Rede von
Kerstin
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich weiß, es wollen alle nach Hause. Aber: Herr Marschewski, ich hätte es nicht gedacht, aber jetzt haben Sie doch noch das Thema „lebenslange Haft" angesprochen. Ich möchte das, was Sie dazu behauptet haben, zumindest kurz richtigstellen. Der Herr Abgeordnete Geis hat sich auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert, als er vor einigen Wochen darüber sprach.
Sie wissen ganz genau, Herr Marschewski, daß die lebenslange Freiheitsstrafe in der Bundesrepublik de facto längst abgeschafft ist. Das Bundesverfassungsgericht hat schon 1977 entschieden, daß der Resozialisierungsgedanke auch beim Vollzug der lebenslangen Freiheitsstrafe gilt und daß wegen des Grundrechts der Menschenwürde niemand, auch nicht derjenige, der zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt ist, bis zum Ende seiner Tage hinter Gittern bleiben muß, ohne daß er die Chance - so das Bundesverfassungsgericht im Originalton - zu einer bewährungsbedingten Entlassung bekommt. Insofern halte ich Ihre Reaktion, mit Verlaub, für eine ziemliche Heuchelei.
Sie haben den Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes seinerzeit nicht umgesetzt, was dazu führt - eine unveröffentlichte Studie des Bundesjustizministeriums kommt zu diesem Schluß -, daß wir Gerechtigkeit in diesem Land zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen unterschiedlich handhaben. In Sachsen beträgt die Vollstreckungsdauer durchschnittlich 25,5 Jahre, in MecklenburgVorpommern sind es durchschnittlich 15 Jahre. Das heißt, daß die Vollstreckung der lebenslangen Haft unterschiedlich gehandhabt wird. Was ich gefordert habe, was wir als Bündnisgrüne in unserem Programm fordern, ist die Umsetzung dieses Bundesverfassungsgerichtsurteiles, nichts weiter!