Rede von
Hartmut
Koschyk
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion darüber, wie sich der Deutsche Bundestag gegenüber der Stadt Guernica und ihrer Bevölkerung, die durch Flieger der Legion Condor am 26. April 1937 bombardiert wurde, verhalten soll, beschäftigt - darauf hat meine Vorrednerin hingewiesen - das Parlament seit geraumer Zeit.
Liebe Frau Kollegin Vogt, man sollte bei allem, was uns vielleicht vor der heutigen Debatte und vor dem Einbringen des gemeinsamen Antrages hier und da getrennt hat, doch das Gemeinsame in den Vordergrund stellen, nämlich daß wir zu einer einvernehmlichen Entschließung aller Fraktionen dieses Parlaments gekommen sind. Ich glaube, liebe Frau Kollegin Vogt, es ist gerade dieses Einvernehmen, das es uns erlaubt, der Opfer des Bombenangriffs würdevoll zu gedenken und ebenso würdevoll und überzeugend auf die Bevölkerung der Stadt Guernica zuzugehen. Die Bevölkerung der Stadt Guernica und die noch lebenden Opfer dieses Bombenangriffs und ihre Nachkommen würden sich nicht über eine gespaltene Haltung auf deutscher Seite freuen. Sie freuen sich, wenn wir im Deutschen Bundestag einvernehmlich zu einer gemeinsamen Position kommen.
Unser historisches Erbe kann nicht nach Gutdünken und Belieben in gut und schlecht aufgespaltet werden, sondern wir müssen es annehmen, wie es ist, und daraus die richtigen Lehren ziehen. Wir können nicht belastende Teile ausklammern und uns schwierigen Verpflichtungen entziehen. Diese Erkenntnis machen wir uns im Deutschen Bundestag gemeinsam zu eigen, wenn wir uns gemeinsam heute mit diesem zu verabschiedenden Antrag hinter die Erklärung des Bundespräsidenten anläßlich des 60. Jahrestages der Bombardierung Guernicas im April des vergangenen Jahres stellen.
Es ist immer eine gute Tradition dieses Hauses gewesen, verehrte Frau Kollegin Vogt, daß wir uns bei wichtigen historischen Anlässen hinter treffende Erklärungen unserer Bundespräsidenten gestellt haben. Dieses Vorgehen kleinzureden und auch ein Stück herabzuwürdigen, indem man sagt, das Parlament sei nicht fähig, eigene Worte zu finden, und verstecke sich hinter dem Bundespräsidenten, ist ein bißchen billig. Es gibt genug Beispiele, wie sich der Deutsche Bundestag anläßlich schwieriger Gedenktage die Gedanken, Reden und trefflichen Worte deutscher Bundespräsidenten zu eigen gemacht hat.
Liebe Frau Kollegin Vogt, auch das hat mir in Ihrer Rede nicht gefallen: Sie tun so, als bleibe es nur bei Worten und als gebe es unwürdiges Gezerre im Hin-
Hartmut Koschyk
blick auf symbolische Taten. Nach der mir vorliegenden Erkenntnis und nach den mir vorliegenden Informationen hat es eine Übereinstimmung zwischen den Verantwortlichen der Stadt Guernica und der Bundesregierung, in diesem Fall dem Auswärtigen Amt, im Hinblick auf die Förderung einer Sportanlage gegeben.
Frau Kollegin Schwaetzer wird nachher noch darüber berichten, weil sie - was auch ich für sehr gut halte - im Vorfeld der heutigen Debatte mit der deutsch-spanischen Parlamentariergruppe des Bundestages vor Ort gewesen ist. Sie hat damit ein Zeichen gesetzt und hat deutlich gemacht, daß wir es nicht bei Worten - wie heute in Form einer Entschließung - belassen dürfen, sondern wir müssen auch bereit sein, Kooperationsprojekte, die in die Zukunft weisen, in Guernica zu verwirklichen.
Lassen Sie mich noch ein letztes Wort sagen. Über deutsche Soldaten und insbesondere über die Rolle der deutschen Wehrmacht wurde und wird bis jetzt gestritten, teils mit berechtigten Vorwürfen und historischen Feststellungen und Fakten, an denen niemand vorbeikommt, teils aber auch mit pauschalierender Darstellung, die den Tatsachen und vor allem auch den menschlichen Einzelschicksalen nicht gerecht wird. Ich halte es für gut und richtig, daß sich der gemeinsame Antrag, den wir heute debattieren, einer einseitigen und verzerrten Darstellung deutscher Soldaten, auch der Soldaten in der Legion Condor, enthält.
In einem Punkt stimme ich Ihnen zu, Frau Kollegin Vogt: Es hat jetzt wirklich keinen Sinn - dessen sollte sich jeder in diesem Land bewußt sein -, hier eine unsinnige militär-historische Debatte zu führen. Sie ist unsinnig, und sie ist im Hinblick auf ein solches Ereignis und das Gedenken daran nicht angemessen. Daß der subjektiv als ehrenhaft und als tapfer empfundene Dienst von deutschen Soldaten im Auftrage eines verbrecherischen Regimes geschah, das gerade in dem Fall der Bombardierung von Guernica das Territorium Spaniens während der Zeit des Bürgerkriegs quasi als eine Art Truppenübungsplatz betrachtete - so wie auch Sie es beschrieben haben -, kennzeichnet ja die besondere Tragik deutscher Soldaten. Das gilt auch für die Angehörigen der Legion Condor.
Deshalb begrüße ich es, daß wir diese einvernehmliche Resolution, wie wir sie heute hier fassen, nicht befrachten und diese Einvernehmlichkeit nicht ein Stück zerstören, indem wir hier eine unsinnige, verzerrende, der Tiefe nicht genügende Diskussion angehen. Darum geht es heute auch nicht, sondern die Perspektive mit der Annahme des heutigen Antrages ist die: Wir wollen der Opfer gedenken und die Opfer und ihre Nachkommen bitten, uns die Hand zur Versöhnung zu reichen. Beides wollen wir mit diesem Antrag, den wir heute gemeinsam annehmen, zum Ausdruck bringen. Deshalb bitte ich Sie namens unserer Fraktion um Zustimmung zu diesem Antrag.