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    Plenarprotokoll 13/200 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 200. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. Oktober 1997 Inhalt: Nachträgliche Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Peter Keller, Rudolf Seiters und Kurt Palis . . . 17997 A Erweiterung der Tagesordnung 17997 B Absetzung von Tagesordnungspunkten 17997 C Nachträgliche Ausschußüberweisungen 17997 D Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (Drucksache 13/8796) 17998 A b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (Drucksache 13/5358) . . . 17998 B c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Matthias Berninger, Andrea Fischer (Berlin), weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Hochschulrahmengesetzes (Drucksache 13/8824) 17998 B d) Antrag der Abgeordneten Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), Matthias Berninger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Reform der Personalstruktur an Hochschulen (Drucksache 13/6121) . 17998 C e) Antrag der Abgeordneten Dr. Ludwig Elm, Wolfgang Bierstédt, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Für offene, demokratische Hochschulen (Drucksache 13/8847) 17998 C Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 17998 D Edelgard Bulmahn SPD 18000 D Thomas Rachel CDU/CSU 18003 C Doris Odendahl SPD 18004 D Jörg Tauss SPD 18006 C Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18007 B, 18017 C Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F D.P. . . 18009 A Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D P. . . . 18010 A Dr. Ludwig Elm PDS 18011 D Klaus von Trotha, Minister (Baden-Württemberg) 18013 B Dr. Jürgen Zöllner, Minister (RheinlandPfalz) 18015 B Josef Hollerith CDU/CSU 18018 A Tilo Braune SPD 18019 D Tagesordnungspunkt 5: Beschlußempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses zu der Unterrichtung durch die Wehrbeauftragte: Jahresbericht 1996 (38. Bericht) (Drucksachen 13/7100, 13/8468) 18021 B Claire Marienfeld, Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages 18021 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 18023 A Uwe Göllner SPD 18025 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18027 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 18029 D Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 18031 D Paul Breuer CDU/CSU 18032 D Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18033 D Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . 18034 B Gerd Höfer SPD 18035 C, 18039 B Wolfgang Dehnel CDU/CSU 18038 D Gerhard Zwerenz PDS 18039 C Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . . . 18040 D Tagesordnungspunkt 21: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes und des Gesetzes über das Amtsgehalt der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts (Drucksache 13/7673) 18043 A b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (Drucksache 13/ 8282) 18043 A c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 5. Juni 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Bau einer Straßenbrücke über den Rhein zwischen Altenheim und Eschau (Drucksache 13/ 8686) 18043 A d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Unidroit-Übereinkommen vom 28. Mai 1988 über das internationale Factoring (Drucksache 13/ 8690) 18043 B e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. Oktober 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Saudi-Arabien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 13/8691) 18043 B f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 22. Dezember 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Aserbaidschanischen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 13/ 8692) 18043 B g) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. Mai 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kenia über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 13/8693) 18043 C h) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 25. Juni 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Georgien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 13/8694) 18043 C i) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 22. April 1996 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Aserbaidschan andererseits (Drucksache 13/8695) 18043 D j) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft vom 21. Juni 1996 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Usbekistan andererseits (Drucksache 13/8696) 18043 D k) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 28. November 1994 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits (Drucksache 13/8697) 18044 A 1) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 21. Februar 1997 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Lettland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 13/8698) . . 18044 A m) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. November 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Estland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 13/8699) . . 18044 A n) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. Februar 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Kuba über die Seeschiffahrt (Drucksache 13/ 8709) 18044 B o) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Raumfahrtaufgabenübertragungsgesetzes (Drucksache 13/8711) 18044 B p) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bauproduktengesetzes (Drucksache 13/8801) 18044 B q) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler (Drucksache 13/ 8850) 18044 C Zusatztagesordnungspunkt 6: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Antrag der Abgeordneten Amke Dietert-Scheuer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Festlegung eines Kontingents für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Erstzufluchtsländern (Drucksache 13/8812) 18044 C b) Antrag der Abgeordneten Christian Lenzer, Hans-Otto Schmiedeberg und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Karl-Hans Laermann und der Fraktion der F.D.P.: 5. Rahmenprogramm Forschung der EU mit strategischer Schwerpunktsetzung zur Überwindung von Innovationsdefiziten in Europa (Drucksache 13/ 8855) 18044 D Tagesordnungspunkt 22: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (Drucksachen 13/8668, 13/ 8862) 18045 A b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Ilse Janz, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD - zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Ulrike Höfken, Michaele Hustedt und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - zu der Großen Anfrage der Abgeordneten Peter Harry Carstensen (Nordstrand), Renate Blank, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Günther Bredehorn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P. Lage der Fischerei - zu dem Antrag der Abgeordneten Dietmar Schütz (Oldenburg), Ilse Janz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verbot der Treibnetzfischerei in der Europäischen Union - zu dem Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vorsorgeprinzip in der Fischerei verankern (Drucksachen 13/3621, 13/3634, 13/ 1633, 13/2583, 13/3044 (Berichtigung), 13/5775, 13/6057, 13/7846) 18045 B c) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zweiter Zwischenbericht der Unabhängigen Kommission Stellungnahme der Bundesregierung zum Zweiten Zwischenbericht der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Unabhän- gigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR (Erster Teilabschlußbericht) über das Vermögen der DDR-Parteien Christlich-Demokratische Union Deutschlands Demokratische Bauernpartei Deutschlands Liberal-Demokratische Partei Deutschlands National-Demokratische Partei Deutschlands und Stellungnahme der Bundesregierung - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR (Zweiter Teilabschlußbericht) über das Vermögen der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksachen 12/6515, 13/725 Nr. 14, 13/5376, 13/5377, 13/7981) 18046 A d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung des Europäischen Parlaments zur Regierungskonferenz - EuB EP 244 (Drucksachen 13/3306 Nr. 1.1, 13/8428) 18046 C e) Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 214 zu Petitionen (Bestandsrenten im Beitrittsgebiet) (Drucksache 13/7815) 18046 D f-h) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 249, 20 und 232 zu Petitionen (Drucksachen 13/8729, 13/8730, 13/8499) . . 18046 D Petra Bläss (Erklärung nach § 31 GO) . . 18047 A Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Fraktion der SPD: Europäischer Sondergipfel „Beschäftigung" am 21./22. November 1997 in Luxemburg (Drucksache 13/8747) 18047 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Christian Sterzing, Annelie Buntenbach und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Beschäftigung für Europa (Drucksache 13/8848) 18047 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Manfred Müller (Berlin), Hanns-Peter Hartmann, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Beschäftigungsgipfel der Europäischen Union in Luxemburg am 20. und 21. November 1997 (Drucksache 13/8849) 18048 A Günter Gloser SPD 18048 A Dr. Susanne Tiemann CDU/CSU . . . 18051 A Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . . 18052 C Christian Sterzing BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18052 D Dr. Helmut Haussmann F.D.P 18054 A Manfred Müller (Berlin) PDS 18056 A Friedrich Bohl, Bundesminister BK . . 18057 C Ottmar Schreiner SPD 18058 D Rudolf Meyer (Winsen) CDU/CSU . . 18061 D Detlev von Larcher SPD 18062 D Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Zukunft des Stromeinspeisungsgesetzes Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18063 D Gunnar Uldall CDU/CSU 18065 A Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD . . . 18066 B Paul K. Friedhoff F.D.P 18067 B Rolf Köhne PDS 18068 A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 18068 C Ursula Schönberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18069 D Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 18070 C Dr. Hermann Scheer SPD 18071 D Ulrich Petzold CDU/CSU 18072 D Georg Pfannenstein SPD 18073 C Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU 18074 D Ulrike Mehl SPD 18075 D Kurt-Dieter Grill CDU/CSU 18076 D Tagesordnungspunkt 6: a) Bericht des Innenausschusses gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung - zu dem Antrag der Abgeordneten Cern Özdemir, Kerstin Müller (Köln) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mindestkriterien für eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, Hermann Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erleichterung der Einbürgerung unter Hinnahme der doppelten Staatsangehörigkeit - zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts (Drucksachen 13/3657, 13/259, 13/2833, 13/8836) 18077 D b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch Kinder ausländischer Eltern (Drucksache 13/8157) 18078 A Meinrad Belle CDU/CSU 18078 B Dr. Willfried Penner SPD 18079 B Otto Schily SPD 18079C, 18086 D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . 18080 A Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . . 18080 B Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18082 B Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. 18083 C, 18087 D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18084 C Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . 18085 A Dr. Gregor Gysi PDS 18085 B, 18087 B Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI . 18086 A, 18087C, 18088 A Leyla Onur SPD 18086 C Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18088 A Gerhard Bökel, Staatsminister (Hessen) 18088 C Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (zur GO) 18090 C Erwin Marschewski CDU/CSU (zur GO) 18090 D Dr. Max Stadler F.D.P. (zur GO) 18091 B Brigitte Baumeister CDU/CSU (zur GO) 18091 D Tagesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Begleitgesetzes zum Telekommunikationsgesetz (Drucksachen 13/8016, 13/8453, 13/8776, 13/8797) . 18092 B Elmar Müller (Kirchheim) CDU/CSU . 18092 D Arne Börnsen (Ritterhude) SPD 18093 D Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18095 B Dr. Max Stadler F D P. 18096 B Gerhard Jüttemann PDS 18097 C Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär BMPT 18098 B Tagesordnungspunkt 8: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau - zu dem Antrag der Abgeordneten Achim Großmann, Angelika Mertens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Städtebauförderung als wichtiges Investitionsinstrument erhalten und ausbauen - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr.-Ing. Dietmar Kansy, Peter Götz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Hildebrecht Braun (Augsburg), Horst Friedrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Städtebauförderung - neue Schwerpunkte und Perspektiven - zu dem Antrag der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Helmut Wilhelm (Amberg), Oswald Metzger, Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Städtebauförderung als gemeinschaftliche Aufgabe erhalten und verstärken (Drucksachen 13/4761, 13/5960, 13/ 6491, 13/7830) 18099 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Franziska EichstädtBohlig, Werner Schulz (Berlin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Fördergebietsdarlehen für die Erneuerung des Wohnungsbestandes ostdeutscher Eigentümer und für Bauinvestitionen ostdeutscher Gewerbetreibender (Drucksachen 13/5000, 13/7292) 18100 A Peter Götz CDU/CSU 18100 B Volkmar Schultz (Köln) SPD 18102 A Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 18103 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18104 B Klaus-Jürgen Warnick PDS 18105 B Tagesordnungspunkt 9: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung - zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit (Drucksachen 13/5226, 13/6402, 13/ 8006) 18106 C Margarete Späte CDU/CSU 18106 D Gabriele Iwersen SPD 18108 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18110 D Lisa Peters F.D.P. 18111 C Klaus-Jürgen Warnick PDS 18112 C Tagesordnungspunkt 10: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Rindfleischetikettierungsgesetzes (Drucksachen 13/8052, 13/8837) 18113 D Peter Bleser CDU/CSU 18113 D Jella Teuchner SPD 18115 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18117 B Ulrich Heinrich F D P. 18118 A Dr. Günther Maleuda PDS 18118 D Tagesordnungspunkt 11: a) Antrag der Abgeordneten Angelika Beer, Amke Dietert-Scheuer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine HermesBürgschaften für Algerien (Drucksache 13/8639) 18119 C b) Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Angelika Köster-Loßack, Amke Dietert-Scheuer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Friedensinitiative für Algerien (Drucksachen 13/8572, 13/8860) 18119 C c) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Amke Dietert-Scheuer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aussetzung des Rückübernahmeabkommens mit Algerien (Drucksachen 13/8037, 13/8868) . . . 18119 D d) Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses - zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Eine kohärente Mittelmeerpolitik der Europäischen Union - zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Weiterentwicklung der Mittelmeerpolitik der Europäischen Union - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Angelika Köster-Loßack, Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Demokratische, ökologische und soziale Prioritäten bei der Vertiefung der Mittelmeerpolitik der Europäischen Union (Drucksachen 13/4868, 13/4581, 13/ 4843, 13/7871) 18119 D Dr. Andreas Schockenhoff CDU/CSU . 18120 B Dagmar Schmidt (Meschede) SPD . . 18122 A Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18123 C Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . 18125A, 18128 B Amke Dietert-Scheuer BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18126 A Steffen Tippach PDS . . 18126C, 18128C, 18132 C Freimut Duve SPD 18126 D Amke Dietert-Scheuer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18127 C Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . 18128 D, 18132 D Erich G. Fritz CDU/CSU 18130 D Dr. Christoph Zöpel SPD 18132 D Tagesordnungspunkt 12: Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses - zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Francke (Hamburg), Karl Lamers und der Fraktion der CDU/ CSU, der Abgeordneten Dr. Eberhard Brecht, Freimut Duve und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Ulrich Irmer, Dr. Irmgard Schwaetzer und der Fraktion der F.D.P.: Lage der Kosovo-Albaner - zu dem Antrag der Abgeordneten Gerd Poppe, Amke Dietert-Scheuer, Dr. Angelika Köster-Loßack und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Lage der Albaner im Kosovo (Drucksachen 13/5705, 13/5752, 13/8563) 18135 B Klaus Francke (Hamburg) CDU/CSU . . 18135 C Dr. Eberhard Brecht SPD 18137 A Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18138 B Ulrich Irmer F.D.P 18139 B Dr. Willibald Jacob PDS 18140 B Helmut Schäfer, Staatsminister AA . . 18141 A Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18142 A Dr. Eberhard Brecht SPD 18142 C Tagesordnungspunkt 13: a) Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg, Brigitte Adler, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rückstände von Tierarzneimitteln in Lebensmitteln (Drucksachen 13/6596, 13/8372) 18143 A Tagesordnungspunkt 14: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (Drucksache 13/ 8805) 18143 A Tagesordnungspunkt 15: Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Manuel Kiper, Simone Probst und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Förderung von Forschung und Entwicklung in der Informationstechnik (Drucksachen 13/7225, 13/8636) . . 18143 C Nächste Sitzung 18143 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 18145* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (Große Anfrage: Rückstände von Tierarzneimitteln in Lebensmitteln) Dr. Wolfgang Wodarg SPD 18145* B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18147* D Ulrich Heinrich F D P. 18148* A Dr. Günther Maleuda PDS 18148* D Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 18149* B Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 14 (Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes) Dr. Wolf Bauer CDU/CSU 18150* B Horst Schmidbauer (Nürnberg) SPD . 18151* A Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18152* C Dr. Dieter Thomae F.D.P 18153* B Dr. Günther Maleuda PDS 18153* D Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 18154* B Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 15 (Große Anfrage zur Förderung von Forschung und Entwicklung in der Informationstechnik) Dr. Michael Meister CDU/CSU 18155* B Jörg Tauss SPD 18156* B Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18158* B Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. . 18160* B Wolfgang Bierstedt PDS 18161* A Elke Wülfing, Parl. Staatssekretärin BMBF 18161* C 200. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. Oktober 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Anlage 4 Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 30. 10.97 90/DIE GRÜNEN Frick, Gisela F.D.P. 30. 10. 97 Dr. Fuchs, Ruth PDS 30. 10. 97 Geiger, Michaela CDU/CSU 30. 10. 97 Hanewinckel, Christel SPD 30. 10. 97 Hempelmann, Rolf SPD 30. 10. 97 Heyne, Kristin BÜNDNIS 30. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Homburger, Birgit F.D.P. 30. 10. 97 Dr. Hornhues, Karl-Heinz CDU/CSU 30. 10.97 Hovermann, Eike SPD 30. 10. 97 Kurzhals, Christine SPD 30. 10. 97 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 30. 10.97 Lotz, Erika SPD 30. 10. 97 Mante, Winfried SPD 30. 10. 97 Marx, Dorle SPD 30. 10. 97 Dr. Mayer CDU/CSU 30. 10. 97 (Siegertsbrunn), Martin Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 30. 10. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 30. 10. 97 Reschke, Otto SPD 30. 10. 97 Rupprecht, Marlene SPD 30. 10. 97 Schild, Horst SPD 30. 10. 97 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 30. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Seiters, Rudolf CDU/CSU 30. 10. 97 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 30. 10.97 Vosen, Josef SPD 30. 10.97 Graf von Waldburg-Zeil, CDU/CSU 30. 10. 97 Alois Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (Große Anfrage: Rückstände von Tierarzneimitteln in Lebensmitteln) Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Vor 14 Tagen fand in Berlin im Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin eine Tagung der WHO statt, die sehr gut zum heutigen Thema paßt. Es ging der WHO und den anwesenden Wissenschaftlern um die Folgen der Anwendung von Antibiotika bei lebensmittelliefernden Tieren. Wir freuen uns, daß der Bundesgesundheitsminister als Gastgeber sein Interesse an dieser Thematik signalisiert hat, und würden uns freuen, wenn auch der Landwirtschaftsminister dieses Thema aktiv aufgreifen würde. In Berlin wurde über eine erschreckende Entwicklung der Lebensmittelproduktion in vielen Ländern der Welt berichtet. Katastrophale Zustände in der Tiermast, mangelnde Hygiene und tierquälerische Produktionsmethoden führen in vielen Ländern zu einem verantwortungslosen Umgang mit Tiermedikamenten. Aber es gab auch neue positive Erfahrungen, die Hoffnung machen und die Perspektiven für die Zukunft aufzeigen können. Wenn es um Tierarzneimittel geht, denken viele zuerst an die Rückstände dieser Arzneimittel in unseren Lebensmitteln. Diese wurden leider auch immer wieder nachgewiesen und haben mit Recht zu Schlagzeilen in der Presse geführt. Hier gebührt den Amtstierärzten und den Landesveterinären großer Dank für ihre nicht immer ungefährliche Arbeit. Nehmen Sie einmal einem Bullen eine Blutprobe ab! Die in den aufwendigen Rückstandskontrollen der Länder festgestellten Arzneimittelreste sind zum großen Teil toxisch oder sogar krebserzeugend und erbgutschädigend. Solche Stoffe haben in Lebensmitteln nichts zu suchen. Trotz dieser auch im BgVV gesammelten Befunde mußte die Bundesregierung in den letzten Jahren immer wieder durch parlamentarische Nachfragen und Initiativen zum Jagen getragen werden. Selbst wenn es nur galt, EU-Regelungen umzusetzen oder die Zulassungen gefährlicher Medikamente zurückzunehmen, ließ sie sich und den Pharmaunternehmen immer wieder sehr viel Zeit. Das hat nicht gerade zu Vertrauen und Sicherheit bei Verbraucherinnen und Verbrauchern und Öffentlichkeit geführt und war deshalb auch schädlich für das Image unserer Landwirtschaft. Selbst beim erbgutschädigenden und krebserzeugenden Chloramphenicol hat sich das zuständige Bundesamt fast zwei Jahre geziert, die EU-Bestimmungen konsequent durchzusetzen. Noch ein Beispiel für den industriefreundlichen Langmut der Seehoferschen Bundesbehörde: Metronidazol ist ein antibiotisch wirksamer Stoff, der auch beim Menschen wegen seines Krebsrisikos nur noch mit Einschränkungen verwendet werden darf. Vor ihm hatte das Bundesgesundheitsamt schon im Jahr 1993 gewarnt. Dieses Medikament hatte unter anderem bei 50 Prozent der Versuchstiere Brustkrebs erzeugt. Trotzdem durfte das Mittel als Futterbestandteil bis zum Frühjahr diesen Jahres. Puten und Schweinen tonnenweise in die Tröge geschüttet werden. Wie viele der tragischen Brustkrebstfälle in Deutschland auf dieses Medikament zurückzuführen sind, weiß kein Mensch. Die Bundesregierung ist in vielen Fällen erst auf Drängen der Opposition tätig geworden oder hat erst reagiert, wenn findige Journalisten ihr öffentlich Vorwürfe machten. Dabei handelte es sich bei der toxischen Wirkung von Lebensmittelrückständen nur um eines der vielen Risiken in der Lebensmittelproduktion, die den Verbrauchern von der Bundesregierung immer wieder zugemutet werden. Ein weiterer Aspekt tritt jetzt - wie auch bei der WHO-Tagung in Berlin sehr deutlich wurde - in den Vordergrund: Es ist die Resistenzentwicklung gegen Antibiotika bei Krankheitserregern, die inzwischen nicht nur den Tier- und Menschenärzten, sondern einer breiten Öffentlichkeit zunehmend Sorgen macht. Was bedeutet dieser Fachbegriff praktisch? Er bedeutet, daß gefährliche Krankheitskeime, die zu Infektionskrankheiten bei Mensch oder Tier führen können, gegen die Wirkung von Antibiotika immun werden. Durch eine ungezielte Anwendung von Antibiotika, zum Beispiel in der Tiermast, werden nicht alle Krankheitskeime abgetötet. Einige - die widerstandsfähigsten - überleben und bleiben vermehrungsfähig. Das sind dann gerade die gefährlichsten, die Keime, denen das Antibiotikum nichts anhaben kann, die sogenannten resistenten Krankheitskeime, die sich dann ohne lästige Konkurrenz vermehren können. Sie werden durch die ungezielte und blinde Anwendung von Antibiotika geradezu herausgezüchtet. Sie alle haben sicher gelesen, daß seit Mitte der 80er Jahre neue Krankheitserreger zu Todesfällen bei Kindern und Erwachsenen geführt haben, gegen die wir derzeit machtlos sind. Dazu gehören zum Beispiel die sogenannten EHEC-Bakterien. Das sind Darmbakterien, auf die ein gefährliches ShigellenGen übergesprungen ist. Das heißt, hier haben sich normale Darmbewohner umgewandelt und inzwischen bei Tier und Mensch weit verbreitet, die sehr gefährlich sind. Sie sind etwa so gefährlich wie die Shigellen selbst. Das waren die Erreger der Ruhr, die in schlechteren Zeiten auch in Deutschland Tausende von Todesopfern gefordert hat. Auch bei EHEC reichen 50 Bakterien für eine Infektion aus. Für eine Infektion beispielsweise mit Salmonellen ist dagegen die über tausendfache Bakteriendosis erforderlich. Wie konnte es zu diesen neuen und gefährlichen Krankheitserregern kommen? Ursache sind wahrscheinlich - das haben wir gerade im Gesundheitsausschuß von Vertretern des BgVV hören können - Milieuveränderungen im Darm von Tieren. Diese Milieuveränderungen, wurde mir auf Nachfrage bestätigt, sind mit großer Wahrscheinlichkeit die Folge eines unverantwortlichen, großflächigen und unkritischen Mißbrauchs von Antibiotika im Tierfutter. Die Fachleute der WHO und anderer wissenschaftlicher Gremien sind sich einig: Nur durch ein neues Hygiene-Management und einen weitgehenden Verzicht auf die gefährlichen Fütterungsarzneimittel kann hier weiterem Elend vorgebeugt werden. Dem widersprechen höchstens noch einige Wissenschaftler, die in Lohn und Brot bei der Pharmaindustrie stehen. Eine weitere Folge des unverantwortlichen Umganges mit antiinfektiösen Stoffen in der Tiermast ist folgende: Immer wieder werden Patienten mit Infektionen in Krankenhäusern eingeliefert und müssen dort trotz aller ärztlichen Bemühungen sterben, weil die sonst so segensreichen Antibiotika keine Wirkung mehr zeigen. Das kommt daher, daß die gleichen oder daß chemisch ähnliche Antibiotika beim Menschen wie beim Tier angewandt werden. Dagegen wäre eigentlich nichts zu sagen: Auch Tiere müssen, wenn sie krank sind, wirksam behandelt werden. In der Praxis sieht aber alles ganz anders aus. Antibiotisch wirksame Substanzen werden tonnenweise und ohne vorherige Wirksamkeitsprüfung dem Futter zugemischt. Für die Chinolone und Makrolide gilt dieses leider auch in Deutschland immer noch, obwohl Vertreter dieser Gruppen auch in der Humanmedizin als wichtige Reservemedikamente benötigt werden. Ein anderes auch für Menschen lebensrettendes Antibiotikum, das Vancomycin wurde mit verheerenden Folgen bis Anfang 1996 dem Tierfutter beigemischt. Und obwohl das für den Menschen wichtige Tetracyclin nur bis 1975 als Futterzusatz erlaubt war und seither nur noch von Tierärzten verordnet in den Futtertrog durfte, nahmen die Resistenzen gegenüber diesem wichtigen Antibiotikum auch noch in den 90er Jahren zu, und zwar in den alten Bundesländern um 50 Prozent und in den neuen Bundesländern sogar um 400 Prozent. Wer sich also freut, daß nur noch so wenig Arzneimittel gefüttert werden dürfen, der hat sich zu früh gefreut. Das sind ja nur die Arzneimittel, die dem Futter ohne tierärztliches Mitwirken beigemischt werden durften bzw. dürfen. Es gibt nämlich eine weitere Gruppe von Antibiotika, und die ist erheblich größer: Es handelt sich um die sogenannten Fütterungsarzneimittel. Das sind solche Stoffe, die nur mit Zutun des Tierarztes in den Futtertrog oder in die Tränke gelangen dürfen. Auch das wäre ja in Ordnung. Irgendwie müssen so einem armen kranken Schwein oder Truthahn die Medikamente ja zugeführt werden. Die Praxis allerdings sieht viel brutaler aus: Hochwirksame Medikamente werden in großen Mengen auch an gesunde Tiere verfüttert - und das ist der eigentliche Skandal. Das ganze nennt sich dann „Prophylaxe" oder „Metaphylaxe" und bedeutet, daß besonders in der Massentierhaltung, wo die Tiere eng gepfercht stehen, ganze Bestände vorbeugend, ungezielt und regelmäßig mit Antibiotika gefüttert werden. Bei 5000 bis 30 000 Puten pro Bestand und einer Tierdichte von 40 bis 50 Kilogramm pro Quadratmeter ist die Gefahr einer Ansteckung von Tier zu Tier natürlich riesig. Ebenso riesig ist dort üblicherweise dann der Verbrauch - oder besser Mißbrauch - hochwirksamer Antibiotika. Hochwirksam sind diese nämlich nur solange, bis sich auch hier Resistenzen herausbilden. Das führt dann oft erst zu einer Dosissteigerung nach dem Motto „Viel hilft viel". Wenn auch das nicht mehr hilft, geht die Tragödie mit dem nächsten Antibiotikum von vorn los. Die Pharmaindustrie freut sich. Tierärzte in vielen Ländern der Welt machen dieses Elend mit, und das hat nachvollziehbare, aber nicht tolerable Gründe: Während der Verkauf dieser Arzneimittel in einigen Ländern sogar die einzige Einnahmequelle für Tierärzte ist, stellt sie für viele Veterinäre auch in Deutschland ein nicht zu unterschätzendes Zubrot dar. Kein Wunder, daß nur wenige Tierärzte diese Praxis öffentlich verurteilen. Die Antwort der Bundesregierung zur Großen Anfrage der SPD zeigt zur Gesamtproblematik der Verwendung von Tierarzneimitteln beschämende Defizite. Während die Landesveterinäre manchmal sogar unter Einsatz von Leben und Gesundheit Proben einsammeln und nach Rückständen forschen, muß die Bundesregierung zugeben, daß Deutschland eines der wenigen Länder ist, das keine Angaben über die in Verkehr gebrachten Stoffmengen machen kann. Die Bundesregierung hat bei der Industrie lediglich in Erfahrung gebracht, daß in Deutschland etwa 803 Millionen DM für Tierarzneimittel ausgegeben werden und daß etwa 230 Millionen DM für antiinfektiöse Substanzen ausgegeben werden. Sie hat aber keine Ahnung, welche Stoffe in welchen Mengen dafür gekauft und in deutschen Ställen verwendet werden. Dabei wäre das so einfach herauszufinden. Dafür ist keine neue Bürokratie erforderlich. Es wäre völlig ausreichend, Hersteller und Händler zu verpflichten, die in den Verkehr gebrachten Substanzen zu melden. Die Hersteller haben ohnehin in ihren Karteien alle deutschen Tierärzte gespeichert und wissen, welcher Tierarzt welche Mengen von welchem Stoff geordert hat. Es wäre ein leichtes für die Bundesregierung, durch eine gesetzliche Regelung hier mehr Transparenz für diejenigen zu schaffen, die in den Landesveterinärämtern in der Verantwortung stehen. Auf der WHO-Tagung in Berlin wurde es deutlich: Deutschland ist eines der wenigen Länder, die nicht wissen, wie viele Antibiotika bei ihnen verfüttert werden. Es ist eine Verschwendung von Ressourcen, wenn die Bundesregierung nicht endlich Klarheit auf der Input-Seite schafft und die Landesuntersuchungsämter deshalb weiter im dunkeln tappen müssen. Aus diesem Grunde fordern wir auch im Interesse der Länder und als Grundlage eines effizienten Verbraucherschutzes einen regelmäßigen Bericht der Bundesregierung über Menge und Art der in Deutschland angewandten Tierarzneimittel. Wir fordern außerdem, daß Antibiotika, die als unverzichtbare Waffe im Kampf gegen menschliche Erkrankungen benötigt werden, aus dem Tierfutter - ob mit oder ohne Tierarzt - verschwinden. Und jetzt das Wichtigste: Wir fordern, daß die modernen Erkenntnisse der Tierhygiene endlich auch in Deutschland zur Anwendung kommen. Nicht die chemische Keule, sondern vernünftige Haltungsbedingungen - auch für lebensmittelliefernde Tiere - sind überfällig. Die Skandinavier haben in Berlin sehr eindrucksvoll von ihren positiven Erfahrungen berichtet. In Schweden sind Fütterungsarzneimittel seit 1986 verboten. Der Gesamtverbrauch von Antibiotika bei lebensmittelliefernden Tieren konnte in Schweden bereits wenige Jahre danach massiv gesenkt werden. Das spart Kosten, das führt zu artgerechteren Haltungsbedingungen und damit auch zu einer besseren Qualität der Lebensmittel. Es ist aber auch eine wichtige Voraussetzung dafür, daß lebenswichtige Medikamente für den Menschen nicht wirkungslos werden und damit eine - wie es die Bundesregierung in ihrer Antwort selbst befürchtet - postantibiotische Ära droht. Auch minimiert ein vernünftiges Hygienemanagement die Gefahr von neuen gefährlichen Krankheitserregern wie EHEC oder anderen toxischen Varianten. Es gibt also durchaus neue Perspektiven im Bereich der Lebensmittelproduktion, die gesundheitsverträglich sind. Die Skandinavier zeigen uns, daß durch ein vernünftiges Hygienemanagement auch kostengünstige, gesunde Lebensmittel hergestellt werden können. Auch die Pharmaindustrie muß durch eine solche Umstellung nicht Not leiden. Ihre Dienstleistung heißt dann in Zukunft eben nicht: „Möglichst viel Antibiotika verkaufen", sondern kann vielmehr daraus bestehen, den Erzeugern zu helfen, eine hygienisch verbesserte Tierhaltung zu etablieren, die den Einsatz von Antibiotika überflüssig macht. Das schafft neue Arbeitsplätze, schafft neue Tätigkeitsfelder und könnte ein Exportschlager werden. Die SPD-Fraktion hat vorgeschlagen, diese neuen Perspektiven, ebenso wie die geschilderten Risiken, in einem Expertengespräch näher zu durchleuchten und die dort gewonnenen Erkenntnisse in anstehende neue gesetzliche Regelungen einfließen zu lassen. Wir glauben, daß das in unser aller Interesse sein muß und wünschen uns nicht nur Verständnis bei den Kolleginnen und Kollegen der Koalition, die für Gesundheit zuständig sind, sondern besonders auch bei jenen, die Verantwortung für unsere Landwirtschaft tragen. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Durch die heutige Praxis des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung sind Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen zu befürchten. Der übermäßige Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin, aber auch Rückstände aus der Tierproduktion verursachen Resistenzen. Es droht die Gefahr, daß unsere wichtigsten Arzneimittel ihre Wirksamkeit einbüßen. Diese Einschätzung bestätigt sogar die Pharmaindustrie. Antibiotika werden heute in der Tierhaltung auf zwei Ebenen eingesetzt: einerseits in der Krankheitsbekämpfung, andererseits aber auch im Mastleistungsbereich, um mehr Fleisch zu produzieren. Im Gegensatz zu Arzneimitteln besteht beim Einsatz von Masthilfsmitteln (Leistungsförderer) keine Kontrolle durch den Tierarzt und keine Nachweispflicht von Rückständen im Fleisch. In den letzten Jahren ist es wiederholt zu Rückstandsproblemen gekommen, in deren Folge bestimmte gesundheitsgefährdende Stoffe verboten wurden. Dabei spielten nicht nur Resistenzen, sondern auch krebserregende und mutagene Wirkungen eine Rolle. Bündnis 90/Die Grünen sind der Auffassung, daß Antibiotika in Form von Masthilfsmitteln im Tierfutter nichts zu suchen haben und die Risiken für die menschliche Gesundheit in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Wir fordern daher ein europaweites Anwendungsverbot für antibakteriell wirksame Zusatzstoffe, deren Wirkstoffe Gesundheitsgefährdungen beim Menschen verursachen. Dieser Auffassung hat sich gestern der Ernährungs- und Agrarausschuß des Bundestages einstimmig angeschlossen. Bündnis 90/Die Grünen fordern ein Sicherheitskonzept, wonach Antibiotika, die als „Lebensretter" in der Humanmedizin eingesetzt werden, nicht mehr in der Tierhaltung angewendet werden. Dringend notwendig ist die Einführung von Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln und die Intensivierung amtstierärztlicher Kontrollen auf Antibiotikarückstände. Mit dem heutigen Tag ist die Auseinandersetzung um den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung nicht beendet, sondern wird mit der Debatte um die konkreten Anträge zur Verringerung dieses Einsatzes von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD in den nächsten Wochen fortgesetzt. Auch in den Ausschüssen werden wir darauf drängen, daß die Beratung mit Experten forgesetzt wird. Ulrich Heinrich (F.D.P.): Das heute zu debattierende Thema „Rückstände von Tierarzneimitteln in Lebensmitteln" hat durch das internationale Seminar der Weltgesundheitsorganisation, WHO, in diesem Monat in Berlin ganz besondere Aktualität erhalten. Viele der dort von den Experten genannten Forderungen und Anregungen werden von der F.D.P. ausdrücklich begrüßt. Insbesondere gilt dies für die folgenden Empfehlungen zur Vermeidung von Resistenzentwicklungen: Antibiotika müssen vor ihrer Vermarktung grundsätzlich einen umfangreichen Zulassungsprozeß durchlaufen, der auch Fragen der möglichen Resistenzbildung beinhaltet. Antibiotika sollten nicht ungenügendes landwirtschaftliches management in der Tierhaltung kompensieren. Umsichtiger Umgang mit diesen Stoffen ist Teil guter landwirtschaftlicher Praxis. Hygienische Maßnahmen bei der Gewinnung und Verarbeitung von tierischen Lebensmitteln müssen der Vervielfältigung und Übertragung von Resistenzen entgegen wirken. Auf Länderebene wird eine sorgfältige Überwachung der Zulassungsbestimmungen, des Vertriebs und der Anwendung gefordert. Als Mitglied einer landwirtschaftlichen Erzeugergemeinschaft verzichte ich im eigenen Betrieb freiwillig auf jeglichen Einsatz von sogenannten Leistungsförderern. Dieses kleine Beispiel unterstreicht: Wir sind in der Praxis längst viel weiter, als die SPD mit ihrer Großen Anfrage oder Bündnis 90/Die Grünen mit ihren Anträgen den Bürgern einreden wollen. Allerdings versuchen wir nicht, das insbesondere durch die BSE-Krise losgetretene Mißtrauen der Verbraucher durch eine „Antibiotika-Debatte" noch weiter zu schüren. Wir tun alles, um das Vertrauen in die Qualität und gesundheitliche Unbedenklichkeit der heimischen Lebensmittel wieder herzustellen. Daß wir den vorsorgenden Verbraucher- und Gesundheitsschutz sehr ernst nehmen, zeigt die konsequente Vorgehensweise der Bundesrepublik bei Avoparcin. In der Vergangenheit sind mehrfach Fälle über den mißbräuchlichen Einsatz von Tierarzneimitteln bekanntgeworden. Um es klipp und klar zu sagen: Derartige Gesetzesverstöße sind nicht hinnehmbar; gegen die Verursacher muß konsequent vorgegangen werden. Hier müssen wir hart bleiben. Trotzdem sollten wir darauf achten, nicht das Kinde mit dem Bade auszuschütten. Tierschutz und die Wirtschaftlichkeit der Tierhaltung erfordern, kranke Tiere zu behandeln bzw. Krankheiten zu verhüten. Dazu sind Tierarzneimittel unverzichtbar. Zur Therapie von bakteriellen Infektionen, vor allem im Jungtieralter, werden antibiotische Wirkstoffe benötigt. Antibiotisch wirksame Substanzen können in niedrigen Dosierungen als Leistungsförderer Wachstum und Leistung der Tiere positiv beeinflussen. Die Futterverwertung wird verbessert und die Menge der tierischen Ausscheidungen kann verringert werden. Diese Fakten gilt es gerade im internationalen Wettbewerb um die besten Standortbedingungen im Auge zu behalten. Zur Vermutung, daß Resistenzen aus der Tierhaltung auf den Menschen übertragen werden können und dort Antibiotika zur „stumpfen Waffe" werden lassen, gibt es nach wie vor keine stichhaltigen wissenschaftlichen Beweise. Es handelt sich hier insbesondere um ein überwiegend hausgemachtes Problem der Humanmedizin. Dort - und eben nicht in der Landwirtschaft - erfolgte viel zu lange eine sehr intensive, breite Anwendung von Antibiotika in der Therapie. Dr. Günther Maleuda (PDS): Der gesundheitliche Verbraucherschutz bei Lebensmitteln gehört zu den wichtigsten Aufgaben der primären Prävention beim Menschen. Die hier zur Beratung anstehende Große Anfrage der SPD-Fraktion befaßt sich in diesem Zusammenhang mit dem zunehmend wichtigen Problem der Rückstände von Tierarzneimitteln in Lebensmitteln. Angesichts der heute bei Zucht und Mast in großem Umfang eingesetzten Tierarzneimittel bzw. entsprechender Futtermittelzusatzstoffe wächst die Gefahr, daß krebserzeugende, erbgutschädigende oder andere gesundheitsbeeinträchtigende Substanzen in zunehmendem Maße in die menschliche Nahrung gelangen. Bei Antibiotika kommt hinzu, daß neben der zum Teil unkritischen Verordnung in der Humanmedizin auch ihre massenhafte Verwendung als Leistungsförderer bzw. prophylaktisch verabreichte Tierarzneimittel als wesentliche Ursache der wachsenden Erregerresistenzen gilt. Namhafte Mediziner haben in letzter Zeit immer besorgter darauf hingewiesen, daß die bei Infektionskrankheiten von Menschen eingesetzten Antibiotika zunehmend wirkungslos sind, da sie auf inzwischen resistent gewordene Keime treffen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf aktuelle Meldungen in „Agra-Europe" vom 27. Oktober 1997. Vor diesem Hintergrund sind verantwortliches gesetzgeberisches Handeln auf der europäischen ebenso wie auf der nationalen Ebene sowie eine wirksame Überwachung des Praxisgeschehens dringlicher denn je. Die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der SPD zeigt, daß sie nicht gewillt ist, sich dieser Herausforderung in notwendiger Weise zu stellen. Die gegenwärtigen Mißstände werden entweder geleugnet oder bagatellisiert. Es ist doch paradox, wenn es vorkommen kann, daß die gleichen Substanzen, die als Arzneien für den Einsatz bei Tieren verboten werden, als Futtermittelzusatz weiter Verwendung finden. Einmal bestimmt darüber der Gesundheitsminister, im anderen Fall der Landwirtschaftsminister. Solcher Kompetenzwirrwarr, verbunden mit unübersichtlicher Vielfalt gesetzlicher Bestimmungen, erschwert natürlich von vornherein zielgerichtetes und rationelles Handeln. Andererseits fehlt es am elementarsten. So kann die Bundesregierung kaum Angaben darüber machen, welche Wirkstoffe in welchen Mengen überhaupt ins Tierfutter gelangen. Die für die Kontrollen vor Ort, insbesondere auch für die Rückstandskontrollen zuständigen Landesbehörden sind in ihrer Wirksamkeit deutlich eingeschränkt. Auch ihnen wurden - wie bekanntlich generell den Einrichtungen der Öffentlichen Gesundheitspflege - zunehmend die dafür erforderlichen Mittel gestrichen. Der wirkliche Handlungsbedarf allerdings geht inzwischen weit über die Korrektur von Fehlentwicklungen hinaus. Längst ist es notwendig, von der Verwendung antibakteriell wirksamer Futterzusatzstoffe generell wegzukommen. Auch der routinemäßige prophylaktische oder metaphylaktische Antibiotika-Einsatz als Tierarzneimittel ist - abgesehen von klar begründeten Ausnahmefällen - nicht mehr zu rechtfertigen. Werden Antibiotika bei Tieren therapeutisch angewandt, müssen heute Erregercharakterisierung und Resistenzprüfungen ebenso zum Standard gehören wie in der Humanmedizin. Mit anderen Worten: Die übergreifende Aufgabe lautet, die Anwendung von Antibiotika und anderer pharmakologisch wirksamer Stoffe in der Tierhaltung endlich wieder auf das unerläßliche Maß zurückzuführen. Vor dem Hintergrund der Katastrophe mit HIV-verseuchten Blutprodukten sowie der jüngsten BSE-Geschehnisse drängt sich angesichts der unbefriedigenden Antworten der Bundesregierung erneut die Frage auf: Was muß in diesem Lande eigentlich noch passieren, damit der gesundheitliche Verbraucherschutz der Bevölkerung endlich den notwendigen Vorrang vor den jeweiligen industriellen und agrarischen Wirtschaftsinteressen erhält? Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Die Regeln im Bundestag sind streng. Ich habe nur fünf Minuten Zeit, mich zu einem Thema zu äußern, das uns alle zu einer erhöhten Wachsamkeit zwingt: die wachsende Zahl von Resistenzen gegen Antibiotika, also die wirksamsten Waffen gegen lebensbedrohliche bakterielle Infektionen. Es gibt zwar keinen Grund, von einem Rückfall in die antibiotische Steinzeit oder einer Wiederkehr der Seuchen zu sprechen, wie das gelegentlich schon in Tageszeitungen geschieht. Aber wir haben allen Anlaß, solche Alarmmeldungen, die ja nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus vielen anderen Staaten kommen, sehr ernst zu nehmen. Und dazu gehört es zuallererst einmal, nach den Ursachen für die wachsenden Resistenzen gegen solche Arzneimittel zu fragen. Einige sind bekannt. Es gibt aber auch nach wie vor Fragen, die wir nicht hundertprozentig beantworten können. Fest steht zum Beispiel, daß der Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin nicht immer so erfolgt, wie das medizinisch sinnvoll und zielgerichtet notwendig ist. Penizillin gegen Grippe muß jedenfalls nicht sein. Und das Motto „Viel hilft viel" ist ebenfalls kein guter Ratgeber. Es kommt auf die richtige Dosierung mit angemessenen Medikamenten in einer ebenso angemessenen Zeitspanne an. Hier bleiben die Ärzte zu einer sachgerechten Verschreibung von Antibiotika aufgefordert. Zu den Ursachen steigender Resistenzentwicklung wird immer öfter auch der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung gezählt. Mehr als die Hälfte der weltweiten Produktion antimikrobieller Substanzen wird in landwirtschaftlichen Betrieben verwendet. Sie werden dort nicht nur zur Infektionsbekämpfung bzw. -vorbeugung, sondern auch als sogenannte „Leistungsförderer" in der Tiermast eingesetzt. Allerdings sollte man sich angesichts dieser Dimensionen vor voreiligen Schlüssen hüten. Aber gerade weil wir über die Konsequenzen dieses Einsatzes noch zu wenig wissen, muß alles dafür getan werden, um hier so rasch wie möglich Forschungsergebnisse auf den Tisch zu bekommen. Das heißt im Klartext: Es ist unsere Aufgabe und Absicht, herauszufinden, welche Rolle den antibiotischen Futtermittelzusatzstoffen und den Tierarzneimitteln im Zusammenhang mit der steigenden Zahl von Antibiotikaresistenzen zukommt. Gerade weil dieses Thema internationale Bedeutung hat, ist es notwendig, ein Programm zur Beobachtung der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen europa- und weltweit zu entwickeln. Auf Initiative der Bundesregierung hat die Europäische Kommission deshalb zugesagt, ein solches Programm zu entwickeln. Gehandelt hat die Bundesregierung auch, um den illegalen Einsatz von Antibiotika in der Tiermast besser in den Griff zu bekommen. Der Entwurf des 7. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes enthält neue Regelungen für eine noch wirksamere Überwachung des Handels mit Rohstoffen für Tierarzneimittel. Darüber hinaus werden wir im Rahmen der Fortentwicklung des nationalen und des europäischen Rechts alles daran setzen, um zu einem zurückhaltenden und verantwortungsbewußten Umgang mit Tierarzneimitteln und antimikrobiellen Futtermittelzusatzstoffen zu gelangen. Das heißt für Tierarzneimittel unter anderem: Wir werden uns in Europa für eine Harmonisierung der Verschreibungspflicht und der Vertriebswege einsetzen. Wir werden auf europäischer Ebene auch darauf hinwirken, daß die nach EU-Recht bereits vorgeschriebene Überprüfung aller Futtermittelzusatzstoffe auf der Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse so rasch wie möglich abgeschlossen wird. In den letzten Tagen habe ich immer mehr den Eindruck gewonnen, daß es einen weitgehenden Konsens zwischen allen Fraktionen über die Maßnahmen gibt, die wir mit besonderem Nachdruck durchführen müssen. Ich würde es deshalb sehr begrüßen, wenn dieser Konsens bei den weiteren Beratungen auch zu einem Ergebnis führt, das wir gemeinsam tragen können. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 14 (Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes) Dr. Wolf Bauer (CDU/CSU): Zur Zeit stehen zwei Änderungen des Arzneimittelgesetzes an: erstens eine siebte Novelle, die uns als Gesetzentwurf der Bundesregierung vorliegt und heute in erster Lesung beraten wird, und zweitens eine achte Novelle, die als Referentenentwurf erstellt ist und zur Stellungnahme an die Bundesressorts, Länder und Verbände versandt worden ist. Bei der siebten Novelle handelt es sich ausschließlich um die Umsetzung von Richtlinien der EG und Anpassung des Arzneimittelgesetzes an Verordnungen der EG. So ist durch EU-Verordnungen und -Richtlinien in den Jahren 1993 bis 1995 ein zentrales Zulassungsverfahren für technologisch hochwertige Arzneimittel bei der Europäischen Arzneimittelagentur in London und ein dezentrales Zulassungsverfahren für den breiten Arzneimittelmarkt bei den Zulassungsbehörden der Mitgliedstaaten festgelegt worden. Die wichtigsten Punkte der siebten Novelle sind: Erstens. Der Antragsteller muß im Zulassungsverfahren der deutschen Behörde laufende, abgeschlossene oder gescheiterte Anträge auf Zulassung für Arzneimittel in anderen Staaten mitteilen. Zweitens. Die deutsche Zulassungsbehörde erstellt auf Antrag eines pharmazeutischen Unternehmers einen Beurteilungsbericht zu einem Arzneimittel, der Grundlage für die Anerkennung der deutschen Zulassungsentscheidung durch andere Mitgliedstaaten ist. Drittens. Die deutsche Zulassungsbehörde erkennt grundsätzlich die Zulassungsentscheidung anderer EU-Behörden an, es sei denn, daß das im Ausnahmefall nicht möglich ist, weil eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit gesehen wird. Viertens. Werden Meinungsverschiedenheiten zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten über die Anerkennung einer Arzneimittelzulassung in einem Schiedsverfahren geschlichtet, sind die Entscheidungen in allen Mitgliedstaaten verbindlich umzusetzen. Damit die Anpassung an europäisches Recht so schnell wie möglich erfolgen kann, ist es sinnvoll, den gesamten Komplex in einer eigenen Novelle zu behandeln. Unstrittig ist, daß es auch in anderen Bereichen dringenden Handlungsbedarf gibt; ich denke hier vor allem an ein Verbot von Doping, das dringend gesetzlich geregelt werden muß. Der Einsatz von Arzneimitteln zu Dopingzwecken ist aufs schärfste zu verurteilen und mit allen Mitteln zu bekämpfen. Deshalb ist auch in der achten Novelle des Arzneimittelgesetzes in § 5 ein Verbot vorgesehen: ein Verbot, Arzneimittel zu Dopingzwecken bei Menschen in den Verkehr zu bringen, zu verschreiben oder bei anderen anzuwenden. Eine entsprechende Strafbewehrung hierzu findet sich in § 95. Wichtig ist, daß von einer klaren Definition des Begriffs Doping ausgegangen wird. Abgrenzungsschwierigkeiten zum legalen Einsatz entsprechender Arzneimittel dürfen nicht aufkommen, denn auch zu illegalen Dopingzwecken eingesetzte Arzneimittel haben fest umrissene medizinische Indikationen, in denen sie zugelassen worden sind. Durch eine klare Definition des Begriffs Doping muß verhindert werden, daß es möglicherweise zu einer undifferenzierten Verurteilung derartiger therapeutischer Maßnahmen kommt. Weiterer Handlungsbedarf besteht auch in bezug auf das Arzneimittelhaftungsrecht, das dringend fortentwickelt werden muß - und das noch in dieser Legislaturperiode. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Sitzung des Gesundheitsausschusses am 1. Oktober d.J. und den Tagesordnungspunkt „Umsetzung der Empfehlung des 3. Untersuchungsausschusses der 12. Wahlperiode im Bereich der Arzneimittelhaftung und des Schmerzensgeldes". In den Redebeiträgen aller Fraktionen war die Forderung nach einer umgehenden Lösung dieses ernsthaften Problems unüberhörbar. Eine Beurteilung der siebten Novelle des AMG ist auch vor dem Hintergrund der Standortfrage Bundesrepublik Deutschland zu sehen. Die pharmazeutische Industrie hat im letzten Jahr über 120 000 Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt bzw. gesichert. Allein der Export umfaßte 17 Milliarden DM. Im Hinblick auf die Sicherung des Standortes Deutschland ist es erforderlich, die siebte Novelle des AMG in der weiteren Bearbeitung daraufhin zu untersuchen, ob sie nicht mit zuviel bürokratischen und über den EU-Bedarf hinausgehenden Regelungen befrachtet ist. Prognos zum Beispiel sieht sowohl in den zu langen Entwicklungszeiten für Arzneimittel als auch in den zu langen Zulassungsverfahren einen der wesentlichen Gründe für den Rückgang der Innovationskraft deutscher Pharmaunternehmen. Angesichts der immer komplexeren Entwicklung neuer Arzneimittel müssen sich die Zulassungsbehörden mehr noch als bisher als Partner der pharmazeutischen Industrie verstehen. Nur so können sie ihrer Aufgabe gerecht werden, einerseits Patienten vor potentiellen Arzneimittelrisiken bestmöglichst und schnellstmöglichst zu schützen und andererseits Patienten die Chance zu eröffnen, möglichst frühzeitig an therapeutischen Innovationen teilzuhaben. Horst Schmidbauer (Nürnberg) (SPD): Freude oder gar Begeisterung für das neue Regelwerk kommt nicht auf; kommt auch nicht auf bei Patienten, nicht auf beim Verbraucher. Die Bundesregierung behauptet, daß das deutsche Arzneimittelrecht an europäisches Recht angepaßt werden muß. Richtig, aber die Bundesregierung verschweigt geflissentlich, daß damit auch die Sicherheitsstandards in der Bundesrepublik herabgesetzt werden können. Bei der Variante 2, die der neu zu schaffende § 25 AMG eröffnet, wird dies möglich. Auf bequemen Wegen können die höheren Sicherheitsstandards der Bundesrepublik bei der Zulassung unterlaufen werden. Was bedeutet dies für die Praxis, wenn ein Unternehmen sein Produkt aus Angst vor Mängelanalysen nicht in Berlin und nicht bei der europäischen Behörde zulassen will? Das Unternehmen kann es sich nun aussuchen, wohin es sich in Europa wendet. Nach Portugal oder Griechenland, weil da die behördliche Kompetenz geringer ist? Ein problemloser Umgehungsweg. Was danach kommt, hat mit dem sogenannten schlanken Staat nichts zu tun. Doppelarbeit und Kostenschub sind vorprogrammiert - aber nicht bei der Industrie, sondern beim BfArM in Berlin. Bei der Übernahme der Zulassung für den deutschen Markt muß dann nicht mehr der Unternehmer den Nachweis von Sicherheit und Wirksamkeit nach dem deutschen Standard führen. Die Beweislast liegt beim bundesdeutschen Institut. Man kann es noch klarer sagen: Das deutsche AMG wird ausgehebelt. Dazu ein Beispiel: Sie alle erinnern sich an die stürmische Auseinandersetzung um die Antibabypillen. Zur Gefahrenabwehr sprach im November 1995 das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Anwendungsbeschränkung für die Pillen der dritten Generation aus. Diese Entscheidung - keine Pille der dritten Generation für Frauen unter 30 und Erstverwenderinnen - blieb zwar hinter den Erfordernissen zurück. Trotzdem ein Lob für das BfArM: Mit dieser Schutzmaßnahme ging das Amt weit über andere europäische Länder hinaus. Dort können diese Pillen verschrieben werden trotz des verdoppelten Thromboserisikos für Frauen - immerhin 100 Thrombosen und 2 Todesfälle zusätzlich pro Jahr bezogen auf 1 Million Frauen. Obwohl gerade aus England die richtigen Erkenntnisse, die Warnungen an Deutschland gelangten, sah die europäische Zulassungsagentur (CPMP) überhaupt keinen Anlaß einzugreifen. Trotz der umfangreichen epidemiologischen, inzwischen auch molekular-biologisch fundierten Daten, die der Fachwelt komplett vorliegen, will das CPMP „noch mehr Beweise", um seine Untätigkeit zu kaschieren. Einen europäischen Gesundheitsschutz für diese Pillen der dritten Generation gibt es nicht. Wenn dieser Aushöhlungsprozess des AMG seine Wirkung zeigt, gerät das BfArM in Zukunft in Beweisnot. Aber die Beweisnot allein ist es nicht. Beweisnot ist eng mit Geldnot verbunden. Die Beweise, die das BfArM in diesem Fall führen konnte, waren nicht auf deutsche Arbeiten bzw. Studien des BfArM zurückzuführen, sondern auf Studien aus Großbritannien und der WHO. Fachleute sagen, daß eine solche Studie nicht unter 1 Million DM zu haben ist. Wer sich den Haushalt des Berliner Instituts ansieht, wird fragen, woher das Geld nehmen und nicht stehlen. Kein Geld, kein Beweis. Also wird ein zahnloses BfArM in Kauf genommen. Wenn diese 7. Änderung des AMG schon für den Verbraucher nichts bringt, stellt sich die Frage: Bringt sie denn etwas für die Industrie? Kurzsichtig betrachtet, könnte man dies denken. Genauer hingesehen, führt die Absenkung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards nicht zu einem Fortschritt, sondern zu einem Rückschritt. Der Pharmastandort steht im internationalen Wettbewerb. Die Meßlatte für Qualitätsstandards auf den großen Märkten wird von der FDA und nicht von der EU formuliert. Der Stempel BfArM wird damit an Wert verlieren. Auch der Bundesregierung sollte langsam klar werden, daß Qualitätsstandards immer auch Standortfaktoren sind. Diesen nationalen und internationalen Herausforderungen wird man mit SchmalspurAMGs nicht gerecht. Die Kraft und die Kompetenz, eine wirkliche AMG-Novelle vorzulegen, eine Novelle, die diesen Namen auch verdient, hat diese Regierung nicht. Dabei besteht dringender Handlungsbedarf. Diesem Handlungsbedarf wird aber auch die Entschließung des Bundesrates nicht gerecht, in der zu lesen ist: „bei der Nachzulassung die jahrzehntelangen therapeutischen Erfahrungen mit den betreffenden Arzneimitteln in der jeweiligen Therapierichtung stärker zu berücksichtigen sind" . Solche auch langjährigen Erfahrungen sagen nichts zur Sicherheit aus. Dies zeigt sich an der jetzt bekannten krebserzeugenden Wirkung von pflanzlichen Abführmitteln, die schon seit Jahrzehnten verwendet werden. Zugeständnisse von Entscheidungskompetenzen an selbst definierte „besondere Therapierichtungen" hebelt die wissenschaftliche Qualitätskontrolle in der Therapie aus, die auf fairem und offenen Wettbewerb der Ideen beruht. Dem wird die SPD-Bundestagsfraktion in keiner Weise Rechnung tragen. Wenn es aber einen akuten Handlungsbedarf gibt, der ein- deutig in den Komplex der 7. Änderung des AMG hineingehört, dann sind es Arzneimittelsicherheit und Verbraucherschutz durch die gegenseitige Wechselwirkung zwischen Tier- und Humanarzneimitteln. Mein Kollege Dr. Wodarg hat diese Aufgaben gerade eben dargestellt: Wenn Handlungsbedarf nicht nur gegeben, sondern längst überfällig ist, dann im Haftungsrecht. Seit drei Jahren ist eine Novelle des Haftungsrechts im AMG überfällig. Bis heute vermag die Bundesregierung nicht aufzuzeigen, wie nach Contergan und HIV-Blutprodukt bei einem erneuten Skandal Opfer vor einer nochmaligen praktischen Rechtlosigkeit bewahrt werden können. Mein Kollege Dr. Scheu hat es im Gesundheitsausschuß klar ausgesprochen: Wenn keine gesetzlichen Schritte erfolgen, dann sind Sie, meine Damen und Herren, Sie, meine Kolleginnen und Kollegen, dann ist das Parlament verantwortlich. Es geht nicht an, daß die Patienten über die Arzneimittelpreise die Versicherungsprämien und Prozeßkosten bezahlen, aber im Prozeßfall an einer Übermacht scheitern. Und diese Übermacht wird im Prozeßfall deutlich, wenn der Geschädigte im Prozeß den Pharmaunternehmen gegenübersteht, die sich die Sachverständigen leisten können, weil es letztlich ein Sachverständigenprozeß ist. Die vom Geschädigten gezahlten Arzneimittelpreise ermöglichen der Gegenseite mit x Professoren aufzutreten. Zur Erinnerung: Der Conterganprozeß war ein Prozeß mit 48 Professoren. Der einzelne Geschädigte, der einzelne Rechtsanwalt, der einen Arzneimittelschaden für den Patienten vertreten soll, steht dem weitgehend hilflos gegenüber. Hier muß der Rechtsstaat Antworten geben. Dazu liegen dem Parlament und der Bundesregierung seit drei Jahren die Empfehlungen des 3. Untersuchungsausschusses vor. Wir müssen dabei sehen, daß es hier um höherwertige Rechtsgüter geht. Wir müssen dafür sorgen, daß es eine Rechtsdurchsetzungsparität gibt. Wir möchten nicht die Individualhaftung ersetzen. Wir wollen die Individualhaftung effektiver machen. Dies schaffen wir durch eine Beweislastumkehr. Mit einer Beweislastumkehr werden wir dem Anspruch auf eine Rechtsdurchsetzungsparität gerecht. Die Beweislastumkehr würde nur greifen, wenn die Pflichten durch den Unternehmer nicht erfüllt sind. Die Beweislastumkehr würde nur dann greifen, wenn ein Unternehmen gegen die Sicherheitsgewährleistungspflicht des § 84 oder die erforderliche Informationspflicht verstößt. Zur Durchsetzungsparität im Rechtsstaat gehört auch eine Lösung für die Opfer bei unsicherer Kausalität. Dazu müßte eine Fondslösung geschaffen werden. Aus diesem Haftungsfonds können Unternehmen in ihrer Gänze, weil eine Zuordnung zu Einzelfällen nicht möglich ist, eine Schadensregulierung finanzieren. Und die letzte Forderung: Es muß auch einen Schmerzensgeldanspruch im AMG geben. Die Menschen dürfen nicht mehr, wie im Blut-AIDS-Skandal, mit Billiglösungen abgespeist werden, nur weil die Rechtsgrundlage dafür nicht geschaffen ist. Die Hoffnung, daß das Haftungsrecht in dieser Periode noch novelliert wird, habe ich noch nicht aufgegeben. Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Bundestag seiner Aufgabe nicht gerecht wird. Marina Steindor (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir beraten heute einen Gesetzentwurf zur Änderung des Arzneimittelgesetzes und des Lebensmittelrechts, der einem Gemischtwarenladen gleichkommt. Nachvollziehbar und notwendig sind die Angleichungen an das EU-Recht im Humanarznei- und Tierarzneimittelbereich. Die Rückstände an Tierarzneimitteln haben große gesundheitliche Bedeutung. Neben den hier angesprochenen werden wir in der nächsten Zeit auch die Problematik der Antibiotika debattieren müssen. Die Anträge sind eingebracht. Gleichwohl müssen eine Oppositionspolitikerin die Siegesmeldungen des BAHs stutzig machen, die in einer Ausgabe von Medikament und Meinung dargestellt worden sind. Dort wird berichtet, daß aufgrund des effektiven Lobbying des BAH der ursprünglich vorgesehene Versagungsgrund für die Erteilung der Herstellungserlaubnis „fehlende Zulassungsstimmigkeit" gestrichen wurde. Ich zitiere: „Der BAH hat sich entschieden gegen die Einführung dieses neuen Versagungsgrundes gewandt und vorgetragen, daß diese Neuregelung dazu führt, daß der Antragsteller seiner Verpflichtung, im Herstellungsverfahren die Herstellungserlaubnis vorzulegen, nicht nachkommen kann, da eine Herstellungserlaubnis erst im Nachhinein, nämlich nach Erteilung des Zulassungsbescheides, vorgelegt werden kann. Nunmehr sieht der Regierungsentwurf vor, daß Voraussetzung für die Erteilung der Herstellungserlaubnis eine Herstellung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik ist. " Es ist nicht auf den ersten Blick zu erkennen, was sich dahinter verbirgt und wird sicher noch Gegenstand weiterer Beratung. Im Arzneimittelbereich hat die Industrie im Augenblick überhaupt Oberwasser. Nachdem die Bundesregierung die Positivliste verhindert hat, stoppten Pharmafirmen im September mit gerichtlichen Verfügungen das Erscheinen des Arzneimittelreports. Seit 13 Jahren ist er regelmäßig von Krankenkassen, Ärzten und Apothekern und vom Wissenschaftlichen Institut der Ortskrankenkassen (WldO) herausgegeben worden. In dieser Woche hat die Ärzteschaft nur ein neues Taschenbuch „Arzneiverordnungen" vorgestellt. Diese von der deutschen Ärzteschaft herausgegebene Liste positiv bewerteter Arzneimittel soll für mehr Transparenz sorgen, eine komprimierte Darstellung rationaler Therapieprinzipien für die wichtigsten hausärztlichen Indikationen. Auch wenn es nicht Positivliste heißt, so erfüllt dieses Buch doch dieselbe Funktion. Ohne Liste findet sich doch kaum ein Arzt im zugelassenen Arzneimitteldschungel zurecht. Der Pharmaindustrie sind auch die Bonusregelungen, die zwischen einigen Kassenärztlichen Vereini- gungen mit den Krankenkassen vereinbart worden sind, ein Dorn im Auge. Es ist abzuwarten, bis sie auch hier einen juristischen Winkelzug entwickelt haben. Die Bundesregierung stellt sich viel zu wenig nicht dem eigentlichen Reformdruck, der im Arzneimittelbereich besteht, sondern beschränkt sich im vorliegenden Gesetzentwurf auf die wegen des EU-Rechts notwendigen Gesetzesänderungen. Bei Lektüre des Antrags gelangt man nach dem Sprung vom Humanarzneimittel zum Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz zu den Vorschlägen des Bundesrats. Die Änderungsvorschläge des Bundesrates machen auch den Reformstau deutlich. Regelungen zum Doping wären unbedingt notwendig. Die neuen Regelungen zur Nachzulassung sollen erst später kommen. Und wohl wissend, daß vier Länder rot-grün regiert werden, kann man die Bundesregierung nur beglückwünschen, daß sie nicht den Vorschlägen zur „ärztlichen Notfallanforderung " gefolgt sind. Und es ist ausdrücklich zu unterstützen, wenn die Bundesregierung diesem Ansinnen mit dem Verweis auf die, ich zitiere, „Gefahr einer erheblichen Ausweitung und mißbräuchlichen Antragstellung mitsichbringen. " Wegen der anderen Rechtssystematik der USA ist das US-Arzneirecht nicht auf unsere Verhältnisse übertragbar. Gentherapie sollte nach unserer Auffassung ganz anders geregelt werden, als vom Bundesrat vorgeschlagen. Dr. Dieter Thomae (F.D.P.): Mit der 7. Arzneimittelgesetznovelle wollen wir dafür sorgen, daß schnellstmöglich europäische Bestimmungen zur Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes für Arzneimittel an das deutsche Recht angepaßt werden. Wir haben uns ganz bewußt darauf beschränkt, in diesem Gesetz EU-Verordnungen und -Richtlinien umzusetzen, um sicherzustellen, daß dieses Gesetz ohne große Diskussionen auch vom Bundesrat akzeptiert wird und so die Fristen eingehalten werden können, um europäisches in nationales Recht zu transferieren. Es handelt sich insbesondere um eine Reihe von EG-Richtlinien und -Verordnungen im Zusammenhang mit der Einführung des zentralen Zulassungsverfahrens für hochtechnologische Arzneimittel. In erster Linie handelt es sich um biotechnologisch hergestellte Arzneimittel und Arzneimittel mit neuen Wirkprinzipien. Darüber hinaus wird das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung nationaler Zulassungsentscheidungen modifiziert. Die Verbindlichkeit von Zulassungsentscheidungen anderer EU-Staaten wird verstärkt, so daß die Anerkennung ausländischer Zulassungsentscheidungen anderer EU-Staaten zum Regelfall wird. Dies ist im Hinblick auf das Zusammenwachsen der Märkte in Europa eine vernünftige und sinnvolle Maßnahme. Die Gegenäußerungen des Bundesrates beziehen sich auch nicht auf diese unstrittigen Punkte, son-dem er stellt darüber hinaus zum Beispiel die Forderung auf, ein Verbot des Doping im Arzneimittelgesetz vorzusehen. Diese Anregung ist von uns bereits in der 8. Arzneimittelgesetznovelle, die wir demnächst in diesem Hause beraten werden, aufgenommen worden. Es scheint mir ein gemeinsames Anliegen aller Fraktionen zu sein, Menschen davor zu schützen, daß sie durch leichtsinnigen Gebrauch von Dopingmitteln geschädigt werden. Hier ist in den letzten Jahren insbesondere in Fitneßstudios und Bodybuildingcenters eine Grauzone entstanden, die nicht geduldet werden sollte, weil diese Dopingmittel eben nicht ungefährlich sind. Jeder, der solche Mittel abgibt, muß deshalb wissen, daß er sich strafbar macht Es gibt einen anderen Aspekt, den ich im Vorgriff auf die 8. AMG-Novelle gerne ansprechen möchte. Das ist der Versandhandel von Arzneimitteln. Arzneimittel sind gesundheitspolitisch äußerst sensible Produkte, die durch einen Apotheker abgegeben werden müssen. Es muß zumindest die Möglichkeit einer Beratung durch einen qualifizierten Fachmann gegeben sein. Versandhandel bedeutet statt dessen eine Bagatellisierung der Nebenwirkungen von Arzneimitteln. Das ist nicht in unserem Sinne. Es ist deshalb äußerst begrüßenswert, daß die 8. AMG-Novelle dies noch einmal klarstellt. Der Versandhandel ist zwar bereits heute durch die Apothekenbetriebsordnung verboten. Eine entsprechende Regelung im Gesetz hat jedoch einen höheren Verbindlichkeitscharakter und ist insbesondere auch wichtig, um gegen das Umwesen des Internet-Versandhandels ein Zeichen zu setzen. Dr. Günther Maleuda (PDS): Bei dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines 7. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes handelt es sich ganz überwiegend um Anpassungen des deutschen Rechtes an entsprechende EU-Bestimmungen. Nach seiner Verabschiedung werden neben dem zentralen Zulassungsverfahren bei der Europäischen Arzneimittelagentur in London auch dezentrale Zulassungen bei den entsprechenden Behörden der Mitgliedstaaten möglich sein. Da die deutsche Zulassungspraxis bisher im europäischen Vergleich nicht gerade als vorbildlich gelten konnte, dürfte sich daraus für den deutschen Verbraucher wohl keine Verschlechterung des bestehenden Niveaus der Arzneimittelsicherheit ergeben. Das heißt allerdings auch, daß dies bei Ländern mit einem ausgesprochen hohen Stand der Arzneimittelsicherheit, wie den Niederlanden oder den skandinavischen Staaten, durchaus etwas anders aussehen könnte. Positiv ist meines Erachtens zu werten, daß die Hersteller im Ergebnis der vorgesehenen Änderung des Paragraphen 22 nunmehr verpflichtet werden, der Zulassungsbehörde künftig auch negative Resultate vorangegangener Arzneimittelprüfungen mitzuteilen. In diesem Zusammenhang wäre es - weil transparenzfördernd - auch wünschenswert, wenn alle eingereichten Zulassungsunterlagen grundsätzlich auch der jeweiligen Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht würden. Dies ist bisher nicht der Fall und im vorliegenden Gesetz auch nicht vorgesehen. Was die Regelungen für jene Wirkstoffe betrifft, deren Anwendung bei lebensmittelliefernden Tieren EU-weit verboten ist, so erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die soeben behandelte Große Anfrage der SPD-Fraktion die Rechtslage in Deutschland für ausreichend. Zu trauen scheint sie ihrer eigenen Aussage jedoch nicht. Nur so läßt sich wohl erklären, daß mit dem vorliegenden siebten Änderungsgesetz jetzt vorgesehen ist, daß die Zulassung eines Stoffes, der seitens der EU verboten wurde, im Inland künftig automatisch erlischt, das heißt ohne einen speziellen Widerruf oder eine besondere Rücknahme durch die zuständige Bundesbehörde. Was die Vorschläge des Bundesrates betrifft, so ist die vorgesehene Aufnahme des Dopingverbotes ins Arzneimittelgesetz nur zu begrüßen. Dissonanz scheint hier wohl lediglich in bezug auf den zeitlichen Ablauf zu bestehen. Auch die Regierung hat dieses Ziel im Referentenentwurf für ein nächstes Änderungsgesetz des Arzneimittelgesetzes anvisiert. Allerdings würde ich dann auch die Aufnahme einer Definition des Begriffes „Doping" für sinnvoll und notwendig halten. Darüber hinaus enthält die Stellungnahme des Bundesrates neben formalen Präzisierungen weitere Verbesserungen im Detail. Dazu gehören beispielsweise das klarstellende Verbot auch der Verschreibung bedenklicher Arzneimittel oder die Erweiterung der Berufsgruppen, die als Stufenplan- und Informationsbeauftragter bzw. als Pharmaberater tätig werden können. Abschließend lassen Sie mich sagen: Die dringendste Aufgabe im Zusammenhang mit der Novellierung des Arzneimittelgesetzes wird allerdings erneut ausgeblendet. Es ist und bleibt ein Skandal, daß der vom Deutschen Bundestag vor nunmehr fast drei Jahren ergangene Auftrag zur Neuordnung des Arzneimittelhaftungsrechtes seitens der Bundesregierung auch mit dem Änderungsgesetz des Arzneimittelgesetzes nicht erfüllt wird. Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Der Entwurf eines 7. Änderungsgesetzes zum Arzneimittelgesetz ist nur dann verständlich, wenn man sich noch einmal in Erinnerung ruft, worum es bei dem Thema insgesamt geht. Es geht darum, auch im Arzneimittelbereich den Europäischen Binnenmarkt zu verwirklichen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Europäische Union ein sogenanntes zentrales Zulassungsverfahren bei der Europäischen Arzneimittelagentur in London und ein dezentrales Zulassungsverfahren bei den Zulassungsbehörden der Mitgliedstaaten geschaffen. Im zentralen Verfahren wird darüber entschieden, ob bestimmte hochtechnologische Arzneimittel gemeinschaftsweit zugelassen werden. Das dezentrale Verfahren betrifft den übrigen Arzneimittelmarkt. In diesem Verfahren werden auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung Arzneimittel in den einzelnen Mitgliedstaaten zugelassen. Jetzt geht es darum, das Arzneimittelgesetz an diese Zulassungsverfahren anzupassen. Man kann es auch so formulieren: Die Rechtslage, die sich aus dem ohnehin verbindlichen Gemeinschaftsrecht ergibt, muß jetzt für alle Betroffenen auch eindeutig im deutschen Recht verankert werden. Im Zusammenhang mit dem zentralen Zulassungsverfahren werden sich für das Arzneimittelgesetz folgende Anpassungen ergeben: 1. Die europäische Genehmigung für das Inverkehrbringen wird grundsätzlich wie eine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz behandelt. 2. Bestimmte Nebenwirkungen müssen vom pharmazeutischen Hersteller auch bei der Europäischen Arzneimittelagentur gemeldet werden. 3. Nationale Änderungen einer europäischen Zulassung sind nicht mehr möglich. 4. Die Bundesoberbehörden und die Überwachungsbehörden der Länder wenden europäische Verfahren an, wenn sie gegen Verstöße vorgehen müssen. Selbstverständlich bleiben autonome einzelstaatliche Sofortmaßnahmen in besonders dringenden Fällen auch weiter zulässig. Im dezentralen Verfahren bleibt die Entscheidung der deutschen Zulassungsbehörde grundsätzlich maßgeblich. Hier ergeben sich für das Arzneimittelgesetz im wesentlichen drei Veränderungen: 1. Die Zulassungsbehörde muß auf Antrag des pharmazeutischen Herstellers einen Beurteilungsbericht über das Arzneimittel erstellen. Er ist die Grundlage für die gegenseitige Anerkennung. 2. Der Anerkennungsgrundsatz im Arzneimittelgesetz wird verstärkt. In der Regel muß die Zulassung eines anderen Mitgliedstaates anerkannt werden. Eine Ausnahme ist nur dann möglich, wenn eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit nicht ausgeschlossen werden kann. Für diesen Ausnahmefall - und das ist die 3. Änderung im Arzneimittelgesetz - wird das Gesetz in Zukunft auf die Bestimmungen in den EG-Richtlinien verweisen, die sich mit der Behandlung solcher Konfliktfälle beschäftigen. Sollte es in solchen Ausnahmefällen eine europäische Entscheidung zur Streitschlichtung geben, muß diese Entscheidung umgesetzt werden. Die zuständige Bundesoberbehörde ist dazu verpflichtet. Für einen pharmazeutischen Unternehmer heißt das im Klartext: Er muß sich gut überlegen, ob sein Zulassungsantrag tatsächlich Aussicht auf Erfolg hat oder nicht. Diese Regelungen, die ich bisher angesprochen habe, gelten sowohl für die Human- als auch für Tier- arzneimittel. Daneben sieht der Gesetzentwurf weitere Verbesserungen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes im Tierarzneimittelbereich vor. Dabei geht es vor allem um einen noch wirksameren Schutz vor Rückständen von Tierarzneimitteln. Um das zu erreichen, sollen zum einen die Kontrollmöglichkeiten der Behörden verbessert werden, um zu verhindern, daß mit Tierarzneimitteln illegal gehandelt wird. Zum anderen sind Anzeigepflichten und Nachweispflichten für die Unternehmen vorgesehen, die mit Tierarzneimitteln handeln. Das sind die Kernelemente dieses Gesetzes. Wir sollten alles dafür tun, damit dieser Gesetzentwurf, der ein Stück europäische Integration weiter vorantreibt und im Interesse aller Verbraucher ist, so rasch wie möglich verabschiedet wird. Die vom Bundesrat geforderte Berücksichtigung weiterer Punkte sollte zunächst zurückgestellt werden. Eine ganze Reihe dieser Punkte soll dem Gesetzentwurf zum 8. Änderungsgesetz aufgegriffen werden und kann dann zum Beginn des kommenden Jahres hier im Deutschen Bundestag erörtert werden. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 15 (Große Anfrage zur Förderung von Forschung und Entwicklung in der Informationstechnik) Dr. Michael Meister (CDU/CSU): Bei der Lektüre dieser großen Anfrage muß sich der einigermaßen in der Diskussion über Forschung und Innovation bewanderte Leser doch verwundern: Der Antragsteller wirft sich selbst in die Pose des Motors von Fortschritt und Innovation, der von dieser Warte aus Defizite beklagt, bei der Ursachenforschung den Blick auf die eigene Verantwortung verweigert und sich vordergründig auf Kritik an der Politik der Bundesregierung beschränkt. Wir müssen im Tenor dieser großen Anfrage eine doppelte Spreizung von politischer Theorie und politischer Praxis feststellen. Einerseits kann man die Anfragesteller im allgemeinen ja nicht zu den Katalysatoren von Forschung und Technologie zählen. Dies haben wir bei den Debatten über die Kerntechnik, die Bio- und Gentechnik, den Transrapid und zuletzt bei der bemannten Raumfahrt erlebt. Auch die Informationstechnik steht unter diesem generellen Technikskeptizismus, wenn zuletzt noch im ersten Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft - Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft" die Orwellsche Vision des Überwachungsstaates beschworen wird und die Argumentation damit auf die frühen 80er Jahre zurückfällt. Andererseits hat die Bundesregierung gerade durch die Setzung der rechtlichen Rahmenbedingungen und durch die Initiierung von Leit- und Modellprojekten - „ Schulen ans Netz ", „Telearbeit für den Mittelstand" , „Innovationen für die Wissensgesellschaft" - wichtige Marksteine auf dem Wege in die Informationsgesellschaft gesetzt. Für die Durchsetzbarkeit von Technologien sind neben deren Verfügbarkeit drei weitere Bedingungen von zentraler Bedeutung: Erstens müssen die politischen Rahmenbedingungen stimmen. Diese hat die Bundesregierung mit dem Telekommunikationsgesetz und dem Informations- und Kommunikationsdienstegesetz geschaffen. Im Bereich der digitalen Signatur haben wir durch unsere Vorarbeit die Chance, eine internationale Vorreiterrolle einzunehmen. Zweitens müssen die Killerapplikationen vorhanden sein, damit die vorhandene Technik auch für eine breite Bevölkerung erschwinglich ist. Dies ist neben der eigentlichen Entwicklung die vorrangige Aufgabe von Wirtschaft und Industrie. Drittens benötigt die Durchsetzung von Technologien einen gesellschaftlichen Grundkonsens. Dies bedeutet nicht, daß unkritische Fortschrittsgläubigkeit die Debatte bestimmen soll. Dies verlangt aber eine rationale Auseinandersetzung mit Technik, die sich nicht einseitig auf mögliche Risiken festlegt, sondern die Balance findet und die Voraussetzung schafft, um die Chancen zu ergreifen und die möglichen Risiken zu vermeiden. Genau daran hat es aber gerade in der von Ihnen geführten Debatte immer wieder - auch im Zusammenhang mit dem Weg in die Informationsgesellschaft - gefehlt. So ist die pauschale Behauptung, die bundesdeutsche Informationsindustrie sei im internationalen Vergleich fast aussichtslos zurückgefallen, wenig hilfreich und in der Sache nicht richtig, wird hier doch ein schiefes Bild der Lage der deutschen Informationsindustrie gezeichnet. Es reicht nicht, den Blick auf die Global players zu werfen, wenn vergessen wird, daß überall kleine und mittlere Unternehmen als Dienstleister in der Informationsgesellschaft entstehen. So können wir auf dem Weg in die Informationsgesellschaft auf eine gut vorbereitete Infrastruktur setzen. Die Glasfaserverkabelung der Telekom verläuft auf einer Strecke von 100 000 km, in den neuen Bundesländern ist sie fast flächendeckend. Wir können auf annähernd 16 Millionen Fernseh-Kabelnetzanschlüsse bauen und verfügen derzeit über rund 2,7 Millionen ISDN-Anschlüsse. In der PC-Ausstattung privater Haushalte hinken wir im internationalen Vergleich hinterher, hier ist aber ein deutlicher Nachholeffekt festzustellen. Mit dem Breitband-Wissenschaftsnetz verfügt jede Hochschule über eine Auffahrt zum demnächst schnellsten Daten-Highway der Welt. Im Hintertreffen ist Deutschland dahingegen in der Tat bei der Entwicklung von marktfähigen Diensten und Anwendungen. Wir sind davon überzeugt, daß Dienste und Anwendungen selbst ihre Marktfähigkeit unter Beweis stellen müssen. Wir senken die Infrastrukturkosten, was die Opposition behindert. Deshalb ist in diesem Bereich insbesondere die Wirtschaft gefordert. Diese Feststellung darf aber nicht zu dem im Entschließungsantrag nahegelegten Schluß führen, die öffentliche Hand solle sich aus der Forschungs- und Unternehmensförderung in der Informationstechnik zurückziehen. Aus den USA wissen wir, daß in Silicon Valley zwei Drittel der Zuschüsse auf den Bereich der Informationstechnik fallen und weitere 20 Prozent sich auf den Bereich der Biotechnologie beziehen. Ein Rückzug in Deutschland würde somit zu einem weiteren Standortnachteil im internationalen Vergleich führen. Allerdings sollte diese Förderung auch zielgerecht erfolgen. Dies ist nun gerade bei dem im Entschließungsantrag genannten Bereich der Kryptographie nicht notwendig. In dieser Hinsicht gibt es ja keinen technologischen Forschungsbedarf, da die technische Seite kryptographischer Verfahren bereits seit längerem vorhanden ist. Der Entscheidungsbedarf bezieht sich hier auf die praktische Umsetzbarkeit und vor allem auf die Definition des rechtlichen Rahmens für die Anwendung kryptologischer Verfahren. Auch für den Bereich der Informationstechniken gilt, daß wir in Deutschland eine neue Kultur der Selbständigkeit benötigen, wenn Arbeitsplätze in Meinen und mittleren Unternehmen entstehen sollen. Wir müssen das heute oftmals wieder bestehende Feindbild des Unternehmers grundlegend ändern. Wir müssen auch die Möglichkeiten der Beschaffung von Risikokapital verbessern, wie dies mit dem 3. Finanzmarktförderungsgesetz vorgesehen ist. Die Finanzierung einer Entwicklungsidee muß auch die Beurteilung der Marktchancen von Produktentwicklungen beinhalten. Im weltweit offenen Netz des Internet greifen nationale Regelungen zu kurz. Um so wichtiger ist die internationale Normierungsarbeit, die die Bundesregierung mit großem Engagement betreibt. Sie verfolgt dabei den richtigen Ansatz, Normen dem Marktgeschehen anzupassen und nicht umgekehrt. Die Normierungsarbeit ist aber nur eine Seite der Medaille. Standards werden allein schon durch die Größe des US-amerikanischen Marktes wesentlich beeinflußt. Unsere Möglichkeiten der Behauptung und der Durchsetzung eigener Anwendungen und Dienste entscheidet sich auch in der Schaffung eines vergleichbaren Marktes als Gegengewicht. Deshalb spielt auch für die Nutzung unserer Chancen in der Informationsgesellschaft die rasche Vollendung des europäischen Binnenmarktes eine zentrale Rolle. Jörg Tauss (SPD): Schaut man sich die Werbebotschaften des Bundesforschungsministers an, so fällt vor allem die dauernde Verwendung der PR-tauglichen Wortfolge „möglich machen" auf. Kaum ein Projekt tritt noch ohne das Versprechen an, irgend etwas „möglich zu machen". Vergleicht man jedoch den Möglichkeitssinn des Ministers mit der Wirklichkeit seiner Bildungs- und Forschungspolitik, so bleibt mehr „möglich" als „machen" übrig. Auch in der Beantwortung der heute zu debattierenden Anfrage zu „Förderung von Forschung und Entwicklung in der Informationstechnik" wird wieder der gewaltige gesellschaftliche Umbruch hin zu einer Informationsgesellschaft, neuerdings „Wissensgesellschaft" genannt, beschrieben. Neue Denkansätze für die Regierungspolitik sind aber wieder nicht erkennbar, die notwendigen Folgerungen werden nicht gezogen - ein Versäumnis, das sich vor allem in der Forschungspolitik dramatisch widerspiegelt. Wie schwer es der Bundesregierung fällt, neue Ansätze und Konzepte zu entwickeln, wird schon daran deutlich, daß sie mit ihrem Aktionsprogramm „Info 2000 - Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft" für den Bereich der Förderung von Informations- und Kommunikationstechnik großspurig ein Rahmenkonzept „Innovationen für das Informationszeitalter" angekündigt hat - für 1996 wohlgemerkt -, welches bis heute nicht vorliegt. Trotz der dauernden Rede - auch heute morgen hat der Minister in der Hochschuldebatte davon gesprochen - von dem durch Informationstechnik ausgelösten Wandel zur globalen Wissens- und Informationsgesellschaft ist es der Bundesregierung in mehr als eineinhalb Jahren noch immer nicht gelungen, ein zukunftsfähiges Förderkonzept für den Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik zu entwickeln. Weitere eineinhalb verlorene Jahre! Unsere Debatte zu vorgerückter Stunde erlaubt es wenigstens, heute erneut auf diese Mißstände aufmerksam zu machen. Die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage strotzt vor unerträglichem Selbstlob. So heißt es, gleich zu Anfang, daß ihre Politik dazu beigetragen habe, die Bundesrepublik Deutschland in vielen Bereichen der Informations- und Kommunikationstechnik international an die Spitze zu führen. Die Zielorientierung der Bundesregierung, die mit dem Förderkonzept Informationstechnik 1989 entwickelt worden war, habe sich als tragfähig und erfolgreich für den Einsatz staatlicher Mittel zur Förderung von Forschung und Entwicklung in der Informationstechnik erwiesen. Zum Erfolg habe vor allem die konsequente Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes und die Schaffung zuverlässiger rechtlicher Rahmenbedingungen für Multimedia einen entschiedenen Anteil geleistet. Dazu ist folgendes festzustellen: Der Bundesregierung ist es mit ihrem Einsatz staatlicher Fördermittel nicht gelungen, den technologischen Rückstand Deutschlands in dem für die Zukunft wichtigen IT-Bereich zu verringern. Von einer internationalen Spitzenstellung kann erst recht nicht gesprochen werden: Im Jahre 1996 ist die Bundesrepublik beim Produktionswert informationstechnologischer Produkte nämlich noch weiter, hinter den USA, Japan, Taiwan, Singapur und Großbritannien, auf den 6. Platz zurückgefallen. Und was die vermeintlich zuverlässigen rechtlichen Rahmenbedingungen als Ausgangspunkt für Innovationen angeht - bekanntlich auch so ein Projekt des Ministers fürs Mögliche, welches mit viel Selbstlob bedacht wurde -, braucht man nur immer wieder auf die Betroffenen zu verweisen, beispielsweise auf die Stellungnahme des VDMA vom 11. August, schon weil die deutliche Kritik von Wissenschaft und Wirtschaft an diesem Regelungswerk von seiten der Bundesregierung noch immer bestritten wird: „In der Konsequenz werden diese beiden Regelwerke mehr Verwirrung und Unsicherheit als die erwünschte Rechtssicherheit erzeugen." Und der Chefredakteur der angesehenen Fachzeitschrift „Computerzeitung" sagte vor wenigen Tagen auf der Systems in München: Deutschland hat in den vergangenen Jahren rasant an internationalem Anschluß und Wettbewerbsfähigkeit im IT-Bereich verloren, vor allem deshalb, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Auf diese Rahmenbedingungen sind Sie stolz, Minister „Rückwärts"? Nicht gerade deutliche Zeichen für Innovationen und auch kein Beleg für die Kompetenz der Bundesregierung, die Herausforderung der aktiven Gestaltung der sich abzeichnenden Wissens- und Informationsgesellschaft zu erkennen und anzunehmen. Mit der Antwort der Bundesregierung zur Förderung von Forschung und Entwicklung in der Informationstechnik werden dieser Kompetenzmangel und Versäumnisse erneut deutlich: Es fehlt an einem tragfähigen und zukunftsgerichteten Leitbild der entstehenden Informations- und Wissenschaftsgesellschaft. Noch immer reduziert die Bundesregierung gesellschaftlichen Wandel auf technische Innovationen außerhalb eines Gesamtzusammenhangs. Darauf basiert auch das Fehlen eines tragfähigen Konzeptes für eine zukunftsfähige Bildungs- und Forschungspolitik. Dies liegt auch daran, daß das Thema in der Bundesregierung nicht Chefsache ist und daß in diesem Bereich die Grundlagenforschung stark vernachlässigt wird. Ungeachtet der gravierenden Umbrüche in allen gesellschaftlichen Teilbereichen wird an Konzepten des „Weiter so" festgehalten. Dabei müßten die Erfahrungen aus den vorangegangenen Förderkonzepten noch Grund genug sein, eine Neuorientierung vorzunehmen. Diese bleibt aus. Wir beobachten allenfalls das „Ausflaggen" bereits bestehender Projekte. Hübsch verpackt, verkauft man sie jetzt als „Leitprojekte". Abgestandener Fusel in neuen Schläuchen ist aber noch keine bessere Forschungspolitik! Damit es nicht zu peinlich wird, verweist die Regierung in ihrer Antwort gelegentlich sogar selbst auf die Diskrepanzen ihrer Förderpolitik, gleichsam so, als ob sie nicht Regierung, sondern kritische Opposition sei. An den Stellen, an denen Sie sich selbst kritisieren, haben Sie freilich völlig recht! Noch immer ist die Förderpolitik der Bundesregierung großunternehmerlastig, noch immer gelingt es ihr nicht, diese den Bedürfnissen von Unternehmensgründern sowie kleinen und mittleren Unternehmern anzupassen. Für die Bundesregierung ist Förderpolitik immer noch eine technische Aufholjagd. Selbst da, wo es nicht mehr viel aufzuholen gibt. Zukunftsträchtige Technologien, vor allem im Softwarebereich, werden dagegen nur unzureichend erkannt und gefördert. Noch immer ist eine der dringendsten politischen Aufgaben, die Bereitstellung von Risikokapital für Gründer und junge Unternehmen, nichts als die Beschreibung einer Forderung der Bundesregierung an sich selbst. Wann realisiert diese Bundesregierung eigentlich wenigstens das, was auf CDU-Parteitagen als richtig erkannt und beschlossen worden ist? Leider keine Antwort! Erneut muß festgestellt werden, daß die Bundesregierung einen Großteil der Antworten schuldig bleibt - oder mit Allgemeinplätzen antwortet: Bei der Frage, welche Projekte von der Bundesregierung gefördert werden, die sich mit den Auswirkungen der politischen Vorgaben auf die Informationstechnik, die Rolle der Normung und Standardisierung und auf die Fragen der Organisation, Zusammensetzung und Größe von Forschungsprojekten befassen, findet sich in der Antwort der allgemeine Verweis auf das frühzeitige Engagement der Bundesregierung und auf den - wie es wörtlich heißt - „programmatischen" Kabinettsbericht „Info 2000 - Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft" . Angeführt werden noch die Bemühungen auf internationaler Ebene, der G7 und OECD, um einen Mißbrauch der Kommunikationsnetze zu verhindern und zur Anpassung des Normengeschehens. Im Hinblick auf die Problematik bei der Evaluierung von Förderpolitik wird auf eine Arbeitsgruppe beim BMBF verwiesen, die sich mit deren Effizienzkriterien beschäftigt, dann noch auf die Fachreferenten und Sachverständigen externen Rat, der allerdings regelmäßig in den Wind geschlagen wird. Als konkrete Förderprojekte werden dann aber nur „kleinere Projekte klassischen Zuschnitts" angeführt, beispielsweise die sicher interessante Erstellung eines Handbuches „Zur informierten Stadt durch elektronische Informationssysteme". Alles begrüßenswert: Was das jedoch mit der Beantwortung der Frage nach Politik, Standardisierung und tatsächlichem Einfluß auf das Normengeschehen zu tun hat, bleibt unklar. Gleiches gilt für die konkrete Frage nach geförderten Projekten, die sich mit den beim Wandel zur Informations- und Wissensgesellschaft erwarteten, erhofften oder befürchteten, gesellschaftlichen, politischen, kulturellen, rechtlichen und ökonomischen Folgen beschäftigen. Hier betont der Minister, daß die Bundesregierung sich darüber im klaren sei, daß die „Wissensgesellschaft mit qualitativem Wohlstand, gesellschaftlichem Zusammenhalt und nachhaltiger Globalisierung" nur erreicht werden kann, wenn es gelingt, das „komplexe Wechselspiel von technischen und nichttechnischen Bedingungen erfolgreicher Innovationen" nutzbar zu machen. Prachtvoll formuliert - allein das „Wie" bleibt im Dunkel. Er verweist dann zu Recht, wenn auch etwas blumig, um das Wort „Geblubber" zu vermeiden, auf die weit über technische Realitäten hinausgehenden vielfältigen Wechselwirkungen, die es zu beachten gilt: mit den Zielen und Werten einer Gesellschaft, den ökonomischen Interessen, den sozialen Fragen, den kulturellen Prägungen - um nur einige zu nennen. Da freut man sich als Leser Rüttgerscher Lyrik, daß jetzt endlich das Neue und wirklich Innovative kommt. Aufgeführt werden jetzt aber lediglich altbekannte Projekte wie VERBMOBIL, jetzt zum „Leitprojekt" umettiketiert und das Beamtennetz POLIKOM. Schließlich verweist das BMBF dann noch auf die Veranstaltungsreihen „Innovationen für die Wissensgesellschaft" und das Forum „Info 2000". Das war es dann schon mit den Zielen und Werten, sozialen Fragen und kulturellen Prägungen. Auf Deutsch: Neue forschungspolitische Projekte und Ansätze sind Fehlanzeige. Gibt es wenigstens den angekündigten gesamtgesellschaftlichen Diskurs, den die Bundesregierung führen will? Einen Diskurs über die Herausforderungen der Informationsgesellschaft, über die großen Chancen dieses Prozesses, die es zu nutzen gilt, und auch über die damit einhergehenden Risiken? Wieder Fehlanzeige! Da verwundert es kaum noch, wenn es der Bundesregierung auch bei der Forschungs- und Förderpolitik im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik nicht gelingen will, diese an tragfähigen und zukunftsgerichteten gesellschaftspolitischen Zielen auszurichten. Es fehlt an tragfähigen Zielen und mit Inhalt ausgefüllten Leitbildern. Deshalb gelingt es in diesem Lande nicht, einen breiten gesellschaftlichen Diskurs über die Perspektiven und Chancen der globalen Informationsgesellschaft herbeizuführen, um so die notwendige Aufbruchstimmung auf allen Ebenen zu ermöglichen. Ich komme nochmals auf den Möglichkeitssinn der Forschungspolitik zurück: Wenn die Bundesregierung an dieser Bildungs- und Forschungspolitik festhält - und die Antwort auf die Große Anfrage und der Entwurf des Rahmenkonzepts „Innovationen für die Wissensgesellschaft" legen einen solchen Verdacht nahe -, wird es weder gelingen, Innovationen möglich zu machen, noch wird es gelingen, die Herausforderungen und die Chancen der Informationsgesellschaft zu erkennen und zu nutzen. Es steht zu befürchten, daß Deutschland technologisch noch weiter zurückfallen wird. Platz 6 ist bei dieser Regierung noch nicht das Ende der nach unten offenen „Rüttgersskala" . Allein das ist hinreichender Grund für einen Regierungswechsel. Lieber Herr Rüttgers: Wenn Sie es auch nicht schaffen, Visionen und Aufbruchstimmung in der Informationstechnologie „möglich" zu machen, geben Sie sich doch einen Ruck und machen wenigstens eines möglich: Den personellen Wechsel an der Spitze des Forschungsministeriums. Wenigstens etwas Aufbruchstimmung für Forschung, Bildung und Wissenschaft. Dr. Manuel Kiper (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Informations- und Kommunikationstechnologie ist nicht nur Grundlage der von Minister Rüttgers vielbeschworenen Informationsgesellschaft, sondern auch einer der größten Förderbereiche seines Ressorts. Dieses Thema ist heute auf der Tagesordnung, weil wir in Erwartung eines Folgeprogramms zum 1996 ausgelaufenen Förderprogramm Informationstechnik 1993 -1996 seit Anfang 1997 das Thema Forschung und Entwicklung in der Informationstechnik in Kleinen Anfragen und der heute aufgesetzten Großen Anfrage einer kritischen Analyse unterzogen haben. Nun hat es mehr als ein halbes Jahr gedauert, um die Große Anfrage zu beantworten. Studiert man die Antworten, kann das nicht daran gelegen haben, daß diese besonders tiefschürfend ausfallen sollten. Bis heute haben wir Monat für Monat vergeblich darauf gewartet, daß das BMBF endlich das schon 1996 angekündigte Rahmenprogramm Innovationen für die Informationsgesellschaft 1997-2001- heute heißt es Innovationen für die Wissensgesellschaft - vorlegt. Heute nachmittag hat das BMBF - offensichtlich getrieben von dem Termin dieser Debatte - das Rahmenkonzept vorgelegt, allerdings bislang nur - aber immerhin - im Internet. Und nach allem, was sich feststellen läßt, liegt auch diese lange Wartezeit nicht in der Qualität der darin getroffenen Aussagen begründet. Seit den Vorarbeiten für das erste DV-Programm der Bundesregierung 1963 hören wir bei solchen IT-Forschungsprogrammen regelmäßig, daß sich die Bundesrepublik in einem technologischen Rückstand befindet. Erst Rückstand zu den USA, dann auch zu Japan, nun auch noch Rückstand zu Taiwan und einigen anderen Staaten. Im Produktionswert von IT-Produkten liegt dieses Land mittlerweile auf Platz sechs. Die Bundesregierung versteht auch auf absehbare Zeit unter Förderung von IT vor allem die Stärkung von Absatz und Produktentwicklung und damit Industrieförderung. Nachdem der Zukunftsminister zuerst den Standort schlechtredete, verbreitet die Bundesregierung heute wieder Optimismus. Die Lage der IT-Industrie habe sich verbessert. Da sich das mit den Zahlen nicht erklären läßt, führt sie dann gern einzelne erfolgreiche Unternehmen an. Was aber hat die Lage der IT-Industrie mit der Förderpolitik der Bundesregierung zu tun? Es gibt durchaus erfolgreiche Computerunternehmen in Deutschland: StarDivision, erfolgreich gegen Microsoft, erhielt kein Geld vom Staat und nur wenige Aufträge, produziert aber neuartige Office-Software. SAP, weltweit erfolgreich, erhielt Risikokapital von Unternehmen in Form von Ressourcenzugang, aber keine Förderung aus Bundesmitteln. Parsytec, baute Supercomputer, als die Bundesregierung mit Suprenum ein eigenes Konzept verfolgte, und erhielt damals kein Geld vom Staat für seine Entwicklungen. Suprenum ist heute tot, Parsytec dagegen erfolgreich und erhält mittlerweile sogar Fördermittel für die Entwicklung paralleler Software. Erfreulich ist: Diese Liste erfolgreicher Unternehmen ließe sich noch verlängern. Es gibt auch erfolgreiche Forschung in Deutschland: Die GMD kooperiert mittlerweile mit zwei großen japanischen Unternehmen, NEC Europe und Fujitsu. Forscher an der Uni Bonn haben Erfolge bei internationalen Wettbewerben zu autonomen Robotern. Bekannter aber noch sind negative Beispiele: Die als World Wide Web bekannte Software wurde in Genf am CERN mit EU-Fördermitteln erfunden. Kein Unternehmen aus der Bundesrepublik war aber bereit, sich hierfür zu engagieren. Die FlüssigkristallTechnologie wurde bei der Fraunhofer-Gesellschaft erfunden. Genutzt haben sie japanische Unternehmen. Eine Spitzenposition für deutsche Unternehmen gibt es nur noch bei Vorprodukten, die Firma Merck liefert über 50 Prozent der Kristalle. Bund und Land schließlich subventionieren den Bau einer Chipfabrik eines US-Unternehmens in Dresden mit 1,7 Milliarden DM. Damit werden hier zwar erstmals wieder Prozessoren gefertigt, aber kein Unternehmen unterhält hier entsprechende FuE-Einrichtungen. Allein bei anwendungsspezifischen Schaltungen, ASICS, ist in den letzten Jahren die Entwicklung von Kompetenzen gelungen. Dies bei einem Gesamtaufwand von 1,2 Milliarden DM für den Hardwarebereich allein von 1993 -1996. Eine einzige Firma - Siemens als der größte deutsche Anbieter von Informationstechnik - erhält fast ein Fünftel der Fördermittel an die Industrie, dreimal soviel wie der nächste Fördermittelempf anger. Auch diese Liste ließe sich verlängern. Was besagen die angeführten Beispiele? Erstens. Es sind gerade Softwareunternehmen, die hierzulande in der IT Erfolge vorweisen können, die Bundesregierung gibt jedoch doppelt soviel für Hardware/Mikroelektronik aus wie für Software. Zweitens. Die Forschung hierzulande liefert vielfach erfolgreiche Ideen, die aber von deutschen Unternehmen nicht umgesetzt werden. Drittens. Erfolg haben Unternehmen, auch wenn sie nicht oder möglicherweise weil sie von der Bundesregierung nicht gefördert wurden. Viertens. Die Bundesregierung konzentriert ihre Förderung auf wenige Unternehmen, deren Erfolge aber begrenzt sind. Was ist das Ergebnis dieser Politik? Die Lage in der deutschen IT-Industrie hat sich in den vergangenen Jahren nicht gebessert, sondern kontinuierlich verschlechtert. Trotz eines Förderaufwandes von knapp über 1 Milliarde DM pro Jahr. Deswegen bläst die Bundesregierung nun zum Halali der jungen IT-Unternehmer. Positive Beispiele zeigt sie gern vor, vorzugsweise solche, an deren Erfolg sie keinen Anteil hatte. Weil angeblich der Transfer der Forschungsergebnisse in die Industrie nicht klappt, sollen die Forschungsinstitute nach Vorstellung der Bundesregierung immer weiter in die Produktentwicklung hineingehen. Das BMBF schichtet nun Grundlagenförderung um in produktnahe Förderung. Sie forciert die Ausgründung von jungen Unternehmen aus Forschungseinrichtungen. So will sie Konkurrenz zu eben jenen großen Unternehmen schaffen, die sie selbst mit üppigen Fördermitteln am meisten gepäppelt hat. So will sie junge Unternehmen fördern, obwohl Produkterfolge hier bislang vor allem von nicht geförderten Unternehmen kamen. Und sie setzt auf Produktförderung, obwohl die Forschung aus deutschen Instituten außerhalb der Bundesrepublik offenbar erfolgreich in Produkte weiterentwickelt werden kann. So greift der Staat mit Unternehmergründungshilfen und anderen Mitteln für Investoren und Innovatoren immer stärker in den Markt ein, mit Forschungsgeldern, die an anderer Stelle fehlen. Die Forschung bleibt dabei auf der Strecke. Dabei ist sie das Element der deutschen IT-Landschaft, das im internationalen Vergleich noch am besten aussieht. Erst jüngst beschlossen die Haushälter der Koalitionsfraktionen, auch noch die zugesagten Mittel für die Max-Planck-Gesellschaft und für die Deutsche Forschungsgemeinschaft zu kürzen. Wie wäre demgegenüber FuE in der Informationstechnik sinnvollerweise anzulegen? Wir haben dazu in einem Entschließungsantrag zur Großen Anfrage 10 konkrete Vorschläge gemacht, von denen ich hier einige Aspekte herausgreifen will. Erstens. Wichtig ist nicht die Förderung von großen Unternehmen. Obergrenzen der Projektförderung wären nach unserer Auffassung hier ein geeignetes Instrument, das Interesse von Großunternehmen zu begrenzen. Es kommt uns auf effektive Maßnahmen zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen an. Ohne Überwindung bürokratischer Hürden haben diese aber nicht einmal Zugang zu Bibliotheken oder Ressourcen und Infrastruktur von Forschungseinrichtungen, mit denen sie kooperieren möchten. Ihnen wäre gerade in der Informationstechnik schon mit kleinen Kooperationsformen geholfen. Auch kleine, aber unbürokratisch vergebene Förderbeträge würden hier weiterhelfen. Der bisherige Wildwuchs an Förderprogrammen hilft nicht weiter. Forschungsförderung und Unternehmensgründungsprogramme sind klar zu trennen. Die Verlagerung der Grundlagenforschung hin zu rein anwendungsbezogener Forschung ist zu stoppen und rückgängig zu machen. Zweitens. Die Bundesregierung sollte ihre Förderung nicht an der Idee ausrichten, blindlings Trends aus Übersee nachzujagen. Dazu fehlen hier die Mittel und die Voraussetzungen. Wichtig ist, in Forschung und Entwicklung eigene Kompetenzen zu erkennen und auszubauen. Geben Sie den Forschungseinrichtungen größere Autonomie, forcieren Sie dort Forschung mit Perspektive, statt junge Forscher nach drei oder vier Jahren zum Abbruch ihrer Arbeit zu zwingen. Drittens. Es ist nötig, die Hardwarelastigkeit der Förderung aufzugeben. Softwaretechnologie ist die Grundlage für IT-Entwicklungen. Software statt Hardware ist die Maxime in den USA und Japan bereits seit Mitte der 80er Jahre. Hierzulande klagen Forscher zu Recht über die mickrige Förderung. Auch wenn sie es gern abstreitet, die Bundesregierung hat diese Technologie verschlafen. Wer wie die Bundesregierung in ihrer Antwort Künstliche Intelligenz und wissensbasierte Systeme mit Grundlagen der Softwaretechnik verwechselt, hat nicht erkannt, welche Forschungsarbeiten erforderlich wären. Viertens. Vergessen Sie die Idee, Informationstechnik als „Ausgangspunkt für den gesellschaftlichen Wandel zur Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts" - Zitat aus dem Bundesbericht Forschung - zu sehen. Mit Technik läßt sich kein gesellschaftlicher Wandel herbeiführen und erst recht nicht erzwingen. Wenn die Bundesregierung noch vor einiger Zeit allen Ernstes Technikfeindlichkeit für den Grund mangelnder Internetnutzung hierzulande hielt, demonstriert sie nur ihr Unwissen. Technik ist ein Hilfsmittel, das genutzt wird, wenn es Annehmlichkeiten mit sich bringt: Spaß am Spiel, Erleichterung der Arbeit, neue interessante Erfahrungen. Die gesellschaftliche Dimension der Informationstechnik hat die Bundesregierung nicht nur mißverstanden. Sie lehnt auch jede Auseinandersetzung damit ab. Für die Technikfolgenabschätzung der Informationstechnik sind keine Fördermittel mehr vorgesehen. Von multidisziplinären Forschungsansätzen ist die Förderung der Bundesregierung weit entfernt. Abhilfe schafft hier nur die größere Breite der Diskussion von Forschungszielen. Die Bundesregierung vernachlässigt die Forschung zur selbstbestimmten, sicheren und zuverlässigen Nutzung elektronischer Netze, insbesondere in den Bereichen Kryptographie und anderen technischen Verfahren zur Sicherung des Datenschutzes und IT-Sicherheit. Sichere, zuverlässige Technik, die sich in gesellschaftliche Konventionen einpaßt, muß ein Forschungsziel sein. Der Bundesregierung fehlt es an genügend Verständnis für Informationstechnik, an neuen Ideen für ihre Nutzung und an Perspektiven für ihre Erforschung. Das hat sie in den Antworten auf unsere Fragen gezeigt, gleiches demonstriert sie auch im neuen Rahmenprogramm. Die Entwicklung ökologisch und sozial verträglicher Systeme sucht man vergebens. Die Beschwörung von Innovation durch IT, die es nur durch zunehmend rabiatere Methoden zu stimulieren gelte, offenbart die Naivität in der Betrachtung der traurigen Realität, die das wirtschafts- und finanzpolitische Wirken der Bundesregierung geschaffen hat. Unternehmensgründungen als vorrangiges Forschungsziel zu definieren, sind ein alarmierendes Zeichen für die Forschungslandschaft in Deutschland, weil Unternehmensgründungen eine untaugliche Perspektive für längerfristig angelegte Forschung und Entwicklung abgeben. Damit wird die Forschung dem Diktat einer verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik unterworfen. Informationstechnologische Innovationen aber können eine verfahrene Wirtschaftspolitik nicht retten. Die Bundesregierung hat auch nicht den Ansatz einer nachhaltigen und damit zukunftsweisenden Technikentwicklung gezeigt. Die Förderung der Informationstechnik durch die Bundesregierung wird weder ihren selbstgesteckten platten ökonomischen Zielen, noch gesellschaftlich und ökologisch notwendigen Aufgaben gerecht. Nötig wäre ein grundlegendes Umsteuern. Die Bundesregierung scheint hierzu nicht in der Lage. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann (F.D.P.): Die große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Förderung und Entwicklung in der Informationstechnik und das redliche Bemühen der Bundesregierung, alles bis ins kleinste Detail nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten, hat bei mir ganz grundsätzliche Zweifel geweckt. Ich bin seit vielen Jahren hier in diesem Hause für Forschungspolitik und Informationstechnik zuständig und bilde mir ein, etwas davon zu verstehen. Nicht verstehen aber kann ich, welchen Wert es für die parlamentarische Arbeit auch einer Oppositionsfraktion haben kann, wenn man die Bundesregierung, zum Teil sogar zum wiederholten Male, mit einem solch detaillierten Informationsbedürfnis überzieht. Wer den schlanken Staat will - und in dieser Zielrichtung scheinen die Grünen zumindest verbal der F.D.P. zu folgen -, sollte die Administration auch von derart sinnlosen, aber zeitraubenden Fleißarbeiten befreien. Wenn sie jetzt protestieren und meinen Ausführungen lautstark widersprechen, so wäre ich Ihnen dankbar, wenn mir einer von Ihnen bei Gelegenheit den Erkenntnisgewinn, den Sie durch die Beantwortung Ihrer großen Anfrage erhalten haben, zeigen könnte. Die Erkenntnis, die ich aus dieser Beantwortung ziehe, ist für mich zwar nicht neu, aber es lohnt sich, sie bei dieser Gelegenheit noch einmal zu wiederholen: Die Forschungsförderung der Bundesregierung im Bereich Informationstechnik hat sich bewährt. Lange bevor Multimedia zum Modewort wurde und zu Zeiten, als andere noch Computer als Jobkiller bekämpften, hat die Bundesregierung zielstrebig die Grundlagen geschaffen, damit auch die deutsche Wirtschaft die Chance hatte, sich ihren Platz im weltweiten Wettbewerb zu erobern bzw. zurückzuerobern. Heute blicken wir auf eine hervorragende Infrastruktur in der Telekommunikation und bei Höchstleistungsdatennetzen ebenso wie auf technische und wirtschaftliche Erfolge in der Mobilkommunikation, beim anwendungsspezifischen Chip-Design, in der Robotik und der Mikrosystemtechnik sowie der Mikroelektronik und der Softwaretechnologie. Die erst in jüngster Zeit und gegen erbitterten Widerstand, gerade auch der Grünen, durchgesetzte Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes und die schlanke, bundeseinheitliche Regulierung der neuen Medien durch das Informations- und Kommunikationsdienstegesetz bilden den rechtlichen Rahmen für die wirtschaftliche Entwicklung der Informationstechnik in Deutschland. Die von den Grünen in der Anfrage beklagte und teilweise unterstellte mangelnde Umsetzung von Forschungsentwicklungen in Produkte kann man nicht allein auf die Informationstechnik begrenzen. Soweit mangelnde Abstimmung der Forschungsförderung mit den Instituten und der Wirtschaft hierfür mitverantwortlich war, kann man davon ausgehen, daß mit dem neuen Konzept der Förderung von Leitprojekten Defizite dieser Art beseitigt sind. Ein wesentliches Problem der mangelnden Umsetzung oder Anwendung mit deutschen Steuergeldern finanzierter Forschung liegt aber auch an den sogenannten Rahmenbedingungen, auf die die Forschungspolitik keine Einwirkung hat. Im Hinblick auf die überaus große Regelungsdichte, auf Lohn- und Lohnnebenkosten, auf hohe Besteuerung besitzt unser Standort nun mal erhebliche Nachteile gegenüber Ländern wie Taiwan oder Korea. Die Bemühun- gen der Koalition in den vergangenen Monaten, die steuerlichen Rahmenbedingungen international wettbewerbsfähiger zu machen, wurden weder von der Opposition hier in diesem Hause noch von der Mehrheit im Bundesrat unterstützt. Derart fundamentale Standortnachteile dürfen und können nicht mit Forschungsfördermitteln kompensiert werden. Die F.D.P. unterstützt den von der Bundesregierung eingeschlagenen Weg zur Forschungsförderung insgesamt, aber auch auf dem speziellen Feld der Informationstechnik. Wolfgang Bierstedt (PDS): Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Kiper, es war schon eine ziemliche Tortur, alle Ihre in diesem Zusammenhang an die Bundesregierung gestellten 198 - davon eine Vielzahl auch noch mehrfach untergliederten - Fragen zu lesen und dabei den in diesem Fall grünen Faden herauszufinden. Diese Tortur wurde jedoch noch übertroffen von der Qual, die sich beim Lesen der jeweiligen Antworten der Bundesregierung ergab. Neben wahrlich sachlicher Information gab es, in zudem epischer Breite, ein wahres Hohelied auf die zukunftsweisende Politik der Bundesregierung in diesem Bereich zu hören. Ich zumindest habe nicht ein einziges selbstkritisches Wort, geschweige denn ganze selbstkritische Sätze gefunden, die, so will ich zugeben, nicht in jedem Fall, aber doch in wesentlichen Bereichen durchaus angebracht wären. Insoweit kann ich mich den grundsätzlichen Aussagen Ihres Entschließungsantrages durchaus anschließen. Lassen Sie mich in gebotener Kürze auf einzelne, wirklich nur auf einzelne Aspekte sowohl Ihrer Fragestellung als auch auf einzelne Antworten der Bundesregierung eingehen. Wenn Sie sich in Ihrer Kleinen Anfrage II mit der Förderung von Forschung und Entwicklung von Softwaretechnologien und wissensbasierten Systemen beschäftigen, sprechen Sie genau einen auch für mich wahrlich brisanten Themenkreis an. Ich teile auch aus eigener Kenntnis Ihre Auffassung, daß in der Forschungsförderung die Softwaretechnologie über einen langen Zeitraum ein Schattendasein geführt hat. Aber, in Ihrer Eingangsproblembeschreibung zu II huldigen Sie, wie fast alle, über Gebühr diesem US-amerikanischen Traum: Bill Gates, vom garagenbasierten Kleinstunternehmer zum absoluten Guru der Branche. Seine Leistung zumindest in ihrer Anfangsphase verdient zweifelsfrei Anerkennung. Nun möchte jedes Land, die Bundesregierung eingeschlossen, so einen Bill Gates haben, am besten im Dutzendpack. Aber ein Monopolist zeichnet sich eben dadurch aus, daß er ein Monopolist ist und um den Preis des eigenen Überlebens alles bekämpfen muß, was neben ihm eine gewisse Größe zu überschreiten droht. Ich meine, wir können nicht mit verklärtem Blick auf diese quasi absolute Marktdominanz schauen und im gleichen Atemzug von den unendlichen Chancen sich massenhaft entwickelnder KMUs in diesem Zweig träumen. Im nationalen Maßstab heißt das, wir können eigentlich auch nicht zulassen, daß bei aller differenzierten Wertschätzung für die hochtechnologischen Leistungen des Unternehmens Siemens, daß dieser Konzern den Großteil der ohnehin nicht allzu üppigen Fördermittel schluckt. Noch eine kurze Bemerkung zum Schluß: Nach sicherlich unvollständigen Angaben der Bundesregierung auf die Frage nach dem Mitteleinsatz im Bereich wehrtechnischer Informationstechnik (Fragen 37 -42 der Großen Anfrage) bin ich beim Zusammenzählen der einzelnen, nur hier erwähnten, Positionen auf eine runde halbe Milliarde DM gekommen. Wenn ich nun diese sicherlich nach oben offene Summe betrachte und dabei den Vergleich ziehe zu den Aufwendungen, die diese Bundesregierung im weitesten Sinne für Bildung, Ausbildung und andere Bereiche aus dem Spektrum der gesellschaftlichen Vorsorge allein nur auf dem Gebiet der Informationstechnik auszugeben gewillt ist, dann stelle ich ein deutliches Ungleichgewicht zugunsten der militärischen Komponenten fest. Nun ist mir zwar ein Bundeswehr-PC auch wesentlich lieber als ein Bundeswehrpanzer, aber um ganz ehrlich zu sein: Ich sehe diesen PC doch lieber in einer Schule als in einer Kaserne. Elke Wülfing, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie: Wir sind auf dem Weg von der Industriegesellschaft zur Informationsgesellschaft. Die moderne Informations- und Kommunikationstechnik prägt die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung weltweit. Keine andere Zukunftstechnologie wird in absehbarer Zeit das Gesicht unserer Gesellschaft und insbesondere unsere Arbeitswelt so drastisch verändern, wie die Informations- und Kommunikationstechnik. Die Struktur der heutigen Weltwirtschaft macht die Umwälzungen deutlich. Weltweit werden heute mehr Computer verkauft als Autos. Das Weltmarktvolumen der Informationswirtschaft - der Verbindung von Informations- und Kommunikationstechnik sowie Medienwirtschaft - erreichte 1996 nahezu 5 Billionen DM. Sie ist damit die weltgrößte Wirtschaftsbranche. Vor diesen Realitäten dürfen wir die Augen nicht verschließen. In keiner Branche auf der Welt ist der Wettbewerb so hart, sind Schnelligkeit, Ideen, Kreativität und Pioniergeist, kurz „Mut zur Zukunft" ein so entscheidender Erfolgsfaktor wie in der Informationswirtschaft. Es gibt kaum einen Bereich, in dem die Einschätzungen der Beschäftigungsperspektiven so unterschiedlich ausfallen wie bei „Multimedia" . Vorhersagen in diesem sich rasant entwickelnden Bereich, bei dem die Halbwertzeit für bestimmte Produkte manchmal nur bei einem Vierteljahr liegt, sind sehr schwierig. Zahlen geben nur aktuelle Tendenzen wieder. Letzte Woche war in den VDI-Nachrichten ein Aufsatz von Professor Thome zu lesen, der davon ausgeht, daß durch diese neuen Entwicklungen 6 Millionen Arbeitsplätze verlorengingen. Thome steht jedoch weitgehend isoliert da. Führende Institute wie z. B. IFO, DIW oder auch Arthur D. Little und die meisten Experten sind sich einig darin, daß durch die neuen Informations- und Kommunikationstechniken Arbeitsplätze in Deutschland gesichert werden können und darüber hinaus auch neue Arbeitsplätze entstehen werden. Wie hoch die Zahl der neu entstehenden Arbeitsplätze sein wird, hängt letztlich von uns ab. Es hängt davon ab, ob wir diese Entwicklungen unterstützen und begleiten oder nicht. Auf keinen Fall ist mit Zukunftsangst und „Horrorzahlen" diesem Ziel gedient. Dies verstellt den Blick auf die Chancen und Perspektiven der Informationsgesellschaft. Wir sollten aus der Geschichte lernen, wo es genügend warnende Beispiele gibt, von denjenigen, die sich gegen technischen Fortschritt gesträubt haben und letztlich alles verloren. Technischer Fortschritt und neue Technologien haben immer positive und negative Auswirkungen. Zwei Beispiele. Der Weberaufstand und seine Folgen sind uns allen bekannt. Tonfilm: Im Filmmuseum in Bottrop - Movieworld - befindet sich ein belächeltes „Kuriosum": Ein Flugblatt von 1930, in dem Künstler und Gewerkschaften zum Boykott des Tonfilms aufrufen, da der Tonfilm Arbeitsplätze tausender von Künstlern vernichte und außerdem den Ohren schade. Heute lachen wir über dieses Flugblatt. Was werden aber unsere Enkel über diejenigen denken, die heute versuchen, den „Zug Multimedia" aufzuhalten? Wir können und wollen diese Entwicklung nicht aufhalten. Wenn wir uns jedoch gegen die Entwicklung stellen, dann wird der „Zug Multimedia" ohne uns abfahren. Wären wir ein Niedriglohnland, dann könnte man über manche Rationalisierungsmaßnahme diskutieren. Als Hochlohnland müssen wir eine andere Strategie fahren, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Kapitalintensive Produktionsstätten müssen Produktion auf höchstem technischen Stand leisten. Auch in den Dienstleistungsbranchen können wir nur Fortschritte erzielen, wenn diese Dienstleistungen zu bezahlbaren Preisen angeboten werden. In den neuen Diensten stecken große Potentiale. Sie können zum Beispiel dazu beitragen, die deutsche Spitzenposition im Maschinenbau zu halten. Durch Fernwartung und Ferndiagnose können deutsche Maschinenbauer weltweit auch mit Wettbewerbern vor Ort konkurrieren. Wir stellen uns diesen Herausforderungen und fördern nachhaltig die neuen Entwicklungen. „Multimedia" ist als Schlüsseltechnologie ein Förderschwerpunkt des BMBF: 1998 stehen dafür insgesamt 977 Millionen DM zur Verfügung - eine überproportionale Steigerung: 2,5 Prozent. Wir haben eine breit angelegte Strategie des BMBF zur Förderung von Multimedia, die nicht nur - isoliert - die Technik umfaßt, sondern auch die vielfältigen gesellschaftlichen Folgen von Multimedia berücksichtigt. Im Kern beinhaltet deshalb die Multimedia-Strategie des BMBF vier Elemente: Ausbau der Infrastruktur für Multimedia, Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste, Erschließung der Anwendungsmöglichkeiten für Multimedia und Vermittlung von Medienkompetenz. Die Infrastruktur für die Wissensgesellschaft in Deutschland ist hervorragend: Dank Schwarz-Schilling - weitsichtiger Postminister! Hier einige Beispiele. In der Hälfte der deutschen Büros steht ein PC, auf jeden vierten Bundesbürger kommt ein Computer, in USA doppelt so viel: zirka 50 PC pro 100 Einwohner. Derzeit existieren rund 17 Millionen Anschlüsse für das Fernsehkabelnetz. Auf je 10000 Einwohner kommen etwa 53 ISDN-Anschlüsse, in Japan 19, in Frankreich 18, in den USA 14. Die Zahl der direkten Online-Zugänge ist in Deutschland von 1995 auf 1996 um 42 Prozent gestiegen. Das bedeutet 2,3 Millionen direkter Anschlüsse. Nur die Vereinigten Staaten und Japan legen noch schneller zu: plus 50 bzw. 64 Prozent. Das Deutsche Breitband-Wissenschaftsnetz ist weltweit einer der schnellsten Datenhighways für Bildung und Forschung. Mit der gemeinsamen Initiative des BMBF und der Deutschen Telekom „Schulen ans Netz" sind bis jetzt zirka 6000 Schulen an moderne Informationstechnologien und das Internet herangeführt worden. Für große Unternehmen gilt: Europa holt den Vorsprung amerikanischer Firmen in der Internet-Nutzung zunehmend auf. 66 Prozent aller befragten Unternehmen nutzen das Internet geschäftlich. Spitzenreiter ist Deutschland mit 74 Prozent. Die befragten deutschen Führungskräfte nutzen das Netz durchweg stärker als in anderen Ländern auch privat - Deutschland 48, Großbritannien 36, Frankreich 28 Prozent. Bezieht man auch kleine Unternehmen ein, wird das Bild negativer. Bei der Online-Präsenz sind sehr kleine Unternehmen - weniger als 20 Mitarbeiter -mit 10 Prozent unterrepräsentiert. Mittlere Firmen sind zu etwa 25 Prozent im Netz präsent, Großfirmen - über 999 Mitarbeiter - zu 72 Prozent. Deutschland hat schon heute die schnellste Wissenschafts-Datenautobahn der Welt - das Deutsche Forschungsnetz - mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 155 Megabit pro Sekunde. Und das ist noch nicht schnell genug: Die Planung für Sommer 1998 sieht die Einrichtung einer Pilotstrecke mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 2,5 Gigabit pro Sekunde vor. Dafür haben wir 80 Millionen DM bereitgestellt. 326 deutsche Hochschulen und alle Forschungseinrichtungen in Deutschland sind an dieses Deutsche Forschungsnetz angeschlossen. Die Aufhebung der Monopole im Telekommunikations-Sektor wird zum 1. Januar 1998 abgeschlossen. Damit sind wir im Zeitplan der Europäischen Union. Nicht alle EU-Staaten haben dies geschafft. Wichtig ist aber nicht nur die Regelung der Transporte in den Netzen, sondern auch die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für die Inhalte. Seit dem 1. August 1997 gilt das Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz, IuKDG. Bei der Schaffung von Regelungen für Multimedia in Deutschland haben sich Bund und Länder einigen können. Es ist gelungen, daß der MediendiensteStaatsvertrag der Länder zum gleichen Zeitpunkt in Kraft treten konnte wie das ,,Multimedia-Gesetz" des Bundes. Es ist weiterhin gelungen, zwischen Bund und Ländern einen im Kern einheitlichen Rechtsrahmen für die neuen Dienste in Deutschland zu schaffen: Die wesentlichen Regelungen des Bundes und der Länder zum Datenschutz, zur Zugangsfreiheit, zu den Grundzügen der Verantwortlichkeit und zur Anbieterkennzeichnung sind wort- bzw. inhaltsgleich. Wir konnten die Länder außerdem davon überzeugen, daß „Multimedia" kein Rundfunk ist. Multimedia ist auch keine Telekommunikation. Multimedia ist etwas Neues, ein „neuer Kontinent" sozusagen. Es ist außerdem gelungen, deutliche Trennungslinien zwischen den Regelungsbereichen des Bundes und der Länder zu ziehen. Diese Einigung von Bund und Ländern kann man richtungsweisend nennen. Die Medienlandschaft sieht nun anders aus. Die alte Medien-Ordnung konnte den neuen Diensten nicht einfach übergestülpt werden. Für die neuen Dienste mußten neue Lösungen gefunden werden. Dies ist nun geschehen. Das Informations- und KommunikationsdiensteGesetz, IuKDG, hat weltweit Beachtung gefunden. Das Interesse vor allem an der Regelung der digitalen Signaturen ist groß. Es ist zum Beispiel ein Orientierungsrahmen für die EU, auch die Japaner sind sehr interessiert - ich habe in Tokio hierüber Gespräche geführt. Wir haben in diesem Bereich einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ländern, den die betreffenden Firmen auch nutzen. Ich erinnere hier an den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom Oktober 1996 „Ein ökologischer, sozialer und demokratischer Weg in die Informationsgesellschaft III" , in dem auch die digitalen Signaturen zur Sprache kamen: Die Tendenz war dahin gehend, mit einer Regelung erst einmal abzuwarten. Wären wir damals Ihrem Ratschlag gefolgt, hätten wir diesen Wettbewerbsvorteil für immer verspielt. Viele Regelungen, die Sie seinerzeit in ihrem Antrag gefordert haben, sind heute im IuKDG umgesetzt, zum Beispiel Datenschutz, Verbraucherschutz. Wir betreten mit dem IuKDG Neuland. Der Deutsche Bundestag hat deshalb in seiner Entschließung zum IuKDG vom 11. Juni 1997 die Bundesregierung aufgefordert, die künftigen Entwicklungen bei den neuen Diensten und die Erfahrungen mit dem IuKDG zu beobachten und darzulegen, ob und inwieweit Anpassungs- bzw. Regelungsbedarf besteht. Die Bundesregierung begrüßt diese Entschließung und wird diese zügig umsetzen. Wir müssen die vielfältigen Anwendungspotentiale von Multimedia erkennen und für uns nutzbar machen. Hier drei wichtige Beispiele. Telelearning. Lehrer und Schüler, Professor und Student müssen nicht mehr am selben Ort sein. Sie können sich unmittelbar oder zeitversetzt austauschen. Dies birgt ein enormes Potential. Mittel: 240 Millionen DM, Hochschulsonderprogramm III. Telearbeit. Das Büro muß nicht mehr in der Firma stehen, es kann nun auch zu Hause sein. Dies ist besonders interessant für Familien und insbesondere für Frauen. Kinderbetreuung und Berufstätigkeit werden wieder miteinander vereinbar. Mit der Deutschen Telekom AG haben wir eine Initiative „Telearbeit im Mittelstand" gestartet. Hierfür stehen rund 20 Millionen DM zur Verfügung. Rund 500 kleinere und mittlere Unternehmen werden gefördert. Bis zu 2500 Telearbeitsplätze sollen entstehen. Gründerwettbewerb Multimedia. Mit dem vor einigen Tagen gestarteten „Gründerwettbewerb Multimedia" werden wir dazu beitragen, daß keine gute Geschäftsidee in diesem Bereich in Deutschland an mangelnder Förderung oder mangelndem Kapital scheitert. Der Wettbewerb will einen gezielten Impuls geben, der auch ganz frühe Innovationsansätze erreicht. Als Hilfe für den Unternehmensstart können Existenzgründer Prämien für die besten Ideen erringen. Wir müssen lernen, die neuen Dienste sinnvoll zu nutzen und mit ihnen verantwortungsvoll umzugehen. Kurz gesagt: Wir brauchen Medienkompetenz. Hier ebenfalls zwei Beispiele. Schulen ans Netz. Gemeinsam mit der Deutschen Telekom haben wir die Initiative „Schulen ans Netz" gestartet. Ziel: 10 000 Schulen bis zum Jahre 2000 an das Netz. Ende 1997 werden es 6000 Schulen sein. Senioren ans Netz. In den USA gehören die Senioren bereits zu den eifrigsten Nutzern des Internet. Auch in Deutschland wollen wir die Senioren für Multimedia gewinnen. Wir haben den Wettbewerb „Deutscher Seniorenpreis Multimedia" gestartet: 10 Konzepte, die für Senioren Multimedia möglich machen, werden mit jeweils 50000 DM prämiert werden. In großen zeitlichen und argumentativen Sprüngen wird in der Anfrage versucht, durch Beispiele von ursprünglich in Deutschland oder Europa entwickelten Basiserfindungen, die in Übersee zum kommerziellen Erfolg geführt wurden, ein Versagen der deutschen oder europäischen Forschungspolitik abzuleiten. Es werden dabei die Rahmenbedingungen völlig verkannt, zum Beispiel, daß Marktgrößen und Marktzugänge der USA oder auch Japans sich grundsätzlich von den Möglichkeiten europäischer Akteure unterscheiden. Wenn Japan und die USA als Meßlatte im Sinne eines ,,Benchmarking" dienen, dann muß das Gesamtbild stimmen: Der Anteil der Industrieproduktion mit hohem Forschungsaufwand liegt in Deutschland bei 13 Prozent am Bruttoinlandsprodukt und damit auf dem gleichen Niveau wie in Japan und höher als in den USA. Deutschland ist innerhalb des europäischen Raumes der führende Technologielieferant und ist hinter Japan und den USA der weltweit drittgrößte Technologieexporteur. Deutschland ist bei der staatlichen Finanzierung der zivilen Forschung weltweit Spitze. Anteil am BIP: Deutschland 0,91, Frankreich 0,85, Großbritannien 0,48, USA 0,46 und Japan 0,45 Prozent. Ich fasse zusammen: Dort, wo politisches Eingreifen erforderlich und nützlich ist - etwa bei der Schaffung technischer oder rechtlicher Rahmenbedingungen zur Standardsetzung - Beispiel Mobiltelefon - oder beim Informations- und Kommunikationsdienstgesetz - sowie bei gesellschaftspolitischen Maßnahmen zur Informationsgesellschaft - hat die Bundesregierung gezielt Maßnahmen ergriffen. In vielen Bereichen der Informationsgesellschaft haben wir international Spitzenpositionen erreichen können. Dies alles bleibt in der Großen Anfrage unerwähnt. Auch der Entschließungsantrag verkennt die Maßnahmen der Bundesregierung.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Christian Sterzing


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben mehrfach gesagt, daß wir mit dem neuen Beschäftigungskapitel von Amsterdam nicht zufrieden sind. Es ist zu unverbindlich gehalten. Die Beschäftigungspolitik wird weiterhin der Wirtschafts- und Währungspolitik nachgeordnet. Die Instrumente und Mittel, die für eine Koordinierung der Beschäftigungspolitik in Europa zur Verfügung gestellt werden, sind unzureichend.

    Christian Sterzing
    Aber das Amsterdamer Beschäftigungskapitel eröffnet bei aller Unverbindlichkeit, bei aller Mangelhaftigkeit auch Chancen. Lassen Sie mich vier Aspekte besonders hervorheben:
    Erstens. Die Beschäftigungspolitik wird nun endlich auch auf europäischer Ebene als ein Bereich von gemeinsamem Interesse anerkannt. Dies ist ein wichtiges Signal, ein Signal für 20 Millionen Erwerbslose in Europa, die nun hören: Es soll über wortreiche Erklärungen hinausgehen und zu einer Koordination von Beschäftigungspolitik kommen.
    Entgegen allen Behauptungen der Bundesregierung und der CDU, wie wir sie auch heute gehört haben, ging es in Amsterdam nicht damm, eine gemeinschaftliche Politik auf europäischer Ebene anstelle einer nationalen Politik zu entwickeln, sondern es ging um die Eröffnung einer neuen Dimension einer gemeinsamen europäischen Beschäftigungsstrategie, die zur Verstärkung, zur Unterstützung und Ergänzung nationaler Politiken beitragen sollte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was heißt das?)

    Ich glaube, insofern ist dies das wichtige Signal, das aus Amsterdam kam: Nationale Maßnahmen gegen die Erwerbslosigkeit reichen heute nicht mehr aus. Ihre Wirksamkeit muß durch eine Einbindung auf europäischer Ebene erhöht werden.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Der zweite Aspekt: Durch Amsterdam ist auch die aktive Beschäftigungspolitik wieder zu einem zentralen politischen Thema geworden. Die offensichtliche Entkoppelung von wirtschaftlichem Wachstum einerseits und Beschäftigung andererseits macht deutlich, daß wir doch Beschäftigung als eine politische Aufgabe wahrnehmen müssen und die Hoffnung nicht mehr allein auf Wachstum setzen können und daß die bloße soziale Abfederung der vermeintlich unvermeidbaren Folgen der Globalisierung nicht ausreicht.
    Deshalb ist drittens ein Handlungsdruck entstanden. Den vielen Worten auf den europäischen Gipfeln in den letzten Jahren müssen endlich Taten folgen. Dabei ist die Verknüpfung von nationaler und europäischer Ebene ein ganz wesentliches Element. Durch die Beschlüsse von Amsterdam werden nämlich gerade auch die Mitgliedstaaten mit ihren nationalen Politiken in die Pflicht genommen. Sie müssen über ihre eigenen Aktivitäten Rechenschaft ablegen, Aktionspläne entwickeln und sich eben auch mit den Aktionsplänen anderer Mitgliedstaaten auseinandersetzen, lernen, Erfahrungen austauschen. Der Handlungsdruck auf der EU-Ebene löst somit auch einen Handlungsdruck auf der nationalen Ebene aus.
    Viertens schließlich eröffnet Amsterdam die Chance, daß sich in Sachen Beschäftigungs- und Sozialpolitik auf europäischer Ebene in Zukunft eine Integrationsdynamik entwickelt, so daß aus diesem zarten Pflänzchen der Koordination der Beschäftigungspolitik auf EU-Ebene vielleicht auch einmal ein Busch, ein Baum wird,

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    der aus der EU so etwas wie eine Beschäftigungs-
    und Sozialunion macht.
    Für Luxemburg hat die Kommission nun Vorschläge vorgelegt, die - wie ich meine - die dürftigen und zaghaften Ansätze von Amsterdam doch recht offensiv aufgreifen und die Chancen zu einem Kurswechsel nutzen wollen. Das liegt im Interesse von Millionen von Arbeitslosen, und das liegt auch im Interesse von Europa. Der Sondergipfel könnte durch substantielle Ergebnisse durchaus zur Glaubwürdigkeit der Integration und auch zur Akzeptanz der EU beitragen; aber er muß gelingen.
    Die Kommissionsvorschläge sind natürlich nicht vollständig in unserem Sinne; auch wir haben Kritik zu äußern. Da ist von den Beschäftigungspotentialen einer ökologischen Politik nicht die Rede; da werden auch die Ansätze des Delorsschen Weißbuches nicht weiterentwickelt, aber deutlich wird: Wir brauchen eine europäische Beschäftigungsstrategie, und sie wird gerade auch im Hinblick auf das Kommen der Währungsunion immer wichtiger. Solange nämlich auf der europäischen Ebene bei einer augenblicklichen Inflationsrate von 1 bis 2 Prozent immer noch Preisstabilität als das oberste Ziel dargestellt wird,

    (Dr. Helmut Haussmann [F.D.P.]: Das ist die beste Sozialpolitik!)

    solange die Haushaltspolitik auf drastische Ausgabenkürzungen programmiert bleibt und Beschäftigungswirkungen ignoriert, kann eine beschäftigungsorientierte Wirtschaftspolitik auf nationaler Ebene dem ja nur sehr begrenzt entgegensteuern. Solange auch der Wettlauf um die niedrigsten Unternehmensteuern und Sozialabgaben, um die niedrigsten Sozial- und Umweltstandards fortgesetzt wird, ist jede nationale Regierung erpreßbar, die mit Arbeitszeitverkürzungen, aktiver Arbeitsmarktpolitik oder mit ökosteuerfinanzierten Innovationsprogrammen die Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt verändern will.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

    Eine gemeinsame europäische Beschäftigungsstrategie könnte also der Anfang sein, wenn ihn die Bundesregierung nicht noch verhindert, denn von der Bundesregierung hören wir im Augenblick nur, daß sie offensichtlich gewillt ist, ihre Blockadestrategie von Amsterdam fortzusetzen und alle zaghaften Ansätze für eine europäische Beschäftigungspolitik zu verwässern.

    (Zuruf von der PDS: Unerhört!)

    Nichts ist im deutschen Aktionsplan davon zu merken, daß sie lernfähig ist, daß sie bereit ist, Impulse aufzunehmen, im Gegenteil. Hier wird ohne jede Selbstkritik das eigene Programm dargestellt. Ange-

    Christian Sterzing
    sichts der beschäftigungspolitischen Bilanz der Bundesregierung finde ich das doch recht dreist.

    (Zuruf von der SPD: Das ist wahr!)

    Hier wird souverän ignoriert, welche Fehlschläge auf nationaler Ebene in den letzten Jahren produziert worden sind. So zielt die Regierungspolitik weiterhin darauf, Ansätze für eine noch zaghafte Koordinierung auf europäischer Ebene schon im Keime zu ersticken.
    Wir hoffen, daß sich die Bundesregierung in den nächsten Wochen im Vorfeld des Sondergipfels nicht durchsetzen kann;

    (Zustimmung bei der PDS)

    denn es besteht die Chance, daß aus Luxemburg ein erster wichtiger Anstoß für eine europäische Beschäftigungs- und Sozialunion kommt.
    Vielen Dank.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Kollege Dr. Haussmann, F.D.P.

(Ottmar Schreiner [SPD]: Ein berühmter Beschäftigungspolitiker!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Helmut Haussmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Hauptdebatte zu dem heutigen Thema wird ja anläßlich der Regierungserklärung stattfinden. Ich weise darauf nur hin, damit sich nicht ein falscher Eindruck festsetzt.
    Aber wir sind bereit, in jeder Woche über Arbeitslosigkeit zu diskutieren. Es gibt in dieser Frage hier im Deutschen Bundestag überhaupt keinen Unterschied. Wenn jeder dritte junge Spanier, jeder vierte junge Franzose, zum Glück nur jeder zehnte junge Deutsche arbeitslos ist, gibt es in Europa kein wichtigeres Thema. Nur, wer weniger Arbeitslose in Europa will, muß ehrlich sein und den Arbeitslosen erklären, welche Ebene, welche Funktion, welche finanziellen Mittel und welche Zuständigkeiten hat,

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    und darf nicht so tun, als könne man eine beschäftigungspolitische Blockade in Deutschland ausgleichen, indem man auf europäischer Ebene unendliche Forderungen stellt. Wer mehr Beschäftigung will, muß zunächst einmal seine Hausaufgaben machen.

    (Beifall bei der SPD)

    Er muß hier zunächst einmal der Steuerreform zustimmen

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    und dafür sorgen, daß eine Steuerreform in Gang kommt.

    (Günter Gloser [SPD]: Ich glaube, hier regieren die Marsmenschen!)

    Es gibt überhaupt niemanden mehr, der heute den
    Zusammenhang zwischen struktureller Arbeitslosigkeit und Steuerreform bestreitet. Sie aber machen das hier aus wahltaktischen Gründen bewußt kaputt. Das ist die Wahrheit, und das gehört an den Anfang einer Diskussion über die Bekämpfung von Massenarbeitslosigkeit.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)