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Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich
Albowitz, Ina F.D.P. 4. 3. 98
Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 4. 3. 98
Dreßler, Rudolf SPD 4. 3. 98
Duve, Freimut SPD 4. 3. 98
Dr. Eid, Ursula BÜNDNIS 4. 3. 98
90/DIE
GRÜNEN
Eymer, Anke CDU/CSU 4. 3. 98
Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 4. 3. 98 *
Folta, Eva SPD 4. 3. 98
Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 4. 3. 98
Friedhoff, Paul K. F.D.P. 4. 3. 98
Imhof, Barbara SPD 4. 3. 98
Jacoby, Peter CDU/CSU 4. 3. 98
Jelpke, Ulla PDS 4. 3. 98
Kanther, Manfred CDU/CSU 4. 3. 98
Dr. Kues, Hermann CDU/CSU 4. 3. 98
Kurzhals, Christine SPD 4. 3. 98
Lohmann (Witten), Klaus SPD 4. 3. 98
Dr. Lucyga, Christine SPD 4. 3. 98 *
Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 4. 3. 98
Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 4. 3. 98
90/DIE
GRÜNEN
Regenspurger, Otto CDU/CSU 4. 3. 98
Dr. Rieder, Norbert CDU/CSU 4. 3. 98
Dr. Röhl, Klaus F.D.P. 4. 3. 98
Saibold, Halo BÜNDNIS 4. 3. 98
90/DIE
GRÜNEN
Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 4. 3. 98
Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 4. 3. 98
Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 4. 3. 98
Hans Peter
Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 4. 3. 98
90/DIE
GRÜNEN
Schulz (Berlin), Werner BÜNDNIS 4. 3. 98
90/DIE
GRÜNEN
Schumann, Ilse SPD 4. 3. 98
Teuchner, Jella SPD 4. 3. 98
Titze-Stecher, Uta SPD 4. 3. 98
Verheugen, Günter SPD 4. 3. 98
Vosen, Josef SPD 4. 3. 98
Wohlleben, Verena SPD 4. 3. 98
für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
Anlagen zum Stenographischen Bericht
Anlage 2
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Klaus Rose auf die Fragen des Abgeordneten Peter Dreßen (SPD) (Drucksache 13/9987 Fragen 6 und 7):
Welche Stellung bezieht die Bundesregierung zu rechtsextremen Äußerungen pensionierter Bundeswehroffiziere, wie sie im „Bericht aus Bonn" vom 20. Februar 1998 (ARD) wiedergegeben wurden, und welche Konsequenzen zieht sie disziplinarrechtlich daraus?
Liegen der Bundesregierung weitere Erkenntnisse über Äußerungen pensionierter Offiziere der Bundeswehr vor, in denen rechtsextremes Gedankengut zum Ausdruck kommt, um' wie hat sie darauf reagiert bzw. reagiert sie in absehbarer Zeit darauf?
Zu Frage 6:
Weitere Erkenntnisse im Sinne eines Betätigens pensionierter Offiziere gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sind dem Ressort des Bundesministers der Verteidigung nicht bekannt geworden. Hinzuweisen ist insoweit darauf, daß der Militärische Abschirmdienst zur Sammlung und Auswertung solcher Daten nicht befugt ist, und daß das Bundesministerium der Verteidigung Erkenntnisse über extremistische Betätigungen ausgeschiedener Bundeswehroffiziere - abgesehen von Zufallserkenntnissen oder z. B. aus Medienberichten - grundsätzlich nur in den Fällen erhält, in denen eine strafrechtliche Relevanz vorliegt und eine Mitteilungspflicht nach den sogenannten Mitteilungen in Strafsachen seitens der Justizbehörden gegeben ist. Soweit im Einzelfall verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse zu pensionierten Offizieren der Bundeswehr bei den Verfassungschutzbehörden anfallen, werden von dort die zuständigen Stellen unterrichtet.
Unabhängig von der in der vorangegangenen Frage behandelten Möglichkeit einer disziplinaren Würdigung ist die Bundesregierung bestrebt, aus dem aktiven Dienst ausgeschiedenen Offizieren, die rechtsextremes Gedankengut verinnerlicht haben und sich entsprechend äußern, keine Plattform für die Verbreitung ihrer Meinungen zu bieten und dem - wo und wann immer es geboten erscheint und zulässig ist - in angemessener Weise entgegenzutreten.
Zu Frage 7:
Die Bundesregierung distanziert sich von erwiesenen rechtsextremistischen Äußerungen - gleichgültig ob sie aktiven oder ausgeschiedenen Soldaten der Bundeswehr zuzurechnen wären - auf das Schärfste.
Die Prüfung, ob solche Äußerungen durch die in der Sendung „Tagesthemen - Bericht aus Bonn" vom 20. Februar 1998 genannten früheren Offiziere getätigt wurden, ist noch nicht abgeschlossen. Grundsätzlich ist zum Umfang der disziplinaren Handlungsmöglichkeiten zu sagen, daß diese gegenüber aus der Bundeswehr ausgeschiedenen Soldaten durch die gesetzlichen Vorgaben erheblich einge-
20226* Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 221. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1998
schränkt sind. Die in § 8 des Soldatengesetzes normierte Pflicht, die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anzuerkennen und durch das gesamte Verhalten für ihre Erhaltung einzutreten, gilt nur für den aktiven Soldaten.
Deutlich geringere Anforderungen stellt das Gesetz im Rahmen der sogenannten nachwirkenden Dienstpflichten an ausgeschiedene Soldaten. Danach ist es für die Feststellung eines Dienstvergehens erforderlich, daß sich ein Offizier oder Unteroffizier nach seinem Ausscheiden gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung betätigt (§ 23 Absatz 2 Nummer 2, 1. Alternative des Soldatengesetzes). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt dies voraus, daß er nicht nur für sich den Bruch mit der Verfassung vollzogen hat, sondern zielgerichtet aktiv gegen die zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählenden Prinzipien agitiert und einem Wertewandel Vorschub leisten will.
Handlungen eines ausgeschiedenen Soldaten unterhalb dieser Schwelle eines zielgerichteten Betätigens gegen die tragenden Prinzipien der Verfassung stellen nur dann ein Dienstvergehen dar, wenn der ausgeschiedene Offizier oder Unteroffizier durch unwürdiges Verhalten nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die für seine Wiederverwendung als Vorgesetzter erforderlich sind (§ 23 Absatz 2 Nummer 2, 2. Alternative des Soldatengesetzes).
Die Anwendung dieser Norm kommt jedoch nur in Frage, wenn eine Wiederverwendung des betreffenden Soldaten noch möglich ist. Das ist bei früheren Berufssoldaten nach der Gesetzeslage nach Vollendung des 65. Lebensjahres nicht mehr der Fall.
Ohne dem Ergebnis der disziplinarrechtlichen Prüfung vorgreifen zu wollen, ist festzustellen, daß eine verzerrte Darstellung des Geschichtsbildes, eine Relativierung der Kriegsschuld Deutschlands oder eine unkritische Sicht der Rolle der Wehrmacht im 2. Weltkrieg für sich genommen nicht als ein Betätigen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gewertet werden können; eine bei solchen Meinungsäußerungen womöglich anzunehmende Feststellung eines Dienstvergehens wegen eines sogenannten unwürdigen Verhaltens würde allerdings bei den genannten Generalen bereits wegen fehlender Wiederverwendungsmöglichkeit - der älteste der genannten Generale befindet sich im 82. Lebensjahr - ausscheiden.
Anlage 3
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Klaus Rose auf die Fragen des Abgeordneten Siegfried Vergin (SPD) (Drucksache 13/9987 Fragen 8 und 9):
Wie haben sich die Haushaltsmittel für die Führung der Bibliotheken der Bundeswehr an den Kasernenstandorten, in den Spezialeinrichtungen und in der Führungsakademie der Bundeswehr seit 1992 entwickelt?
Sind Beschwerden im Hinblick auf die Bibliotheken der Bundeswehr an den Kasernenstandorten, in den Spezialeinrichtungen und in der Führungsakademie der Bundeswehr seit 1992 eingegangen, und wie sind sie unter Einbeziehung der zuständigen Dienstaufsicht behandelt worden?
Zu Frage 8:
Die Bibliotheken sind im Fachinformationswesen der Bundeswehr zusammengefaßt. Dort standen folgende Haushaltsmittel für alle Bibliotheken zur Verfügung:
1992 12 149 TDM 1993 10 732 TDM 1994 10 241 TDM 1995 11 868 TDM 1996 12 049 TDM 1997 12 802 TDM
Davon erhielt die Bibliothek der Führungsakademie der Bundeswehr:
1992 203 TDM
1993 178 TDM
1994 140 TDM
1995 177 TDM
1996 176 TDM
1997 166 TDM
Damit standen nach einer kontinuierlichen Reduzierung der Erwerbungsmittel des Fachinformationswesens mit Tiefpunkt in 1994 für 1997 Mittel in höherem Umfang als 1992 zur Verfügung.
Zu Frage 9:
Dem Bundesministerium der Verteidigung sind keine Beschwerden bekannt.
Anlage 4
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Fragen der Abgeordneten Lisa Peters (F.D.P.) (Drucksache 13/9987 Fragen 10 und 11):
Liegen der Bundesregierung Statistiken über in der Bundesrepublik Deutschland an Parkinson erkrankte Personen vor, aus denen hervorgeht, in welchem Alter die Krankheit bei Männern bzw. Frauen auftrat, und verfügt sie über Zeitreihen, aus denen die Häufigkeit der Erkrankung in Verbindung mit der Berufsgruppenzugehörigkeit der Patienten hervorgeht?
Ist der Bundesregierung bekannt, ob es eine Häufung dieser Krankheit bei Personen gibt, die in der Landwirtschaft zuzuordnenden Berufen tätig waren bzw. sind?
Amtliche Statistiken über die Anzahl der an Parkinson erkrankten Personen, aus denen hervorgeht, in welchem Alter die Krankheit bei Männern bzw. bei Frauen auftrat oder „Zeitreihen", aus denen die Häufigkeit der Erkrankung in Verbindung mit der Berufsgruppenzugehörigkeit der Patienten hervorgeht, liegen der Bundesregierung nicht vor, da keine amtlichen Morbiditätsstatistiken geführt werden.
Im Rahmen der Statistik über Krankenhausfälle nach Krankheitsarten ist feststellbar, daß in der Krankheitsgruppe „hereditäre und degenerative Krankheiten des Zentralnervensystems", zu denen auch Parkinson gehört, die Quote der Krankenhausfälle für AKV-Mitglieder (Allgemeine Krankenversicherung) der Landwirtschaftlichen Krankenkasse ungefähr dem Durchschnitt der GKV entspricht.
Hieraus lassen sich aber keine zuverlässigen Aussagen zu den genannten Fragen ableiten, da
- ein Krankenhausfall nicht einer erkrankten Person entspricht; Personen, die mehrfach wegen der gleichen Erkrankung ins Krankenhaus eingewiesen werden, werden auch mehrfach als „Fall" erfaßt,
- „Hereditäre und degenerative Krankheiten des Zentralnervensystems" auch andere Erkrankungen als Parkinson umfassen,
- Mit der Diagnose „Parkinson" keine Aussage hinsichtlich eines möglichen Zusammenhangs zwischen der Erkrankung mit der Berufsgruppenzugehörigkeit gegeben ist.
Anlage 5
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die Fragen der Abgeordneten Karin Rehbock-Zureich (SPD) (Drucksache 13/9987 Fragen 16 und 17):
Ist die Finanzierung der A 98 im Abschnitt Lörrach-Rheinfelden-Karsau mit der Querspange A 861 in der Form gesichert, daß in den kommenden Jahren weitere Baumaßnahmen auch an anderen Abschnitten der geplanten A 98 aufgenommen werden können, und wenn ja, wann?
In welcher Höhe ist die Finanzierung für die einzelnen Teilstücke der geplanten A 98 gesichert, und in welchem Zeitraum?
Zu Frage 16:
Die Folgefinanzierung der A 98 im Abschnitt Lörrach/Inzlingen - Rheinfelden/Karsau einschl. der A 861 - Querspange zur Schweiz ist im aktuellen Bauprogramm des Landes enthalten. Damit ist der Weiterbau in den kommenden Jahren grundsätzlich gesichert. Eine Teilfreigabe in verkehrswirksamen Abschnitten ist beabsichtigt, um damit eine möglichst frühzeitige Entlastung von Ortsteilen von Rheinfelden zu erreichen. Dabei soll zunächst eine Fahrbahn als Umgehung der kritischen B 316 - Ortsdurchfahrt Rheinfelden verwirklicht werden. Um dies bis 2000 zu erreichen wurden 1997 bis 2000 zu den Mitteln aus dem laufenden Bauprogramm zusätzlich 50 Millionen DM bereitgestellt. Damit kann der zügige Fortgang der Maßnahme mit dem Bau des Tunnels (1. Röhre) durch den Nollinger Berg am 3. April 1998 erreicht werden.
Weitere Abschnitte der Hochrheinautobahn sind nicht in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes bis 2000 enthalten. Über weitere Baubeginne an der A 98 kann daher erst im Rahmen der Aufstellung des nächsten Fünfjahresplanes (2001 bis 2005) entschieden werden.
Zu Frage 17:
Im Bauprogramm sind für die A 98 Lörrach/Inzlingen - Rheinfeldem/Karsau einschl. der A 861- Querspange zur Schweiz für die Jahre 1998 bis 2000 jeweils rd. 45 Millionen DM enthalten. Da die Bauprogramme jährlich im Frühjahr und Herbst fortgeschrieben werden, ist eine Änderung der Folgeraten entsprechend der jeweiligen Finanzierungssituation möglich.
Anlage 6
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Johannes Nitsch auf die Frage des Abgeordneten Dietrich Austermann (CDU/CSU) (Drucksache 13/9987 Frage 18):
Schließt die Präferenz der Gutachter der ,,verkehrswirtschaftlichen Untersuchung" für die A 20, die am 18. Februar 1998 vom Bundesministerium für Verkehr vorgelegt wurde, eine Linienbestimmung und Realisierung der nordwestlichen Trassenalternative nach entsprechendem Raumordnungsverfahren aus?
Nein. Ziel der Untersuchung war die Ermittlung geeigneter Trassen durch Eingrenzung potentieller Korridore, noch vor Aufnahme der detaillierten Untersuchungen zum Linienbestimmungsverfahren.
Anlage 7
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Walter Hirche auf die Frage des Abgeordneten Dietrich Austermann (CDU/CSU) (Drucksache 13/9987 Frage 25):
Unter welchen Voraussetzungen ist der Verzicht auf ein Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen der Deichverstärkung und des Küstenschutzes denkbar?
Nach § 31 Abs. 2 des Wasserhaushaltsgesetzes bedarf die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer (Ausbau) grundsätzlich der vorherigen Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens. Deich- und Dammbauten, die den Hochwasserabfluß beeinflussen, stehen dem Ausbau gleich. Auf Küstendeiche, die nicht den Hochwasserabfluß beeinflussen, sondern Schutz vor Sturmfluten bezwecken und bewirken, erstreckt sich § 31 Abs. 2 Satz 2 WHG nicht.
Ein Planfeststellungsverfahren für Küstendeiche kann jedoch nach dem Bundeswasserstraßengesetz oder nach Landeswasserrecht erforderlich sein. § 68 Satz 1 des Landeswassergesetzes von SchleswigHolstein legt - wie in ähnlicher Form auch andere Landeswassergesetze - fest, daß das Errichten, Beseitigen, Verstärken oder wesentliches Umgestalten von Deichen, Dämmen oder Sperrwerken in oder an Küstengewässern, die dem Küstenschutz dienen, der Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens bedarf. Hinsichtlich der Ausnahmen von dieser Planfeststellungspflicht wird auf eine durch das 6. Än-
derungsgesetz vom November 1996 inzwischen geänderte Regelung des EHG verwiesen. Ob in Schleswig-Holstein ohne Änderung der Verweisung im Landeswassergesetz nun die neue Fassung des WHG gilt oder ob derzeit die Planfeststellungspflicht ausnahmslos gilt, ist eine Frage der Auslegung des Landesrechts; eine klarstellende Anpassung an die geltende Fassung des WHG wäre aber empfehlenswert.
Nach der neuen Fassung des WHG kann in drei Fällen statt eines Planfeststellungsverfahrens ein Plangenehmigungsverfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden, wenn
- es sich um einen Ausbau von geringer Bedeutung handelt, insbesondere um „naturnahe Ausbauten", oder
- das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen, Kultur und sonstige Sachgüter haben kann, oder
- das Vorhaben den Zweck verfolgt, eine wesentliche Verbesserung für diese Schutzgüter herbeizuführen.
Deichverstärkungen und ähnliche küstenbauliche Maßnahmen, die z. B. nicht zu einer erheblichen Erhöhung des Deiches oder erheblichen Veränderung seiner Lage und Beschaffenheit führen, dürften danach nur plangenehmigungspflichtig sein. Dies setzt allerdings voraus, daß die neue Fassung des WHG
- wie eben ausgeführt - hier überhaupt anwendbar ist. Deichreparaturen dürften weder planfeststellungs- noch plangenehmigungspflichtig sein.
Letztlich ist es also eine Frage des Landesrechts und des landesbehördlichen Vollzuges, in welchen Fällen auf ein Planfeststellungsverfahren verzichtet wird. Die Länder könnten bei Küstendeichen in weiteren Fällen auf ein Planfeststellungsverfahren verzichten, da der Bund hier keine abschließende Regelung getroffen hat. Einen völligen Verzicht auf die Planfeststellung verbietet allerdings die UVP- Richtlinie der EG.
Anlage 8
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Joachim Günther auf die Fragen des Abgeordneten Klaus-Jürgen Warnick (PDS) (Drucksache 13/9987 Fragen 26 und 27):
Unter welchen Voraussetzungen hält die Bundesregierung eine behutsame, bestandsorientierte und den denkmalpflegerischen Belangen Rechnung tragende Asbestsanierung des Palastes der Republik mit der Maßgabe, diesen als städtisches kulturkommunikatives Zentrum kurzfristig - auch abschnittsweise - wieder zu eröffnen, für möglich?
Gibt es für den gesamten Ablauf der Asbestsanierung einen Bauablaufplan, und unter welchen Umständen hält die Bundesregierung eine abschnittsweise Asbestsanierung (Volkskammertrakt, Mitteltrakt mit Foyer und großem Saal sowie Marstallseite) für durchführbar?
Zu Frage 26:
Die eigentliche Asbestbeseitigung des ehemaligen Palastes der Republik wird etwa zwei Jahre dauern. Während der Asbestbeseitigung ist eine Nutzung des Gebäudes aus Gründen der Sicherheit bzw. des Gesundheitsschutzes nicht möglich.
Zu Frage 27:
Der auf der Grundlage des gegenwärtigen Planungsstandes vorhandene Rahmenterminplan wird in den nächsten Monaten in Abstimmung mit der ausführenden Firma zu einem differenzierten Bauablauf- und Arbeitsplan fortgeschrieben. Unter Beachtung der einschlägigen technischen und arbeitsschutzrechtlichen Regeln und in Abstimmung mit dem Landesamt für Arbeitsschutz und Technische Sicherheit wird das gesamte Gebäude zur Asbestbeseitigung in rd. 90 Abschnitte unterteilt.
Anlage 9
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Joachim Günther auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (PDS) (Drucksache 13/9987 Fragen 28 und 29):
Mit welchen Ergebnissen wurde das vom Gemeinsamen Ausschuß von Bundesregierung und Berliner Senat am 28. Mai 1997 beschlossene Interessenbekundungsverfahren für die Neugestaltung des Schloßplatzes abgeschlossen, und wie sollen die Öffentlichkeit und das Parlament in das weitere Verfahren einbezogen werden?
In welchem Umfang sind in den für die Asbestsanierung des Palastes der Republik geplanten 101 Mio. DM die Kosten für einen behutsamen, bestandsorientierten und den denkmalpflegerischen Belangen Rechnung tragenden Ausbau von Teilen eingeplant, und inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung der Oberfinanzdirektion (lt. „Berliner Zeitung" vom 10. Februar 1998), daß eine Asbestsanierung unter der Maßgabe, den Palast zu erhalten, Mehrkosten von 20 Mio. DM verursachen würde?
Zu Frage 28:
Die im Rahmen des Interessenbekundungsverfahrens eingereichten Unterlagen werden momentan hinsichtlich der wirtschaftlichen, städtebaulichen, funktionsbedingten und technischen Schlüssigkeit geprüft und ausgewertet.
Es ist beabsichtigt, auf der Grundlage der Ergebnisse des Interessenbekundungsverfahrens das weitere Vorgehen gemeinsam mit dem Senat von Berlin zu entwickeln (Architektenwettbewerb, Investorenauswahl).
Zu Frage 29:
Die denkmalpflegerisch bedingten Mehraufwendungen sowohl im Rahmen der laufenden vorbereitenden Arbeiten als auch bei der eigentlichen Asbestbeseitigung sind in den Gesamtkosten der Baumaßnahme enthalten. Sie lassen sich nicht von den übrigen Kosten trennen und können deshalb nicht gesondert ausgewiesen werden.
Die Bundesregierung teilt die Auffassung der Oberfinanzdirektion Berlin nicht.
Anlage 10
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Joachim Günther auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Christa Luft (PDS) (Drucksache 13/9987 Fragen 30 und 31):
Inwieweit sieht die Bundesregierung angesichts der Äußerungen des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Eduard Oswald, in einem Berliner Radiosender ein 22. Februar 1998, in dem er für eine Neugestaltung des Schloßplatzes nach historischem Vorbild plädierte, zu den Erklärungen des früheren Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Dr. Klaus Töpfer, im Oktober 1997, daß mit der nun beginnenden Asbestsanierung keine Vorentscheidung über die Zukunft des Palastes der Republik getroffen werde, den Belangen des Denkmalschutzes Rechnung getragen werde und auch die Wiederherstellung und Inbetriebnahme des Gebäudes möglich bleibe?
Auf welcher Grundlage im Hinblick auf Nutzungsziele, Gestaltungsvorgaben und Zeitvorstellungen soll der internationale Architekturwettbewerb ausgelobt werden, und inwieweit sollen die Öffentlichkeit und das Parlament in das weitere Verfahren einbezogen werden?
Zu Frage 30:
Die Bundesregierung hält daran fest, daß die notwendige Asbestbeseitigung die Zukunft des ehemaligen Palastes der Republik nicht präjudiziert. Den denkmalpflegerischen Belangen wird im Einvernehmen mit den Denkmalschutzbehörden Rechnung getragen.
Zu Frage 31:
Auf die Antwort zu Frage Nr. 28 wird verwiesen.
Anlage 11
Antwort
des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen des Abgeordneten Rudolf Binding (SPD) (Drucksache 13/9987 Fragen 32 und 33):
Zu welchem Thema und wie lange etwa (in Minuten) hat der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Klaus Kinkel, im Oktober 1996 bei der Landeskreditbank Baden-Württemberg einen Vortrag gehalten, für welchen nach öffentlichen Erklärungen der Landeskreditbank ein Vortragshonorar von 25000 DM gezahlt worden ist, welches wiederum als Spende (vgl. Rechenschaftsbericht der F.D.P. für das Kalenderjahr 1996, Drucksache 13/8923, S. 105) an die F.D.P. geflossen ist („Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 19. Februar 1998)?
Wann und in welcher Form (schriftlich oder mündlich) ist die Vereinbarung getroffen worden, daß für diesen Vortrag ein Honorar der letztlich gezahlten Höhe gezahlt werden soll?
Ich verweise auf meine Antwort auf Ihre Schriftlichen Fragen in gleicher Sache vom 20. Februar 1998.
Anlage 12
Antwort
des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen des Abgeordneten Gernot Erler (SPD) (Drucksache 13/9987 Fragen 34 und 35):
Welche Fragen bleiben auch nach Auffassung der Bundesregierung bei der zwischen UN-Generalsekretär Kofi Annan und der irakischen Regierung am 22./23. Februar 1998 geschlossenen Vereinbarung bisher noch offen, und wie beurteilt die Bundesregierung diese Vereinbarung im ganzen?
Hält die Bundesregierung als Alternative zu der bisherigen, besonders von den Vereinigten Staaten betriebenen doppelten Eindämmungspolitik gegenüber dem Iran und dem Irak die Organisation eines mittelfristig angelegten, regionalen Friedensprozesses in dieser Region für richtig, und welche Vorstellungen hat die Bundesregierung für eine solche Initiative selbst entwickelt?
Zu Frage 34:
Die Bundesregierung begrüßt die Vereinbarung von Bagdad, die einen Erfolg der diplomatischen Bemühungen des VN-GS darstellt. Damit wurde die Autorität der VN gestärkt. Jetzt gilt es, den Anspruch der Staatengemeinschaft auf die Vernichtung des irakischen Potentials von Massenvernichtungswaffen durchzusetzen. Entscheidend kommt es darauf an, ob Saddam Hussein bei der Umsetzung Wort hält.
Der SR hat die Abmachung durch Res. 1154 am 2. März ausdrücklich gebilligt und die Initiative des VN-GS gewürdigt. Die Sondergruppe für die Inspektion präsidentieller Anlagen sollte nunmehr in die Lage versetzt werden, ihre Tätigkeit bald aufzunehmen. Hierzu ist der VN-GS aufgefordert, noch einen Bericht vorzulegen.
Zu Frage 35:
Die Bundesregierung und ihre Partner in der Europäischen Union stimmen darin überein, daß Frieden und Sicherheit in der Region des Mittleren Ostens, insbesondere am Persischen Golf, unteilbar sind und daß zur Begründung dauerhafter Stabilität in der Region den legitimen Interessen aller beteiligten Länder Rechnung getragen werden muß. In dieser Zielsetzung stimmt die Europäische Union mit den Vereinigten Staaten von Amerika überein.
Die Europäische Union ist der Ansicht, daß daher versucht werden muß vor allem durch politische Gesprächskontakte mit den Ländern der Region auf die Entwicklung Einfluß zu nehmen. Das gilt grundsätzlich auch für das Vorgehen gegenüber dem Iran und dem Irak, wobei allerdings klar festzuhalten ist, daß deren Verhalten nicht über einen Kamm geschoren werden darf.
Angesichts der unterschiedlichen Ausgangslage und der starken Spannungen in der Region ist nach Meinung der Bundesregierung die Zeit für eine erfolgversprechende Initiative mit dem Ziel, einen umfassenden regionalen Friedensprozeß in Gang zu setzen, nicht reif.
Anlage 13
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Eduard Lintner auf die Fragen des Abgeordneten Hans Wallow (SPD) (Drucksache 13/9987 Fragen 38 und 39):
20230* Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 221. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1998
In welcher Form hat die Bundesrepublik Deutschland in der jüngsten Vergangenheit dem Staat Indonesien Polizeihilfe gewährt, und welche Ergebnisse wurden dabei erzielt?
Ist der Bundesregierung bekannt, welches Poleiizhilfe-Programm für Indonesien das Bundesland Berlin (oder andere Bundesländer) derzeit plant, und welchen Einfluß hat die Bundesregierung auf Polizeihilfe-Programme der Bundesländer?
Zu Frage 38:
Das Bundeskriminalamt hat in den Jahren 1996 und 1997 jeweils einen Lehrgang zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität/Drogenkriminalität in Indonesien mit insgesamt 50 Teilnehmern durchgeführt. Ziel dieser Ausbildung war, den Teilnehmern Fähigkeiten und Kenntnisse zur Verbesserung ihrer Arbeit im Bereich RG/OK-Bekämpfung zu vermitteln. Kurzfristig meßbare Ergebnisse sind bei solchen Maßnahmen kaum zu erzielen, sie können sich lediglich langfristig in der internationalen Zusammenarbeit auswirken.
Soweit der Bundesregierung bekannt, haben darüber hinaus in jüngster Zeit Informationsbesuche indonesischer Polizeibeamter zu verschiedenen allgemein- und kriminalpolizeilichen Themen, wie z. B. kriminalpolizeiliche Ermittlungen, Datenverwaltung, Verkehrswesen sowie Nachrichten- und Kommunikationstechnik, in einigen Bundesländern und beim Bundeskriminalamt stattgefunden.
Zu Frage 39:
Soweit der Bundesregierung bekannt ist, sind derzeit keine Polizeihilfeprogramme der Bundesländer für Indonesien geplant. Sofern die Bundesländer Hilfsmaßnahmen für ausländische Polizeien durchführen, werden diese mit der Bundesregierung unter sicherheits- und rechtspolitischen sowie außenpolitischen Aspekten abgestimmt.
Anlage 14
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hansgeorg Hauser auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Egon Jüttner (CDU/ CSU) (Drucksache 13/9987 Fragen 40 und 41):
Wie hoch sind die Einnahmen, die der Bund bisher durch den Verkauf von Vermögen erzielt hat, das zwischen 1945 und 1949 aufgrund politischer Verfolgung und Willkürjustiz in staatlichen Besitz überging und später durch die Bundesrepublik Deutschland übernommen worden ist?
In welchem Umfang und zu welchem Preis hat bisher der Bund zwischen 1945 und 1949 in der sowjetischen Besatzungszone enteignetes und später in den Besitz der Bundesrepublik Deutschland übergegangenes Vermögen an ehemalige Opfer der unter sowjetischer Besatzung erfolgten Enteignungen zurückgegeben?
Zu Frage 40:
Nach dem im Einigungsvertrag festgeschriebenen und vom Bundesverfassungsgericht wiederholt für verfassungsgemäß erklärten Restitutionsausschluß sind Vermögenswerte, die zwischen 1945 und 1949 in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher
Grundlage enteignet wurden, grundsätzlich von dem im Vermögensgesetz verankerten Rückgabeprinzip ausgenommen. Die Berechtigten haben statt dessen Anspruch auf Ausgleichsleistungen nach Maßgabe des Ausgleichsleistungsgesetzes vom 27. September 1994.
Angesichts dieser klaren Rechtslage bestand für die mit der Verwertung ehemals volkseigenen Vermögens beauftragten Bundeseinrichtungen (THA/BvS, TLG, BVVG, Bundesvermögensverwaltung) keine Veranlassung, die Erlöse aus der Veräußerung von Vermögen, das zwischen 1945 und 1949 enteignet wurde, gesondert zu erfassen. Belastbare Zahlen zur Höhe der Einnahmen des Bundes aus solchen Verkäufen kann ich Ihnen daher nicht nennen.
Zu Frage 41:
Ich gehe davon aus, daß sich Ihre Frage nicht auf die Rückgabe, sondern auf den Rückerwerb von Vermögenswerten durch Alteigentümer bezieht, die in den Jahren 1945 -1949 in der sowjetischen Besatzungszone enteignet wurden. Aussagen zum Umfang und Preis solcher Veräußerungen sind nicht möglich, da bei Veräußerungen regelmäßig nicht statistisch erfaßt worden ist, aus welchen Enteignungen das Vermögen herrührt oder ob die Käufer zwischen 1945 und 1949 enteignet worden sind.
Lediglich für nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) zu privatisierende land- oder forstwirtschaftliche Flächen, die überwiegend zwischen 1945 und 1949 enteignet worden sind, ist eine Aussage zu den im Gesetz genannten Käufergruppen möglich. Nach diesem Gesetz können u. a. natürliche Personen, denen land- oder forstwirtschaftliches Vermögen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden ist, begünstigt von der BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH land- bzw. forstwirtschaftliche Flächen erwerben.
Von den nach EALG bisher privatisierten rd. 114 000 Hektar Waldflächen haben frühere Eigentümer bisher rd. 74 000 Hektar und von rd. 11000 Hektar privatisierten landwirtschaftlichen Flächen rd. 1000 Hektar erworben. Der durchschnittliche Preis betrug - bezogen auf sämtliche Verkäufe nach dem EALG - 1 840 DM/Hektar für Waldflächen und 3 480 DM/Hektar für landwirtschaftliche Flächen.
Anlage 15
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans-Georg Hauser auf die Fragen des Abgeordneten Peter Conradi (SPD) (Drucksache 13/9987 Fragen 42 und 43):
Trifft es zu, daß der Bundesrepublik Deutschland mit der Einführung des Euro bei der Verteilung von Gewinnen der Europäischen Zentralbank zukünftig Jahr für Jahr Milliardeneinnahmen entgehen, weil die auf Deutschland entfallenden Geldschöpfungsgewinne der Europäischen Zentralbank weit geringer sind als die Geldschöpfungsgewinne der Deutschen Bundesbank?
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 221. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1998 20231'
Wer hat diese für Deutschland ungünstige Regelung im Vertrag von Maastricht ausgehandelt, und welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen, diese Umverteilungsregelung zu ändern?
Zu Frage 42:
In einem einheitlichen Währungsraum ist der Entstehungsort der Gewinne aus geldpolitischen Geschäften nicht mehr steuerbar. Aus diesem Grunde sieht der Maastricht-Vertrag eine Poolung dieser Einkünfte aller teilnehmenden EU-Zentralbanken und eine anschließende Zurückverteilung entsprechend der Anteile am Kapital der Europäischen Zentralbank vor. Wie hoch die zunächst an den Pool abzuführenden Gewinne sind, hängt von den Bilanzstrukturen der Zentralbanken, insbesondere der Höhe der Banknotenumläufe, ab. Das Statut der Europäischen Zentralbank hat für den Fall zu stark divergierender Bilanzstrukturen bereits vorsorglich Korrekturmöglichkeiten für eine Übergangszeit vorgesehen.
Würde es dauerhaft bei den derzeitigen Bilanzstrukturen der EU-Zentralbanken bleiben und zu keiner Korrektur der Gewinnverteilung durch eine Übergangsregelung kommen, dann könnte eine Minderung der Erträge einiger EU-Zentralbanken, darunter auch der Deutschen Bundesbank eintreten. Wie groß dieser Effekt sein könnte, läßt sich derzeit nicht vorhersagen, da der Umfang der monetären Einkünfte im Europäischen System der Zentralbanken und damit auch der auf die Deutsche Bundesbank entfallende Anteil von der Auswahl der Teilnehmerstaaten, von den möglichen Mindestreserveregelungen, von den Marktentwicklungen in der Währungsunion und der Art der Korrekturregelungen abhängen wird. Die Nutzung von Korrekturmöglichkeiten wird gegenwärtig im Europäischen Währungsinstitut geprüft. Im Grundsatz besteht bereits ein weitgehender Konsens darüber, daß im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten zumindest in der Anfangsphase der Währungsunion Korrekturen vorgenommen werden sollen.
Unabhängig hiervon ist darauf hinzuweisen, daß auch ohne eine Wirtschafts- und Währungsunion unter Umständen sinkende Erträge der Bundesbank möglich wären. So wäre es z. B. für die Deutsche Bundesbank denkbar, daß der gegenwärtig hohe DM-Banknotenumlauf in den Staaten Mittel- und Osteuropas mit fortschreitender Stabilisierung der Lage in diesen Ländern sinkt.
Zu Frage 43:
Die Vorschriften zur Verteilung der monetären Erträge in der dritten Stufe der Währungsunion wurden weitgehend im Ausschuß der EG-Notenbankpräsidenten (Vorläufer des Rates des Europäischen Währungsinstituts) vorbereitet. Der Vertragstext selbst und insbesondere der Kapitalschlüssel wurden dann von den Verhandlungsdelegationen der nationalen Regierungen festgelegt. Die Vorarbeiten knüpften an die Strukturen der Notenbankbilanzen zu diesem Zeitpunkt an. Die u. a. seit Wegfall des „Eisernen Vorhangs " ausgelösten Veränderungen der Bilanzstrukturen waren damals noch nicht erkennbar.
In den Beratungen über Korrekturregelungen tritt die Bundesbank innerhalb des Europäischen Währungsinstituts mit Nachdruck dafür ein, die Verteilungsregeln so anzuwenden, daß es möglichst nicht zu Deutschland benachteiligenden Ergebnissen kommt. Zumindest für die Übergangsphase zeichnen sich bereits entsprechende Korrekturmöglichkeiten ab.
Anlage 16
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hans Georg Hauser auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Liesel Hartenstein (SPD) (Drucksache 13/9987 Fragen 45 und 46):
Trifft es zu, daß die Umstellungskosten auf den Euro von den Wirtschaftsunternehmen, Banken etc. als Werbungs- und Betriebsausgaben steuermindernd abgesetzt werden können, und mit welchen dadurch bedingten Steuerausfällen rechnet die Bundesregierung in den Jahren 1999 bis 2002?
Welche Umstellungskosten werden durch die Währungsunion auf die Sozialversicherungssysteme, also die Krankenkassen, Rentenkassen, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung, zukommen und wie will die Bundesregierung sicherstellen, daß diese Kosten nicht auf die Beitragszahler übergewälzt werden?
Zu Frage 45:
Währungsumstellungskosten auf den Euro können in der Regel als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgesetzt werden, weil diese Aufwendungen gemäß § 4 Abs. 4 EStG durch den Betrieb veranlaßt sind bzw. nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen dienen. Dabei handelt es sich um eine Ausprägung des Nettoprinzips bei der Einkommensbesteuerung und nicht um eine Steuervergünstigung.
Über den Umfang des steuerwirksamen Werbungs- und Betriebsausgabenabzugs liegen keine Daten oder Schätzungen vor. Solche Kosten eines bestimmten Unternehmens stehen bei anderen Unternehmen entsprechende Erträge gegenüber, die zu Steuermehreinnahmen führen können. Die Gesamtwirkung auf das Steueraufkommen läßt sich nicht beziffern. Mittel- und langfristig führt die Einführung des Euro für die Wirtschaft zu erheblichen Kosteneinsparungen.
Zu Frage 46:
Die Sozialversicherungsträger haben diese Kosten bisher nicht ermittelt, da es dafür entscheidend auf die Art und Weise der Einführung des Euro im Bereich der öffentlichen Hand ankommt. Noch offen ist dabei vor allem, wie in der Übergangsfrist vom 1. Januar 1999 bis 1. Januar 2002 zu verfahren ist. Die Entscheidung darüber wird voraussichtlich endgültig erst Anfang Mai 1998 nach der Beschlußfassung über die Einführung des Euro und über den Teilnehmerkreis getroffen werden. Die Bundesregierung wird sich für eine möglichst kostengünstige Lösung einsetzen.
20232* Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 221. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1998
Anlage 17
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Hansgeorg Hauser auf die Frage des Abgeordneten Dr. Olaf Feldmann (F.D.P.) (Drucksache 13/9987 Frage 47):
Wie gedenkt die Bundesregierung nach dem Scheitern des Steuerreformgesetzes die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH XI R 18/94 vom 26. Juni 1996) bzw. des Europäischen Gerichtshofes (EuGH vom 2. Mai 1996) umzusetzen, und welche Übergangsregelung ist für das Gastgewerbe zu erwarten?
In den von Ihnen erwähnten Urteilen haben EuGH und BFH entschieden:
- Restaurationsumsätze (Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr) sind Dienstleistungen (sonstige Leistungen).
- Für Restaurationsumsätze auf Schiffen richtet sich das Besteuerungsrecht nach dem Sitzort des Unternehmers.
Im nationalen Recht wurden die Restaurationsumsätze bisher den Lieferungen zugeordnet und - als Lieferungen von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle - dem allgemeinen Steuersatz unterworfen. Diese Behandlung hinsichtlich des Steuersatzes ändert sich durch die Rechtsprechung im Ergebnis nicht.
Die im Steuerreformgesetz 1999 vorgesehenen Regelungen hatten im wesentlichen klarstellende Bedeutung. Die Trennung der begünstigten von den nicht begünstigten Umsätzen im Gastronomiebereich sollte nach den gleichen Kriterien wie bisher vorgenommen werden.
Mit den obersten Finanzbehörden der Länder besteht Einvernehmen, daß bei Abgrenzungsfragen zum Steuersatz - bis zum Wirksamwerden einer entsprechenden gesetzlichen Regelung - nach den bisherigen Grundsätzen verfahren wird.
Anlage 18
Zu Protokoll gegebene Reden
zu Tagesordnungspunkt 15
(Antrag: Freiwilliger Verhaltenskodex für deutsche
und europäische Unternehmen in China)
Erich G. Fritz (CDU/CSU): Dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für einen „freiwilligen Verhaltenskodex für deutsche und europäische Unternehmen in China" liegt eine Analyse der sozialen, gesellschaftlich-politischen und Menschenrechtssituation in China zugrunde, über die nicht lange gestritten werden muß. Bundestag und Bundesregierung sind sich in dieser Einschätzung einig.
Die wirkliche Lage zu erkunden ist allerdings nicht leicht. Während der chinesische Dissident Jingsheng Wei nach seiner Freilassung aus der Haft feststellte, daß die Menschenrechtslage in China eher be-
drückender geworden sei, erklärt der deutsche Botschafter in Peking in einem „General-Anzeiger"Interview, es gebe Fortschritte bei Menschenrechtsfragen, allerdings nicht ohne gleich zwischen dem Bemühen um den Aufbau eines Rechtsstaates und den anhaltenden Repressalien gegen Dissidenten zu unterscheiden.
Es gibt keinen Zweifel daran, daß es das Ziel deutscher und europäischer Politik sein muß, den allmählichen Wandel in China zu fördern und innerhalb der verschiedenen Formen der Zusammenarbeit daran mitzuwirken, daß Zwangsarbeit reduziert und abgeschafft, Kinderarbeit verboten wird. Es ist unstreitig, daß Korruption nicht Grundlage wirtschaftlichen Engagements in China sein darf. Internationale Bemühungen, zum Beispiel in der OECD, für AntiKorruptionsregelungen sind der Beleg für die Ernsthaftigkeit der Bemühungen der Bundesregierung, Korruption zu bekämpfen. Die Durchsetzung demokratischer Grundrechte sowie der von China unterzeichneten Abkommen der Internationalen Arbeitsorganisation bleiben gemeinsames Anliegen des Bundestages, können aber nicht erzwungen werden. Deshalb ist jede Initiative für einen kontinuierlichen Dialog zur Verbesserung der Menschenrechtssituation zu begrüßen. Im Rahmen der Möglichkeiten, die Regierung und Parlament haben, wird dieser Dialog ja auch geführt.
Die erneute Aufnahme des politischen Dialogs der Europäischen Kommission und des Rates mit China ist zu begrüßen. Das vor wenigen Tagen in Peking durchgeführte Menschenrechtsseminar war kein überwältigender Erfolg, aber es war ein Anfang, den man auch nicht geringschätzen soll. Solche Bemühungen sollten wir gemeinsam unterstützen.
Soweit die Gemeinsamkeit! Bei einem Blick in die Begründung des Antrages ist diese Gemeinsamkeit sogar sehr groß. Sowohl die Bedeutung der chinesischen Volkswirtschaft wie des chinesischen Außenhandels ist richtig eingeschätzt. China sollte aus dieser Tatsache und seinem Willen, Mitglied der Welthandelsorganisation WTO zu werden, die Konsequenz ziehen, die Bedingungen für einen solchen Beitritt zu erfüllen. Ohne einen deutlichen Schritt in Richtung Demokratie und Gewährung von Rechten werden die formal für einen Beitritt nötigen Voraussetzungen und die nötigen Schritte zur Liberalisierung und Privatisierung der Wirtschaft in China nicht zu erreichen sein. Deshalb liegt es im eigenen Interesse Chinas, eine Politik der Öffnung und der Liberalisierung fortzusetzen.
Dazu wird die zunehmende Einbindung des Landes in die Weltwirtschaft zwangsläufig beitragen. Die europäische Erfahrung zeigt, daß man Bürgern, denen man die wirtschaftliche Freiheit aus Vernunftsgründen gegeben hat, auch die politischen Freiheiten nicht auf Dauer vorenthalten kann. Daß an die Geschwindigkeit und Vorgehensweise in einem Land mit 1,2 Milliarden Menschen nicht die gleichen Ansprüche gestellt werden können wie an andere Länder, ist vielleicht einsehbar. Daß der Prozeß aber deutlich vorangehen muß, bleibt unsere Forderung.
Wir können den Verantwortlichen in China auch nicht oft genug sagen, daß die Einhaltung von Normen wie der Nichtdiskriminierung, dem Verbot von Zwangsarbeit und Kinderarbeit, der Vereinigungsfreiheit und dem Recht auf Kollektivverhandlungen nach OECD-Untersuchungen die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes deutlich fördert und daß deshalb seinem Volk schadet, wer diese Normen mißachtet.
Die Grünen schreiben in der Begründung auch, daß die Wirtschaft Chinas zwar noch durch Staats- und Kollektivunternehmen bestimmt wird, aber zunehmend auch durch Joint-ventures und private Unternehmen geprägt ist. Die Einsicht, daß durch die Privatunternehmen Parteikontrolle geschwächt, politischer Einfluß reduziert und damit eine veränderte Reaktionsnotwendigkeit der Politik erreicht worden ist, die auch zu Rechtsänderungen führt, ist allerdings in ihrer Konsequenz nicht richtig gewürdigt. Ausländische Unternehmen sind in China nicht eo ipso solche, die rücksichtslos die ihnen gegebenen Möglichkeiten niedrigster Standards ausnutzen. Vielmehr gibt es gute Beispiele dafür, wie mit ausländischen Investitionen auch Standards in Arbeitnehmerrechten, Bezahlung und Umwelt in der chinesischen Wirtschaft Platz greifen und ihre Wirkung auf die Veränderungen haben.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß die Bundesregierung, aber auch wir als Parlamentarier in unseren tagtäglichen Kontakten mit Verantwortlichen wesentlich dazu beitragen können, daß diese indirekte Form der Einflußnahme weiter ausgebaut wird. Sie ist allerdings von seiten der Wirtschaft nicht in erster Linie politisch motiviert; das kann auch nicht erwartet werden. Jeder in China wirtschaftlich tätige Europäer muß allerdings wissen, daß seinem Handeln enorme politische Bedeutung zukommt. Allerdings wären deren Möglichkeiten, zur Veränderung beizutragen, auch schnell vorbei, wenn sie sich in der Weise als Aktivisten verhalten wollten, wie der Antrag das impliziert.
Das Instrument der freiwilligen Vereinbarung ist eine von uns sehr hoch eingeschätzte Vorgehensweise. Ein solches Instrument darf allerdings auch nicht überschätzt werden. Keinesfalls darf eine solche Vereinbarung durch bürokratische Überfrachtung und staatliche Überwachungs- und Sanktionsmechanismen in politische Steuerung perveriert werden. Das würde schnell auf die wirtschaftliche Beweglichkeit zurückfallen.
Die bereits vorliegenden Beispiele zeigen, daß auch ohne solchen staatlichen Überbau gute Ergebnisse zu erzielen sind. Die im Antrag genannten Beispiele der Firmen Reebock und Levi Strauss zeigen im übrigen den wichtigen Ansatzpunkt, die Verbraucher und ihre Macht nicht aus dem Auge zu verlieren. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir hier über Spielzeugimport gesprochen und dabei festgestellt, daß die europäischen Spielwarenhersteller und -importeure mit einer Selbstverpflichtung vorangegangen sind. Schon bei dieser Diskussion, bei der dann auch andere Waren eine Rolle gespielt haben, war allerdings deutlich geworden, daß es sich dabei nicht um ein perfekt steuerbares Instrument handelt, wie die Grünen das gerne hätten.
Verhaltenskodizes sind vor allem dann etwas wert, wenn sie nicht nationale Alleingänge, sondern international abgestimmt sind. Das Beispiel Südafrika zeigt dies ganz deutlich. Dort ist auch zu besichtigen, daß die wirtschaftlichen Chancen für die Zukunft durch ein Engagement für die Menschen bei Arbeitsstandards, innerbetrieblicher Ausbildung und Qualifizierung und einer entsprechenden Unternehmenskultur nur besser werden.
Es spricht deshalb sehr viel dafür, daß die Bundesregierung gut daran tut, im Gespräch mit den Wirtschaftsverbänden dafür zu werben, daß die Zielsetzung des Antrages verfolgt wird. So, wie der Antrag der Grünen jetzt vorliegt, halte ich ihn allerdings für nicht umsetzbar. Er würde vor allem zu einer weitgehenden Diskriminierung der deutschen Unternehmen führen, die auch die Grünen wohl nicht befürworten können.
Im Prinzip erkennt der Antrag den Ansatz „Wandel durch Handel" an. Das ist positiv. Ich gehe davon aus, daß die vorgeschlagenen bürokratischen Vorgehensweisen und die Forderung nach politischer Steuerung über das Instrument der Ausfuhrbürgschaften nicht ernst gemeint ist und lediglich bestimmte Organisationen befriedigen soll. Deshalb will ich darauf nicht weiter eingehen.
Zum Schluß bleibt die Frage: Warum eigentlich nur China? Ist das Anliegen des Antrags wirklich eine spezielle Frage der Zusammenarbeit mit China? Ist nicht ein vergleichbarer Wunsch auch für die Situation in anderen Ländern denkbar? Die Frage stellen heißt gleichzeitig auch die Schwierigkeiten aufzuzeigen, die in einer weltweit verflochtenen und unter hohem Konkurrenzdruck agierenden deutschen Wirtschaft bei ihrem Export und ihrem Investitionsengagement in problematischen Ländern bestehen. Gesinnungsethische Forderungen wie „Wir vereinbaren einfach, daß uns politische Erfolge wichtiger sind als wirtschaftliche Ziele " ist mit den Zielsetzungen unserer internationalen Partner und Konkurrenten nur wenig kompatibel. Deshalb ist für die deutsche Vorgehensweise Michael Kohlhaas nicht der richtige Schutzpatron.
Ernst Schwanhold (SPD): Der Antrag ist ehrenvoll in der Zielsetzung. Er zeigt aber auch, wie schwierig es ist, sich in die Verhältnisse in einem fremden Land und in einer fremden Kultur von außen einzumischen und deutsche Vorstellungen ungeprüft zu übertragen.
Ich stimme dem Antrag voll zu, mit der chinesischen Seite einen permanenten Dialog aufzunehmen, der die Verbesserung der Menschenrechte in China zum Ziel hat. Zusammen mit den anderen Staaten - insbesondere der Europäischen Union und den internationalen Organisationen, z. B. der Weltbank - sollten reale und in China umsetzbare Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation gesucht werden. Wie die Weltbank so sollte auch die deutsche Seite auf konkrete und möglicherweise kleine Schritte setzen. Es wird in China in den kommenden Jahren eine weitere Dezentralisierung von Entscheidungen und damit auch eine Liberalisierung des politischen Prozesses geben, der vielfältige Ansatzmöglichkeiten zur
Verbesserung der Lage bietet. Es ist deshalb eher kontraproduktiv, mit dem dicken Knüppel der Handelspolitik in innerchinesische Angelegenheiten hineinregieren zu wollen. Ganz abgesehen davon, ob die Chinesen sich von deutschen Alleingängen beeindrucken lassen, stellt sich die Frage, ob das, was im Antrag gefordert wird, tatsächlich über handelspolitische Zwangsmaßnahmen erreicht werden kann.
Die hier vorgeschlagenen Instrumente der Hermes-Bürgschaften und die Entwicklungshilfe sind wenig geeignet, um einen freiwilligen Verhaltenskodex zu erzwingen.
Die Vergabe von Hermes-Bürgschaften erfolgt projektgebunden und nicht unternehmensgebunden. Auch das Unternehmen, das zum erstenmal nach China exportiert, kommt in den Genuß von HermesBürgschaften. Ein solches Unternehmen ist aber in den hier geforderten Verhaltenskodex bestenfalls am Rande involviert. Insofern liegt hier das falsche Instrument vor, um einen Verhaltenskodex zu erzwingen, der nur von in China tätigen Unternehmen verwirklicht werden kann. Was ich gerade über die Hermes-Bürgschaften gesagt habe, gilt auch für die Entwicklungshilfemaßnahmen.
Lassen Sie mich nun auf einige Aspekte dieses Antrages im einzelnen eingehen.
1. Die Korruptionsklausel ist im Antrag völlig überflüssig. Die OECD hat gerade einen Anti-Korruptionskodex verabschiedet, der für alle Länder gilt und insofern diesen Teil des Antrages ersetzt.
2. Die Nichtverwendung von Produkten, die in Zwangs- oder Gefangenenarbeit oder in Kinderarbeit gefertigt werden, legt den Unternehmen umfangreiche Prüfungspflichten auf. Insbesondere die Importeure solcher Produkte sind überfordert, diese Prüfungen vorzunehmen. So richtig die Forderung an sich ist: Hier fehlt es völlig an den erforderlichen Durchführungs- und Unterstützungsmaßnahmen für die Unternehmen.
3. Lohn- und Personalpolitik. Die verschiedenen Abschnitte des Antrages zeigen, daß die Antragsteller mit den tatsächlichen Verhältnissen nur unzureichend vertraut sind. China zählte zu den Entwicklungsländern, die mit 19 Prozent den größten Lohnnebenkostenanteil unter den großen asiatischen Entwicklungsländern haben. Unternehmen in China zahlen nicht nur um 20 Prozent höhere Löhne als vergleichbare chinesische Betriebe, sie haben auch vielfältige Lohnnebenkosten, z. B. Fahrkostenerstattungen, Wohn- und Kleidungsgeld, Zahlungen für unternehmensinterne Gesundheitsleistungen, Pensionsfonds und Bereitstellung von Wohnraum für die Beschäftigten. Der Kündigungsschutz in China ist sehr weitgehend. Die Arbeitsbehörden können die Kündigung verweigern, wenn durch die Entlassung eines Beschäftigten oder mehrerer Beschäftigter der „soziale Friede" in der Region gefährdet ist. Angesichts hoher versteckter Arbeitslosigkeit fällt diese Begründung in der Regel sehr leicht. Insofern bauen gerade deutsche Unternehmen Personal häufig über großzügige Vorruhestandsregelungen ab oder bewegen Mitarbeiter durch Abfindungszahlungen zu einer Eigenkündigung.
Das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit" würden viele deutsche Unternehmen in China gerne verwirklichen, um damit von Zahlungen nach Parteizugehörigkeit, Alter oder anderen sozialen Kriterien wegzukommen.
Im Bereich der Ausbildung haben viele deutsche Unternehmen bereits umfangreiche Eigenmaßnahmen ergriffen. Es bestehen inzwischen auch einige Berufsbildungszentren, die mit Unterstützung der GTZ teilweise von deutscher Seite finanziert werden.
In China sind alle Unternehmen gesetzlich zur Zulassung einer Betriebsgewerkschaft verpflichtet. Der Arbeitnehmervertretung sind 2 Prozent der Nettolöhne als monatliches Budget zur Verfügung zu stellen. Sie soll bei wichtigen Unternehmensentscheidungen hinzugezogen werden. Zweifellos reichen die Mitwirkungsrechte der Gewerkschaft in China nicht an das deutsche Niveau heran. Es ist aber keineswegs so, daß chinesische Arbeitnehmer völlig recht- und schutzlos sind. Mögliche Verbesserungen können aber nicht nur auf der Unternehmensebene eingeführt werden, sie müssen auch mit dem gesellschaftspolitischen Umfeld abgestimmt werden.
Letzteres gilt auch für die Forderung, sich in die chinesische Bevölkerungspolitik als Unternehmen einzumischen. Hier sind politische Konflikte vorprogrammiert, wenn das Unternehmen gegen die chinesische Bevölkerungspolitik vorgehen würde. Alleingänge deutscher Unternehmen bei der Verhinderung von Schwangerschaftsabbrüchen würden und könnten von chinesischen Behörden schon aus Gründen der Gleichbehandlung nicht toleriert werden. Es ist auch weltfremd, wenn Unternehmen per Verhaltenskodex aufgefordert werden, Konflikte mit der chinesischen Verwaltung per Betriebszeitung oder Mitteilungsaushänge öffentlich zu machen. Die Unternehmen würden sich hier gegen die chinesische kulturelle Tradition stellen und eher das Gegenteil von dem erreichen, was mit Verhandlungen erreicht werden könnte.
Meine Damen und Herren, über Menschenrechtsfragen muß mit China gesprochen werden. Dieser Antrag ist aber für diesen Zweck ungeeignet und kontraproduktiv: Ich empfehle Ablehnung.
Wolfgang Schmitt (Langenfeld) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir sprechen heute einmal nicht über die Menschenrechtssituation in China im Sinne der klassischen Menschenrechtsdebatte, obwohl es aktuell viel zu sagen gäbe: zur Leisetreterei der Bundesregierung und der EU, die bei der UN-Menschenrechtskommission in Genf China nicht öffentlich kritisieren werden, zur drastischen Zunahme der zum Tode Verurteilten, die Amnesty International diese Woche beschrieben hat, übrigens auch für geradezu lächerliche Eigentumsdelikte, zu den schweren Anschuldigungen im Zusammenhang mit der „Organentnahme" und dem Organhandel bei Hingerichteten in China (SZ/IHT).
Und doch hat der Antrag „Freiwilliger Verhaltenskodex für deutsche und europäische Unternehmen in China" sehr wohl mit der Frage der Menschenrechte zu tun!
Trotz der Finanzkrise in Südostasien ist die Anziehungskraft des chinesischen Marktes ungebrochen. So scheint von der deutschen Versicherungswirtschaft bis zu den Anlagebauern, von BASF bis Siemens alles, was Rang und Namen hat, sein ChinaEngagement auszubauen. Die Bedeutung privater Investitionen ist stark gestiegen. So gibt es mittlerweile 100 000 Joint-ventures mit weltweiten Partnern, von denen circa 1 400 deutsch-chinesische Joint-ventures sind.
Wir diskutieren die Frage eines Verhaltenskodex für Unternehmen vor dem Hintergrund der Globalisierung. Wie - das ist meine Leitfrage - kann zumindest unterstützt werden, daß soziale, ökologische und menschenrechtliche Kriterien in der Produktion in Schwellen- und Entwicklungsländern, in diesem Fall China, eingehalten bzw. weiterentwickelt werden?
Was können deutsche und europäische Unternehmen zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen, die nicht auf Kosten der Beschäftigten, sei es in sog. Sonderwirtschaftszonen oder in „ sweat-shops " bei der Textilproduktion, geht? Wie kann der privatwirtschaftliche Beitrag zu einer Entwicklung aussehen, die mehr ist als die Wiederholung der klassischen europäischen Industrialisierung des 19. Jahrhunderts?
Um es vorwegzunehmen: Die Idee eines freiwilligen Verhaltenskodex für Unternehmen ersetzt nicht die nationale Verantwortung und insbesondere internationale Rahmenbedingungen, wie sie z. B. in den Konventionen der internationalen Arbeitsorganisation (IAO) oder den internationalen Umweltabkommen zum Ausdruck kommen. Sie ersetzt auch nicht die soziale und ökologische Flankierung des liberalisierten Weltwirtschaftssystems im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO), um deren Aufnahme sich China seit Jahren bemüht. Sie trägt aber der gewachsenen Bedeutung transnational operierender Unternehmen Rechnung, deren Einfluß auf die Entwicklung von Staat und Gesellschaft rapide zugenommen hat. Sie plädiert für einen Mix aus staatlicher (national und international) Rahmensetzung und privatwirtschaftlicher Verantwortung.
Wird diese Verantwortung nicht wahrgenommen, werden einseitige protektionistische Politikansätze wie in den USA verstärkt auf Resonanz stoßen. Allein die heutigen Dimensionen des internationalen Handels deuten darauf hin, wie wichtig es ist, in der Frage eines Verhaltenskodex für internationale Unternehmen voranzukommen.
Beispielhafte Initiativen, die soziale und ökologische Kategorien verbindlich berücksichtigen, kennen wir bereits von Firmen wie dem Otto-Versand und den amerikanischen Firmen Nike und Reebok. Dabei muß es sich um ein Versprechen an die Öffentlichkeit, an die Konsumenten und Konsumentinnen handeln, bestimmte Standards unabhängig vom Produktionsstandort einzuhalten. Die Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind entscheidend. Warum soll nicht auf jedem Schuhkarton draufstehen, daß die Schuhe nicht in Kinderarbeit produziert worden sind (Stichwort: labeling und Zertifizierung)? Warum soll es eigentlich nicht zur Normalität einer Aktionärsversammlung gehören, neben der Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung auch über die sozialen und ökologischen Auswirkungen der Produktion insbesondere in den ausländischen Produktionsstätten zu berichten?
Bei unserer Initiative dient uns das amerikanische Beispiel als Vorbild. US-Präsident Clinton hat das Ansehen seines Amtes dafür eingesetzt, daß es unter seiner Vermittlung und Federführung im April letzten Jahres zu einer Vereinbarung zwischen Umwelt-, Verbraucher- und Menschenrechtsgruppen, den Gewerkschaften und den einschlägigen Branchenvertretern gekommen ist. Diese Vereinbarung über die Schuh- und Bekleidungsindustrie im Ausland legt die Standards für Unternehmen und ihre Zulieferbetriebe (!) im In- und Ausland fest. In dem Abkommen werden Festlegungen bezüglich Kinder- und Zwangsarbeit sowie zur Arbeitszeit getroffen. Um diesem Abkommen zum Durchbruch zu verhelfen, bedarf es eines unabhängigen, externen Überprüfungsmechanismus (monitoring). Den Vorschlag, wie das konkret umgesetzt werden kann, haben wir im Antrag ausgeführt.
Zu besseren Geschäftspraktiken gehört auch der Verzicht auf die Korruption. Auch und gerade in der VR China stellt dies ein gravierendes Problem dar. Hat das System der Korruption erst einmal alle Politik- und Lebensbereiche durchdrungen, ist eine erwünschte Demokratisierung der VR China in noch weitere Ferne gerückt. Mit einer an Menschenrechten und Demokratie orientierten Politik, aber auch mit dem Grundsatz eines effektiv funktionierenden marktwirtschaftlichen Systeme ist die Korruption unvereinbar.
Die Organisation Transparency International propagiert die Schaffung sog. Inseln der Integrität in von der Korruption heimgesuchten Ländern. Auf dem Wege freiwilliger Vereinbarungen sollen sich Unternehmen und Behörden zum Verzicht auf die Zahlung bzw. Entgegennahme von Schmiergeldern verpflichten. Wir greifen in unserem Antrag diesen Gedanken auf. Die Bundesregierung und die Mehrheit des Bundestages müssen allerdings endlich die steuerliche Abzugsfähigkeit von Schmiergeldern gesetzlich verbieten.
Mit dem von uns eingebrachten Ansatz betreten wir konzeptionelles Neuland. Weder soll die Industrie ordnungsrechtlich gezwungen werden, was in diesem Falle auch schwerlich möglich ist, noch ist in diesem Falle der unmittelbare Adressat unseres menschenrechtlichen Engagements die chinesische Regierung. Uns ist bewußt, daß sich viele deutsche Unternehmen nicht an den teilweise skandalösen Gepflogenheiten des chinesischen Wirtschaftslebens orientieren. Es dürfte für seriöse Unternehmen kaum Probleme bereiten, die in unserem Entwurf aufgezählten Geschäftsprinzipien einzuhalten. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die Einhaltung allgemein anerkannter . Mindeststandards. Das eigentliche Problem sind chinesische Zulieferbetriebe, auf die die zahlungskräftigen Kunden aus den Industrieländern sehr wohl Druck ausüben können.
Die Bundesregierung sollte das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung befördern. Einen Versuch dürfte es Wert sein.
Jürgen Türk (F.D.P.): Auf Initiative von Bündnis 90/ Die Grünen haben wir uns im Deutschen Bundestag schon 1995 mit einem ähnlichen Antrag beschäftigt. In diesem Antrag ging es jedoch speziell gegen Importe von Spielzeugen, die in chinesischen Arbeitslagern hergestellt worden sind. Als eine Reaktion darauf hat der Deutsche Verband der Spielwaren-Industrie im Zusammenwirken mit dem Europäischen Verband der Spielwarenindustrie einen Verhaltenskodex entwickelt und für die Mitglieder verbindlich gemacht.
Der heutige Vorstoß der Grünen geht aber über die Aktion von 1995 deutlich hinaus. Ziel des jetzigen Antrags ist eine Verpflichtung der Bundesregierung gegenüber der deutschen und europäischen Wirtschaft, auf einen freiwilligen Verhaltenskodex für Joint-ventures und Investitionen in China hinzuwirken und damit die Initiative zu einem kontinuierlichen Dialog mit dem Ziel der Verbesserung der Menschenrechtssituation in China zu ergreifen. Der angestrebte Verhaltenskodex umfaßt eine Vielzahl von Selbstverpflichtungen, wie Verbot von Korruption und Zwangsarbeit, Schutz der Umwelt und der Gesundheit, Arbeitssicherheit, demokratische Rechte sowie gewerkschaftliche Betätigung in Betrieben, Löhne und Lohnstruktur, und Sozialleistungen. Nur wer sich zur Einhaltung dieser vielen Verhaltenskodizes verpflichtet, soll bei der Vergabe von Hermes-Bürgschaften und Exportsubventionen bedacht werden.
Es steht hier sicherlich nicht zur Debatte, daß die aufgeführten Ziele mehr als anerkennenswert sind und in China in diesen Bereichen Defizite vorherrschen.
In der konkreten Ausformulierung dieser Zielvorstellungen geht der Antrag in vielen Fällen allerdings zu weit. Es werden Ansprüche erhoben, deren Erfüllung zwar wünschenswert ist, die aber bereits für deutsche Unternehmer kaum durchsetzbar sind. Für chinesische Unternehmen stellen sie dagegen unüberbrückbare Hürden dar. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit in den Betrieben durchzusetzen, geht zum Beispiel weit über die Möglichkeiten eines chinesischen Unternehmens hinaus. Der Handel mit China käme absolut zum Erliegen. Auch würde für die Antragsteller von Hermes-Bürgschaften noch mehr Bürokratie geschaffen, die wieder einmal besonders den Mittelstand treffen würde. Für sie wäre es auch unmöglich, alle aufgezählten Tatbestände in China zu überprüfen, von der Durchsetzung der Ziele ganz zu schweigen. Mittelständler brauchten dann gar nicht erst bei chinesischen Unternehmen vorzusprechen, wenn sie vor Vertragsverhandlung diese ganze Palette von Vorbedingungen aufstellen würden.
Auch möchte ich den Antragsteller darauf hinweisen, daß Exportsubventionen nach einschlägigen GATT/WTO-Regeln ohnehin verboten sind - Artikel XVI B GATT 1947 in Verbindung mit Art. 3 des WTO-Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen. Dieses Resultat kann aber nicht im Sinne des Antragstellers sein, da auch sie über den Weg der wirtschaftlichen Kooperation
- Stichwort Wandel durch Handel - mittel- und langfristig zu einer Verbesserung der Menschenrechtssituation und Einhaltung der Sozialstandards beitragen wollen. Wenn, wie die Antragsteller es wollen - und hier herrscht Übereinstimmung mit der F.D.P. - durch intensive Wirtschaftsbeziehungen eine Pluralisierung der chinesischen Gesellschaft vorangetrieben und damit ein Fundament für eine Demokratisierung gelegt werden soll, sollten wir dafür keine unerfüllbaren Hürden aufbauen. Denn damit ist weder den Menschen in China, noch den Unternehmen hier und dort geholfen.
Anders beurteile ich die Selbstverpflichtung bei hergestellter Ware aus Arbeitslagern, denn es ist nicht ersichtlich, warum bei anderen Waren als Spielzeug etwas anderes gelten soll. Problematisch erscheint jedoch bei Ausdehnung auf alle Waren aus Zwangsarbeit die praktische Durchführung und Überwachung einer solchen Selbstverpflichtung. Auch müßte eine Sanktionsregelung auf europäischer Ebene installiert werden, damit sie EU-Recht erfüllt.
Schlußbewertung ist darum, daß dieser Antrag in seiner Zielsetzung sehr ehrenwert, aber in bezug auf Praktikabilität realitätsfern ist. Letztendlich würde die Umsetzung die eigenen Zielvorstellungen zunichte machen, da der Handel und die Wirtschaftsbeziehungen zum Erliegen kommen und damit ein „Wandel durch Handel" nicht mehr ermöglicht würde.
Steffen Tippach (PDS): Ein Verhaltenskodex, durch den sich Unternehmen verpflichten, die Einhaltung grundlegender Menschenrechtsstandards in chinesischen Joint-ventures und Zulieferbetrieben zu gewährleisten, ist eine positive Sache. Jede Maßnahme, die auf eine Verbesserung der Menschenrechtslage abzielt, findet unsere volle Unterstützung.
Die Schaffung von Verhaltenskodizes darf jedoch nicht heißen, daß still und heimlich die Verantwortung für Menschenrechte von der Regierungsebene an die Unternehmen delegiert wird und die Bundesregierung so die Möglichkeit bekommt, das Thema Menschenrechte in China säuberlich von ihrer sonstigen Politik zu trennen. Angesichts der hinlänglich bekannten Menschenrechtslage in China ist eine konsequente Politik der Bundesregierung auf allen Ebenen notwendig: Dies muß auch die Ausfuhrbürgschaften betreffen, wie der vorliegende Antrag richtig herausstellt.
Die in der Begründung des Antrags durchschimmernde Begeisterung für die ach so progressiven Unternehmer kann ich allerdings nicht ganz teilen. Unerwähnt bleibt, daß die gepriesene - und selbstverständlich positiv zu bewertende - Selbstverpflichtung US-amerikanischer Unternehmer wohl weniger darauf zurückzuführen ist, daß die Gewissensbisse der Manager angesichts fürchterlicher Arbeitsbedingungen zu groß wurden, sondern vielmehr das Ergebnis veränderten Kaufverhaltens aufgrund breit angelegter Öffentlichkeitsarbeit durch Nichtregierungsorganisationen ist.
Bei aller Begeisterung über freiwillige Verhaltenskodizes von Unternehmen darf auch nicht vergessen werden, daß diese eben nicht verpflichtend sind, son-
dern auf Freiwilligkeit beruhen. Eine universell gültige Umsetzung und ein effektiver Schutz von Menschenrechten läßt sich nicht auf die Unternehmerebene reduzieren, sondern muß durch umfassende internationale Vereinbarungen abgesichert werden.
Freiwillige Verpflichtungen können kein Ersatz sein für internationale Regelungen, wie sie zum Beispiel die ILO-Konventionen darstellen. China hat bekanntlich den Sozialpakt kürzlich unterzeichnet, die Ratifizierung steht jedoch noch aus. Es ist somit an der Zeit, auf die Ratifizierung und vollständige Umsetzung hinzuwirken. Dies betrifft auch die Umsetzung anderer von China unterzeichneter Konventionen wie die AntiFolterkonvention und die Konvention über die Rechte des Kindes. Hier ist gerade auch die Bundesregierung gefordert, Einfluß auszuüben, denn es kann nicht angehen, daß Menschenrechtsschutz privatisiert wird und vom Wohlwollen einzelner Unternehmen abhängt.
Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Wir befassen uns hier mit einem Antrag der Grünen, über dessen moralische Zielsetzung hier im Hause wohl weitgehender Konsens besteht. Nur die Konsequenzen hieraus sind typisch für die Politik der Grünen. Am deutschen Wesen soll die Welt genesen!
Für die Bundesregierung steht außer Frage, daß die im Rahmen der Vereinten Nationen vereinbarten Konventionen über fundamentale Menschen- und Arbeitnehmerrechte von allen weltweit einzuhalten sind.
Universelle Geltung beanspruchen die grundlegenden Menschenrechte, das Verbot der Kinder- und Zwangsarbeit, der Schutz von Leben und Gesundheit am Arbeitsplatz, die Gewährung grundlegender Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte.
Die Einhaltung der Konventionen sicherzustellen obliegt in erster Linie den Vereinten Nationen und der Internationalen Arbeitsorganisation. Die Bundesregierung unterstützt alle Bemühungen um Überwachung und strikte Einhaltung der Konventionen.
Die Bundesregierung sieht in der Politik des Dialogs und der Kooperation den einzigen und besten Weg, den Menschenrechten und fundamentalen Arbeitnehmerrechten weltweit zum Durchbruch zu verhelfen.
China ist unser wichtigster Handelspartner in der Dritten Welt, Deutschland ist umgekehrt der wichtigste Absatzmarkt für chinesische Güter in Europa.
Deutsche Unternehmen bemühen sich erfolgreich um Aufträge in China, die in Deutschland Arbeitsplätze sichern. Bei diesen Bemühungen werden die deutschen Unternehmen, insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen, von der Bundesregierung nachhaltig unterstützt.
Ich bin davon überzeugt, daß durch diese engen wirtschaftlichen Kontakte, die eine Vielfalt menschlicher Begegnungen zur Folge haben, sowie durch Aus- und Fortbildungsprogramme für chinesische Studenten, Wissenschaftler und Experten der Dialog über die auf beiden Seiten noch differierenden Kultur- und Wertvorstellungen gefördert wird. Nur ein
solcher Dialog wird letztlich dazu führen, daß sich die gegenseitigen Standpunkte annähern und sich dabei mehr Verständnis und Beachtung für unseren Begriff von Menschenrechten und Arbeitnehmerrechten entwickelt.
In freiwilligen Verhaltenskodizes von Unternehmen sieht die Bundesregierung eine weitere Möglichkeit, auf humanere Arbeitsbedingungen hinzuwirken. Die Bundesregierung hat es deshalb begrüßt, daß schon in der Vergangenheit deutsche und europäische Unternehmen durch sogenannte Code of Conducts Verhaltensregeln für Arbeitsbedingungen und Sozialstandards gesetzt haben. Beispiel ist hier die deutsche Spielwaren-Industrie, die einen freiwilligen Verhaltenskodex aufgestellt hat. Mir ist bekannt, daß Mitglieder des Vorstandes der deutschen Spielwaren-Industrie Fertigungsstätten in China und anderen Ländern inspiziert haben und die dortigen Arbeitsbedingungen, auch gemessen an deutschen Maßstäben, als akzeptabel einstuften. Konkrete Beschwerden, die allerdings noch nicht vorgetragen wurden, werden auf Kosten des Verbandes durch unabhängige Experten untersucht.
Auch andere Verbände des Handels und der Industrie haben für ihre Mitglieder ähnliche Verhaltenskodizes aufgestellt.
Vor diesem Hintergrund sind die im Grünen-Antrag enthaltenen weiteren Forderungen schlicht überflüssig und aktionistische Augenwäscherei: In der Praxis wird mit ihnen sicherlich nicht mehr zugunsten der Menschen- und Arbeitnehmerrechte in China erreicht werden. Im Gegenteil: Wir düpieren die chinesische Seite einerseits und überfordern andererseits unsere Wirtschaft.
Wir können an sich wünschenswerte Anliegen nicht einfach den deutschen Unternehmen aufbürden, deren Umsetzung über den Einflußbereich der Unternehmen, insbesondere der deutschen Joint-venturePartner, in den fraglichen Ländern hinausgehen.
Auch die Forderung, die Vergabe von Exportsubventionen an die Einhaltung des Verhaltenskodex zu knüpfen, berücksichtigt nicht unsere internationalen Verpflichtungen. Denn Exportsubventionen sind nach den einschlägigen Regeln des GATT bzw. der Welthandelsorganisation nicht zulässig und dürfen deshalb auch nicht instrumentalisiert werden.
Auch die Vergabe der Hermes-Bürgschaften kann sinnvollerweise nicht an die Einhaltung des Kodex geknüpft werden. Haushaltsgesetz und Richtlinien enthalten klare Vorgaben für die Übernahme von Hermes-Bürgschaften. Eine Erweiterung der Vergabebedingungen hatte die Bundesregierung erst vor kurzem abgelehnt.
Die Einführung einer jährlichen Berichtspflicht für die Unternehmen steht dem Ziel einer Deregulierung und Entlastung der Wirtschaft entgegen. Die Gefahr einer routinemäßigen Erstarrung liegt auf der Hand.
Lassen Sie mich zusammenfassen: ein Ja zu den fundamentalen Menschen- und Arbeitnehmerrechten, ein Ja zur Politik des Dialogs und der Kooperation, ein Ja zu freiwilligen Kodizes der Unternehmen, ein Nein zur Überforderung der Wirtschaft.