Rede von
Prof. Dr.
Eckhart
Pick
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine Da-
men und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf zur
Novellierung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes und
der Beschlußantrag zur Nutzungsentgeltverordnung be-
treffen, wie wir eben schon gehört haben, einen Rege-
lungsbereich, der sich inzwischen zu einem Dauerbren-
ner der Gesetzgebung und auch der Judikative ent-
wickelt hat und der dadurch wahrlich nicht an Über-
sichtlichkeit gewonnen hat.
Es geht um die umfangreiche Materie des Rechts zur
Überleitung der Eigentums- und Nutzungsverhältnisse in
bezug auf Grundstücke und Gebäude in den neuen Bun-
desländern. Jede Änderung dieser schwierigen Materie
des Überleitungsrechts muß sich mit einem Grundsatz
auseinandersetzen: Überleitungsregelungen müssen
Bestand haben, solange und soweit sie erforderlich sind.
Das heißt aber auch, daß wir Änderungen und Ergän-
zungen dieses ohnehin äußerst komplizierten Normbe-
standes mit großer Sorgfalt auf ihr Erfordernis hin prü-
fen müssen.
Herr Hacker hat mit Recht gesagt: Es ist unsere Auf-
gabe, eine befriedigende Regelung zu erreichen. Ich sa-
ge: Auch eine befriedende Regelung in diesem Bereich
ist von großer Bedeutung.
Wie Sie wissen, hat sich auch die SPD in der Ver-
gangenheit für Teiländerungen des Schuldrechtsanpas-
sungsgesetzes und der Nutzungsentgeltverordnung ein-
gesetzt. Die Arbeiten an etwaigen gesetzgeberischen
Korrekturen und Ergänzungen müssen vom Streben
nach tragfähigen und abschließenden Regelungen ge-
prägt sein. Ich bin deswegen der Auffassung, daß auch
die heute hier vorliegenden Änderungsvorschläge zu-
nächst noch gründlich auf ihre Wirkungen hin überprüft
werden müssen.
Gerade das Recht zur Überleitung der vertraglichen
Nutzungsrechte an Grundstücken in das System des bür-
gerlichen Rechts birgt eine Menge Zündstoff, so daß wir
es keinesfalls riskieren sollten, den ansatzweise gefun-
denen Interessenausgleich zwischen den Grundstücks-
eigentümern und den Nutzern einseitig aufzuheben. Das
wird eine sehr schwierige Abwägungsentscheidung sein;
aber die Bundesregierung wird sich dieser Aufgabe
stellen.
Bei der Betrachtung dieses Gesetzentwurfs muß man
allerdings eindeutig auf die Gefahr hinweisen, die eine
einseitige Sicht bringen würde. Ich will das an einigen
Rainer Funke
642 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Dezember 1998
(C)
Beispielen deutlich machen, die schon von den Vorred-
nerinnen und Vorrednern genannt worden sind: Die PDS
fordert, den bestehenden Kündigungsschutz für die Nut-
zung von Grundstücken als Garagenstandort zu erwei-
tern. Damit erhielte die Garagennutzung – das ist schon
gesagt worden – einen sozialen Stellenwert, der dieser
Nutzungsart nicht angemessen ist. Schon heute ist es
schwierig zu vermitteln, daß Garagen, zum Teil im In-
nenstadtbereich liegend, bis zum Jahr 2003 dringend er-
forderliche Investitionen in den neuen Ländern verhin-
dern können. Wir müssen uns vor Augen halten, daß der
Schutz der Garagennutzung in Teilbereichen gegenwär-
tig schon stärker ist als der Kündigungsschutz im
Bereich des Wohnungsmietrechts. Auf diese Ungleich-
gewichtigkeit muß man hinweisen.
Gefordert wird auch, etwaigen finanziellen Belastun-
gen der Nutzer von Freizeitgrundstücken mit der Mög-
lichkeit einer Teilflächenkündigung zu begegnen. Es ist
problematisch, vom grünen Tisch aus das für das deut-
sche Recht völlig untypische einseitige Teilkündigungs-
recht bei gleichzeitigem Fehlen eines Ausgleichs für den
Eigentümer einzuführen. Deswegen lassen Sie uns bitte
prüfen, ob der typische Zuschnitt der Grundstücke und
die Eigenheiten der Bebauung möglicherweise eine ver-
nünftige Teilung zulassen, ohne zwischen den Beteilig-
ten zusätzlichen Konfliktstoff entstehen zu lassen.
Was die Nutzungsentgeltverordnung betrifft, muß
man wissen, daß die Forderung nach einer Deckelung
der Höhe des Nutzungsentgelts für Erholungsgrundstük-
ke nur mit einer besonderen Begründung durchsetzbar
wäre. Grundsätzlich kann in unserem Wirtschaftssystem
nur ausnahmsweise regulierend in die private Entgelt-
gestaltung eingegriffen werden. Allerdings sage ich hier
für die Bundesregierung auch: Wir werden sorgfältig
prüfen, ob es möglich ist, einen Interessenausgleich, der
soziale, ökologische und auch andere Belange beinhal-
tet, einzuführen. Herr Hacker hat mit Recht auf die un-
terschiedliche Praxis in den neuen Ländern hingewiesen.
Auch hier wird zu überlegen sein, wie man diese unter-
schiedliche Praxis einander annähert. Offensichtlich gibt
es in einzelnen Bereichen durchaus eine gute Regelung
und eine gute Lösung, in anderen Bereichen aber offen-
sichtlich eine ausgesprochen problematische.
Das Bundesministerium der Justiz – auch das ist, so
glaube ich, von Frau Voßhoff genannt worden – hat
noch einen Auftrag zu erfüllen, nämlich den Auftrag des
letzten Bundestages, einen Bericht über die Wirkungen
der Nutzungsentgeltverordnung vorzulegen. Wir werden
diesen Bericht gründlich vorbereiten und die in diesem
Zusammenhang festgestellten Erfahrungen auch für et-
waige Reformen im Bereich des Schuldrechtsanpas-
sungsgesetzes verwenden. In diesem Rahmen werden
wir auch die heute in den PDS-Anträgen angesprochene
Problematik einbeziehen.
Vielen Dank.