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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/197 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 197. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Oktober 1997 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des kroatischen Parlaments, Herrn Pavletic, seiner Vizepräsidenten und seiner Delegation . 17677 A Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 17677 B Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Geldwäschebekämpfung (Drucksache 13/6620) 17677 D b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 8. November 1990 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten (Drucksache 13/7954) 17677 D c) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 13 GG) (elektronische Wohnraumüberwachung) (Drucksache 13/8650) . 17677 D d) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (Drucksache 13/8651) 17678A e) Antrag des Abgeordneten Manfred Such und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Schutz der Vertraulichkeit des Telekommunikationsverkehrs und des Vertrauensverhältnisses zu Berufsgeheimnisträgern (Aktionsprogramm gegen Lauschangriffe) (Druck sache 13/5196) 17678 A f) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.: Telefonüberwachungen (Drucksache 13/8652) 17678 A g) Antrag des Abgeordneten Manfred Such und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Maßnahmen zur verbesserten Bekämpfung der Geldwäsche sowie zur Einziehung kriminell erlangter Profite (Drucksache 13/8590) 17678 B h) Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Jürgen Meyer (Ulm), Günter Graf (Friesoythe), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Organisierte Kriminalität in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 13/1925, 13/4942) 17678 B i) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Antrag des Abgeordneten Manfred Such und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mehr Effektivität und demokratische Transparenz bei der Gewinnung und Analyse außenpolitischer Erkenntnisse durch Auflösung des Bundesnachrichtendienstes (Drucksachen 13/4374, 13/6862) 17678 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 17678 C Dr. Rupert Scholz CDU/CSU . . 17680A, 17683 C Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . . 17681 C Peter Conradi SPD 17682 C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. 17683 B Otto Schily SPD 13684 A, 17694 A Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17686 B Otto Schily SPD 17686 C Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . 17688 B Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 17690A Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17691 A Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 17692A Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . 17693C, 17704 C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. . . . . 17694 D Manfred Kanther, Bundesminister BMI . 17695 C Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 17697 C Norbert Geis CDU/CSU 17699 D Hermann Bachmaier SPD 17701 D Erwin Marschewski CDU/CSU . 17703A, 17705 A Detlev von Larcher SPD 17704 D Tagesordnungspunkt 4: a) Erklärung durch die Bundesregierung zum wirtschaftlichen Aufbau in den neuen Bundesländern 17705 C b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 1997 (Drucksache 13/8450) 17705 C c) Antrag des Abgeordneten Klaus-Jürgen Warnick und der Gruppe der PDS: Beendigung der Zwangsprivatisierung von kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungen in den ostdeutschen Bundesländern durch Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes (Drucksache 13/8571) 17705 C d) Antrag des Abgeordneten Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Neue Chancen für Ostdeutschland (Drucksache 13/8645) 17705 D e) Antrag der Abgeordneten Dr. UweJens Rössel, Dr. Christa Luft, Wolfgang Bierstedt, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Vermögen der DDR entsprechend den Festlegungen des Einigungsvertrages verwenden (Drucksache 13/8656) 17705 D f) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Rolf Kutzmutz, Dr. Christa Luft, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS: Bestandsaufnahme des Vermögens der DDR (Drucksachen 13/1834, 13/6175) 17706A g) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Bläss, Dr. Ruth Fuchs, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Anpassungsgeld und Knappschaftsausgleichsleistung für Bergleute in den neuen Bundesländern (Drucksachen 13/5592, 13/6962) . . . 17706 A h) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag des Abgeordneten Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aufbau Ost braucht langen Atem (Drucksachen 13/7789, 13/8581) 17706A i) Große Anfrage der Gruppe der PDS: Sicherung und Erneuerung industrieller Kerne in den neuen Ländern (Drucksachen 13/6565, 13/8236) . . . 17706B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Helmut Wilhelm (Amberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nutzung des Altschuldenhilfegesetzes für eine Initiative zur Gründung von Wohnungsgenossenschaften (Drucksache 13/8703) 17706 B Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 17706C Wolfgang Thierse SPD 17710A Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 17712 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17715 C Wolfgang Dehnel CDU/CSU 17717 A Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 17718A Dr. Gregor Gysi PDS 17720B Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . 17722 C Sabine Kaspereit SPD 17724 B Uwe Lühr F.D.P 17725 D Ulrich Petzold CDU/CSU 17726D Rolf Schwanitz SPD 17728 B Gerhard Jüttemann PDS (Erklärung nach § 31 GO) 17730A Tagesordnungspunkt 15: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder (Kindesunterhaltsgesetz) (Drucksache 13/7338) 17730 C b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Erstes SGB III - Änderungsgesetz - 1. SGB III - ÄndG) (Drucksache 13/8653) 17730 C c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (Drucksache 13/8668) 17730 D d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten (Drucksache 13/8586) . . . 17730 D e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (Drucksache 13/8587) . . 17730 D f) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Apothekengesetzes (Drucksache 13/8301) 17731 A g) Antrag der Abgeordneten Bernd Reuter, Fritz Rudolf Körper, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Wiedergutmachung für die Opfer von NS-Willkürmaßnahmen (Drucksache 13/8576) 17731 A Zusatztagesordnungspunkt 2: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 13/8705) 17731 A b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) (Drucksache 13/8246) 17731 B Tagesordnungspunkt 16: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag des Abgeordneten Wolfgang Schmitt (Langenfeld) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Hermes-Bürgschaften für den DreiSchluchten-Staudamm in China (Drucksachen 13/5399, 13/6364) . . . 17731 B b) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 1113 Titel 882 01 - Finanzhilfen des Bundes zur Förderung von Investitionen in Pflegeeinrichtungen an die neuen Länder (Drucksachen 13/7838, 13/7958 Nr. 2, 13/8602) 17731 C c) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 25 04 Titel 526 45 - Planungskosten für Baumaßnahmen außerhalb des Parlamentsviertels - (Drucksachen 13/8175, 13/8507 Nr. 1.7, 13/8603) 17731 D d) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 1112 Titel 616 31 - Zuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit - (Drucksachen 13/8204, 13/8507 Nr. 1.8, 13/8604) . . 17731 D e) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 1102 Titel 682 01 - Erstattung von Fahrgeldausfällen bei der unentgeltlichen Beförderung Schwerbehinderter - (Drucksachen 13/8247, 13/8507 Nr. 1.9, 13/8605) 17732 A f) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Haushaltsführung 1997; Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 04 Titel 682 04 - Von der EU nicht übernommene Marktordnungsausgaben - bis zur Höhe von 50 142 000 DM (Drucksachen 13/8263, 13/8507 Nr. 1.10, 13/8606) 17732 A g) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Haushaltsführung 1997; Außerplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 60 02 apl. Titel 652 02 - Nothilfe des Bundes für Hochwassergeschädigte an Oder und Neiße - (Drucksachen 13/8380, 13/8507 Nr. 1.18, 13/8607) 17732 B h) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Haushaltsführung 1997; Außerplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 12 apl. Tit. 893 08 - Sachkostenzuschüsse zu Maßnahmen nach § 249h AFG und Strukturanpassungsmaßnahmen nach §§ 272 ff. SGB III zur Beseitigung von Hochwasserschäden in der Oderregion (Drucksachen 13/8407, 13/8507 Nr. 1.19, 13/8608) 17732 B i) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Haushaltsführung 1997; Außerplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 25 02 apl. Titel 882 22 - Zuweisungen an das Land Brandenburg für die Instandsetzung und den Wiederaufbau durch Hochwasser beschädigter oder zerstörter Wohngebäude - (Drucksachen 13/8449, 13/8507 Nr. 1.21, 13/8609) 17732 C j) Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Haushaltsführung 1997; Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 12 Titel 681 01 - Arbeitslosenhilfe - (Drucksachen 13/8296, 13/8594 Nr. 1.3, 13/8610) 17732 C k) Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses zu der dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 3/97 (Drucksache 13/8601) 17732 D 1) bis p) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 240, 242, 243, 244 und 245 zu Petitionen (Drucksachen 13/8568, 13/8661, 13/8662, 13/8663, 13/8664) 17733A-C Zusatztagesordnungspunkt 3: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vierten Protokoll vom 15. April 1997 zum Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (Drucksachen 13/8215, 13/8727) 17733 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes 1997 (Drucksachen 13/4839, 13/8701, 13/8734) . . 17733D Reiner Krziskewitz CDU/CSU 17734 A Jörg-Otto Spiller SPD 17734 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17736C Dr. Guido Westerwelle F D P. 17737 D Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17738B, 17748A Dr. Christa Luft PDS 17739 B Dr. Gregor Gysi PDS 17740 D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 17742B Karl Diller SPD 17745 A Detlef Helling CDU/CSU . . . . . . .17747 A Dr. Barbara Höll PDS 17748 B Tagesordnungspunkt 5: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung und Förderung der betrieblichen Berufsausbildung (Berufsausbildungsfinanzierungsgesetz) (Drucksache 13/8680) . 17749D b) Antrag der Abgeordneten Ottmar Schreiner, Edelgard Bulmahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Sofortprogramm Arbeit und Beruf für junge Frauen und Männer (Drucksache 13/8640) 17750 A c) Antrag der Abgeordneten Maritta Böttcher, Christa Luft, Rosel Neuhäuser, Rolf Kutzmutz und der Gruppe der PDS: Sofortprogramm berufliche Erstausbildung für alle Jugendlichen (Drucksache 13/8599) 17750 A d) Erste Beratung des von den Abgeordneten Petra Bläss, Dr. Ruth Fuchs, Heidemarie Lüth und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Krankenpflegegesetzes (Drucksache 13/7093) 17750A e) Erste Beratung des von den Abgeordneten Maritta Böttcher, Dr. Christa Luft, Rosel Neuhäuser, Rolf Kutzmutz und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 12) (Drucksache 13/8573) 17750 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Angelika Beer, Christian Sterzing, Antje Hermenau und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Beseitigung von Ausbildungshindernissen und Benachteiligungen im Rahmen der Wehrpflicht (Drucksache 13/8706) 17750 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Mehr Arbeitsplätze durch flexible Strukturen - moderne Berufe - keine Zwangsabgaben (Drucksache 13/8732) 17750 C Rudolf Scharping SPD 17750C, 17757 B Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 17752 D Rudolf Scharping SPD 17754 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 17757 C Jürgen W. Möllemann F.D.P. . . 17758D, 17775D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17760 D, 17777 C Dr. Gregor Gysi PDS 17761 D Günter Rixe SPD . . . . . . . 17763B, 17772 D Jürgen W. Möllemann F.D.P. . . . . . 17765 B Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU 17766 A Hans-Werner Bertl SPD 17767 B, D Günter Rixe SPD 17768 B Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17769 B Julius Louven CDU/CSU . . . 17770C, 17773 A Ottmar Schreiner SPD 17773A, 17776 B Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 17776D Jörg Tauss SPD 17777 D Edelgard Bulmahn SPD 17779 B Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer . . 17769 A Tagesordnungspunkt 7: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Postgesetzes (Drucksachen 13/7774, 13/8702) 17782 A b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Post und Telekommunikation - zu dem Antrag der Abgeordneten Hans Martin Bury, Gerd Andres, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Infrastruktur sichern, Wettbewerb fördern - Grundsätze zur Neuordnung des Postsektors - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Manuel Kiper, Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), Simone Probst und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dienstleistungen für das 21. Jahrhundert: Vom Postamt zum Bürgerservicebüro - zu dem Antrag der Abgeordneten Gerhard Jüttemann, Wolfgang Bierstedt, Eva Bulling-Schröter, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS: Festschreibung und Sicherung von sozialen Standards und Leistungsgarantien im Postgesetz (Drucksachen 13/4582, 13/6556, 13/7094, 13/8702) 17782A Elmar Müller (Kirchheim) CDU/CSU . 17782 C Hans Martin Bury SPD 17783 D Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17785 D Klaus Barthel SPD 17786 B Dr. Max Stadler F D P. 17787 B Ulrich Irmer F.D.P 17788 C Gerhard Jüttemann PDS 17789 C Dr. Michael Meister CDU/CSU 17790 C Dieter Heistermann SPD 17791 A Klaus Barthel SPD 17791 D Klaus Barthel SPD 17793 A Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 17795 A Namentliche Abstimmung 17796 C Ergebnis 17800 C Tagesordnungspunkt 8: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den deutschen Auslandsrundfunk (Drucksachen 13/4708, 13/8669, 13/8489) . . 17796D b) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Rezzo Schlauch, Christa Nickels und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Staatsferne und Selbstbestimmung des deutschen Auslandsrundfunks (Deutsche Welle) (Drucksachen 13/4846, 13/8669) . . . 17797 A c) Antrag der Abgeordneten Joseph Fischer (Frankfurt), Rezzo Schlauch, Christa Nickels, Dr. Antje Vollmer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sicherung der Staatsferne und der Rundfunkfreiheit im Deutschland-Radio (Drucksache 13/1429) . . . . 17797 B d) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Glotz, Arne Börnsen (Ritterhude), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Garantie des Bestandes der ARD - zu dem Entschließungsantrag des Abgeordneten Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zur vereinbarten Debatte zu dem Thema „Strukturreform der ARD" (Drucksachen 13/396, 13/404, 13/4645) 17797 B Erwin Marschewski CDU/CSU 17797 C Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . . 17798 C Freimut Duve SPD 17799A, 17803D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17802 D Dr. Max Stadler F D P. 17803 D Wolfgang Bierstedt PDS 17805 C Hans-Otto Wilhelm (Mainz) CDU/CSU 17806B Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . 17807 B Freimut Duve SPD 17808 A Wolfgang Bierstedt PDS 17809 A Claus-Peter Grotz CDU/CSU 17809 C Tagesordnungspunkt 6: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Steinkohlesubventionen (Drucksache 13/8635) 17810 C b) Antrag der Abgeordneten Volker Jung (Düsseldorf), Wolfgang Behrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Eckpunkte einer langfristigen deutschen Kohlepolitik (Drucksache 13/5015) 17810D c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung eines Bundesamtes für Strahlenschutz (Drucksache 13/8641) 17810 D d) Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Uwe Küster, Reinhard Weis (Stendal), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben (Drucksachen 13/5921, 13/7132) 17810D Volker Jung (Düsseldorf) SPD 17811 A Gunnar Uldall CDU/CSU 17812 C Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17813 D Minister Dr. Manfred Dammeyer (Nordrhein-Westfalen) 17815 A Ursula Schönberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17815C, 17820 D Jürgen Türk F.D.P 17817 C Rolf Köhne PDS 17818 C Kurt-Dieter Grill CDU/CSU 17819 B Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD . . . 17821B Dr. Renate Hellwig CDU/CSU . . . 17823 A Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 17823 C Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD . . 17824 B, 17828A Dr. Uwe Küster SPD 17824 D Kurt-Dieter Grill CDU/CSU 17825 C Walter Hirche, Parl. Staatssekretär BMU 17826A Marion Caspers-Merk SPD 17826 B Dr. Uwe Küster SPD 17827 C Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Michaele Hustedt, Dr. Jürgen Rochlitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Erstellung eines nationalen Umweltplans (Drucksache 13/7884) 17828D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17829 A Christa Reichard (Dresden) CDU/CSU . 17830A Marion Caspers-Merk SPD 17832A Birgit Homburger F D P. 17834 A Eva Bulling-Schröter PDS 17835 A Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17835 D Walter Hirche, Parl. Staatssekretär BMU 17836D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17838 A Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Oswald Metzger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unterstützung der Schweiz bei den Verhandlungen zum Alpentransit (Druck sache 13/8574) 17838 C Nächste Sitzung 17838 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 17839*A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Manfred Kolbe (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1997 (hier: Solidaritätszuschlag) (Zusatztagesordnungspunkt 4) . 17839*D Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Helmut Heiderich (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Postgesetzes (Tagesordnungspunkt 7) 13840*A Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (Antrag: Unterstützung der Schweiz bei den Verhandlungen zum Alpentransit) Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17840*A Claus-Peter Grotz CDU/CSU 17841*A Karin Rehbock-Zureich SPD 17842 *A Horst Friedrich F.D.P. 17843 *A Dr. Winfried Wolf PDS 17843*C Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär BMV 17844* C 197. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Oktober 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Basten, Franz Peter CDU/CSU 9. 10. 97 Behrendt, Wolfgang SPD 9. 10. 97 * Berger, Hans SPD 9. 10. 97 Dr. Blank, CDU/CSU 9. 10. 97 * * Joseph-Theodor Borchert, Jochen CDU/CSU 9. 10. 97 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 9. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Graf von Einsiedel, PDS 9. 10. 97 * Heinrich Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 9. 10. 97 Formanski, Norbert SPD 9. 10. 97 Francke (Hamburg), CDU/CSU 9. 10. 97 Klaus Fuchs (Verl), Katrin SPD 9. 10. 97 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 9. 10. 97 * * Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 9. 10. 97 Großmann, Achim SPD 9. 10. 97 Gysi, Andrea PDS 9. 10. 97 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 9. 10. 97 Heyne, Kristin BÜNDNIS 9. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Ibrügger, Lothar SPD 9. 10. 97 * ** Dr. Jobst, Dionys CDU/CSU 9. 10. 97 * * Dr.-Ing. Kansy, Dietmar CDU/CSU 9. 10. 97 ** Knoche, Monika BÜNDNIS 9. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Lehn, Waltraud SPD 9. 10. 97 Marx, Dorle SPD 9. 10. 97 Meckel, Markus SPD 9. 10. 97 * * Nickels, Christa BÜNDNIS 9. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Paziorek, Peter CDU/CSU 9. 10. 97 Reschke, Otto SPD 9. 10. 97 Schmitt (Langenfeld), Wolfgang BÜNDNIS 90/DIE 9. 10. 97 GRÜNEN Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 9. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Schulte (Hameln), SPD 9. 10. 97 * * Brigitte Dr. Skarpelis-Sperk, SPD 9. 10. 97 Sigrid Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Terborg, Margitta SPD 9. 10. 97 Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter CDU/CSU 9. 10. 97 ** Verheugen, Günter SPD 9. 10. 97 Voigt (Frankfurt), SPD 9. 10. 97 ** Karsten D. Vosen, Josef SPD 9. 10. 97 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 9. 10. 97 ** Wolf (München), Hanna SPD 9. 10. 97 Zapf, Uta SPD 9. 10. 97 ** Zierer, Benno CDU/CSU 9. 10. 97 Zumkley, Peter SPD 9. 10. 97 * * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Manfred Kolbe (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1997 (hier: Solidaritätszuschlag) (Zusatztagesordnungspunkt 4) Auch wenn es generell richtig ist, die Steuern zu senken, stellt die Rückführung gerade des Solidaritätszuschlages das falsche Signal dar, weil dadurch der Eindruck entstehen kann, als wären die Folgen der Teilung Deutschlands bewältigt und könne Solidarität abgebaut werden. Das Gegenteil ist leider der Fall: Erstmals 1997 wächst die Wirtschaft im Osten schwächer als im Westen und die Arbeitslosenentwicklung ist gerade im Osten Deutschlands äußerst bedrohlich. Der Aufbau Ost ist in einer besonders kritischen Zwischenphase und ohne einen neuen gemeinsamen Anlauf droht eine wirtschaftliche und soziale Teilung Deutschlands auf Dauer. Allerdings hatten die CSU-Bundestagsabgeordneten aus dem Osten auf ihrer Klausurtagung am 13./14. April 1997 in Berlin ein Junktim zwischen der Fortsetzung der steuerlichen Investitionsförderung und der Absenkung des Solidaritätszuschlags hergestellt. Die steuerliche Investitionsförderung ist auf sehr wirkungsvolle Weise bis 2004 verlängert worden. Da getroffene Abmachungen einzuhalten sind, stimme ich deshalb jetzt der Absenkung des Solidarzuschlages zu. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Helmut Heiderich (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Postgesetzes (Tagesordnungspunkt 7) Die weitere Liberalisierung des Postsektors ist notwendig und dringlich. In Abweichung zum vorliegenden Entwurf des Postgesetzes befürworte ich jedoch die vorsorgliche Beibehaltung einer Lizenzpflicht für den Bereich der Infopost. Damit wäre für diesen Marktbereich ein weiteres Eingreifen der Regulierungsbehörde möglich, falls die Wettbewerbsfreigabe zu Friktionen führen sollte. Da ein Scheitern des Postgesetzes aber zu unverantwortlichen negativen Folgen führen würde, stimme ich dem Postgesetz insgesamt trotzdem zu. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (Antrag: Unterstützung der Schweiz bei den Verhandlungen zum Alpentransit) Albert Schmidt (Hitzhofen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Man schreibt das Jahr eintausendneunhundertsiebenundneunzig. Ganz Europa stöhnt unter einer täglich weiter anwachsenden Lkw-Lawine, deren 40-Tonner mit ihrem Lärm und Gestank den Menschen Schlaf und Gesundheit rauben. Ganz Europa? Nein, in der Mitte des Kontinents wehrt sich ein tapferes Alpenvolk wie weiland Klein-bonum gegen das Imperium Romanum, gegen eine übermächtige Europäische Union, die das 28-Tonnen-Limit der Eidgenossinnen ebenso knacken will wie das Lkw-Nachtfahrverbot innerhalb der Schweizer Grenzen. Wie Asterix einst dem großen Julius Cäsar trotzen die HelvertierInnen der drohenden Verdoppelung des Schwerlastverkehrs auf den Straßen. 1994 haben sie es geschafft, per Volksabstimmung zwei Ziele in ihre Verfassung zu schreiben, die nun ihre Regierung, aber auch die EU-Verkehrsminister zum gemeinsamen Handeln zwingen: Erstens muß der Lkw-Verkehr bis 2005 auf die Schiene verlagert werden. Zweitens soll dies durch saftige Transitabgaben erreicht werden, die die internationalen Spediteure dazu bewegen, Leerfahrten zu vermeiden und ihren Gütertransport per umweltfreundlicher Bahntechnik abzuwickeln. Im Gegenzug sind die Schweizer bereit, zwei neue Alpentransversalen zu bauen, die den Güterverkehr in vollem Umfang auf der Schiene bewältigen sollen: je einen Basistunnel durch den Gotthard und durch den Lötschberg/Simplon. Obwohl als Wegelagerer und Beutelschneider beschimpft, sind die Schweizer in Wahrheit kühle Rechner. 560 Franken, also etwa 700 DM, muß nach der Analyse der „Alpeninitiative", der erfolgreichsten Bürgerinitiative Europas, eine Lkw-Fahrt von Grenze zu Grenze kosten, um ihre externen Wege- und Umweltkosten wenigstens annähernd zu bezahlen. Doch davon will Brüssel nichts wissen. Nach dem Motto „Nieder mit den Alpen, freie Fahrt zum Mittelmeer! " will die EU die Lkw-Legionen am liebsten ungebremst von Abgaben und Verboten durchdonnern lassen. Das Druckmittel, mit dem man das querköpfige Bergvolk gefügig machen will: Europaweite Start- und Landerechte für die Swiss Air soll es nur geben, wenn die EidgenossInnen auf ihre Lkw-Abgabenpläne möglichst weitgehend verzichten. So treten die bilateralen Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU derzeit auf der Stelle. Es besteht die Gefahr, daß das kleine Helvetia letztlich nachgibt, wenn, ja wenn es nicht massive politische Unterstützung von außen erfährt. Genau diese Unterstützung durch den Deutschen Bundestag und durch die Bundesregierung ist der Kern unseres Antrags, der in ähnlicher Form von den grünen Fraktionen auch in den Parlamenten Osterreichs, Frankreichs, Italiens, der Niederlande und im Europäischen Parlament eingebracht werden wird. Denn der zunehmende Gütertransport auf der Straße ist eben kein Schweizer Problem. Er ist ein europäisches Problem, das holländische Trucks ebenso verursachen wie italienische. 1,1 Millionen Lkws haben allein im Jahr 1996 die Schweiz durchquert, die wenigstens davon eidgenössische. Überdies sind Osterreich, Südfrankreich und natürlich auch Deutschland ebenso gepeinigte Transitregionen, wo sich Mensch und Natur nach Entlastung sehnen. Die wird freilich nicht von frommen Willensbekundungen Matthias Wissmanns kommen oder von schönen Texten wie dem EU-Grünbuch „Faire und effiziente Transportpreise" des Brüsseler Verkehrskommissars Neil Kinnock. Eine großflächige Reduzierung und Verlagerung des Straßentransits wird es nur geben durch eine knallharte Preispolitik, über eben jene kilometerbezogene Schwerverkehrsabgabe, die die Schweiz einführen will - und zwar in einer Höhe, die nicht nur symbolisch ist, sondern die gewünschte Verlagerung auch wirklich bewirkt. Daraus folgt: Auch die EU-Mitgliedsstaaten, vor allem Deutschland, müssen schleunigst selbst Abgaben für jeden Lkw einführen, die sich nicht an den Interessen des Transportgewerbes, sondern an den ökologischen Folgekosten orientieren. Dazu sind wir schon durch die Alpenkonvention verpflichtet, die die EU-Staaten ja mitunterschrieben haben. Und wir müssen die Zulaufschienenstrecken zu den geplanten Alpentunnels ausbauen, nicht nur die Rheinachse Karlsruhe-Basel, sondern auch Stuttgart-Zürich, Ulm-Friedrichshafen und München/Augsburg-Lindau. Die Schweizer Position ist keineswegs antieuropäisch. Im Gegenteil: Mit ihrer hoffentlich weiterhin konsequenten Haltung in Sachen Transitabgaben ist Helvetia Vorreiter einer zukunftsfähigen Verkehrspolitik. Was in den Alpen richtig ist, ist für das Rheinland oder für die Pyrenäen nicht falsch: Solange der Schwerverkehr auf der Straße nur mit einer lächerlich niedrigen Euro-Jahresvignette belastet ist, von deren Erhöhung kaum noch die Rede ist, wird kein Spediteur auf die Schiene gehen. Der Dauerstau auf den Autobahnen ist vorprogrammiert, nicht nur im besonders sensiblen Alpenraum. Die EU-Staaten sollten daher vom Alpen-Asterix lernen: Die Schwerverkehrsabgabe ist ein Modell für ganz Europa. Damit die Güter von Rotterdam bis Genua auf die Schiene kommen. Claus-Peter Grotz (CDU/CSU): Die Schweiz ist nicht nur ein schönes Land, sondern in vielerlei Hinsicht ein Vorbild: für demokratische Stabilität, für kulturelle Vielfalt in Einheit. Ich will nicht verhehlen, daß es mir viel lieber wäre - und vielleicht auch für beide Seiten leichter -, würden die Verkehrsverhandlungen mit der Schweiz im Rahmen von EU-Beitrittsverhandlungen erfolgen. Ob man allerdings soweit gehen muß wie die Grünen, die jetzt zum zweitenmal und in aufeinander folgenden Bundestagssitzungen gleich die unkritische Übernahme schweizerischer Positionen durch die Bundesregierung fordern, halte ich für fraglich. In der letzten Woche ging es um die besondere Schweizer Drogenpolitik. In dieser Woche soll die Bundesregierung aufgefordert werden, in den bilateralen Verkehrsverhandlungen zwischen der EU und der Schweiz den Eidgenossen einen Blankoscheck auszustellen. Demnächst fordern die Grünen noch die Übernahme des schweizerischen Milizsystems bei der Bundeswehr. Ich möchte gern den Spieß einfach umdrehen und die akademische, sehr theoretische Frage stellen, ob im Schweizer Parlament, der Bundesversammlung, ein Antrag denkbar wäre, der den Bundesrat, also die Regierung dort, auffordert, statt der eigenen die deutsche Position zu übernehmen - und das Ganze während laufender Verhandlungen. Die Frage zu stellen heißt, sie mit Nein zu beantworten. Eher rollt ein Schweizer Käse von allein den Berg hoch. Die Verkehrsverhandlungen zwischen der EU und der Schweiz sind zweifellos langwierig und schwierig. Beide Seiten - und das ist doch völlig normal und legitim - haben unterschiedliche, teilweise konträre Interessen. So ist es natürlich nachvollziehbar, daß die Schweiz den Alpentransit, noch dazu auf der Straße, möglichst gering und, wenn es ihn schon gibt, dann möglichst teuer halten möchte. Allerdings muß die Schweiz darauf bedacht sein - sie diskutiert derzeit neben einer Alpentransitgebühr auch eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe -, daß sie nicht auch noch den Import- und Exportverkehr im eigenen Land trifft. Ebenso legitim ist in den Verhandlungen auch das Interesse der EU, zu verhindern, daß die Schweiz zu einem Sperriegel für notwendige Verkehre zwischen Nord-, Mittel- und Südeuropa wird, einem Sperriegel, der im übrigen zu Umwegverkehren nach Österreich und Frankreich führen würde. Dies zu verhindern ist auch ureigenstes deutsches Interesse. Das gilt ganz besonders, wenn wir die vielfältigen Wirtschaftsbeziehungen beispielsweise des Allgäus, Oberschwabens, der Bodenseeregion und des Hochrheins zu Italien betrachten. Auch dafür - bzw. zuerst dafür - hat diese unsere Bundesregierung die politische Verantwortung. Das ist die Ausgangslage. Hintergrund ist die sogenannte Alpeninitiative, die 1994 in der Schweiz beschlossen wurde. Hierzu möchte ich in einigen Punkten unsere Position darstellen: Erstens. Die Alpeninitiative, die für die Schweiz eine Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs ab dem Jahr 2004 auf die Schiene fordert, stellt zunächst einmal eine empfindliche Beeinträchtigung für den Nord-Süd-Verkehr dar. Solange es nämlich die dafür notwendige Schienenkapazität noch nicht gibt, stellt diese „Verkehrsblockade" eine massive Behinderung für den freien Warenverkehr zwischen den Mitgliedsländern der Europäischen Union dar. Besonders die unmittelbar an die Schweiz angrenzenden Wirtschaftsregionen erleiden erhebliche Wettbewerbsnachteile. Zweitens. Die schweizerische Alpeninitiative ist in erster Linie vom politischen Willen getragen, die Alpenregion vor weiteren vom Verkehr verursachten Umweltbelastungen zu schützen. Die Verlagerung auf die Schiene wird von uns unterstützt. Dieses politische Ziel ist grundsätzlich zu begrüßen. Vor der Anwendung verkehrslenkender Fiskalinstrumente muß aber die entsprechende Infrastruktur bereitstehen. Lediglich den Straßengüterverkehr zu verteuern, ohne eine attraktive Alternative anbieten zu können, ist wirtschafts- und arbeitsplatzfeindlich. Drittens. Trotz Anstrengungen aber scheint es ausgeschlossen, daß in der Schweiz, so wie eigentlich vorgesehen, bis zum Jahr 2004 die notwendigen Kapazitäten auf der Schiene geschaffen werden können. Realistischerweise muß davon ausgegangen werden, daß die neuen notwendigen und sinnvollen Alpentransversalen frühestens im Jahr 2010 zur Verfügung stehen. Deshalb gilt es - und das ist und bleibt primäre Aufgabe der Verkehrsverhandlungen -, für die Übergangszeit eine für beide Seiten, Schweiz wie EU, akzeptable Regelung zu finden. Es darf kein Alles oder Nichts und kein Nullsummenspiel geben. Hier muß sich auch die Schweiz noch bewegen. Zugleich gibt es die Erwartung an die Bundesregierung, daß sie die deutschen Interessen innerhalb der EU-Verhandlungsgruppe vertritt. Am Ende wird ein akzeptabler Kompromiß stehen. Der muß erarbeitet werden. Es kann kein Blankoscheck ausgestellt werden. Der im Antrag der Grünen geforderte Baustopp für Straßen im Zulaufkorridor würde das Aus für den Ausbau der A 5, das Aus für den Ausbau der Hochrheinautobahn, das Aus für die B 30 im Schussental bedeuten und würde zum Stillstand in Süddeutschland führen. Wir stimmen der Überweisung des Antrags an die Ausschüsse zu. Karin Rehbock-Zureich (SPD): Berggebiete zeichnen sich durch komplexe ökologische Wechselwirkungen und durch eine hohe Verletzbarkeit ihrer Ökosysteme aus. Dies gilt ebenso für die Alpen, die seit der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ökologisch - insbesondere durch das Anwachsen des Verkehrs - immer mehr unter Druck geraten sind. Der Schutz und die Nutzung der Alpen müssen sich deshalb am Ziel einer dauerhaften Entwicklung orientieren. Der Erhaltung des gesamten Alpenraumes als gesamteuropäisches Erbe muß oberste Priorität eingeräumt werden. Die Alpenländer Deutschland, Frankreich, Italien, Slowenien, Liechtenstein, Österreich, die Schweiz und die Europäische Gemeinschaft haben mit der Alpenkonvention den Schutz und die Erhaltung der Alpen völkerrechtlich festgeschrieben. Die Unterzeichnerstaaten haben sich mit der Konvention unter anderem zum Ziel gesetzt, möglichst große Teile des alpenquerenden Güterverkehrs künftig auf der Schiene und im kombinierten Verkehr abzuwickeln. Insbesondere beabsichtigt die Schweiz, den Gütertransitverkehr ab 2004 nur noch über die Schiene durchzuführen (Volksabstimmung 1994). Ein Blick auf die Landkarte macht dieses Ansinnen verständlich: Immerhin werden zwei Drittel der Grundfläche der Schweiz von den Alpen bedeckt. Aus diesem Grunde - und hier stimmen Sie mir sicherlich zu - besitzt die Schweiz ein berechtigtes Anliegen, ihre Landschaft vor den Auswirkungen des Straßengütertransitverkehrs zu schützen. Die Schweiz plant, unter anderem eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe einzuführen, die so hoch ist, daß der Transitverkehr von der Straße auf die Schiene verlagert wird. So unterstützenswert das Anliegen der Schweizer Regierung auch sein mag, eins darf nicht übersehen werden: Der durch das Schweizer Vorhaben drohende verstärkte Umfahrungsverkehr durch die anderen Alpenanrainerstaaten wie zum Beispiel Österreich kann und darf nicht das Ergebnis. dieser Unterstützung sein. Jeder weiß, die Verkehrsströme nehmen im allgemeinen nicht den kürzesten Weg, sondern den mit den geringsten Kosten. Nach Angaben des französischen Verkehrsministeriums nehmen derzeit jährlich 450000 Lkws wegen des schweizerischen Gewichtslimits von 28 Tonnen die Route über den Montblanc. Bei einer durchschnittlichen Nettobelastung von 18 Tonnen pro Lkw entspricht dieses einer Menge von zirka 8 Millionen Tonnen pro Jahr. Für den Brenner werden Zahlen von 180 000 Lkws pro Jahr als Umfahrungsverkehr genannt, was einer Menge von zirka 3 Millionen Tonnen pro Jahr entspricht. Was wird also geschehen, wenn der Schweiz weitaus höhere Gebühren zugestanden werden als den übrigen Alpenländern? Sie sehen, das Problem ist weitaus schwieriger, als man es sich vielleicht vorstellt. Es geht aus unserer Sicht nicht an, die Schweiz einseitig zu unterstützen und gleichzeitig zuzusehen, wie Österreich wegen der Erhöhung der Brenner-Maut vor den Europäischen Gerichtshof gebracht wird. Was wir also benötigen, ist eine einheitliche Lösung des Problems. Die Aufgabe der Bundesregierung muß deshalb sein, darauf hinzuwirken, eine für alle Seiten annehmbare Lösung zu finden, sowohl für die EU-Länder, die eine hohe Schwerverkehrsabgabe für die Schweiz ablehnen, als auch für die Schweiz selbst. Die Bundesregierung sollte sich verstärkt um neue Impulse für die festgefahrenen Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz bemühen, anstatt nur als Zuschauer zu fungieren. Was wir brauchen, ist eine einheitliche Gebührenerfassung des Straßengütertransitverkehrs - national -, die streckenbezogen ist, sensible Strecken definiert und berücksichtigt, aber keine neuen Wettbewerbsverzerrungen in Europa hervorruft. Leider sind die Initiativen der Bundesregierung in dieser Sache nicht ersichtlich. Die Lkw-Vignetten-Verhandlungen in der Europäischen Union zeigen ganz deutlich, daß wir weit von der Kostenwahrheit im Straßenverkehr entfernt sind. Faire Preise für alle Verkehrsträger - eine Grundvoraussetzung für die Güterverlagerung von der Straße auf umweltfreundlichere Verkehrsträger wie Schiene und Binnenschiffahrt - werden nicht mehr diskutiert. Begriffe wie „externe Kosten" und die besondere Berücksichtigung „sensibler Strecken", wie sie die Strecken durch die Alpen darstellen, hat der EU-Ministerrat abgelehnt. Wir sind aber der Meinung, daß diese Begriffe im Hinblick auf einen zukunftsfähigen und umweltverträglichen Verkehr von außerordentlicher Bedeutung sind. Welchen Sinn macht es zudem, den Güterverkehr auf der Straße erst von der Schweiz ab auf die Schiene zu verlagern? Nein, wir müssen bereits hier bei uns die Voraussetzungen für eine verstärkte Verlagerung im Transportbereich schaffen. Wir brauchen deshalb den Einstieg in die Diskussion über eine streckenbezogene Gebührenerfassung des Gütertransitverkehrs in Europa. Zudem muß bei den Lkw-Vignetten-Verhandlungen der Zusammenhang mit den Verhandlungen über den Alpentransit mit der Schweiz gewahrt bleiben. Um neue Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, dürfen die Transitkosten in den verschiedenen Alpenländern - aber auch im Vergleich zu den übrigen Staaten - nicht allzusehr auseinanderdriften. Wer die Alpen schützen will, darf dies nicht auf Kosten der anderen tun. Nur durch eine einheitliche Regelung, die diesem sensiblen Raum Rechnung trägt, können die Alpen als gesamteuropäisches Erbe geschützt und bewahrt werden. Die Bundesregierung sollte endlich ihren Beitrag dazu leisten, indem sie die verkehrspolitischen Voraussetzungen schafft. Wir brauchen eine Schienenvorrangpolitik in Deutschland, denn mit der Unterzeichnung der Alpenkonvention hat sich die Bundesregierung ver- pflichtet, große Teile des alpenquerenden Verkehrs künftig auf der Schiene und im kombinierten Verkehr abzuwickeln. Sie sollte ihre Verpflichtung endlich ernst nehmen. Horst Friedrich (F.D.P.): Nachdem die Grünen mit ihrer nationalen Götzenanbetung nicht weiterkommen, versuchen sie nunmehr ihre heilige goldene Kuh, den Schienengüterverkehr, im Alleingang mit aller Gewalt über bzw. durch die Alpen zu treiben. Mit diesen populistischen, wenig durchdachten Forderungen soll auf diesem Umwege ganz bewußt nicht nur der deutsche Bundesverkehrswegeplan unterwandert werden. Es kann doch nicht richtig sein, immer wieder auf den sogenannten externen Kosten des Straßengüterverkehrs, sei es nun bei uns oder bei unseren europäischen Nachbarn, herumzureiten und die Augen vor dem Nutzen zu verschließen. Dieser externe Nutzen des Verkehrs kommt bei den Diskussionen um die Verkehrsverlagerung leider immer zu kurz Eine Abkopplung des Wirtschaftswachstums vom Verkehr und der im Schwerlastverkehr eingenommenen Abgaben von Zweckbindung und Rückfluß kann nicht der richtige Weg sein. Eine Politik gegen den Straßengüterverkehr und eine ökonomisch nicht zu legitimierende Bevorzugung der Bahn gefährdet aber nicht nur innerdeutsch, sondern europaweit die Wirtschaftlichkeit im internationalen Wettbewerb und Hunderttausende gewerbliche Arbeitsplätze im Verkehrssektor. Selbstverständlich ist auch uns die Lage der Schweiz und die Schutzbedürfigkeit der Alpen bewußt und ein Anliegen. Auch Deutschland trägt als Transitland Nr. 1 besonders hohe Belastungen, und aufgrund unserer geographischen Lage sind auch wir für die Belange eines anderen Transitlandes sensibilisiert. Daher haben wir ja auch zum Schutz des Alpenraums an der sogenannten „Alpenkonvention" mitgearbeitet und diese bereits ratifiziert. Wir sind jedoch der Auffassung, daß diesem Anliegen nur durch eine gesamteuropäische Lösung, in der etwa neben den deutschen auch französische, italienische und österreichische Interessen Berücksichtigung finden, Rechnung getragen werden kann. Übrigens stößt auch in der Schweiz der nationale Alleingang auf Widerstand. Vor diesem Hintergrund ist eine abgestimmte europäische Verkehrspolitik notwendig, weil der grenzüberschreitende Verkehr auch zukünftig schneller wächst als der Verkehr innerhalb der einzelnen Staaten. Außerdem bestehen in allen Ländern Europas unterschiedliche Präferenzen für einzelne Verkehrsträger, die zu entsprechenden Unterschieden in den Infrastrukturstandards, bei den Investitionsschwerpunkten und bei der Berücksichtigung der Belange von Umweltschutz und Raumordnung führen. Insoweit schließen wir uns auch der EU-Forderung an, das 28-Tonnen-Gewichtslimit in der Schweiz aufzuheben. Ein nationaler Alleingang der Schweizer im Sinne einer Limitierung des Transitverkehrs - bei gleichzeitiger Ausschöpfung des 40-Tonnen-Gewichtslimits bei den Nachbarn - ist nur schwer hinnehmbar. Darüber hinaus wird so in ganz erheblichem Maße Umwegverkehr provoziert und die Umwelt unnötig belastet. Es ist augenscheinlich, daß der Ausbau der Schiene in der Schweiz besondere finanzielle Opfer fordert. Es ist jedoch nicht einzusehen, warum diese einzig und allein vom Schwerlastverkehr in der von den Grünen geforderten Weise aufzubringen sind. Wen würden Sie eigentlich zur Finanzierung Ihrer Projekte heranziehen, wenn Sie infolge ihrer Politik das Güterkraftverkehrsgewerbe vernichtet haben? Letztlich kann ich den Eidgenossen an dieser Stelle nur empfehlen, auf den Pfad der Tugend zurückzukehren. Das Problem der weiter wachsenden Transportströme kann nur international und in Zusammenarbeit aller Beteiligter gelöst werden. Der Freischein zu einseitigem, nationalem Abkassieren ist mit der F.D.P. nicht zu machen. Daher lehnen wir den vorliegenden Antrag ab. Dr. Winfried Wolf (PDS): Es liegt in der Natur eines Verkehrssektors, der die Maximierung der Tonnenkilometer betreibt, gegen die Natur zu wüten. Es gilt die Losung: „Nieder mit den Alpen, freier Blick aufs Mittelmeer". Das freisinnige Schweizer Volk also wagt es, sich den Euro-Lkw-Normen zu widersetzen: Maximal 28-Tonnen-Lkw sind gestattet; nachts existiert Lkw-Fahrverbot. Am 20. Februar 1994 folgte dann die Oberfrechheit: Der Volksentscheid, wonach bis zum Jahr 2005 der Lkw-Transitverkehr auf die Schiene zu verlagern sei, gewann eine breite Mehrheit. Die Worte des damit neuen Artikels 24quarter der Schweizer Bundesverfassung sind unzweideutig; sie lauten: Der alpenquerende Gütertransitverkehr von Grenze zu Grenze erfolgt auf der Schiene ... Ausnahmen sind nur zulässig, wenn sie unumgänglich sind. Diese müssen durch ein Gesetz näher bestimmt werden. Die Transitstraßen-Kapazität im Alpengebiet darf nicht erhöht werden. Ausgenommen sind Umfahrungsstraßen zur Entlastung von Ortschaften im Durchgangsverkehr. So klar des Schwyzer Volkes Wille, so arrogant die teutonische Antwort. Als im Verkehrsausschuß vor geraumer Zeit über die EU-Verkehrspolitik diskutiert wurde und die Opposition nachfragte, inwieweit die EU-Kommission und die Bundesregierung bei all den Zahlen über einen ständig anwachsenden Alpentransit das angeführte Schweizer Referendum mitbedacht hätten, wurde von dem damals zuständigen Staatssekretär knapp geantwortet: „Das ist nicht unser Problem. Das ist das Problem der Schweizer." Tatsächlich sind Bundesregierung und EU ständig dabei, dieses „Problem" zu vergrößern. Die Schweiz wird massiv unter Druck gesetzt, ja erpreßt. Andere Themen werden mit der Transitfrage verknüpft. Immer neue Ausnahmeregelungen für den Lkw-Transit wurden durchgesetzt, wobei auch die Bundesregie- rung in Bern der eigenen Bevölkerung in den Rükken fällt. Die schweizerische „Sonntagszeitung" spricht von einem „40-Tonnen-Korridor", der so drohe. Und die „Neue Zürcher Zeitung" sprach bereits von einem „EU-Diktat", dem sich die „älteste Demokratie der Welt im 700. Jahr des Rütlischwurs nicht beugen" werde. Vor diesem Hintergrund macht der Antrag der Grünen in der generellen Stoßrichtung Sinn. Wir sind auch einverstanden mit der Forderung nach einer leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe in unserem Land - und haben vor eineinhalb Jahren selbst einen entsprechenden Antrag eingebracht. Richtig tapfer ist die Forderung im Antrag nach einer „generellen Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene" hierzulande - was mindestens auf eine Verdreifachung des Schienengüterverkehrs hinausliefe. Hier setzt die erste von drei kritischen Anmerkungen an: Problematisch ist am Antrag, daß sich darin erneut kein Wort zur Verkehrsvermeidung findet. Gerade der alpenquerende Transitgüterverkehr kommt doch oft einer absurden Verkehrsinflation gleich. Da wird Schweinefleisch aus den Niederlanden zur Verarbeitung nach Südtirol und zurück in deutsche Lande verbracht, damit auf der Verpakkung stehen kann „Geselcht" - geräuchert - „in Südtirol " . Zum zweiten geht der Antrag Schlichtweg vom notwendigen Bau der gigantischen Alpentunnel - der „Neuen Alpen-Traversale" (NEAT) - aus. Damit soll der Transitverkehr durch die Schweiz verdreifacht werden. Abgesehen von den bergtechnischen Problemen - Stichwort: „schwimmende Gebirge " - droht damit ein finanzielles Desaster, auch für die SBB, die ein Teil der Kosten tragen sollen. Es war die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte, die als „denkbar schlimmsten Fall" errechnete, daß 50 Jahre nach Bestehen der NEAT die Schweiz mit einer Schuldenlast von 300 Milliarden Franken konfrontiert sein könnte. Dabei liegt der Alternative zu NEAT die Studie der Finanz-Consulting Firma Coppers & Lybrand vor, wonach die vorhandenen SBB-Kapazitäten bei optimalem Ausbau bis zum Jahr 2022 ausreichten, um den Transitverkehr auf Schienen zu verdoppeln. Schließlich nervt, wenn als Begründung für den Antrag herhalten muß: Das Prinzip der Marktwirtschaft wird mit den Schweizer Maßnahmen nicht angetastet, sondern mustergültig umgesetzt: Wegen der hohen Umweltsensibilität der Alpen - Umwelt ist ein knappes Gut - muß die Durchfahrung der Alpen verteuert werden. Fragt sich, was folgt, wenn Umwelt reichhaltig vorhanden wäre. Die „Marktwirtschaft" verfährt anderswo längst entsprechend - in China, in den USA: spottbillige Transporte, großangelegte Zerstörung, eben „mustergültige Umsetzung der Marktwirtschaft" . Also: Da waren wir schon mal weiter. Umwelt, Mensch, Natur und elementare Lebensbedürfnisse dürfen eben nicht den Gesetzen des Maklers, dem Spiel von Angebot und Nachfrage, unterworfen werden. Aber dies können wir im Ausschuß noch debattieren. Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr: Seit Sommer 1995 laufen Verhandlungen der Kommission mit der Schweiz über den Land- und Luftverkehr. Sie sind eingebettet in Verhandlungen über fünf weitere Sektoren: Freizügigkeit der Personen, Landwirtschaft, öffentliches Auftragswesen, Beseitigung technischer Handelshemmnisse und Forschung. Beide Seiten streben eine Gesamtlösung an. Der Erfolg der Gesamtverhandlungen hängt jedoch von einem Durchbruch bei den Transitgebühren für Lkw im Landverkehrsabkommen ab. Die gegenwärtigen Verhandlungen zwischen der Kommission und der Schweiz sehen hierfür nach Emissionsklassen differenzierte Höchstsätze vor. Die letzte Schweizer Forderung in den Verhandlungen mit der Kommission lief für die mittlere Emissionsklasse auf einen Gebührensatz von etwa 1,80 DM pro Kilometer für einen 40-t-Lkw hinaus! Zum Vergleich: Die Selbstkosten des Transportunternehmers für Personal, Treibstoffverbrauch und dergleichen liegen heute etwa auf der gleichen Höhe. Das heißt: Die schweizerischen Gebührenforderungen bedeuteten etwa eine Verdoppelung der heutigen Transportkosten des Unternehmens pro Kilometer. Wir dürfen hierbei auch nicht vergessen, daß die schweizerischen Gebührensätze fast unvermeidlich Wirkung auf die Gebührensätze in Österreich haben. Österreich besteht zur Vermeidung von Umweltverkehr auf vergleichbaren Gebührensätzen. Bei allem Verständnis für die besondere Situation der Alpenländer sind die derzeit diskutierten Gebührensätze für Deutschland nicht akzeptabel. Hohe Gebührensätze, wie die Schweiz sie fordert, würden den deutschen Außenhandel mit den Mittelmeerländern, insbesondere mit Italien, spürbar verteuern. Dies gilt insbesondere dort, wo die Schiene keine wirkliche Alternative zum Straßengüterverkehr darstellt, etwa bei den Milchtransporten von Bayern nach Italien. Die Verhandlungen über die Höhe der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe in der Schweiz müssen auch vor dem Hintergrund der in der Europäischen Union üblichen Gebührensätze gesehen werden. Die entfernungsabhängigen Gebühren pro Kilometer in Frankreich, Italien oder Spanien liegen für Lkw zur Zeit bei etwa 20 bis 30 Pfennig. Deutschland, das zur Zeit noch eine zeitabhängige Gebühr erhebt, ist - unabhängig von der Länge der Strecke - auf eine Straßenbenutzungsgebühr von knapp 12 DM pro Tag beschränkt. Wir können akzeptieren, daß die Wegekosten in den Alpenländern höher sind als in den meisten übri- gen Regionen Europas. Wir müssen aber darauf bestehen, daß die Gebühren in den Alpenländern in einem noch halbwegs vernünftigen Verhältnis zu den Gebühren in der Europäischen Union stehen. Es liegt daher jetzt an der Schweiz, einen neuen, für alle Seiten akzeptablen Vorschlag auf den Tisch zu legen. Natürlich unterstützt die Bundesregierung das Ziel, einen möglichst hohen Anteil des Güterverkehrs über die Alpen auf die Schiene zu bringen. Wir sind jedoch der Auffassung, daß dieses Ziel vor allem durch ein verbessertes Eisenbahnangebot erreicht werden muß. Die Bundesregierung hat gezeigt, daß sie bereit ist, dazu ihren Beitrag zu leisten. Der Bundesminister für Verkehr hat am 5. September 1996 mit dem Vorsteher des eidgenössischen Verkehrs-und Energiewirtschaftsdepartments eine Vereinbarung zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des Zulaufes zur neuen Eisenbahn-Alpentransversale, NEAT, in der Schweiz geschlossen. Die Maßnahmen kosten fast 6 Milliarden DM. Wir sind aber nicht der Auffassung, daß Straßenbenutzungsgebühren, die darauf abzielen, die Eisenbahn vor dem Wettbewerb der Straße zu schützen, der geeignete Weg sind. Eine europaweite Einführung einer leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe, wie sie von den Grünen gefordert wird, halte ich angesichts der Schwierigkeiten, auch nur bescheidene Fortschritte bei den Straßenbenutzungsgebühren in der Europäischen Gemeinschaft zu erreichen, nicht für realistisch. ich halte sie aber auch nicht für wünschenswert, da grundsätzlich jeder Staat selbst - natürlich im Rahmen der geltenden europäischen Regelungen - entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip über die Einführung von Straßenbenutzungsgebühren sowie deren Ausgestaltung im einzelnen entscheiden soll. Abschließend noch ein Satz zur Forderung der Grünen, auf den weiteren Ausbau der Bundesfernstraßen im Bereich der Transitkorridore zur Schweiz zu verzichten. Für Deutschland als Transitland Nummer eins in Europa ist die Schaffung eines gesamteuropäischen Verkehrsnetzes von größter Bedeutung, in dem alle Verkehrsträger leistungsfähig sind. Dies erfordert auch den notwendigen Ausbau der Straßeninfrastruktur. Europa kann nur weiter zusammenwachsen, wenn die Menschen auf diesem Kontinent einander noch näher rücken - auf Straßen, Schienen und Schiffahrtswegen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Paul Krüger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Der siebte Jahrestag der deutschen Einheit war Anlaß, bezüglich der Entwicklung in den neuen Bundesländern vielfältig Bilanz zu ziehen. Es liegt auf der Hand, daß diese Bilanzen je nach Sichtweise der Betrachter unterschiedlich ausgefallen sind. Auch die heutige Debatte gibt Zeugnis für unterschiedliche Wertungen der Entwicklungen.
    Bei allen Gegensätzen scheinen wir uns wenigstens mittlerweile alle darüber einig zu sein - das freut mich -, daß die Wiedervereinigung notwendig war. Nach allen in den letzten Tagen durchgeführten
    Umfragen ist dies auch die Meinung der breiten Mehrheit der Öffentlichkeit in den neuen Bundesländern. So freuen sich nach einer Infratest-Umfrage 86 Prozent der Deutschen im Westen und 93 Prozent im Osten über die Wiedervereinigung.
    Ebenfalls durchaus positiv wird durch die überwiegende Mehrheit der Menschen in den neuen Bundesländern die persönliche Lebenssituation eingeschätzt. Im Osten sind mittlerweile 74 Prozent mit ihrem neuen Leben zufrieden. Neben deutlich gestiegenen Einkommen - das fällt in unseren Debatten immer wieder zu flach - ist besonders hervorzuheben, daß es gelungen ist, konsequent und in erstaunlich kurzer Zeit die Sozialsysteme der alten Bundesrepublik in die neuen Bundesländer zu überführen,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    dies übrigens auch gegen den damaligen Widerstand Oskar Lafontaines. Ich habe entsprechende Zitate.
    Die Wiedervereinigung und unsere Politik seither waren ohne ernsthafte Alternative. Sie waren richtig und im Rahmen des Möglichen erfolgreich. Das wird auch von der Mehrheit der Menschen so gesehen. Die besonders Ungeduldigen sollten sich vor Augen führen, daß die Wiedervereinigung erst halb so lange währt wie früher die durchschnittliche Wartezeit auf einen Trabbi.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Dr. Uwe Küster [SPD]: Ein Kalauer!)

    Die gelegentlich pauschalisierend geäußerte Vermutung, die Menschen in den neuen Bundesländern seien unzufrieden, trifft so nicht zu. Richtig ist vielmehr, daß ein Teil der Menschen in den neuen Bundesländern durchaus verunsichert ist. Die Ursachen für die Verunsicherung liegen vor allem in der notwendig kurzfristigen vollständigen Umstellung der Lebenssituation in Ostdeutschland, gleichermaßen im rechtlichen Bereich, im sozialen Bereich und insbesondere im beruflichen Bereich.
    Das Ausmaß dieser Umstellung beweist die Tatsache, daß nur jeder vierte in Ostdeutschland in den letzten Jahren seinen angestammten Arbeitsplatz behalten hat. Viele Menschen hatten sich auf eine Arbeit in völlig neuen Bereichen, in völlig neuen Unternehmen umzustellen. Viele dieser Unternehmen befinden sich darüber hinaus in finanziell schwierigen Situationen. Zu viele Menschen finden keine Arbeit, obwohl sie arbeiten wollen. Die Arbeitslosigkeit ist derzeit das größte Problem in den neuen Bundesländern.
    Weitere Faktoren der Verunsicherung sind - insbesondere im Verhältnis zu den alten Bundesländern - in der völlig unterschiedlichen Vermögenssituation, aber auch in der, wie ich meine, nicht hinnehmbaren Kriminalitätsentwicklung zu sehen.
    Angesichts dieser beträchtlichen Verunsicherung ist es nicht verwunderlich, daß sich manch einer nach der „schäbigen Normalität der DDR" zurücksehnt, wie Richard Schröder es einmal formulierte. Es gibt drei wesentliche Gründe für diese vermeintliche Nostalgie.

    Dr.-Ing. Paul Krüger
    Der erste ist die Vermischung von politisch - objektiver und persönlich - subjektiver Vergangenheit, also die Vermischung des alles und alle beherrschenden DDR-Systems mit der persönlichen Biographie, mit dem Leben und der Heimat der Menschen. Aber nicht die Menschen, nicht ihre Biographie, nicht ihr Leben oder ihre Heimat waren das Problem, sondern das DDR-System mit seinen zum Teil schlimmen Auswirkungen auf die Menschen, auf die Wirtschaft und auf die Umwelt.
    Der zweite Grund ist das Vergessen des Negativen, das Vergessen dessen, was realer Sozialismus in der DDR auch bedeutete: verfallene Häuser, löchrige Straßen, ein unzureichendes Abwassernetz, eine zum Teil zerstörte und vergiftete Umwelt und nicht zuletzt die Überwachung, Bevormundung, Gängelung,

    (Dr. Uwe-Jens Heuer [PDS]: Lauschangriff! Gegenruf von der CDU/CSU: Heuer findet das gut!)

    Zersetzung bis hin zu Repressalien, die sich unter dem Begriff „Stasi" zusammenfassen lassen.
    Deshalb bleibt es eine Notwendigkeit, immer wieder daran zu erinnern, was Sozialismus bedeutet, besonders dann, wenn es um die Gestaltung unserer Zukunft geht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Der dritte Grund ist die Erkenntnis der Menschen im Osten, daß das neue System nicht ideal ist - oder zumindest nicht so ideal, wie man es sich vorgestellt hat. Es sind zwar nur wenige, die sich das alte System zurückwünschen, aber auch diese sollten sich vor Augen führen, in welch katastrophaler wirtschaftlicher Situation sich die DDR zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung befand.
    Auch sieben Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es noch besondere Defizite im Osten unseres Vaterlandes. Zu nennen ist neben der viel zu hohen Arbeitslosigkeit vor allem die nach dem Wegbrechen der mittel- und osteuropäischen Märkte viel zu schmale industrielle Basis. Wir sollten uns daran erinnern: 1939 waren auf dem Gebiet der heutigen fünf neuen Länder 35 Prozent der deutschen Industrieproduktion konzentriert; 1990, nach dem Wegbrechen der gesamten Ostexporte, waren es noch ganze 5 Prozent. Hier sehen wir, an welchem Defizit wir zu arbeiten haben.
    Aber bei allen noch zu lösenden Problemen besteht kein Anlaß zum Pessimismus. Gemessen am Stand von vor sieben Jahren haben wir insbesondere in den neuen Bundesländern viel erreicht. Wenn ich „wir" sage, dann meine ich damit nicht nur die Politik oder diejenigen, die dort materiell investiert haben, sondern auch und vor allem diejenigen Menschen, die den schwierigen Reformprozeß mit Mut, Engagement, mit Wagnis- und Innovationsbereitschaft und mit Einsatzwillen für eine bessere Zukunft begleitet haben und in ihn investiert haben.
    Als Ergebnis haben wir am Standort Deutschland, insbesondere am Standort Ostdeutschland heute besondere Vorzüge aufzuweisen: Wir haben einen sehr
    hohen Ausbildungsstand der Menschen, insbesondere im naturwissenschaftlich-technischen Bereich. Die Motivation der Arbeitnehmer ist nach Aussage aller Investoren überdurchschnittlich hoch. Die Infrastruktur wird laufend ausgebaut. Wir haben oft gehört - auch hier im Hause -, welche Fortschritte wir im Bereich der Verkehrsinfrastruktur gemacht haben. Das Geld, das dort angelegt wurde, war gut angelegt. Die Kommunikationsinfrastruktur ist heute besser als in den alten Bundesländern.
    Maßnahmen zur Deregulierung und Verwaltungsvereinfachung haben teilweise bereits Vorbildfunktion für ganz Deutschland. Wir haben ein wirksames Instrumentarium zur Ansiedlung und Festigung von Unternehmen entwickelt. Dazu gehören unter anderem die steuerliche Wirtschaftsförderung, Investitionszuschüsse über die Gemeinschaftsaufgabe mit einem beträchtlichen jährlichen Volumen der Förderung. Dazu gehören die Eigenkapitalhilfe Ost, der Beteiligungsfonds Ost und diverse Förderprogramme, die ich jetzt nicht in vollem Umfang anführen kann.
    Herr Thierse, Sie haben die Defizite im Innovationsbereich angesprochen. Die sehe ich genauso wie Sie. Ich möchte Sie an dieser Stelle aber daran erinnern, daß wir 50 Prozent der ostdeutschen Industrieforschung über Programme von Bund und Ländern fördern, in Westdeutschland 4 Prozent. Ich sage das, damit wir einmal die Relationen sehen. Trotzdem sind die Erfolge nicht ausreichend, auch das müssen wir immer wieder sagen.
    Ich wundere mich aber auch, Herr Thierse, daß die Innovationszulage, die wir seit beträchtlicher Zeit fordern und die im Zusammenhang mit dem Investitionszulagengesetz eingeführt werden sollte, insbesondere durch die Finanzministerinnen in den neuen Bundesländern, die allesamt von der SPD kommen, abgelehnt worden ist. Ich freue mich, daß Sie uns in Zukunft auf dem richtigen Wege unterstützen.
    Im Ergebnis haben wir in den letzten Jahren über 500 000 Existenzgründungen in den neuen Bundesländern. Das Wachstum bei der verarbeitenden Industrie und bei den Dienstleistungen liegt derzeit jeweils bei mehr als 6 Prozent. Bis Ende 1996 wurden 375 000 Wohnungen in den neuen Ländern neu gebaut und mehr als die Hälfte des Bestandes saniert.
    Mit dem neuen Investitionszulagengesetz, das Zulagen bis zu 20 Prozent beinhaltet, haben wir eine attraktive, zielgenaue Förderung geschaffen, die besonders den in Ostdeutschland Wirkenden, die unmittelbar vor Ort wirtschaftlich aktiv werden, zugute kommt.
    Auch wenn bei uns die Situation in der Folge von 40 Jahren Sozialismus immer noch schwierig ist, besteht kein Grund, den Standort Deutschland permanent schlechtzureden - und schon gar nicht den Standort Ostdeutschland.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Dr.-Ing. Paul Krüger
    Es bestehen vielmehr gute Gründe für Hoffnungen darauf, die begonnenen Entwicklungen erfolgreich fortzusetzen.
    Hierzu wird die durch den Bundeskanzler initiierte gemeinsame Initiative für mehr Arbeitsplätze in Ostdeutschland weitere vielfältige Beiträge leisten, insbesondere auch zur Lösung der momentan besonders schwierigen Ausbildungsplatzsituation. Aber wir werden gerade zu diesem Komplex heute noch eine besondere Debatte haben. Ich glaube, wir sind - das kann ich jetzt schon sagen - auf einem guten Wege, auch dieses Jahr die Situation wieder zu meistern - bei allen Schwierigkeiten.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Aufarbeitung der SED-Erblasten in den neuen Ländern ist aber nicht die einzige Aufgabe und nicht die einzige Herausforderung in Deutschland, die wir zu bewältigen haben. Der gesamte Standort Deutschland steht vor Umbrüchen, die wir nur gemeinsam bewältigen können. Ich nenne hier die Globalisierung der Wirtschaft, welche die internationale Wettbewerbsfähigkeit immer wichtiger werden läßt. Ich nenne den demographischen Wandel, der uns dazu zwingt, über eine bloße Fortschreibung überkommener Lösungsansätze hinaus unsere sozialen Sicherungssysteme zur Bewältigung der sich ständig ändernden Aufgaben zukunftsfähig zu machen.
    Die Lösung dieser übergreifenden Probleme hat für den wirtschaftlich schwächeren Osten naturgemäß besondere Bedeutung. Wenn wir mit den zur Problemlösung notwendigen Reformen heute noch nicht so weit sind, wie es eigentlich zu wünschen wäre, so liegt dies nur zum Teil daran, daß die vereinigungsbedingte Sonderkonjunktur den Blick für die Größenordnung und für die Dringlichkeit der notwendigen Reformen - übrigens bei allen gesellschaftlichen Partnern - verstellt hatte.
    Ein entscheidendes Hemmnis für rasche Fortschritte in den letzten Jahren war aber auch die Behinderungs- und Verhinderungstaktik der SPD im SPD-dominierten Bundesrat.

    (Beifall bei der CDU/CSU Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    - Ja, meine Damen und Herren, Sie mögen das nicht gerne hören. Aber es gibt für diese Blockade genug Beispiele. Ich will hier nur zwei nennen. Zur großen Steuerreform hat die Koalition zigmal ihre Kompromißbereitschaft angezeigt.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Schuld am Untergang Deutschlands ist die SPD!)

    Die SPD dagegen war nie zu echten Verhandlungen bereit. Daß diese Blockade auch bei den Bürgern als Wahlkampftaktik durchschaut wird, zeigen aktuelle Umfrageergebnisse. Die große Steuerreform ist damit übrigens nicht, wie manche meinen, gescheitert. Sie ist vielmehr bis zum Wechsel der Mehrheiten im Bundesrat vertagt.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Aber auch bei der Einführung der neuen Instrumente des Arbeitsförderungsgesetzes hat die Opposition im letzten Jahr heftig blockiert. Das Ergebnis war, daß die Maßnahmen erst mit drei Monaten Verzögerung in Kraft treten konnten. Seitdem konnten allein durch Lohnkostenzuschüsse in den neuen Bundesländern 33 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Ohne SPD-Blockade hätten das, wie ich meine, bereits einige tausend Arbeitsplätze mehr sein können.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wir halten die ABM für notwendig, aber nicht für das alleinseligmachende Mittel. Vielmehr sind wir der Meinung, daß wir über neue Instrumente der Arbeitsmarktpolitik nachdenken müssen. Hier haben wir gerade in den neuen Bundesländern ein Feld, wo wir sie erproben können. Das tun wir bereits erfolgreich.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die böse SPD!)

    Auch der neueste Akt in diesem traurigen Schauspiel der SPD wird von Herrn Lafontaine inszeniert. Er fordert massive Lohnerhöhungen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)

    - Ja, das ist wirklich unglaublich, Herr Fischer. Er weiß doch, daß in den neuen Ländern bereits heute drei Viertel der Unternehmen untertariflich arbeiten müssen, und zwar deshalb, weil sie sonst einfach nicht wettbewerbsfähig wären. Wir wissen, welche unheilvolle Tarifentwicklung wir in den neuen Bundesländern hinter uns haben und welche Auswirkungen diese auf die wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere bei den Arbeitsplätzen, gehabt hat.

    (Wolfgang Thierse [SPD]: Was hat das mit dem Versprechen blühender Landschaften zu tun?)

    Das Signal gerade von der SPD ist verheerend. Jeder potentielle Investor, der in Deutschland und gerade in Ostdeutschland neu investieren will, muß sich verunsichert fühlen. Der Eindruck - das muß ich so offen sagen - drängt sich auf, daß Lafontaine vor dem Hintergrund der nächsten Wahlen nichts mehr als den sich abzeichnenden wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland fürchtet und daß er nichts unversucht läßt, diesen wirtschaftlichen Aufschwung zu verhindern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Wolfgang Thierse [SPD]: So ein dummes Zeug! Daß Sie dabei nicht rot werden!)

    Gleichwohl hat die Koalition das auf der Grundlage von Gesprächen mit Wirtschaft und Gewerkschaften entstandene 50-Punkte-Programm vollständig umgesetzt, soweit dies gegen den Widerstand der SPD durchsetzbar war.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben Helmut Kohl noch nicht gelobt!)


    Dr.-Ing. Paul Krüger
    Wesentliche Punkte dabei waren: Wir haben die Substanzsteuer auf Gewerbekapital und Vermögen, das heißt alle Substanzsteuern in Deutschland, völlig abgeschafft und - das ist wichtig -

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es fehlt noch das Weihrauchfäßchen!)

    in den neuen Ländern erst überhaupt nicht eingeführt.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Wir haben beschäftigungsfreundliche Neuregelungen im Arbeitsrecht durchgesetzt. Ebenso haben wir Anreize zur Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Eindämmung des Anstiegs der Lohnnebenkosten in Angriff genommen. Ich glaube, all diese Neuregelungen wirken sich in Ostdeutschland besonders stark aus; genauso wirken sie natürlich auch in Westdeutschland. Sie sind jedoch für die neuen Länder von noch größerer Bedeutung, weil hier die Defizite und damit auch die Notwendigkeit zum Handeln besonders groß sind.
    Damit sind wir beim Kern der Betrachtungen zum Jahrestag der Deutschen Einheit angelangt: Wenn gefragt wird, wie lange es noch dauert, bis wir wirtschaftlich die innere Einheit erreicht haben werden, so gibt es zwei nur scheinbar widersprüchliche Antworten.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Erstens: Die SPD ist schuld! Zweitens: Die SPD ist schuld!)

    Zum einen wird es noch viele Jahre bis zu einer Annäherung der wirtschaftlichen Leistungskraft zwischen Ost und West dauern. Zum anderen ist es natürlich so, daß die Wiedervereinigung längst vollzogen ist, da beide Teile in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung unmittelbar voneinander abhängen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dennoch ist die SPD schuld!)

    Deshalb ist die Fortsetzung der Sonderförderung für Ostdeutschland auf hohem Niveau unverzichtbar; genauso dringlich sind aber Reformen zur Lösung der Probleme bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen auf gesamtdeutscher Ebene.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und die blockiert die SPD!)

    Nur wenn wir beide Voraussetzungen erfüllen, werden wir Arbeitsplätze sichern können.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Demagogisch verhält sich, wer auf der einen Seite für den Osten Unrealistisches fordert und sich auf der anderen Seite der Lösung der Probleme auf gesamtdeutscher Ebene verweigert.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. Wolfgang Thierse [SPD]: Sie haben wieder die Schuldkurve bekommen!)

    Wer so handelt, vergrößert die Probleme in den neuen Bundesländern überproportional. Nur wenn wir unnötige Blockaden vermeiden und die Aufgaben in Gesamtdeutschland zielstrebig abarbeiten, haben wir alle Chancen für einen Erfolg beim Aufbau Ost.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Michaela Geiger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Werner Schulz, Bündnis 90/ Die Grünen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Werner Schulz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Aufbau Ost und die Schaffung neuer Arbeitsplätze haben für ihn höchste Priorität, hat der Bundeskanzler auf dem Festakt in Stuttgart gesagt. Deswegen ist er hier und arbeitet so emsig, indem er Unterstreichungen in seinem Redetext vornimmt. Deswegen wird er hier auch nicht nur seinen Kabinettsprimus vorgeschickt haben, der heute eine durchaus ausgewogene Rede gehalten hat,

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Die war ausgezeichnet!)

    aber im Grundtenor doch bestätigt hat, daß er auf die Vorgänge in der Wirtschaft wenig Einfluß nimmt.
    Herr Bundeskanzler, da Sie nicht nur denkmalgeschützte Veranstaltungen besuchen werden, sondern die Debatte für ein modernes Deutschland vorantreiben wollen - so hoffe ich zumindest -, geben Sie mir wenigstens die Möglichkeit, mich ganz kurz mit Ihrer Festrede auseinanderzusetzen. Sie haben gleich zu Beginn gesagt:
    Ich denke an Michail Gorbatschow, ohne den wir diesen Tag der Deutschen Einheit nicht feiern könnten.

    (Jochen Feilcke [CDU/CSU]: Lächeln Sie doch einmal!)

    - Jetzt wird es ganz lustig, Herr Feilcke. - Sie haben nämlich diesen Tag ohne Michail Gorbatschow gefeiert, obwohl Sie diesem Mann, den Sie in Verkennung seiner Reformabsichten und seiner Reformkonsequenz noch wenige Jahre vor der Deutschen Einheit in die Nähe von Goebbels gerückt haben, einiges zu verdanken haben. Dieser Mann ist am 3. Oktober in Leipzig von den Bürgern dieser Stadt empfangen worden, die offensichtlich ihr historisches Gedächtnis und die echte Dankbarkeit nicht verloren haben.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Er hat sich bitter beklagt, daß er - wie schon zum Abzug der Roten Armee - nicht eingeladen worden ist.
    Ich sage Ihnen: Das ist kein Zufall. Ich habe am 3. Oktober mit Lothar de Maizière gesprochen. Auch

    Werner Schulz (Berlin)

    Lothar de Maizière ist noch nicht einmal zu einem öffentlichen Festakt eingeladen worden.

    (Clemens Schwalbe [CDU/CSU]: Das ist doch Schwachsinn!)

    - Da müssen Sie sich mit Ihrem Vereiniger auseinandersetzen. Ich glaube, es handelt sich nicht nur um Taktlosigkeit, sondern es ist auch der Instinkt über bloße Nützlichkeitserwägungen hinaus verlorengegangen.
    Die deutsche Einheit ist eben kein kostbares Geschenk der Geschichte. - Die Geschichte hat sie uns nicht geschenkt. Das haben vielleicht manche gedacht, die nach dem Staatsempfang von Erich Honecker noch die Zweitstaatlichkeit im Kopf hatten. - Sie ist vielmehr Resultat der Selbstbefreiung einer aktiven Generation. Ich sage das immer wieder, auch wenn sich diese Meinung nicht aus Ihren Redetexten tilgen läßt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Es handelt sich um eine Generation, die sehr spät den Spruch von Jaspers bestätigt hat, daß es nicht auf die Wiedervereinigung, sondern auf die Freiheit ankommt, daß die Wiedervereinigung mit der Freiheit kommt. Diese freie Selbstbestimmung wäre eigentlich eine neue Verfassung wert gewesen.
    Ich muß mich bitter daran erinnern, daß uns damals gesagt worden ist: Dieses Grundgesetz wird nicht geändert, kein Komma, kein Punkt. Wenn man heute die Diskussion erlebt hat, wie der Art. 13 deformiert werden soll, wie der Art. 16 geändert worden ist, wie Kommentare wie Wortgebirge in dieses Grundgesetz aufgenommen werden, dann muß man feststellen, daß es uns gutgetan hätte, man hätte die Demokratie, die Sie im Westen durch den Druck der Alliierten bekommen haben und die wir uns im Osten erkämpft haben, gefestigt; denn sie hat noch einige Bewährungsproben zu bestehen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Herr Bundeskanzler, Sie haben sich den demokratischen Aufbruch einverleibt, ohne ihn zu verstehen und ohne ihn fortzusetzen. Es ist ein gesellschaftlicher Aufbruch, den wir heute brauchen. Das ist vielleicht dieser Ruck durch die Gesellschaft, von dem Roman Herzog redet. Heute fehlt dieser Reformelan; heute wird der Wandel mehr als Bedrohung empfunden, denn als eine Chance angesehen. Das haben Sie in diesem Land erreicht. Wir laufen Gefahr, daß durch diese Regierungspolitik der großen Worte und fehlenden Taten dieser wichtige Reformbegriff verschlissen wird.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Dabei, Herr Bundeskanzler, ist Ihnen die Problemlage sehr wohl bewußt gewesen. Das will ich Ihnen durchaus zugestehen. Man hat Ihnen immer wieder vorgeworfen, Sie hätten nicht gleich eine Blut-, Schweiß- und Tränenrede gehalten. Aber Sie hatten
    die späte Einsicht. Im November 1992 haben Sie gesagt - damals noch im Wasserwerk -:
    Das Gebot der Stunde - und hier ist die Stunde der Wahrheit, meine Damen und Herren - ist, daß wir bei einer nüchternen Bestandsaufnahme ganz einfach sagen: Wir stehen vor der Notwendigkeit eines tiefgreifenden Umdenkens. Wenn wir nicht umdenken und dementsprechend handeln, werden wir unser Ziel nicht erreichen.
    Zu dieser Wahrheit gehört zuerst - das kann man nicht oft genug sagen, auch im Blick auf die Landsleute in den neuen Ländern -: Auch ohne die deutsche Wiedervereinigung wäre die Bundesrepublik Deutschland heute dringend gezwungen, von vielen Bequemlichkeiten und Gewohnheiten Abschied zu nehmen, Verkrustungen und Erstarrungen aufzubrechen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Stimmt doch!)

    Ferner steht in dem Protokoll vom November 1992: „Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Werner Schulz (Berlin) (Bündnis 90/Die Grünen)"
    Ich sage Ihnen das, weil ich Ihnen damals zugestimmt habe. Ich sage Ihnen fünf Jahre danach aber auch: Sie sind nicht auf dem richtigen Weg; Sie sind nicht am Ziel. Sie sind im Grunde genommen auf dem falschen Weg.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Sie sind doch fünf Jahre zu spät! Das ist doch der Punkt!)

    Fragen wir uns doch einmal: Was ist denn mit der großen Steuer- und Rentenreform?

    (Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.) - Ich bitte Sie, fünf Jahre hatten Sie Zeit.

    Heute sagt der Bund der Steuerzahler: Im vereinten Deutschland haben noch nie so viele Bürger so lange auf so wenig gewartet. Es gibt in dieser Angelegenheit überhaupt keine Erwartungen mehr an diese Regierungskoalition.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Schauen wir uns doch einmal den Bürokratieabbau an, den Sie in dieser großen Rede angesprochen haben. Heute erfahren wir, daß die Kommission, die 1995 eingerichtet worden ist, jetzt einen diskutablen Bericht vorgelegt hat. Demnächst werden wir hören, daß es eine Kommission zur Überprüfung der Kommissionsergebnisse gibt. Das ist Ihr Reformtempo.
    Oder denken wir daran, daß Sie bereits vor fünf Jahren die Einführung des Solidaritätsbeitrags begründet haben. Er kam aber nicht gleich, sondern - das ist Ihre Art - erst 1995 nach der Wahl . Den Solizuschlag, den Sie jetzt wieder senken, haben Sie mit 400 Milliarden DM Erblasten begründet. Das sind übrigens nicht nur die Erblasten einer verfehlten SED-Politik. In diese Summe haben Sie Ihre eigenen Fehler gleich mit hineingemogelt. Wenn man sich

    Werner Schulz (Berlin)

    einmal die Treuhandschulden von 205 Milliarden DM ansieht, dann muß man feststellen, daß die Versäumnisse von damals und von heute enthalten sind.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Sie haben keine Betriebe verkauft, sondern Sie haben Investoren gekauft, wenn man sich das einmal genauer anschaut.