Rede von
Dr. h.c.
Wolfgang
Thierse
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat nun
der Bundesminister Bodo Hombach.
Bodo Hombach, Bundesminister für besondere
Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes: Meine
Damen und Herren! Herr Westerwelle hat eben den
schönen und treffenden Zuruf gemacht – ich weiß nicht,
ob er ins Protokoll aufgenommen wurde –: Opposition
macht frei. – Ich glaube, das stimmt. Das Wohlbehagen
und die Genüßlichkeit, mit der Sie sich in die neue Rolle
finden, sind spürbar. Ich gönne sie Ihnen.
Aber das entschuldigt nicht alles.
– Ich habe mich gemeldet, um zur Sache zu reden.
Die Tatsache, daß Innenminister Schily heute nicht
anwesend ist sein würde, ist dem Parlamentssekretariat
zeitig und fristgerecht mitgeteilt worden. Für Übermitt-
lungsfehler und Koordinationsprobleme in Ihrer Frakti-
on bin ich nicht verantwortlich, Herr Fraktionsvorsit-
zender.
Sie haben eine Unterrichtung angemahnt, worauf ich
sagen muß: Man lernt nicht aus. Ich habe die Opposition
in Begleitung des Staatssekretärs im Justizministerium,
Dr. Geiger, des neuen Chefs des Bundesnachrichten-
dienstes in Pullach, Herrn Hanning, und in Begleitung
des neuen Leiters der Abteilung 6 des Kanzleramtes,
Herrn Uhrlau, über die tatsächlichen Zusammenhänge
der Einreise Herrn Öcalans nach Italien unterrichtet.
Weiterhin haben wir Sie sehr ausführlich über unsere
Sicht der Sicherheitslage informiert.
Wir haben Ihnen die Optionen für unser Handeln dar-
gestellt. Die eine Option war, daß wir einen dritten Ort
suchen, um einen Prozeß durchzuführen, möglicherwei-
se unter internationaler Kontrolle. Wir haben Ihnen ge-
sagt, daß wir wünschen, daß Herr Öcalan einen irdi-
schen Richter findet. Wir haben Ihnen aber auch gesagt,
warum wir nicht der Auffassung sind, daß Deutschland
der geeignetste Ort für einen solchen Prozeß ist.
Wir haben aber in keiner Weise versucht, Ihr politi-
sches Urteil über diesen Vorgang zu beeinflussen, denn
es ist klar, daß Sie in Ihren Beurteilungen und Entschei-
dungen frei sind.
Wir haben das getan, was wir für unsere Pflicht hiel-
ten. Ich muß Ihnen ganz offen sagen: Daß Sie diesen
Vorgang für parteitaktische Polemik mißbrauchen und
daß für Sie nicht das nationale Interesse im Vordergrund
steht, ist ein ungeheuerlicher Vorgang.
Dazu kann ich nur sagen: Was Sie machen, ist Funda-
mentalopposition. Fundamentalopposition gehört zwar
zur Rollenfindung, aber die kann lange dauern.