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    Plenarprotokoll 13/206 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 206. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. November 1997 Inhalt: Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 18631 A Tagesordnungspunkt I (Fortsetzung): Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1998 (Haushaltsgesetz 1998) (Drucksachen 13/8200, 13/8883) . . . 18631 B Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1997 (Nachtragshaushaltsgesetz 1997) (Drucksachen 13/8199, 13/8803) 18631 A Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 13/9004, 13/9025) . . . 18631 B in Verbindung mit Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Abgeordneten Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS: Ausweis der Mittel für den Bundesnachrichtendienst (Drucksachen 13/6531, 13/7299) . . 18631 B Rudolf Scharping SPD 18631 D Michael Glos CDU/CSU 18636 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18642 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . 18648 A, C Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 18649 B Dr. Gregor Gysi PDS 18654 B, 18685 B Dr. Christa Luft PDS 18657 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 18658 A Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saar- land) 18669 C Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . 18675 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . 18677 C Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 18683 B Rudolf Scharping SPD 18684 A Namentliche Abstimmung 18686 D Ergebnis 18689 C Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 13/9005, 13/9025) . . 18687 B Günter Verheugen SPD 18687 C Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . 18692 A Otto Schily SPD 18694 B Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18694 C Ulrich Irmer F.D.P 18695 A Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18695 C Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . 18696 D, 18704 C Dr. Helmut Haussmann F.D.P 18697 C Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18699 A Steffen Tippach PDS 18699 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 18700 C, 18703 B Ulrich Irmer F.D.P 18702 D Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18703 A Eckart Kuhlwein SPD 18703 C Karl Lamers CDU/CSU 18706 A Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 13/9013, 13/9025) . . 18708 A Walter Kolbow SPD 18708 A Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 18712 A Erwin Horn SPD 18713 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18714 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . 18716B, 18720 B Uta Zapf SPD 18718 A Otto Schily SPD . 18718 D Ernst Kastning SPD 18719 C Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 18720 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 18721 C, 18723 C Dr. Burkhard Hirsch F D P. 18723 B Paul Breuer CDU/CSU 18724 B Manfred Opel SPD 18725 D Namentliche Abstimmungen 18726 D Ergebnisse 18727C, 18730 A Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 13/9019, 13/9025) . . . 18732 C Dr. Emil Schnell SPD 18732 C Michael von Schmude CDU/CSU 18735A, 18742 A Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18737 C Armin Laschet CDU/CSU 18737 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18738C, 18740C, 18743 A Dr. Winfried Pinger CDU/CSU 18740 B Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P 18740 D Dr. Willibald Jacob PDS 18743 B Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 18744 B Dr. R. Werner Schuster SPD 18746 A Einzelplan 07 Bundesministerium der Justiz (Drucksachen 13/9007, 13/9025) . . . . 18747 C in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksachen 13/9017, 13/9025) . . . 18747 C Gunter Weißgerber SPD 18747 D Manfred Kolbe CDU/CSU 18749 B Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18751 A Otto Schily SPD 18752B, 18762 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . . 18753 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 18754 D Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 18756 B Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD . 18757 D, 18760 D Norbert Geis CDU/CSU 18758 C Norbert Geis CDU/CSU 18760 A Dr. Susanne Tiemann CDU/CSU . . . 18761 A Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18761 C Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern (Drucksachen 13/9006, 13/9025) . . . 18763 C in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung (Drucksachen 13/9023, 13/9025) . . . 18763 C Uta Titze-Stecher SPD 18763 D Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 18766 C Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18768 B Dr. Max Stadler F D P. 18770 A Ulla Jelpke PDS 18771 B Herbert Frankenhauser CDU/CSU . . 18772 C Fritz Rudolf Körper SPD 18773 C Manfred Kanther, Bundesminister BMI 18774 C Nächste Sitzung 18775 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 18777* A Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Einzelplan 14 - Bundesministerium der Verteidigung Hans Büttner (Ingolstadt) SPD 18777* B Dr. Olaf Feldmann F.D.P 18779* A Gabriele Fograscher SPD 18779* B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 18779* D Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU und Hans-Dirk Bierling CDU/CSU 18780* A Ernst Kastning SPD 18780* B Roland Kohn F.D.P. 18780* C Manfred Kolbe CDU/CSU 18780* C Heidemarie Lüth PDS 18780* D Dr. Martin Pfaff SPD 18781* B Jürgen Türk F.D.P 18781 * D Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Einzelplans 06 - Bundesministerium des Innern - und des Einzelplans 33 - Versorgung - Manfred Kanther, Bundesminister BMI . 18782* A 206. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. November 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 26. 11. 97 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Dreßler, Rudolf SPD 26. 11. 97 Hartmann, Hanns-Peter PDS 26. 11. 97 Heubaum, Monika SPD 26. 11. 97 Homburger, Birgit F.D.P. 26. 11. 97 Kriedner, Arnulf CDU/CSU 26. 11.97 Kurzhals, Christine SPD 26. 11. 97 Lehn, Waltraud SPD 26. 11. 97 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 26. 11. 97 Erich Marx, Dorle SPD 26. 11. 97 Reschke, Otto SPD 26. 11. 97 Scheel, Christine BÜNDNIS 26. 11. 97 90/DIE GRÜNEN Schenk, Christina PDS 26. 11. 97 Schlee, Dietmar CDU/CSU 26. 11. 97 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 26. 11. 97 90/DIE GRÜNEN Siebert, Bernd CDU/CSU 26. 11. 97 Stübgen, Michael CDU/CSU 26. 11. 97 Vosen, Josef SPD 26. 11. 97 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 26. 11. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Einzelplan 14 - Bundesministerium der Verteidigung Hans Büttner (Ingoldstadt) (SPD): 1. Meine Ausführungen über die Lage der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, wie ich sie bereits am 11. November 1993 in einer aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages formuliert habe, gilt im Grundsatz noch heute: CDU/CSU und F.D.P. sowie die von ihnen gebildete Regierung haben bis heute im Gegensatz zu den USA, Frankreich, England oder Japan auf eine eigenständige Industrie- und Technologiepolitik verzichtet. Die Investitionsentscheidungen der Regierung sind planlos und auch für die Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie kaum planbar. Zu lange wurde im Rahmen der europäischen Koordinierungsbemühungen zivile und militärische Kooperation im Bereich der Luft- und Raumfahrt getrennt verfolgt. Auch nach Abschluß der WTO-Abkommen, die eine staatliche Subventionie- rung ziviler Luft- und Raumfahrtprojekte auf Druck der USA nicht mehr oder nur noch eingeschränkt zuläßt, haben die Bundesregierung aber auch der in Deutschland industriell führende Daimlerkonzern an dieser Trennung festgehalten und damit wesentlich zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten in der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, sowie zu Technologieverlagerungen innerhalb der EU beigetragen. 2. Der Zusammenschluß von McDonnell Douglas und Boeing in den USA führt eindrucksvoll vor Augen, wie vordringlich die Schaffung einer europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie ist, die sowohl den zivilen als auch den militärischen Teil umfaßt. Denn nur so lassen sich Synergien in Forschung und Entwicklung sinnvoll zusammenfassen und ermöglichen eine annähernde Wettbewerbsgleichheit mit der US-amerikanischen Konkurrenz, bei der zivile Subvention über den militärischen Bereich auch unter den jetzt gültigen WTO-Regeln möglich bleibt. 3. Bis zum Ende des kalten Krieges 1989 war der militärische Bereich der Luft- und Raumfahrtindustrie weitgehend von rein militärischen Vorgaben bestimmt. Ansätze einer besseren Verzahnung mit dem zivilen Bereich, was technologie- und strukturpolitisch sinnvoll gewesen wäre, sind weitgehend unterblieben und wurden zum Beispiel vom Daimlerkonzern gegen die Vorstellungen der Arbeitnehmervertretung in der Praxis auch nach dem Ende des kalten Krieges konterkariert. Dabei spielte die Regierungskoalition eine erbärmliche Rolle. Obwohl erhebliche staatliche Forschungsmittel und Aufträge dem Konzern zufließen, wurde weitgehend unterlassen, eigene struktur- und technologiepolitische Vorstellungen durchzusetzen. 4. Die Mitte der achtziger Jahre getroffene Entscheidung auf europäischer Ebene ein eigenes Jagdflugzeug, den Jäger 90, zu entwickeln und zu beschaffen, hatte neben den unter dem Gesichtspunkt des kalten Krieges militärischen Anforderungen auch das Ziel, eine eigenständige militärische Komponente einer europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie aufzubauen. Ob die damals formulierten militärischen Anforderungen sinnvoll oder zumindest geboten waren, kann heute dahingestellt bleiben. Daß man dabei so sehr auf die eigenständige militärische Komponente im Rahmen europäischer Kooperation setzte, anstatt bereits damals auf eine sinnvolle Verzahnung militärischer und ziviler Komponenten abzuzielen, ist im nachhinein nur damit zu erklären, daß strukturpolitische Entscheidungen angesichts der Erfahrungen des kalten Krieges in dem Glauben getroffen wurden, mit dem militärischen Konzept stünde man auf einer krisenunabhängigen sicheren Seite. Dies erweist sich nun speziell für Bayern nach dem Zusammenbruch des Ostblocks als eine - damals nicht voraussehbare - Fehlentscheidung. 5. Inwieweit der Jäger 90 bzw. der Eurofighter bzw. das EFA 2000 heute militärisch als vordringlich betrachtet werden kann, muß zumindest hinterfragt werden. Sowohl die Veränderung der Bedrohungssituation nach dem Zusammenbruch des Ostblocks als auch die sich neu entwickelnden Aufgabenstellungen einer europäischen Verteidigungsorganisation, haben bereits 1993 den Schluß zugelassen, daß unter den neuen Gegebenheiten eine europäische Entscheidung für den Eurofighter in seiner damaligen Form nicht getroffen worden wäre. Bereits damals bestand unter den Fachleuten die mehrheitliche Meinung, daß angesichts der neuen militärischen Situation und Aufgabenstellung, sowie den gebotenen neuen Kooperationsformen zwischen ziviler und militärischer Luft- und Raumfahrtindustrie in Europa, das Projekt Future Large Aircraft (FLA) Priorität hätte erhalten müssen. Entsprechende Vorschläge hat die SPD-Bundestagsfraktion bereits damals nach Abstimmung mit dem Konzernbetriebsrat der DASA unterbreitet. Ein sinnvolles Umsteuern auf die neuen Gegebenheiten bei Sicherung der vorhandenen Arbeitsplätze sowie des technischen Know how an den Standorten wäre möglich gewesen. Entsprechende Initiativen auf europäischer Ebene hat die Bundesregierung jedoch ebenso unterlassen wie auch der Daimlerkonzern nicht von seiner strikten Trennung von militärischer und ziviler Luft- und Raumfahrt Abstand genommen hat. 6. Die jetzt vorliegende Beschaffungsvorlage für den Eurofighter wird all diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie läßt weder erkennen, ob die Gesamtzahl der zu beschaffenden Jagdflugzeuge angesichts der gemeinsamen europäischen Verteidigungsaufgaben sinnvoll ist, noch zeigt sie Perspektiven auf, wie auf Grund der europäischen Haushaltszwänge die notwendige FLA-Projektierung vorangetrieben werden kann. Allerdings ist das Projekt Eurofighter derzeit das wichtigste Unternehmen europäischer Kooperation militärischer Luftfahrt und damit eine wichtige Ergänzung der Bemühungen zum Aufbau einer gemeinsamen europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie als Gegenpol zu dem sich übermächtig entwickelnden US-amerikanischen Konzern Douglas/ Boeing. Die trotz hoher nationaler staatlicher Forschungs- und Auftragsmittel wenig nationale Standortverantwortung zeigende Haltung des DASA-Daimlerkonzerns läßt zudem befürchten, daß jetzt ein Ausstieg aus dem Eurofighterprogramm in Deutschland zu einem erheblichen Verlust von Know-how und Arbeitsplätzen im Bereich der Luft- und Raumfahrtindustrie führen würde, was bei einem früheren Tätigwerden der Bundesregierung hätte vermieden werden können. 7. Der Deutsche Bundestag steht auf Grund der konzeptionslosen Luft- und Raumfahrtpolitik der Bundesregierung deshalb vor einer schwierigen Entscheidung: Ein Ja zu der Vorlage bindet auf Jahre die beschränkten öffentlichen Mittel für ein Projekt, das sowohl was das Know-how als auch die Zahl der Jäger angeht, sicherheitspolitisch nicht die höchste Priorität besitzt. Ein Nein würde zwar langfristig die Chancen auf eine schlagkräftige, verzahnte europäische Luft- und Raumfahrtindustrie verbessern, mittelfristig aber Arbeitsplätze und Know-how in Deutschland gefährden und wahrscheinlich unwiderbringlich in andere europäische Länder verlagern. Vor diesem Hintergrund kann ich dem Einzelplan 14 und der darin enthaltenen Beschaffungsvorlage nicht zustimmen. Zwar halte ich eine grundsätzliche positive Entscheidung für die Beschaffung für richtig, nicht jedoch die in der Vorlage genannte Anzahl. Angesichts der Aufgaben, die die nationalen europäischen Streitkräfte im Rahmen der EU und der NATO und als Auftragnehmer von UNO-Aufgaben wahrnehmen können sollen, bezweifle ich, daß die in der Vorlage genannte Beschaffungszahl erforderlich ist. Insofern sehe ich mich auch durch die Stellungnahme des Bundesrechnungshofes bestätigt. Statt dessen ist zu prüfen, die durch eine geringere Beschaffung frei werdenden Mittel unverzüglich in ein FLA-Projekt zu stecken, das sich zudem auch im zivilen Bereich nutzen läßt. Dabei haben auch die Herstellerkonsortien finanzielle Verantwortung mit zu übernehmen. Auf Grund dieser Position kann ich aber auch dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht zustimmen. Der Antrag meiner eigenen Fraktion enthält zwar die meisten der von mir aufgeführten Positionen, er kommt jedoch zu einem anderen Schluß, weshalb ich mich dabei, nach sorgfältiger Gewissensprüfung, der Stimme enthalten werde. 8. Diese Entscheidung treffe ich auch mit Rücksicht auf die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Falsche politische Entscheidungen der CDU/CSU und der Bundesregierung sowie des Daimlerkonzerns dürfen nun nicht auf dem Rücken der betroffenen Werktätigen ausgetragen werden. Allerdings weise ich auch entschieden verdeckte Drohungen einiger Betriebsräte zurück, die an dem Abstimmungsverhalten zu dem Projekt ein Für oder Wider von Arbeitnehmerinteressen festmachen wollen. Die Verantwortung für den Verlust von Arbeitsplätzen in der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie tragen ausschließlich die Parteien, die seit nunmehr 15 Jahren die Mehrheit im Parlament stellen. Sie haben sowohl beim Aufbau einer gemeinsamen europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie versagt, als auch beim Erstellen eines längerfristig tragbaren europäischen Sicherheitskonzepts. Sie haben zudem alles unterlassen, die Konzerne in die Arbeitsplatz- und Standortverantwortung mit einzubeziehen. Vor allem der Daimlerkonzern, die Bundesregierung und die Bayerische Staatsregierung haben deshalb jetzt dafür zu sorgen, im Interesse der Sicherung der Standorte in Bayern und insbesondere in Manching, daß die technologischen Voraussetzungen des Standorts und die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu genutzt werden, sowohl militärische als auch zivile Entwicklung und Flugerprobung in Manching zu konzentrieren. Nur so läßt sich dau- erhaft garantieren, daß hochwertige Arbeitsplätze in Bayern und am Standort Manching erhalten bleiben. Die Arbeitnehmervertretungen in der Luft- und Raumfahrtindustrie sollten, wie ihre Vorgänger in der Vergangenheit, auf diesen Zusammenhang hinweisen und sich nicht zum Büttel einer arbeitnehmerfeindlichen Industrie- und Wirtschaftspolitik machen lassen. Dr. Olaf Feldmann (F.D.P.): 1. Der Eurofighter ist ein Relikt des kalten Krieges. Weder Freiheit noch Sicherheit Deutschlands hängen vom Eurofighter ab. Der Eurofighter hat keine nationale Priorität. Dem Eurofighter fehlt der militärische Gegner. Der Gegner ist offensichtlich weniger militärischer, sondern mehr industriepolitischer Art. Ich bin nicht bereit, ein Wettrennen zwischen europäischer und amerikanischer Rüstungsindustrie mit deutschen Steuergeldern zu subventionieren. 2. Unsere außenpolitische Leitidee ist zwar supranational, doch verteidigungspolitisch handeln wir immer noch national. Wir müssen unsere sicherheitspolitische Konzeption grundlegend überdenken. Die Umsetzung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, GASP, ist überfällig. Vor der Entscheidung für einen Jäger brauchen wir ein Konzept für eine wirklich gemeinsame Verteidigung in Europa und eine echte Aufgabenverteilung im Bündnis. Nicht jeder Staat muß alles haben: den besten Panzer, den besten Jäger, die beste Fregatte. 3. Die dem Parlament zugesagte Möglichkeit, getrennt über Entwicklung und Beschaffung des Eurofighters jeweils frei entscheiden zu können, ist faktisch nicht gegeben. Dabei zieht das Argument der Vertragstreue im Bündnis allerdings nicht: Es gibt bisher keinen Produktionsvertrag - somit auch keinen Vertrauensbruch. Abgesehen davon sind gerade die Briten aus mehreren Gemeinschaftsprojekten ausgestiegen, vom Kampfhubschrauber Tiger bis zur Panzerhaubitze. 4. Der Eurofighter schafft keine, sondern gefährdet Arbeitsplätze, zum Beispiel im Heeresausrüstungsbereich. Der Verdrängungseffekt im Verteidigungshaushalt ist groß. Auch der Verteidigungsminister kann jede vom Parlament bewilligte Mark nur einmal ausgeben. Die Eurofighter-Arbeitsplätze sind hoch subventioniert und keine Arbeitsplätze unter marktwirtschaftlichen Bedingungen. 5. Angesichts der haushaltspolitischen Situation hat dieses 30 Milliarden teure, größte deutsche Rüstungsprojekt keine Priorität. Diese 30 Milliarden würden besser zur Entlastung des Haushalts und der Steuerzahler eingesetzt. Ich kann der Beschaffung des Eurofighters nicht zustimmen. Da ich den Einzelplan 14 ansonsten mittrage, wähle ich die mildeste Form der Ablehnung und enthalte mich. Gabriele Fograscher (SPD): Die Bundeswehr hat den Auftrag der Landes- und Bündnisverteidigung. Dazu gehört auch in Zukunft die Fähigkeit der Luftverteidigung in einem Verteidigungskonzept der Streitkräfte. Für die Luftverteidigung ist ein modernes Jagdflugzeug unverzichtbar. Die Phantom ist veraltet, es bedarf der Anschaffung eines modernen Jagdflugzeuges. Da eine derartige Investition aus diesen Gründen nötig ist, halte ich es für sinnvoll, daß ein neues Jagdflugzeug in Deutschland bzw. mit deutscher Beteiligung entwickelt und gebaut wird. Sicherlich ist dabei auch die Verläßlichkeit Deutschlands als Bündnispartner von Bedeutung. Obwohl die Beschaffungsvorlage der Bundesregierung für den Eurofighter 2000 nicht alle Fragen beantwortet (technischer Entwicklungsstand, Hauptbewaffnung, Kostenvolumen), kann ich in der jetzigen Situation nur für die Beschaffung des Eurofighters 2000 stimmen. Die Beschaffung des Eurofighters 2000 sichert in den nächsten 15 Jahren etwa 18 000 hochqualifizierte Arbeitsplätze in der Luft- und Raumfahrtindustrie und auch in der Zulieferindustrie. Die meisten dieser Arbeitsplätze befinden sich in Bayern, zahlreiche im Regierungsbezirk Schwaben. Bis heute gibt es kein alternatives ziviles Projekt, das diese Arbeitsplätze sichern könnte. Als bayerische und vor allem als schwäbische Abgeordnete ist mir sehr an dem Erhalt dieser qualifizierten Arbeitsplätze gelegen. Mit der Zustimmung zu diesem Rüstungsprojekt ist mein persönlicher Gewissenskonflikt nicht gelöst. Es bleibt weiterhin mein Ziel, daß Arbeitsplätze im zivilen Bereich gesichert und geschaffen werden, Konversionsprogramme entwickelt und Abrüstungsbemühungen verstärkt werden. Dr. Burkhard Hirsch (F.D.P.): Ich kann der Beschaffung des sogenannten Eurofighters nicht zustimmen. Nach dem insoweit unwidersprochenen Gutachten des Bundesrechnungshofes beträgt zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Preis für den Ankauf von 180 Flugzeugen über 30 Milliarden DM. Das ist angesichts der finanziellen Lage des Bundeshaushaltes und angesichts des mangelhaften Standes der Entwicklung und Erprobung schon wirtschaftlich nicht vertretbar. Die Zweckbestimmung des Flugzeugs bleibt unklar, sein Export in Länder auch außerhalb der NATO wird nicht verhindert werden können. Ich bin der Überzeugung, daß die Bundesrepublik weit mehr Sicherheit erwerben könnte, wenn sie statt dessen auch nur einen Bruchteil dieses Betrages für soziale Aufgaben, für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und für Bildung und Ausbildung im Inland, in Europa und in Ländern der Dritten Welt investieren würde. Ich begrüße es, daß durch die ausdrückliche Abstimmung im Plenum die individuelle Verantwortung jedes einzelnen Abgeordneten für seine Entscheidung in dieser Sache festgestellt wird. Ich stimme daher dem Änderungsantrag der SPD auf Drucksache 13/9209 zu und werde mich bei dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 13/9145 der Stimme enthalten, weil ich die Begründung nicht teile. Dr.-Ing. Rainer Jork (CDU/CSU) und Hans-Dirk Bierling (CDU/CSU): Wenn wir heute der Produktion des Eurofighters im Zusammenwirken europäischer Staaten mit deutschem Anteil zustimmen, dann nicht in Erwartung einer kurzfristigen, unmittelbaren Bedrohung der Bundesrepublik oder allein geprägt durch einen positiven Erwartungseffekt für technische Innovation und Arbeitsplätze in Deutschland. Geprägt durch den tiefen Wunsch, daß gewaltsame Konflikte und Kriege - möglichst bereits im Ansatz - verhindert werden mögen, glauben wir jedoch nicht, daß ein waffenloses, zu wenig wehrfähiges oder gar ein neutrales Deutschland ungefährdet oder zur Friedenssicherung ausreichend in der Lage wäre. Nüchternes Denken und verantwortungsvolles Handeln kann sich nicht auf Utopien und Wunschdenken allein gründen, sondern muß auf realen Bedingungen fußen. Real ist leider in unserer Welt, daß durch Ignoranz und Begierde, gepaart mit Aggressivität, täglich neue größere oder kleinere Konflikte vom Zaune gebrochen werden, daß Wehrlosigkeit eher zu Aggression ermutigt. Wenn Verteidigungsfähigkeit gefragt ist, dann halten wir, auch im Interesse der Sicherheit unserer Soldaten, ein ausreichend hohes technisches Niveau für erforderlich. Verfügbarkeit über Waffensysteme muß im Einklang mit Verantwortung für die Schöpfung einhergehen. Wir vertrauen auf die Mechanismen in unserer Demokratie, die dieser Verantwortung zu entsprechen haben und jedwede Aggression verhindern müssen und können. Wir hoffen und fordern, daß in Zukunft eine aktionsfähige Gemeinschaft, vor allem in Europa, entsteht, die sich rechtzeitig und wirksam dafür einsetzt, daß Kriege bereits im Ansatz verhindert werden. Dann muß auch die Zeit kommen, in der die steigenden Ausgaben für hochkomplizierte Waffensysteme zugunsten humanistischer Anliegen weiter reduziert werden. Ernst Kastning (SPD): Zur Erfüllung des Auftrages der Bundeswehr, der Landes- und Bündnisverteidigung, gehört auch künftig die Fähigkeit zur Luftverteidigung in einem kombinierten Verteidigungskonzept der Streitkräfte. Die Erhaltung der Luftverteidigungsfähigkeit erfordert die Beschaffung eines modernen Jagdflugzeuges, das die Phantom ablöst, deren Lebensdauer erschöpft und deren Technologie veraltet ist. Ausgehend von dieser Grundüberzeugung halte ich aus Gründen der Verteidigungssicherheit (mit industriepolitischem Nebeneffekt) und der Verläßlichkeit Deutschlands im Bündnis die Beschaffung des Waffensystems Eurofighter 2000 für erforderlich. Obwohl die Beschaffungsvorlage der Bundesregierung noch einige Fragen bezüglich des technischen Entwicklungsstandes des Flugzeugs und seiner Hauptbewaffnung sowie des gesamten Kostenvolumens aufwirft, kann ich in der jetzigen konkreten Entscheidungssituation nur mit ja stimmen. Da die Bejahung des Beschaffungsvorhabens Eurofighter nur über die Zustimmung zum Einzelplan 14 zum Ausdruck gebracht werden kann, werde ich dem Einzelplan 14 in der zweiten Lesung zustimmen. Daraus folgt konsequenterweise, daß ich zu allen Anträgen, die die Ablehnung dieses Beschaffungsvorhabens oder die Streichung des entsprechenden Haushaltsansatzes zum Ziel haben, mit nein stimmen werde. Roland Kohn (F.D.P.): Gemäß § 31 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages erkläre ich zu meinem Abstimmungsverhalten zum Eurofighter folgendes: Den vorliegenden Anträgen, die Beschaffung des Eurofighter generell abzulehnen, stimme ich nicht zu. Da der Eurofighter aber mit erheblichen technischen, finanzpolitischen, haushaltspolitischen und sicherheitspolitischen Problemen behaftet ist, trage ich den Beschaffungsvorschlag der Bundesregierung zum Eurofighter nicht mit. Richtig wäre es gewesen, dem Vorschlag des Bundesrechnungshofes zur Risikominderung zu folgen, und jetzt bis zu 100 Flugzeuge zu beschaffen; über die Beschaffung weiterer Flugzeuge jedoch erst nach Abschluß des Truppenversuchs und nach Vorlage der Einführungsgenehmigung für das vollständig ausgerüstete und bewaffnete Waffensystem, voraussichtlich im Jahre 2007, erneut zu beschließen. Manfred Kolbe (CDU/CSU): Grundsätzlich stimme ich dem Bau und der Beschaffung des Eurofighters 2000 zu. Neben der militärischen Notwendigkeit halte ich es insbesondere auch für erforderlich, daß Europa und Deutschland im Flugzeugbau nicht den internationalen Anschluß verlieren. Gerade im Flugzeugbau steckt ein großes Innovationspotential, zum Beispiel in der Flugtechnik, der Computertechnik, der Elektronik und der Metallurgie. Flugzeugbau ist High-Tech, bedeutet Zukunft, und deshalb ist es grundsätzlich richtig, das Flugzeug in Europa zu bauen und nicht in den USA oder Rußland zu kaufen. Vor diesem industriepolitischen Hintergrund ist es aber nicht akzeptabel, daß die Industrie in den östlichen Bundesländern am deutschen Auftragsvolumen von über 23 Milliarden DM nach Mitteilung des Bundesverteidigungsministeriums nur mit 45 Millionen DM beteiligt ist, also mit nur 0,2 Prozent! Seit 1992 ist immer wieder auf die Notwendigkeit einer angemessenen Beteiligung von Unternehmen aus den östlichen Bundesländern an der Produktion hingewiesen worden, ohne daß in diesen fünf Jahren Ergebnisse erzielt worden sind. Die Bundesregierung wird auch unglaubwürdig, wenn sie einerseits von der Wirtschaft ein stärkeres Auftragsvolumen Ost einfordert, andererseits bei eigenen Auftragsvergaben es nicht durchsetzt. Aus diesem Grunde enthalte ich mich heute der Stimme. Heidemarie Lüth (PDS): Ich stimme dagegen, weil der Eurofighter eine militärpolitische Unsinnigkeit ersten Ranges darstellt. Ich stimme dagegen, weil die Anschaffung des Eurofighters nur die Interessen der Rüstungsindustrie befriedigt und ihrer Profitmaximierung dient. Ich stimme dagegen, weil die Anschaffung des Eurofighters mit Anschaffungskosten von über 100 Milliarden DM verbunden ist. Ich lehne die Anschaffung des Eurofighters gemeinsam mit 80 Prozent der Bevölkerung der Bundesrepublik ab. Ich lehne die Anschaffung des Eurofighters ab, weil ich damit auch dem Votum des Petitionsausschusses entspreche. Ich lehne die Anschaffung des Eurofighters ab, weil gerade auch noch in den vergangenen Tagen und Wochen Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel in Chemnitz und in Leipzig, Vereine wie Friedensweg e.V. und der Versöhnungsbund e.V. auf den Straßen Unterschriften gegen die Anschaffung gesammelt haben. Ich stimme gegen die Anschaffung des Eurofighters, weil die durch ihn ermöglichte Sicherung der Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie einem Vielfachen in der zivilen Produktion und noch mehr Arbeitsplätzen im sozialen Bereich gegenüberstehen. Ich lehne die Anschaffung des Eurofighters ab, weil mit seinem Bau die weltweite Aufrüstung weiter angeheizt wird. Ich lehne die Anschaffung des Eurofighters ab, weil nicht die Aufrüstung auf der Tagesordnung steht, sondern Senkung der Militärausgaben und Erhöhung der Ausgaben für friedliche Konfliktbewältigung und Zivilen Friedensdienst. Dr. Martin Pfaff (SPD): Auch wenn ich den Haushaltsplan des Bundesministers für Verteidigung in seiner Gesamtheit ablehne, möchte ich mich hiermit für die Fortführung des Projektes Eurofighter aussprechen. Um die wesentlichen Begründungen nochmals klarzumachen, folgen die entscheidenden Punkte: Wie mir die Verteidigungsexperten der SPD-Bundestagsfraktion versichern, benötigt die Bundesrepublik Deutschland aus sicherheitspolitischer Sicht einen Nachfolger für die Phantom. Es wäre naiv davon auszugehen, jegliche Bedrohung von außen sei seit Ende des kalten Krieges ein für allemal vorbei: Ein Ende der Geschichte gibt es nicht. Und ohne Verteidigungsfähigkeit steht unsere Zukunft auf wackligen Füßen. Ich spreche mich für das Projekt aber auch aus, weil wir - als eine der führenden Industrienationen - nicht von der technologischen Entwicklung abgekoppelt werden dürfen. Das Projekt ist eine technologisch gewaltige Herausforderung. Wir sollten selber das produktionstechnische Know-how entwickeln und realisieren, um einen zukunftsfähigen Hochtechnologie- und Produktionsstandort Deutschland zu fördern. Stellt die Bundesrepublik den Nachfolger der Phantom nicht im Inland her, muß dieser im Ausland gekauft werden. Da ist mir das Hemd schon näher als der Rock. Und ich befürworte auch nicht zuletzt als örtlicher Abgeordneter den Bau - und ich sage dies ganz offen -, weil insgesamt 18 000 hochqualifizierte Arbeitsplätze, davon 500 bis 600 allein in Augsburg, betroffen sind - mitsamt der schicksalhaften Bedeutung für die potentiell betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DASA und deren Familien. Eine - wie oftmals vorgeschlagene - Alternative, einen vergleichbaren Auftrag im zivilen Flugzeugbau aus öffentlichen Mitteln zu realisieren, wäre zwar auch aus meiner Sicht wünschenswert, ist jedoch in Anbetracht der desolaten Haushaltslage leider absolut realitätsfern. Auch wenn mit dem Projekt sofort begonnen würde, würden die Arbeitsplätze nicht rechtzeitig und im nötigen Umfang gesichert. Darüber hinaus möchte ich auch folgendes nochmals betonen: Ich halte die aktuelle und speziell die öffentliche Diskussion um die Produktion des Eurofighters für legitim, notwendig und demokratisch gut. Es darf aber nicht vergessen werden, daß die durchaus begründete und verständliche Heftigkeit der Diskussion, den Gutteil der Brisanz diejenigen zu vertreten haben, die in Bonn an den Schalthebeln der Macht sitzen. Schließlich ist es die Regierungskoalition, welche die Verantwortung für die gegenwärtige wirtschafts- und finanzpolitische Misere trägt. Hätten wir heute nicht ein solch dramatisches Ausmaß an Arbeitslosigkeit, könnten und würden öffentliche Steuermittel reichhaltiger fließen und die kostenbezogene Debatte müßte für niemanden so weit in den Vordergrund gerückt werden. Diese aktuelle Problematik des Eurofighter-Projektes ist nicht von der Opposition zu verantworten. Ich habe mich nachhaltig bemüht, bei den zuständigen Ministerien in Bonn und vor Ort den Vorschlägen der DASA-Betriebsräte in Richtung Konversion zur Realisierung zu verhelfen. Leider waren auch diese Bemühungen vergeblich. Auch deshalb fühle ich mich bestärkt in meiner Haltung für den Bau des Eurofighters. Aus den genannten Gründen stimme ich gegen den gesamten Verteidigungshaushalt, obwohl ich für das Projekt Eurofighter bin, und ich stimme auch deshalb gegen den Antrag der Grünen. Mit vielen Argumenten meiner eigenen Fraktion stimme ich überein, komme aber zu anderen Schlußfolgerungen. Deshalb werde ich mich bei diesem Antrag enthalten. Jürgen Türk (F.D.P.): Ich stimme gegen den oben genannten Änderungsantrag, weil er generell die Streichung der Kosten für die vorgesehene Beschaffung des Eurofighters 2000 vorsieht. Ich habe aber eine ablehnende Haltung gegenüber der mit dem Verteidigungshaushalt zu beschließenden Beschaffungsanzahl des Eurofighters in der Höhe von 180 Stück, den zu hohen Stückpreis und der noch unzureichenden Erprobung. Um auch im Verteidigungsbereich sparsam mit Mitteln umzugehen, möchte ich folgendes empfehlen: Die Beschaffung einer begrenzten Anzahl neuer russischer Jagdflugzeuge (MIG 29 M) mit einem Stückpreis von 40 Millionen DM, und zwar als Ersatz für die alte MIG 29 A, die zur Zeit in der Bundeswehr Dienst tut. Diese kostengünstigere Beschaffung würde gleichzeitig schrittweise die militärische, politische und wirtschaftliche Integration Rußlands nachhaltig fördern. Die Bestellung einer ersten Losgröße Eurofighter 2000 bis zu 100 Stück. Ein weiterer Zukauf wird unter den Vorbehalt des Bedarfes gestellt. Einen Jagdflugzeugmix aus Eurofighter 2000 (mit großem Anteil) und MIG 29 M (mit kleinem Anteil) langfristig in Dienst zu stellen. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Einzelplans 06 - Bundesministerium des Innern - und des Einzelplans 31 - Versorgung - Manfred Kanther, Bundesminister des Innern: Maßstab verantwortungsvoller Innenpolitik ist die Fähigkeit, auf wechselnde gesellschaftliche Problemfelder angemessen und zügig zu reagieren. Diesem hohen Anspruch ist die Bundesregierung auch in der laufenden Legislaturperiode in vollem Umfang gerecht geworden. Innenpolitik muß in erster Linie die innere Sicherheit als Grundlage der freien Entfaltung aller rechtstreuen Bürger festigen. Die Bekämpfung neu eingetretener Gefährdungslagen verlangt aber nicht nur das notwendige gesetzgeberische Instrumentarium. Ergänzend hinzukommen müssen grundlegende administrative Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene. Überall hat die Koalition in beeindruckender Weise das Handwerkszeug für die Verbrechensbekämpfung verstärkt: Das Verbrechensbekämpfungsgesetz rückt der organisierten Kriminalität über eine Kronzeugenregelung zu Leibe, verschärft den Haftgrund der Wiederholungsgefahr, führt das beschleunigte Verfahren ein und verschärft die Strafvorschriften gegen das Schlepperunwesen. Das Korruptionsbekämpfungsgesetz packt über strengere Strafvorschriften, die Einbeziehung von Korruptionsvorgängen in der privaten Wirtschaft ins Strafrecht sowie über wesentliche Verschärfungen des öffentlichen Dienstrechts einen wichtigen Teilaspekt organisierter Kriminalität an. Das Bundeskriminalamtgesetz gibt der deutschen Zentralstelle zur Verbrechensbekämpfung eine moderne Rechtsgrundlage und klar definierte Eingriffsbefugnisse. Das Bundesgrenzschutzgesetz enthält das notwendige Instrumentarium für die vielfältigen und anspruchsvollen Aufgaben der Polizei des Bundes. Die Novellierung des Ausländergesetzes verbessert die Möglichkeiten zur Abschiebung schwerkrimineller Ausländer, auch als Reaktion auf die Beteiligung an gewalttätigen Demonstrationen. Der in der parlamentarischen Beratung befindliche Gesetzentwurf zur Änderung von Artikel 13 GG wird zusammen mit dem interfraktionellen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Bekämpfung der organisierten Kriminalität das elektronische Abhören von Gangsterwohnungen ermöglichen und die Vorschriften gegen die Geldwäsche deutlich verbessern. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen können mit diesen Meilensteinen der Verbrechensbekämpfung in Deutschland endlich wichtige Lücken im Schutz der Bürger gegen das organisierte Verbrechen geschlossen werden. Im gemeinsamen Kampf gegen Alltags- und Massenkriminalität habe ich die Länder zu einer „Aktion Sicherheitsnetz" aufgerufen. Eine entschlossene Sicherheitsstrategie, die der heutigen Gefährdungslage gerecht werden will, muß auf einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Bürger aufbauen, alle staatlichen und kommunalen Kräfte bündeln, die Präsenz der Polizei verstärken, die Justiz in den staatlichen Sicherheitsauftrag stärker einbeziehen und sich zu einem konsequenten Vorgehen gegen jede Form von Kriminalität und Störung der öffentlichen Ordnung bekennen. Kriminalitätsbekämpfung gibt es allerdings nicht zum Nulltarif. Trotz Haushaltsengpässen hat der Bund seit 1993 seine Aufwendungen für Bundeskriminalamt und Bundesgrenzschutz kontinuierlich gesteigert. Allein für den Bereich des BGS ist der Haushaltsansatz von 2,15 Milliarden DM in 1993 auf 3,12 Milliarden DM in 1998 und damit um mehr als 45 Prozent angestiegen. Die Politik aller Länder muß diesen Weg entschlossen und kreativ mitgehen. Denn hier liegt ein entscheidendes Bewährungsfeld für eine funktionierende föderative Ordnung. Mit dem Aufbau des Europäischen Polizeiamtes Europol sind wir auch im europäischen Bereich entscheidend vorangekommen. Innerhalb eines vernünftigen Kontrollrahmens soll Europol Mitte 1998 seine Tätigkeit als leistungsfähige europäische Zentralstelle aufnehmen und uns international in die Lage versetzen, mit der Entwicklung der organisierten Kriminalität Schritt zu halten. Im Rahmen der Schengener Kooperation wurde die Zusammenarbeit vertieft. Der unverzichtbaren Sicherung der Außengrenzen dient die Neustrukturierung des Bundesgrenzschutzes, die unter anderem die polizeilichen Einsatzschwerpunkte an den Grenzen zu Polen und zur Tschechischen Republik personell und materiell massiv verstärkt. Die Zahl der dort eingesetzten Polizeivollzugsbeamten ist von 2700 im Jahr 1992 auf heute 5800 angestiegen. Nach Abschluß der Reform werden an diesen Grenzen insgesamt 7400 Polizeivollzugsbeamte im Einsatz sein. Das Konzept verdeutlicht insgesamt, daß die Erfüllung des polizeilichen Sicherheitsauftrages oberstes Ziel und damit zentraler Ausgangspunkt aller konzeptionellen Überlegun- gen zur Neukonzeption des Bundesgrenzschutzes ist. Schwerpunkt im Bereich der Ausländerpolitik war die Novellierung des Ausländergesetzes. Sie ermöglicht nicht nur die erleichterte Ausweisung schwerkrimineller Ausländer, sondern regelt auch andere, die Integration von Ausländern verbessernde Bereiche, die sich die Koalition zu Beginn dieser Legislaturperiode zum Ziel gesetzt hatte. Vor allem geht es auch weiterhin um eine entschiedene Umsetzung des geltenden Rechts in administrative Praxis - ein immerwährender Auftrag vor allem für die Länder. Im Bereich des öffentlichen Dienstes gestaltet das Dienstrechtsreformgesetz 1997 das Beamtenrecht unter Aspekten von Effizienz, Leistung, Mobilität und Führungsverhalten im öffentlichen Dienst grundlegend neu. Der versorgungsrechtliche Teil dieser Reform setzt den von mir vorgelegten Versorgungsbericht um: Neben der Anhebung der allgemeinen Antragsaltersgrenzen, der Kürzung der Zurechnungszeiten bei Dienstunfähigkeit und der Begrenzung des Ruhegehalts wird in Zukunft insbesondere die Bildung einer Versorgungsrücklage aus Beiträgen der Beamten im Vordergrund stehen. Diese Rücklage wird bis zum Jahr 2013 auf 66 Milliarden DM angestiegen sein und es damit ermöglichen, die prognostizierten Versorgungsausgaben der Gebietskörperschaften zu mindern. Das ehrgeizige Ziel „schlanker Staat" ist auf gutem Weg. Das Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren steht beispielhaft für den Abbau überflüssiger Reglementierung. Die erfolgreiche Neustrukturierung des gesamten Zivilschutzes sollte auch anderen Bereichen erschließbares Verschlankungspotential ebenso wie den Weg zeigen, mit weniger Mitteln effektivere Strukturen zu verwirklichen. Der Sachverständigenrat „schlanker Staat" hat seine Arbeit am 12. September 1997 beendet und konkrete Neuerungsschritte zu diesem Thema und ihrer schnellen Umsetzung in die Praxis vorbereitet. Der auf Staatssekretärsebene eingesetzte Lenkungsausschuß Verwaltungsorganisation wird die vielfältigen Ansätze zur Modernisierung der Bundesverwaltung übergeordnet steuern und jährlich über die Fortschritte der Modernisierungsmaßnahmen auch im Hinblick auf den Berlin-Umzug informieren. Weitere Erfolge kann die Bundesregierung auch in dem schwierigen Bereich der Aussiedlerpolitik verbuchen. Die Lage der deutschen Minderheiten in Osteuropa hat sich fast überall stabilisiert. Mit deutlich weniger als 150 000 Personen ist für 1997 der geringste Zuzug seit 1987 zu erwarten. Schließlich hat das mit den Ländern abgestimmte Wohnortzuweisungsgesetz zu einer besseren Verteilung der Aussiedler in Deutschland beigetragen. Das erleichtert die notwendige Integration. Das gleiche gilt für die eingeführten Sprachprüfungen, die zugleich den Mißbrauch der Zuzugsmöglichkeiten einschränken. Vier Jahre Kulturarbeit des Bundesinnenministeriums stehen für weitere Fortschritte auf dem Weg zur inneren Einheit. Das mit Beginn des Haushaltsjahres 1995 für die neuen Länder und Berlin ins Werk gesetzte „Leuchtturmprogramm" ist auf bundesweite Beachtung gestoßen. Dankenswerterweise hat die Kulturpolitik der Bundesregierung immer großes Verständnis beim Deutschen Bundestag gefunden. Sie kann daher auch 1998 fortgesetzt werden. Vor allem im Denkmalschutz können wir nicht sparen, sondern müssen jetzt handeln, damit nicht unwiderbringliche Kulturgüter verloren gehen. Im Sport ist es in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Sportbund gelungen, neue Konzepte zu entwickeln, die einen noch effektiveren Einsatz der Bundesmittel zur Förderung des Spitzensports ermöglichen. Gerade mit Blick auf die im nächsten Jahr mit den Olympischen Winterspielen und den Paralympics in Nagano/Japan anstehenden sportlichen Großereignisse sind damit erfolgreiche Weichen für die Zukunft gestellt. Der Sport bleibt aber weiter gefordert, die verschiedenen Strukturelemente in einem nationalen Spitzensportkonzept zusammenzuführen, wobei insbesondere dem Nachwuchsbereich ein besonderer Stellenwert zukommt. Ziel ist es, ein durchgängiges Förderkonzept von der Talentsichtung bis zur Begleitung der Weltklasseathleten zu schaffen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Walter Kolbow


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der schweren Krise, in die die gegenwärtige Regierung unser Land geführt hat, fällt es uns nicht leicht, Haushaltsritualen zu genügen. Ist doch durch die verfehlte Regierungspolitik unser ganzes demokratisches, wirtschaftliches und soziales System auf allen Politikfeldern in Schieflage gebracht worden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Dadurch bedingt kommen enorme Gefahren auf uns zu, die ärger sind, als es die Mängel in der Ausrüstung und im Betrieb der Bundeswehr je sein können. Dennoch ist es meine Aufgabe, die Schatten aufzuzeigen, die eine falsche Haushalts- und Strukturpolitik auf unsere Bundeswehr werfen.
    Leider muß ich feststellen: Der Haushalt 1998 verschlechtert die Lage des Gesamtorganismus Bundeswehr weiter. Das Vertrauen in die politische Führung ist dahin; denn das genaue Gegenteil von Ihren Ankündigungen und Versprechungen ist Wirklichkeit geworden. Nichts ist sicher, weder der Haushalt selbst noch die mittelfristige Finanzplanung für die Streitkräfte.

    (Karl Diller [SPD]: So ist es!)

    Die Bundeswehr hat zwar noch den Auftrag, den die Regierungskoalition zu Beginn der 13. Legislaturperiode Ende 1994, Anfang 1995 definiert hat. Sie hat auch noch die Organisationsstruktur und den Umfang an Soldaten und zivilen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Aber sie hat nicht mehr die Haushaltsmittel, die damals vorausgesetzt worden sind. Deshalb veralten Fahrzeuge, Ausrüstung und Bewaffnung zunehmend; für Investitionen fehlt das
    Geld. Deshalb ist die Ersatzteilversorgung und Materialerhaltung in den Streitkräften besorgniserregend. Deshalb gibt es für das auf absehbare Zeit verfügbare Verteidigungsbudget keine Bundeswehrplanung.

    (Beifall bei der SPD)

    Der 98er Haushalt muß zusätzlich zirka 2 Milliarden DM an Überkipperbeträgen aus dem Haushalt 1997 ausgleichen. Aus dem sogenannten Bundeswehrplan 1997 fehlen für die Streitkräfteplanung ohnehin 7 Milliarden DM. Darüber hinaus ist der Einsatz der Bundeswehr in Bosnien nur bis zur Hälfte des Jahres mit diesem Haushaltsansatz eingeplant und bezahlbar. Daneben droht nach der neuesten Steuerschätzung ein weiteres Haushaltsloch von 1 bis 2 Milliarden DM im Verteidigungsetat.
    All dies macht deutlich: Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie betreiben eine Bundeswehrplanung nach Kassenlage. Perspektive und Zukunftsfähigkeit der Streitkräfte und das Verständnis für die in ihnen arbeitenden Menschen sind abhanden gekommen.

    (Beifall bei der SPD)

    Was ist Ihre Perspektive? Ihre Perspektive heißt Eurofighter 2000. Kommt er etwa, oder kommt er nicht?

    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Er kommt!)

    Das ist die Frage, die die Bürgerinnen und Bürger heute bewegt. Unsere Position ist klar: Die SPD wird das Beschaffungsvorhaben Eurofighter 2000 der Bundesregierung im Bundestag ablehnen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Das Ergebnis eines intensiven Prozesses, in dem die Argumente dafür und dagegen sorgfältig abgewogen wurden, führt zu unserem Nein, weil erstens die sicherheitspolitische Begründung für 180 Eurofighter nicht erbracht wurde, zweitens die Beschaffung wegen technischer Risiken, fehlender Hauptbewaffnung und vertraglicher Risiken nicht entscheidungsreif ist, drittens der Eurofighter bereits vor seiner Einführung nicht mehr dem modernsten Stand der Technik entspricht, viertens die Auswirkung der Beschaffungsentscheidung auf die Bundeswehr insgesamt - die Marine, die Luftwaffe selbst, aber insbesondere das Heer - in ihrem Verdrängungseffekt dramatisch wird.
    Meine Damen und Herren, das deutsche Heer muß bluten, damit der EFA vielleicht einmal fliegt.

    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Was sagt Schröder dazu?)

    - Ich sage Ihnen gleich, wer was dazu sagt, Herr Kollege Nolting.
    Diese Auffassung, die ich an diesem Pult vertrete, teilt auch der frühere Verteidigungsminister, der in

    Walter Kolbow
    der Truppe mehr als geschätzte Georg Leber, mit dem ich heute telefoniert habe.

    (Beifall bei der SPD Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Was sagt Schröder?)

    Dieser Verteidigungsminister hat den Tornado mit der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion 1977 beschafft. Er kennt auch die Folgekosten, die bei der damaligen Tornado-Beschaffung nicht eingeplant waren. Diese Beschaffung weist nach, daß ein solches High-Tech-Projekt ein Faß ohne Boden werden kann, das nicht von der Politik und schon gar nicht von Ihrer Politik beherrschbar ist. Das wird sich rächen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Fünftens. Die arbeitsmarkt- und industriepolitischen Aspekte sind zwar sehr wichtig und sprechen für das Beschaffungsvorhaben noch am ehesten. Aber dadurch werden in anderen Bereichen der wehrtechnischen Industrie möglicherweise noch mehr Arbeitsplätze gefährdet, weil durch das Beschaffungsvorhaben Eurofighter keine weiteren anderen Beschaffungen möglich werden.
    Eine Situation wie heute hatten wir noch nie. Finanzminister Waigel will einen Milliardenauftrag für ein Unternehmen, das überwiegend Arbeitsplätze in Bayern schafft, wo er bekanntlich CSU-Parteivorsitzender ist. Aber der Großkonzern, zu dem dieses Unternehmen gehört, nämlich Daimler-Benz, wird in den nächsten fünf Jahren keine Mark an Steuern in unserer Republik zahlen.

    (Zurufe von der SPD: Hört! Hört!)

    Vom Verteidigungsminister selbst wissen wir, daß er den Jäger 90, aber auch den abgespeckten Eurofighter eigentlich überhaupt nicht wollte. Um eine Metapher zu gebrauchen: Gewissermaßen mußte er wie ein Hund zum Jagen getragen werden. Nun muß er die Beschaffung durchsetzen. Dieses verkehrte Rollenspiel ist paradox.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Der Finanzminister ist als eigentlicher Bedarfsdecker jetzt zum Bedarfsträger geworden und der Verteidigungsminister zum Bedarfsdecker. Ball verkehrt, Koalition richtig. Das ist für Sie immer das Hauptsächliche: Machterhalt.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Sechstens. Der Eurofighter 2000 - von der ersten Stunde der Entwicklung an ist dieses Flugzeug nie ein Projekt der SPD gewesen. Sie haben es versäumt, in der Mitte der 80er Jahre strategische Kooperationen für das Bündnis zu entwickeln, die Aufgabenteilungen ermöglicht und die in den nationalen Verteidigungshaushalten mehr Geld gespart hätten. Dies ist Ihr großer Fehler.

    (Beifall bei der SPD)

    Deswegen sind Sie Gefangener Ihrer Entscheidung aus den 80er Jahren. Herr Wörner, der verdiente Nato-Generalsekretär, aber der schlechte Verteidigungsminister, läßt grüßen.

    (Beifall bei der SPD Zurufe von der CDU/ CSU: Oh!)

    Siebtens sind wir gegen die Beschaffung des Eurofighters, weil es ein gesellschaftliches Spalterprojekt ist, das auch in die Bundeswehr wirkt. Ich habe das dargelegt.
    Achtens. Wem dies alles nicht reicht, der muß sich mit dem Punkt auseinandersetzen, daß sich dieses Land heute dieses teure Flugzeug einfach nicht mehr leisten kann.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Was sagt Schröder?)

    Denn bei dem Beschaffungsvorhaben handelt es sich um eines der größten in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Bundesregierung beziffert die Kosten auf 23 Milliarden DM, der Bundesrechnungshof prognostiziert 30 Milliarden DM oder mehr. Es gilt, bei der Entscheidung die dramatisch schlechte Haushaltslage und die weiter hinzukommenden Steuermindereinnahmen zu berücksichtigen.
    Ich weise darauf hin, daß über die Beschaffung eines technischen Mittels entschieden wird und dies keine moralische Grundsatzentscheidung ist. Mir fällt an dieser Stelle der Philosoph Vittorio Hösle ein, der jüngst auf die Gefährlichkeit der Aufsplitterung unserer Wirklichkeit in immer kleinere Wissensbereiche und Fachgebiete hingewiesen hat:
    Es lähmt auch die Politik, sobald ein Ziel nicht mehr im Rahmen umfassenderer Werte angesiedelt werden kann. Übrig bleiben dann blinde Verwaltungsroutine und Fachidiotie ... !
    - Lassen Sie das auf sich wirken, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Regierungskoalition muß mit ihrer parlamentarischen Mehrheit die Beschaffung des Eurofighters beschließen und vor den Bürgerinnen und Bürgern, den Wählerinnen und Wählern verantworten.
    Wir werden daher in der zweiten Lesung natürlich unserem eigenen Antrag zustimmen, also den Eurofighter ablehnen. Bei der Abstimmung über den Antrag der Grünen enthalten wir uns, weil wir ihre Begründung für die Ablehnung dieses Flugzeuges nicht teilen.

    (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht doch nicht um die Begründung!)

    Die Koalition hat gar keinen Antrag vorgelegt. Sie wird wissen, warum.
    Unsere Forderung hinsichtlich der Streitkräfte ist und bleibt: Machen Sie diese Bundeswehr bezahlbar! Ändern Sie die aufgeblähte und den heutigen Sicher-

    Walter Kolbow
    heitsbedürfnissen nicht angepaßte Struktur! Stimmen Sie unserer Forderung nach einer Wehrstrukturkommission endlich zu!

    (Beifall bei der SPD)

    Lassen Sie uns gemeinsam eine Bundeswehr planen und ausstatten, die nach dem Jahr 2000 eine verbesserte Struktur aufweist, die auf absehbare Zeit Bestand hat. Denn kein Soldat und keine Soldatin, kein ziviler Mitarbeiter und keine zivile Mitarbeiterin glaubt Ihnen noch, wenn Sie behaupten, die jetzige Struktur sei sicher.
    Schaut man auf die Meldungen zur Bundeswehrstärke, so stellt man mit Erstaunen fest, daß Sie schon heute am Personal sparen. Denn im Oktober 1997 hatten sie zum Beispiel nur noch 325 721 Soldaten im Dienst, also zirka 14 000 unter dem Plansoll von 340 000, also unter ihrem angeblich unveränderbaren Umfang. Statt bereits im Frieden hohle Strukturen zuzulassen, wäre es wirklich besser, eine kleinere, aber bezahlbare neue Struktur zu schaffen.

    (Beifall bei der SPD Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wie klein denn?)

    In dieser Frage helfen Ihnen auch keine Denkverbote, die der Verteidigungsminister erlassen hat.

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sagen Sie doch eine Zahl!)

    Wer wie diese Regierung 53 Prozent des Verteidigungshaushaltes für das Personal der Bundeswehr ausgeben muß und nur bereinigt 16 Prozent für Investitionen übrig hat - so die Zahlen des 97er Haushaltes -, der untergräbt die eigene Strukturpolitik. Und die 98er Zahlen sind nicht besser.
    Die vergleichbaren Zahlen für gesunde Streitkräftestrukturen, zum Beispiel bei den Briten und Amerikanern aus dem Jahre 1995, sehen gänzlich anders aus: Die Briten wenden 40,9 Prozent für das Personal und 37 Prozent für Investitionen auf. Die Amerikaner wenden 39,4 Prozent für das Personal und 29,7 Prozent für Investitionen auf.
    Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes hat in seinem Leitartikel zur Oktober-Ausgabe der Zeitschrift „Bundeswehr" festgestellt - ich darf ihn zitieren -,
    daß die Verteidigungshaushalte 96, 97 und 98 sowie die zweimal abgesenkte mittelfristige Finanzplanung nicht ausreichend waren und sind, um Personal, Betrieb und Investitionen der Wehrpflichtarmee Bundeswehr mit bis zu 340 000 Soldaten und 137 000 zivilen Mitarbeitern dauerhaft solide zu finanzieren.
    Da Sie, Herr Rühe, solche klaren Worte von Soldaten sonst nicht gewohnt sind, weil Sie solche Mitdenken - offensichtlich ganz im Sinne der von Ihnen so verstandenen inneren Führung - sofort mit dem Ministerbann belegen, haben Sie in diesem Fall wenigstens Ihre Festrede vor dem Bundeswehrverband abgesagt.
    Statt dessen haben Sie eine Bier-Bosnienreise mit Herrn Waigel angetreten. Leider hat dies Ihren neuen Männerfreund bei seiner Wiederwahl zum Parteivorsitzenden nicht vor einem denkbar schlechten Wahlergebnis bewahrt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P. Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Mein Gott, Walter!)

    - Ja, das tut weh.
    Ich zitiere an dieser Stelle gern, Herr Bundesminister, Ihren Generalinspekteur Bagger, der in seiner Eröffnungsrede der Kommandeurtagung der Bundeswehr vor drei Wochen in Berlin folgendes sagte:
    Ich verkenne keineswegs die schwierige und kritische Lage, in der sich die Bundeswehr vor dem Hintergrund des Haushalts befindet. Ich sehe aber auch, daß heute eine „große Lösung" nicht realisierbar ist. Die jetzt vorgesehene Lösung erreicht, daß wir mit der Bundeswehr für den Übergang in unsere neue zukunftsorientierte Struktur planerische Sicherheit und Kontinuität haben. Dieser Weg wird uns in zirka zwei bis drei Jahren zum Ziel führen. Wer diesen Kurs auf halbem Weg ändern will, zerstört nicht nur das Vertrauen in künftige Planung, sondern auch in die Führung. Ein erneuter Eingriff in Umfang und Struktur verbietet sich deshalb von selbst.

    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sehr gute Aussage!)

    Richtig ist hiervon: Die Bundeswehr soll bis zum Jahr 2000 ihre festgelegte Struktur einnehmen. Sozialverträglich soll das geschehen und ohne weitere Eingriffe bei der Umsetzung; denn die würden das Vertrauen in die politische und militärische Führung weiter beschädigen. Aber, meine Damen und Herren, die Planungen für eine sinnvolle Struktur müssen doch bereits heute für die Zeit danach angegangen und gemacht werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir können und dürfen - auch wenn Wahlkampf ist - den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern müssen die Weichen für die Zukunft der Bundeswehr heute stellen. Diese Verantwortung hat die Politik. Sie muß von der obersten militärischen Führung sachgerecht und wahrhaftig beraten werden, um das leisten zu können.

    (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Offiziere müssen das auch mal diskutieren können!)

    Wir meinen, eine Wehrstrukturkommission kann die Grundlagen dafür schaffen. Sie kann die Wehrstruktur aufgabengerecht und bündnispolitisch verträglich gestalten. Die Personalkosten könnten verringert, der Investitionsanteil heraufgesetzt werden. Die Bundeswehr bekäme endlich wieder die gesunde Struktur, die sie verdient, um in das kommende Jahrtausend zu gehen.
    Ich will an dieser Stelle auch etwas zum Programmvorschlag der Grünen sagen, die Wehrpflicht abzuschaffen und die Bundeswehr bis 2001 auf 150 000 Mann und bis zum Jahre 2006 auf 75 000

    Walter Kolbow
    Mann zu reduzieren. Diese Vorstellungen sind für uns nicht akzeptabel. Ihre Umsetzung wäre ein sicherheits- und bündnispolitisches Risiko für unser Land. Die offensichtlich aus der Luft gegriffenen Umfangszahlen würden, wenn man sie denn ernst nähme, nicht nur unsere Soldaten und zivilen Mitarbeiter in höchstem Maße verunsichern, sondern auch die Bürger in den Standorten und im Land, die eine angemessene Sicherheitsvorsorge erwarten.

    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Was sagt denn der Opel dazu?)

    Mit uns jedenfalls ist eine derartige Unsicherheitspolitik nicht zu machen. Daher stimmen wir keinem Antrag der Grünen zum Einzelplan 14 zu. Wir Sozialdemokraten bejahen die Wehrpflicht, weil sie sich in unserem Lande bewährt hat. Sie ist und bleibt für uns ein hohes Gut, das nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden darf.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU Jörg van Essen [F.D.P.]: Gilt das auch für Schleswig-Holstein?)

    - Ja, auch.
    Meine Damen und Herren, die fehlenden Haushaltsmittel haben auch für die Soldaten, ihre Motivation und ihre Ausbildung, gravierende Folgen. Die Wehrpflichtigen warten seit fünf Jahren auf eine Wehrsolderhöhung. Bezeichnenderweise hat die CDU vor, den Wehrsold ab Januar 1999 zu erhöhen. Das ist ein sehr durchsichtiges Ablenkungsmanöver,

    (Beifall der Abg. Ingrid Matthäus-Maier [SPD])

    das wir hier alle - auch die Bürgerinnen und Bürger, nicht nur auf der Tribüne in diesem Saal, sondern auch draußen im Land - durchschauen. Jetzt brauchen wir diese Wehrsolderhöhung für unsere Soldatinnen und Soldaten.

    (Beifall bei der SPD)

    Dies jedenfalls nehmen wir in unseren Antrag für die dritte Lesung wieder auf.
    Daneben ist es genauso wichtig, die Eingangsbesoldungsstufe für die Zeitsoldaten anzuheben; denn es kann nicht sein, daß das Eingangsamt beim Bundesgrenzschutz oder bei der Polizei mit A 5 oder A 7 besoldet wird und bei der Bundeswehr mit A 1.
    Ebenso wichtig ist für uns - wir haben sie auch diesmal leider ohne Erfolg beantragt - die Einführung der Feldwebellaufbahn. Wir wissen, daß diese Feldwebellaufbahn zirka 10 000 Schülerstellen erfordert. Dies ist aber dringend erforderlich; denn es kann nicht sein, daß die Ausbildung der jungen Unteroffiziere und Feldwebel zu Lasten der Truppe erfolgt, weil diese Auszubildenden auf Planstellen der Truppe sitzen und daher vor der Front fehlen.
    Bei den Unteroffiziersdienstposten sind, zumindest zeitweise, 50 Prozent der Dienstposten dadurch betroffen. Viele davon fehlen als Ausbilder im täglichen Dienstbetrieb. Welche Auswirkungen das Fehlen der
    Ausbilder haben kann, ist durch die Vorfälle von Schneeberg deutlich geworden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das Bataillon dort litt besonders unter dem Fehl von Unteroffizieren. Also war auch dies ein Grund dafür, daß es zu den rechtsradikalen Skandalvideos kommen konnte. Unsere alte Forderung nach Einführung der Feldwebellaufbahn ist also aktueller denn je.
    Kritisch ist in diesem Zusammenhang das Konzept zu betrachten, mit dem die Bundeswehr vor rechtsextremen Einflüssen geschützt werden soll. Mit diesem Bündel eilig zusammengetragener Maßnahmen soll zurückgewonnen werden, was politisch unachtsam verspielt worden ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Bundestag muß sich dieses Themas annehmen. Wir werden Ihnen im Verteidigungsausschuß dazu Gelegenheit geben.
    Ich fasse zusammen: Unter der CDU/CSU- und F.D.P.-Verantwortung wurde die Bundeswehr in eine der bedenklichsten Lagen in ihrer Geschichte gebracht. Verläßlichkeit der Planung ist in der Bundeswehr durch die Politik dieser Bundesregierung zu einem Fremdwort geworden. Der Heeresinspekteur hat recht: Fünf Jahre lang hat diese Regierung die Bundeswehr durch den Wolf gedreht. Die Folgen sind schlimm; denn das Planungs- und Finanzchaos demotiviert die Soldatinnen und Soldaten und die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und hat viele zur inneren Kündigung getrieben.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Die Materiallage ist katastrophal, eine Besserung ist nicht in Sicht. In der Ersatzteilkette fehlen mehr als 5000 Ersatzteile; 7000 Lkws des Heeres müssen einer planmäßigen Depotinstandsetzung, vor allem der Lenkungen und Bremsen, zugeführt werden - so ein Vermerk des BMVg. Das Heer wird jedoch nur die Hälfte davon instand setzen lassen können. Die Mängelliste ließe sich fortsetzen, und so nehmen die Dinge durch diese unsolide Planung und die falschen Weichenstellungen der Bundesregierung ihren verhängnisvollen Lauf.
    Die SPD ist in ihrer Regierungszeit verantwortungsvoller mit der Bundeswehr umgegangen als diese Bundesregierung.

    (Beifall bei der SPD)

    Sozialdemokratische Verteidigungsminister haben die Bundeswehr zukunftsweisend reformiert. Sie haben durch ihre ehrliche und verläßliche Politik das Vertrauen der Soldaten und zivilen Mitarbeiter gewonnen und sie motivieren können. Die SPD ist auch heute die bessere Alternative für die Bundeswehr, weil sie reformfähig ist.

    (Jörg van Essen [F.D.P.]: Ach, das sehen die Soldaten ganz anders!)

    Die Reformen dieser Regierung sind an der Finanzlage zerbrochen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Walter Kolbow
    Heute heißt das Opfer Bundeswehr, morgen das ganze Land.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Wir lehnen den Verteidigungsetat dieser Bundesregierung aus tiefer Überzeugung ab.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Mein Gott, Walter!)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Kollege Austermann, CDU/CSU.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dietrich Austermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war ja zum Schluß wohl eher Würzburger Kleinkunstbühne, als daß man annehmen konnte, daß das ein ernsthafter Beitrag zur Haushaltsdebatte, insbesondere zum Verteidigungsetat, sein sollte.
    Der Kollege Kolbow hat eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die er dann aber für sich und auch für die Sozialdemokratie nicht beantwortet hat. Er hat weder die Frage beantwortet, welche Zielzahl an Soldaten und zivilen Mitarbeitern die Bundeswehr in Zukunft erwartet, noch, welche Konsequenzen das für Standorte und für die Ausführung von Übungen hat. Und obwohl er die Ausrüstung beklagt hat, stellt er keinen einzigen Antrag dahin gehend, die Ausrüstungssituation namhaft finanziell zu verbessern.

    (Karl Diller [SPD]: Was?)

    Er hat keine klare Aussage zu der Frage gemacht, wie die künftige Struktur tatsächlich aussehen soll. Da kam, wie immer bei den Sozialdemokraten: Wir setzen eine Strukturkommission ein,

    (Walter Kolbow [SPD]: Richtig!)

    die sich dann Gedanken machen soll. So geht das Ganze dann weiter.
    Sie können das auf jeden Bereich, den Sie angesprochen haben, übertragen - vom Eurofighter bis zu anderen Dingen. Ich will zum Thema Eurofighter wenig sagen, weil der Kollege Breuer darauf eingehen wird. Die entscheidende Frage ist doch, Herr Kollege Kolbow - die ja wohl auch die Arbeitsgruppe Luftverteidigung Ihrer Partei beantwortet hat und beantworten mußte -: Gibt es militärische Konstellationen, strategische Entwicklungen, Bedrohungspotentiale, die es angezeigt erscheinen lassen, in einer bestimmten Verteidigungssituation bestimmte Kampfmittel zu haben und diese einzusetzen? Das ist die erste Frage. Wenn ich das bejahe, muß ich die dafür erforderlichen Mittel und die erforderlichen Geräte bereitstellen. Nach unserer Meinung gehört der Eurofighter klar dazu. Ich füge hinzu: Er schlägt auch keine Schneise in den Verteidigungsetat.

    (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden Sie aber merken!)

    Wir stellen die erforderlichen Mittel bereit, um die Truppe so auszustatten, daß sie auch eine gute Zukunft hat.
    Wie beantworten Sie die folgenden Fragen: Brauchen wir eine starke, für vielfältige Aufgaben vorbereitete Armee? Wie umfangreich muß sie sein? Welche Waffen sollen in Zukunft zur Verfügung stehen? Wie ist die Position im internationalen Bündnis? Auf keine dieser vier Fragen haben Sie eine konkrete Antwort gegeben.

    (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie geben die Antwort von Anfang der 90er Jahre!)

    Wir haben gesagt: Ein Etat von 46,7 Milliarden DM mittelfristig, mit steigender Tendenz. Das heißt, daß der Personalbestand, so wie er jetzt vorgesehen ist, auf absehbare Zeit erhalten bleibt; das heißt, daß auch die Zahl der Standorte in der vorgesehenen Größenordnung auf absehbare Zeit erhalten bleibt; das heißt, daß auch in Zukunft Übungen weiter durchgeführt werden können, und das heißt, daß wir ein klares Ja zur Wehrpflicht aussprechen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies alles steckt hinter dieser konkreten Aussage zu den finanziellen Mitteln.
    Soviel auch zum Thema Personal. Man kann die finanzielle Ausstattung der Soldaten beklagen. Wenn man dann feststellt, daß über 50 Prozent der Mittel - rund 46 Milliarden DM - für Personal ausgegeben werden, dann wird man einsehen, daß das wohl nicht zu wenig sein kann und daß dann wohl kaum eine falsche Priorität gesetzt worden ist.
    Die Grünen mochten sich auf ihrem letzten Parteitag zu den Themen NATO und Wehrpflicht nicht äußern. Frau Kollegin Beer hat in dieser Frage eine ganz konkrete Auffassung. Sie ist sicher auch maßgebend für die Anträge gewesen, die Sie gestellt haben. In einem Antrag zum Haushalt fordern Sie quasi die Halbierung der Wehrpflichtzahlen. 60 000 Wehrpflichtige weniger heißt 120 Standorte weniger. Hinterher kommen die Ministerpräsidenten und beklagen, daß sie nicht in der Lage sind, die Probleme, die sich aus der Konversion ergeben, zu lösen.

    (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil sie mit dem Problem der Konversion alleingelassen werden!)

    Lafontaine war Ihnen in dieser Beziehung ein ganzes Stück voraus. Der Kollege Lamers hat vorhin darauf hingewiesen. Ich will das noch einmal in Erinnerung rufen. Es geht gelegentlich in der Politik auch um die Kraft von Visionen und um die Frage, inwieweit man Perspektiven entwickeln kann. Lafontaine verkündete im März 1990 mit dem ihm eigenen Wahrheitsanspruch:
    Es ist ein Irrtum, wenn der Bundeskanzler, wenn seine Berater glauben, daß das vereinte Deutschland in der NATO bleiben kann.
    Ihm pflichtete damals der Zweite, der Alles-odernichts-Kanzlerkandidat, mit der Aussage bei, Lafontaine habe exakt die Position der SPD vertreten. Die Zeiten wandeln sich, die Kandidaten offensichtlich nicht.

    Dietrich Austermann
    Polen, Tschechien und Ungarn wurden im Juli in Madrid eingeladen, Beitrittsverhandlungen mit dem Bündnis aufzunehmen. Der tschechische Präsident Václav Havel hat dies als Anerkennung des freien Willens der mitteleuropäischen Staaten, ihre Integration in Institutionen anzustreben, die Staaten mit gleichen Grundwerten miteinander verbinden, verstanden. Und er hat unterstrichen:
    Das nordatlantische Bündnis ist, wie die Erfahrungen der letzten Zeit zeigen, das am besten geeignete Mittel zur Gewährleistung der kollektiven Sicherheit unserer Werte. Die Tragödie auf dem Balkan hat uns vor Augen geführt, daß die euro-atlantischen Werte und insbesondere die Achtung der Menschenrechte, der Demokratie, der Rechtstaatlichkeit und der freien Marktwirtschaft von ihren Befürwortern auch verteidigt werden müssen.
    So Václav Havel, der tschechische Präsident.
    Bis heute gibt es bei den Grünen keine einheitliche Position zu friedenssichernden Bosnien-Einsätzen. Die Grünen humpeln hinterher. Polen, Tschechien und Ungarn wollen in die NATO, die Grünen wollen raus. Das muß man so deutlich sagen; das ist die Alternative im Bereich der Außenpolitik, auch in der personellen Konstellation, wie sie sich die Grünen für die Zukunft vorstellen.
    Die Grünen wollen in einem Antrag zu diesem Etat die Mittel für die Zusammenarbeit mit osteuropäischen Staaten im Verteidigungsbereich streichen. Auch das deutet darauf hin: Die Grünen wollen raus
    aus der NATO.
    Ich glaube, das ist der Grund, weshalb 62 Prozent der Bürger die Bündnisgrünen auf Bundesebene nicht für regierungsfähig halten. Angesichts der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist das eine klare Entscheidung.
    Zur Größe der Bundeswehr gibt es unterschiedliche Positionen. Ich sage dazu nur: Mit dem gleichen Argument, mit dem man sagt, daß sich 340 000 Armeeangehörige nicht notwendigerweise begründen lassen, kann man auch sagen, daß sich die Hälfte dieser Zahl nicht notwendigerweise begründen läßt. Entweder man glaubt daran, daß ein Staat, der seine Bürger schützt, verteidigungsfähig sein muß. Oder man tut das nicht; dann kommt man zu Ihrer Position, Frau Beer, die letztlich darin gipfelt, die Bundeswehr insgesamt abzulehnen.
    Noch etwas zur Größe der Bundeswehr: Ein direkter Vergleich zeigt, daß wir bezogen auf die Bevölkerungszahl eine der kleinsten Armeen Europas haben. Wer glaubt, daß das mit einer anderen als dieser Mischstruktur, nur mit Freiwilligen, ohne Wehrpflicht, zu machen ist, der muß sich die Frage gefallen lassen, ob diese Bundeswehr dann die gleichen Fähigkeiten haben soll.
    Entgegen den Äußerungen des Kollegen Kolbow wird in der Opposition - das betrifft auch die SPD - ständig am Thema Wehrpflicht gezündelt. Es ist noch keine Woche her, daß der Kollege Opel in Schleswig-Holstein einen Antrag für den Bundesparteitag der SPD, der in den nächsten Tagen stattfindet, vorgestellt hat, der von Landesvorstand und Landesausschuß nach zwei Jahren Debatte gebilligt worden ist.

    (Walter Kolbow [SPD]: Was meinen Sie, was auf dem CSU-Parteitag alles beantragt wurde?)

    Er hat es das Modernste genannt, was es an Sicherheitspolitik gebe. Mit dem Satz „Der Fortschritt kommt auch auf diesem Feld wieder aus dem Norden" stellt der Kollege Opel ein von ihm als historisch bezeichnetes Papier vor, nach dem schlichtweg die Wehrpflicht ausgesetzt und ein Teil der Wehrpflichtdurch Zeitsoldaten ersetzt werden soll.

    (Walter Kolbow [SPD]: Sagte der Kollege Opel!)

    Verbunden werden soll das mit einem freiwilligen gesellschaftlichen Dienst von drei bis acht Jahren mit Vergünstigung bei der anschließenden Berufsausbildung oder der Anstellung im öffentlichen Dienst.
    So viel Quatsch hat man selten gehört.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Soll das Fortschritt, soll das Reform sein? Ich kann nur sagen: Nehmen Sie den Kollegen Opel einmal zur Seite und erzählen Sie ihm etwas über Verteidigungspolitik.

    (Walter Kolbow [SPD]: Spricht der heute?)

    - Er spricht heute nicht. Es ist ja auch ganz interessant, daß er vor den Fernsehkameras nach draußen ständig zu bestimmten Themen redet, hier heute aber nicht reden darf.
    Der Kollege Opel rechnet natürlich nicht damit, daß dieser Antrag beschlossen wird.

    (Walter Kolbow [SPD]: Richtig!)

    Er sagt, es gebe eine Lösung, wie immer bei der SPD. Er geht davon aus, daß die Überlegungen als Material an eine Wehr- und Personalkommission überwiesen werden. Das ist halt die Art und Weise, wie Sie Ihre Aufgaben lösen.
    Lassen Sie mich etwas zum Thema „Bewaffnung der Bundeswehr" sagen. Die Diskussion erfolgt natürlich unter der Überschrift „Wie hältst du es mit dem Eurofighter?".