Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch seitens der CDU/CSU-Fraktion herzlichen Dank an Detlef Kleinert für die langjährige Zusammenarbeit in der Koalition.
Wir haben in der Rechts- und in der Innenpolitik vieles zuwege gebracht. Man kann darüber streiten, ob das alles immer richtig gewesen ist. Aber vieles ist geschehen. Vieles wäre aber nicht geschehen ohne die Unterstützung, die kluge Verhandlungsführung und die Durchsetzungsfähigkeit von Detlef Kleinert in der eigenen Fraktion; das muß gesagt werden. Ohne seine Durchsetzungsfähigkeit und das gute Zusammenspiel wäre dies alles nicht möglich gewesen. Wenn es wirklich einmal nicht weitergegangen ist, dann gab es oft genug Runden in ganz privatem Kreis mit Erwin Marschewski, Detlef Kleinert und meiner Wenigkeit. Dort haben wir immer einen Weg gefunden. Ich werde dies und diese Freundschaft in der nächsten Legislaturperiode sehr vermissen. Wir wünschen dir, lieber Detlef, alles Gute für die Zukunft.
Ich möchte einen Gedanken aufgreifen, den vorhin Frau Jelpke genannt hat. Es ist richtig: Die innere Sicherheit ist nicht nur ein Thema für die Rechtsparteien. Die innere Sicherheit war immer Thema in diesem Haus, Thema für alle politischen Parteien, die hier in diesem Haus vertreten sind. Wir haben in diesem Bereich - das ist heute oft genug gesagt worden - gemeinsam vieles über die Parteigrenzen hinweg zustande gebracht. Es ist ein Thema für die Bevölkerung insgesamt. Ich glaube, daß wir uns hier keine Versäumnisse vorwerfen zu lassen brauchen, auch nicht vorwerfen lassen dürfen, denn jedes Versäumnis führt sofort zu einem Anwachsen der Kriminalität, weil dies von den Straftätern sofort ausgenutzt wird. Es führt zu einer Verunsicherung in der Bevölkerung und dann wiederum zum Anwachsen des Extremismus auf linker und rechter Seite.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es darf im Bereich der inneren Sicherheit keine rechtsfreien Räume geben. Es darf nicht sein, daß die Polizei kläglich vor Gewalt zurückweicht. Die Polizei und die Behörden müssen in der Tat den starken Staat repräsentieren, weil sonst bei gewaltsamen Demonstrationen, bei Massenansammlungen oder in Fußballstadien Gewalt um sich greift. Hier muß die Polizei präsent sein. Deswegen brauchen wir in allen Ländern den Unterbindungsgewahrsam. Diese Forderung ist über die Parteigrenzen hinweg gestellt worden, als die deutschen Hooligans in Frankreich ihre Untaten begangen haben.
Wir sollten uns aber auch dann gegen die Polemik der Bedenkenträger wenden, wenn nicht so spektakuläre Vorkommnisse zu vermelden sind, bei denen es aber trotzdem zum Gebrauch des Unterbindungsgewahrsams kommt. Wenn dann behauptet wird, wir hätten es mit einem Polizeistaat zu tun, kann man nur sagen: Das ist nicht der Fall. Wir brauchen den Unterbindungsgewahrsam, um Gewalttaten von vornherein im Keim zu ersticken.
In diesen Zusammenhang gehört ferner, daß wir vor der Alltagskriminalität nicht zurückweichen dürfen.
Es darf nicht sein, daß wir den Ladendiebstahl bagatellisieren. Es darf auch nicht sein, daß wir den Gebrauch von Rauschgift, auch in kleineren Mengen, bagatellisieren. Hier muß in der Tat Nulltoleranz herrschen.
- Liebe Frau Müller, Sie müßten nach Schweden gehen. Dort gab es einmal eine Politik, die genau der Politik entsprach, die Sie heute hier von uns gefordert haben. Es gab eine Kehrtwende: Vor zehn Jahren ist man dort zurückgekehrt zu einer Nulltoleranz. Es gibt nicht einmal gegenüber dem Eigengebrauch eine Duldung des schwedischen Staates. Mit dieser Politik hat Schweden große Erfolge erreicht.
Ich glaube, daß wir uns in einzelnen Ländern vorzuwerfen haben, daß wir, wenn die Rauschgiftkriminalität um sich greift, zu lasch sind. Wenn wir nicht so lasch wären, wenn wir stärker vorgehen würden, dann hätten wir in diesem Bereich und auch in anderen Bereichen weniger Kriminalität. Das jedenfalls beweisen die Zahlen aus Bayern und Baden-Württemberg. Wir haben in Bayern und Baden-Württemberg in der Tat die niedrigste Kriminalitätsrate im ganzen Bundesgebiet.
Hierher gehört natürlich auch die Aufklärungsquote.
Es ist von entscheidender Bedeutung, daß wir zu einer noch größeren Aufklärungsquote kommen; denn der Täter liest in der Tat nicht das Strafgesetzbuch, sondern er kalkuliert, ob er entdeckt wird oder nicht. Wenn die Gefahr groß ist, daß er entdeckt wird, dann wird er es unter Umständen lassen. Deswegen ist die Aufklärungsquote die beste Prävention. Hier ist nicht zuletzt auf Drängen des Bundesministers in der Innenministerkonferenz die Aufklärungsquote in der Vergangenheit entscheidend angestiegen. Wir liegen jetzt bei 50 Prozent. Aber der Unterschied zwischen den Bundesländern ist noch zu groß. Wir haben in Bayern eine Aufklärungsquote von 64,3 Prozent. In dem Gebiet am Untermain, aus dem ich komme, liegt sie sogar bei 70 Prozent.
- Auch bei Steuervergehen, lieber Herr Conradi. Da sind Sie völlig falsch informiert. Das wird von Ihnen immer als Alibi benutzt. Es geht um die Aufklärung von Verbrechen und Kriminalität, wozu auch Verstöße gegen das Steuerstrafrecht gehören.
Insbesondere in den Ländern, die von der SPD regiert werden, muß mehr für die Aufklärung von Straftaten getan werden. Die Zahlen jedenfalls sprechen gegen die von der SPD regierten Länder. Dazu gehört, daß die Polizei entsprechend ausgestattet
Norbert Geis
sein muß. Es muß möglich sein, daß die Polizei schon am Tatort alle Informationen abrufen kann, die irgendwo im Computer gespeichert sind, und daß ein Verbund zwischen Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichten und auch Justizvollzugsanstalten in den Ländern besteht.
Wir haben jedenfalls mit der Einrichtung der Gendatei und dem DNA-Identifizierungsgesetz kurz vor der Sommerpause einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, daß es den Sexualstraftätern im Wiederholungsfall sehr schwerfallen wird, sich zu verbergen. Das ist meiner Meinung nach ein ganz entscheidender Schritt nach vorne.
Es gehört dazu, daß wir eine stärkere Präsenz der Polizei vor Ort haben. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß eine solche Präsenz präventiv wirkt. Vorhin ist Frankfurt genannt worden. Es gab dort ständig Raubüberfälle in U-Bahn-Stationen. Dann hat man am Ende und am Anfang eines solchen U-BahnSchachtes Polizisten hingestellt, und die Raubüberfälle haben aufgehört. Vorher sind die Jugendlichen an älteren Damen vorbeigerast, haben ihnen die Handtasche weggerissen und sind irgendwo im Getümmel verschwunden. Das ist vorbei. Die Präsenz der Polizei bewirkt, daß bei Gewalttaten, aber auch bei ganz einfachen Delikten die Straftäter sich von vornherein überlegen, ob sie es wagen sollen oder nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Zusammenhang das Stichwort Sicherheitswacht, das oft belächelt wird: Ich glaube, es ist ein richtiger Weg, wenn zivile Personen in die öffentliche Sicherheit und in die Einhaltung der öffentlichen Ordnung eingebunden werden. Hier beschreitet Bayern einen guten Weg; dies ist auch ein Vorbild für andere Bundesländer.
Ein Wort zur Jugendkriminalität, weil uns ständig erschreckende Statistiken von den zuständigen Behörden auf den Tisch kommen. Bei der Jugendkriminalität ist das wichtigste die Prävention. Darüber brauchen wir nicht zu streiten; das ist übereinstimmende Meinung.
Es geht darum, daß die Jugendämter, die Kommunen und Schulen zusammenarbeiten, daß Gespräche von Polizei und Jugendamt mit den Jugendlichen stattfinden, um Gewalt zu verhindern und schon im Keim zu ersticken. In den Bereich der Jugendhilfe gehören insbesondere die gerichtlichen Maßnahmen, die wir nach dem Jugendgerichtsgesetz bereits haben; ich denke an Trainingskurse, an den Täter-Opfer-Ausgleich, an Arbeitsleistungen. Diese Dinge gehören schon zur Prävention. Dazu gehört auch die Verantwortung der Medien. Es ist völlig klar, daß exzessive Gewaltszenen einen Nachklang bei gewaltbereiten Jugendlichen haben oder zumindest Gewaltbereitschaft wecken.
Noch ein Wort zur Unterbringung von jugendlichen Straftätern und straffällig gewordenen Kindern in sogenannten geschlossenen Heimen; auch das wurde ja in der Vergangenheit sehr stark angegriffen. Aber dann, wenn alles versagt hat, wenn das Kind oder der Jugendliche nicht aufhört, straffällig zu werden, wenn er an keinem Kaufhaus vorbeigehen kann, ohne etwas „mitgehen" zu lassen, wenn er den Drogen ausgesetzt ist und wenn die Eltern versagen, dann ist es notwendig, daß wir als letztes Mittel auch die Möglichkeit haben, solche Kinder und Jugendliche in einem geschlossenen Heim unterzubringen und sie auf diese Weise von der Straße wegzubringen.
Zum repressiven Bereich will ich noch folgendes sagen. Es ist wirklich diskussionswürdig, ob es richtig ist, wenn es gang und gäbe wird, bei Heranwachsenden das Jugendstrafrecht anzuwenden. Es stellt sich auch die Frage, ob nicht das Strafmaß bei Heranwachsenden, die schwerste Straftaten begehen, von 10 auf 15 Jahre Freiheitsentzug erhöht werden sollte. Es ist nicht einzusehen, daß ein 20jähriger mit 10 Jahren Freiheitsentzug für einen Mord bestraft wird, während der 21jährige Mittäter lebenslänglich bekommt. Hier muß umgedacht werden, zumindestens müssen wir das stärker diskutieren. Natürlich ist auch die Frage des Führerscheinentzugs bei Jugendlichen, die gerade den Führerschein gemacht haben, auch dann zu diskutieren, wenn sie kein Straßenverkehrsdelikt begangen haben.
In der vergangenen Legislaturperiode haben wir einiges zuwege gebracht. Wir können hier nur Gesetze machen. Die Länder müssen sie durchführen. Soweit sich uns die Aufgabe gestellt hat, zu reagieren und vielleicht auch zukünftige Entwicklungen zu beeinflussen, sind wir ihr in dieser Legislaturperiode gerecht geworden. Dafür herzlichen Dank an den Justizminister, an den Innenminister und an das ganze Haus.
Danke schön.