Rede von
Horst
Friedrich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Altmann, ich nehme zur Kenntnis, daß Ihnen anscheinend die von Ihnen soeben propagierte „0,8-Prozent-Grenze" für Alkohol etwas den Blick getrübt hat, so daß Sie nicht mehr unterscheiden konnten, was Gesetz und was Entschließungsantrag ist. Ich glaube, zumindest das sollte man noch auseinanderhalten. Darüber hinaus gewinnt man als Zuhörer dieser Debatte den Eindruck, es gehe nur um die Promille-Grenze. Daß mit diesen Gesetzeswerken eine der größten Revolutionen im Bereich des Straßenverkehrsrechts umgesetzt wird,
was die Führerscheinklassen, das Punktesystem, die MPU und auch die Fahranfänger betrifft, das ist bisher überhaupt nicht zur Sprache gekommen.
Im Hinblick auf die Zweite EU-Führerscheinrichtlinie wird nämlich einiges verändert. Es gibt zum einen eine Neubenennung der Führerscheinklassen. Diese neuen Namen wird jeder, der bei der Bundeswehr war, mit Sicherheit schon einmal gehört haben. Darüber hinaus wird - das ist wesentlich unter dem Aspekt der Sicherheit zu sehen, Frau Kollegin Ferner - ein neuer Anhängerführerschein eingeführt. Es wird der Unterschied zwischen Pkw und Lkw deutlich gemacht. Bisher war es ja möglich, mit einem Führerschein der Klasse 3, den man auf einem Kleinwagen gemacht hat, einen Lkw mit einem Gesamtgewicht bis zu 7,5 Tonnen plus Anhänger zu fahren.
- Ja, gut; wer keine Ahnung hat, sollte vielleicht auch nicht in bezug darauf, welche Probleme sich daraus ergeben, dazwischenrufen.
Es wird darüber hinaus festgelegt, daß ärztliche Wiederholungsuntersuchungen beim Führerschein ab Klasse Cl regelmäßig zu erfolgen haben und daß dieser Führerschein nur befristet erteilt wird. Das alles dient ausschließlich der Verkehrssicherheit und nichts anderem.
Ergänzend dazu wird das Punktesystem, das bisher ausschließlich als Bestrafungskriterium genommen wurde, um ein Bonussystem erweitert, um denen, die erkennen, daß ein bestimmtes Verhalten vielleicht gewisse Konsequenzen haben könnte, die Chance zu geben, ihr Punktekonto dadurch, daß sie sich freiwillig einer Nachschulung unterziehen, zu verringern. Nur unter diesen Bedingungen funktioniert das, und auch erst innerhalb bestimmter Toleranzgrenzen.
Es bleibt weiterhin dabei, daß jemand, der 18 Punkte erreicht hat, den Führerschein entzogen bekommt. Aber wir geben den Fahrern jetzt zumindest die Chance, daß sie sich vorher - ohne daß deswegen ein Gesetzeshüter einschreiten muß - besinnen und ihr Verhalten ändern. Auf dieses Thema sind Sie, Frau Altmann, gar nicht eingegangen, und die Kollegin Ferner ist darauf nur unter dem Aspekt eingegangen: Jetzt wird jemand, der rast, auch noch belohnt. Die Definition, was eigentlich Rasen ist, ist vielleicht des Schweißes der Edlen wert.
Zu den Fahranfängern. Es gibt mit Sicherheit zwei Möglichkeiten, wie man die in diesem Bereich bestehenden Probleme lösen kann. Wenn allerdings richtig ist - das ist bisher von niemandem widerlegt worden -, daß von allen Fahranfängern 10 Prozent in den ersten zwei Jahren auffällig werden und genau diese 10 Prozent in ihrem weiteren Fahrverhalten immer wieder auffällig werden, dann muß man doch zumindest einmal intensiv darüber nachdenken dürfen, warum man die anderen 90 Prozent mit einer Präventivstrafe, der Verdoppelung des Zeitraums für den Führerschein auf Probe, belegen soll, wenn diese 90 Prozent gar nicht auffällig werden. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Eine solche Regelung haben wir jetzt in das Gesetz hineingenommen. Man droht denen, die auffällig werden, automatisch die Verdoppelung des Zeitraums, in dem sie den Führerschein nur auf Probe erhalten, an, und sie haben dann die Pflicht zur Nachschulung. Ich glaube, das ist das entscheidende Erziehungsmittel.
Jetzt komme ich zur Promille-Grenze. Auch bei diesem Punkt versucht man, mit Nebelkerzen zu werfen. Wenn ich das im einzelnen beschreiben wollte, müßte ich fast ausfällig werden. Frau Kollegin
Horst Friedrich
Altmann stellt sich hier mit Tränen in den Augen hin und sagt,
daß die meisten Opfer Kinder sind. Das ist ja richtig. Nur, man muß hinzufügen, daß mehr als die Hälfte der getöteten Kinder im Auto der eigenen Eltern ums Leben kommt, und zwar nicht, weil die Eltern Alkohol getrunken haben, sondern weil die Kinder nicht angeschnallt waren. Das ist doch der entscheidende Punkt.
Die Debatte über die Promille-Grenze vernebelt die Fakten. Es ist nun einmal unwiderlegbar so, daß neun von zehn Unfällen jenseits von 0,8 Promille stattfinden; da ist die 0,8-Promille-Grenze gar nicht mehr relevant. 30 Prozent aller im Verkehr auffälligen Alkoholtäter weisen über 2 Promille auf.
Sie glauben doch wohl nicht tatsächlich, daß Sie diese Spezialspezies der sogenannten fahrenden Trinker damit erweichen können, wenn Sie jetzt die Grenze auf 0,5 Promille reduzieren, darauf hoffend, daß die sich dann vielleicht nicht an die 2 Promille herantrinken, sondern schon bei 1,5 stehenbleiben. Das ist doch schlicht und ergreifend jenseits jeglicher Realität.