Rede von
Ina
Albowitz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die größten gesellschaftlichen Probleme, die Jugendliche zur Zeit haben, sind die Arbeitslosigkeit, die Situation auf dem Lehrstellenmarkt und die Hochschulmisere. Wer die Debatte vor gut einer Stunde in diesem Hause verfolgt hat, muß sich, glaube ich, auch fragen, was er daraus mitnimmt an konstruktiven Lösungsansätzen. Wir sollten uns gemeinsam darum bemühen, noch mehr dafür zu tun, um diese Mißstände zu bekämpfen. Wir sollten uns nichts vormachen: Das geht nicht von heute auf morgen, sondern braucht längerfristige Konzepte.
Mit dem Finger auf andere zeigen ist ganz einfach. Gemeinsam daran arbeiten ist schwierig. Ich glaube aber, daß wir das unseren Jugendlichen draußen schuldig sind. Egal, ob sie in der Hochschule, in der Schule, im Kindergarten oder wo auch immer sind: Sie erwarten das von uns. Eine Politik, die ernst genommen werden will, und Politiker, die ernst genommen werden wollen, sollten es sich nicht zu einfach machen.
Meine Damen und Herren, die Opposition hat heute schon den ganzen Tag von Allheilmitteln und von Verbesserungen gesprochen. Ich stelle nur fest, daß eine ganze Menge Luftblasen dabei waren, Herr Kollege Diller.
Ina Albowitz
- Doch, ich bleibe ernst, Frau Kollegin Fuchs. Aber ab und zu geht mein Temperament mit mir durch. Das muß ich dann auch sagen.
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- Ich rede nicht von der roten Nelke, und Sie sollten nicht von den Sonnenblumen reden. Im übrigen denke ich: Das Tuch ist hübsch. Mir jedenfalls gefällt es. Wenn uns das eint, dann ist das gut.
Meine Damen und Herren, die Opposition hat vor wenigen Wochen eine Ausbildungsplatzabgabe für junge Leute beschlossen, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben. Ich denke, das ist nicht der richtige Weg.
Sie wissen das auch ganz genau. Diese Abgabe würde keine einzige neue Lehrstelle schaffen. Das ist genau das gleiche wie bei der Schwerbehindertenabgabe.
Der richtige Ansatz liegt meines Erachtens ganz woanders. Unsere Ausbildung muß effektiver werden und sich dabei mehr als bisher an der betrieblichen Praxis orientieren. Abschlüsse sollten nicht erst am Ende einer Ausbildung stehen. Es wäre zum Beispiel hilfreich - das wissen alle Fachpolitiker -, einen kleinen Gesellenbrief zu etablieren, auf den man aufbauen könnte.
Eine solide Ausbildung erhöht die Chance, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Ausbildung und Arbeit schaffen Integration und helfen jungen Menschen, sich mit ihrer Gesellschaft zu identifizieren. Wir als Politiker müssen uns dann an die eigene Nase fassen,
wenn sich Jugendliche im politischen Raum zuwenig engagieren, weil sie sich durch die Politik zuwenig verstanden und vertreten fühlen. Junge Menschen überall in unserem Lande haben einen Anspruch auf Zukunftschancen. Dazu gehört es auch, die Rahmenbedingungen für Jugendliche insgesamt zu verbessern.
Diesem Ziel dient natürlich auch die Unterstützung der verschiedensten Jugendhilfeorganisationen aus dem Bundesjugendhilfeplan. Deswegen ist es für uns ganz wichtig, daß er stabil und verläßlich bleibt. Es wäre fatal, wenn von hier aus das falsche Signal gesendet würde. Frau Nolte, ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar, daß Sie sich auch persönlich des Bundesjugendhilfeplanes angenommen haben.
In der vergangenen Sitzungswoche haben wir uns intensiv mit der Jugendkriminalität auseinandergesetzt. Fast alle in diesem Hause waren sich einig, daß die gesamte Gesellschaft in der Verantwortung steht: Eltern, Lehrer, Jugendorganisationen, Politik, Wirtschaft und viele andere. Wir alle müssen gemeinsam an einem Strang ziehen.
Die allermeisten Jugendlichen lehnen kriminelles Verhalten ab. Aber ein junger Mensch, dem der Eintritt in das Erwerbsleben von Anfang an verweigert wird, wehrt sich zu Recht gegen eine Gesellschaft, die ihn nicht will.
Wenn wir an diesen Voraussetzungen gemeinsam arbeiten, wird auch die Jugendkriminalität, zumindest zum Teil, zurückgehen. Sie scheint mir ohnehin zur Zeit die Funktion eines Ersatzfeindbildes zu haben.
Als weiteren Punkt möchte ich aus dem Etat von Frau Nolte die Flüchtlingsarbeit hervorheben, zumal wir ihn während der Ausschußberatungen strittig beraten haben. 1998 wird sich die Bundesrepublik mit mehr als 22 Millionen bei IOM, der Internationalen Organisation für Wanderung, die mit dem UNHCR zusammenarbeitet, engagieren.
Dabei bildet das sogenannte REAG-Programm, das die freiwillige Rückkehr von ausländischen Asylbewerbern und Flüchtlingen unterstützt, den Schwerpunkt. Seit 1979 konnten 140 000 Personen mit Bundesmitteln in ihre Heimat zurückbegleitet werden. Volkswirtschaftlich gesehen führt das Programm zu ganz erheblichen Einsparungen bei den Sozialetats von Bund, Ländern und Kommunen.
Besonders wichtig aber ist das Spezialprogramm für Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien, denen damit eine schnelle und unbürokratische Rückkehr ermöglicht wird. Hierfür wurden im laufenden Jahr einschließlich Nachtragshaushalt 17 Millionen DM bereitgestellt und für den Haushalt 1998 etwa 14 Millionen DM, die für die Rückkehr von 52 000 Bosnien-Flüchtlingen ausreichen müßten.
- Wir werden es sehen, Frau Kollegin Klemmer. In diesem Jahr sind wir gut damit hingekommen. Wenn Sie auf Haushaltswahrheit und -klarheit Wert legen, dann wird sich das bestätigen, zumal Sie genau wissen, daß die Beschlüsse im Rahmen des Beantragungsverfahrens der Monate November, Dezember erst überjährig, im Januar und Februar des Folgejahres, zur Wirkung kommen.
Unsere Maxime heißt: effizienter und effektiver Mitteleinsatz. Das heißt, wir müssen - das ist überhaupt keine Frage - bis an die Grenzen dessen gehen, was wir in diesem Bereich ausschöpfen können.
Ina Albowitz
In vielen Bereichen ist es uns gelungen, unsere Möglichkeiten besser zu bündeln und finanzielle Streuverluste zu reduzieren. Diesem Ziel dient auch ein Gutachten, das der Haushaltsausschuß in Auftrag gegeben hat. Wir wollen klären, ob es wirklich sinnvoll ist, Sprachkurse für Spätaussiedler - ein Problem, was wir intensiv in diesem Haus diskutiert haben - aus sechs verschiedenen Etatpositionen und Einzeletats der Bundesregierung zu finanzieren. Die Vermutung liegt nahe, daß hier doppelt gemoppelt finanziert und gearbeitet wird. Das möchten wir abstellen.
Vielen Dank.