Rede von
Willi
Brase
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Abgeordneter Lensing, ich
danke Ihnen für Ihre Frage. Ich möchte darauf verwei-
sen, daß ich im Zuge meiner weiteren Darstellungen auf
Ihre Frage eingehen werde, indem ich verdeutliche,
warum wir bestimmte Fakten und veränderte Situationen
zur Kenntnis nehmen und uns entsprechend anders ver-
halten werden.
Die alte Bundesregierung hat sehr viel von Eliten ge-
sprochen. So wichtig diese auch sind, behaupte ich: Die
Frage, ob wir die lernende Gesellschaft schaffen kön-
nen, hängt ganz entscheidend davon ab, ob dieser quali-
tative Sprung auch im Bereich der beruflichen Bildung
erreicht werden kann.
634 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Dezember 1998
(C)
Nicht minder entscheidend ist das Sofortprogramm
für 100 000 Jugendliche. An diesem Programm wird es
keine Abstriche und Veränderungen geben. Dafür steht
die neue Regierung im Wort.
So wichtig dabei Selbstverpflichtungen der Betriebe und
der Verwaltungen auch sind, ein von der Politik ange-
botener erster Schritt ist unverzichtbar. Ohne staatliche
Maßnahmen und Aktivitäten kann das Steuer nicht her-
umgeworfen werden. Dieses sind wir aber mit unserer
Politik den jungen Menschen schuldig.
Wir sind aber dagegen, alles auf den Staat abzuschie-
ben. Wir setzen ganz entscheidend auf Lösungen, die
im Konsens mit den Partnern des dualen Systems der
beruflichen Bildung erreicht werden.
Hier besteht eine grundsätzliche Differenz zu dem vor-
liegenden Gesetzentwurf der PDS. Ich widerspreche der
PDS ganz nachdrücklich, daß solche konsensualen
Strategien – ich zitiere aus dem Gesetzentwurf –, „sich
als völlig ungenügend erwiesen“ haben. In meiner Regi-
on Siegen-Wittgenstein-Olpe bin ich seit Jahren an dem
Zustandebringen solcher Lösungen aktiv beteiligt. Ich
kann – ebenfalls seit Jahren – positiven Vollzug mel-
den. – Dies ist nicht zuletzt durch die tatkräftige Unter-
stützung des Landes Nordrhein-Westfalen möglich
gewesen. Das Stichwort „Ausbildungskonsens“ sei in
diesem Zusammenhang angemerkt.–
So konnte im Arbeitsamtsbezirk meines Wahlkreises –
jetzt beantworte ich Ihre Frage, verehrter Herr Kolle-
ge Lensing – von den Akteuren des dualen Systems die
Zahl der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse im
verarbeitenden Gewerbe, ohne das Handwerk, um über
15,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr durch Differenzie-
rung, durch Gemeinsamkeit und durch Konsens erhöht
werden. Genau das ist der richtige Weg.
Es wäre eben verfehlt, den Lösungen im Konsens mit
der Wirtschaft staatliche Zwangsmaßnahmen vorauszu-
setzen. Insbesondere ist es politisch geradezu kontrapro-
duktiv – um nicht zu sagen: unpolitisch, liebe Kollegin-
nen und Kollegen von der PDS –, das Bündnis für Ar-
beit und Ausbildung, dem sich die neue Regierung ver-
pflichtet fühlt, mit solchen Vorgaben zu belasten. Aller-
dings muß dieses Bündnis auch zum erklärten Ziel ha-
ben, gemeinsam mit Wirtschaft, öffentlicher Hand und
Gewerkschaften zu präzisen Vereinbarungen über Wege
und Mittel zur dauerhaften Schließung der Ausbildungs-
platzlücke zu kommen.