
Länder haben das umgesetzt!)
egen der notwendigen Vernetzung von Hochschulen
nd außeruniversitären Forschungseinrichtungen brau-
hen wir für beide Bereiche einheitliche Regelungen.
ies haben sich die Tarifparteien auch vorgenommen.
Eine Modernisierung ist für den Wissenschaftsbereich
icherlich besonders wichtig. Bedarf besteht jedoch glei-
hermaßen auch in den anderen Bereichen des öffentli-
hen Dienstes. Im Rahmen der letzten Lohnrunde im Ja-
uar 2003 haben Bund, Länder, Kommunen und
ewerkschaften deshalb vereinbart, das Tarifrecht des
ffentlichen Dienstes insgesamt zu reformieren. Daher
st der von uns vorgelegte Antrag auch im Kontext mit
iner Gesamtreform des Tarifrechts zu sehen. So
14008 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Hans-Peter Kemper
zählen – Frau Flach, ich stimme Ihnen hier völlig zu –
Bewährungs- und Zeitaufstiege im öffentlichen Dienst
längst zu den überflüssigen und abzuschaffenden Relik-
ten der Vergangenheit. Wesentliche Forderungen des
Wissenschaftsbereichs entsprechen den allgemeinen Re-
formzielen in diesem Prozess und haben dementspre-
chend Eingang in die Verhandlungen gefunden. Die Ver-
handlungen tragen den Forderungen nach mehr
Flexibilität und nach einem stärkeren Leistungsbezug
Rechnung.
Diese positive Entwicklung ist zunächst durch das
Ausscheiden der im Wissenschaftsbereich hauptverant-
wortlichen Länder aus der Tarifgemeinschaft im Som-
mer dieses Jahres ins Stocken geraten. Ich bin froh, dass
die Länder am letzten Mittwoch Vernunft gezeigt und
sich auf die Fortsetzung der Kultusministerkonferenz ge-
einigt haben. Ich glaube, das ist ein Schritt in die richtige
Richtung.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hans-
Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und
der Abg. Ulrike Flach [FDP])
Wir sollten auch angesichts des Weihnachtsfriedens
die Vorteile hervorheben und die gemeinsamen Ziele
umsetzen. Frau Dominke, vielleicht können wir auch
darauf verzichten, die Unterschiede in jedem Feld pole-
misch zu unterstreichen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU:
Oh!)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort der Kollegin Marion Seib, CDU/
CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Marion Seib (CDU/CSU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Kolle-
ginnen und Kollegen! Wichtig ist die Schaffung wettbe-
werbsfähiger Strukturen in Wissenschaft und Forschung.
Darüber sind wir einer Meinung. Für diesen Wettbewerb
sind hoch motivierte Wissenschaftler und Forscher eine
wichtige Voraussetzung. Auf der einen Seite trägt eine
sehr gute technische Infrastruktur zur besseren Arbeits-
motivation der Wissenschaftler bei, auf der anderen
Seite entsteht Motivation auch durch eine leistungsge-
rechte Bezahlung. Insoweit ist an dem Antrag von SPD
und Grünen nichts auszusetzen. Leider kommt er zur
Unzeit.
(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Wohl wahr!)
Die Föderalismuskommission scheiterte ergebnislos.
Wie es nun mit den Kompetenzen in der Hochschulpoli-
tik weitergeht, wird sich in den nächsten Monaten zei-
gen. Am 26. Januar 2005 wird das Bundesverfassungs-
gericht sein Urteil im Normenkontrollverfahren zur
Verfassungsmäßigkeit des Studiengebührenverbotes ver-
künden. Legt man die Juniorprofessurentscheidung zu-
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runde, wird es für Frau Bulmahn mit einer Niederlage
uf ganzer Linie enden.
Ich bin mir sicher, dass das Bundesverfassungsgericht
och einmal die dominierende Rolle der Länder im
ereich der Hochschulpolitik unterstreichen wird. Ange-
ichts dieser Umstände sind wir für einen parlamentari-
chen Schnellschuss im Bildungs- und Forschungsbe-
eich nicht zu haben. Bevor wir hier einem schnell
estrickten Antrag zustimmen, müssen die Rahmenbe-
ingungen klar sein, unter denen ein Wissenschafts-
arifvertrag ausgehandelt werden kann.
Anstatt im derzeitigen Schwebezustand von den be-
roffenen Tarifparteien einen Wissenschaftstarifvertrag
inzufordern, erscheint es mir sinnvoller, zuerst die hem-
enden Befristungsregelungen im Arbeitsrecht zu besei-
igen, um so wissenschaftlichen Nachwuchskräften auch
ach der zwölfjährigen Ausbildungs- und Qualifika-
ionsphase eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im
issenschaftsbereich anbieten zu können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Unseren Antrag, der für dieses Problem eine Lösung
ngeboten hat, haben Sie leider abgelehnt.
(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Kaltschnäuzig
abgelehnt!)
Sie machen es sich zu leicht, wenn Sie in Ihrem An-
rag und in Ihren Reden die Länder mit Vorwürfen über-
äufen. Ich zitiere aus Ihrem Antrag:
Die Bundesregierung ist aufgefordert, in Verhand-
lungen mit den Ländern dort herrschende Blocka-
den überwinden zu helfen.
Wer sind denn eigentlich die Blockierer? Es sind nicht
ie Länder, sondern die Gewerkschaften, allen voran
erdi, die mit ihren Forderungen ein Weiterverhandeln
nmöglich machen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Tarifgemeinschaft der Länder ist zu sofortigem
erhandlungsbeginn bereit. Tarifverhandlungen lau-
en aber üblicherweise ohne Vorbedingungen. Die Ge-
erkschaften nehmen keine Rücksicht auf die schwie-
ige Finanzsituation der Länder und die mittlerweile
klatanten Arbeitszeitunterschiede zwischen Beamten
nd Angestellten im öffentlichen Dienst. Verdi hat die
ündigung der Tarifbestimmungen zur Arbeitszeit zum
nlass genommen, die Gespräche mit den Ländern zur
arifreform auf Eis zu legen.
Ihr Antrag stellt im Übrigen die Wahrheit auf den
opf. Sie treffen damit Ihre eigenen Genossen und Par-
eifreunde auch in den sechs SPD-regierten Ländern. Sie
aben mit diesem Antrag ein glattes Eigentor geschos-
en.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was soll der Finanzminister von Schleswig-Holstein,
err Dr. Stegner, SPD, davon halten, wenn ihm die eige-
en Genossen ein derartiges Weihnachtsgeschenk unter
en Baum legen? Als zuständiges Vorstandsmitglied der
arifgemeinschaft der Länder für den Bereich Wissen-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14009
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Marion Seib
schaft versucht er seit Monaten vergeblich, den Ge-
sprächsfaden mit den Gewerkschaften wieder aufzuneh-
men.
(Jörg Tauss [SPD]: Das liegt doch nicht an den
Gewerkschaften, Frau Kollegin! Das ist doch
albern!)
Es ist wirklich erstaunlich, wie Sie so Ihre eigenen Leute
beschädigen und das mitten im Landtagswahlkampf in
Schleswig-Holstein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Reden Sie doch einmal mit Ihren Genossen im Nor-
den!
(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Der sitzt
hier!)
Der Erklärungsbedarf für diesen Antrag wird sicherlich
erheblich sein.
Präsident Wolfgang Thierse:
Kollegin Seib, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Tauss?
Marion Seib (CDU/CSU):
Nein, ich möchte zu Ende ausführen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Peter
Kemper [SPD]: Ich hätte dem Tauss auch
keine Zwischenfrage gestattet!)
In anderen Parteien hätte man in derartigen Situatio-
nen Zoff mit dem Parteivorsitzenden. Bei Ihnen unter-
schreibt der Parteivorsitzende einen solchen Antrag.
(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Peinlich!)
Offensichtlich weiß die rechte Hand nicht mehr, was die
linke tut.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter
Rossmann [SPD]: Das mussten Sie jetzt noch
einmal loswerden!)
Ich möchte daran erinnern, dass auch im Heimatland
von Herrn Müntefering, in Nordrhein-Westfalen, im
nächsten Mai Landtagswahlen stattfinden. Herr
Steinbrück wird sich sicherlich über diese Art der Wahl-
kampfhilfe freuen.
(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Hier wird
Wahlkampf gemacht!)
Bevor wir uns hier als Lastesel der Gewerkschaften
missbrauchen lassen, sollten die Tarifpartner unter eige-
ner Zuständigkeit die tarifrechtlichen Probleme in Wis-
senschaft und Forschung in Angriff nehmen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU –
Jörg Tauss [SPD]: Worüber reden Sie eigent-
lich? – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]:
Mein Gott, die alte Platte!)
Wir sollten uns hier nicht leichtfertig in die Tarifautono-
mie der Länder einmischen.
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Besten Dank und Ihnen allen ein frohes Weihnachts-
est.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf
rucksache 15/4519 zur federführenden Beratung an
en Innenausschuss und zur Mitberatung an den Haus-
altsausschuss und an den Ausschuss für Bildung, For-
chung und Technikfolgenabschätzung zu überweisen.
ibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht
er Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Kultur und Medien
(21. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-
ten Wolfgang Bosbach, Erwin Marschewski
(Recklinghausen), Günter Nooke, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Das gemeinsame historische Erbe für die
Zukunft bewahren
– Drucksachen 15/2819, 15/4191 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gisela Hilbrecht
Erika Steinbach
Dr. Antje Vollmer
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin
isela Hilbrecht, SPD-Fraktion, das Wort.
Gisela Hilbrecht (SPD):
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht hier um die
n § 96 des Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetzes
eregelte Kulturförderung. Wir haben bereits vor einem
alben Jahr an dieser Stelle ausführlich darüber debat-
iert. In der Zwischenzeit hat sich weder an dem Antrag
er CDU/CSU noch an unserer Position – das wird Sie
ahrscheinlich kaum überraschen – etwas geändert.
(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/
CSU]: Das ist aber sehr schade!)
Es haben sich aber, lieber Kollege Marschewski, ei-
ige Dinge ereignet, die eher unsere als Ihre Argumenta-
ion stützen.
In Ihrem Antrag beklagen Sie als Erstes die seit dem
ahr 2000 deutlich verminderte finanzielle Unterstüt-
ung der Landsmannschaften. Ich kann Sie verstehen.
ir klagen in dieser Zeit alle über fehlendes Geld. Das
ird aber wohl immer so bleiben und wir wissen alle,
ovon wir sprechen. Wir leben in Zeiten, wo Wünsch-
ares und Machbares nicht immer zusammenpassen.
14010 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Gisela Hilbrecht
In allen anderen Punkten, die Sie in Ihrem Antrag an-
gesprochen haben, bin ich nicht Ihrer Auffassung.
Ich möchte nun auf die Erkenntnisse, die meine Argu-
mente nachdrücklich stützen, zu sprechen kommen.
Ende November hat die Enquete-Kommission „Kultur in
Deutschland“ eine Anhörung zu diesem Thema durchge-
führt. Die Ergebnisse der Anhörung sind sehr auf-
schlussreich.
(Matthias Sehling [CDU/CSU]: Jawohl!)
Besonders interessant sind für mich die Stellungnah-
men der Landesmuseen gewesen. Die Praxisberichte för-
derten zutage, dass Ihre Kritik, liebe Kollegen von der
Union, in den meisten Punkten einfach nicht den Tatsa-
chen entspricht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias Sehling
[CDU/CSU]: Waren Sie in einer anderen An-
hörung?)
Fast unisono werden von den Leitern der Landesmu-
seen die Professionalisierung und Modernisierung als
äußerst erfolgreich bewertet. Die konsequente Orientie-
rung der Kulturarbeit an wissenschaftlichen Standards
wird ausdrücklich begrüßt. Dadurch hat die Erforschung
des Kulturerbes an unseren Hochschulen, aber auch
grenzüberschreitend an denen unserer östlichen Nach-
barn nachweislich größere Aufmerksamkeit gefunden.
Dies müsste für uns ganz besonders wichtig sein.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Gerade diese Erkenntnis macht die Arbeit zukunftssi-
cher, so wie wir es anstreben.
Die Union hat sich immer wieder massiv gegen die
Anbindung der Kulturreferenten an die Landesmuseen
gewandt; diese Anbindung war immer der Hauptkritik-
punkt. Die Praxis zeigt aber: Es wird nicht musealisiert
– in diesem Sinne äußern Sie sich in Ihrem Antrag –,
sondern es wird ein Stück wichtiger deutscher und euro-
päischer Geschichte auf lebendige Art und Weise ver-
mittelt.
(Matthias Sehling [CDU/CSU]: Und das im
Museum!)
Darum geht es uns. In der Regel werden die Ausstellun-
gen mit Veranstaltungen aller Art und mit Begegnungs-
reisen in die Bezugsregionen kombiniert. Der Erfolg ist
natürlich von den unterschiedlichen Landsmannschaften
abhängig. Auch von ihrer Seite muss Engagement ge-
zeigt werden.
(Matthias Sehling [CDU/CSU]: Daran fehlt es
nicht!)
Strukturell werden – auch das ist wichtig – ganz neue
Zielgruppen erreicht; denn die Kulturarbeit ist in die all-
gemeine Bildungsarbeit eingebunden. Darüber müssen
sich doch eigentlich alle freuen; schließlich erhöht sich
dadurch der Stellenwert der Kulturarbeit insgesamt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
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Es müsste Sie aber vollends überzeugen, dass selbst
ertreter der Landsmannschaften – es kommt natürlich
arauf an, welcher – die Arbeit der Kulturreferenten lo-
en, wenn auch meist hinter vorgehaltener Hand.
Präsident Wolfgang Thierse:
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Marschewski?
Gisela Hilbrecht (SPD):
Ja, bitte.
Erwin Marschewski (Recklinghausen) (CDU/CSU):
Frau Kollegin Hilbrecht, zuerst einmal herzlichen
ank dafür, dass Sie diese Fragen recht gründlich behan-
eln. Dennoch habe ich eine Frage an Sie: Warum ist es
o, dass 21 Landsmannschaften der Vertriebenen das
onzept der Bundesregierung wirklich in Bausch und
ogen ablehnen?
(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Das kann ich Ih-
nen sagen! Das wissen Sie aber selber!)
Gisela Hilbrecht (SPD):
Lieber Kollege Marschewski, ich habe eben darauf
ingewiesen, dass sie es eben nicht mehr in Bausch und
ogen ablehnen, sondern dass sie es hinter vorgehalte-
er Hand meist sogar loben. Auch die Landsmannschaf-
en wissen jetzt, dass das ihre Chance ist, eine sehr quali-
izierte und zukunftssichere Kulturarbeit zu leisten.
(Jörg Tauss [SPD]: Die Experten reden ganz
anders!)
Die Landsmannschaften sind von der Breitenarbeit
brigens nicht ausgeschlossen, wie es uns immer wieder
orgeworfen wird. Sie arbeiten gemeinsam mit den Kul-
urreferenten an der Realisierung der unterschiedlichen
rojekte. Mehr noch: Wie Sie, Kollege Marschewski,
issen, sitzen die Landsmannschaften in den Aufsichts-
remien der Museen, wo sie über Haushalte, Pläne, Kon-
epte usw. mitberaten und mitentscheiden. Auch das ist
ine qualitative Veränderung in dieser Arbeit.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Eckhardt
Barthel [Berlin] [SPD]: Was nicht ohne Pro-
bleme ist!)
Unserer veränderten Konzeption liegt eine politische
ntscheidung zugrunde. Diese Entscheidung werden wir
icht zurücknehmen. Diese Entscheidung geht nämlich
enau in die richtige Richtung. Die Landsmannschaften
eisten nach wie vor eine hervorragende ehrenamtliche
rbeit. Aber es kann einfach nicht eine politische Auf-
abe des Bundes sein – ich werde jetzt ganz konkret –,
eimatstuben zu fördern.
(Matthias Sehling [CDU/CSU]: Genau das
auch! – Erwin Marschewski [Recklinghausen]
[CDU/CSU]: Aber nicht nur Museen!)
ch sage das nicht verächtlich. Dort wird eine tolle eh-
enamtliche Arbeit geleistet.
(Matthias Sehling [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14011
(A) )
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Gisela Hilbrecht
Dennoch kann die Förderung von Heimatstuben keine
Aufgabe des Bundes sein.
(Jörg Tauss [SPD]: Ja!)
Ich komme zum Schluss. Ich möchte mit einem weit
verbreiteten Missverständnis aufräumen. Dieses Miss-
verständnis ist mit dem Begriff Vertriebenenkultur ver-
bunden. Unser Gesetzesauftrag nach § 96 Bundesver-
triebenengesetz ist es eben nicht, die Kulturarbeit der
Vertriebenen oder für die Vertriebenen zu fördern. Unser
Auftrag ist es, das kulturelle Erbe der Herkunftsregionen
zu sichern und im Bewusstsein – hören Sie zu! – des ge-
samten deutschen Volkes einschließlich der Vertriebenen
und auch des Auslandes zu halten. Genau das gelingt uns
mit unserer neuen Konzeption wesentlich besser. Des-
halb wird es Sie nicht überraschen, dass wir Ihren An-
trag ablehnen.
(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/
CSU]: Sehr schade ist das!)
Wir stehen nach wie vor zu unserer Neukonzeption und
wir laden Sie dazu ein, bei ihrer Umsetzung mitzuma-
chen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile Kollegen Matthias Sehling, CDU/CSU-
Fraktion, das Wort.
Matthias Sehling (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und
Kollegen! Neben dem zur Abstimmung stehenden An-
trag der CDU/CSU-Fraktion „Das gemeinsame histori-
sche Erbe für die Zukunft bewahren“ geht es äußerlich
um die Frage, ob sich die von der Bundesregierung im
Jahr 2000 im Alleingang beschlossene „Konzeption zur
Erforschung und Präsentation deutscher Kultur und Ge-
schichte im östlichen Europa“ bewährt hat oder nicht.
Tatsächlich steckt inhaltlich viel mehr dahinter, unter an-
derem die Frage, ob es in dieser Zeit des europäischen
Zusammenwachsens und des Aufeinander-Zugehens
sachlich richtig sein kann, Kulturarbeit der Vertreibungs-
gebiete unter Ausgrenzung der Hauptbetroffenen, der
Vertriebenen, gestalten und fördern zu wollen.
(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/
CSU]: Sehr wahr! Das ist das Problem!)
Die Position der Union lautet: Die Kulturarbeit der
Vertreibungsgebiete kann weder ganz ohne die Heimat-
vertriebenen noch ganz allein durch die Heimatvertrie-
benen selbst geleistet werden. Verehrte Frau Vorredne-
rin, wir sind uns darüber einig: Es ist nicht Sache der
Heimatvertriebenen allein.
Die Konzeption der Bundesregierung aus dem Jahr
2000 sagt aber in der Tendenz Nein zur Mitarbeit der
Heimatvertriebenen. Diese Haltung der Bundesregie-
rung entspricht nicht mehr dem Stand der öffentlichen
Diskussion. Die Konzeption ist deshalb schon vier Jahre
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ach ihrem Wirksamwerden veraltet und muss eigentlich
ringend erneuert werden.
Der Umfang der ehrenamtlich geleisteten Arbeit
eht im Übrigen weit über das hinaus, was Bund und
änder offiziell über § 96 Bundesvertriebenengesetz för-
ern. Wir stehen hier vor einer beispielhaften Bandbreite
on soziokultureller Breitenarbeit, die den Staat bei sei-
er Pflichtaufgabe nach § 96 wesentlich entlastet. Allein
n Nordrhein-Westfalen – das haben wir schon bei der
ereits erwähnten Anhörung in der Enquete-Kommis-
ion gehört – sind 56 ostdeutsche Heimatsammlungen
nd Heimatstuben auf örtlicher Ebene bekannt. Für den
udetendeutschen Bereich sind bundesweit etwa 120 sol-
her örtlichen und regionalen Heimatsammlungen auf-
elistet. Niemand – das wurde da auch bekannt – kennt
ie genauen Zahlen. Eine realistische Schätzung dürfte
rgeben, dass es bundesweit etwa 500 bis 600 privat
urch Vereine geführte oder innerhalb kommunaler Mu-
een betriebene Heimatsammlungen gibt, die ehrenamt-
ich betreut werden.
Die kulturelle Breitenarbeit der Heimatvertriebenen,
ie ich jetzt ausdrücklich betonen möchte, besteht übri-
ens auch aus einer Vielzahl ortsbezogener Heimatzei-
ungen und Heimatblätter mit Titeln wie „Karlsbader
eitung“, „Karlsbader Badeblatt“ oder auch „Heimat-
rücke“ für die ostpreußische Stadt Goldap in der Ro-
inter Heide.
Das heißt für die CDU/CSU-Fraktion: Wir reden bei
er Kulturarbeit der Vertreibungsgebiete – wohlgemerkt:
s geht nicht um die Kulturarbeit der Vertriebenen –
icht nur von den wenigen großen öffentlich geförderten
inrichtungen, sondern auch von einer fast unüberschau-
aren Vielzahl von kleinen Sammlungen und Heimat-
lättern. All das ist in der Konzeption der Bundesregie-
ung leider nicht einmal erwähnt.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Neben diesen ehrenamtlichen Elementen spielen die
om Bund geförderten überregionalen Landesmuseen
nd die von den Ländern unterstützten Regionalmuseen
owie die überregionalen Forschungseinrichtungen und
tiftungen eine eigene Rolle. Es ist selbstverständlich,
ass es da eine Förderungshierarchie geben muss. Inso-
ern ist auch das Stichwort Regionalisierung nicht als
chlecht zu bewerten.
In der Konzeption der Bundesregierung vom August
000 wird dieses von mir erwähnte ehrenamtliche kultu-
elle Geschehen aber überhaupt nicht zur Kenntnis ge-
ommen, nicht einmal erwähnt, allenfalls in seiner Be-
eutung heruntergespielt, wenn in einem kurzen Absatz
es Konzepts ausschließlich von den wenigen Kulturre-
erenten die Rede ist, die jetzt auf die vier Landesmu-
een und den Adalbert Stifter Verein verteilt sind. Dies
erdeckt, dass bis zur Neukonzeption – das hat der Kol-
ege Marschewski ansprechen wollen – Kulturreferenten
n größerer Zahl die kulturelle Breitenarbeit bei den Ver-
änden organisieren konnten. Vor dem Beschluss der
undesregierung im Jahr 2000 zu dieser Neukonzeption
äre eigentlich eine reale Bestandsaufnahme der
ulturarbeit insgesamt erforderlich gewesen. Diese
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Matthias Sehling
Bestandsaufnahme wurde versäumt, war offenbar auch
nicht gewollt.
So bleibt jedenfalls heute die Erkenntnis: Eine umfas-
sende statistische und wissenschaftliche Aufarbeitung
der derzeit geleisteten kulturellen Breitenarbeit fehlt und
ist angesichts des gesetzlichen und im Einigungsvertrag
bekräftigten Förderauftrags des § 96 Bundesvertriebe-
nengesetz eigentlich dringend erforderlich.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
Kollegen, das wesentliche Anliegen unseres Antrages ist
daher die stärkere Einbeziehung der Heimatvertriebe-
nen in die Kulturarbeit der Vertreibungsgebiete. Die
Konzeption der Bundesregierung aus dem Jahre 2000
ist, wie ich erwähnt habe, aufgrund tendenziell gegen-
läufiger Haltung leider überholt. Sie nimmt nicht auf
– vielleicht konnte sie das auch noch nicht aufnehmen –
die mittlerweile erreichte breite Diskussion in der deut-
schen Öffentlichkeit über die Bedeutung der Vertrei-
bung, über die Opferrolle der zwölf Millionen aus dem
Osten vertriebenen Deutschen, nämlich aus Schlesien,
aus Ostpreußen, aus dem Sudetenland und dem Kar-
patengebiet, aus dem donauschwäbischen Raum, aus
Bessarabien oder aus anderen ehemals deutschen Sied-
lungsgebieten.
Günter Grass hat sich damit in seiner Novelle „Im
Krebsgang“ auseinander gesetzt. Der „Spiegel“ gab
2002 ein Sonderheft heraus. Die Zeitschrift „GEO“ hat
das jetzt im November zum Titelthema ihrer Ausgabe
gemacht. Auch in Fernsehdiskussionen, in Dokumenta-
tionssendungen wie in denen von Professor Guido
Knopp im ZDF oder in Hörfunkreihen wie vor kurzem
im Deutschlandradio widmet man sich diesem Thema.
Der Publizist Ralph Giordano, Karl Kardinal Lehmann,
die Publizistin Helga Hirsch, der ehemalige Vorsitzende
des Zentralkomitees der deutschen Katholiken Professor
Hans Maier und der ehemalige SPD-Vordenker Profes-
sor Peter Glotz, sie alle diskutieren über die Ursachen
und Folgen der Vertreibung. Nur die Bundesregierung
setzt in ihrer Kulturarbeitskonzeption weiterhin auf Aus-
grenzung und Nichtbeachtung der Heimatvertriebenen,
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg.
Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])
und das gerade beim wichtigsten Anliegen, bei der
Bewahrung der kulturellen Identität. Ich frage Frau
Staatsministerin Weiss und ihren zuständigen Abtei-
lungsleiter, wer da den Zug und den Anschluss verpasst
hat.
(Gisela Hilbrecht [SPD]: Na, na!)
Frau Vizepräsidentin Antje Vollmer sah in ihrem Bei-
trag bei der Erstberatung dieses Antrages hier im Mai
ausschließlich positive Wirkungen der Konzeption der
Bundesregierung, die institutionelle Änderungen, die
Einführung des Regionalprinzips und angeblich eine ef-
fizientere Verteilung der Gelder zum Ziel hat. Das ge-
naue Gegenteil ist jedoch der Fall.
(Jörg Tauss [SPD]: Das ist doch nicht wahr!)
Aufgrund der Mittelstreichungen unter dem Vorwand,
institutionelle Änderungen vornehmen zu wollen, ist je-
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enfalls die zentrale kulturelle Breitenarbeit der Lands-
annschaften praktisch und wohl auch plangemäß zum
rliegen gekommen.
(Gisela Hilbrecht [SPD]: Das kann ich so nicht
bestätigen!)
as gilt zum Beispiel wegen des Fördermittelentzugs für
ie Kulturstiftung der Vertriebenen oder auch für den
stdeutschen Kulturrat. Es ist im Übrigen schlicht
ugenwischerei und völlig sachfremd, Museumswis-
enschaftler pro forma mit Aufgaben der kulturellen
reitenarbeit wie Chorabenden und Volkstanzveranstal-
ungen beauftragen zu wollen. Darin sind wir uns ja
ohl eigentlich einig.
Ein weiteres Stichwort der Bundesregierung war die
ffizientere Verteilung der Gelder. Was das heißt, ver-
hrte Frau Vollmer, haben wir ja seit 1998 gesehen. Die
undesregierung hat die Gelder gemäß § 96 des Bundes-
ertriebenengesetzes von ehedem 23,5 Millionen Euro
m die Hälfte auf nur noch 12,9 Millionen Euro im
aushalt 2005 zusammengestrichen. Ob die teilweise
eitere Umverteilung der verbliebenen Bundesgelder
ach § 96 von Kultureinrichtungen der Vertriebenen auf
ndere Einrichtungen kompetenzrechtlich nach dem
rundgesetz zulässig ist, erscheint, verehrte Frau
ollmer, angesichts des Gutachtens des Verfassungs-
echtlers Professor Silagi wegen des Grundsatzes der en-
en Auslegung von Spezialermächtigungen äußerst
weifelhaft.
Die Heimatvertriebenen waren im Übrigen die Ersten
ach dem Fall des Eisernen Vorhangs, die den Kontakt
n die alte Heimat suchten und weiterhin suchen, und
war ganz ohne Regierungsauftrag. Vorbildlich ist zum
eispiel die Landsmannschaft Ostpreußen, die kürzlich
hren 4. Kommunalpolitischen Kongress in Allenstein
eranstaltete, zu dem 35 polnische Oberbürgermeister,
andräte und Bürgermeister sowie 30 ostdeutsche Hei-
atkreisvertreter zusammenkamen.
(Jörg Tauss [SPD]: Wer hat das bezahlt? – Ge-
genruf des Abg. Erwin Marschewski [Reck-
linghausen] [CDU/CSU]: Wahrscheinlich die
IG Metall!)
eine Nachhilfe in Verständigungsarbeit brauchen auch
ie Kultureinrichtungen der Vertriebenen: So veran-
taltet zum Beispiel zurzeit das Egerland-Museum
arktredwitz gemeinsam mit dem tschechischen Kreis-
useum in Karlsbad wieder einmal eine grenzüber-
chreitende Ausstellung.
(Gisela Hilbrecht [SPD]: Das ist ja das, was
wir wollen! – Jörg Tauss [SPD]: Sie haben
doch gesagt, es tut sich nichts mehr!)
s ist also nichts Neues, dass solche Dinge vorkommen.
(Zuruf von der SPD: Dagegen sagt ja keiner
was!)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Konzeption
at aber darüber hinaus auch systematische Fehler, die
ch noch kurz ansprechen möchte. Diese Konzeption
chrieb im Jahr 2000 einfach die damals bestehende
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14013
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Matthias Sehling
Zahl der Landesmuseen fest. Die mindestens drei beste-
henden Lücken – auch das ist in der Anhörung bekannt
geworden – wurden nur in einem Fall gemildert: Für den
Bereich der deutschen Heimatvertriebenen aus den balti-
schen Staaten ist eine Zusatzabteilung beim Ostpreußi-
schen Landesmuseum vorgesehen. Völlig leer gingen die
großen Gruppen der Sudetendeutschen und der Russ-
landdeutschen aus. Auch hier muss die Konzeption
nachgebessert werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Wir brauchen endlich ein zentrales sudetendeutsches
Museum. Für den Bund gibt es – außer den nicht einge-
planten Finanzmitteln natürlich – gemäß der selbst defi-
nierten Zuständigkeit für überregionale Landesmuseen
eigentlich keinen sachlichen Grund, ein solches Vorha-
ben nicht alsbald in die Wirklichkeit umzusetzen. Statt
zum Beispiel die Finanzmittel aus den Krankenkassen
der Ostpreußen und der Sudetendeutschen aus der bishe-
rigen Treuhänderschaft des Bundes sang- und klanglos
im allgemeinen Bundeshaushalt verschwinden zu lassen,
wie das zurzeit im Sozialrechts-Verwaltungsverein-
fachungsgesetz geplant ist, könnten diese Mittel viel
sinnvoller sachnah und gruppennah als Grundstock für
die fehlenden Landesmuseen verwendet werden.
Meine Damen und Herren, unser Antrag spricht da-
von, den Vollzug der Konzeption bis zu einer Neurege-
lung auszusetzen. Die Konzeption der Bundesregierung
muss überarbeitet werden. Sie muss jetzt auch den Bei-
tritt der europäischen Nachbarstaaten berücksichtigen,
sie muss, wie vom Bundesrat am 15. Oktober beschlos-
sen, europäische Finanzmittel bei der EU abfordern und
sie muss – das ist heute unser Hauptanliegen – unter Be-
teiligung der Heimatvertriebenen völlig neu gefasst wer-
den.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegin Antje Vollmer, Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der
FDP: Bitte keine Vorschusslorbeeren!)
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es
scheint in Zeiten, die für uns alle sehr hart sind – dafür
spricht der gesamte heutige Tagesablauf mit den Diskus-
sionen in Brüssel und im Bundesrat –, ein schönes Zei-
chen von Normalität zu sein, dass wir, seit ich im Bun-
destag bin, zu diesem Thema einen ähnlichen Antrag
fast jedes Jahr beraten. Ich begrüße das, weil ich solche
Normalität immer begrüße. Nur kann ich, lieber Herr
Kollege Sehling, den tiefen Ernst Ihrer Sorge nicht ganz
verstehen;
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
denn die Hälfte Ihrer Rede drehte sich doch darum, dass
sich die Debatte so wunderbar entfaltet habe, mit Teil-
nehmern, die es früher nicht gegeben habe, dass es in der
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ffentlichkeit jede Menge Berichte über die Vertreibung
ebe,
(Matthias Sehling [CDU/CSU]: Positive Ent-
wicklung!)
ass sich die alten Fronten auflösten, dass neue Kombat-
anten hinzukämen. Das alles zeugt doch davon, dass
as, was wir gemacht haben, sich nicht etwa zuunguns-
en dieses Themas ausgewirkt hat, sondern es möglicher-
eise von alten Schlacken befreit hat.
(Beifall bei der SPD)
Wenn Sie sagen, es gebe bis heute kein sudetendeut-
ches Museum, dann muss ich wirklich einmal nachfra-
en. Ihre Fraktion hat doch eine enge Beziehung zu
iesem Thema. Sollte es dem bayerischen Ministerpräsi-
enten – dem Ministerpräsidenten des Landes, das sich
afür besonders verantwortlich führt – in nun immerhin
0 Jahren Nachkriegsgeschichte noch nie eingefallen
ein, das zum Thema zu machen?
(Matthias Sehling [CDU/CSU]: Das ist doch
nach der Konzeption Bundesangelegenheit! –
Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/
CSU]: Nach 96 und Konzeption eindeutig
Bundessache!)
ass Sie jetzt diesen ganz dringenden Bedarf haben,
önnen Sie, glaube ich, nicht überzeugend dokumentie-
en. Wenn das plötzlich von denjenigen gefordert wird,
ie sich in 60 Jahren nie darum gekümmert haben – auch
elmut Kohl hat sich dafür nicht eingesetzt – ist, glaube
ch, der Druck nicht so groß.
Ich weiß – da habe ich einen guten Einblick, weil ich
m Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds bin –, dass
ir ungeheuer viele Projekte gerade der Sudetendeut-
chen fördern. Dadurch wird auch der Charakter des
eutsch-tschechischen Dialoges mit geprägt. Das ent-
pricht der Grundkonzeption der Staatsministerin, der
ch nun in unser aller Namen noch einmal ganz herzlich
anken möchte. Meine Fraktion und ich sind mit dieser
eukonzeption wirklich sehr zufrieden.
(Beifall bei der SPD)
Mit der Neukonzeption wurde die Absicht verfolgt,
ie Mittel etwas effektiver einzusetzen, Doppelungen zu
ermeiden, eine große Öffnung, die wir alle begrüßen,
u erreichen und die junge Generation in die Debatte
ber die Kultur der Gebiete, in denen einmal Deutsche
elebt haben, mit einzubeziehen.
Wenn sich, wie Sie sagten, Vertriebenenverbände und
ürgermeister in den polnischen Gebieten treffen, dann
eigt das, dass wir auf einem richtigen Weg sind.
(Zuruf von der SPD: Richtig! – Gegenruf von
der CDU/CSU: Aber nicht mit der Konzep-
tion!)
nsbesondere das Konzept der Verjüngung ist ein richti-
er Weg. Eine der Hauptabsichten unserer Konzeption
ar, den Vertriebenenverbänden eine Brücke in Rich-
ung des neuen Europas, also in Richtung einer neuen
ffnung, zu bauen. Sie wissen doch selbst, dass es
14014 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Dr. Antje Vollmer
bestimmte Abschottungen gegeben hat. Viele haben ver-
sucht, an dieser Öffnung zu arbeiten – die einen etwas
heftiger und die anderen etwas werbender. Durch unsere
Konzeption vor Ort ist es möglich, dass sich die Vertrie-
benen endlich dem Dialog mit anderen Gruppen stellen,
was alle – gerade die jungen Leute – als ganz große Be-
freiung empfinden. Denn nun wird manches Eingeschlif-
fene innerhalb dieser geschlossenen Gesellschaft aufge-
brochen.
Ich bleibe dabei: Es besteht keine Notwendigkeit, die-
ses Konzept zu ändern. Es hat sich bewährt und hat, wie
ich finde, sehr interessante kulturelle Neuerungen ge-
bracht. Mit ihm wird gerade das erzeugt, was sich in ei-
nem neuen Europa alle wünschen, nämlich dass man
nach den Wurzeln der eigenen Kultur, aber auch nach
den Unterschieden zwischen den jeweiligen Kulturen
fragt. Man will also nicht eine einheitliche Kultur, son-
dern will auch die Spuren der europäischen Geschichte,
auch wenn sie teilweise sehr schmerzlich ist, entdecken
und sich ihrer erinnern.
In diesem Sinne freue ich mich über die Konzeption.
Wahrscheinlich werden Sie nächstes Jahr wieder einen
entsprechenden Antrag stellen und es werden ähnliche
Reden gehalten werden.
(Horst Kubatschka [SPD]: Dann wissen wir,
dass es Weihnachten ist!)
Aber auch dann werde ich sagen: Die Dinge sind normal
und sind auf einem guten Wege.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegen Hans-Joachim Otto,
FDP-Fraktion.
Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP):
Frau Kollegin Dr. Vollmer, Sie sprachen davon, dass
es ein Zeichen von Normalität ist, dass wir uns zum wie-
derholten Male veranlasst sehen, über dieses Thema zu
sprechen. Nun, im Zusammenhang mit § 96 BVFG gibt
es seit dem Jahre 1997 eine Kürzung der Fördermittel
um mehr als die Hälfte.
(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/
CSU]: Sehr wahr!)
Wir sind nicht bereit, diese Form von „Normalität“ hin-
zunehmen. Deswegen sind diese Debatten notwendig.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU –
Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Wie hoch
waren denn vorher die Summen?)
– Die Summen kann ich Ihnen nennen: 1997 waren es
27 Millionen Euro und im Jahre 2005 werden es gerade
noch 12,9 Millionen Euro sein. Ich habe schon richtig
gerechnet, dass die Kürzung mehr als 50 Prozent beträgt.
Frau Kollegin Hilbrecht, Sie haben ja Recht, wenn
Sie sagen, dass das Thema, über das wir heute sprechen,
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icht nur die Betroffenen, also die Vertriebenen, sondern
ns alle angeht. Aber gerade weil das so ist, müssen wir
afür Sorge tragen, dass die nach § 96 BVFG geförderte
ulturarbeit nicht vorrangig zu einer Aufgabe von
issenschaftlern und Museumsleuten wird. So wichtig
ie Bewahrung und Erforschung der Kultur und der Ge-
chichte der Vertriebenen und der Vertreibungsgebiete
uch ist: Sie darf sich nicht auf eine Musealisierung des
ergangenen beschränken, sondern sie muss vor allem
ie ehrenamtliche kulturelle Breitenarbeit fördern.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
ass in diesem Bereich die größten Kürzungen vorge-
ommen werden, widerspricht allen Zielen, deren Errei-
hung Sie immer wieder fordern.
(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])
ch meine, da muss in der Tat eine Anpassung des Kon-
eptes erfolgen.
(Beifall bei der FDP)
Gerade vor dem Hintergrund der europäischen Eini-
ung und in einer Zeit, in der ein Großteil der Vertrei-
ungsgebiete Teil der Europäischen Union geworden ist,
ind wir auf die Versöhnungsarbeit der Vertriebenen im
esonderen Maße angewiesen. Wer könnte besser zum
egenseitigen Kennenlernen von Deutschen auf der ei-
en Seite und Polen, Tschechen oder Rumänen auf der
nderen Seite beitragen als die Vertriebenen, die ganz im
inne von Marion Gräfin Dönhoff „ihre Heimat lieben,
hne sie zu besitzen“? Der Deutsche Bundestag ist ver-
flichtet, diese Bemühungen sowie insbesondere den
ustausch von Jugendlichen und das gegenseitige Ken-
enlernen angemessen zu fördern.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Durch die erhebliche Kürzung der Mittel für die Kul-
rarbeit der Vertriebenen durch die Bundesregierung
ird diese Aufgabe aber zumindest gefährdet; entspre-
hende Zahlen nannte ich schon. Ein Rückgang der Mit-
l um mehr als die Hälfte ist wirklich ein schwerer
chlag. Ich kenne keinen anderen Bereich im Haushalt,
o die Kürzungen so durchgreifend sind wie hier. Da-
inter verbirgt sich mit Sicherheit auch politische Ideo-
gie.
(Widerspruch des Abg. Jörg Tauss [SPD])
Meine Damen und Herren, wir unterstützen den An-
ag der CDU/CSU-Fraktion, obwohl wir meinen, dass
inige Punkte nicht so ganz richtig sind. Eine Rückkehr
u den Förderstrukturen, wie sie vor 2000 bestanden,
(Horst Kubatschka [SPD]: Hört! Hört!)
alte ich angesichts der weiteren Entwicklung für nicht
nbedingt geboten.
(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])
ber angesichts der ständigen Kürzungen der rot-grünen
oalition halten wir es für notwendig, ein Zeichen für
ie Vertriebenenarbeit, für diese Kulturarbeit zu setzen.
eswegen stimmen wir dem Antrag zu; denn die so
)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14015
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Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
genannte Neukonzeption darf nicht als Vorwand dafür
dienen, dass die Mittel für die Kulturförderung nach § 96
BVFG von Jahr zu Jahr weiter heruntergefahren werden.
Das ist der zentrale Grund, weshalb wir dem Antrag der
CDU/CSU-Fraktion zustimmen.
Danke schön.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Staatsministerin Christina Weiss.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Dr. Christina Weiss, Staatsministerin beim Bundes-
kanzler:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Europa, so
hat es der polnische Kunsthistoriker Andrzej Tomaszewski
gesagt, besitzt Regionen mit doppelter und mehr-
facher Kultur. Er beschreibt damit die Identität von
Gegenden, in denen während der längeren Geschichte
viele Völker und Angehörige unterschiedlicher Religio-
nen zusammenlebten.
In vielen Gegenden, in denen einst Deutsche behei-
matet waren und allenthalben sichtbare Spuren hinterlie-
ßen, bringen die jetzt dort lebenden Menschen dieser
Geschichte und Kultur sehr großes Interesse entgegen.
Sie begreifen dies als gemeinsames europäisches Kul-
turerbe ihrer Region, das es zu erhalten und zu pflegen
gilt.
Dies ist heute Teil einer neu entwickelten regionalen
Identität, die von Beginn an übernational-europäische
Züge aufweist. Das stelle ich immer wieder fest, erst
kürzlich bei meinem Aufenthalt in Siebenbürgen und in
Bukarest. Die Offenheit der Gesprächspartner, ihr En-
gagement für die deutsche Kultur und ihre zupackende
Art sind sehr beeindruckend.
(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/
CSU]: Rumänien ist ein gutes Beispiel! Das ist
wahr!)
Auch bei meinem Besuch in Breslau konnte ich erle-
ben, wie dort der Kulturraum Schlesien ganz selbstver-
ständlich erforscht wird und dabei die deutschen Wur-
zeln als geistige Werte anerkannt werden. Wir haben bei
dieser Gelegenheit verabredet, die Geschichte und Kul-
tur Schlesiens in deutsch-polnischen Kooperationspro-
jekten gemeinsam aufzuhellen.
(Beifall bei der SPD)
Die Teilung und Auftrennung des gemeinsamen Erbes
hatte beiden Seiten nur Verlust gebracht. Die Wiederver-
einigung des europäischen Kulturraums in diesem Jahr
bietet die Chance, endlich zu erkennen, was uns verbun-
den hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dialog ist gefragt und keine nationale Blickverengung!
Es geht darum, kulturelle und historische Verbindungen,
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ie in Jahrhunderten gewachsen sind, wieder aufzuneh-
en.
Die widernatürliche Spaltung des Kontinents durch
aziterror und Kalten Krieg ist Geschichte. An die
telle von Konfrontation und Abschottung treten jetzt
das muss auch so sein – Kooperation und Nachbar-
chaft.
(Beifall bei der SPD)
achbarschafts- und Freundschaftsverträge mit Po-
en, Tschechien, Ungarn, der Slowakei und Russland ha-
en das Fundament für ein neues und gemeinsames Ge-
chichtsverständnis und für eine gemeinsame kulturelle
ergewisserung gelegt.
Die Bundesregierung hat den Umwälzungen in Ost-
nd Mitteleuropa seit dem Fall des Eisernen Vorhangs
echnung getragen. Es war richtig, im Jahre 2000 die
ulturförderung des Bundes nach § 96 BVFG auf eine
eue Basis zu stellen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
eute lässt sich sagen, dass wir damit eine Erfolgs-
eschichte initiiert haben.
Die Bundesregierung misst dabei dem internationalen
issenschaftlichen Diskurs ebenso viel Bedeutung bei
ie der kulturellen Breitenarbeit. Dieser Ansatz folgt ei-
em umfassenden, erweiterten Geschichts- und Kultur-
egriff, der historische Belastungen nicht ausklammert
nd unterschiedliche Traditionen berücksichtigt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn wir die Erforschung und Erhaltung von Denk-
älern der Kultur und Geschichte der Deutschen im öst-
ichen Europa mit nicht unerheblichen Mitteln fördern
die Erhaltung von realen Denkmälern selbstverständ-
ich ebenso wie die von Denkmälern im geistigen Sin-
e –, so geschieht das nicht, um auf dem Wege der Kul-
urförderung unterschwellig nationale Interessen geltend
u machen. Vielmehr geht es darum, sich gemeinsam mit
nseren Partnern in Polen, Tschechien, Ungarn, Rumä-
ien und den baltischen Staaten mit unserer Geschichte
useinander zu setzen. Wir wollen einen Beitrag zur
ersöhnung leisten und unsere gemeinsame Kulturge-
chichte akzeptieren. In diesem Sinne ist auch das vom
olnischen Kulturminister Dabrowski und mir initiierte
Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität“, das
ich in Gründung befindet, zu verstehen.
(Beifall bei der SPD)
ieses Netzwerk sollte nicht nur auf Flucht und Vertrei-
ung im 20. Jahrhundert spezialisiert bleiben, sondern
uch die Erinnerung an das nationalsozialistische Re-
ime und die kommunistischen Diktaturen ebenso wie
ie Suche nach den historischen Wurzeln des National-
taates und der Wahnvorstellung seiner ethnischen Ho-
ogenität beinhalten.
Zum Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel
Das gemeinsame historische Erbe für die Zukunft be-
ahren“ ist anzumerken, dass sich die Bundesregierung
14016 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Staatsministerin Dr. Christina Weiss
engagiert für die sich aus § 96 des Bundesvertriebenen-
gesetzes ergebenden Verpflichtungen einsetzt. Durch die
Neukonzeption aus dem Jahr 2000 ist die Förderung im
Geiste der europäischen Verständigung neu justiert, sie
ist professioneller geworden. Niemand, der etwas von
der Sache versteht, wird ernsthaft eine Rückkehr zum
Status quo ante, wie es im Antrag der Opposition heißt,
für wünschenswert halten.
(Beifall bei der SPD)
Insofern kommt die Bundesregierung ihrer Verantwor-
tung – anders, als es die Opposition in ihrem Antrag sug-
geriert – in vollem Umfang nach.
(Jörg Tauss [SPD]: So ist es!)
Der Vorwurf, die Kultureinrichtungen der Vertriebe-
nen würden ignoriert, zielt wirklich ins Leere, ebenso
wie die Behauptung, die Kulturarbeit würde zunehmend
den Museen überantwortet, wobei eine abwertende Mu-
sealisierung unterstellt wird. Meine Damen und Herren,
was für einen Museumsbegriff haben Sie?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Museen sind heutzutage Serviceeinrichtungen mit um-
fangreichem Veranstaltungsprofil. Sie sind offene, kom-
munikative Häuser. Gerade die Reform der Kulturarbeit
nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes hat in den
vergangenen Jahren zu einem Aufschwung der wissen-
schaftlichen Arbeit und der breitenwirksamen Vermitt-
lung geführt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich möchte nicht, dass wir den Prozess der europäi-
schen Integration verkennen und unsere alten, neuen
Partner vor den Kopf stoßen. In diesem Sinne, meine
Damen und Herren, kann ich diesem Antrag nicht viel
Gutes abgewinnen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Kultur und Medien auf Drucksache 15/4191
zum Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel
„Das gemeinsame historische Erbe für die Zukunft be-
wahren“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
Drucksache 15/2819 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
men von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die
Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Dr. Heinz Köhler,
Gabriele Lösekrug-Möller, Ulrike Mehl, weiterer
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Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg),
Volker Beck (Köln), Winfried Hermann, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Grünes Band als einzigartigen Biotopverbund
und als Erinnerungsstätte der deutschen Tei-
lung sichern
– Drucksachen 15/3454, 15/4220 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gabriele Lösekrug-Möller
Cajus Julius Caesar
Undine Kurth (Quedlinburg)
Angelika Brunkhorst
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile der Kollegin
abriele Lösekrug-Möller, SPD-Fraktion, das Wort.
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe
olleginnen und Kollegen! Was ist 1 393 Kilometer
ang, „liegt rum“ – wie kleine Kinder sagen würden –
nd ist die meiste Zeit grün? Die Antwort auf meine
rage liegt nahe: Es ist das Grüne Band.
Schon oft haben wir an dieser Stelle darüber gespro-
hen – immer positiv –, jedes Mal haben wir das Beson-
ere, die einmalige Chance betont, die das Grüne Band
ür Deutschland bietet. Ich nehme einmal an, so wird es
uch heute sein – und das nicht nur, weil Weihnachten
or der Tür steht. Von der Ostsee über Elbe und Harz bis
u den Mittelgebirgen Thüringens und Bayerns erstreckt
ich dieser in Europa einmalige Landstreifen. Ihm gilt
er Antrag der Regierungsfraktionen „Grünes Band als
inzigartigen Biotopverbund und als Erinnerungsstätte
er deutschen Teilung sichern“.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
ie Überschrift unseres Antrags beschreibt exakt, wo-
um es uns geht.
Was wissen wir über das Grüne Band? Wir kennen es
och als den unmenschlichen Grenzstreifen zwischen
st und West, den Todesstreifen, der lebensgefährlich
ar und deutsche Familien und Freunde trennte. Es ist
eil unserer deutschen Geschichte; schon deshalb ge-
ührt ihm eine besondere Beachtung. Ich empfehle je-
em, das heutige Infozentrum am ehemaligen Grenz-
bergang Marienborn zu besuchen. Nehmen Sie sich
eit, setzen Sie sich mit der Geschichte der DDR aus-
inander, mit dem Schicksal vieler, die flüchten wollten,
it denen, die die Flucht verhindern mussten, sowie mit
en Aus- und Einreisenden. Aber nehmen Sie sich auch
eit, jenen mehr als 100 Meter breiten Streifen kennen
u lernen, den wir heute das Grüne Band nennen. Er
uss erhalten werden, als Mahnmal; das ist das eine.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14017
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Gabriele Lösekrug-Möller
Aber er sollte auch erhalten werden, weil er eine einma-
lige, unwiederbringliche Chance für den Natur- und
Artenschutz in Deutschland bietet. Darin liegt kein Wi-
derspruch. Im Gegenteil, entlang des Grünen Bandes
gibt es 150 Naturschutzgebiete, in seiner Unter-Schutz-
Stellung liegt die Möglichkeit, das Einzigartige auf
Dauer zu erhalten. Viel wurde dafür bereits getan, aber
wir sind noch nicht am Ziel; daher unser Antrag und die
heutige Debatte.
Meine Damen und Herren, die Zeit ist zu schade, die
bisherige Entwicklung minutiös darzustellen. Deshalb
beschränke ich mich auf einige wesentliche Punkte: Ne-
ben besonderer Förderung der Naturschutzgroßprojekte
„Drömling“ in Sachsen-Anhalt und „Schaalseeland-
schaft“ in Schleswig-Holstein bzw. Mecklenburg-
Vorpommern gab es im Grenzgebiet zwischen Hessen,
Bayern und Thüringen eine Förderung des Biosphären-
reservates „Rhön“. Allein im Zeitraum von 1992 bis
1996 sind Fördergelder von insgesamt knapp
30 Millionen Euro geflossen. Zu den bereits erwähnten
150 Naturschutzgebieten werden weitere 40 hinzukom-
men; sie befinden sich in Planung. Noch zwei weitere
Zahlen: 28,4 Prozent des Grünen Bandes liegen inner-
halb eines Naturschutzgebietes, 38 Prozent der Flächen
sind als Natura-2000-Gebiete ausgewiesen.
Was wissen wir über die artenschutzfachlichen Quali-
täten? Das Bundesamt für Naturschutz führte 2001/2002
eine „Bestandsaufnahme Grünes Band“ durch. Ergebnis:
600 Tier- und Pflanzenarten der Roten Liste sind im
Grünen Band heimisch. Das soll so bleiben – mindes-
tens, finde ich. So könnten wir den Forderungsteil unse-
res Antrages bezüglich Natur- und Artenschutz zusam-
menfassen. Aus gutem Grund haben wir unsere
Forderungen jedoch präziser formuliert. Ich greife einen
kniffligen Punkt heraus: die kostenlose Flächenüber-
tragung. Sie war und ist die Basis des Erfolgs. Immer-
hin 11 000 Hektar umfasste das Paket; davon musste das
verwaltende Bundesfinanzministerium noch jene Flä-
chen abziehen, die mit Rückübertragungsansprüchen
nach dem Mauergrundstücksgesetz belegt sind. Zunächst
ließ sich dieses „Geschäft“ gut an. Viele Flächen wurden
auf die neuen Bundesländer übertragen, im Weiteren
gingen sie dann an Naturschutzverbände, die die Pflege
und Bewirtschaftung übernahmen. Das lief nicht immer
reibungslos – da wird mir der Kollege Caesar sicher
Recht geben –, aber überwiegend störungsfrei; wir wol-
len uns nicht mit den Details aufhalten, vielleicht hören
wir noch etwas dazu.
Nun drängen wir darauf, dass dieser Prozess zum Ab-
schluss kommt. Dabei erwarten wir, dass eine dingliche
Sicherung für Naturschutz bei jenen Gebieten erfolgt,
die in einem Naturschutzgebiet liegen; meines Erachtens
ist das eine berechtigte und sicher auch notwendige For-
derung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir wünschen uns aber auch, dass der Gesamtvor-
gang zügig abgeschlossen wird. Dabei gibt es eine an-
dere, in unserem Antrag nicht erwähnte Hürde, die ich
aber gerne zur Sprache bringe, weil ich natürlich hoffe,
dass wir sie dank unserer Debatte leichter überwinden
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erden: Ich hoffe, dass das Land Sachsen zustimmen
ird, dass die Berliner Grundstücke – zweifellos die
ertvollsten – kostenlos vom Bund an das Land Berlin
bgegeben werden können. Erst die Einvernehmlichkeit
ber diese Regelung gibt grünes Licht für die letzte
hase der Übertragung.
Damit sind wir bei einer weiteren wichtigen Forde-
ung. Wir wollen die Durchgängigkeit des Grünen
andes, den tatsächlichen Biotopverbund. An keiner an-
eren Stelle unserer Republik kann dies gelingen. Des-
alb bleiben wir an dieser Stelle hartnäckig.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, bisher war nur von Pflan-
en und Tieren, insbesondere den bedrohten und schüt-
enswerten, die Rede. Wir stellen uns das Grüne Band
edoch nicht als menschenfreie Zone vor. Wir wissen in-
wischen, dass Tourismus und Natur gut zusammenpas-
en, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Im Grünen
and können wir sie herstellen.
Rad- und Wandertourismus passen wunderbar in das
onzept. Ich hatte im Sommer Gelegenheit, dies auszu-
robieren. Dafür meiner Kollegin Kurth herzlichen
ank! Eine wunderschöne Landschaft, ein hoher Erho-
ungswert, aber oftmals keine ausreichende Infrastruk-
ur. Es fehlen Wander- und Radwege. Da, wo es sie gibt,
ind sie unzureichend miteinander verbunden. Es fehlen
eschilderungen. Die touristische Vermarktung steckt in
en Kinderschuhen. Hier liegen Potenziale für die Natur,
ür den Tourismus und für die Regionen.
Entlang des Grünen Bandes finden wir überwiegend
trukturschwache Gebiete, Regionen, in denen ein at-
raktives touristisches Angebot Arbeitsplätze hervorbrin-
en würde. Somit liegt hier eine Entwicklungschance.
Liegt der touristische Reiz im Vorhandensein einer in-
akten Natur, muss die wirtschaftliche Nutzung den Er-
alt dieses Wertes zum Ziel haben. Mit dem Wegfall der
eschäftsgrundlage käme auch der Tourismus zum Er-
iegen. Andere Regionen Deutschlands zeigen in zahlrei-
hen Projekten, dass Win-win-Situationen zu gestalten
ind. Auch dazu formulieren wir in unserem Antrag For-
erungen.
Meine Damen und Herren, stellen Sie sich bitte ein-
al die geographische Karte Europas vor! Das fällt uns
n diesen Tagen leicht. Wandern Sie mit mir am Grünen
and innerhalb Deutschlands entlang: von der Ostsee
ber Elbe und Harz bis zu den Mittelgebirgen Thürin-
ens und Bayerns. Und dann? Würden Sie nicht gern
eiterwandern, am ehemaligen Eisernen Vorhang ent-
ang?
Ein Grünes Band Europa ist im Kontext des erwei-
erten Europa eine denkbare Idee, ein machbares Projekt.
as Bundesamt für Naturschutz hat dazu gemeinsam mit
er IUCN, der Internationalen Naturschutzunion, eine
agung durchgeführt. In der dort verabschiedeten
onner Deklaration wird die Umsetzung gemeinsamer
aturschutzziele als Beitrag zur Überwindung der
14018 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Gabriele Lösekrug-Möller
historischen Trennung Europas bezeichnet. Dem ist
nichts hinzuzufügen.
Ich fasse zusammen: Das Grüne Band verbindet, das
Grüne Band schützt, das Grüne Band nützt – drei gute
Gründe, unserem Antrag zuzustimmen.
Weil es kurz vor Weihnachten ist, schenke ich den
Rest meiner Redezeit allen, die hier zuhören müssen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegen Cajus Julius Caesar,
CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Cajus Julius Caesar (CDU/CSU):
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Der Erhalt des Grünen Bandes und damit der früheren
Zonengrenze ist für uns alle eine sehr große Herausfor-
derung, der wir uns zu stellen haben. Für die Union ist es
ein einzigartiges Biotopverbundsystem und Mahnmal.
Wir wollen insbesondere das Geschichtsbewusstsein im
Hinblick auf Mauerbau, Todesstreifen und Menschen-
rechtsverletzungen eingebunden wissen. Das ist uns ein
Herzensanliegen.
(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN)
Mehrfach habe ich deshalb in meinen Reden darauf
hingewiesen – ich denke, wir waren uns hier parteiüber-
greifend einig –, dass diese große Herausforderung an-
genommen werden muss, dass wir hier Handlungsbedarf
haben und die Dinge gemeinsam voranzubringen sind.
Jedenfalls wir als Union wollen – auch durch die Unter-
stützung dieses Antrages und unsere Zustimmung zu
ihm – dazu beitragen, den Naturschutz in einer herausra-
genden Art und Weise zu berücksichtigen und damit ein
deutschlandweit einzigartiges und für Europa maßgebli-
ches Biotopverbundsystem einzurichten.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es handelt sich um ein wertvolles Biotopverbundsys-
tem. Ich will dazu einige Zahlen nennen: 131 Vogel-
arten, davon rund die Hälfte, nämlich 59, auf der roten
Liste; 40 Libellenarten, davon 26 auf der roten Liste;
600 Pflanzenarten, davon 120 auf der roten Liste. Da
lohnt sich der Einsatz.
1 393 km von Nord nach Süd durch Deutschland, von
der Ostsee bei Travemünde bis zum Dreiländereck bei
Hof – das ist eine enorme Entfernung. Ansonsten reden
wir über kleinflächigen Biotopschutz und kleinflächige
Biotopvernetzung. Deshalb lohnt es sich hier, sich in be-
sonders hohem Maße einzusetzen. Wir haben vorhin
schon einige Zahlen dazu gehört. Rund 60 Prozent der
Fläche sind bereits jetzt als Naturschutz- oder FFH-Ge-
biet ausgewiesen.
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Auch die Umweltminister Klaus Töpfer und Angela
erkel haben als unsere Unionspolitiker an der Spitze
aßgeblich dazu beigetragen, das Grüne Band zu schüt-
en, zu erhalten und zu entwickeln. Es lohnt sich, für ein
ebiet von 14 000 Hektar in besonderer Art und Weise
u streiten und einen entsprechenden Einsatz zu zeigen.
uch die seinerzeitige gemeinsame Erklärung der Um-
eltminister aus Thüringen, Hessen und Bayern – die
ollegen Ramsauer und Girisch werden das noch in be-
onderer Erinnerung haben – hat sich gelohnt. Sie hat
azu geführt, dass eine Reihe von Schutzgebieten ausge-
iesen wurden.
Ich denke, es ist wichtig, dass wir das, was schon ge-
chehen ist, weiter voranbringen und dass wir vor allem
ermeiden, dass der Finanzminister hier Einnahmemög-
ichkeiten sieht und deshalb zu weiteren Veräußerungen
ommen will. Das darf nicht passieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir müssen in besonderer Art und Weise dafür eintre-
en, den Biotopverbund voranzubringen.
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Wohl wahr!)
In diesem Zusammenhang sage ich auch einmal: Die
ersprechen an die Naturschutzverbände – den
ABU und andere –, die sich hier durch Patenschaften
nd mit ehrenamtlichem Engagement einsetzen, müssen
ingehalten werden. Darauf müssen wir als Union beste-
en.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
ch denke, dass es hier Handlungsbedarf gibt.
Leider wurden bis heute schon einige Flächen ver-
auft und werden jetzt intensiv bewirtschaftet, die bisher
xtensiv bewirtschaftet wurden. Es wäre schade für den
iotopverbund, wenn das zu einer Zerstückelung führen
ürde. Wir als Union wollen den Verkauf privater Flä-
hen stoppen. Wir wollen, dass der Verbund auf Dauer
ewährleistet wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
ir können feststellen: Die Defizite der Bundesregie-
ung haben bereits dazu geführt, dass Hecken, Busch-
erk und andere wichtige Landschaftselemente ver-
chwunden sind und dass Müll und Bauschutt abgelagert
erden. Die Kollegin Lösekrug-Möller hat es eben ge-
childert: Wer selbst vor Ort gewesen und gewandert
zw. mit dem Rad gefahren ist, weiß, dass es sich um ein
ußerordentlich attraktives Gebiet im Hinblick auf den
aturschutz und den Tourismus handelt. Es gibt aber na-
ürlich auch wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten
ür die Anrainerkreise und die Gemeinden, die es zu nut-
en gilt.
Für uns, die Union, ist es wichtig, die vor Ort leben-
en und arbeitenden Menschen einzubeziehen. Das kann
nsbesondere durch die wirtschaftliche Entwicklung im
usammenhang mit diesem wichtigen Naturschutzpro-
ekt geschehen. 15 Prozent der Flächen sind schon nicht
ehr naturschutzwürdig. Wir müssen zusehen, dass da-
über hinaus keine weiteren Flächen in Anspruch
enommen werden. Das kann zum Beispiel mit EU-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14019
(A) )
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Cajus Julius Caesar
Mitteln aus dem Kulturlandschaftspflegeprogramm
finanziert werden. Durch Vertragsnaturschutzmaßnah-
men können wir hier in besonderem Maße erfolgreich
sein.
Für die Union ist es aber auch wichtig, dass das Grüne
Band als Mahnmal für den Mauerbau und für Men-
schenrechtsverletzungen erhalten wird, die wir in diesem
Zusammenhang auf keinen Fall vergessen sollten. Des-
halb gilt es, das Grüne Band weiterhin als Mahnmal zu
betrachten und in Erinnerung an die Teilung Deutsch-
lands zu dokumentieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich glaube, dass es wichtig ist, noch einmal auf den
ehemaligen Grenzkontrollweg hinzuweisen. Dieser
Grenzkontrollweg wird als Kolonnenweg bezeichnet.
Seinerzeit wurde er zur militärischen Erschließung ge-
nutzt. Heute eröffnet er hervorragende Möglichkeiten für
die touristische Infrastrukturentwicklung, die wir in die-
sem Zusammenhang nicht vergessen sollten. Ich denke,
dass es für Deutschland mit seinen Naturschutzprojekten
und Schutzgebieten wichtig ist, darauf zu achten, dass
der Naturschutz und die touristische Entwicklung auch
im Hinblick auf Nationalparke, Biosphärenreservate und
das Grüne Band mehr als bisher betrachtet und vermark-
tet wird.
Biotopverbund und Naturschutzprojekte von heraus-
ragender Bedeutung wie das Grüne Band sollten wir ins-
besondere mit den Menschen vor Ort voranbringen. Es
geht darum, das Grüne Band zur Gedenkstätte in Erinne-
rung an den Todesstreifen zu entwickeln. Wir wollen,
dass die vielen touristischen Möglichkeiten, die hier auf
großer Fläche vorhanden sind – es sind, wie gesagt
14 000 Hektar, hinzu kommen die vielen sich daran an-
schließenden Bereiche, die weiter entwickelt werden
können –, mehr als bisher genutzt werden. Aber wir wol-
len die Erholung suchenden Touristen lenken. Das Mit-
einander von Naturschutz und Tourismus ist von beson-
derer Bedeutung. Wenn wir das erreichen, werden wir
auch erfolgreich sein.
Diese Chance wollen wir nicht vertun. Es kommt des-
halb darauf an, dass wir über Parteigrenzen hinweg die
entsprechenden Maßnahmen ergreifen, und zwar im In-
teresse unserer Bürger, aber insbesondere derer, die nach
uns kommen, unserer Kinder, damit sie eine intakte Um-
welt übernehmen können.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegin Undine Kurth, Bünd-
nis 90/Die Grünen.
Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf den Rängen! Die heu-
tige Beschlussfassung am letzten Tag der parlamentari-
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chen Beratungen in diesem Jahr ist eine Art vorgezoge-
es Weihnachtsgeschenk für uns alle. Eine vernünftige
ache wird – erfreulicherweise fraktionsübergreifend –
it Nutzen für den Naturschutz und den Tourismus zu
inem guten Ende gebracht.
Der vorliegende Antrag, den wir abschließend beraten
nd zu dem schon viel gesagt worden ist, soll sicherstel-
n, dass der frühere Todesstreifen entlang der innerdeut-
chen Grenze als ein lebendiges ökologisches Denkmal
rhalten bleibt, touristisch genutzt wird und zugleich in
iner ganz einzigartigen Weise an die Geschichte
eutschlands erinnert.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
abei geht es uns jetzt vor allem darum, die naturver-
ägliche Nutzung des Grünen Bandes durch Rad- und
andertourismus zu fördern, den Verlauf der Grenze zu
okumentieren und in geeigneter Weise auf die Ge-
chichte der Grenze aufmerksam zu machen. Warum tun
ir das eigentlich?
Kein anderes Naturschutzprojekt in Deutschland ist
erartig eng mit der deutschen Geschichte verknüpft wie
as Grüne Band. Nur durch die jahrzehntelange Abge-
chiedenheit dieser Region – auf der einen Seite durch
as Zonenrandgebiet und auf der anderen Seite durch
as so genannte Sperrgebiet – würde eine Landschaft er-
alten, die uns andernorts längst verloren gegangen ist.
er unmenschliche Grenzbereich hat während 40 Jahren
azu geführt, dass es einen Rückzugsraum für Tier- und
flanzenarten gab, die an anderen Orten längst ausge-
torben oder verdrängt sind.
Was für die Natur ein Glücksfall war, war für die
enschen mit viel Schmerz und Leid, mit tiefen unver-
esslichen Einschnitten in ihr Leben verbunden. Um
ich damit auseinander zu setzen, was ein diktatorischer
ingriff in Form einer erzwungenen Teilung des Landes
edeutet, braucht es Stätten der Erinnerung. Noch gibt
s Relikte dieser alten Grenze. Wachtürme, Befesti-
ungsanlagen und der so genannte Kolonnenweg sind
och in Teilen erhalten. Wir wollen sie weiter erhalten
nd in ein Gesamtkonzept Grünes Band einbinden. Das
rüne Band kann damit in einzigartiger Weise der Auf-
rbeitung und Vermittlung der jüngeren Geschichte die-
en.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Eines muss uns bedenklich stimmen: Wenn man
5 Jahre nach der Wende mit Jüngeren redet, können
anz viele mit unserer Geschichte kaum noch etwas an-
angen. Sie wissen nicht mehr, was es bedeutet hat, als
as Land geteilt war, und welche Auswirkungen das für
ie Menschen hatte. Hier besteht dringender Informa-
onsbedarf. Deshalb ist es so wichtig, dieses Projekt vo-
anzubringen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
bei der SPD und der CDU/CSU)
Wir wollen aber auch erreichen, dass die touristische
rschließung, vernetzt mit der Erinnerungsarbeit und der
aturschutzarbeit, die Wirtschaft der Region einen
14020 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Undine Kurth (Quedlinburg)
Schritt nach vorn bringt. An vielen einzelnen Punkten
sind sehr interessante Projekte entstanden. Diese brau-
chen aber ein touristisches Leitbild, eine Klammer, um
den Regionen auf Dauer wirtschaftliche Entwicklung
garantieren zu können. Das haben wir uns auf die Fah-
nen geschrieben. Deshalb ist es gut, dass wir heute zu ei-
nem Beschluss kommen.
Ich möchte daran erinnern, dass wir heute über das
Grüne Band nur deshalb reden und einen solchen Be-
schluss fassen können, weil das Bundesamt für Natur-
schutz in der vergangenen Legislaturperiode auf Initia-
tive unserer Fraktion im Grünen Band ein Projekt
durchgeführt hat, innerhalb dessen der naturschutzfach-
liche Wert des Grünen Bandes ermittelt wurde. Auf
Grundlage dieser Erkenntnisse wollen wir jetzt über
diese Bestandsaufnahme hinaus weitere Entwicklungs-
projekte formulieren, die gefördert werden können.
Zur europapolitischen Bedeutung ist schon etwas
gesagt worden. Das Grüne Band in Deutschland ist Teil
des Grünen Bandes in Europa, das auf 8 500 Kilometern
entlang des früheren Eisernen Vorhangs zeigt, dass Kul-
turen, Natur und Menschen, die früher durch diesen Ei-
sernen Vorhang getrennt waren, heute zusammenwach-
sen bzw. zusammenleben können und sich daraus eine
friedliche Zukunft entwickeln kann. Michael
Gorbatschow, der frühere Präsident der Sowjetunion, ist
Schirmherr dieses Projektes und unterstützt zusammen
mit Green Cross International das Grüne Band in Eu-
ropa.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Abschließend möchte ich würdigen, dass wir es frak-
tionsübergreifend geschafft haben – schon die Beratun-
gen in den Ausschüssen haben das gezeigt –, uns diesem
Thema zu widmen. Nur als Gemeinschaftsaktion von
Bund, Ländern und Kommunen, von Vereinen und von
Bürgerinnen und Bürgern vor Ort wird es uns gelingen,
das Ziel zu erreichen, das wir anstreben. Ich bitte Sie da-
her nicht nur um Ihre Zustimmung – ich freue mich, dass
es sie geben wird –, sondern ich bitte Sie auch, dieses
Projekt auf allen Ebenen, wo immer Sie können, zu un-
terstützen. Dann kann es uns sicher gelingen, dass aus
dem früheren Todesstreifen eine neue Lebenslinie wird.
In dieser Hoffnung bedanke ich mich für Ihre Auf-
merksamkeit und wünsche all denen, denen ich es nicht
persönlich sagen konnte, gesegnete Weihnachten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Präsident Wolfgang Thierse:
Danke schön. – Ich erteile das Wort Kollegin
Angelika Brunkhorst, FDP-Fraktion.
Angelika Brunkhorst (FDP):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
muss leider etwas Wasser in den Wein schütten. Das
wird Sie sicherlich nicht verwundern.
(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: In der Tat!)
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Warten Sie es ab. – Als ich diesen Antrag gelesen
abe, habe ich gedacht, dass das doch eigentlich die
iele sind, die schon in der Koalitionsvereinbarung
tehen. Muss sich Rot-Grün jetzt selbst daran erinnern
nd diesen Antrag stellen? Gut, wenn es hilft, dann soll
s so sein.
(Beifall bei der FDP – Michaele Hustedt
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man soll die
Erfolge feiern, wie sie fallen!)
In Ihrer Koalitionsvereinbarung steht, dass Sie
00 000 Hektar ökologisch wertvoller Flächen zur Si-
herung des nationalen Naturerbes an die östlichen Bun-
esländer verteilen wollten. 50 000 Hektar sollten unent-
eltlich und 50 000 Hektar zu einem angemessenen
reis übertragen werden. Dieses Projekt sollte explizit
em Grünen Band zugute kommen. Aus gesicherter
uelle ist uns allerdings bekannt, dass das BMU der Eu-
opäischen Kommission mittlerweile gemeldet hat, dass
ur noch 32 000 Hektar aus der Hoheit der Bodenver-
ertungs- und -verwaltungs GmbH, BVVG, unent-
eltlich abgegeben werden. Das ist doch sehr merkwür-
ig. Das sind widersprüchliche Zahlen. Die
aturschutzverbände haben dagegen Widerstand ange-
ündigt. Sie machen überzogene Versprechungen, die
ie nicht einhalten.
(Ulrich Heinrich [FDP]: Das macht die Regie-
rung immer!)
as muss einmal angesprochen werden. Fakt ist:
5 Prozent dieser Flächen sind in Bundesbesitz. Es liegt
lso an Ihnen, das zu regeln.
Das zweite Ziel, das Sie sich selbst gesetzt haben,
ämlich diese Naturschutzflächen insbesondere den
andesbehörden für Naturschutz und den Naturschutz-
erbänden für einen angemessenen Preis zum Kauf an-
ubieten, ist nicht in ausreichendem Maße erreicht wor-
en. Das hat jedenfalls der Naturschutzring vor kurzem
eklagt. Wir haben beim Projektbüro „Grünes Band“ an-
erufen, das uns folgende Zahlen genannt hat: Im Mo-
ent ist gut ein Drittel dieser Fläche, nämlich
77 Quadratkilometer, unter Schutz gestellt. 15 Prozent
ieses Gebietes sind mittlerweile aber dicht besiedelt
der durch andere Nutzung unbrauchbar für das Grüne
and, sodass diese Flächen nicht mehr zur Verfügung
tehen.
Ich meine, wir müssen das Ganze realistischer be-
rachten. Wir empfehlen Ihnen, bei den Flächen an Stel-
en, wo dies möglich ist, besser in die Breite zu gehen,
tatt zwanghaft 50 bis 200 Meter breite Streifen mitei-
ander verbinden zu wollen.
Wir können diesem Antrag nicht zustimmen und wer-
en uns der Stimme enthalten. Zwar begrüßen wir das
urchaus hehre Ziel eines Biotopverbunds im öffentli-
hen Interesse. Andererseits aber stören wir uns daran,
ass ehemaligen Eigentümern das Rückkaufsrecht pau-
chal verwehrt wird.
(Beifall bei der FDP)
Der Biotopverbund ist zwar aus naturschutzfachlicher
nd umweltpolitischer Sicht okay, aber wir sollten an der
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14021
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Angelika Brunkhorst
einen oder anderen Stelle der Realität stärker Rechnung
tragen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der FDP)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile Kollegen Georg Girisch, CDU/CSU-Frak-
tion, das Wort.
Georg Girisch (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Nach meinem Verständnis zeichnet sich Um-
weltpolitik vor allem durch nachhaltiges Handeln aus.
Deshalb begrüßen wir es, dass die Regierungsparteien
endlich erkannt haben, dass das Grüne Band eine histori-
sche Möglichkeit darstellt, innerhalb Deutschlands einen
Biotopverbund von Nord nach Süd zu schaffen.
(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Gleichzeitig ist das Grüne Band mit 1 393 Kilometern
der längste Biotopverbund in ganz Europa.
Wir als Union bekennen uns zu einem lebenswerten
Deutschland, zu dem auch eine artenreiche Umwelt ge-
hört.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dazu kann und muss auch das Grüne Band beitragen.
Deshalb werden wir auch dem Antrag der Regierungs-
fraktionen zustimmen.
Ich will an dieser Stelle dennoch kurz auf einige
Punkte eingehen, die aus meiner Sicht nicht unerwähnt
bleiben sollten.
Erstens. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass
wir 15 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs mit
dem Grünen Band in Deutschland noch nicht weiter
sind. Das liegt zum Teil daran, dass sich der Bund erst
2003 grundsätzlich bereit erklärt hat, die Flächen, die
sich noch in seinem Besitz befinden, den Ländern ohne
Entgelt zu übertragen. Darüber, dass dies viel früher
hätte geschehen müssen, sind sich viele Beteiligte – vom
Freistaat Bayern bis hin zum Bund für Umwelt und Na-
turschutz – einig.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zweitens. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass
wir diese Bundesregierung dazu auffordern müssen, ein
Grünes Band Europa entlang des früheren Eisernen
Vorhangs zu unterstützen. Dass dies notwendig ist, weiß
ich insbesondere deshalb, weil ich Direktabgeordneter
eines Wahlkreises mit einer rund 200 Kilometer langen
Grenze zur Tschechischen Republik bin. Ich sage Ihnen
ganz ehrlich: Wenn wir nicht schnell handeln, verspielen
wir eine historische Chance.
Die EU-Osterweiterung hat dazu geführt, dass auf
tschechischer Seite in unmittelbarer Grenznähe viel ge-
baut wurde und wird. Ich möchte ein Beispiel anführen,
das mich im vergangenen Jahr etwas skeptisch gemacht
hat. Auf tschechischer Seite wurde in unmittelbarer
Nähe zur Grenze und zum Wasserschutzgebiet einer
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tadt eine Tankstelle gebaut und genehmigt. Ich habe
ieses konkrete Projekt schon an vielen Stellen ange-
prochen, aber zu meinem Bedauern konnte ich den Bau
ieser Tankstelle in dem Verbund nicht verhindern. Die-
es Beispiel sollte uns zu denken geben. Hier besteht
och großer Handlungsbedarf. Auch deshalb hätte ich
ir eine deutlichere Formulierung im vorliegenden An-
rag gewünscht.
Ich will aber auch bewusst anerkennen, dass sich Rot-
rün mit ihrem Antrag dazu bekannt haben, dass Um-
elt und Wirtschaft besser miteinander im Einklang ste-
en müssen. Das Grüne Band in Deutschland und
uropa wird nur dann dauerhaft bestehen können, wenn
ie betroffenen Regionen daraus Vorteile ziehen können.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU so-
wie der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg]
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
eshalb müssen wir in diesen Regionen einen naturna-
en Tourismus entwickeln. Wir müssen zu einem ver-
ünftigen Umgang mit Wegebau und Tourismus einer-
eits und zum Schutz von besonders sensiblen Gebieten
ndererseits kommen.
Unser Ziel muss sein, dass das Grüne Band kein tren-
endes, sondern ein einigendes Band wird,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der
SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN)
nd zwar zwischen Mensch und Umwelt, zwischen den
lten und neuen Bundesländern, und zu einem einigen-
en Band in ganz Europa zwischen beiden Seiten des
hemaligen Eisernen Vorhangs.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der
SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN)
ierbei sind wir alle gefordert.
Der vorliegende Antrag ist nur der erste Schritt. Ich
ürde mich freuen, wenn noch weitere Schritte in Rich-
ung Grünes Band folgen würden.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
mpfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
nd Reaktorsicherheit auf Drucksache 15/4220 zu dem
ntrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die
rünen mit dem Titel „Grünes Band als einzigartigen
iotopverbund und als Erinnerungsstätte der deutschen
eilung sichern“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag
uf Drucksache 15/3454 anzunehmen. Wer stimmt für
iese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
er enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
timmen von SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grü-
en bei Enthaltung der FDP angenommen.
14022 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Präsident Wolfgang Thierse
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer
Funke, Rainer Brüderle, Dr. Karl Addicks, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Marktöffnung im Postmarkt schnellstmöglich
voranbringen
– Drucksache 15/4179 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)
Finanzausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung war für
die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Wie ich
gerade höre, sollen die Reden zu Protokoll gegeben wer-
den.1) Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
Dann kann ich die Aussprache schließen.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/4179 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Ich rufe die Zusatzpunkte 10 a und 10 b auf:
a) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Für eine Selbstverpflichtung öffentlich-rechtli-
cher und privater Rundfunksender zur Förde-
rung von Vielfalt im Bereich von Pop- und
Rockmusik in Deutschland
– Drucksache 15/4521 –
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Steffen
Kampeter, Günter Nooke, Bernd Neumann (Bre-
men), weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Musik aus Deutschland fördern – Für eine
freiwillige Selbstverpflichtung der Hörfunk-
sender zugunsten deutschsprachiger Musik
– Drucksache 15/4495 –
Ich hoffe, dass alle Rednerinnen und Redner mitbe-
kommen haben, dass wir diesen Tagesordnungspunkt
vorziehen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin
Monika Griefahn, SPD-Fraktion, das Wort.
Monika Griefahn (SPD):
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-
gen! Im März dieses Jahres bekam die junge Band „Wir
sind Helden“ drei der begehrten Echo-Auszeichnungen.
Die Folge war Erstaunen; denn nur wenige schienen mit
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n1) Anlage 2
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em Erfolg der damals noch ziemlich unbekannten Band
erechnet zu haben. Das lag zum Teil daran, dass man in
adio und Fernsehen fast nichts von dieser Gruppe hö-
en und sehen konnte, obwohl sie zu den besten deut-
chen Nachwuchsbands gehört. „Wir sind Helden“ ist
ur ein Beispiel aus einer großen Anzahl von erstklassi-
en Künstlern in Deutschland, die im Rundfunk eine nur
ehr untergeordnete Rolle spielen. Bemerkenswert er-
cheint mir in diesem Zusammenhang, dass am Dienstag
ieser Woche das „Hamburger Abendblatt“ diesen jun-
en Künstlern, die man fast gar nicht im Radio hört, die
anze Seite 3 gewidmet hat.
Wie kann es sein, dass Musiker wie Inga Humpe,
ax Herre, Till Brönner oder Veronika Fischer regelmä-
ig große Konzerthallen füllen, dass aber Radio und
ernsehen sie zu ignorieren scheinen? Die in Deutsch-
and produzierte Rock- und Popmusik macht im Radio
nsgesamt nicht mehr als 20 Prozent aus. Titel mit deut-
chen Texten werden sowieso noch viel weniger ge-
pielt. Man muss sich das einmal bewusst machen: Bei
iner Vielzahl der Sender besteht das Programm aus ei-
er Rotation von gerade 40 Titeln und davon ist im
chnitt nur 1 Prozent aus Deutschland.
Die Zahlen für die Öffentlich-Rechtlichen sehen zwar
esser aus als für die Privaten. Doch auch hier ist der
nteil noch zu gering. Nicht nur der öffentlich-recht-
iche Rundfunk hat einen Kulturauftrag zu erfüllen. Vo-
aussetzung für die Erteilung privater Lizenzen ist
chließlich in vielen Fällen ein ausgewogenes Pro-
ramm; denn die Bundesländer erteilen die Lizenzen
ostenlos. Wenn die Hörer davon nichts mehr finden, ist
s nur richtig, wenn sie und wir danach fragen.
In Großstädten mag das Problem nicht so stark auffal-
en, weil es ein breites Senderspektrum gibt. Doch wenn
ch im Auto durch meinen Wahlkreis fahre, höre ich im
adio nichts von der wunderbaren Vielfalt an Musik, die
ir in Deutschland haben und die ich zum Beispiel hier
n Berlin hören kann.
Ich weiß, dass einige sagen: Qualität setzt sich durch.
ber dafür müssen wir als Hörer auch die Möglichkeit
aben, Qualität wählen zu können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
ir möchten mit unserem Antrag erreichen, dass sich
lle Sender dazu verpflichten, zukünftig einen Anteil
on annähernd 35 Prozent deutschsprachiger bzw. in
eutschland produzierter Musik im Programm zu haben.
abei sollten mindestens 50 Prozent der Titel Neuer-
cheinungen sein, wodurch Nachwuchsmusiker endlich
ine größere Chance bekommen, von sich hören zu las-
en.
Es gibt eine Vielzahl ausgezeichneter Musik in die-
em Lande. Dies muss sich in einer möglichst breit gefä-
herten Auswahl an Titeln und Künstlern in den Pro-
rammen widerspiegeln. Außerdem sind spezielle
endeformate oder Wettbewerbe Möglichkeiten zur För-
erung unserer reichhaltigen Musiklandschaft.
Die Initiative „Musiker in eigener Sache“, in der sich
eben Jim Rakete, Udo Lindenberg, der Band „Pur“,
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14023
(A) )
(B) )
Monika Griefahn
Xavier Naidoo oder der Gruppe „Rosenstolz“ insgesamt
über 500 Musiker engagieren, hat einen tollen Anfang
gemacht. Sie waren diejenigen, die das Thema in die Öf-
fentlichkeit getragen haben, wodurch die Diskussion
stärker als zuvor in Gang gekommen ist.
Im September haben wir im Kulturausschuss gemein-
sam mit der Enquete-Kommission „Kultur in Deutsch-
land“ den Impuls aufgegriffen und eine gemeinsame
öffentliche Anhörung zu diesem Thema durchgeführt.
Ich denke, es ist deutlich geworden, dass sich die Mei-
nungen der Befürworter eines höheren Anteils von in
Deutschland produzierter Musik mit der Auffassung der
Rundfunkvertreter eher ergänzen, als dass sie ihr entge-
genstehen. Die Sender versuchen, herauszufinden, wel-
che Musik ihr Publikum gern hören möchte. Die Musi-
ker merken, dass das Interesse an ihrer Musik weitaus
höher ist als ihre Repräsentanz im Radio.
Dazu kommen gerade in letzter Zeit mehrere Umfra-
gen, die zeigen, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung
eine größere Vielfalt bei deutschsprachiger und in
Deutschland produzierter Musik im Rundfunk wünscht.
Das zusammen ergibt ein klares Bild. Es ist ein Appell
an die Sender, für dessen Umsetzung eine Selbstver-
pflichtung genau der richtige Weg ist. Erste Schritte gibt
es bereits. Wir haben durch die Debatte in den letzten
Monaten mehr Musik, die in Deutschland produziert
wurde, hören können.
Ich bin sicher, dass eine solche Regelung nicht nur
von Vorteil für Hörer und Musiker ist. Sie ist auch eine
Chance für die Sender. Statt eines Bestandes von nur we-
nigen, oft wiederholten internationalen Musiktiteln kön-
nen die Sender mit einem größeren nationalen Reper-
toire eine stärkere Rolle für die kulturelle Vielfalt
spielen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Davon profitieren sie auch selbst.
Mehr Musik aus dem eigenen Land kann ein Erfolg
sein. Das zeigt das Beispiel Frankreich. Nachdem dort
1994 durch die eingeführte Quote der Anteil von franzö-
sischer Musik im Rundfunk auf 40 Prozent wuchs, stie-
gen auch die Verkäufe nationaler CDs stark an. Der
Rundfunk blieb populär und konnte viel stärker ein eige-
nes Profil gegenüber den amerikanischen Formaten he-
rausbilden. Fast alle französischen Sender freuen sich
seit 1994 über einen starken Hörerzuwachs.
Die angemessene Beachtung der nationalen Kultur
hat auch wirtschaftliche Vorteile. Während der Krise der
Musikindustrie blieb Frankreich gerade durch einen
großen Anteil an nationalen Produktionen vom
Schlimmsten verschont. Erst in diesem Jahr verzeichne-
ten auch sie einen Umsatzrückgang, der bei uns schon
seit 1999 herrscht.
Ein Mehr an deutschsprachiger und in Deutschland
produzierter Rock- und Popmusik motiviert also auch
Musikfirmen, nach den drastischen Einsparungen bei
deutschen Künstlern endlich wieder mehr Potenzial in
nationalen Bands und Musikern zu sehen. Denn bei allen
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orteilen durch die Förderung von jungen Künstlern ist
s das zentrale Ziel des Antrags, dass junge Künstler in
eutschland eine Chance haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Natürlich will und kann der Deutsche Bundestag
icht über eine Quote, wie es sie in Frankreich gibt, be-
timmen. Ich glaube, dass es der beste Weg ist, wenn
ich die Sender untereinander einigen. So können die
erantwortlichen selbst ihre Schwerpunkte setzen und
eigen, dass sie aktiv ihrer Rolle als Vermittler von Kul-
ur gerecht werden.
Damit die Forderungen, die wir mit dem heutigen An-
rag formulieren, nicht im Sande verlaufen, soll es in ei-
em Jahr eine Überprüfung der Umsetzung der Selbst-
erpflichtung geben. Ich hoffe, dass wir dann eine
usikalische Vielfalt im Rundfunk hören, die unsere
ehr gute und bunte Musikmischung in Deutschland end-
ich angemessen repräsentiert.
Deshalb lassen Sie uns heute ein gemeinsames Zei-
hen für die Musik und für die Künstler in Deutschland
etzen und stimmen Sie unserem Antrag zu!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort dem Kollegen Steffen Kampeter,
DU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Steffen Kampeter (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Vor zwei Jahren haben wir zum ersten Mal über
ie Situation der populären Musik in Deutschland ge-
prochen und haben insbesondere für die Beantwortung
er Großen Anfrage zur Situation der Rock- und Popmu-
ik, die von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gestellt
orden ist, von der Musikwirtschaft viel Zustimmung
rfahren, da wir bei unserer Beschäftigung mit dem
hema neben den kulturpolitischen Aspekten auch eine
anze Reihe von wirtschaftspolitischen Aspekten und
ie wirtschaftliche Bedeutung der Kreativwirtschaft he-
ausgearbeitet haben.
Damals wurde vor allen Dingen im Feuilleton die
tirn darüber gerunzelt, dass sich der Deutsche Bundes-
ag mit diesem Thema beschäftigt. Die Situation mag
eute ähnlich sein, denn manchem Impresario in der
ulturredaktion geht es mehr um die Pflege seiner eige-
en Geschmacksvorurteile als um Vielfalt und Arbeits-
lätze.
(Beifall des Abg. Eckhardt Barthel [Berlin]
[SPD])
Die Union – das macht der hier vorgelegte Antrag
eutlich – tritt für Vielfalt im deutschen Radio ein, weil
ir glauben, dass nur ein vielfältiges Programm sowohl
ulturell ansprechend als auch wirtschaftlich auf Dauer
rfolgreich ist. Wir lehnen allerdings – das unterscheidet
14024 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
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Steffen Kampeter
uns von den Sozialdemokraten, über deren Antrag heute
auch diskutiert wird – eine Radioquote ab, die insbeson-
dere von Frau Vollmer gefordert wird. Wir halten dieses
Instrument für unzureichend und nicht geeignet. Es ist
vielmehr ein Instrument der Bevormundung und Zensur.
(Beifall der Abg. Gitta Connemann [CDU/
CSU])
Wir setzen bei der Förderung der deutschen Musik
mehr auf Einsicht, Vernunft und marktwirtschaftliche In-
strumente. Unser Instrument heißt freiwillige Selbstver-
pflichtung für deutsch gesungene oder in Deutschland
produzierte Musik. Dies kann dazu beitragen, dass der
derzeitige Erfolg von Gruppen wie „Juli“, „Silbermond“,
„2raumwohnung“, von Patrick Nuo, Yvonne Catterfeld
und vielen anderen deutschen Künstlerinnen und Künst-
lern, die ihre Musik zum gegenwärtigen Zeitpunkt in
Deutschland so gut verkaufen wie schon lange nicht
mehr, keine Eintagsfliege ist.
Wenn man sich heute die Charts in Deutschland an-
schaut, stellt man fest, dass unter den zehn meistverkauf-
ten Langspielern vier deutsche Produktionen und bei den
Singles sechs deutsche Produktionen sind. Dies ist ein
ansehnlicher Erfolg, der deutlich macht: Es ist nicht die
Politik, sondern es ist vor allen Dingen die Qualität der
dargebotenen Musik, die den Konsumenten beeindruckt.
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Also
brauchen wir keine Quote!)
– Das ist auch meine Auffassung, Herr Kollege.
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Aber
es steht so in Ihrem Antrag!)
Wir brauchen keine Quote, sondern wir brauchen markt-
wirtschaftliche Instrumente, die die Vielfalt im Radio
fördern und damit dem qualitativen Anspruch gerecht
werden.
Wir sehen daher unseren Antrag als politischen Ap-
pell, als Signal an die Musikwirtschaft und den Hörfunk,
dass eine breite Mehrheit des Parlaments – ich glaube,
da auch die FDP mit einschließen zu können – den Du-
delfunk ablehnt, wie er uns teilweise von öffentlich-
rechtlichen ebenso wie von privaten Stationen angeboten
wird. Wir wollen die Rundfunkredakteure ermutigen,
sich auch innovativen, neuen deutschen Produktionen zu
öffnen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dies gilt nicht nur für den engeren Bereich des Hör-
funks, sondern auch für die großen Fernsehformate, die
– dabei denke ich beispielsweise an Thomas
Gottschalk – in ihren Sendungen einen großen Bogen
um die deutsche Musik machen.
(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Nicht mehr!)
Wir unterstützen in diesem Zusammenhang ausdrück-
lich die Kulturstaatsministerin Christina Weiss, die sich
stets kritisch zur Zwangsquote und positiv zur Freiwil-
ligkeit in Form einer Selbstverpflichtung der Hörfunk-
sender geäußert hat.
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(Monika Griefahn [SPD]: Das haben wir auch
gefordert!)
Eines stelle ich unabhängig davon, Frau Kollegin
riefahn, welcher Antrag heute beschlossen wird, fest:
ie Zwangsquote ist tot! In Ihrem Antrag ist zwar viel
on Quote die Rede, Sie fordern letztendlich aber eine
reiwillige Selbstverpflichtung,
(Monika Griefahn [SPD]: Dann können sie
ihm doch zustimmen!)
enn auch in einer Verpackung, die mehr an die Quote
rinnert. Herzlich willkommen bei der Position der
nion!
Präsident Wolfgang Thierse:
Kollege Kampeter, gestatten Sie eine Zwischenfrage
es Kollegen Barthel?
Steffen Kampeter (CDU/CSU):
Herr Kollege Barthel, da ich höre, dass der Bundes-
anzler erst gegen 18.30 Uhr eintreffen wird, gerne.
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Er fei-
ert heute seinen 65. Geburtstag! Da muss man
die Frage zulassen!)
Darf ich Ihnen von dieser Stelle meinen persönlichen,
ber auch den Glückwunsch unserer Fraktion ausspre-
hen? Gesundheit und Gottes Segen!
(Beifall)
Eckhardt Barthel (Berlin) (SPD):
Herr Kampeter, mir wird warm ums Herz. Vielen
ank.
Ich habe eine Frage: Ich habe die Rede von Frau
riefahn und Ihre sowie die Forderungskataloge der je-
eiligen Anträge verglichen. Erklären Sie mir doch bitte
en Unterschied zwischen beiden Positionen! Weder von
ns noch von Ihnen wird eine Quote gefordert. In beiden
nträgen wird das Freiwilligkeitsprinzip bevorzugt. Ihr
rgument, unsere Gesinnung könnte eine andere sein,
ls der Text vermuten lässt, reicht nicht. Warum waren
ie nicht bereit, wenn doch die Anträge fast identisch
ind, sich unserem Antrag anzuschließen? Stattdessen
aben Sie ein paar Wochen gewartet und hinterher einen
igenen Antrag gestellt.
Steffen Kampeter (CDU/CSU):
Herr Kollege Barthel, ich bedanke mich für die Mög-
ichkeit, die Unterschiede zwischen beiden Anträgen
ier vor dem Deutschen Bundestag im Detail aufzuzei-
en. Der Antrag der SPD und des Bündnisses 90/
ie Grünen ist ein fauler Kompromiss zwischen den
orderungen aus dem Bereich der Grünen, eine DDR-
ahe, dirigistische Zwangsquote einzuführen,
(Widerspruch bei der SPD und dem BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN)
nd den Positionen vieler Sozialdemokraten, die in
enntnis der geltenden Verfassungslage, des Rundfunk-
echts, des Europarechts und des Medienrechts die
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14025
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Steffen Kampeter
Auffassung vertreten, dass eine Quote mit dem deut-
schen Verfassungs- und Medienrecht nicht vereinbar ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Sie setzen nicht auf die Marktkräfte und die Chancen
einer freiwilligen Selbstverpflichtung, wie wir es bei-
spielsweise aus dem Umweltschutz kennen. Schon im
ersten Satz Ihres Antrages ist – Herr Kollege Barthel,
leider kann ich Ihnen an Ihrem Geburtstag nicht erspa-
ren, darauf hinzuweisen – von Quote die Rede. Eine
Quote ist ein Zwangsinstrument. Deswegen besteht zwi-
schen einer Quote und einer freiwilligen Selbstverpflich-
tung ein zentraler Unterschied.
Herr Kollege Barthel, unser Antrag lebt hingegen von
dem Grundgedanken, dass Freiheit und Vernunft diese
Dinge regeln können. Freiheit und Vernunft brauchen
nur einen kleinen Anstoß durch die Politik, beispiels-
weise dadurch, dass wir runde Tische einrichten –
(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Darf ich
mich setzen?)
– nein, nach der Geschäftsordnung ist das nicht mög-
lich – und versuchen, die Akteure, die die eigentlichen
Entscheidungsträger sind, zu einer freiwilligen Selbst-
verpflichtung zu bewegen. Auf diesem Wege können wir
ein wenig Hilfestellung leisten.
Außerhalb der Beantwortung Ihrer Frage möchte ich
darauf hinweisen, dass mit Ihrem Antrag noch einige an-
dere „charmante“ Aspekte verbunden sind, die ich vor
dem Plenum des Deutschen Bundestages darlegen
möchte.
Herr Kollege Barthel, Sie möchten, dass über Ihren
Antrag heute abgestimmt wird. Ich werte das so, dass Sie
sich nicht ganz sicher sind. Ihr Antrag ist ein fauler
Kompromiss zwischen Rot und Grün, zwischen Vollmer
auf der einen und Griefahn und Barthel auf der anderen
Seite.
(Monika Griefahn [SPD]: Nein, wir haben
doch schon eine Anhörung gehabt, Herr
Kampeter!)
Sie wollen, dass über diesen Antrag möglichst bald ab-
gestimmt wird. Es ist Ihnen peinlich und unangenehm,
so einen faulen Kompromiss vorzulegen. Das lassen wir
Ihnen nicht durchgehen. Ihrem Antrag liegt ein falscher
Geist zugrunde.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich glaube, dass Sie mit diesem Antrag zu kurz sprin-
gen, da Sie sich ausschließlich auf den Bereich Hörfunk
konzentrieren.
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das
macht die SPD ja gar nicht!)
– Herr Kollege, Sie können gleich noch etwas sagen. –
Die Palette der Instrumente, mit denen die deutsche Mu-
sik gefördert wird, muss sehr viel breiter sein. Wir for-
dern das Wirtschaftsministerium auf, die Förderung des
Musikexportbüros German Sounds fortzusetzen. Wir re-
gen an, dass dieses Büro im Jahr 2006 auf der Musik-
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esse MIDEM eine umfassende Präsentation der deut-
chen Musik durchführt.
Wir fordern, das Stehlen geistigen Eigentums endlich
uch durch eine Änderung des Urheberrechts nachhal-
g einzuschränken. Wer sich nicht für einen strikten
iebstahlschutz einsetzt, kann nicht für deutsche Musik
ein.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
er Kollege Krings und die Vorsitzende der Enquete-
ommission, Gitta Connemann, haben im Rahmen des
esprächskreises „Geistiges Eigentum im digitalen Zeit-
lter“ entsprechende Vorschläge unterbreitet.
Schließlich fordert unser Antrag, das Sendeprivileg in
er Bundesrepublik Deutschland auf den Prüfstand zu
tellen, da damit eine gewisse Monopolstruktur einher-
eht. Diesem Privileg liegt der Geist des letzten Jahrhun-
erts zugrunde. Wir fordern eine Überprüfung und eine
ffnung für marktwirtschaftliche Lösungen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Am Wichtigsten ist allerdings, dass wir deutschen
ünstlerinnen und Künstlern in vielen Bereichen wieder
ine Chance geben. Ich glaube nicht, dass die Verab-
chiedung unseres Antrages allein selig machend ist;
ber sie schafft vielleicht etwas bessere Rahmenbedin-
ungen für die deutsche Kreativwirtschaft, also für die-
nigen Musikerinnen und Musiker, die auf Deutsch sin-
en oder in Deutschland produzieren. Für diese
enschen ist er ein gutes Signal.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegin Antje Vollmer, Fraktion
ündnis 90/Die Grünen.
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In
er deutschen Musikszene tut sich enorm etwas, und
war seit es im Deutschen Bundestag eine Anhörung
ber die Frage „Brauchen wir eine Musikquote oder
icht?“ gegeben hat. Seit genau diesem Zeitpunkt tut
ich auch einiges in den Feuilletons. Selten war eine öf-
entliche Debatte so heftig wie diese.
Ich bin richtig stolz darauf, dass das Parlament end-
ich einmal als Frühwarnsystem und nicht erst nach sehr
angen und ausführlichen Debatten eingegriffen hat. Das
arlament hat sehr schnell eine Plattform geschaffen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
s hat auch sehr schnell auf einen Aufruf von Musikern
eagiert. Ich glaube, dass das dem Parlament in der Me-
iendemokratie gut tut. So hatte die Anhörung eine un-
laubliche Aufmerksamkeit. Künstler, die niemals hier
m Parlament auf der Tribüne gesessen haben, waren
ier und haben drei Stunden lang zugehört, unter ande-
em dem, was der französische Kulturminister gesagt
14026 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Dr. Antje Vollmer
hat. Das war etwas Besonderes. Von daher ist es dazu ge-
kommen, dass das Parlament heute hier reagiert.
Vor allem geben wir ein Signal, ein Signal für mehr
Vielfalt, gegen die Monokultur weltweit im Musikbe-
reich. Es gibt ungefähr 1 Million Titel, aber auch im
Rahmen der Globalisierung weltweit werden nur unge-
fähr 300 immer wieder gespielt. Das spiegelt den Reich-
tum der Musikkulturen der Welt nicht wider.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD – Steffen Kampeter [CDU/
CSU]: Das ist unstreitig, Frau Kollegin
Vollmer!)
Wir setzen ein Signal für Rundfunkqualität. Ich
wünschte, dass die Sender, die teilweise sehr heftig re-
agiert haben, begreifen würden,
(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das machen
sie schon!)
dass wir eigentlich für ihre Interessen eintreten, wenn
wir für mehr Rundfunkqualität kämpfen. Ich persönlich
gebe dem Rundfunk eine ganz große Zukunft.
Es ist auch ein Signal zur Sicherung von Künstler-
existenzen, nämlich dadurch, dass sie die Chance zum
Marktzugang erhalten. Wir schaffen den Markt doch
nicht ab; ganz im Gegenteil. Wir ermöglichen ihn in sei-
ner Vielfalt, indem wir Leuten den einzigen Zugang er-
möglichen, den es für sie gibt, nämlich einmal ihrem Pu-
blikum vorgestellt zu werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Es ist schließlich ein Signal dafür – das ist für mich
nicht das Unwichtigste –, dass sich diese Gesellschaft
endlich einmal für ihre Jugendkultur interessiert. Bei
manchen Reaktionen, übrigens auch in manchen Zei-
tungsredaktionen, habe ich den Eindruck, als ob noch
gar nicht begriffen worden wäre, wie viel Aufregendes,
Interessantes, Neues und wirklich Erstaunliches da pas-
siert.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Da stimme
ich Ihnen zu!)
Was tun wir jetzt, Herr Kampeter? Wir tun mehr, als
manche Kommentare sagen, und in gewisser Hinsicht
auch weniger. Wir tun nämlich zum jetzigen Zeitpunkt
genau das Mögliche. Wir sprechen uns für eine Selbst-
verpflichtung aus. Es ist kein Quotengesetz.
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ach
du lieber Gott!)
Wir beziehen uns in dem Antrag auf die Quotendebatte.
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: „Ein
Anteil von 35 Prozent“ steht darin!)
Wenn Sie lesen könnten, hätten Sie das auch sofort ge-
merkt. Es ist eine Selbstverpflichtung. Dazu, dass eine
Selbstverpflichtung ein marktwirtschaftliches Instru-
ment ist, kann ich auf viele Debatten der letzten Zeit ver-
weisen. Sie von der CDU wollen das schließlich auch.
Insofern ist es auch eine Einladung an die Sender zum
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espräch. Diese Einladung meinen wir ernst. Wir wol-
en mehr Neuvorstellungen.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie wollen
vor allem mehr Regulierung, Frau Vollmer, ge-
rade Sie persönlich!)
Unsere Vorgehensweise hat noch einen Vorteil. Weil
ir jetzt kein Gesetz machen, brauchen wir auch nicht
bschließend festzulegen, ob wir deutschsprachige Mu-
ik oder hier produzierte Musik unterstützen wollen. Wir
önnen jetzt der Forderung der Musiker folgen. Die Mu-
iker wollen keine Aufteilung, sondern sagen: Es kommt
ns darauf an, dass die Leute, die hier produzieren, in
ielen Sprachen, aber eben auch in Deutsch, gehört wer-
en können.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die deutsche
Quote in multinationaler Variante!)
Wir wollen neue Gruppen und bitten die Sender, neue
ormate zu schaffen. Damit helfen wir auch den Musik-
edakteuren. Darunter gibt es ungeheuer viele, die doch
twas vom Markt verstehen, die aber in ihrem Sender
eine Chance haben, weil sie keine eigene Sendemög-
ichkeit bekommen. Wir diskutieren damit auch etwas,
u dem sich alle Sender, private wie öffentlich-rechtli-
he, verpflichtet haben, nämlich Binnen- und Außen-
luralität.
Im Übrigen – das möchte ich noch einmal sagen – ist
lles das, was wir tun, nicht systemfremd. Wir haben für
ie Literatur die Buchpreisbindung. Wir haben für den
ilmbereich die Filmpreise. Wir haben für die öffentlich-
echtlichen Sender, die wir ja mit guter Qualität haben
ollen, die Gebühren. Wir haben übrigens für die Zei-
ungen den reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Pro-
ent – darum haben nicht zuletzt die Kulturpolitiker hef-
ig gekämpft –, den Herr Eichel schon einmal abschaffen
ollte. Viele haben also eine Sonderbedingung, nur die
usiker, die ganz besonders darauf angewiesen sind, ihr
ublikum zu erreichen, haben nichts.
Wir tun auch nichts Besonderes. Ich muss den Kriti-
ern sagen: Sie haben die Debatte weltweit verschlafen.
nsgesamt 29 Länder haben die Quote und es diskutieren
igentlich alle darüber, selbst die englischsprachigen
änder.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die wollen
auch eine deutschsprachige Quote? Das glaube
ich nicht!)
ogar neun europäische Länder haben die Quote schon.
Nun zum CDU/CSU-Antrag. Ich hätte mir ge-
ünscht, Sie hätten sich einfach unserem Antrag ange-
chlossen. Sie haben auch viele Ausdrücke aus unserem
ntrag, der Ihnen schon lange vorlag, benutzt. Der ein-
ige Unterschied ist, dass Sie sagen: Wir wollen ein Ge-
präch über eine Selbstverpflichtung, aber wir wollen
ein Ziel nennen. Ich weiß nicht, was daran zielführend
ein soll, wenn man das Ziel nicht kennt. Unser Ziel ha-
en wir in unserem Antrag benannt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD – Steffen
Kampeter [CDU/CSU]: Das entspricht nur
Recht und Gesetz!)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14027
(A) )
(B) )
Dr. Antje Vollmer
Ich freue mich über die Debatte, die es gegeben hat,
und darüber, dass das Parlament so schnell und so heftig
reagiert hat. Das war insgesamt der Kenntnis der Mu-
sikszene sehr zuträglich. Ich bin insbesondere den Musi-
kern dankbar dafür, dass sie den Anstoß dazu gegeben
haben. Das war übrigens ein Wunder: Noch nie hat es so
viele unterschiedliche Musiker gegeben, die gemeinsam
eine Aktion gemacht haben. Wer weiß, wie schwierig es
ist, Gemeinsamkeiten unter Künstlern, die ja bekanntlich
Solisten sind, herbeizuführen, der weiß, dass es etwas
Besonderes war und dass die Not besonders groß sein
musste. Darauf haben wir reagiert. Ich bitte auch Sie, das
zu unterstützen.
Danke.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Kollegen Hans-Joachim Otto,
FDP-Fraktion.
Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP):
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieter Bohlen hat
einen schweren Fehler gemacht. Er hat sich nämlich ge-
gen die Quote ausgesprochen, bevor er den Antrag von
Rot-Grün gelesen hatte. In diesem Antrag wird verlangt
– ich zitiere –:
Pop- und Rockmusik aus Deutschland und Nach-
wuchsmusiker aus Deutschland … durch spezielle,
der Nachwuchsförderung dienende Sendeformate
und Wettbewerbe
zu fördern. Rot-Grün verlangt, wenn ich es richtig ver-
stehe, jede Woche eine neue Sondersendung des von
Dieter Bohlen produzierten Sendeformats „Deutschland
sucht den Superstar“.
(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Quatsch!)
– Oh, ich habe Ihren Antrag genau gelesen. – Diese Sen-
dung ist nämlich ein spezielles, der Nachwuchsförde-
rung in Rock- und Popmusik dienendes Sendeformat.
Daniel Küblböck ist solch ein Superprodukt von dem,
was Sie wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Wider-
spruch bei der SPD)
Sie wollen also deutsche Rock- und Popmusik fördern.
Da Sie dieses nicht genauer eingrenzen, ist davon auszu-
gehen, dass Sie nicht Qualität, sondern schlicht und ein-
fach in Deutschland produzierte Musik fördern wollen.
Das ist ein bisschen ärmlich.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Zuruf der
Abg. Monika Griefahn [SPD])
– Es gibt aber auch noch einen witzigen Nebeneffekt,
liebe Frau Griefahn – Sie haben mich ja gerade
angesprochen –: Dieter Bohlen wohnt in Ihrem Wahl-
kreis. Es ist also schon eine pfiffige Form von Wirt-
schaftsförderung, wenn Sie Dieter Bohlen hier das Wort
reden.
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(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, das Beispiel Dieter Bohlen
acht deutlich, wie wenig durchdacht der rot-grüne An-
rag ist. In ihm wird übrigens – auch das ist mir aufgefal-
en – gar nicht zwischen Hörfunk und Rundfunk unter-
chieden.
(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Bei Ihnen geht alles durcheinander,
Herr Kollege!)
ie haben eben gesagt, dass Ihr Antrag nicht für das
ernsehen gelten solle. Im Antrag ist aber von Rundfunk
ie Rede; Rundfunk umfasst Fernsehen und Hörfunk.
Jede Quote, egal ob Selbst- oder Fremdquote, ist ein
chwerer Eingriff in die Programmfreiheit und in die
reiheit der Rundfunkteilnehmer, das zu hören, was sie
ören wollen. Mit einer Quote fängt im Grunde schon
ine Form von Zensur an. Wenn Frau Kollegin Vollmer
agt, sie wolle jungen Künstlerinnen und Künstlern eine
hance geben und ihnen einen Marktzugang verschaf-
en, dann antworte ich ihr: Diese Chance zum Marktzu-
ang haben sie gottlob doch schon, weil in Deutschland
uch ohne Ihre komische Quote qualitätsvolle Musik ge-
acht wird und der Anteil deutscher Künstlerinnen und
ünstler am Gesamtumsatz der in den Charts erfassten
itel über 50 Prozent beträgt. Da brauchen Sie doch im
adio keine Quote mehr.
(Beifall bei der FDP)
iese jungen Nachwuchskünstler verschaffen sich durch
iel innovativere Formen als die Quote einen Marktzu-
ang, zum Beispiel durch das Internet, durch Konzerte
der durch Spezialzeitschriften. Niemand braucht diese
ächerliche Quote.
Abschließend sage ich Ihnen: Die deutsche Musik ist
iel zu gut, als dass sie hinter einen Quotenzaun gestellt
erden müsste.
(Monika Griefahn [SPD]: Wie kommt es, dass
sie bei den Sendungen nur 1 Prozent ausmacht
und 600 Künstler sie wollen?)
ie in Deutschland produzierte Musik wird sich auch
nd gerade gegen Ihre Quote durchsetzen. Die Einfüh-
ung einer Quote geht letztlich immer mit einer Gering-
chätzung einher, hier mit der Vermutung, dass sich die
eutsche Musik ohne Quote nicht durchsetzen könnte.
ie wird sich aber durchsetzen. Darüber sind wir froh.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Präsident Wolfgang Thierse:
Ich erteile das Wort Staatsministerin Christina Weiss.
(Beifall des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD])
Dr. Christina Weiss, Staatsministerin beim Bundes-
anzler:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
en! So vehement die Quote von Künstlerinnen und
14028 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Staatsministerin Dr. Christina Weiss
Künstlern und von Teilen der Phonoindustrie gefordert
wird, so vehement wird sie von den Rundfunkanstalten
bekämpft. Trotz dieses deutlichen Unentschiedens bin
ich dankbar dafür, dass wir in Anlehnung an Frankreich
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: „Anlehnung“
ist sehr verschleiernd!)
eine Diskussion über den Wert unserer Musik in den hie-
sigen Programmen führen. Es geht schließlich um den
Stellenwert von musikalischer Vielfalt und um Nach-
wuchsförderung. Es geht um Kunst und nicht um
Deutschtümelei.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie
bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich freue mich, dass alle Fraktionen die Art, wie wir mit
Musik umgehen, auch mit Rock und Pop aus Deutsch-
land, nicht alleine auf die Quotenfrage reduzieren.
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Sehr
gut! Da stimme ich Ihnen zu!)
Musik ist eines unserer wichtigsten Kulturgüter. Das Le-
bensgefühl ganzer Generationen ist von ihr bestimmt.
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Jetzt
wird die Rede gut!)
Die Popkultur gilt längst als kulturwissenschaftliches
Phänomen, ja sogar als Klassiker.
Die heutige Diskussion zeigt, dass sich ein ganz gro-
ßes Bündnis gebildet hat, das der Musik in Deutschland
eine größere Bühne bauen will.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Das ist auch mir ein wichtiges Anliegen; denn der Rund-
funk ist immer noch das wichtigste Medium, um Musik
einem breiten Publikum bekannt zu machen.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ich glaube,
nicht mehr so!)
Es ist in der Tat egal, ob per Hörfunk oder Fernsehen.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Rechtlich ist das
nicht ganz richtig, Frau Staatssekretärin!)
Diesem Ansatz folgte auch ein Symposium, das ich
im Frühjahr letzten Jahres gemeinsam mit dem Vorsit-
zenden der Rundfunkkommission der Länder, Minister-
präsident Kurt Beck, veranstaltet habe. Es trafen sich
alle Seiten: Rundfunkveranstalter, Vertreter der Musik-
wirtschaft, der Politik und der Presse und natürlich auch
Musikerinnen und Musiker, um über die musikalische
Vielfalt im Hörfunk zu diskutieren.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Barthel und
ich waren auch da! – Monika Griefahn [SPD]:
Griefahn auch!)
– Sie waren einer der Politiker, Herr Kampeter, und Frau
Griefahn auch.
Aber, meine Damen und Herren, die Debatte hat ja
schon positive Wirkung gezeigt. Eine Reihe von Hör-
funkprogrammen der ARD, zum Beispiel Bayern 3 und
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WR 3, also durchaus so genannte Mainstreamkanäle,
tellen in speziellen Sendeformaten vorwiegend neue
usiktitel und Musikinterpreten aus Deutschland vor.
um Teil laufen diese Sendungen jeden Abend. Auch
DR 2 wird ab März nächsten Jahres eine neue zwei-
tündige Sendung starten, in der einmal wöchentlich
achwuchskünstler und Produzenten zu ihrem Recht
nd zu Interviews kommen. Titel, die in der Hörergunst
estehen, sollten aus diesen Sendungen zudem ins Ta-
esprogramm übernommen werden. Mehrere Hörfunk-
rogramme der ARD bieten überdies auch Nachwuchs-
ünstlern, die noch keinen Plattenvertrag ihr Eigen
ennen können, die Chance, ihre Musik selbst im Radio
orzustellen.
Diese neuen Sendeformate sind ein Schritt in die
ichtige Richtung, ein Plädoyer für die musikalische
ielfalt in unseren Medien.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
iel dieser Konzepte muss es immer sein, nach und nach
uch mehr deutschsprachige Titel in das ganz normale
agesprogramm einzuspeisen.
(Beifall der Abg. Monika Griefahn [SPD])
Natürlich werden diese Sendungen das deutsche Ra-
ioprogramm nicht von heute auf morgen revolutionie-
en; aber es ist immerhin ein Anfang ohne Zwang. Ich
ünsche mir, dass die ARD diesen guten Weg weiter-
eht.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie reden ja
nicht gegen den Antrag, sondern nur gegen
Frau Vollmer!)
ch weiß, dass sich der Vorsitzende der ARD-Hörfunk-
ommission bei den Landesrundfunkanstalten dafür ein-
etzen will. Das ist ein wichtiges Signal.
Die Gespräche mit der Musikwirtschaft und den
undfunkveranstaltern, selbstverständlich auch mit den
rivaten, gehen weiter. Meine Behörde ist gern bereit,
iesen Prozess in Abstimmung mit den Ländern immer
ieder zu befeuern und zu moderieren. Es wird nicht ge-
ingen, zu pauschalen Lösungen zu kommen. Dafür sind
nsere Hörfunkprogramme zu zahlreich und zu vielfäl-
g,
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Also
sprechen Sie gegen den Antrag von Rot-
Grün! – Gegenruf der Abg. Monika Griefahn
[SPD]: Sie fordert doch die Bundesregierung
geradezu auf, das zu tun!)
afür sind die Strukturen bei den Landesrundfunkanstal-
en regional zu ausgetüftelt. Hinzu kommt, dass es auch
chlichtweg unterschiedliche musikalische Ansätze bei
en Sendern gibt.
Wir sind uns völlig einig, Herr Kampeter, dass wir
ns mit den Rundfunkveranstaltern auf einen Weg eini-
en sollten, der zu einem Mehr an deutscher Musik im
adio führt.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ja! Und ohne
Reglementierung!)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14029
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Staatsministerin Dr. Christina Weiss
Das können im Übrigen ganz individuelle Lösungen
sein. Der Programmanteil muss aber ein relevanter und
messbarer sein.
Präsident Wolfgang Thierse:
Frau Staatsministerin, gestatten Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Otto?
Dr. Christina Weiss, Staatsministerin beim Bundes-
kanzler:
Bitte, gerne, Herr Otto, gerade noch rechtzeitig vor
meinem letzten Satz.
Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP):
Liebe Frau Dr. Weiss, ich habe mit großer Freude ge-
hört, dass Sie sich gegen pauschale Lösungen ausspre-
chen und auf die spezifischen Formate der ARD abstel-
len. Darf ich Sie deshalb fragen, ob Sie die Forderung in
dem Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/
Die Grünen ablehnen, wo es heißt, „in den Musikpro-
grammen einen Anteil von annähernd 35 %“ festzule-
gen? Ist das eine pauschale Lösung, in jedem Musikpro-
gramm einen Anteil von 35 Prozent festzulegen?
(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)
Dr. Christina Weiss, Staatsministerin beim Bundes-
kanzler:
Sie sollten in der Tat den Antrag weiterlesen. Unsere
Gespräche mit den Rundfunkveranstaltern müssen eine
gewisse Zielvorgabe enthalten. Sonst passiert gar nichts;
sonst gibt es keine neuen Rundfunkformate.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Insofern ist es gut, eine gewisse Linie vorzugeben und
zu schauen, welcher Rundfunkveranstalter unserer Ziel-
vorgabe am nächsten kommt.
Meine letzte Bemerkung. Selbstverpflichtungen sind
das modernste Instrument, um dieses Ziel, in dem wir of-
fensichtlich übereinstimmen, zu erreichen. Ich bin si-
cher, dass wir dieses Ziel erreichen werden, wenn wir
diese Debatte so munter weiterführen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN sowie des Abg. Steffen
Kampeter [CDU/CSU] – Hans-Joachim Otto
[Frankfurt] [FDP]: Munter ist es! – Steffen
Kampeter [CDU/CSU]: Sie hat nicht gegen
unseren Antrag gesprochen!)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt
erhält die Kollegin Gitta Connemann von der CDU/
CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
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Gitta Connemann (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau
taatsminister,
(Dr. Uwe Küster [SPD]: „Ministerin“, so viel
Zeit muss sein!)
ir debattieren die Förderung deutschsprachiger deut-
cher Musik. Es geht heute nicht mehr um das Ob, son-
ern um das Wie.
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Nein!
Es geht auch um das Ob!)
Musik ist die Sprache der Leidenschaft, Herr Otto.
eidenschaft allein hilft aber wenig. Das zeigt auch die
eutige Debatte. Diese Debatte braucht vor allem Ver-
ntwortungsgefühl und Augenmaß. Ansonsten müssen
ir weiterhin mit Urteilen rechnen – die Kollegin
riefahn wird sich daran erinnern – wie nach der Anhö-
ung zur Musikquote. Ich zitiere aus der „taz“ vom
. Oktober 2004:
Die Debatte war so hohl und hinfällig, dass sie
umso leidenschaftlicher und lauter geführt werden
musste.
(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]:
Sehr wahr!)
ichtig! Es ist ein Urteil, das ich teile. Damit stehe ich
icht alleine, Frau Kollegin Vollmer. Durch vorschnelle
estlegungen und pressewirksame Inszenierungen mu-
ierte die Anhörung zu einem Spektakel, das weder der
ultur noch der Politik gerecht wurde.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP)
Wir haben durch die Anträge meiner Fraktion und der
oalition jetzt eine neue Chance auf eine Sachdebatte.
abei darf und kann es nicht um die Frage gehen, was
ute und was schlechte Musik ist. Es kann auch nicht um
ie Frage gehen, ob deutsche Musik per se besser als in-
ernationale ist. Es darf auch nicht um eine Zwangsquote
ehen.
(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Sehr wahr!)
enn die Quote wird es realistischerweise nicht geben,
icht nur, weil uns als Mitglieder des Bundestages die
uständigkeit fehlt – es wäre schön gewesen, wenn der
ine oder andere Kollege dies bemerkt hätte –
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ich
habe es bemerkt!)
Herr Otto und auch Herr Kampeter haben es be-
erkt –, sondern auch wegen verfassungsrechtlicher Be-
enken. Eine gesetzliche Regelung würde eine Ein-
chränkung der Rundfunkfreiheit bedeuten.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Meine Damen und Herren von der Koalition, die
uote ist passé, auch wenn der Antrag von Rot-Grün
nders klingt und wenn in ihm von einem Anteil von
annähernd 35 Prozent“ gesprochen wird. Aber im Er-
ebnis sollen sich die Sender selbst verpflichten. Es ist
lso eine bloße Scheinquote. Man kann auch sagen: Es
st eine Mogelpackung.
14030 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
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Gitta Connemann
Diese Mogelpackung unterscheidet sich ganz ent-
scheidend von Ihren vehementen Forderungen nach ei-
ner Quote, Frau Kollegin Vollmer. Ich möchte aus der
„Süddeutschen Zeitung“ vom heutigen Tage zitieren:
Als Tiger ist die … Quotenforderung gesprungen –
als singender, klingender Bettvorleger landet sie
nun.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP)
Im Ergebnis läuft es also bei beiden Anträgen auf eine
Selbstverpflichtung hinaus. Wir wollen die Förderung
von guten Noten statt von schlechten Quoten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP)
Herr Barthel, auch ich möchte Ihnen ganz herzlich
zum Geburtstag gratulieren.
(Jörg Tauss [SPD]: Dann reden Sie keinen Un-
sinn, sondern seien Sie höflicher! – Gegenruf
des Abg. Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Herr
Tauss, Mund halten!)
– Ich würde mich nicht geehrt fühlen, wenn ich nicht
wenigstens einen Zuruf von Ihnen erhalten würde, Herr
Tauss. Das würde nämlich zeigen, dass meine Rede nicht
gut wäre. Also vielen Dank für Ihren Zuruf!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Im Gegensatz zu Ihrem Antrag, Herr Barthel, ist der
Antrag von CDU/CSU eindeutig und übrigens auch
rechtlich mangelfrei.
(Dr. Uwe Küster [SPD]: Nein!)
Eine Quotierung deutscher Musik kann mit dem Schutz
der deutschen Sprache, aber niemals mit dem Schutz des
Produktionsstandortes Deutschland begründet werden.
Das berücksichtigt Ihr Antrag nicht.
(Beifall der Abg. Hildegard Müller [CDU/
CSU])
Wir wollen eine freiwillige Selbstverpflichtung, aber
die dafür umso mehr; denn zur Kulturlandschaft
Deutschlands gehört unstrittig die deutsche Sprache und
damit auch deutschsprachige Musik. Wie könnte man es
besser sagen als die Sängerin Inga Humpe in der Anhö-
rung zur Musikquote:
Sich in der eigenen Sprache auszudrücken … halte
ich auch kulturell gesehen für etwas sehr Heilsames
und sehr Wichtiges.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)
Zur kulturellen Grundversorgung gehören auch der
freie Zugang und die mögliche Teilhabe an Kultur. Aber
gibt es in der Musikbranche wirklich noch einen freien
Markt mit fairem Wettbewerb? Gibt es noch Markt-
offenheit und Markttransparenz?
(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt erzählen Sie mal!)
Der Hörer kann schließlich nur das wählen, was seinem
Ohr angeboten wird; da sind wir uns einig.
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Nach Emnid sind mehr als 77 Prozent der Befragten
it der immer kleiner werdenden Titelauswahl der öf-
entlich-rechtlichen Hörfunksender unzufrieden. Ergo,
s gibt eine erhebliche Beeinträchtigung der Konsumen-
ensouveränität. Es gibt schwer überwindbare Hürden
ür Newcomer. Der Neuheitenanteil der öffentlich-recht-
ichen Sender liegt laut Professor Dahmen von der Pop-
kademie heute bei knapp 15 Prozent, bei deutschspra-
higen Neuheiten sogar bei nur 1,2 Prozent. Das ist
efinitiv zu wenig.
Die Enquete-Kommission prüft zurzeit alle Möglich-
eiten, wie wir die wirtschaftliche und soziale Situation
on Künstlern sichern, aber auch den künstlerischen
achwuchs fördern können.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
ie Ausweitung des Programmfensters für deutschspra-
hige Musik würde eine gute Möglichkeit bieten; denn
amit würden die Markteintrittschancen für junge Musi-
er deutlich verbessert.
Es gibt ja bereits gute Erfahrungen mit entsprechen-
en Angeboten. Denken Sie unter anderem an Eins Live,
n Radio Fritz, an „Das Ding“ oder im privaten Bereich
n Motor FM auf 106,8, ein neuer, innovativer Sender,
er den ganzen Tag nur deutsche Musik spielt.
Die Verantwortlichen sind also auf einem guten Weg,
eine Damen und Herren von der Koalition. Geben wir
hnen Zeit und Gelegenheit, sich über Wege der Selbst-
erpflichtung und Selbstkontrolle zu verständigen!
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Es wäre schön gewesen, wenn wir das gemeinsam
ätten tun können. Aber Ihr Antrag krankte daran, dass
r zunächst durch die Flure geisterte, niemals öffentlich
urde und jetzt noch nicht einmal im Ausschuss debat-
iert werden soll. Vielmehr wird ohne weitere Beratung
ber ihn abgestimmt.
(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Wir hatten doch schon die Anhörung!)
as zeigt mir – es tut mir Leid –, dass Sie Angst vor ei-
er Auseinandersetzung haben, die Sie unter anderen
orzeichen und vor dem Hintergrund eines gemeinsa-
en Ziels begonnen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP)
Ich würde mir für die Zukunft wünschen, dass wir uns
n der Musik ein Beispiel nehmen: Erst die harmonische
emeinschaft der Einzeltöne macht nämlich eine gute
elodie.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Nun erhält noch der Kollege Otto für eine Kurzinter-
ention das Wort.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14031
(A) )
(B) )
Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP):
Liebe Frau Connemann, Sie haben dem Kollegen
Kampeter und mir bescheinigt, dass wir immerhin er-
kannt haben, dass der Bundestag und die Bundesregie-
rung keine Zuständigkeit dafür haben, auf die Inhalte der
Radioprogramme Einfluss zu nehmen. Ich verstehe nun
wirklich nicht, warum Sie sich für den Antrag der CDU/
CSU-Fraktion ausgesprochen haben. Dort heißt es wört-
lich:
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregie-
rung auf, im Rahmen ihrer Zuständigkeit … den
Stellenwert der auf Deutsch gesungenen oder in
Deutschland produzierten Musik … im Sinne deut-
scher Musiker zu stärken …
Überhaupt finde ich, dass die Rede von Herrn
Kampeter und Ihre Rede sehr viel besser waren als der
Antrag, den Sie gestellt haben.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie kritisieren die SPD, dass sie eine Zwangsquote will.
Ich stelle fest: Ihr Antrag unterscheidet sich, was die öf-
fentlich-rechtlichen Sender anbelangt, kaum von dem
der SPD und der Grünen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen möchte ich Sie, Herr Kampeter und Frau
Connemann, herzlich bitten, im Sinne Ihrer beiden Re-
den, die ich eigentlich für sehr überzeugend halte, Ihren
Antrag zurückzuziehen. Das wäre das Beste.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der SPD
und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Für die unmittelbare Erwiderung sehe ich eigentlich
keinen zwingenden Bedarf.
(Heiterkeit)
Ich vermute auch, dass die freundliche Aufforderung,
den Antrag zurückzuziehen, folgenlos bleibt,
(Jörg Tauss [SPD]: Wer weiß!)
was durch heftiges Nicken hiermit bestätigt wird.
Die Kollegin Petra Pau möchte ihre Rede zu Protokoll
geben.1)
(Beifall des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD] –
Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Die
wollen wir hören!)
Damit schließe ich die Aussprache zu diesem Tages-
ordnungspunkt.
Den geballten Geburtstagswünschen an den Kollegen
Barthel schließe ich mich an.
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1) Anlage 3 2)
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(Beifall – Hans-Joachim Otto [Frankfurt]
[FDP]: Da hast du ja eine schöne Party arran-
giert!)
Ich bin nicht sicher, ob bei den übrigen abzustimmen-
en Sachverhalten das Einvernehmen ähnlich groß ist
ie bei den guten Wünschen. Das stellen wir nun fest,
ndem wir die Zusatzpunkte 10 a und 10 b zur Abstim-
ung stellen.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den An-
rag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die
rünen auf Drucksache 15/4521 mit dem Titel „Für eine
elbstverpflichtung öffentlich-rechtlicher und privater
undfunksender zur Förderung von Vielfalt im Bereich
on Pop- und Rockmusik in Deutschland“. Wer stimmt
ür diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
ich der Stimme? – Damit ist dieser Antrag mit der
ehrheit der Koalition angenommen.
Zusatzpunkt 10 b: Abstimmung über den Antrag der
raktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/4495 mit
em Titel „Musik aus Deutschland fördern – Für eine
reiwillige Selbstverpflichtung der Hörfunksender zu-
unsten deutschsprachiger Musik“. Wer stimmt für die-
en Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich
er Stimme? – Dieser Antrag ist mit der Mehrheit der
oalition gegen die Stimmen der Antragsteller abge-
ehnt.
Nun rufe ich Tagesordnungspunkt 24 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas
Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
Für eine verständlichere Sprache in Gesetzen,
Verordnungen und Behördenschreiben – Ge-
gen schlechtes Amtsdeutsch
– Drucksache 15/4154 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Kultur und Medien
Für die Debatte war eine halbe Stunde vorgesehen.
ie gemeldeten Redner Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast,
tephan Mayer (Altötting), Dr. Ole Schröder, Silke
tokar von Neuforn und Sibylle Laurischk geben ihre
eden zu Protokoll.2) Damit kann ich diese nicht eröff-
ete Aussprache gleich wieder schließen.
Ich vermute, dass Sie der interfraktionell vereinbarten
berweisung der Vorlage auf Drucksache 15/4154 an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu-
timmen wollen. – Das ist der Fall. Dann ist das so be-
chlossen.
Anlage 4
14032 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Ich rufe die Zusatzpunkte 11 a und 11 b auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Bernhard Brinkmann (Hildesheim), Ernst Bahr
(Neuruppin), Lothar Binding (Heidelberg),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Anja Hajduk, Volker
Beck (Köln), Alexander Bonde, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN
Bewältigung der Konversionslasten durch ge-
meinsame Anstrengungen von Bund, Ländern
und Kommunen
– Drucksache 15/4520 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)
Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dietrich
Austermann, Steffen Kampeter, Ilse Aigner, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU
Konversionsregionen stärken – Verbilligte Ab-
gabe von zu Verteidigungszwecken nicht mehr
benötigten Liegenschaften ermöglichen
– Drucksache 15/4531 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)
Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Auch hier ist die vereinbarte Debattenzeit aufgrund
der Bereitschaft der betroffenen Kollegen, ihre Reden zu
Protokoll zu geben, nicht erforderlich. Es handelt sich
um die Beiträge der Kollegen Bernhard Brinkmann
(Hildesheim), Anita Schäfer (Saalstadt), Franziska
Eichstädt-Bohlig und Dirk Niebel.1)
Wir kommen zur verbleibenden, notwendigen Be-
schlussfassung, der Überweisung der Vorlagen auf den
Drucksachen 15/4520 und 15/4531 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlos-
sen.
Ich rufe Zusatzpunkt 12 auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze
– Drucksache 15/4491 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)
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1) Anlage 5
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Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Hierzu war interfraktionell vereinbart, dass keine
ussprache stattfinden soll. Insofern schließe ich diese
egelung kongenial den gerade getroffenen Vereinba-
ungen an. – Ihr Einverständnis stelle ich fest. Somit
ommen wir gleich zur Überweisung. Der Gesetzent-
urf auf Drucksache 15/4491 soll an die in der Tages-
rdnung aufgeführten Ausschüsse überwiesen werden.
ibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der
all. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Nun könnten wir am Schluss unserer Sitzung sein,
enn es nicht
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wenn
es nicht den Bundeskanzler gäbe!)
en unbestrittenen Höhepunkt der vorgesehenen Zurück-
eisung von Einsprüchen des Bundesrates gäbe. Da
iese Abstimmung jetzt noch nicht erfolgen kann, unter-
reche ich die Sitzung,
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wir
sind doch alle da!)
ie voraussichtlich um 18.30 Uhr wieder eröffnet wird,
m dann die notwendigen Abstimmungen durchzufüh-
en.
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Super!
Ganz toll gemacht!)
is dahin ist die Sitzung unterbrochen.
(Unterbrechung von 17.14 bis 18.32 Uhr)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die unterbro-
hene Sitzung ist wieder eröffnet.
Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord-
ung um die Beratung der Anträge der Fraktionen der
PD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Zurückwei-
ung von Einsprüchen des Bundesrates auf den
rucksachen 15/4556 und 15/4557 zu erweitern und
iese jetzt als Zusatzpunkte 14 a und 14 b aufzurufen. –
ch sehe, dass Sie einverstanden sind. Dann ist das so be-
chlossen.
Ich rufe also die Zusatzpunkte 14 a und 14 b auf:
a) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN
Zurückweisung des Einspruchs des Bundesra-
tes gegen das Gesetz zum qualitätsorientierten
und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbe-
treuung für Kinder (Tagesbetreuungsausbau-
gesetz – TAG)
– Drucksachen 15/3676, 15/3986, 15/4045,
15/4381, 15/4554, 15/4556 –
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14033
(A) )
(B) )
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
b) Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN
Zurückweisung des Einspruchs des Bundesra-
tes gegen das Gesetz zur Einführung der Euro-
päischen Gesellschaft (SEEG)
– Drucksachen 15/3405, 15/3656, 15/4053,
15/4379, 15/4555, 15/4557 –
Der Präsident des Bundesrates hat schriftlich mitge-
teilt, dass der Bundesrat beschlossen hat, gegen das Ta-
gesbetreuungsausbaugesetz sowie gegen das Gesetz zur
Einführung der Europäischen Gesellschaft Einspruch
einzulegen.
Es liegen zwei Anträge der Fraktionen der SPD und
des Bündnisses 90/Die Grünen auf Zurückweisung der
Einsprüche des Bundesrates vor.
Bevor wir zur Abstimmung über diese beiden An-
träge kommen, bitte ich um Aufmerksamkeit für die ob-
ligatorischen Hinweise zum Abstimmungsverfahren. Es
ist jeweils namentliche Abstimmung verlangt. Nach
Art. 77 Abs. 4 des Grundgesetzes ist für die Zurückwei-
sung eines Einspruches des Bundesrates die Mehrheit
der Mitglieder des Deutschen Bundestages erforderlich,
also mindestens 301 Stimmen. Wer den Einspruch zu-
rückweisen will, muss mit Ja stimmen. Sie benötigen au-
ßer Ihren Stimmkarten auch Ihre Stimmausweise in den
Farben Blau und Gelb. Die Farbe des zu verwendenden
Stimmausweises wird vor der jeweiligen Abstimmung
angegeben. Die Stimmausweise können Sie nach be-
kanntem Verfahren Ihrem Stimmkartenfach entnehmen.
Achten Sie bitte darauf, dass beide – Stimmkarte und
Stimmausweis – Ihren Namen tragen. Bevor Sie die
Stimmkarte in die Urne werfen, geben Sie den Stimm-
ausweis bitte einem der Schriftführer an der Urne. Sie
müssen beide dort abgeben.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer
noch einmal, darauf zu achten, dass Stimmkarten nur
von Kolleginnen und Kollegen in die Urne geworfen
werden dürfen, die vorher ihren Stimmausweis in der
richtigen Farbe abgegeben haben.
Wir kommen jetzt zur ersten namentlichen Abstim-
mung, zum Zusatzpunkt 14 a. Hier geht es um den
Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die
Grünen auf Zurückweisung des Einspruchs gegen
das Tagesbetreuungsausbaugesetz, Drucksache 15/4556.
Hierzu benötigen Sie Ihren Stimmausweis in der Farbe
Blau. Haben alle Schriftführerinnen und Schriftführer
die vorgesehenen Plätze eingenommen? – Das ist offen-
sichtlich der Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist noch ein Mit-
glied des Hauses anwesend, das seine Stimmkarte nicht
hat abgeben können? – Das scheint nicht der Fall zu
sein. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-
lung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wer-
den wir später bekannt geben.
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Wir kommen nun zur zweiten namentlichen Abstim-
ung, zum Zusatzpunkt 14 b. Hier geht es um den An-
rag der Koalitionsfraktionen auf Zurückweisung des
inspruchs des Bundesrates gegen das Gesetz zur Ein-
ührung der Europäischen Gesellschaft auf Druck-
ache 15/4557. Sie benötigen hier Ihren gelben Stimm-
usweis. Ich nehme an, dass die Schriftführerinnen und
chriftführer an ihren vorgesehenen Plätzen geblieben
ind. – Niemand widerspricht dem. Dann eröffne ich die
bstimmung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Mitglied des
auses anwesend, das seine Stimmkarte noch nicht ab-
egeben hat? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich
ie Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und
chriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Wir wer-
en auch dieses Abstimmungsergebnis später bekannt
eben und freuen uns natürlich über jeden Einzelnen, der
iesem spannenden Augenblick persönlich beizuwohnen
eabsichtigt. Wir werden Namenslisten anfertigen, die
ei entsprechender Gelegenheit besonders gewürdigt
erden.
Möchte jemand noch weitere Abstimmungen durch-
ühren? – Das scheint mir ein Minderheitsbedürfnis zu
ein. Der FDP-Vorsitzende regt eine Aktuelle Stunde an.
ei beschleunigter Abwicklung könnte sie möglicher-
eise bis zur Bekanntgabe der ausgezählten Ergebnisse
urchgeführt werden.
Ich unterbreche die Sitzung bis zur Bekanntgabe der
bstimmungsergebnisse.1)
(Unterbrechung von 18.43 bis 18.53 Uhr)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die unterbrochene
itzung ist wieder eröffnet.
Wir kommen zum Zusatzpunkt 14 a zurück. Ich gebe
as von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermit-
elte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über
en Antrag der Fraktionen der SPD und des Bündnis-
es 90/Die Grünen auf Zurückweisung des Einspruchs
es Bundesrates gegen das Tagesbetreuungsausbauge-
etz bekannt. Abgegebene Stimmen 539. Das ist auch
ie Zahl der abgegebenen Stimmausweise, was ich aus-
rücklich lobend erwähnen will; denn es wäre kompli-
ierter, wenn es anders wäre.
(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr
richtig, Herr Präsident!)
it Ja haben gestimmt 304,
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
it Nein haben gestimmt drei, Enthaltungen 232. Damit
st der Antrag mit der erforderlichen Mehrheit angenom-
en und der Einspruch des Bundesrates zurückgewie-
en.
Ergebnis Seite 14036 A
14034 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 539;
davon
ja: 304
nein: 3
enthalten: 232
Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr (Neuruppin)
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)
Klaus Barthel (Starnberg)
Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)
Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
(Hildesheim)
Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Elvira Drobinski-Weiß
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Martina Eickhoff
Marga Elser
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)
Iris Gleicke
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ngelika Graf (Rosenheim)
ieter Grasedieck
onika Griefahn
erstin Griese
abriele Groneberg
chim Großmann
olfgang Grotthaus
arl Hermann Haack
(Extertal)
ans-Joachim Hacker
ettina Hagedorn
laus Hagemann
lfred Hartenbach
ichael Hartmann
(Wackernheim)
ina Hauer
ubertus Heil
einhold Hemker
olf Hempelmann
r. Barbara Hendricks
ustav Herzog
etra Heß
onika Heubaum
isela Hilbrecht
abriele Hiller-Ohm
tephan Hilsberg
erd Höfer
elena Hoffmann (Chemnitz)
alter Hoffmann
(Darmstadt)
is Hoffmann (Wismar)
rank Hofmann (Volkach)
ike Hovermann
laas Hübner
hristel Humme
othar Ibrügger
enate Jäger
ann-Peter Janssen
laus Werner Jonas
ohannes Kahrs
lrich Kasparick
r. h.c. Susanne Kastner
lrich Kelber
ans-Peter Kemper
laus Kirschner
ans-Ulrich Klose
strid Klug
r. Bärbel Kofler
r. Heinz Köhler
alter Kolbow
ritz Rudolf Körper
arin Kortmann
olf Kramer
nette Kramme
rnst Kranz
icolette Kressl
olker Kröning
r. Hans-Ulrich Krüger
ngelika Krüger-Leißner
orst Kubatschka
elga Kühn-Mengel
te Kumpf
r. Uwe Küster
hristine Lambrecht
hristian Lange (Backnang)
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altraud Lehn
r. Elke Leonhard
ckhart Lewering
ötz-Peter Lohmann
abriele Lösekrug-Möller
rika Lotz
r. Christine Lucyga
irk Manzewski
obias Marhold
othar Mark
aren Marks
ilde Mattheis
arkus Meckel
lrike Mehl
etra-Evelyne Merkel
lrike Merten
ngelika Mertens
rsula Mogg
ichael Müller (Düsseldorf)
hristian Müller (Zittau)
esine Multhaupt
ranz Müntefering
r. Rolf Mützenich
olker Neumann (Bramsche)
ietmar Nietan
r. Erika Ober
olger Ortel
einz Paula
ohannes Pflug
oachim Poß
r. Wilhelm Priesmeier
lorian Pronold
r. Sascha Raabe
arin Rehbock-Zureich
erold Reichenbach
r. Carola Reimann
hristel Riemann-
Hanewinckel
alter Riester
einhold Robbe
ené Röspel
r. Ernst Dieter Rossmann
arin Roth (Esslingen)
ichael Roth (Heringen)
erhard Rübenkönig
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(Tuchenbach)
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udrun Schaich-Walch
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r. Hermann Scheer
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(Nürnberg)
lla Schmidt (Aachen)
ilvia Schmidt (Eisleben)
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ilhelm Schmidt (Salzgitter)
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rigitte Schulte (Hameln)
einhard Schultz
(Everswinkel)
wen Schulz (Spandau)
r. Angelica Schwall-Düren
r. Martin Schwanholz
olf Schwanitz
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r. Sigrid Skarpelis-Sperk
r. Cornelie Sonntag-
Wolgast
olfgang Spanier
r. Margrit Spielmann
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r. Ditmar Staffelt
udwig Stiegler
olf Stöckel
hristoph Strässer
ita Streb-Hesse
r. Peter Struck
oachim Stünker
örg Tauss
ella Teuchner
r. Gerald Thalheim
olfgang Thierse
ranz Thönnes
ans-Jürgen Uhl
üdiger Veit
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örg Vogelsänger
te Vogt (Pforzheim)
r. Marlies Volkmer
ans Georg Wagner
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einhard Weis (Stendal)
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unter Weißgerber
ert Weisskirchen
(Wiesloch)
r. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
r. Rainer Wend
ildegard Wester
ydia Westrich
ge Wettig-Danielmeier
r. Margrit Wetzel
ndrea Wicklein
ürgen Wieczorek (Böhlen)
eidemarie Wieczorek-Zeul
r. Dieter Wiefelspütz
rigitte Wimmer (Karlsruhe)
ngelbert Wistuba
arbara Wittig
r. Wolfgang Wodarg
erena Wohlleben
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(Wolmirstedt)
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ta Zapf
anfred Helmut Zöllmer
r. Christoph Zöpel
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14035
(A) )
(B) )
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)
Volker Beck (Köln)
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer (Frankfurt)
Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Michaele Hustedt
Jutta Krüger-Jacob
Fritz Kuhn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)
Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)
Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth (Augsburg)
Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Ingolstadt)
Werner Schulz (Berlin)
Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf (Frankfurt)
Fraktionslose Abgeordnete
Dr. Gesine Lötzsch
Nein
CDU/CSU
Leo Dautzenberg
Axel E. Fischer (Karlsruhe-
Land)
Dr. Ole Schröder
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DU/CSU
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r. Wolf Bauer
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rnst-Reinhard Beck
(Reutlingen)
r. Christoph Bergner
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r. Rolf Bietmann
lemens Binninger
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ochen Borchert
olfgang Börnsen
(Bönstrup)
olfgang Bosbach
r. Wolfgang Bötsch
laus Brähmig
r. Ralf Brauksiepe
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onika Brüning
erena Butalikakis
artmut Büttner
(Schönebeck)
ajus Julius Caesar
itta Connemann
ubert Deittert
lexander Dobrindt
era Dominke
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aria Eichhorn
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artwig Fischer (Göttingen)
irk Fischer (Hamburg)
laus-Peter Flosbach
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r. Hans-Peter Friedrich
(Hof)
rich G. Fritz
ochen-Konrad Fromme
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
r. Jürgen Gehb
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r. Reinhard Göhner
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arl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
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elmut Heiderich
rsula Heinen
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da Carmen Freia Heller
ürgen Herrmann
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obert Hochbaum
laus Hofbauer
oachim Hörster
ubert Hüppe
usanne Jaffke
r. Peter Jahr
artholomäus Kalb
teffen Kampeter
rmgard Karwatzki
ernhard Kaster
iegfried Kauder (Bad
Dürrheim)
olker Kauder
erlinde Kaupa
ckart von Klaeden
ürgen Klimke
ristina Köhler (Wiesbaden)
anfred Kolbe
artmut Koschyk
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udolf Kraus
ichael Kretschmer
ünther Krichbaum
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r. Martina Krogmann
r. Hermann Kues
erner Kuhn (Zingst)
r. Norbert Lammert
elmut Lamp
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arl-Josef Laumann
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rsula Lietz
alter Link (Diepholz)
r. Klaus W. Lippold
(Offenbach)
atricia Lips
r. Michael Luther
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(Recklinghausen)
tephan Mayer (Altötting)
r. Conny Mayer (Freiburg)
r. Martin Mayer
(Siegertsbrunn)
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r. Michael Meister
r. Angela Merkel
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ildegard Müller
ernd Neumann (Bremen)
enry Nitzsche
ichaela Noll
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r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
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lrich Petzold
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r. Friedbert Pflüger
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uprecht Polenz
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r. Peter Ramsauer
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hrista Reichard (Dresden)
atherina Reiche
laus Riegert
r. Heinz Riesenhuber
annelore Roedel
r. Klaus Rose
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
olker Rühe
lbert Rupprecht (Weiden)
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nita Schäfer (Saalstadt)
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ernd Schmidbauer
hristian Schmidt (Fürth)
ndreas Schmidt (Mülheim)
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ilhelm Josef Sebastian
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homas Strobl (Heilbronn)
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erald Weiß (Groß-Gerau)
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laus-Peter Willsch
atthias Wissmann
erner Wittlich
agmar Wöhrl
14036 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
ja: 304
Sören Bartol
Sabine Bätzing
Marco Bülow
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Gabriele Groneberg
Petra Heß
Monika Heubaum
Johannes Kahrs
Volker Kröning
Angelika Krüger-Leißner
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
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Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)
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ris Hoffmann (Wismar)
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ike Hovermann
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r. Hans-Ulrich Krüger
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r. Uwe Küster
hristine Lambrecht
hristian Lange (Backnang)
hristine Lehder
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r. Elke Leonhard
ckhart Lewering
ötz-Peter Lohmann
Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr (Neuruppin)
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)
Klaus Barthel (Starnberg)
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Elvira Drobinski-Weiß
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Martina Eickhoff
Marga Elser
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(Extertal)
ans-Joachim Hacker
ettina Hagedorn
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(Wackernheim)
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r. Barbara Hendricks
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Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Bärbel Kofler
Dr. Heinz Köhler
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
nein: 235 Ulla Burchardt Achim Großmann Ulrich Kasparick
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
FDP
Dr. Karl Addicks
Daniel Bahr (Münster)
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
O
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Ich komme zum Zusatzpunk
den Schriftführerinnen und Sch
gebnis der namentlichen Ab
trag der Fraktionen der SPD un
Grünen auf Zurückweisung des
rates gegen das Gesetz zur Einf
Gesellschaft bekannt. Abgegeb
abgegebene Stimmen auch 539
(Zuruf von der SPD:
Kubatschka [SPD]: Sind
Schluss?)
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 539;
davon
B
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tto Fricke
orst Friedrich (Bayreuth)
ainer Funke
r. Wolfgang Gerhardt
ans-Michael Goldmann
r. Christel Happach-Kasan
lrich Heinrich
irgit Homburger
r. Werner Hoyer
ichael Kauch
ellmut Königshaus
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t 14 b. Ich gebe das von
riftführern ermittelte Er-
stimmung über den An-
d des Bündnisses 90/Die
Einspruchs des Bundes-
ührung der Europäischen
ene Stimmausweise 539,
.
Bravo! – Horst
wir nicht gut zum
–
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ernhard Brinkmann
(Hildesheim)
ans-Günter Bruckmann
delgard Bulmahn
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abine Leutheusser-
Schnarrenberger
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(Frankfurt)
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Der spontane Beifall könnte
ühren, dies sei die eigentliche
(Heiterke
atsächlich kommt es aber auf d
aben gestimmt 304,
(Beifall bei der SPD und
DIE GRÜN
it Nein haben gestimmt 235,
it ist der Antrag mit der erfor
ommen und der Einspruch de
iesen.
ngelika Graf (Rosenheim)
ieter Grasedieck
onika Griefahn
erstin Griese
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isela Piltz
r. Andreas Pinkwart
r. Max Stadler
r. Rainer Stinner
ürgen Türk
r. Guido Westerwelle
r. Claudia Winterstein
r. Volker Wissing
raktionslose Abgeordnete
artin Hohmann
zu dem Missverständnis
Hürde gewesen.
it)
ie Ja-Stimmen an. Mit Ja
dem BÜNDNIS 90/
EN)
Enthaltungen keine. Da-
derlichen Mehrheit ange-
s Bundesrates zurückge-
othar Ibrügger
enate Jäger
ann-Peter Janssen
laus Werner Jonas
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14037
(A) )
(B) )
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Caren Marks
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller (Düsseldorf)
Christian Müller (Zittau)
Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Volker Neumann (Bramsche)
Dietmar Nietan
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel Riemann-
Hanewinckel
Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)
Michael Roth (Heringen)
Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht
(Tuchenbach)
Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer
(Nürnberg)
Ulla Schmidt (Aachen)
Silvia Schmidt (Eisleben)
Dagmar Schmidt (Meschede)
Wilhelm Schmidt (Salzgitter)
Heinz Schmitt (Landau)
Carsten Schneider
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
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rigitte Schulte (Hameln)
einhard Schultz
(Everswinkel)
wen Schulz (Spandau)
r. Angelica Schwall-Düren
r. Martin Schwanholz
olf Schwanitz
rika Simm
r. Sigrid Skarpelis-Sperk
r. Cornelie Sonntag-
Wolgast
olfgang Spanier
r. Margrit Spielmann
örg-Otto Spiller
r. Ditmar Staffelt
udwig Stiegler
olf Stöckel
hristoph Strässer
ita Streb-Hesse
r. Peter Struck
oachim Stünker
örg Tauss
ella Teuchner
r. Gerald Thalheim
olfgang Thierse
ranz Thönnes
ans-Jürgen Uhl
üdiger Veit
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örg Vogelsänger
te Vogt (Pforzheim)
r. Marlies Volkmer
ans Georg Wagner
edi Wegener
ndreas Weigel
einhard Weis (Stendal)
etra Weis
unter Weißgerber
ert Weisskirchen
(Wiesloch)
r. Ernst Ulrich von
Weizsäcker
r. Rainer Wend
ildegard Wester
ydia Westrich
ge Wettig-Danielmeier
r. Margrit Wetzel
ndrea Wicklein
ürgen Wieczorek (Böhlen)
eidemarie Wieczorek-Zeul
r. Dieter Wiefelspütz
rigitte Wimmer (Karlsruhe)
ngelbert Wistuba
arbara Wittig
r. Wolfgang Wodarg
erena Wohlleben
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(Wolmirstedt)
eidi Wright
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anfred Helmut Zöllmer
r. Christoph Zöpel
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arieluise Beck (Bremen)
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olker Beck (Köln)
ornelia Behm
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atthias Berninger
rietje Bettin
lexander Bonde
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r. Thea Dückert
utta Dümpe-Krüger
ranziska Eichstädt-Bohlig
r. Uschi Eid
ans-Josef Fell
oseph Fischer (Frankfurt)
atrin Göring-Eckardt
nja Hajduk
infried Hermann
ntje Hermenau
eter Hettlich
lrike Höfken
hilo Hoppe
ichaele Hustedt
utta Krüger-Jacob
ritz Kuhn
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arkus Kurth
ndine Kurth (Quedlinburg)
r. Reinhard Loske
nna Lührmann
erzy Montag
erstin Müller (Köln)
infried Nachtwei
hrista Nickels
riedrich Ostendorff
imone Probst
laudia Roth (Augsburg)
rista Sager
hristine Scheel
rmingard Schewe-Gerigk
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lbert Schmidt (Ingolstadt)
erner Schulz (Berlin)
etra Selg
rsula Sowa
ainder Steenblock
ilke Stokar von Neuforn
ans-Christian Ströbele
ürgen Trittin
arianne Tritz
r. Antje Vogel-Sperl
r. Antje Vollmer
r. Ludger Volmer
osef Philip Winkler
argareta Wolf (Frankfurt)
raktionslose Abgeordnete
r. Gesine Lötzsch
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DU/CSU
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rnst-Reinhard Beck
(Reutlingen)
r. Christoph Bergner
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r. Rolf Bietmann
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(Bönstrup)
olfgang Bosbach
r. Wolfgang Bötsch
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r. Ralf Brauksiepe
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erena Butalikakis
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(Schönebeck)
ajus Julius Caesar
itta Connemann
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lexander Dobrindt
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r. Hans Georg Faust
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artwig Fischer (Göttingen)
irk Fischer (Hamburg)
xel E. Fischer (Karlsruhe-
Land)
laus-Peter Flosbach
erbert Frankenhauser
r. Hans-Peter Friedrich
(Hof)
rich G. Fritz
ochen-Konrad Fromme
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
r. Jürgen Gehb
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r. Reinhard Göhner
eter Götz
r. Wolfgang Götzer
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einhard Grindel
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ichael Grosse-Brömer
arkus Grübel
anfred Grund
arl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg
olger Haibach
erda Hasselfeldt
elmut Heiderich
rsula Heinen
iegfried Helias
14038 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) (C)
(B) )
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Uda Carmen Freia Heller
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Kristina Köhler (Wiesbaden)
Manfred Kolbe
Erwin Marschewski
(Recklinghausen)
Stephan Mayer (Altötting)
Dr. Conny Mayer (Freiburg)
Dr. Martin Mayer
(Siegertsbrunn)
Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Friedrich Merz
Henry Nitzsche
Michaela Noll
Günter Nooke
Dr. Georg Nüßlein
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht (Weiden)
Peter Rzepka
Anita Schäfer (Saalstadt)
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Angela Schmid
Bernd Schmidbauer
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
FDP
Dr. Karl Addicks
Daniel Bahr (Münster)
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn (Zingst)
Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Barbara Lanzinger
Karl-Josef Laumann
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)
Dr. Klaus W. Lippold
(Offenbach)
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
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Ich bedanke mich bei Ihnen
wichtigen Mitteilung persönlic
Zahl der anwesenden Kollegin
groß, als dass die ansonsten na
in Betracht gekommen wäre, je
persönlich alles Gute für die b
zu wünschen. Dennoch wünsc
ranz Obermeier
duard Oswald
elanie Oßwald
ita Pawelski
lrich Petzold
ibylle Pfeiffer
r. Friedbert Pflüger
eatrix Philipp
uprecht Polenz
aniela Raab
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r. Peter Ramsauer
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hrista Reichard (Dresden)
atherina Reiche
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r. Heinz Riesenhuber
annelore Roedel
r. Klaus Rose
r. Norbert Röttgen
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allen, dass Sie bei dieser
h anwesend waren. Die
nen und Kollegen ist zu
he liegende Möglichkeit
dem unter Namensaufruf
evorstehenden Feiertage
he ich uns allen eine be-
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atthäus Strebl
homas Strobl (Heilbronn)
ena Strothmann
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deltraut Töpfer
r. Hans-Peter Uhl
rnold Vaatz
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ndrea Astrid Voßhoff
erhard Wächter
arko Wanderwitz
eter Weiß (Emmendingen)
erald Weiß (Groß-Gerau)
nnette Widmann-Mauz
laus-Peter Willsch
atthias Wissmann
erner Wittlich
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olfgang Zeitlmann
olfgang Zöller
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innliche Weihnachtszeit und
ommen Sie alle gut ins neue J
etzt die Hoffnung verbinde, da
ags früher fertig werden, als es
Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluss: 18.5
(D
a Lenke
abine Leutheusser-
Schnarrenberger
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(Frankfurt)
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ornelia Pieper
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r. Andreas Pinkwart
r. Max Stadler
r. Rainer Stinner
ürgen Türk
r. Guido Westerwelle
r. Claudia Winterstein
r. Volker Wissing
raktionslose Abgeordnete
artin Hohmann
einige geruhsame Tage.
ahr, mit dem ich nicht zu-
ss wir in der Regel frei-
heute der Fall war.
6 Uhr)
Dr. Dieter Jahr
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder (Bad
Dürrheim)
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Doris Meyer (Tapfheim)
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Stefan Müller (Erlangen)
Bernward Müller (Gera)
Hildegard Müller
Bernd Neumann (Bremen)
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hristian Schmidt (Fürth)
ndreas Schmidt (Mülheim)
r. Ole Schröder
we Schummer
ilhelm Josef Sebastian
urt Segner
atthias Sehling
ernd Siebert
homas Silberhorn
Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Dr. Christel Happach-Kasan
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Hellmut Königshaus
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14039
(A) )
(B) )
rat – 2002 festgelegt haben. Schon in einem Jahr, ab Ja- Sie brauchen doch – ob Stadt ob Land – nur auf die
eingestellt, die wir gemeinsam – Bundestag und Bundes- J
unk-Mail-Kultur der USA auf Europa übertragen lässt.
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
* für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
sammlung des Europarates
Anlage 2
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Marktöffnung im
Postmarkt schnellstmöglich voranbringen (Ta-
gesordnungspunkt 23)
Klaus Barthel (Starnberg) (SPD): Mit den FDP-An-
trägen zur Liberalisierung in allen Lebensbereichen, so
auch zur Post, ist es fast wie Weihnachten: Alle Jahre
wieder. Anders als Weihnachten sind diese Anträge kein
Grund zum Feiern.
Ein Erfolg dieser Anträge wäre aus ganz unterschied-
lichen Gründen schädlich: Die Deutsche Post AG und
ihre Wettbewerber haben sich in ihrer Geschäftsplanung
auf die gesetzlich festgelegten Liberalisierungsschritte
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Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
Carstensen (Nordstrand),
Peter H.
CDU/CSU 17.12.2004
Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 17.12.2004
Feibel, Albrecht CDU/CSU 17.12.2004
Gutting, Olav CDU/CSU 17.12.2004
Haupt, Klaus FDP 17.12.2004
Hennrich, Michael CDU/CSU 17.12.2004
Irber, Brunhilde SPD 17.12.2004
Dr. Kolb, Heinrich L. FDP 17.12.2004
Nolting, Günther
Friedrich
FDP 17.12.2004
Otto (Godern), Eberhard FDP 17.12.2004
Rauber, Helmut CDU/CSU 17.12.2004*
Ronsöhr, Heinrich-
Wilhelm
CDU/CSU 17.12.2004
Schauerte, Hartmut CDU/CSU 17.12.2004
Dr. Thomae, Dieter FDP 17.12.2004
(C
(D
Anlagen zum Stenografischen Bericht
uar 2006, sinkt die Gewichtsgrenze auf 50 Gramm, am
1. Dezember 2007 endet jeglicher Rest des Postmono-
ols, also in bereits drei Jahren. Wer an diesem Stufen-
lan ständig rüttelt, gefährdet die Entwicklung einer
anzen Branche, gefährdet Zigtausende Arbeitsplätze,
efährdet die Erbringung der Postdienste.
Unsere Politik bleibt berechenbar, und zwar sowohl
Interesse der Kundinnen und Kunden, der Arbeitneh-
erinnen und Arbeitnehmer sowie seriösen Unterneh-
en in der Branche. Diese haben sich auf die geltenden
eitpläne, Lizenzbedingungen und Netzzugangsbedin-
ungen eingestellt. Wer das aufbricht, hilft eben nicht ei-
em fairen und qualitätsorientierten Wettbewerb, son-
ern großen Konzernen, die sehr schnell in der Lage
ären, die interessanten Sektoren des Postmarktes auf-
urollen, ohne sich großartig um Arbeitsplätze, Flächen-
edienung und sonstiges Kleingedruckte zu kümmern.
Man muss sich doch nur auf dem Markt umschauen,
m zu erkennen, was da passiert. In der Hoffnung auf
as Konsolidierungsgeschäft laufen sich nicht die Ich-
Gs und Mittelständler warm, sondern die Großverlage,
roßversender und internationalen Postkonzerne. Bei-
piel ist der Aufkauf von Mehrheitsanteilen eines erfolg-
eichen mittelständischen Berliner Zustelldienstes durch
wei Großverlage. Ein weiteres Beispiel ist das eines
nternehmens aus Hannover, das sich selbst als „Billig-
lieger“ und als Nummer zwei der Branche sieht und der
er niederländischen Post und einem Versandkonzern
ehört. Diese Nummer zwei hat sage und schreibe
0 Beschäftigte, die eine erlesene Kundschaft aus Ener-
ieversorgern, Versandhändlern und Banken betreuen.
er „Billigflieger“ gibt dann die Aufträge an ein unüber-
chaubares Geflecht von Subunternehmern weiter. Das
t der hochprofitable Rosinenmarkt der industriell ge-
ertigten Briefsendungen wie Werbepost, Monatsabrech-
ungen oder Kontoauszüge.
So wie es bei den Leistungserbringern nicht die Klei-
en sind, die profitieren, sind es auch auf Kundenseite
ie Normalverbraucher, die Handwerker und Freiberuf-
er mit ihrem Schriftverkehr und ihren Rechnungen, die
avon profitieren, ganz im Gegenteil. Wenn dieses Mas-
engeschäft – etwa 80 Prozent des gesamten Sendungs-
olumens – noch früher als geplant in den Wettbewerb
eht, und sei es nur zum Teil, wird der Rest der Welt,
lso 99 Prozent der Bevölkerung, mit ihrem Kleinzeug
ie Zeche bezahlen, und zwar auch durch höheres Porto.
Der Glaube der FDP an das Modell USA ist im An-
rag dokumentiert, bedarf aber zweier Hinweise: Zum ei-
en hat die von der FDP gelobte Entwicklung dort dazu
eführt, dass der staatliche US Postal Service jährlich
illiardenverluste einfährt und zum Sanierungsfall ge-
orden ist – und das, obwohl er anders als die Deutsche
ost ein 100-prozentiges Zustellungsmonopol hat. Zum
nderen zweifeln Analysten mit Recht daran, ob sich die
14040 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
(A) )
(B) )
vielen Briefkästen schauen, auf denen steht: „Bitte keine
Werbung“.
Auch der Glaube, dass die Bank-, Strom- und Ver-
sandkunden etwas davon hätten, dass ihre Banken usw.
erhebliche Rabatte bekommen, ist durch die Realität wi-
derlegt. Ein Blick auf Ihren Kontoauszug genügt: Dort
steht das normale Briefporto, das Ihnen in Rechnung ge-
stellt wird. Gleichzeitig wissen wir, dass diese Großver-
sender schon jetzt Rabatte von rund 10 Cent, also
18 Prozent bekommen. 45,1 Cent zahlen, 55 kassieren,
das macht bei den Zigmillionen Bankauszügen, die mo-
natlich verschickt werden, jährlich millionenschwere
Summen aus, die den Kunden vorenthalten werden, ein
nettes Zubrot zu den ohnehin nicht gerade maßvollen
Kontoführungsgebühren für den Normalverbraucher.
Die FDP will also nichts anderes, als dieses Zubrot
zugunsten der Ärmsten zu verallgemeinern und zu ver-
größern. Das hat weder mit fairem Wettbewerb noch mit
Portosenkung, noch mit Wachstum und Arbeitsplätzen
zu tun.
Die FDP will mit ihrem Antrag den Bundestag nicht
nur verleiten, Unsinn, Vermutungen und Unterstellungen
zu beschließen. Sie handelt auch noch auf fast zwei Sei-
ten die Konsolidierung und postvorbereitenden Dienste
ab, ohne zu sagen, was das eigentlich ist. Einmal schrei-
ben Sie, es gehe um gewerbliches Sammeln, Sortieren
und Frankieren, Seite 1.
Dann schreiben Sie, es gehe um Abholen, Sammeln,
Sortieren, Seite 2. Sie werfen die Begriffe durcheinan-
der. Weite Teile der postvorbereitenden Dienste sind
längst liberalisiert. Niemand wird gehindert, auszudru-
cken, zu kuvertieren, zu sortieren, zu frankieren.
Bei der Konsolidierungsdebatte geht es um die Pflicht
der Post AG, mit entsprechenden Rabatten gewerblich
vorbereitete Sendungen überall entgegenzunehmen und
überall zustellen zu müssen wie andere voll bezahlte
Sendungen. Dabei geht es oft um Sendungen, die Wett-
bewerber deshalb aussortieren, weil sie sie in schwach
strukturierten Gebieten selber nicht zustellen wollen. Für
uns gilt aber auch: Dort, wo die Post AG die jetzige
Rechtslage benutzt, um sich Wettbewerbsvorteile zu ver-
schaffen, ist eine Änderung notwendig.
Das EU-rechtliche Problem dabei ist gerade nicht,
dass wir zu wenig Liberalisierung in unserem Postgesetz
haben, das noch in der Zeit von Kohl und Bötsch ent-
standen ist, sondern zu viel. Die EU-Kommission spricht
es ganz offen aus: Nur weil es bei uns den offenen Netz-
zugang mit Teilleistungen gibt, den es in den meisten an-
deren Ländern eben nicht gibt, haben wir jetzt das Pro-
blem. Länder, die diesen Liberalisierungsgrad nicht
haben, haben keine Konsolidierungsdebatte. Einmal
mehr lässt sich an dieser Stelle belegen, dass wir in
Deutschland eben nicht Schlusslicht der Liberalisierung
sind, sondern – nach verschiedenen Untersuchungsindi-
zes – zum oberen Viertel gehören. Einmal mehr sehen
wir, was wir davon haben, dass wir uns in der Liberali-
sierung nicht im Gleichklang mit den anderen EU-Mit-
gliedstaaten befinden, sondern Union und FDP seiner-
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(C
(D
eit meinten, mehr als nötig und sinnvoll draufsatteln zu
üssen.
Wir stellen fest: Erstens. Wir brauchen in punkto
onsolidierung nicht die von der FDP geforderte Geset-
esänderung. Wir haben dazu unsere Meinung, dass das
ostgesetz im Kern in Ordnung ist. Wenn Kartellamt
nd EUGH in einem einzelnen Punkt rechtswirksam an-
erer Meinung sind, haben wir das zu akzeptieren.
Zweitens. Wir werden das Ende der Exklusivlizenz
icht vorziehen. Unser Wort gilt.
Zum Schluss noch etwas an die Adresse der Union,
ie sich bekanntlich auch auf anderen Themenfeldern
in Kopf an-Kopfpauschal-Rennen mit der FDP um den
rutalstmöglichen Neoliberalismus liefert. Da gibt es
eit Anfang dieser Woche die Bundesratsinitiative von
essen und Niedersachsen mit ähnlichem Gehalt wie der
eutige FDP-Antrag. Da gibt es Anträge der CSU-Frak-
ion im Bayerischen Landtag und entsprechende Be-
chlüsse. Die Union braucht aber mit Rücksicht auf ihre
ähler ein bisschen Tarnung. Deswegen garniert die
nion ihre Liberalisierungsforderungen stets mit Wie-
erholungen über die Postinfrastruktur, in Bayern sogar
it der Forderung nach besserer Aus- und Weiterbildung
er Postbeschäftigten. Hessen und Niedersachsen woll-
en noch vor einem halben Jahr neue Regulierungsvor-
chriften über Filialöffnungszeiten, Ortsteile und Brief-
ästen.
In der Tat gibt es hier immer wieder Anlass zur Kritik
n der Post. Wenn es um konkrete Verbesserungen geht,
teht die SPD oft alleine, zum Beispiel im Beirat der Re-
ulierungsbehörde. Hier halten sich die medienwirksa-
en Postkritiker mit konstruktiven Vorschlägen meist
ornehm zurück oder fehlen ganz wie der Vertreter des
reistaates Bayern. All das kann heute nicht ausgeführt
erden. Aber eines können wir der Union nicht durchge-
en lassen: Besseren flächendeckenden Service von der
ost AG zu verlangen und gleichzeitig diesem Unterneh-
en die Einnahmen wegzubrechen. Und: Die Union
eiß ganz genau, dass viele gesetzliche Verpflichtungen
m Universaldienst und die Selbstverpflichtung an die
auer der Exklusivlizenz geknüpft sind. Darüber scheint
ich aber niemand von der Union Gedanken zu machen.
Ich fasse zusammen: Die FDP liegt geradeheraus
alsch. Die Unionslandesregierungen Hessen und Nie-
ersachsen liegen auch falsch, aber das auch noch mit in
ich widersprüchlichen Forderungen. An die Union als
anzes richtet sich einmal mehr die Frage, inwieweit sie
igentlich geschäftsfähig ist, wenn sie noch vor zwei
ahren mit uns Regelungen bis 2007 beschließt, und zu-
indest nicht unwesentliche Teile der Union den gefun-
enen Kompromiss jetzt wieder infrage stellen. Was ist
as Wort einer Unionsbundesratsmehrheit heute noch
ert? Der Antrag der FDP gibt der Union im Zuge der
eratungen die Chance, ihre Haltung zu klären. Ich for-
ere sie auf: Nutzen Sie die besinnliche Zeit.
Johannes Singhammer (CDU/CSU): Lassen Sie
ich zu Beginn drei zentrale Feststellungen treffen:
Erstens. Die Privatisierung der damaligen Bundespost
or zehn Jahren unter der Verantwortung einer CDU/
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14041
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CSU- und FDP-Bundesregierung war volkswirtschaft-
lich richtig. Und was die heutigen Nachfolgeunterneh-
men Deutsche Post AG, Deutsche Telekom AG und
Postbank betrifft, waren und sind sie auch wirtschaftlich
sehr erfolgreich!
Zweitens. Die Union wollte damals und will natürlich
auch heute den Wettbewerb auf den Märkten. Wir wol-
len ein Aufbrechen alter Monopolstrukturen, um die
Kräfte des Marktes für ein Mehr an Wachstum, ein Mehr
an Innovation und ein Mehr an Arbeitsplätzen zu entfes-
seln.
Drittens. Wir wollen ein Mehr an Flexibilität, ein
Mehr an Chancen, aber auch ein Mehr an fairem Wettbe-
werb, national wie international. Wir wollen, dass sich
der Global Player Deutsche Post AG fair gegenüber
Wettbewerbern verhält, aber auch fair auf dem Heimat-
markt behandelt wird.
Echter Wettbewerb schafft Wachstum und nicht nur
eine Umverteilung, bringt innovative Produkte, neue
Dienstleistungsangebote auf den Markt und nutzt dem
Mittelstand, der seine Chance zur Besetzung einer
Dienstleistungs- und neuen Produktnische schneller, ef-
fizienter und passgenauer besetzen kann, als Großunter-
nehmen dazu in der Lage sind.
Das ist die Ausgangslage: Seit Januar 1998 wurden
bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation
und Post über 1 800 Lizenzanträge für den Postbereich
gestellt. Von den seither rund 1 700 genehmigten Unter-
nehmenslizenzen für die Beförderung von Briefsendun-
gen sind derzeit rund 1 050 lizenzierte Wettbewerber der
Deutschen Post AG auf dem Markt. Allerdings hatte
rund die Hälfte dieser Unternehmen im Jahr 2003 noch
keine Umsätze erzielt.
Ausdrücklich begrüßenswert ist daher, dass sich eine
neue positive Marktentwicklung bei den Unternehmens-
lizenzen für höherwertige Postdienstleistungen abzeich-
net: Vonseiten der Regulierungsbehörde für Telekommu-
nikation wird dies positiv begleitet, um innovativen
neuen Angeboten eine Lizenzierung auf dem deutschen
Postmarkt zu ermöglichen. Dies sind beispielsweise hö-
herwertige Dienstleistungen mit taggleicher Postzustel-
lung, mit termingenauer Postzustellung, aber auch inte-
grierte Logistikdienstleistungen, bei denen der Kunde
beraten wird, Adressenkorrekturen vorgenommen wer-
den, ein Ausdruck der zu versendenden Mitteilungen
und eine Vorbereitung für die Zustellung – insbesondere
Adressierung, Falzung und Kuvertierung und Ähnliches
vorgenommen werden.
Also schlichtweg: Es wird mehr für den Kunden ge-
tan, als dies die Deutsche Post AG im Rahmen des Uni-
versaldienstes anbietet. Hier findet ein echtes Mehr an
Leistung und damit an Umsatz und Wachstum im Markt
statt. Das ist unterstützenswert.
Als Union haben wir uns für den Wettbewerb ent-
schieden, während Rot-Grün die steuerliche Ungleichbe-
handlung bei der Mehrwertsteuer auf Postdienstleistun-
gen zugunsten der Deutschen Post AG zementiert. Wir
sind der Meinung, dass alle Marktteilnehmer – egal ob
Deutsche Post AG oder private Konkurrenten – die glei-
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hen steuerrechtlichen Wettbewerbsbedingungen und
ie gleichen Wettbewerbschancen auf dem deutschen
arkt haben müssen. Ungleichbehandlungen der Wett-
ewerber schaden dem Verbraucher, denn nur Wettbe-
erb wird zu mehr Verbraucher- und Kundenfreundlich-
eit und sinkenden Portopreisen führen.
Im Wirtschaftsausschuss hat Rot-Grün im April 2004
wie später auch im September 2004 hier im Hohen
ause – gegen einen fairen Wettbewerb gestimmt. Rot-
rün hat für die Fortdauer der einseitigen steuerlichen
efreiung der Deutschen Post AG in Bezug auf die Post-
ienstleistungen gesorgt. Das ist der falsche Weg!
Die Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion
aben heute einen Antrag in den Deutschen Bundestag
ingebracht, der zum einen die Freigabe der postvorbe-
eitenden Dienste, die Konsolidierung, fordert und zum
nderen eine vorzeitige Aufhebung der Exklusivlizenz
ür die Deutsche Post AG. Die Zulassung der vorberei-
enden Dienste – also das Einsammeln, Vorsortieren und
bergeben von Briefen in Briefzentren der Deutschen
ost AG durch private Unternehmen unter Gewährung
ines Großhandelsrabatts – wird zu Verlusten von
arktanteilen bei der Deutschen Post AG führen. Schät-
ungen gehen von 5 bis 10 Prozent aus, die Deutsche
ost AG rechnet mit einigen 100 Millionen Euro.
Die Fakten:
Erstens. Die Konsolidierung im regionalen Bereich ist
ereits von der Deutschen Post AG tolerierte Praxis. Es
ehlt jedoch die Rechtssicherheit und damit die zuverläs-
ige Planbarkeit für die privaten Mitbewerber.
Zweitens. Die Deutsche Post verwehrt jedoch die
onsolidierung im überregionalen Bereich. Sie fürchtet
ffenkundig, dass sich die Privaten auf diesem Wege im
erbund mit überregionalen Versanddienstleistern als
undesweite Konkurrenz für die Zeit nach dem Wegfall
er Exklusivlizenz etablieren werden.
Drittens. Nach Auffassung der EU-Kommission ver-
tößt das geltende deutsche Recht, der § 51 Postgesetz,
n diesem einen Punkt gegen das EU-Recht. Unter Set-
ung einer Frist von zwei Monaten bis zum
2. Dezember 2004 hat daher die EU-Kommission die
undesregierung aufgefordert, eine Klarstellung vorzu-
ehmen, nach der zweifelsfrei die Konsolidierung nicht
nter die Exklusivlizenz für die Deutsche Post AG fallt.
Viertens. Diesbezüglich liegt ein Vorlagebeschluss
es Verwaltungsgerichtes Köln beim Europäischen Ge-
ichtshof vor.
Fünftens. Das Bundeskartellamt hat zwischenzeitlich
in Verfahren wegen Wettbewerbsbehinderung bzw. Dis-
riminierung gegen die Deutsche Post AG eingeleitet.
Sechstens. Die Bundesregierung schweigt!
Die Bundesregierung allein trägt damit die Verant-
ortung für Planungsunsicherheit auf dem deutschen
ostmarkt. „Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartof-
eln“, das ist das Handlungsmuster des Bundeswirt-
chaftsministers. Eine kurze Chronologie des rot-grünen
chlingerns kann ich Ihnen leider nicht ersparen:
14042 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Erstens. Am 28. November 2003 erklärte die Bundes-
regierung – nach einer Aufforderung der EU-Kommis-
sion vom 3. Oktober 2003 –, man sehe die wettbewerbs-
rechtlichen Bedenken der EU-Kommission und werde
im Einzelnen prüfen, was am Postgesetz zu ändern sei.
Zweitens. Nichts passiert. Daher die Mahnung der
EU-Kommission am 1. April 2004.
Drittens. Die Bundesregierung erklärt daraufhin mit
Schreiben vom 17. Mai 2004, man werde den § 51 Post-
gesetz EU-konform ändern.
Viertens. Die von der Bundesregierung vorgeschla-
gene gesetzliche Aufhebung der örtlichen Einlieferungs-
beschränkung kleidet jedoch nur die bereits heute gän-
gige Praxis in Rechtsform. Die Bedenken Brüssels
werden damit nicht aufgegriffen.
Fünftens. Brüssel leitet daher mit Schreiben vom
20. Oktober 2004 ein offizielles Vertragsverletzungsver-
fahren ein. Die Bundesregierung hat zwei Monate Zeit,
ihre Haltung zu ändern.
Sechstens. Bundeswirtschaftsminister Clement erklärt
daraufhin am 21. Oktober 2004, man werde prüfen, ob
private Postunternehmen im Wettbewerb benachteiligt
würden.
Siebentens. Der Vertreter der Bundesregierung erklärt
im Beirat der Regulierungsbehörde am 13. Dezember
2004, die Bundesregierung werde keine Änderung des
Postgesetzes vornehmen, solange nicht das anhängige
Gerichtsverfahren beim Europäischen Gerichtshof ent-
schieden sei.
Was und wie denn nun? Die Bundesregierung soll
endlich klipp und klar sagen, was sie eigentlich will. Soll
der deutsche Postmarkt im Bereich der Konsolidierung
für Wettbewerber Deutschen Post AG geöffnet werden?
Oder soll bis zum Ende der Exklusivlizenz am
31. Dezember 2007 im deutschen Postmarkt nur ein ein-
geschränkter Wettbewerb auch in diesen Bereichen mög-
lich sein? Die Bundesregierung ist aufgefordert, poli-
tisch zu handeln und nicht auf Gerichtsurteile des
Europäischen Gerichtshofes zu warten.
Für die Union sage ich: Bei uns besteht eine grund-
sätzliche Offenheit, über eine entsprechende Verände-
rungen bei der Konsolidierung nachzudenken. Das hat
weniger mit den EU-rechtlichen Vorgaben zu tun als mit
unserer grundsätzlichen Überzeugung, dass in diesem
Teilbereich des Postmarktes Wettbewerb neue Chancen
eröffnet für: ein Mehr an Umsatz, ein Mehr an Wachs-
tum und ein Mehr an Arbeitsplätzen.
Nun fordert die FDP als zentralen Punkt noch eine
vorzeitige Aufhebung der Exklusivlizenz für Briefe bis
zu 100 Gramm. Zunächst darf ich der Genauigkeit hal-
ber anmerken, dass die Exklusivlizenz für Briefe bis zu
100 Gramm nur noch bis zum 31. Dezember 2005 gilt.
Danach gilt die Exklusivlizenz nur noch für Briefe unter
50 Gramm bis zum 31. Dezember 2007. Zum 1. Januar
2008 tritt automatisch die volle Liberalisierung auf dem
deutschen Postmarkt in Kraft.
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Es ist selbstverständlich, dass die Deutsche Post AG
ie Postuniversaldienstleistungsverordnung einhält. Wir
egrüßen die Umsetzung der im Sommer eingegangen
elbstverpflichtungserklärung mit ihren über die
UDLV hinausreichenden Festschreibungen. Wir erwar-
n aber auch, dass bei auch noch jetzt bestehenden
tandortproblemen in der Fläche – Stichwort Verbands-
emeinden mit jeweils unter 2 000 Einwohnern in den
eilgemeinden – Lösungen gefunden werden. Die Deut-
che Post AG hat auch die Verantwortung, in wirtschaft-
ch unattraktiven Bereichen präsent zu sein.
Wir sehen jedoch auch Gefahren bei einer überhaste-
n vorzeitigen Aufkündigung der Exklusivlizenz: Die
eutsche Post AG müsste ihre Investitionsplanungen in-
erhalb nur weniger Monate revidieren. Private müssten
nerhalb von wenigen Monaten ein funktionsfähiges
eschäftsmodell für einen Universaldienst entwickeln
nd eine entsprechende Logistik aufbauen. Der zeitlich
orgezogene Wettbewerb würde zudem mit einem er-
eblichen Vertrauensverlust bezahlt.
Ob innerhalb von nur einem Jahr Vorlaufzeit eine
undesweite Versorgung mit Postuniversaldiensten auch
ußerhalb der Ballungsorte reibungslos sichergestellt
erden kann, ist nicht sicher. Für uns ist die Versorgung
er Bevölkerung und der Wirtschaft mit einem funktio-
ierenden flächendeckenden Universaldienst jedoch ent-
cheidend.
Abschließend lassen Sie mich noch darauf eingehen,
ass die Entscheidung über den Zeitpunkt des Wegfalls
er Exklusivlizenz nicht losgelöst von europäischen
achbarländern gesehen und getroffen werden kann,
sbesondere mit Blick auf die Situation in Frankreich,
ber auch anderen Ländern mit einem weiterhin abge-
chotteten Postmarkt. Mit einer Freigabe der Exklusiv-
zenz würde der Deutschen Post AG auf dem Heimat-
arkt die Konkurrenz von ausländischen Unternehmen
evorstehen, ohne dass sie auf den anderen Märkten die
leichen Möglichkeiten nutzen könnte.
Nach einer Studie der Wik Consult im Auftrag der
U-Kommission, bei der die Marktanteile der Wettbe-
erber für inländische Briefpost dargestellt werden, er-
ibt sich, dass der Marktanteil der Wettbewerber auf
em deutschen Markt bei 4 Prozent liegt, in Dänemark
er Wettbewerberanteil bei 2 Prozent liegt, in Großbri-
nnien – dem oft gebrauchten Positivbeispiel – bei nur
Prozent. Für Frankreich sind keine Zahlen bekannt, da
ort faktisch kein Wettbewerb herrscht. Wettbewerb darf
eine nationale Einbahnstraße sein!
Dies sind die Gründe, warum wir trotz aller Sympa-
ie für mehr Wettbewerb dem so nicht zustimmen wer-
en. Die Union will den Dreiklang: erstens eine interna-
onal wettbewerbsfähige Deutsche Post AG; zweitens
inen Wettbewerb auf dem deutschen Postmarkt, der ein
chtes Mehr an Umsatz und Beschäftigung schafft, und
rittens wollen wir eine gesicherte und bewährte Versor-
ung mit Postdienstleistungen.
Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
ie rot-grüne Koalition betreibt eine engagierte und er-
olgreiche Wettbewerbspolitik. Wir sorgen für einen fai-
en Wettbewerbsrahmen und schaffen die Voraussetzun-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14043
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gen für Innovationen und für die Entwicklung neuer
Beschäftigungsfelder, besonders durch kleine und mitt-
lere Unternehmen.
Bei der FDP richtet sich die Wettbewerbsorientierung
dagegen nach der Intensität der Verbundenheit mit der
jeweils betroffenen Klientel. Ich erinnere mich noch gut
an die Situation vor einem Jahr: Die Koalition konnte ihr
sehr ambitioniertes Reformgesetz zur Novellierung der
Handwerksordnung nur zum Teil durchsetzen, denn die
Mehrheit im Bundesrat aus FDP und CDU war gegen die
Reform. Sie wollte an dem Schutz der Handwerksmeis-
ter vor Wettbewerb festhalten und den Handwerkern so
ein Privileg sichern. Wenn es allerdings um mehr Wett-
bewerb bei den Apotheken geht, dann vertritt die FDP
ohne Wenn und Aber die wettbewerbsfeindliche Position
der Apotheker. Die FDP meinte, sie könnte sich so Wäh-
lerstimmen dieser Klientel sichern. Dennoch konnten
wir wesentliche Reformschritte durchsetzen und so die
Schaffung vieler Arbeitsplätze, die in der Zwischenzeit
entstanden sind, unterstützen. Der Antrag der FDP ist
nichts anderes als der durchsichtige Versuch, sich als
Hüterin des Wettbewerbs aufzuspielen. Das machen wir
nicht mit.
Die Koalition entwickelt konsequent den Wettbe-
werbsrahmen für die netzgebundenen Infrastrukturen,
die früher zum Monopolbereich der Bundespost gehör-
ten. Sehr erfolgreich haben wir im Frühjahr die Novelle
des Telekommunikationsgesetzes abgeschlossen und ei-
nen fairen Wettbewerbsrahmen geschaffen. Ohne die
Einführung von Wettbewerb bei der Telekommunikation
wären die vielfältigen Angebote im Internet, die dras-
tisch gesunkenen Telefonpreise, die neuen Dienste, die
die Kommunikation extrem erleichtert haben, nicht
denkbar. Damit wurden wichtige Impulse für Wachstum,
Beschäftigung und Innovation gegeben.
Auch bei den Postdiensten haben wir in vielen Berei-
chen bereits Wettbewerb. Die Mitgliedstaaten der EU
haben sich darauf geeinigt, 2007 den letzten Monopolbe-
reich bei den Standardbriefen zu beseitigen und dort
Wettbewerb einzuführen. An diesem Ziel halten wir fest.
Nicht akzeptabel ist es für uns, wenn die Post AG den
Monopolbereich über den klar definierten Rahmen hi-
naus ausdehnt. Derzeit gewährt sie Großkunden, die ihre
Massensendungen frankiert und sortiert einliefern, Ra-
batte. Dienstleistern, die diese vorbereitenden Arbeiten
für kleinere Auftraggeber übernehmen wollen, werden
keine Preisnachlässe gewährt. Das ist für mich eine nicht
akzeptable Wettbewerbsverzerrung. Gerade kleine und
mittlere Unternehmen werden dadurch benachteiligt. Sie
haben nicht die Möglichkeit, vergleichbar günstige Kon-
ditionen zum Beispiel für Werbesendungen zu erhalten,
und haben dadurch schlechtere Marktchancen.
Die Post muss diese diskriminierende Praxis sofort
beenden. Das Postgesetz erlaubt kein Monopol bei den
so genannten postvorbereitenden Diensten. Die EU-
Kommission sieht hier ein diskriminierendes Vorgehen
der Deutschen Post AG. Die Kommission hat bereits
eine Entscheidung getroffen, ein Verfahren vor dem Kar-
tellamt läuft noch. Es macht auch keinen Sinn, gegen die
Entscheidung der Kommission zu klagen.
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Wettbewerb wird in gut zwei Jahren auf dem gesamten
ostmarkt stattfinden. Schon jetzt dehnt er sich aus. Hö-
erwertige Dienste, nämlich Briefsendungen, die termin-
enau zugestellt werden, können schon heute von Wett-
ewerbern erbracht werden. Nach Presseberichten planen
ie Verlagshäuser Springer, WAZ und die Holzbrinck-
ruppe, sich an einer in der gesamten Bundesrepublik
riefe zustellenden Europost zu beteiligen und ihre Ver-
riebstöchter in die bundesweite Struktur zur Verteilung
on Briefen zu integrieren. Die Deutsche Post AG ist gut
eraten, wenn sie sich intern auf Wettbewerb einstellt.
ie Deutsche Post AG hat genug Potenzial, um selbstbe-
usst in die Offensive zu gehen. Viele Arbeitsplätze sind
ei den neuen Wettbewerbern bei Paket- und Zustell-
iensten entstanden. Dieser Prozess muss weitergehen.
ir werden weiter daran arbeiten, einen fairen Wettbe-
erbsrahmen zu schaffen.
Rainer Funke (FDP): Die Weihnachtszeit wird all-
emein als die Zeit der Besinnlichkeit bezeichnet. Auch
ir sollten uns heute mal besinnen und – nicht nur, aber
uch – über mögliche niedrigere Preise für die Weih-
achtspost, die wir lieben Menschen schicken, nachden-
en.
Genau darauf zielt unser heutiger Antrag. Wir können
as erreichen, indem wir endlich im Briefmarkt auf die
raft des Wettbewerbs setzen. Allein der Bereich der
ostvorbereitenden Dienste bietet ein riesiges Potenzial
ür Portosenkungen, Innovationen und neue Arbeits-
lätze. Andere Länder haben uns das längst vorgemacht.
n den Vereinigten Staaten hat die Freigabe der so
enannten Konsolidierungsleistungen zu deutlichen
achstumssteigerungen und zur Entwicklung einer ei-
enständigen und dynamischen Dienstleistungsbranche
eführt.
In Deutschland hat das Bundeskartellamt das Verhal-
en der Post AG gegenüber den Konsolidierern als dis-
riminierend erkannt. Ich gehe davon aus, dass der Be-
chluss des Kartellamtes Anfang kommenden Jahres den
onopolisten im Briefmarkt auffordern wird, den Post-
orbereitern gleiche Konditionen einzuräumen wie den
igenen Großkunden.
Und was macht die Bundesregierung? Sie steht trotz
ntsprechender Interventionen der Europäischen Kom-
ission mal wieder auf der Wettbewerbsbremse. Sie be-
reibt Industriepolitik zugunsten der Deutschen Post AG
nd verhindert Preissenkungen. Mit einer Klarstellung
m Postgesetz könnten alle Konsolidierungshindernisse
anz schnell aus dem Weg geräumt werden. Leider ver-
eigert sich Rot-Grün und überlässt mal wieder der FDP
ie Arbeit. Stimmen Sie unserem Antrag zu, dann wird
umindest im kommenden Jahr die Weihnachtspost auch
ünstiger.
Gehen Sie auch an das Briefmonopol insgesamt ran!
ie FDP unterstützt ausdrücklich mit diesem Antrag die
nitiative der Bundesländer Niedersachsen und Hessen.
ie gesamte Briefbeförderung und -verteilung muss in
en Wettbewerb gestellt werden. Mit jedem zusätzlichen
ahr Briefmonopol belasten wir Verbraucher und Unter-
ehmen gleichermaßen. Die jüngst vorgelegte Studie
14044 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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von Professor Kruse belegt: Überhöhte Portogebühren
schwächen zusätzlich die Wettbewerbsfähigkeit deut-
scher Unternehmen. Fehlender oder unzureichender
Wettbewerb in einem der wichtigsten Teilmärkte des
Postmarktes bedeutet leider weniger Arbeitsplätze, we-
niger Investitionen und weniger Kundenzufriedenheit,
als möglich wäre.
Lassen Sie uns heute besinnlich sein und unseren An-
trag mit vielen guten Wünschen in zügige Ausschuss-
beratungen schicken, um ihn dann Anfang kommenden
Jahres gemeinsam zu verabschieden. Ich wünsche Ihnen
ein frohes Weihnachtsfest.
Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister für Wirtschaft und Arbeit: Die FDP-Fraktion
hat mit dem vorliegenden Antrag die Zulassung so ge-
nannter Konsolidierer zum Postmarkt gefordert. In die-
sem Zusammenhang hat jüngst die Europäische Kom-
mission am 20. Oktober 2004 eine Entscheidung gegen
die Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage des
Art. 86 Abs. 3 des EG-Vertrages wegen Diskriminierung
der Anbieter von Postvorbereitungsdiensten getroffen.
Diese Entscheidung wird die Bundesregierung allerdings
nicht akzeptieren. Die Klageschrift ist bereits entworfen
und wird fristgerecht spätestens am 22. Dezember 2004
eingereicht werden. Die Bundesregierung vertritt die
Auffassung, dass das deutsche Postgesetz im Einklang
mit der Postdiensterichtlinie und den Wettbewerbsregeln
des EG-Vertrages steht. Eine Öffnung der der Deutschen
Post AG bis 31. Dezember 2007 zugestandenen Exklu-
sivlizenz und ein Teilleistungszugang für so genannte
Konsolidierer ist nach Ansicht der Bundesregierung
nicht gefordert. Das gemeinschaftliche Recht der Post-
märkte, das heißt die Postdiensterichtlinie, sieht keine
Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Einführung eines
Netzzugangs in das jeweilige nationale Postrecht vor.
Die Postdiensterichtlinie erlaubt vielmehr den Mit-
gliedstaaten, in bestimmten vorgegebenen Grenzen die
gesamte postalische Wertschöpfungskette der Briefbe-
förderung exklusiv für einen Anbieter zu reservieren.
Von diesem Recht hat der deutsche Gesetzgeber Ge-
brauch gemacht und nunmehr möchte die Bundesregie-
rung das Gleichgewicht der Finanzen des Anbieters von
Universaldienstleistungen nicht gefährden. Im Rahmen
eines den gleichen Streitgegenstand betreffenden Vorla-
geverfahrens des Verwaltungsgerichts Köln hat die Bun-
desregierung bereits am 1. Dezember 2004 fristgerecht
gegenüber dem Europäischen Gerichtshof Stellung ge-
nommen. Eine Änderung des Postgesetzes wird also
zum jetzigen Zeitpunkt strikt abgelehnt. Die Bundes-
regierung hat sich entschlossen, angesichts der ungeklär-
ten Rechtslage eine Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofs – oder des Gerichts Erster Instanz – abzu-
warten. Sollte eine Entscheidung fallen, die der Rechts-
auffassung der Bundesregierung nicht entspricht, werden
wir selbstverständlich unverzüglich alle Maßnahmen
einleiten, um dieser Entscheidung schnellstmöglich
nachzukommen.
Zum 2. Teil: Die FDP-Fraktion hat des Weiteren gene-
rell Kritik an der der Deutschen Post AG gewährten Ex-
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lusivlizenz geäußert und die Bundesregierung aufgefor-
ert, im Interesse von zusätzlichen Investitionen und
rbeitsplätzen im Briefmarkt diese bereits vor 2007 auf-
uheben. Aufgrund der für den Standort wichtigen Ver-
ässlichkeit der Rahmenbedingungen und der Rechtssi-
herheit im Markt wird ein Vorziehen des Zeitpunkts des
uslaufens der gesetzlichen Exklusivlizenz – am 31. De-
ember 2007 – als nicht sachdienlich erachtet. Mit ihrem
iberalisierungsfahrplan sieht sich die Bundesregierung
m Einklang mit einigen anderen wichtigen Mitgliedstaa-
en der Europäischen Union.
Die Bundesregierung sieht allerdings auf der anderen
eite – und auch hier möchte sie keine Zweifel aufkom-
en lassen – keine Veranlassung für eine Verlängerung
er ausschließlichen Rechte der Deutschen Post AG.
uch mit dieser Festlegung sehen wir uns im Boot mit
nderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die
eilweise bereits heute schon vollständig liberalisiert ha-
en oder deren Enddatum für die Gewährung ausschließ-
icher Rechte mit dem von uns Festlegten zusammen-
ällt.
nlage 3
Zu Protokoll gegebene Rede
zur Beratung der Anträge:
– Für eine Selbstverpflichtung öffentlich-
rechtlicher und privater Rundfunksender
zur Förderung von Vielfalt im Bereich von
Pop- und Rockmusik in Deutschland
– Musik aus Deutschland fördern – Für eine
freiwillige Selbstverpflichtung der Hörfunk-
sender zugunsten deutschsprachiger Musik
(Zusatztagesordnungspunkt 10)
Petra Pau (fraktionslos): Erstens. Wir diskutieren
ber die Frage, ob es in den Medien eine Deutschquote
ür Musik geben soll oder nicht. Ich kann die Frage auch
nders stellen. Wir diskutieren, was aus der untergegan-
enen DDR gesamtdeutsch aufgehoben werden sollte
nd was nicht. Diese Debatte kommt spät. Aber immer-
in, sie kommt auf verschiedenen Wegen.
Zweitens. „Polikliniken“ gelten zunehmend als mo-
erne Alternativen, patientenfreundlich und kostengüns-
ig. „Gemeinsam lernen“ bis zur 10. Klasse, wird wieder
in Thema, allemal nach dem zweiten bundesdeutschen
ISA-Schock. Und auch anderswo gibt es Erfahrungen
us der DDR, die entrümpelt und poliert werden können.
Drittens. Ich erwähne das nicht, um einer zwiespälti-
en Ostalgie zu frönen, sondern weil wir alle – Ost und
est – 15 Jahre lang etwas Wesentliches verschenkt ha-
en, sachlich und psychologisch. Sachlich, weil zuviel in
ausch und Bogen mit dem Bade ausgeschüttet wurde,
ur weil es aus der DDR kam. Psychologisch, weil ge-
au das vielen Westdeutschen die Einheitslust nahm und
ielen Ostdeutschen Einheitsfrust brachte.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14045
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Viertens. Nun komme ich allerdings zu meinem Aber:
Denn Unsinn wird durch Wiederholung nicht besser.
Womit ich wieder bei der Musikquote bin. Denn auch
dazu gibt es einschlägige Erfahrungen aus DDR-Zeiten.
Die Quote hieß damals „60 zu 40“ – 60 Prozent Ost-
musik und 40 Prozent Westmusik. Sie war staatlich ver-
ordnet und sie wurde ständig unterlaufen. So ist das im
wahren Leben.
Fünftens. Hinzu kommen ganz praktische Gründe,
warum ich gegen eine gesetzliche Deutschquote für Mu-
siksendungen bin. Hauptkonsument für Popmusik aller
Art sind die jüngeren Generationen. Die aber holen sich
zunehmend im Internet, was sie hören wollen. Das Inter-
net wiederum lässt sich weder quotieren noch zensieren.
Sechstens. Hinzu kommt: Deutschsprachige Musik ist
im Radio unterpräsent. Das stimmt. Aber die Verkaufs-
zahlen, zum Beispiel im CD-Handel, sprechen eine an-
dere Sprache, nämlich vorwiegend die deutsche. Des-
halb frage ich: Warum wollen Sie etwas regeln, was sich
kaum regeln lässt – früher nicht und heute erst recht
nicht. Zumal: Sie müssten ihre Primaquote sanktionieren
und ihre Einhaltung überwachen lassen. Das riecht nach
Bürokratie und schlimmer.
Siebtens. Abschließend, um Irrtümern vorzubeugen:
Ich halte hier kein Plädoyer für die weitere Amerikani-
sierung der Weltkultur. Ich bin für kulturelle Vielfalt und
dazu gehört immer auch die Pflege der eigenen Kultur
und Sprache. Aber bitte mit Qualität, nicht per Quote,
sonst fordere ich eine Imbissquote für Bockwurst statt
Big Mac, eine Filmquote für Babelsberg statt Holly-
wood, und eine Wetterquote für heimische Sonne statt
fremden Regen.
Anlage 4
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Für eine verständ-
lichere Sprache in Gesetzen, Verordnungen und
Behördenschreiben – Gegen schlechtes Amts-
deutsch (Tagesordnungspunkt 24)
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD): Als ich vor
Jahren aus dem Journalismaus in den Deutschen Bun-
destag wechselte, lernte ich alsbald: Man sagt nicht, da
müssen wir was tun, sondern: Es besteht Handlungsbe-
darf. Man sagt nicht, wir haben uns über diesen Antrag
oder Gesetzentwurf gestritten, sondern: Wir haben noch
Beratungsbedarf.
In diesem Herbst berieten wir zum Beispiel, das Ta-
gesbetreuungsausbaugesetz. Und vorgestern, im Innen-
ausschuss, pries der Kollege Stephan Mayer (CDU/
CSU) die Vorzüge des Bundesverkehrswegeplanungsbe-
schleunigungsgesetzes – übrigens als Mittel, um büro-
kratische Hürden zu beseitigen. Nun zeigen Sie das ein-
mal einem Ausländer und er wird entweder vor Ehr-
furcht oder vor Entsetzen erstarren.
Ich darf außerdem aus einem Antrag zitieren, der in
dieser Woche im Plenum beraten wurde. Er heißt
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Rechtssicherheit für dienst- und hochschulrechtlich er-
aubte Drittmittelwerbung schaffen“. Auf Seite 3 steht:
Eine solche Lösung des Spannungsverhältnisses zwi-
chen Hochschulrecht und Strafrecht deutet auch der
undesgerichtshof (BGHSt 47, 295) an, indem er aus-
ührt, eine Vorteilsannahme bzw. -gewährung liege dann
icht vor, „wenn das von diesen Vorschriften geschützte
echtsgebiet, nämlich die Sachgerechtigkeit und Nicht-
äuflichkeit der Entscheidungen des öffentlichen Diens-
es und das Vertrauen der Allgemeinheit in diese Schutz-
üter, nicht berührt werden könne“. Die ganze deutsche
ehäbigkeit, der Hang zur Genauigkeit auf Kosten von
ürze und Transparenz, das Bemühen, auch ja jeden
allstrick zu vermeiden, all das prägt diesen Satz. Autor
brigens ist die Fraktion der CDU/CSU im Deutschen
undestag.
Was will ich damit sagen? Kritisieren sollten wir nicht
ur das viel gescholtene Amtsdeutsch, sondern unsere
igene Neigung zum Umständlichen und Unanschauli-
hen. Parlamentarier und Minister, Manager, Wissen-
chaftler, Richter und viele andere, die sich als Mei-
ungsführer in dieser Gesellschaft fühlen, sollten immer
ieder das eigene Wort- und Satzbaurepertoire entrüm-
eln. Der Amtsschimmel wiehert wahrlich nicht allein
uf weiter Flur, sondern hat viele Nachahmer und Ge-
ährten. Auch wenn wir unsere klammheimliche Freude
m Königlich-Bayrischen Amtsgericht haben, es ist
chon nötig, Formulare und Verordnungen einfacher und
larer abzufassen. Deshalb freue ich mich, dass wir die-
en Antrag heute debattieren, auch wenn ich ihm am
nde nicht folgen werde. Es gehört ja in den großen Zu-
ammenhang der Themen, die wir unter Überschriften
ie Aufgabenkritik, Bürokratieabbau oder Bürgernähe
ehandeln – sehr lange schon, und übrigens auch schon
ährend der Ära Kohl.
Problem erkannt, Gefahr aber noch nicht gebannt. Die
emeinsame Geschäftsführung der Bundesministerien
erlangt, dass Gesetzestexte für jedermann verständlich
bgefasst werden müssen. Das Bundesministerium der
ustiz prüft, ob die Gesetzentwürfe sprachlich richtig
nd verständlich sind. Es gibt auch ein Handbuch zur
echtsförmlichkeitsprüfung und es gibt einen Redak-
ionsstab der Gesellschaft für deutsche Sprache beim
eutschen Bundestag – bei dem man sicherlich einmal
nfragen kann, ob er hinreichend eingeschaltet wird.
uch ein Arbeitsbuch mit dem Titel „Bürgernahe Ver-
altungspräche“ bietet einen Praxisleitfaden zur Abfas-
ung von amtlichen Bescheiden. Einige dieser lobens-
erten Einrichtungen haben Sie, liebe Kolleginnen und
ollegen von der CDU/CSU, auch selbst in Ihrem An-
rag erwähnt.
Was fehlt, ist die Würdigung des Modernisierungs-
rogramms „Moderner Staat – moderne Verwaltung“ un-
er Federführung des BMI. Es wundert mich immer wie-
er, dass jedermann laut nach Verwaltungsvereinfachung
uft, zugleich aber kaum von teils vollzogenen Schritten
rfahren haben will. Es kommt mir so vor, als seien wir
ach Art des Sisyphus ständig dabei, den Felsklotz der
ntbürokratisierung bergan zu rollen – und gleichzeitig
rücken ihn neue Verordnungen und Gesetzesänderun-
en wieder nach unten.
14046 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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An dieser Gegenkraft sind viele beteiligt. Auch die
Bürgerinnen und Bürger selbst, die einerseits als Kund-
schaft der Verwaltung leichte, verständliche Behörden-
papiere verlangen, andererseits aber in unserem stark
ausgeprägten Regelungswerk immer wieder Lücken ent-
decken, die ihrer Meinung nach geschlossen werden
müssen. Und diese Ergänzungen, Korrekturen, Überar-
beitungen, Evaluierungen sorgen dafür, dass die Texte
länger, verklausulierter, behäbiger und gewundener wer-
den. Wenn wir alle uns öfter dazu entschließen könnten,
etwas nicht niederzuschreiben, nicht festzulegen, uns
nicht ständig auf Wortlaut, Vorschriften, Aktenzeichen
zu beziehen und zu berufen, wäre schon viel gewonnen.
Dazu allerdings braucht man Mut, Gelassenheit, Ideen
und die Fähigkeit, einfach zu handeln anstatt sich an ein
Schriftstück zu klammern. Denn der Hang zum Substan-
tiv statt zum Verb, die Neigung, etwas im Passiv zu for-
mulieren statt in der Aktivform, sich mit Begriffen wie
„grundsätzlich“ und „insoweit“ abzusichern gegen den
Vorwurf, etwas ausgelassen oder etwas nicht genügend
eingeschränkt zu haben, dieser Hang verrät auch Zaghaf-
tigkeit und die Angst vor der eindeutigen Aussage. Kurz:
Amtsdeutsch spiegelt den Gesamtzustand dieser Gesell-
schaft wider; billige Beamtenschelte wäre fehl am Platz.
Was folgt daraus? Das Amtsdeutsch zu verbessern ist
unser aller Aufgabe. Verordnungen mögen helfen, aber
wir alle müssen an uns selbst und unserer Ausdrucks-
weise arbeiten. Manchmal ist es leichter, sich in ver-
quaste Umschreibungen zu flüchten als klar zu sagen,
was man meint und will. Und die Reaktionen der Behör-
den auf den Stand der Bemühungen? Man könnte sagen
– wie ich es in einer Vorlage fand –: Das Ergebnis einer
umfassenden Evaluierung des bestehenden Instrumenta-
riums wird Hinweise auf etwaige Handlungsnotwendig-
keiten geben. Man kann aber auch antworten: Wir arbei-
ten kräftig, sind aber längst noch nicht am Ziel. Eines
brauchen wir dazu nicht: ein Pilotprojekt für ein besser
verständliches Amtsdeutsch. Darauf zielt ja Ihr Antrag
im Kern. Wie leichter verständliche Texte lauten können,
dazu haben wir genügend Ratgeber. Wir müssen nur ein-
mal auf sie hören.
Eines zum Schluss: Auch kurze Sätze bürgen nicht
immer für Klarheit und Richtigkeit. „Ich weiß nicht, was
mein Freund Mitterand darüber denkt, aber ich denke
genauso“, sagte einst Ex-Bundeskanzler Kohl. Kurz,
aber nicht erhellend. Und ein anderer führender Unions-
politiker forderte: „Wir müssen den Kindern mehr
Deutsch lernen“. Das war O-Ton Edmund Stoiber. Da-
raus folgt: mit Sprachtraining kann man gar nicht früh
genug anfangen und gar nicht spät genug aufhören.
Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Bei den
Wörtern „Amtsdeutsch“ und „Behördensprache“ könnte
man annehmen, es handelt sich hierbei um eine interne
Verwaltungssprache. Fehlanzeige! Denn die Bedeutung
dieses Themas ist nicht hoch genug einzuschätzen: Im-
merhin geht es darum, wie und vor allem wie verständ-
lich der Staat gegenüber seinen Bürgerinnen und Bür-
gern auftritt. Wir alle erleben heute eine Erosion des
Vertrauens und der Glaubwürdigkeit gegenüber staatli-
chem Handeln. Es ist doch für uns politisch Verantwort-
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iche hautnah spürbar, dass immer mehr Menschen
egen der zunehmenden Komplexität und Undurch-
ringlichkeit vieler Sachverhalte und Materien einfach
erzweifeln und kapitulieren. Der Staat steht gegenüber
einen Bürgern in einem Über-/Unterordnungsverhält-
is. Gerade deshalb ist es meines Erachtens sogar die
erpflichtung des Staates, dass Behörden und Ämter,
enn sie sich mit Bescheiden oder Verfügungen an ihre
Untertanen“ wenden, in einer einfachen, präzisen und
erständlichen Sprache äußern.
Klares und nachvollziehbares Vermitteln von teil-
eise für den Bürger durchaus unangenehmen und in der
ache unverständlichen Entscheidungen oder Forderun-
en ist somit rechtsstaatlich und gesellschaftspolitisch
eboten. Dies trägt zur Steigerung der Glaubwürdigkeit
es Staates bei. Denn mal ganz ehrlich, haben sie fol-
ende Begriffe in ihrem alltäglichen Sprachgebrauch:
bstandsbaulasterklärung, Verselbstständigkeitsanalyse,
runddienstbarkeitsbewilligungserklärung, Mehrarbeits-
ntschädigung, Brandüberschlagsweg, Ehefähigkeits-
eugnis etc. Wohl kaum!
Behördenschreiben, Gesetze und Verordnungen sind
ft so formuliert, dass man sie weder nachvollziehen
och verstehen kann. Selbst Verwaltungsmitarbeiter fin-
en ihr Amtsdeutsch oft unverständlich und trotzdem
ersenden sie unverdrossen kryptische Mitteilungen,
bkürzungen, ungeklärte Fachbegriffe, verwirrende
uerverweise und unklare Hilfestellungen. Diese verur-
achen nicht nur Unverständnis und Verunsicherung bei
ürgern, Unternehmern und der Verwaltung selbst, son-
ern kosten Zeit, Mühen und letztendlich Geld.
Amtssprache muss als ein Dialog gesehen werden,
er zu Papier gebracht wird. Nicht umsonst besagt eine
ournalistenregel „Schreibe wie Du sprichst – nur sorg-
ältiger“. Wie in einem Gespräch muss man sich in den
esprächspartner hineinversetzen und überlegen, wie
an am besten verstanden wird. Angestellte und Beamte
erstehen sich oft im persönlichen Gespräch mit dem
ürger als Vermittler zwischen Amt und Bürger. Das,
as im persönlichen Gespräch meist sehr gut funktio-
iert, muss auf Formulare und Texte – insbesondere Ge-
etzestexte – übertragen werden. Es kann meines Erach-
ens nicht angehen, dass allein die Überschrift einer
rucksache – so bei der Bundesratsdrucksache 772/03 –
chon mit einem Unwort mit 67 Buchstaben wie bei der
Grundstücksverkehrsgenehmigungszuständigkeitsüber-
ragungsverordnung“ beginnt und auch noch die Abkür-
ung des Wortes, nämlich GrundVZÜN, immerhin noch
eun Buchstaben enthält.
Sie werden mir auch dahin gehend Recht geben, dass
iemand von uns im persönlichen Gespräch folgenden
atz verwenden würde: „Gesetzt den Fall, ein Wider-
pruch, der binnen einer Woche schriftlich oder münd-
ich vor der endunterzeichnenden Behörde einzulegen
äre, unterbleibt, erwächst dem Bescheid Rechtskraft“.
ielmehr würden wir doch kurz und knapp darauf hin-
eisen, dass der Bescheid wirksam wird, wenn nicht in-
erhalb einer Woche ein Widerspruch vorliegt.
Johannes Brahms sagte einmal: „Es ist nicht schwer,
u komponieren, aber es ist fabelhaft schwer, die über-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14047
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flüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen.“ Dies
gilt selbstverständlich auch für Texte aller Art. Überflüs-
sige Wörter sind wie überflüssige Pfunde: Sie machen
langsam und träge. Dies gilt für einen Text und den
Menschen gleichermaßen.
Der Bürger ist ein Verwaltungslaie, der meist nur ein-
mal in seinem Leben mit bestimmten Bereichen einer
Behörde in Berührung kommt. Er kennt sich im Paragra-
phen-Dschungel nicht aus. Ihm sind Ausdrücke wie
„Abhilfebescheid im Widerspruchsverfahren“ oder „Sta-
tusfeststellungsverfahren“ nicht geläufig. Die Unsicher-
heit des Bürgers führt zu Telefonaten, die sowohl den
Mitarbeitern in der Verwaltung und auch dem Bürger
selbst Zeit rauben.
Aus diesem Grunde haben wir von der Union den An-
trag „Kampf dem Amtsdeutsch“ in die Debatte einge-
bracht. Ziel ist es, mit einer verständlichen Amtssprache
einen wichtigen Beitrag zum Bürokratieabbau und zu
mehr Bürgerfreundlichkeit zu leisten. Hans A.
Engelhard, ehedem Politiker der FDP, sagte einmal: „Die
Gesetzesproduktion muss, ähnlich wie die Industriepro-
duktion, noch stärker als bisher einer Qualitäts-, Erfor-
derlichkeits- und Erfolgskontrolle unterworfen wer-
den.“ Dies gilt nicht nur für die fachlichen Inhalte,
sondern auch für den Text, der diese einkleidet. Grund-
sätzlich müssen Texte der Verwaltungssprache klar, ein-
deutig und leicht verständlich, das heißt bürgernah und
effizient sein.
Wenn wir erreichen, dass Formulare den Gang zum
Amt oder den Griff zum Telefonhörer reduzieren oder
gar überflüssig machen, dann haben wir einen großen
Schritt in die richtige Richtung gemacht und zudem noch
den mehrfachen Nutzen: zufriedene Bürger, weniger Er-
klärungsbedarf seitens der Behörde und eine bürgernahe
Verwaltung.
In diesem Sinne bitte ich Sie, unseren Antrag zu un-
terstützen.
Dr. Ole Schröder (CDU/CSU): Bereits seit Jahren
gilt Bürgerfreundlichkeit als ein zentrales Ziel bei der
Modernisierung der öffentlichen Verwaltungen. Schon
jetzt müssten Gesetzentwürfe laut Gemeinsamer Ge-
schäftsordnung der Bundesministerien grundsätzlich für
jedermann verständlich gefasst werden (vergleiche § 42
Abs. 5).
Doch genau dies geschieht nicht! Alle bisherigen Lö-
sungsversuche brachten keine Verbesserung. Weder die
allgemeinen Empfehlungen für das Formulieren von
Rechtsvorschriften des Bundesministeriums der Justiz
aus dem Jahr 1999 noch das Arbeitshandbuch „Bürger-
nahe Verwaltungssprache wurden auch nur ansatzweise
umgesetzt.
Wer kennt sie nicht, die Beispiele, wo das Amts-
deutsch ins Absurde geht: Im Versorgungsgesetz steht
zum Beispiel die Erkenntnis, dass „die einmalige Zah-
lung für jeden Berechtigten nur einmal gewährt wird“.
Oder von der Bundeswehrverwaltung erfahren Sie, dass
„der Tod aus versorgungsrechtlicher Sicht die stärkste
Form der Dienstunfähigkeit darstellt“. Meine Damen
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nd Herren, diese Weisheiten finden trotz inhaltlicher
eere wenigstens noch einen Zweck darin, den Leser zu
rheitern.
Aber das darf nicht über das eigentliche Problem hin-
egtäuschen. Das Problem besteht darin, dass unver-
tändliches Amtsdeutsch hohen Aufwand und damit
ohe Kosten verursacht. Kosten für die privaten Haus-
alte, für die Unternehmen und für den Staat! Bürger
nd Unternehmen, aber auch die Verwaltungen müssen
nnötig Zeit investieren, um Schreiben, Verordnungen
nd Gesetzestexte zu verstehen und zu übersetzen. Ge-
ade für unsere kleinen und mittelständischen Unterneh-
en stellt dieser Aufwand eine wesentliche Belastung
ar. Teure Experten werden zum Entschlüsseln des
mtsdeutsch beschäftigt. Durch unverständliche Schrei-
en entstehen Rückfragen, die wiederum die Verwaltun-
en beschäftigen und somit weitere Kosten verursachen.
nd, meine Damen und Herren, im Extremfall verwei-
ern sich Bürger und Unternehmen komplett und befol-
en die Vorschriften einfach nicht.
Ein aktuelles Beispiel, wie es nicht gemacht werden
oll, stellt die Hartz-IV-Gesetzgebung dar. Hier werden
ie Bürger durch eine komplizierte Sprache verwirrt und
erunsichert. Beispielsweise durch § 9 – Hilfebedürftig-
eit – im Sozialgesetzbuch II. Da liest der Bürger den
olgenden Satz:
Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte
Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt,
gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Ver-
hältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als
hilfebedürftig.
Findet der Arbeitslosengeldbezieher dann eine Arbeit,
o muss sein Arbeitgeber nach § 60 Abs. 2 Folgendes
eachten:
Wer jemanden, der eine Leistung nach diesem Buch
beantragt hat oder bezieht, zu Leistungen verpflich-
tet, die geeignet sind, Leistungen nach diesem Buch
auszuschließen oder zu mindern, oder wer für ihn
Guthaben führt oder Vermögensgegenstände ver-
wahrt, hat der Agentur für Arbeit auf Verlangen
hierüber sowie über damit im Zusammenhang ste-
hendes Einkommen oder Vermögen Auskunft zu er-
teilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben
nach diesem Buch erforderlich ist.
Ich frage mich: Wer soll diese Bandwurmsätze auf
nhieb verstehen?
Meine Damen und Herren, das Problem ist nicht neu
nd besteht auch nicht erst seit dieser Regierung. Doch
esonders Hartz IV hat gezeigt, was passiert, wenn die
ürger nicht mehr verstehen, was staatliche Stellen for-
ulieren. Das führt zu einer Vertrauenskrise zwischen
ürgern, Politik und Verwaltung. Unnötige Ängste sind
ntstanden. Wenn die Bürger nicht verstehen, was staat-
iche Stellen formulieren, wie sollen sie es dann nach-
ollziehen können?
Gelingt es uns, Gesetzestexte wieder aus sich heraus
erständlich und nachvollziehbar zu machen, können
ir auf diese Weise auch die exorbitant hohen
14048 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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Werbeausgaben der Bundesregierung für politische
Maßnahmen senken. Denn Maßnahmen, die der Bürger
versteht, müssen ihm nicht mithilfe großer Werbekampa-
gnen erläutert werden. Auch das Bundesverwaltungsamt
fordert seit Jahren, dass die Verwaltungssprache erstens
präzise und eindeutig, zweitens leicht verständlich, drit-
tens effizient und arbeitsgerecht sein soll.
Es gibt viele kommunale Initiativen, die zeigen, wie
Amtsdeutsch in allgemein verständliche Sprache über-
setzt werden kann. Dies reicht aber nicht aus. Wir müs-
sen das Problem an der Wurzel packen. Bei allen Bemü-
hungen vieler Behörden für eine verständlichere Sprache
kann das Problem daher nur grundlegend gelöst werden,
wenn schon in den Gesetzen und Verordnungen auf eine
verständlichere Sprache geachtet wird.
Damit sich eine leser- und bürgerfreundliche Sprache
in den Behörden durchsetzen kann, schlagen wir daher
der Bundesregierung vor, ein Bundesministerium auszu-
wählen, in dem als Modellprojekt das Amtsdeutsch er-
setzt wird; die Maßnahmen, die sich bewährt haben, in
allen Bundesbehörden umzusetzen; einen Selbstver-
pflichtungskatalog für alle Beschäftigten der Bundes-
ministerien und Behörden auszuarbeiten, um das Umset-
zen einer verständlichen und nachvollziehbaren Sprache
sicherzustellen.
Wir haben einen langen Weg vor uns. Eine verständli-
che Sprache ist ein wichtiger Beitrag zum Bürokratieab-
bau und zu mehr Bürgerfreundlichkeit. Weihnachten
steht vor der Tür. Schenken Sie unseren Bürgern mit uns
gemeinsam die Vorfreude auf ein einfacheres Deutsch in
unseren Ämtern. Unterstützen Sie unseren Antrag in den
Beratungen!
Silke Stokar von Neuform (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Natürlich muss es das Ziel von uns Politi-
kern und auch der Verwaltung sein, Gesetze möglichst
klar und verständlich für jedermann zu formulieren. Ein
solches Gesetz haben wir hier heute morgen im Plenum
vorgelegt: das Informationsfreiheitsgesetz. Es besteht
aus 15 Paragraphen, die wir versucht haben, möglichst
verständlich zu formulieren.
Zugleich sollte aber am Anfang der Debatte gesagt
werden: Gesetze und Verordnungen werden nie für alle
vollständig verständlich sein. Da Gesetze Regeln für
eine Vielzahl von konkreten Lebenssachverhalten ent-
halten, müssen abstrakte Formulierungen gewählt wer-
den. Das verzerrt zwangsläufig die Verständlichkeit.
Ganz wird man auf diese Formulierungen und juristi-
schen Fachbegriffe, die nicht jedermann verständlich
sind, nicht verzichten können.
Wichtiger ist es daher, darauf zu achten, dass die Be-
hörden sich den Bürgern gegenüber verständlich ausdrü-
cken. Wir sind hier, was den Bund anbelangt, gut aufge-
stellt. Eine Auswertung der beim BMI eingehenden
Bürgeranfragen hat zum Beispiel ergeben, dass keine
Beschwerden über die Unverständlichkeit der Aus-
drucksweise vorliegen.
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Ein Instrumentarium zur Gewährleistung einer ver-
tändlichen Sprache ist auch schon vorhanden. Das Ar-
eitshandbuch „Bürgernahe Verwaltungssprache“, das
om Bundesverwaltungsamt ins Netz gestellt wurde,
nthält viele praktische Hinweise zum Verfassen von Be-
cheiden. Das Handbuch zur Rechtsförmlichkeitsprü-
ung sieht Richtlinien für das Verfassen von Gesetzes-
ntwürfen vor. Außerdem gibt es einen Redaktionsstab
er Gesellschaft für deutsche Sprache beim Deutschen
undestag, der auf stilistische Aspekte achtet.
Trotz dieses bestehenden Instrumentariums müssen
eitere Anstrengungen unternommen werden. So hat das
abinett bereits am 16. Juni dieses Jahres ein Projekt zur
erbesserung der Amtssprache im Rahmen des Moderni-
ierungsprogramms „Moderner Staat – Moderne Verwal-
ng“ in die Wege geleitet. Dabei wollen wir zunächst die
estehenden Amtshilfen analysieren und in einem zwei-
n Schritt sehen, in welchen konkreten Handlungsfel-
ern Verbesserungsbedarf besteht.
Wir wollen zuerst evaluieren und auf der Grundlage
er Ergebnisse weitere Maßnahmen ergreifen. Vor die-
em Hintergrund lehnen wir Ihre angeforderten Maßnah-
en zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab.
Sybille Laurischk (FDP): Sprechen Sie eigentlich
Verwaltung“? Zum Überleben in der deutschen (Amts-)
ealität wäre dies eigentlich als Schulfach einzuführen.
on der so genannten Schmuckkette der Einleitung über
ie Verwendung von Begriffen, die im Alltag heute
chon ganz andere Bedeutungen haben, bis hin zu einer
ielzahl von Substantivierungen ist unsere Amts- und
esetzessprache in einem hohen Maße verständnisver-
indernd.
Daran konnten auch die Empfehlungen des Bundes-
erwaltungsamtes zur „bürgernahen Verwaltungsspra-
he“ nichts ändern. Anscheinend ist das Beharrungsver-
ögen, an einer eingeübten Sprachweise festzuhalten,
rößer als alle Apelle, dem Bürger in der Sprachwahl
ntgegenzukommen. Die im Antrag genannten lobens-
erten Initiativen haben seither leider nur Ausnahme-
harakter. Insofern ist das Hinarbeiten auf eine breitere
eachtung der Empfehlungen zu unterstützen; ob aller-
ings ein Pilotprojekt in einem Bundesministerium der
ichtige Weg ist, bezweifele ich. Mangelnde Sensibilität
n vielen Verwaltungsstuben kann man wohl mit einem
olchen Projekt nicht beseitigen.
Aber fassen wir uns zuerst an die eigene Nase. Die
prachungetüme, die von uns verabschiedet werden, hält
an uns zu Recht auch vor. Doch hat meiner Ansicht
ach in der Politik ein Verhalten Einzug gehalten, mög-
ichst mit der Begrifflichkeit das Gegenteil des Inhalts
usdrücken zu wollen – Sprache also als Mittel der öf-
entlichen Meinungsbeeinflussung und nicht zur klaren
ezeichnung von Maßnahmen, die einem vielleicht un-
opulär erscheinen. „Arbeitslosengeld II“ statt „Sozial-
ilfe I“ ist hier nur der bekannteste Fall. Damit sind wir
ein gutes Beispiel für die ausführenden Stellen, die wir
ritisieren.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14049
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Der materielle Aspekt einer unverständlichen Sprache
ist wohl nicht so einfach zu beziffern. Die Menge an Ar-
beitszeit, die sowohl bei dem Ersteller als auch bei dem
Empfänger in der Auseinandersetzung mit den Texten
verschwendet wird, ist aber sicher eine Größe, um die
wir uns in Zeiten knapper Kassen kümmern müssen.
Hier schließt dieses Anliegen nahtlos an die von der FDP
verfolgte Initiative Bürokratieabbau „wir-machens-ein-
facher“ an, die mit großem Erfolg seit zwei Jahren läuft.
Denn in einem sind wir uns sicher einig: Besser als ein
verständlich formulierter Bescheid ist ein Bescheid, der
gar nicht mehr erteilt werden muss.
Anlage 5
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Anträge:
– Bewältigung der Konversionslasten durch
gemeinsame Anstrengungen von Bund, Län-
dern und Kommunen
– Konversionsregionen stärken – Verbilligte
Abgabe von zu Verteidigungszwecken nicht
mehr benötigten Liegenschaften ermögli-
chen
(Zusatztagesordnungspunkt 11)
Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD): Die
Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben
zum aktuellen Thema „Bewältigung der Konversionslas-
ten“ einen Antrag vorgelegt. Worum geht es dabei? Die
veränderte Sicherheitslage und die neuen sicherheitspo-
litischen Herausforderungen sowie die schwierige Fi-
nanzlage, in der sich unser Land befindet, sind wichtige
Faktoren bei der Strukturierung der zukünftigen Bundes-
wehr. Aufgrund der verbesserten sicherheitspolitischen
Lage brauchen wir für Deutschland glücklicherweise
weniger Soldatinnen und Soldaten als noch vor zehn
oder 15 Jahren.
Diese Umfangsreduzierungen bedeuten leider auch
Standortreduzierungen. 105 Standorte, davon über
50 Kleinst- und Kleinstandorte, müssen leider geschlos-
sen werden. Für die von der Schließung Betroffenen ist
diese Neustrukturierung unserer Streitkräfte mit Härten
und Einschnitten verbunden. Auch für die betroffenen
Städte und Gemeinden – das hat leider auch für den Bun-
deswehrstandort Hildesheim in meinem Wahlkreis Be-
deutung – sind das schmerzliche Einschnitte. So bedau-
erlich die Standortschließungen und Verlagerungen auch
sind – es gibt hierzu keine sinnvolle Alternative. Das
war auch schon unter den Verteidigungsministern der
Union der Fall. Das politische Herumwurschteln aus
Mitte der 90er-Jahre hat ein Ende.
Die Kriterien, jeden Standort nur bezüglich militäri-
scher und betriebswirtschaftlicher Erfordernisse zu prü-
fen, machen die Standortentscheidungen nachvollzieh-
bar und somit auch transparent. Zu den eigenen
Standortschließungen kommt erschwerend hinzu, dass
auch Änderungen bei der Stationierung der US-Streit-
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räfte zu erwarten sind. Dieser Veränderungsprozess, der
pätestens 2010 abgeschlossen sein soll, stellt die betrof-
enen Kommunen vor Herausforderungen, die nur ge-
einsam mit Bund und Ländern bewältigt werden kön-
en. Dabei muss es zu einem fairen Interessenausgleich
ommen. In den zurückliegenden Jahren hat sich aber
ielfach auch gezeigt, dass Konversion nicht nur Risi-
en, sondern auch Chancen zur Weiterentwicklung von
ommunen beinhaltet. Nach der föderalen Aufgaben-
erteilung liegt die strukturpolitische Verantwortung für
ie Bewältigung der Konversionslasten vorrangig in der
erantwortung der betroffenen Länder und Kommunen.
Der Bund hat daran mitgewirkt und wird auch künftig
aran mitwirken. Im Jahr 1993 wurde der Umsatzsteuer-
nteil der Länder um 2 Prozentpunkte erhöht, unter an-
erem zur finanziellen Flankierung der Folgen des Trup-
enabbaus. Ich darf noch einmal deutlich darauf
inweisen, dass diese Mittel den Ländern dauerhaft zur
erfügung stehen, auch nachdem sich die Belastungen
urch den Truppenabbau im Zeitablauf bis jetzt verrin-
ert haben.
Es liegt nach wie vor im Interesse des Bundes, dass
ie aufgegebenen Militärflächen so schnell wie möglich
iner Anschlussnutzung zugeführt werden. Dabei hat
ich eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwi-
chen Bund, Ländern und Kommunen bewährt. Es gab
n der einen oder anderen Stelle aber auch nicht hinzu-
ehmende Verzögerungen und Reibungsverluste. Daher
st es besonders wichtig, dass alle beteiligten Stellen
och erfolgsorientierter, zielführend und pragmatisch
usammenarbeiten. Der BImA fällt hier gerade in der
tartphase eine bedeutende und entscheidende Rolle zu.
n diesem Zusammenhang begrüßen wir auch die Zusage
es Bundesministers der Verteidigung, die von Standort-
eduzierungen bzw. -schließungen betroffenen Kommu-
en zu Beginn des nächsten Jahres zu einem Erörte-
ungsgespräch einzuladen.
Im Zuge der bei der Konversion in den letzten Jahren
esammelten Erfahrungen haben sich diverse Verwer-
ungsmodelle in der Praxis bewährt und genau zu dem
airen Interessenausgleich geführt, den ich schon zu Be-
inn meiner Ausführungen eingefordert habe.
Ich möchte hier nur zwei dieser Modelle erwähnen:
er Bund bleibt Eigentümer, die Kommunen führen die
rschließung und Entwicklung durch. Hierzu schließt
er Bund mit den Kommunen einen städtebaulichen Ver-
rag, wonach sich der Bund maßgeblich an den Erschlie-
ungs- und Entwicklungskosten auf der Grundlage eines
bgestimmten Planungs- und Baurechts sowie entspre-
hender Kosten- und Erlösprognosen beteiligt. Hierbei
ind die bei der bisherigen Verwertung, gesammelten Er-
ahrungen zu berücksichtigen und gegebenenfalls zu er-
änzen.
Bundeseigene Grundstücke, für die eine Bauleitpla-
ung aufgestellt werden muss, bei denen zum Beispiel
ebäude rückgebaut oder Flächen entwickelt werden
üssen, können – wie bisher auch schon praktiziert – an
ommunen oder von ihnen getragene Gesellschaften
der Treuhänder zunächst gegen eine moderate Anzah-
ung überlassen werden. Der Kaufpreis wird erst nach
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Weiterveräußerung ausgekehrt und ermittelt sich aus
dem Weiterveräußerungserlös abzüglich einer angemes-
senen Beteiligung des Bundes an den Erschließungs-,
Entwicklung- und Folgekosten.
Länder und Kommunen können vom Bund und der
Europäischen Union mitfinanzierte Förderungsinstru-
mente einsetzen. Hierzu gehören insbesondere die
Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur“, die Städtebauförderung aus den
Europäischen Strukturfonds. Diese Hilfen standen auch
bei den bisherigen Standortschließungen und -reduzie-
rungen zur Verfügung.
Im weiteren Verfahrensablauf ist ferner von besonde-
rer Bedeutung, dass die von Standortreduzierungen bzw.
-schließungen betroffenen Landes- und Kommunalbe-
hörden so früh wie möglich über den konkreten Zeitplan,
das so genannte Feinkonzept, unterrichtet werden. Dabei
ist auch auf eine schnelle Erklärung zwecks Freigabe der
Militärflächen hinzuwirken.
Dazu gehört auch, an betroffene Kommunen schon
vor der Freigabe alle für eine Überplanung notwendigen
Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Ich denke dabei zum Beispiel an Baubestandspläne, La-
gepläne und vorliegende Gutachten.
Zum Schluss meiner Ausführungen noch einige An-
merkungen zum Antrag der Unionsfraktionen: Die Veräu-
ßerung bundeseigener Liegenschaften ist nur zum vollen
Wert zulässig, § 63 Abs. 3 BHO. Die Bundesregierung
beabsichtigt nicht, hiervon Ausnahmen zuzulassen. Ein
Verkauf unter Wert wäre auch unter EU-beihilferechtli-
chen Gesichtspunkten problematisch. Der Bund hat bei
der Verwertung der Konversionsliegenschaften verschie-
dene Verwertungsmodelle entwickelt, die eine angemes-
sene Chancen- und Risikoverteilung zwischen den Betei-
ligten vorsehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU, in
Karlsruhe Verfassungsbeschwerde gegen den Haushalt
einlegen und auf der anderen Seite auf Einnahmen ver-
zichten – das passt nicht zusammen und bleibt ihr Ge-
heimnis. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem
Antrag, den von CDU/CSU müssen wir, wie bei den
Haushaltsberatungen schon geschehen, leider ablehnen.
Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU): Wären SPD
und Grüne ernsthafter an Konversionspolitik und den
Problemen der Kommunen interessiert, hätten sie schon
vor fünf Wochen unseren Forderungen zustimmen kön-
nen. Aus diesem Grund passt der vorliegende Antrag der
Koalition sehr schön in die Schublade der Sonntagsre-
den.
Deswegen richtet sich unsere Kritik nicht nur gegen
den Antrag, sondern vielmehr gegen die von der Bun-
desregierung beschlossene Reduzierung der Bundeswehr
insgesamt. Diese Reduzierung entspricht nicht den ver-
änderten Bedingungen der sicherheitspolitischen Lage
nach dem 11. September 2001. Sie ist allein Ausdruck
der Haushalts- und Kassenlage und sie ist unverantwort-
lich, weil sie die außen- und sicherheitspolitische Hand-
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ungsfähigkeit Deutschlands unberücksichtigt lässt und
assiv beschneidet.
Natürlich ist es richtig: Verteidigungspolitik ist keine
nfrastrukturpolitik, hat aber wesentlichen Einfluss auf
ie. Aber, Herr Verteidigungsminister: Sie selbst haben
n Ihrem Antrag vom 1. Juli 1991 ganz erhebliche Aus-
leichsmaßnahmen für Kasernenschließungen gefordert.
Damals ging es um die Folgen der deutschen Einheit
nd nicht darum, aus Finanznöten und unter Missach-
ung der Sicherheitslage den Umfang der Bundeswehr zu
eduzieren.
Sie forderten damals in Ihrem Antrag ein umfassen-
es Konversionsprogramm. Sie forderten einen umfas-
enden, bundesweit wirkenden Sozialplan für die betrof-
enen Menschen und Sie forderten nach dem
Verursacherprinzip“ die unteilbare Verantwortung des
undes für die Folgen von Kasernenschließungen ein.
Die Wirtschaftsministerkonferenz hat vor wenigen
agen ausdrücklich ein Sonderprogramm „Konversion“
efordert und nimmt die durch Globalisierung, EU-Er-
eiterung und Agrarmarktliberalisierung ohnehin ver-
chärfte Situation betroffener Kommunen sehr ernst. Da
st es schon zynisch, in Ihrem heutigen Antrag als Abhil-
en des Bundes lediglich „Arbeitshilfen“ und die Ein-
ichtung von „Arbeitsgruppen“ und „Koordinierungs-
tellen“ anzubieten und den Herrn Verteidigungsminister
afür zu loben, dass er die betroffenen Gemeinden „zu
inem Erörterungsgespräch“ einladen will.
Der Zynismus wird noch getoppt mit Ihrer Behaup-
ung, der Bund stelle zur Verbesserung der regionalen
irtschaftsstruktur Fördermittel für 2005 in Höhe von
94 Millionen Euro in Aussicht. Sie wissen ganz genau,
ass der diesbezügliche Haushaltsansatz von Rot-Grün
on 885 Millionen Euro auf 694 Millionen Euro zusam-
engestrichen wurde. Das bedeutet ein Minus von
0 Prozent und vor allem, dass diese reduzierten Förder-
ittel bereits gebunden sind. Da ist es unseriös, dies als
inanzhilfe für Konversionsmaßnahmen verkaufen zu
ollen.
Dazu kommt, dass unsere Kommunen in den vergan-
enen sechs Jahren von der Regierung Schröder so ge-
chröpft wurden, dass die kommunalen Investitionen
öllig eingebrochen und die Defizite in den Kommunal-
aushalten auf ein Rekordniveau angestiegen sind. Wie
tark die Kommunen inzwischen gezwungen sind, sogar
aufende Ausgaben dauerhaft mit Kassenkrediten zu
inanzieren, belegen die Daten der Kommunalfinanzsta-
istik. Allein im Jahr 2003 sind diese um über 5 Milliar-
en Euro auf 16,25 Milliarden Euro angestiegen und
uch im ersten Quartal 2004 weiter auf 17,7 Milliarden
uro angewachsen. Das sind die Fakten und die Rah-
enbedingungen, vor denen wir stehen, und auf diese
immt der rot-grüne Antrag keinerlei Rücksicht!
Die mit dem Umbau der Bundeswehr verbundenen
chließungen von Kasernen bedeuten für die betroffenen
ommunen massive Einschnitte. Mit dem Abbau bei
treitkräften und zivilen Beschäftigten ist unmittelbar
in erheblicher Verlust an Kaufkraft verbunden. Woh-
ungsleerstand und eine weiter steigende Arbeitslosig-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14051
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keit sind die Folge. Die bereits heute teilweise prekäre
Lage wird sich damit weiter spürbar verschärfen.
Viele Standortkommunen haben ihre Infrastruktur
– vom Straßenbau bis zur Wasserversorgung – auf die
Bedürfnisse der Bundeswehr ausgerichtet. Die Wirt-
schafts- und Sozialstruktur in den Standortgemeinden ist
in der Regel stark auf die Bundeswehr ausgerichtet. Die
Gemeinden haben im Vertrauen auf den Bestand des je-
weiligen Standortes in die örtliche Infrastruktur, Ver-
und Entsorgungseinrichtungen, Schulen usw. investiert.
Diese Einrichtungen werden nach der Standortschlie-
ßung bzw. -reduzierung nicht mehr ausgelastet sein.
So werden sich in vielen betroffenen Kommunen dau-
erhaft kostenträchtige Überkapazitäten entwickeln, die
die Kommunalhaushalte auf Dauer belasten werden. Der
Bund darf sich deshalb seiner strukturpolitischen Verant-
wortung nicht entziehen.
Die Behauptung der SPD, Länder und Kommunen
hätten zur Finanzierung eigener Konversionsmaßnah-
men bereits hohe Summen erhalten, entbehrt jeder
Grundlage und ist bewusste Täuschung der Öffentlich-
keit. Das gilt auch für die 1993 erfolgte Umschichtung
von zwei Umsatzsteuerpunkten vom Bund an die Län-
der. Diese Umschichtung diente der Bewältigung von
Lasten, die durch die deutsche Einheit entstanden sind.
Sie war gleichzeitig ein Ausgleich für die damals be-
schlossene Steuerreform.
Die Schließung bzw. Verkleinerung von Bundeswehr-
standorten ist allein vom Bund zu verantworten. Damit
steht der Bund auch in der Pflicht, angemessene Aus-
gleichsmaßnahmen für die betroffenen Regionen zu
schaffen. Von daher muss die Strukturpolitik so ausge-
staltet werden, dass die Schaffung von neuen Arbeits-
plätzen und mehr Wachstum in strukturschwachen Re-
gionen nachhaltig unterstützt wird. Das Instrument der
Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen
Wirtschaftsstruktur“ wurde auch für diesen Zweck ge-
schaffen und darf nicht durch Mittelkürzungen konter-
kariert werden.
Dabei darf der Verteidigungshaushalt nicht zur Finan-
zierung strukturpolitischer Maßnahmen in Anspruch ge-
nommen werden. Wir müssen die von negativen Auswir-
kungen der Konversionsmaßnahmen in erheblichem
Umfang betroffenen Regionen durch ein Sofortpro-
gramm nachhaltig stärken und uns für den Erhalt zu-
sätzlicher Mittel aus dem europäischen Strukturfonds
einsetzen. Das Angebot des Ministeriums, Machbar-
keitsstudien und andere planerische Maßnahmen finan-
ziell zu unterstützen, ist gegen das, was vonseiten des
Bundes geschuldet ist, mehr als beschämend. Es kommt
einer Verweigerung gegenüber den Kommunen gleich.
Die Lippenbekenntnisse der Bundesregierung helfen
hier genauso wenig wie sonst den Betroffenen weiter.
Zur Verbesserung der Wachstumschancen und zur Er-
leichterung des anstehenden Strukturwandels brauchen
wir eine verbilligte Abgabe der zu Verteidigungszwe-
cken nicht mehr benötigten Liegenschaften an die jewei-
ligen Kommunen oder an ansiedlungswillige Unterneh-
men. Wir müssen die Möglichkeit schaffen, dass von der
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undeswehr und den alliierten Streitkräften freigege-
ene Liegenschaften mit einem erheblichen Abschlag
om vollen Wert, gegebenenfalls zu einem symbolischen
reis, mit Wertsteigerungsklauseln an die betroffenen
änder, Kreise und Gemeinden oder ansiedlungswillige
nvestoren veräußert werden können. Dabei muss sicher-
estellt werden, dass den Kommunen oder privaten In-
estoren nicht großzügigerweise ein Berg von Altlasten
berlassen wird. Die Erklärung des Ministeriums vom
estrigen Nachmittag hierzu ist mir nicht deutlich genug.
ie erinnert mich stark an einen Gebrauchtwagenhänd-
er, der seine Fahrzeuge gerade nur so instand hält, dass
ie die gesetzlich vorgeschriebene Rückgabefrist beste-
en. So einfach darf der Bund sich die Sache aber nicht
achen. Er hat sich nicht nur großzügigerweise an den
rforderlichen Altlastenuntersuchungen zu beteiligen.
ie sind einfach dessen Pflicht. Die Bundesregierung
uss für die Beseitigung möglicher Altlasten geradeste-
en und eine schnelle Abgabe der militärischen Flächen
rmöglichen. Die Verwendung frei werdender Bundes-
iegenschaften muss schnell, unbürokratisch und flexibel
rfolgen. Hier ist Rot-Grün gefordert und in der Verant-
ortung!
Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN): Militärstandortpolitik ist schon immer auch
egionale Strukturpolitik gewesen. Darum hat der Rück-
ug der Bundeswehr aus einer Reihe von Standorten für
ie betroffenen Städte und Regionen große wirtschafts-
nd arbeitsmarktpolitische Bedeutung. Trotzdem muss
ie neue Standortplanung der Bundeswehr zuallererst
ie veränderten militärpolitischen Bedingungen zur
rundlage ihrer Standortplanung machen.
Länder und Kommunen fordern vom Bund eine Be-
eiligung an den Kosten für die Strukturanpassungen, die
ie betroffenen Kommunen einleiten müssen. Die Oppo-
ition fordert in ihrem Antrag, dass der Bund die von der
undeswehr und von den alliierten Streitkräften frei ge-
ogenen Immobilien an die betroffenen Kommunen,
reise oder Länder oder an interessierte Investoren mit
rheblichem Abschlag vom Wert, gegebenenfalls zum
ymbolischen Preis abgeben soll. Eine Verbilligungsre-
elung für die Abgabe von ehemaligen Militärstandorten
m Falle der Nutzung für sozialen Wohnungsbau oder
oziale Infrastrukturen gab es in den 90er-Jahren. Sie
urde aber vom Rechnungshof als mit den Haushalts-
rundsätzen nicht vereinbar erklärt.
Grundsätzlich gilt: Nach der föderalen Aufgabenver-
eilung liegt die strukturpolitische Verantwortung für die
ewältigung der Konversionslasten vorrangig in der
erantwortung der betroffenen Länder und Kommunen.
och in der Kommission zur Modernisierung der bun-
esstaatlichen Ordnung lernen wir gerade: Die Länder
ind unersättlich, wenn es darum geht, mehr Rechte ein-
ufordern, aber sie rufen ebenso unersättlich nach dem
und, wenn eigentlich ihre eigene Verantwortung und
hr eigener Finanzbeitrag gefordert sind.
Der Bund leistet seit langem auch seinen finanziellen
eitrag. 1993 wurde der Umsatzsteueranteil der Länder
14052 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
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um 2 Prozentpunkte erhöht, unter anderem zur finanziel-
len Unterstützung von Strukturmaßnahmen infolge des
Truppenabbaus. Bereits in den vergangenen Jahren sind
effiziente Kooperationsstrukturen zur Lösung von Kon-
versionsaufgaben zwischen Bund, Ländern und Kom-
munen ebenso wie zwischen militärischen und zivilen
Ebenen aufgebaut worden. Was nicht geht, ist eine
pauschale Verbilligung von Grundstücken. Aber selbst-
verständlich können die Kommunen über die Festlegung
von Sanierungs- oder Entwicklungsgebieten die Grund-
stücke zum von künftiger Wertsteigerung unbeeinfluss-
ten Wert erwerben.
Last not least: Wenn die Länder sich endlich beque-
men, die Eigenheimzulage abzuschaffen, bekommen sie
nach vier Jahren 1,27 Milliarden Euro, nach acht Jahren
2,53 Milliarden Euro jährlich frei. Die Kommunen selbst
sind nach vier Jahren mit 450 Millionen Euro, nach acht
Jahren mit 900 Millionen Euro dabei. Von diesem Geld
lassen sich solide Konversionsprogramme subventionie-
ren, wenn nur endlich die ideologischen Scheuklappen
fallen.
Dirk Niebel (FDP): Der Bundesverteidigungsminis-
ter hat sein neues Struktur- und Stationierungskonzept
zur weiteren Reduzierung von Bundeswehrstandorten
vorgelegt. Die Realisierung soll bis 2010 abgeschlossen
werden. Diese Entscheidung hat erhebliche volkswirt-
schaftliche Konsequenz und bedeutet tiefe arbeitsmarkt-
und strukturpolitische Einschnitte für die betroffenen
Länder und Kommunen. In den Standortgemeinden ha-
ben sich speziell auf die Bundeswehr ausgerichtete Wirt-
schaftsstrukturen entwickelt. Es sind streitkräfteorien-
tierte Märkte sowie regionale Abhängigkeiten zwischen
den Angehörigen der Bundeswehr und den kleinen und
mittelständischen Unternehmen in Einzelhandel und
Handwerk entstanden.
Jetzt droht der Verlust von zehntausenden von Ar-
beitsplätzen. Der Rückgang der Einwohnerzahlen be-
deutet einen regionalen Verlust an Kaufkraft. Deshalb
muss der vorgesehene Truppenabbau mit einer gezielten
regionalökonomischen Anpassung begleitet werden.
Sonst stehen große Teile dieser kleinen und mittelständi-
schen Betriebe, insbesondere in strukturschwachen Re-
gionen, vor dem wirtschaftlichen Aus.
Bislang sind keine oder nicht hinreichende Nach-
bzw. Umnutzungskonzepte der zu schließenden Liegen-
schaften der Bundeswehr vorhanden. Die teilweise er-
forderliche Altlastensanierung stellt die Haushalte von
Ländern und Kommunen vor erhebliche zusätzliche Pro-
bleme. So wird zum Beispiel die große Kreisstadt Horb
am Neckar überproportional von den wirtschaftlichen
Auswirkungen der Schließung betroffen. Die Standort-
gemeinden haben Anspruch auf Planungssicherheit und
eine angemessene Zukunftsperspektive. Die Politik darf
sie nicht hängen lassen.
Strukturanpassungen und Konzeptveränderungen sind
nötig. Auch unter der Regierung von CDU/CSU und
Liberalen hat es Standortschließungen gegeben. Aber
diese wurden von einem Konversionsprogramm beglei-
tet. Das ist diesmal, wo massive Einschnitte die Folge
sind, nicht geplant.
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Auch für die betroffenen Zivilbeschäftigten müssen
ie notwendigen Arbeitsplatzveränderungen unterstützt
nd soziale Härten vermieden werden.
Wir fordern die Bundesregierung auf, den betroffenen
ommunen auf der Grundlage einer mittel- bis langfris-
igen Konzeption durch konkrete Maßnahmen zu helfen,
ie wirtschaftlichen und strukturellen Folgen der Kon-
ersion zu mildern. In die Projektvorhaben sollen auch
llgemein flankierende strukturverbessernde, -erhal-
ende und -stabilisierende Maßnahmen und ein über die
etroffenen Gemeinden hinausgehendes regionales Aus-
leichskonzept in die Förderung einbezogen werden, da
in Ausgleich nur in einem breiten Spektrum struktur-
irksamer Fördermaßnahmen in der Region sinnvoll er-
olgen kann. Bestehende Fachförderprogramme, wie
eispielsweise die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung
er regionalen Wirtschaftsstruktur“, die Ziel 2-Gebiets-
örderung der EU-Strukturfonds oder die EAP-Regional-
rogramme müssen ausgeweitet und intensiviert werden.
Die Liegenschaften sollten vorrangig in die Verfü-
ungsgewalt der Standortgemeinden überführt werden,
amit diese in Zusammenarbeit mit den zuständigen
undesbehörden Um- und Nachnutzungskonzepte ent-
ickeln können. Dazu müssen die Verfahren zur Frei-
abe von Liegenschaften durch die Bundesvermögens-
erwaltung beschleunigt und vereinfacht werden. Die
iegenschaften müssen zu günstigen bzw. zu am Markt
rzielbaren Preisen angeboten werden. Mögliche Optio-
en für die neue Nutzung der Liegenschaften können
ann an die bereits bestehenden kommunalen bzw. re-
ionalen Wirtschaftsstrukturen geknüpft werden.
nlage 6
Amtliche Mitteilungen
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2
er Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den
achstehenden Vorlagen absieht:
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung zu Weichmachern in
Spielzeug und Babyartikeln
– Drucksache 15/3428 –
Haushaltsausschuss
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 13 Titel 636 12
– Zuschuss des Bundes an die Künstlersozialkasse –
– Drucksachen 15/4242, 15/4290 Nr. 1.6 –
– Unterrichtung durch die Bundesregierung
Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 30 04 Titel 632 11
– BaföG – Schülerinnen und Schüler –
– Drucksachen 15/4077, 15/4207 Nr. 1.1
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 149. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004 14053
(A) (C)
(B) (D)
Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben
mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU-
Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische
Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera-
tung abgesehen hat.
Innenausschuss
Drucksache 15/3135 Nr. 1.1
Drucksache 15/3696 Nr. 2.2
Drucksache 15/3696 Nr. 2.6
Drucksache 15/3696 Nr. 2.11
Drucksache 15/3876 Nr. 1.13
Rechtsausschuss
Drucksache 15/2373 Nr. 2.24
Drucksache 15/3696 Nr. 2.1
Drucksache 15/3696 Nr. 2.32
Drucksache 15/3779 Nr. 1.3
Drucksache 15/3779 Nr. 1.14
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Drucksache 15/4085 Nr. 1.6
Drucksache 15/4085 Nr. 1.7
Drucksache 15/4085 Nr. 1.8
Drucksache 15/4085 Nr. 1.13
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit
Drucksache 15/3779 Nr. 1.91
Drucksache 15/3876 Nr. 1.3
Drucksache 15/3876 Nr. 1.4
Drucksache 15/3876 Nr. 1.7
Drucksache 15/3876 Nr. 1.12
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Drucksache 15/3876 Nr. 1.14
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Drucksache 15/4213 Nr. 2.22
Drucksache 15/4213 Nr. 2.48
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union
Drucksache 15/3876 Nr. 1.10
Drucksache 15/4001 Nr. 1.8
149. Sitzung
Berlin, Freitag, den 17. Dezember 2004
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6