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    Plenarprotokoll 13/246 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 246. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 2. September 1998 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Doris Odenthal, Siegfried Hornung, Dr.-Ing. Dietmar Kansy, Manfred Opel, Ernst Kastning, Richard Schuhmann (Delitzsch) und Volkmar Schultz (Köln) 22897 A Erweiterung der Tagesordnung 22897 B Zur Geschäftsordnung Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22897 C Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . 22898 C Achim Großmann SPD 22899 B Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 22900B Klaus-Jürgen Warnick PDS 22901 A Begrüßung der Präsidentin des Bundesrechnungshofes, Frau Dr. von Wedel . . 22991 D Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1999 (Haushaltsgesetz 1999) (Drucksache 13/11100) 22902 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1998 bis 2002 (Drucksache 13/11101) 22902 B c) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses - zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 1995 - Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes (Jahresrechnung 1995) - - zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 1996 - Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes (Jahresrechnung 1996) - - zu der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1997 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung (einschließlich der Feststellungen zur Jahresrechnung des Bundes 1995 und 1996) (Drucksachen 13/5141, 13/7352, 13/8550, 13/10904) 22902 C d) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Lebenssituation von Kindern und die Leistungen der Kinderhilfen in Deutschland - Zehnter Kinder- und Jugendbericht - mit der Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 13/11368) 22902 D Jürgen Koppeln F.D.P. (zur GO) . . . 22902 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 22903 B Karl Diller SPD 22907 B Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 22912 D Dr. Norbert Blüm CDU/CSU . 22916C, 22926 D Dr. Kurt Biedenkopf, Ministerpräsident (Sachsen) 22921 A Siegmar Mosdorf SPD . . . . 22926B, 22927 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 22927 C Rolf Schwanitz SPD 22929B, 23002 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22929 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 22933 A Dr. Christa Luft PDS 22937 C, 22945 B Hans-Peter Repnik CDU/CSU 22940B, 22947 A Hans Georg Wagner SPD 22945 D Helmut Rauber CDU/CSU 22946 C Karl Diller SPD 22947 B Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 22949 D Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . 22951 C Ernst Schwanhold SPD 22952 C Dr. Barbara Höll PDS 22953 C Paul K. Friedhoff F.D.P 22955 C Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 22957 B Rudolf Dreßler SPD 22959 C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 22963 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22967 B Dr. Gisela Babel F.D.P 22969 D Petra Bläss PDS 22971 C Ottmar Schreiner SPD 22973 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . 22976 B, 22979 C Ottmar Schreiner SPD 22973 B Dr. Edith Niehuis SPD 22977 D Dr. Angela Merkel CDU/CSU 22981 D Dr. Christine Bergmann, Senatorin (Berlin) 22982 B Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . 22984 A Dr. Barbara Höll PDS 22980 C Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22986 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 22987 D Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 22988 D Edelgard Bulmahn SPD 22992 A Dr. Gerhard Friedrich CDU/CSU . . 22996 C Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 22997 B Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 23000 C Johannes Singhammer CDU/CSU . 23001 A Anke Fuchs (Köln) SPD 23001 C Wolfgang Dehnel CDU/CSU 23004 D Dr. Angela Merkel CDU/CSU 23007 A Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 23009 B Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 23010 C Dr. Wolfgang Weng (Gerligen) F.D.P. . 23013 A Vizepräsidentin Michaela Geiger . . . 22967 A Tagesordnungspunkt 2: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, auf Staatsangehörige von Drittländern (Drucksachen 13/9819 Nr. 2.29, 13/10598) . . 23015 A b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Mitteilung der Kommission Aktionsplan zur Förderung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Drucksachen 13/9668 Nr. 2.44, 13/10599) . . . 23015 B c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung - zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung - zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Edelgard Bulmahn, Tilo Braune, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bundesbericht Forschung 1996 (Drucksachen 13/4554, 13/7128, 13/ 9744, 13/9746, 13/11096) 23015 C d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung - zu dem Antrag der Abgeordneten Günter Rixe, Klaus Barthel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Jugend braucht Zukunft - Ausbildungsoffensive jetzt verwirklichen - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Berufsbildungsbericht 1998 (Drucksachen 13/10665, 13/10651, 13/ 11097) 23015D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Heidemarie Wieczorek-Zeul, Gerd Andres und weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD Sicherung der Arbeitsplätze bei der Hoechst Marion Roussel Deutschland GmbH (Drucksachen 13/10028, 13/ 11110) 23016B f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Dietmar Schütz (Oldenburg), Marion Caspers-Merk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Klimaschutz durch Minderung von Stand-by-Verlusten bei Elektrogeräten (Drucksachen 13/9254, 13/11121) . . 23016 B g) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr - zu dem Antrag der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Gila Altmann (Aurich), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Novellierung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm - zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Ganseforth, Elke Ferner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm (Drucksachen 13/6346, 13/7498, 13/ 11140) 23016 C h) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Gila Altmann (Aurich), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vorlage eines Gesetzes zum Schutz vor Verkehrslärm an Straßen und Schienen (Drucksachen 13/6958, 13/8925) . 23017 A i) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Antrag der Abgeordneten Gabriele Iwersen, Achim Großmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Vorlage eines Vierten Berichtes über Schäden an Gebäuden (Drucksachen 13/10449, 13/11145) 23017 A j) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Mitteilung der Kommission Das öffentliche Auftragswesen in der Europäischen Union (Drucksachen 13/ 10588 Nr. 2.21, 13/11160) 23017 B k) Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 375 zu Petitionen (Drucksache 13/11193 [neu]) . . . . 23017 C 1) Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 377 zu Petitionen (Gesetzliche Nichtigkeitserklärung aller NS-Unrechtsgesetze und -urteile) (Drucksache 13/11195) 23017 C m) Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 381 zu Petitionen (Überführung der Ansprüche der Beschäftigten der ehemaligen Deutschen Reichsbahn in die gesetzliche Rentenversicherung) (Drucksache 13/11330) . 23017 D Zusatztagesordnungspunkt 1: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Drucksachen 13/11118, 13/ 11381) 23018A Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. Bürgerkrieg und humanitäre Situation im Süd-Sudan (Drucksache 13/11387) 23018 B Tagesordnungspunkt 3: Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 1998 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 06 29 - Bundesanstalt Technisches Hilfswerk - Titel 532 03 - Hilfsmaßnahmen außerhalb des Bundesgebietes - bis zur Höhe von 12 340 TDM (Drucksachen 13/10929, 13/11122, lfd. Nr. 1.3, 13/11389) 23018 C Nächste Sitzung 23018 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 23019* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 1 (Haushaltsgesetz 1999) Rolf Kutzmutz PDS 23019* B Anke Fuchs (Köln) SPD 23021* C Dr. Barbara 11611 PDS 23022* C 246. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 2. September 1998 Beginn: 10.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Becker-Inglau, Ingrid SPD 2. 9. 98 Behrendt, Wolfgang SPD 2. 9. 98 * Blunck, Lilo SPD 2. 9. 98 * Brunnhuber, Georg CDU/CSU 2. 9. 98 Eßmann, Heinz Dieter CDU/CSU 2. 9. 98 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 2. 9. 98 * Gysi, Andrea PDS 2. 9. 98 Irber, Brunhilde SPD 2. 9. 98 Jung (Limburg), Michael CDU/CSU 2. 9. 98 Lattmann, Herbert CDU/CSU 2. 9. 98 Müller (Berlin), PDS 2. 9. 98 Manfred Walter Nelle, Engelbert CDU/CSU 2. 9. 98 Peters, Lisa F.D.P. 2. 9. 98 Reichard (Dresden), CDU/CSU 2. 9. 98 Christa Rupprecht, Marlene SPD 2. 9. 98 Schaich-Walch, Gudrun SPD 2. 9. 98 Scheel, Christine BÜNDNIS 2. 9. 98 90/DIE GRÜNEN Schulte (Hameln), Brigitte SPD 2. 9. 98 Stiegler, Ludwig SPD 2. 9. 98 Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 2. 9. 98 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 1 (Haushaltsgesetz 1999) Anke Fuchs (Köln) (SPD): Wirtschaftspolitische Kompetenz ist gefragt, wenn es in diesem Land wieder aufwärts gehen soll. Das wird niemand bestreiten. Diese Erkenntnis ist aber gleichzeitig Aufforderung zur Abwahl dieser Bundesregierung. Wer wirtschaftspolitische Kompetenz auf der Regierungsbank will, muß dafür sorgen, daß Gerhard Schröder Bundeskanzler wird. Nur so können wir einen Aufbruch nach vorne schaffen. Heribert Prantl schreibt in der „Süddeutschen Zeitung" vom 29./30. August 1998 zu Recht: In letzter Not hat Kohl seinen alten Gegner Lothar Späth als Helfer engagiert. Er hätte das vor vier Jahren machen müssen. Damals wäre die Zeit gewesen, eine spektakuläre neue Mannschaft zu präsentieren. Neuerdings stellt der Kanzler auch mißbilligend fest, daß die Wirtschaft den Standort Deutschland schlechtredet. Das fällt ihm zu spät auf. Vor zwei Jahren hat Kohl sich das törichte Agitieren der Wirtschaftsfunktionäre zu eigen gemacht und das Bündnis für Arbeit platzen lassen - es war sein kapitalster Fehler. Auf diese Weise gerieten die Reformen seiner Amtszeit in die Konfrontation, standen die Kirchen gegen die Sozialpolitik der Regierung auf - und damit gewannen die Gewerkschaften neue Legitimation. Die Regierung Kohl hat den Konsens geopfert, weil sie sich von der vulgärliberalen Arroganz der Industrieführer vom Schlage Henkel & Co. anstecken ließ. So etwas kann sich allenfalls eine Klientelpartei wie die F.D.P. leisten, nicht aber eine Volkspartei. Die CDU ist durch die konfrontative Sozialpolitik geschwächt worden, und dann leidet sie und ihr Wahlkampf. Die Partei ist also doppelt geschwächt: Durch nachwirkende Fehler und durch die Unklarheiten an der Spitze. Für den Stillstand ist an erster Stelle der Bundeskanzler selbst verantwortlich. Er hat das von den Gewerkschaften angebotene Bündnis für Arbeit ausgeschlagen. Das hat viele Arbeitsplätze gekostet. Das war ein immenser Zeitverlust für die notwendige Modernisierung unseres Landes. Der Kanzler hätte es besser wissen müssen. Denn sozialer Konsens und gesellschaftlicher Zusammenhalt waren in der gesamten Geschichte der Bundesrepublik eine wichtige Produktivkraft. Und wenn die Herren an der Spitze der Unternehmensverbände auch meinen, Wahlkampf für diese Regierung machen zu müssen, so sage ich Ihnen: An ihrer eigenen Basis sieht es anders aus. Dort ist Dialogbereitschaft statt Drohgebärde. Darauf setzen wir, und spätestens nach der Bundestagswahl müssen auch die Herren an der Spitze aus dem Abseits heraus. Wir Sozialdemokraten werden ein Bündnis für Arbeit verwirklichen. Wir vertrauen auf die Konsensbereitschaft im eigenen Lande. Damit knüpfen wir aber auch an die Erfahrungen an, die europäische Nachbarstaaten - wie zum Beispiel die Niederlande und Dänemark - gesammelt haben. Die Arbeitslosigkeit konnte in den Niederlanden gesenkt werden, weil sich Politik, Arbeitgeber und Gewerkschaften an einen Tisch gesetzt und gemeinsam nach Lösungen gesucht haben. Dänemark ist auf dem Weg zur Vollbeschäftigung, weil neben mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt der Staat aktiver mit Beschäftigungsmaßnahmen neue Arbeitsplätze geschaffen hat. Das ist der richtige Ansatz: Arbeitsplätze schaffen statt Arbeitslosigkeit finanzieren. Die Wachstumsschwäche in unserem Land und die hohen Arbeitslosenzahlen sind auch Folge der verfehlten Finanzpolitik. Es ist eine Binsenweisheit: Prozyklische Finanzpolitik in Abschwungphasen kann nicht auf Wachstumskurs führen. Das ist lange bekannt. Wer die Binnennachfrage abwürgt, kann noch so viel Angebotspolitik betreiben: Ohne Absatzchancen bleiben Erweiterungsinvestitionen aus, ohne Erweiterungsinvestitionen entstehen keine neuen Arbeitsplätze. Wir Sozialdemokraten setzen auf Verläßlichkeit und Stetigkeit in der Finanzpolitik. Das ist im übrigen eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit Unternehmen und Investoren verläßliche Rahmenbedingungen vorfinden. Bei dieser Bundesregierung konnte man sich nur darauf verlassen, daß das nächste Haushaltsloch größer wird als das vorherige. Damit komme ich zu Ihnen, Herr Rexrodt. Sie haben in den vergangenen Jahren im Blindflug den Kurs der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik eingeschlagen. Seit Ihrem Amtsantritt haben Sie den automatischen Piloten angestellt und gehofft, daß er den Weg alleine finden wird. Aber das Steuerungsprogramm war falsch. Statt im Azorenhoch sind Sie im Islandtief gelandet. Jetzt wollen Sie uns weismachen, wir hätten die warmen Gefilde einer Trendwende am Arbeitsmarkt erreicht, weil es in Island auch schon mal kälter gewesen ist. Das ist die Lage. Erst treibt die Bundesregierung die Arbeitslosigkeit mit Attentismus und falschen Strategien auf 4,8 Millionen hoch. Dann redet sie bei mehr als 4 Millionen Arbeitslosen von einer Trendwende. Das ist keine Trendwende, das ist der Offenbarungseid der Bundesregierung in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Herr Rexrodt, jahrelang haben sie den Standort Deutschland schlecht geredet und den Menschen die Globalisierung als Schreckgespenst an die Wand gemalt. Lohnzurückhaltung und Sozialabbau waren Ihr Credo. Sie haben die Arbeitnehmer zum Kostenfaktor degradiert. Damit muß endlich Schluß sein. Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist nämlich gut, weil wir eine gute Infrastruktur haben, weil wir qualifizierte Arbeitnehmer haben und weil die Menschen leistungsbereit sind und nach vorne schauen wollen. Die SPD wird nach der Bundestagswahl die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit konsequent in den Vordergrund stellen. Für die Wirtschaftspolitik heißt das: Stärkung der Wachstumskräfte für eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung, die Arbeitsplätze schafft. Dafür brauchen wir kurzfristig Maßnahmen für eine schnellstmögliche Entlastung am Arbeitsmarkt. Darüber hinaus müssen wir mittel- und langfristig mit einem Strukturwandel durch Innovation Wirtschaft, Staat und Gesellschaft modernisieren. Der Export boomt noch. Das zeigt: Die deutsche Wirtschaft ist wettbewerbsfähig. Ursache der Wachstumsschwäche ist die fehlende Binnennachfrage. Deshalb brauchen wir eine Steuerreform, die Arbeitnehmer und Familien entlastet und damit die Binnennachfrage stärkt. Außerdem brauchen wir eine Senkung der Unternehmenssteuern und eine Senkung der Lohnnebenkosten, um Investitionsanreize zu schaffen. Wir machen aber keine haltlosen Versprechen. 30 Milliarden Mark Nettoentlastung sind nicht finanzierbar. Das unterscheidet uns von dieser Bundesregierung. Für uns steht nicht die Entlastung der Spitzenverdiener im Vordergrund. Denn wir wissen: Die Steuerlast ist in unserem Lande ungerecht verteilt. Die Belastung der Arbeitnehmer mit Steuern und Abgaben ist ständig gestiegen, die Steuererträge aus Unternehmertätigkeit und Vermögen sind gesunken. In der Arbeitsmarktpolitik kommt es darauf an, Arbeitsplätze zu schaffen statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Vordringlich geht es darum, den Jugendlichen wieder eine Perspektive zu geben. Wir werden sofort nach der Bundestagswahl 100 000 neue Stellen für Jugendliche schaffen. Das geht, wie das Beispiel Dänemark zeigt. Schauen Sie sich die Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit dort an. Sie ist drastisch gesunken, und das ist nicht als Geschenk vom Himmel gefallen. Dort ist die Wirtschaftspolitik ihrer Gestaltungsaufgabe nachgekommen, statt Parolen von der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik zu dreschen. Mittel- und langfristig brauchen wir Innovationen in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. Die Bundesregierung hat die Modernisierung unseres Landes verschlafen. Sie haben die vergangenen Jahre doch nur von Kostensenkung gesprochen. Aber unser Land ist mit Gütern und Dienstleistungen der Spitzentechnologie stark geworden. Die SPD setzt deshalb auf die Zukunftstechnologien. Wir werden zum Beispiel mit einem Hunderttausend-Dächer-Programm die Solartechnik zur Marktreife bringen. Das schafft neue Arbeitsplätze und trägt zu einer umweltschonenden Energieversorgung bei. In diesem Zusammenhang steht auch unser Konzept für eine ökologische Steuerreform. Wir wollen damit die Lohnnebenkosten senken, den umweltschädlichen Energieverbrauch belasten und Anreize für technologische Innovationen zur Energieeinsparung setzen. Das ist moderne Wirtschaftspolitik: Innovationsanreize schaffen, um in der Verkehrstechnologie an der Spitze des Fortschritts zu stehen und die Wettbewerbsposition der deutschen Wirtschaft zu stärken. Den Energieverbrauch senken, weil Wirtschaftswachstum nicht gleichbedeutend sein muß mit höherem Energieverbrauch. Die Umwelt schonen, um die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren und keinen Raubbau an der Zukunft zu betreiben. Dafür werden wir die marktwirtschatlichen Anreize setzen. Wir werden schrittweise und berechenbar vorgehen, damit sich Bürger und Unternehmen darauf einstellen können. Wirtschaftspolitik für mehr Arbeitsplätze hat als zentrale Aufgabe die Förderung des Mittelstandes. Kleine und mittlere Unternehmen schaffen Arbeitsplätze, und sie tragen die Hauptlast der beruflichen Bildung. Da reicht es nicht, nur von der Mittelstandsförderung zu reden. Die Bilanz der Bundesregierung ist erschreckend: Die Zahl der Unternehmenskonkurse steigt. 1997 hatten wir wieder einen neuen traurigen Pleitenrekord. Die Eigenkapitalausstattung der kleinen und mittleren Unternehmen sinkt beständig. Der Anteil des Selbständigen ist im internationalen Vergleich zu gering. Die SPD wird die Mittelstandspolitik nach der Bundestagswahl in den Vordergrund stellen. Gerhard Schröder hat sein Mittelstandsprogramm vorgelegt. Es ist auf der Basis zahlreicher Diskussionen und Foren erarbeitet worden, die wir in allen Teilen des Landes mit Handwerkern und Managern, mit Verbänden und Kammern, mit Wissenschaftlern und Unternehmensberatern geführt haben. Dabei hat sich gezeigt: Der Mittelstand fühlt sich durch diese Bundesregierung nicht mehr vertreten. Unser Angebot zum Dialog ist auf breite Resonanz gestoßen, und wir werden diesen Dialog mit dem Mittelstand fortsetzen, um unsere Politik an den Bedürfnissen der Praxis messen zu lassen. Wir werden die Mittelstandsförderung bündeln und damit eine Schneise in den Dschungel der unübersichtlichen Vielzahl von Förderprogrammen schlagen. Wir werden für einen besseren Zugang des Mittelstandes zu öffentlichen Aufträgen sorgen. Wir werden die Außenwirtschaftspolitik stärker auf den Mittelstand ausrichten. Die Förderung von Existenzgründungen steht dabei ganz oben auf der Tagesordnung. Jede Existenzgründung schafft im Schnitt 2 bis 6 Arbeitsplätze. Für den Start in die Selbständigkeit fehlt es in der Regel nicht an den Ideen, sondern am Startkapital. Dabei ist genügend Anlagekapital vorhanden. Wir Sozialdemokraten sagen deshalb: Besser in neue Ideen und Unternehmen investieren als in Beton und Boden. Die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für die Bereitstellung von Wagniskapital müssen deshalb verbessert werden. Es ist höchste Zeit, sich der Gestaltungsaufgabe in der Wirtschaftspolitik zu stellen. Die SPD-geführte Bundesregierung wird dies nach der Bundestagswahl tun. Politik im nationalen Rahmen reicht dafür nicht aus. Heute werden etwa 70 Prozent aller wirtschaftsrelevanten Vorschriften in Brüssel erlassen. Deshalb möchte ich noch mal bekräftigen, was Oskar Lafontaine gesagt hat: Wir brauchen eine stärkere Kooperation auf internationaler Ebene. Diese Erkenntnis setzt sich durch, viele reden davon, Regelwerke müßten her, neue Spielregeln, Kooperation. Das ist wichtig für Europa und seine Chancen, einen Beitrag zu fairem Welthandel zu leisten. Die Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik auf europäischer Ebene muß verbessert werden. Wir werden die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in den Mittelpunkt der Europapolitik stellen. Wer wie Herr Rexrodt einer nationalen Beschäftigungspolitik das Wort redet, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Rolf Kutzmutz (PDS): Wir haben vorhin einen mehr oder weniger überzeugenden Wahlkampf auftritt vernommen. Aber, Herr Minister Rexrodt, liegt es wirklich nur am mangelnden Verständnis vieler Menschen für ihre Politik oder sind es deren Ergebnisse, die nach einem Politikwechsel verlangen lassen? Ich erinnere Sie an das Sprichwort: Der Ruhm vieler Propheten beruht auf dem schlechten Gedächtnis ihrer Zuhörer. Das gilt für den Bundeswirtschaftsminister und seinen Kabinettskollegen, deren Wachstumsprognosen - und damit deren Auswirkungen auf Arbeitsplätze, Steuern und Staatsausgaben - sich bekanntlich seit Jahr und Tag in ihrer Wahrscheinlichkeit mit denen der DDR-Plankommission messen können. Die tatsächlichen Ergebnisse der praktischen Politik beider Gremien will ich gar nicht erst vergleichen. Das gilt allerdings auch für die Sozialdemokraten. Vor genau elf Monaten war ein von mir ansonsten sehr geschätzter Kollege von seiner Fraktionsspitze verdonnert worden, hier einen grundlegenden wirtschaftspolitischen Antrag der PDS rhetorisch zu demontieren. So geißelte er unsere Zweifel an der allgemeinen Euphorie über die Globalisierung und beschwor für die SPD - unter dem Beifall der F.D.P. - deren Willen zur Internationalisierung der Waren- und Kapitalströme, weil - ich zitiere aus dem Plenarprotokoll - „wir der festen Überzeugung sind, daß die komparativen Kostenvorteile und die komparativen Vorteile unterschiedlicher Standorte genutzt und umgesetzt werden müssen". Ob er diesen Schwur - zumindest auf die Kapitalströme bezogen - heute wiederholen würde, wage ich zu bezweifeln. Schließlich ist die momentane Entwicklung an den Börsen schon mehr als eine Korrektur; das ist in der Nähe eines Crashs, meint zumindest der in diesen Dingen gewiß kompetente Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter. Dem vorhin zitierten verehrten Kollegen Hiksch gestehe ich in diesem Zusammenhang ja gern zu, daß er in der erwähnten Debatte sich für die Idee einer Tobin-Steuer stark machte, sie als fortschrittliche, also sozialdemokratische, Wirtschaftspolitik bezeichnete. Nur scheint der SPD jener Fortschritt in den letzten elf Monaten abhanden gekommen zu sein. Das Projekt Tobin Tax findet sich in keinem der zahlreichen sozialdemokratischen Programme seit letztem Oktober. Ja, selbst die SPD bügelte eine solche Initiative der PDS - die Bündnisgrünen zogen dann bekanntlich auch noch nach - im Bundestag sogar noch ab. Wenn ein Kanzler Schröder aber mit den morschen Krücken eines Kanzlers Kohl auf das bebende weltwirtschaftliche Parkett will, dann kann ich nur sagen: Hals- und Beinbruch! Wenn wir demokratische Sozialistinnen und Sozialisten im Vorjahr wie auch heute wieder anmahnen, Regionalisierung des Wirtschaftens in den Mittelpunkt der Politik - von den Steuern bis zur Fördermittelvergabe - zu stellen, dann fühlen wir uns natürlich durch die Börsen bestätigt. Viel wichtiger ist aber, daß nur so dauerhafte neue Arbeitsplätze tatsächlich entstehen, daß nur so die Binnennachfrage als wichtigstes Lebenselexier jeder Volkswirtschaft angekurbelt und daß nur so der mit Rücksicht auf die künftigen Generationen überlebenswichtige ökologische Umbau endlich ernsthaft begonnen wird. Mit Aufmerksamkeit habe ich registriert, daß die Sozialdemokraten für ihre Version des heute anberatenen Bundeshaushaltes ein 100 000-SonnendächerProgramm versprechen. Ich erinnere mich noch allzu gut daran, daß in den vergangenen Haushaltsberatungen solche Vorschläge, die Arbeit bringen und Umwelt schonen, keineswegs zum Repertoire sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik, wohl aber dem der PDS gehörten. Im Gegenteil: Noch für den Haushalt 1998 vereinten Sie sich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, bei der von uns vorgeschlagenen drastischen Aufstockung der Fördermittel zur Nutzung erneuerbarer Energien trotz gesicherter Gegenfinanzierung in ihrer Ablehnung zur übergroßen Koalition mit CDU/CSU und F.D.P. Damit Sie nach dem 27. September nicht an programmatischem Gedächtnisschwund leiden, werden wir von der PDS Ihnen dann aber gern auf die Sprünge helfen. Und den Bündnisgrünen sicher auch - falls sie dann, anders als im Vorjahr, im Ausschuß mal da sein sollten. Diese Hilfestellung durch uns scheint mir auch bei einem weiteren unverzichtbaren Projekt der beiden selbsternannten Garanten für einen Wechsel vonnöten: dem Ausstieg aus der Atomenergie. Herr Schröder will zwar nur im Konsens, Herr Fischer und die Seinen zwar erst mal nur über Länderhoheit beim Atomgesetz - aber immerhin versprechen beide, damit zu starten. Wenn es ihnen ernst ist - und zumindest für die Bündnisgrünen dürfte es ja eine Existenzfrage sein -, dann starten sie nicht nur, sondern landen sie gleich: beim sofortigen Ausstieg. Nimmt man alle AKW vom Netz, so geht in Deutschland wegen der vorhandenen Überkapazitäten dennoch keine Lampe aus. Andererseits müßte mittlerweile jeder begriffen haben, daß beispielsweise Transrapid und Expo 2000 wirtschaftlich folgen-, aber finanziell bodenlose Prestigeprojekte sind. Statt solche weiter zu päppeln, nehmen Sie 7 bis 11 Milliarden Mark, und finden Sie damit die Stromgiganten ab! Mehr können diese nach seriösen Untersuchungen, zum Beispiel des DIW, auch im schlimmsten Falle nicht als Entschädigung verlangen. Mit diesen maximal 11 Milliarden Mark öffentlicher Gelder würden schließlich zugleich rund 100 Milliarden privaten Kapitals mobilisiert - zum Abbau und konventionellen Ersatz für die dann 26 Atomruinen in Deutschland. So hätten nicht nur die gigantischen, bisher steuerfreien Rückstellungen der Energiekonzerne endlich ihren Sinn gefunden. Das wäre vor allem ein weiteres echtes Zukunftsinvestitionsprogramm, in Arbeitsplätze und Umwelt gleichermaßen. Darüber hinaus mit einer Effizienz von Steuergeldern, die - gemessen an Ostseewerften Lenna oder Dow Chemical - geradezu traumhaft günstig ist. Schlagen Sie bei dieser Aufgabe also nicht nur Schaum - machen Sie Nägel mit Köpfen! Allerdings habe ich sowohl nach dem wohlfeilen Verlautbarungswahlkampf der letzten Wochen als auch nach dem heutigen Tag allerdings meine Zweifel. Es nützt weder das „Weiter so" der Koalition noch ein „Vieles wird neu - aber nichts wird anders" der SPD. Arbeit und soziale Gerechtigkeit sind ohne Umverteilung auch des Reichtums nicht zu machen. Dr. Barbara Höll (PDS): Die heutige Debatte wird ihrem Anspruch gerecht: Wir diskutieren den letzten Kohl/Waigel-Haushalt, sprich kw-Haushalt. Das bedeutet in der Kürzelsprache des Haushalts „kann wegfallen" . Die Debatte hat eindeutig belegt, daß die Vertreter der CDU/CSU und F.D.P. nur verbal die Grundprobleme der bundesdeutschen Gesellschaft zur Kenntnis nehmen. Sie habe heute nicht eine neue Idee zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit, der Beseitigung der Lehrstellenmisere und der zunehmenden sozialen Ungerechtigkeit vorgestellt. Ihre alten Konzepte, an denen sie krampfhaft festhalten, können Sie noch so schön-färberisch versuchen darzustellen, es wird immer deutlicher, Ihre Politik bedient die wirklich Vermögenden und spaltet die Gesellschaft immer stärker in oben und unten, in arm und reich. Da wir als demokratische Sozialistinnen und Sozialisten in den letzten Jahren bereits vielfältige Vorschläge zu den angesprochenen Hauptproblemen in den Bundestag eingebracht haben und diese auch über die Konzepte von SPD und Bündnisgrünen hinausgehen, möchte ich mich jetzt auf unser Konzept zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit konzentrieren. Die PDS fordert zum einen die substantielle Verkürzung der Arbeitszeit. Heute und in Zukunft wächst die Produktivität dank moderner Technologien so schnell, daß immer weniger Menschen in immer kürzerer Zeit immer mehr Produkte und bezahlte Dienstleistungen herstellen können. Diese Entwicklung kann niemand aufhalten. Sie ist sogar eine große Chance. Aber wir ziehen daraus die Folgerung: Wenn dem so ist, dann sollen alle mehr Freizeit haben - nicht die einen steigenden Leistungsdruck, massenhaft Überstunden und die anderen Arbeitslosigkeit oder unsichere und nicht sozialversicherte stundenweise Jobs. Die moderne Entwicklung verlangt geradezu nach einer gerechteren Verteilung der Arbeit. Das geht nur über Arbeitszeitverkürzung. Die PDS hält es zum anderen in absehbarer Zeit selbst bei Arbeitszeitverkürzung für unmöglich, daß die Privatwirtschaft und der öffentliche Dienst in der Lage sind, fünf bis sieben Millionen Arbeitsplätze - so viele fehlen in Deutschland - zusätzlich zu schaffen. Daraus ziehen wir die Folgerung: Neben Privatwirtschaft und Staatsdienst wird in der Wirtschaft ein dritter Sektor gebraucht, nicht mit ABM, sondern mit normalen Beschäftigungsverhältnissen. Das ist ein Wirtschaftssektor, in dem nicht der Profit das eigentliche Ziel ist - die Amerikaner nennen so etwas Nonprofit-sector -, sondern in dem viele der humanitären, ökologischen, kulturellen, sozialen Aufgaben bewältigt werden, die heute zum großen Teil unerledigt bleiben. Die Unternehmen dieses Sektors müßten 25 bis 30 Prozent Zuschuß zu dem erhalten, was sie selbst erwirtschaften. Aber damit wäre das Geld weit sinnvoller angelegt als gegenwärtig zur Finanzierung von Arbeitslosigkeit, die jährlich 180 Milliarden DM verschlingt. Die PDS drängt zum dritten darauf, die sogenannten Lohnnebenkosten durch eine Wertschöpfungsabgabe zu ersetzen. Gegenwärtig ist es so, daß die Unternehmen die Lohnnebenkosten nach der Zahl der Beschäftigten und der Höhe der Bruttolöhne zu zahlen haben. Je weniger Mitarbeiter und je geringere Bruttolöhne, desto weniger werden sie zur Kasse gebeten. Anders gesagt: Entlassungen und Lohnminderungen werden belohnt. Wir wollen, daß die Unternehmen nach der Höhe des Betriebsergebnisses, des Gewinns und der Wertschöpfung ihren Beitrag leisten sollen, unabhängig von der Zahl der Beschäftigten und der Bruttolöhne. Betriebe mit hoher Wertschöpfung und wenig Beschäftigten - Banken, Versicherungen, hochautomatisierte Fabriken - müßten dann mehr zahlen als bisher, Klein- und Mittelbetriebe mit relativ geringer Wertschöpfung und vielen Mitarbeitern dagegen weniger. Das wäre gerechter als die bisherige Lösung und würde vor allem die Schaffung von Arbeitsplätzen und nicht ihre Vernichtung belohnen. Beispielsweise könnte der Kleinhändler an der Ecke leichter eine Verkäuferin einstellen, ohne befürchten zu müssen, daß ihn die Lohnnebenkosten überfordern. Das sind nur drei wichtige Aspekte des PDS-Konzepts zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit. Es geht dabei natürlich auch um die gerechte Verteilung der Arbeit zwischen Männern und Frauen, um Ökologie, um die Wende zu einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Wirtschaft, kurz: um das Anpacken der wichtigsten Probleme, die von der modernen Entwicklung der Produktivkräfte aufgeworfen werden. Die PDS steht für soziale Gerechtigkeit ohne Wenn und Aber. Wir wollen Armut bekämpfen, indem wir Reichtum begrenzen, nicht Arme ausgrenzen. Dazu bedarf es natürlich des politischen Willens zu einer gerechten Umgestaltung des Steuer- und Abgabensystems, unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch. Wir haben diesen Willen und sind deshalb auch nicht wie die anderen Parteien pessimistisch, die wegen angeblicher Sachzwänge den gegenwärtigen Zustand für alternativlos halten. Wir sehen klare Alternativen. Das betrifft nicht nur die Überzeugung, daß Massenarbeitslosigkeit und soziale Unsicherheit überwunden, eine sozial-ökologische Wende zur Nachhaltigkeit eingeleitet werden können. Das drückt sich auch direkt in den Forderungen für die Jugend aus, genauer gesagt, in den Forderungen der Jugend, die sich die PDS insgesamt zu eigen gemacht hat. Wir vertreten konkrete Vorschläge für die Überwindung von Ausbildungsplatzmangel und Jugendarbeitslosigkeit, für das verfassungsmäßige Recht auf berufliche Erstausbildung, für die Modernisierung der Berufsausbildung, für gleiche Bildungschancen aller Kinder und Jugendlichen, egal welcher Herkunft, aus welchen sozialen Verhältnissen. Wir wollen eine demokratisch reformierte Hochschule ohne Studiengebühren und Zwangsexmatrikulationen. Wir fordern Räume und Freiräume für die Jugendlichen, zum Beispiel ganz konkret für jeweils 1000 Jugendliche einen Jugendclub, den sie selbst gestalten können. Vor allem aber: Junge Menschen sollen selbst Politik machen, ihre Sichtweisen einbringen, ihre Interessen wahrnehmen. Deswegen unterstützt die PDS Kinder- und Jugendparlamente mit realen Mitwirkungsrechten, Jugendinitiativen und alternative Jugendprojekte. Die PDS ist die einzige Partei, die konsequent und umfassend ostdeutsche Interessen und ostdeutsches Selbstbewußtsein vertritt. Wir jammern nicht, und wir fordern nicht, daß Ostdeutschland noch mehr Geld bekommen müßte. Wir fordern, daß die Ostdeutschen endlich mehr geben können: durch mehr Arbeitsmöglichkeiten, dadurch, daß der große Wert ihrer anderen Lebensläufe und anderen Erfahrungen für die ganze Republik genutzt wird, durch Gleichberechtigung und durch reale Mitwirkungsmöglichkeiten an der Gestaltung des Gemeinwesens. Wir wollen nicht, daß die neuen Bundesländer zur Peripherie Deutschlands werden, zu einer Art Süditalien, mit Massenarbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit für Frauen und junge Leute, vermindertem Eigentumsschutz, diskriminierenden Rentenregelungen und Einstellungsbarrieren. Wir wollen, daß der Osten endlich als Chance begriffen wird. Dabei geht es uns nicht nur um die Region, sondern um dauerhaften Nutzen für das ganze Land. Denn wenn der Osten nicht auf eigene Füße kommt, wird der Westen schnell in Atemnot geraten. Es zeigt sich doch immer deutlicher: Die Schwierigkeiten des Ostens sind nur die zugespitzten Probleme des Westens. Bisher war der Osten das Experimentierfeld für Sozialabbau, Einschränkung demokratischer Rechte, Knebelung der kommunalen Selbstverwaltung. Wir sagen: Wenn schon Experimentierfeld, warum dann nicht für den Einstieg in eine neue, sozial gerechte und ökologisch verantwortliche Politik, ohne die es ohnehin für ganz Deutschland keine lebenswerte Perspektive gibt! Deshalb schlägt die PDS für die neuen Bundesländer mit dem „Rostocker Manifest" ein Pilotprojekt Ost „Gerechtigkeit und Entwicklung" vor. Es ist das einzige wirklich alternative, umfassende Programm, das von der Wirtschaft über die Eigentumsfragen bis zu modernen Demokratievorstellungen und zur Wissenschaft und Kultur den gesamten gesellschaftspolitischen Bereich erfaßt, dem Nutzen der ganzen Republik dient und die Chance bietet, die neuen Bundesländer zu einer europäischen Zukunftsregion zu entwickeln. All das hat nichts mit Ostalgie zu tun. Unser Verhältnis zur Vergangenheit, zur DDR ist klar: Wir werden nicht zulassen, daß die Leistungen der Menschen in der DDR gering geschätzt, ihre Biographien verachtet werden. Wir werden aber auch jeder Verklärung der DDR entgegentreten; denn schließlich ist sie wegen ihrer großen Defizite an Demokratie und Emanzipation gescheitert, und niemand will dorthin zurück. Die SED hat früher alles in der DDR hochgejubelt. Die Bundesregierung versucht heute, alles in den Dreck zu treten. Wir bleiben bei einer differenzierten Bewertung und werden uns weiter darum bemühen. Die demokratischen Sozialistinnen und Sozialisten erwiesen sich als die konsequenteste Opposition der Regierung Kohl. Die konsequent kritische Haltung werden wir beibehalten. Egal, ob rotgrüne oder große Koalition, kritischer Druck von links ist auch im 14. Deutschen Bundestag bitter nötig. Wir werden uns dieser Aufgabe stellen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Peter Repnik


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen in dieser Haushaltsdebatte einen Dank abstatten, Dank an den Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich möchte ihm nicht nur danken, daß er vor der Bundestagswahl diesen Haushalt für das Jahr 1999 vorgelegt hat, sondern ich möchte ihm auch für die Herkulesarbeit danken, die er in der jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode geleistet hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Was wurde in den letzten vier Jahren von der Linken nicht alles behauptet! Was für Horrorszenarien wurden nicht alles entwickelt!

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Die sind doch alle eingetreten!)

    Welche Prognosen wurden gestellt! - Alle die von Ihnen entwickelten Prognosen waren Fehlprognosen.
    Die Wahrheit ist eine andere. Maastricht: Wenn ich an das Defizitkriterium denke, dann stelle ich fest, daß wir die Maastricht-Kriterien nicht nur gerade so erreicht, sondern sogar nachhaltig unterschritten haben.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir haben Art. 115 selbstverständlich eingehalten
    und haben heute mehr Investitionen als neue Schulden. Wir haben in diesem Haushalt 1999 eine reale
    Ausgabenkürzung. Wir haben das Versprechen eingelöst, die Staatsquote zurückzuführen. Wir haben eine Preisstabilität wie seit Jahren nicht mehr, und wir haben niedrige Zinsen. Dies kommt nicht von ungefähr. Das ist kein Wunder und kommt nicht vom Himmel; vielmehr hat es etwas mit der verläßlichen Finanzpolitik dieses Ministers Theo Waigel zu tun. Deshalb gebührt ihm Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Leider ist Herr Ministerpräsident Lafontaine nicht mehr da. Ich muß in einigen Punkten auf seine Ausführungen eingehen. Herr Lafontaine hat immer wieder „die Wahrheit" strapaziert. Ich kann bloß sagen: In einer ganzen Reihe von Fragen ist er mit der Wahrheit leichtfertig umgegangen. Dies kann man zum Beispiel auch durch verkürzte Wiedergabe von Zitaten tun. Ich möchte ein solches Zitat weiterführen. Herr Lafontaine hat sich mit Herrn Dornbusch auseinandergesetzt und dabei eine Aussage zu Finanzminister Theo Waigel gemacht. Jetzt darf ich aus demselben Artikel - zwei Spalten weiter - Herrn Dornbusch zitieren; so wird die Wahrheit daraus. Herr Dornbusch sagt:
    In den USA haben rigorose Steuersenkungen (und Deregulierungsmaßnahmen) zur Vollbeschäftigung, einem ausgeglichenen Staatshaushalt und einer einmalig niedrigen Inflation geführt. In Deutschland wäre dies nicht anders, hätte man nur den Mut für diesen doppelseitigen Ansatz der Steuersenkung und Deregulierung.
    Dornbusch weiter, ganz wichtig:
    Der Waigel-Pakt ist dabei natürlich ein wunderbares, disziplinierendes Instrument:
    Weiter heißt es:
    Schwachköpfige Sozialisten, die alles dem Staat übertragen wollen, erhalten ein klares Nein ebenso wie diejenigen, die an ihren. Monopolen oder einer großen staatlichen Bürokratie festhalten wollen.
    Im Gegensatz zu dem, was Herr Lafontaine gesagt hat, erfährt Herr Waigel mit seiner Politik eine eindeutige Bestätigung durch Herrn Dornbusch. Auch dies gehört zur Wahrheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wenn wir schon bei der Wahrheit sind: Es ist doch ganz spannend, die Parallelität der Argumentation Ihres Parteivorsitzenden und jener der PDS zu sehen.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: So ist es!)

    Wenn ich betrachte, was sich da anbahnt, dann ahne ich Schreckliches. Herr Lafontaine hat dargestellt, daß hier eine Umverteilung von unten nach oben stattfindet und wie schlecht es gerade den Beziehern kleinerer Einkommen gegangen ist. - Auch hier möchte ich wieder einen Blick auf die Fakten werfen. Es handelt sich nicht um politische Zahlen. Das Insti-

    Dr. Christa Luft
    tut der deutschen Wirtschaft hat folgendes berechnet. Ich darf nur zwei Daten zitieren:
    Preisbereinigt beträgt das Wohlstandsplus im Zeitraum 1985 bis 1997 je Haushalt 9 Prozent und je Kopf sogar fast 16 Prozent.
    Dies sind die Fakten. Kein Zurück, sondern ein Mehr.
    Ein Zweites.

    (Zurufe von der SPD)

    - Hören Sie mir bitte zu! Sie können doch an den Fakten nicht vorbeimanipulieren. Das versuchen Sie. Aber genau das werden wir nicht zulassen. Frau Kollegin Matthäus-Maier, ich möchte Sie mit folgendem Datum konfrontieren. Das ausgabefähige reale Pro-Kopf-Einkommen: der einkommensschwächsten 30 Prozent der westdeutschen Bevölkerung stieg zwischen 1985 und 1996 unter dieser Regierung Helmut Kohl mit 21 Prozent stärker als in jeder anderen Einkommensgruppe. Es lohnt sich doch, auch diese Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Verbreiten Sie bitte an diesem Pult nicht die Unwahrheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Ich habe doch gar nichts gesagt!)

    - Sie haben es nicht gesagt. Ich wollte nur Ihre Aufmerksamkeit haben. Da Ihr Parteivorsitzender nicht da ist, möchte ich Sie darum bitten, daß Sie ihm diese Zahlen unterbreiten, damit er bei der nächsten Veranstaltung nicht wieder solchen Unsinn wie heute früh zu diesem Thema erzählt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich habe vorhin unserem Finanzminister gedankt, weil dieser Haushalt im Ergebnis doch außergewöhnlich bemerkenswert ist. Noch niemals seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland mußten haushaltspolitisch in einem Jahrzehnt so gewaltige Lasten geschultert werden. Dies ist doch ein Faktum vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung und der weltweiten Umbrüche. Dennoch ist die Haushaltspolitik des Bundes ihrer verantwortungsbewußten Konsolidierungslinie treu geblieben.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Ich möchte auf etwas aufmerksam machen, was Herr Ministerpräsident Biedenkopf bereits gesagt hat. Auch in diesem Haushalt, der jetzt für das nächste Jahr zur Beratung ansteht, hat der Bund einen Nettotransfer von West nach Ost in Höhe von 95 Milliarden DM eingeplant. Das zeigt die Solidarität der Bürger im Westen mit denen im Osten. Wir stehen dazu. Was macht die SPD? - Die SPD hat ihre gesamten Aussagen zum Haushalt unter einen Finanzierungsvorbehalt gestellt. Doch gerade die Bürger in den neuen Bundesländern müssen wissen, daß wir das Geld eingeplant haben. Die SPD dagegen weiß es noch nicht so genau. Bei uns herrschen Sicherheit und Verläßlichkeit auch und gerade im Hinblick auf den Aufbau Ost.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich halte es schon für bemerkenswert, daß Herr Lafontaine in seinen Aussagen kein Wort über die kommunistischen Altschulden verloren hat. Wenn die kommunistischen Altschulden nicht wären, hätte der Bund 450 Milliarden DM weniger Schulden. Daß sich dies auch auf die Zinssituation auswirkt, weiß doch alle Welt. 21 Milliarden DM, ein Viertel der Zinsaufwendungen in diesem Haushalt, sind ausschließlich auf die kommunistischen Altschulden zurückzuführen. Dies Finanzminister Waigel anzulasten ist schon eine gewaltige Frechheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Verantwortlichen sitzen doch hier. Das sind die PDS und ihre Vorgängerpartei, Ihr Koalitions- und Duldungspartner. Bei denen liegt die Verantwortung und nicht beim Bundesfinanzminister.
    Wenn wir von der Konsolidierung des Haushalts sprechen, berufen wir uns auf verläßliche Zahlen. Der Anteil, den der Bund im Jahre 1999 am Bruttosozialprodukt hat, beträgt gerade 11,8 Prozent. Man kann sagen, das ist immer noch zuviel, aber es lohnt sich, hier einmal den Blick zurückzuwenden.


Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Kollege Repnik, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Luft zu?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Peter Repnik


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Vielen Dank, verehrte Frau Präsidentin, aber ich würde gerne diese Daten dem Hohen Haus und der Öffentlichkeit präsentieren; denn nichts überzeugt stärker als die Daten dieser Regierung.
    Ich nenne deshalb ein ganz wichtiges Datum: Der Anteil des Bundes am Bruttosozialprodukt liegt mit 11,8 Prozent 1999 niedriger als in den 60er, 70er oder 80er Jahren. Vielleicht ist es gut, daran zu erinnern, daß wir vor 16 Jahren, bevor Helmut Kohl die Regierungsverantwortung übernommen hat, unter der Regierung von Helmut Schmidt ohne die Sonderbelastung durch den Aufbau Ost und die kommunistischen Altlasten einen Anteil von 15,4 Prozent hatten. Dabei haben wir auch noch 8 Milliarden DM Kohlepfennig übernommen und damit den Bürger entlastet. Das sind doch die Tatsachen. Dies ist eine Konsolidierungspolitik, die sich sehen lassen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Noch eine andere Zahl: Würde der Bund das Bruttoinlandsprodukt genauso stark belasten wie damals die SPD-geführte Regierung von Helmut Schmidt, lägen die Bundesausgaben heute um 140 Milliarden DM höher als in dem Haushalt, den Theo Waigel vorgelegt hat. Dies sind die unterschiedlichen Ansprüche, die wir in dieser Frage haben.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe Theo Waigel auch dafür gedankt, daß er eine bere-

    Hans-Peter Repnik
    chenbare und transparente Haushaltspolitik betrieben und uns einen solchen Haushalt vorgelegt hat.

    (Katrin Fuchs [Verl] [SPD]: Das meinen Sie doch wohl nicht ernst?)

    Man hört in diesen Tagen sehr viel - dies sagt auch der SPD-Kanzlerkandidat - von einem Kassensturz. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, auch hier gilt: Nicht an ihren Sprüchen, sondern an ihren Früchten, an ihren Taten oder - wenn ich an die SPD denke - an ihren Unterlassungen sollen wir sie messen.
    Dieser Bundeshaushalt 1999 ist ein offenes Buch. Wenn schon der Kollege Diller nicht mehr zu seiner Aussage steht, man möge die Pläne übernehmen, möchte ich den Kollegen Metzger, der vorhin hier gesprochen hat, zitieren. Herr Metzger hat zu dem vorgelegten Haushalt des Finanzministers gesagt, die Einhaltung der Waigelschen Vorgaben würde zu einer allmählichen Konsolidierung des Haushalts führen, da in diesem Szenario sowohl das Wachstum der Neuverschuldung als auch das Wachstum der Ausgaben unter dem angenommenen Wirtschaftswachstum lägen und somit die Gesamtverschuldung und die Staatsausgaben als Relation zum Bruttoinlandsprodukt langsam zurückgehen würden. - Wenn dies keine eindeutige Aussage ist, an der sich auch Herr Waigel messen lassen kann, dann weiß ich es nicht.
    Peffekoven, der Wirtschaftsweise, hat gesagt: Kassensturz zu verlangen ist ein „Unsinn"; denn „jeder, der sich über den Zustand öffentlicher Finanzen informieren will, kann das schon heute tun" .

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich bin bei der Transparenz, ich bin beim Kassensturz, ich bin bei der Rechenschaftspflichtigkeit auch dieser Regierung. Wie sieht dies bei der SPD aus? Die SPD stellt alles, was sie in ihren Wahlprogrammen anbietet und verspricht, unter einen Finanzierungsvorbehalt.

    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Alles versprechen, nichts halten! Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das müssen Sie sagen!)

    - Alles versprechen, nichts halten müssen, das ist wohl wahr.
    Wie sieht es bei dem Herrn aus, der als Kanzlerkandidat auftritt? Auch hier rate ich uns: An ihren Früchten und nicht an ihren Sprüchen werdet ihr sie erkennen. In Niedersachsen ist seit langem ein Nachtragshaushalt für das Jahr 1998 fällig. Er weigert sich, ihn einzubringen. Er verschleppt es bis nach den Wahlen, weil er nicht zu seinen Zahlen und zu seinen Fakten stehen will. Wie sieht es mit dem Jahr 1999 aus? Der Haushalt des Jahres 1999 in Niedersachsen wird nach der Bundestagswahl vorgelegt und nach der jetzigen Planung im Mai 1999 im Parlament verabschiedet. Dies hat etwas mit Transparenz zu tun. Was will der Herr verschleiern, daß er den Haushalt nicht wie wir schon vor den Wahlen vorlegt? Er hat offensichtlich etwas zu verstecken.
    Weiß er, was die Unsicherheit über einen nicht verabschiedeten Haushalt im Hinblick auf die vom Land zu tätigenden Investitionen für den Mittelstand bedeutet, was dies für den Arbeitsmarkt bedeutet? Auch hier zeigt sich einmal mehr ein glattes Versagen.
    Der Landesrechnungshof von Niedersachsen hat jetzt wiederholt moniert, daß der Haushalt des Bundeslandes Niedersachsen nicht verfassungskonform ist. Und dieser Herr will uns hier lehren, wie man einen verfassungsmäßigen Haushalt aufstellt! Nein, meine Damen und Herren, an ihren Früchten wollen wir sie erkennen.
    Wer sich anheischig macht, die Geschicke einer der größten Industrienationen der Welt zu führen, der muß sich schon fragen lassen, wodurch er sich dafür qualifiziert.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deshalb möchte ich ein paar Zahlen in den Raum stellen. Ich möchte darüber sprechen, wie das Duo Lafontaine und Schröder dort, wo sie in der Verantwortung stehen, mit ihrer Verantwortung umgegangen sind und wie es in anderen Ländern aussieht, in denen andere in der Verantwortung stehen.
    Wer gestern beim Festakt im Museum Koenig war und dem Ministerpräsidenten Schröder zugehört hat, konnte eine ganz bemerkenswerte Aussage - in meinen Augen eine verräterische Aussage - zur Kenntnis nehmen. Schröder hat dort nämlich gesagt, daß wir nicht in einen Föderalismuswettbewerb eintreten wollen. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, es könnte der SPD so passen: die Erfolge, die in den Ländern eingefahren werden, die von CDU und CSU regiert werden, umzuverteilen und die Mißerfolge der Sozialdemokraten zu sozialisieren. Diese Rechnung geht nicht auf. Das lassen wir Ihnen auch nicht durchgehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wenn heute - das sage ich jetzt den Bürgerinnen und Bürgern in den neuen Bundesländern - der Ministerpräsident des Saarlandes und SPD-Vorsitzende den Eindruck erweckt hat, daß sich die Klage, die Baden-Württemberg und Bayern gemeinsam erhoben haben, gegen den Finanzausgleich mit den neuen Ländern richtet, ist das die Unwahrheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es geht vielmehr darum, daß diese Länder die Früchte ihrer guten Arbeit nicht mehr länger mit heruntergewirtschafteten Ländern wie dem Saarland und Niedersachsen teilen wollen. Das hat nichts mit mangelnder Unterstützung des Aufbaus Ost und der neuen Länder zu tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Dieter Thomae [F.D.P.])

    Herr Schröder hat vor vier Jahren in einem „Spiegel" -Interview dem damaligen Kanzlerkandidaten Scharping folgenden Rat gegeben. Ich darf zitieren:
    Für die Selbstdarstellung der Bundestagsopposition ist das Arbeitsplatzthema nur schwer geeignet. Deswegen muß die SPD die erfolgreiche Ar-

    Hans-Peter Repnik
    beit all ihrer Ministerpräsidenten auf diesem Gebiet klarmachen und als Ausweis für ihre spezifische industriepolitische Kompetenz nutzen.
    Wir lassen uns auch vier Jahre nach dieser Aussage an beiden Kriterien, sowohl an dem bundespolitischen wie auch an dem landespolitischen Kriterium, messen.
    Ich will zum Arbeitsmarkt' auf Bundesebene folgendes sagen:
    Erstens. Sie waren es doch, die uns im vergangenen Herbst prognostiziert haben, daß wir binnen Jahresfrist die 5-Millionen-Grenze überschreiten werden. Heute sind wir dabei, die 4-Millionen-Grenze zu unterschreiten. Das ist doch ein Erfolg!

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Dieter Thomae [F.D.P.J)

    Zweitens. Kurzarbeit findet in dieser Republik so gut wie nicht mehr statt. Diese Tatsache sagt doch etwas aus, weil die Kurzarbeit in aller Regel der Einstieg in die Arbeitslosigkeit ist. Bevor nämlich ein Unternehmer entläßt, wird er die Arbeitnehmer kurzarbeiten lassen. Die Tatsache, daß wir die Kurzarbeit bis fast auf Null heruntergefahren haben, hat etwas mit der Sicherung der Arbeitsplätze und der Bewegung auf dem Arbeitsmarkt zu tun.

    (Monika Ganseforth [SPD]: Das ist Realitätsverlust, was Sie da sagen!)

    Drittens. Diese Tatsache ist heute morgen schon angesprochen worden, ich will sie aber noch einmal erwähnen: Es gibt 500000 gemeldete offene Stellen. Jeder Experte sagt uns, daß diese Zahl mit einem Faktor 3 zu multiplizieren ist, weil in vielen Branchen und in vielen Ländern, zum Beispiel in Bayern und in Baden-Württemberg, fast keine Vermittlung mehr über das Arbeitsamt läuft, da der Arbeitsmarkt dort leergefegt ist. Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland derzeit 1,3 bis 1,5 Millionen offene Stellen. Das bedeutet doch, daß sich auf dem Arbeitsmarkt etwas verändert hat.
    Was bedeutet dies weiter? Das bedeutet auch, daß die Unternehmen wieder einstellen, weil sie der politischen und auf Grund der Auftragslage auch der wirtschaftlichen Entwicklung wieder etwas zutrauen. Sie sind zuversichtlich im Hinblick auf die Zukunft, sonst würden sie nicht neue Arbeitnehmer suchen. Das ist doch ein grandioser Erfolg dieser Regierung unter Helmut Kohl.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wie kam dieser Erfolg zustande? Ich darf noch einmal zu den Aussagen von Herrn Lafontaine, dem Ministerpräsidenten des Saarlandes, zurückkommen. Wie sehen in dieser Republik die Arbeitslosenquoten aus? Bayern: 6,4 Prozent. Das ist ein Minus von 8,4 Prozent innerhalb des letzten Jahres. BadenWürttemberg: 6,8 Prozent. Das ist ein Abbau der Arbeitslosigkeit von 10,8 Prozent in einem Jahr. Niedersachsen: 10,8 Prozent. Das ist ein Rückgang von 5,2 Prozent. Das heißt: Der Rückgang der Arbeitslosigkeit ist in Baden-Württemberg doppelt so stark wie in Niedersachsen. Das sind doch Fakten, an denen wir nicht vorbeikommen.
    Auch dies müssen wir den Bürgern sagen: Hätten die alten Bundesländer die derzeitige Arbeitslosenquote von Bayern oder von Baden-Württemberg, wären in Deutschland 800 000 Menschen weniger arbeitslos. Diese Tatsache hat doch etwas mit der Politik der betreffenden Länder zu tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Oder andersherum: Hätten wir eine Arbeitslosenquote wie in Niedersachsen oder wie im Saarland, dann hätten wir in Deutschland 500 000 Arbeitslose mehr, als wir jetzt haben.
    Herr Lafontaine hatte sich dieses Themas ganz besonders angenommen.

    (Monika Ganseforth [SPD]: Peinlich ist das!)

    - Nein. Ich werde Ihnen jetzt aufzeigen, wie es im Saarland aussieht. Diese Zahlen sind nicht von mir, sondern von der SPD-nahen Arbeitskammer des Saarlandes. Der Präsident dieser Arbeitskammer ist ein SPD-Landtagsabgeordneter, der uns mit Sicherheit nicht hellen will. In dem diesjährigen Jahresbericht - Sie können ihn anfordern; weil Sie dazwischenrufen, unterstelle ich, daß Sie ihn nicht kennen; ich rate Ihnen: fordern Sie ihn an - steht auf Seite 39 unter anderem, daß zwischen 1985 und 1997 im Saarland 1,7 Prozent mehr Arbeitsplätze geschaffen wurden. Das hört sich gar nicht so schlecht an. Aber wie sieht es insgesamt aus?