Rede von
Dr.
Jürgen
Rüttgers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Haushaltsplanberatungen sind - das wissen wir alle - ein schwieriges Stück Arbeit. Deshalb will ich meinen Beitrag beginnen mit einem Wort des Dankes für konstruktive Zusammenarbeit an die Mitglieder des Haushaltsausschusses, insbesondere an die Berichterstatter für den Einzelplan 30.
Daß Haushaltsnplaberatungen ein schwieriges Stück Arbeit sind, hat die Rede des Kollegen Schanz heute sehr klargemacht. Lieber Kollege Schanz, im Verlauf der Debatte ist deutlich geworden, daß man aufpassen muß, daß solche Debatten nicht ritualhaften Charakter annehmen.
Sie haben von seiten der SPD-Fraktion Anträge vorgelegt. Ich bin mir nicht ganz klar, mit welchem Inhalt. Zuerst belief sich das Volumen auf 449 Millionen DM; jetzt handelt es sich wohl, wenn ich das richtig mitbekommen habe, um 359 Millionen DM. Im Haushaltsausschuß haben Sie einmal für Anträge der Koalition gestimmt, in zweiter Lesung haben Sie dann dagegen gestimmt.
Ich will das alles gar nicht im einzelnen erläutern, sondern damit nur deutlich machen: Wenn man erst zustimmt und danach sagt, man habe das nicht so gemeint, sollte das zumindest vorsichtig stimmen und nicht dazu führen, daß man so starke Worte benutzt, wie Frau Bulmahn sie hier gefunden hat. Da muß man sich zunächst an die eigene Nase fassen.
Der Kollege Schanz, mit dem ich - wie mit den anderen Berichterstattern auch - sehr sachlich und sehr gut zusammenarbeite, hat gesagt, das Ganze müsse in eine andere Politik führen. Lieber Kollege Schanz, vielleicht haben Sie nicht so genau hingesehen: Diese „andere Politik" betreiben wir seitens der Bundesregierung im Bereich von Forschung und Bildung seit drei Jahren.
- Hören Sie gut zu:
Seit zwei Jahren steigen die Patentanmeldungen rapide. Pro Kopf der Bevölkerung wird in keinem anderen Land so viel Neues angemeldet wie hierzulande. In der Biotechnologie stehen die Deut-
Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers
schen mittlerweile weltweit auf Platz vier. In der Umwelttechnologie halten sie sowohl im Erfindungsreichtum als auch auf den Märkten eine glänzende Position. Die Kombination aus klassischen deutschen Stärken und neuer Technologie scheint sich zu bewähren, gerade auf den neuen Wachstumsmärkten. Besser statt billiger lautet das Erfolgsrezept.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was Sie gerade gehört haben, stammt nicht von mir. Ich habe aus der Dezember-Ausgabe des „manager-magazins" vorgelesen. Ich glaube, dieser Artikel macht sehr deutlich, daß in diesem Land viel mehr passiert, als hier in den Debatten von seiten der Opposition vorgetragen wird,
macht deutlich, daß viel mehr Innovationen möglich sind.
Von Reformstau keine Spur! Ich brauche nur die vielen Punkte zu erwähnen, auf die wir stolz sein können.
Stichwort Risikokapital: Alleine 1996 konnten über unser BTU-Programm Kapitalbeteiligungen in Höhe von rund 300 Millionen DM vermittelt werden. Das war eine Steigerung von 240 Prozent innerhalb von zwei Jahren. Inzwischen muß die Umsetzung einer Idee nicht mehr daran scheitern, daß kein Kapital für die Firmengründung vorhanden ist.
Stichwort Biotechnologie: Vor drei Jahren war in diesem Bereich absolute Sendepause. Heute sind wir das Land mit der weltweit größten Dynamik auf diesem Feld. Die Anzahl der Biotech-Firmen hat sich von 1995 auf 1996 verdoppelt, und sie wird sich - ich kann das sagen, obwohl das Jahr noch nicht zu Ende ist - von 1996 auf 1997 noch einmal verdoppeln. Forscher, die ins Ausland gegangen sind, kommen zurück; ausländische Firmen investieren wieder in Deutschland. Ich bin sicher, daß wir das von mir anvisierte Ziel erreichen, im Jahr 2000 die Nummer eins in Europa in der Biotechnologie zu sein.
Stichwort Multimedia: Mit dem Multimedia-Gesetz haben wir nicht nur die besten Rahmenbedingungen geschaffen, sondern in einer Vielzahl von konkreten Punkten - mit Hilfe einer auch im Haushalt 1998 berücksichtigten Investition in Höhe von fast 1 Milliarde DM - Anwendungsfelder erschlossen, sei es in der Telearbeit, sei es in der Telemedizin, sei es im Teleservice, sei es mit dem Projekt „Schulen ans Netz", sei es durch Ausschreibung des Seniorenpreises. Überall gibt es ganz konkrete Verbesserungen - vor allem zugunsten des Mittelstandes -, die man nicht einfach unter den Tisch fallen lassen sollte.
- Das tut Ihnen natürlich weh, das weiß ich.
Sie haben jahrelang gesagt: Es passiert nichts in bezug auf die Solarenergie. Jetzt plötzlich werden in Deutschland zwei Fabriken für die Produktion von
Solarzellen mit einer Kapazität von 40 Megawatt errichtet. Deutschland wird damit an der Spitze der Produktion in der Welt liegen. Das ist viel mehr wert als Ihr 100 000-Dächer-Programm, das nur eine neue Subvention darstellt. Allein die von mir genannten 40 Megawatt reichen für 200 000 neue Dächer in Deutschland aus. Wenn das kein Erfolg ist, dann weiß ich nicht, worin erfolgreiche Forschungspolitik bestehen soll.
Ich könnte jetzt noch über das Meister-BAföG oder andere Dinge reden. Das sind alles erfolgreiche Projekte.
Ebenfalls wichtig finde ich - obwohl mir der Punkt noch ein wenig Sorge macht und wir, wie ich zugebe, noch nicht über den Berg sind -, daß wir es in diesem Jahr geschafft haben - das war ein schwieriges Stück Arbeit, und ich bin allen, die dazu beigetragen haben, sehr dankbar -, erstmals seit zwölf Jahren den Lehrstellenmarkt von den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt abzukoppeln. Wir haben es in diesem Jahr geschafft, die Zahl der Lehrstellen zu erhöhen, obwohl die Beschäftigungszahlen gesunken sind. Ich finde, das ist ein ganz wichtiges Signal für die jungen Menschen in unserem Land.
Das Thema dieser Tage ist - ich finde, mit Recht - die Hochschule. Die Debatte, wie sie jetzt eben geführt wurde, hat mich schon ein klein wenig verwundert. Glaubt denn irgend jemand in diesem Saal, daß irgendeiner der jungen Leute, die zum Beispiel eben vor meinem Ministerium demonstriert haben - ich war da -, Verständnis dafür hätte, daß wir jetzt eine wechselseitige Schuldzuweisung zwischen Bund und Ländern betreiben? Glaubt irgendeiner, wir würden Vertrauen in die Politik zurückgewinnen, wenn die Politik für die Hochschulen darin besteht, daß Vertreter der Länder immer sagen: Weil die Finanzpolitik in Bonn nicht nach unseren Vorstellungen gemacht wird, können wir keine Prioritäten setzen? - Jeder packe sich an seine eigene Nase; jeder tue das, was er kann.
Das ist es, was ich mit der Aktionspartnerschaft für die Hochschulen meine. Deshalb bin ich auch froh, daß die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen für sich in Anspruch nehmen können, seit Beginn dieser Legislaturperiode alles getan zu haben, was menschenmöglich war, um den Hochschulen zu helfen. 3,6 Milliarden DM für ein neues Hochschulsonderprogramm - das ist eine Zahl, die sich sehen lassen kann. Das ist ein Brocken, der in keinem anderen Bereich von seiten des Bundes für Maßnahmen, für die eigentlich die Länder zuständig sind, zusätzlich aufgebracht worden ist.