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ID1319303800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/193 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 193. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. September 1997 Inhalt: Vorverlegung der Frist für die Einreichung der Fragen für die Fragestunde am 2. Oktober 1997 17425 A Zurückverweisung von Vorlagen an einen Ausschuß 17425 A Zur Geschäftsordnung Dr. Gregor Gysi PDS 17425 B Joachim Hörster CDU/CSU 17426 A Dr. Peter Struck SPD 17426 B Uwe Lühr F.D.P. 17426 C Tagesordnungspunkt 14: Schlußbericht und Ergänzender Bericht der Reformkommission zur Größe des Deutschen Bundestages: Abschließende Empfehlungen zur Vorbereitung der Verkleinerung des Deutschen Bundestages und zu Vorschriften des Bundeswahlgesetzes gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 29. Juni 1995 und vom 30. November 1995 (Drucksachen 13/7950, 13/8270) 17426 D Andreas Schmidt (Mülheim) CDU/CSU 17427 A Wolfgang Dehnel CDU/CSU 17428 D Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 17429 C Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17431 D Dr. Max Stadler F D P. 17433 C Dr. Dagmar Enkelmann PDS 17435 C Tagesordnungspunkt 5: Zwischenbericht der Enquete-KommisSion „Schutz des Menschen und der Umwelt - Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung" gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 1. Juni 1995: Konzept Nachhaltigkeit Fundamente für die Gesellschaft von morgen (Drucksachen 13/1533, 13/7400, 13/7415) (Berichtigung) 17436 C Marion Caspers-Merk SPD 17436 D Eckart Kuhlwein SPD 17438 D Erich G. Fritz CDU/CSU 17439 B Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17441 C Birgit Homburger F D P. 17443 A Rolf Köhne PDS 17444 B Christa Reichard (Dresden) CDU/CSU . 17445 A Ursula Burchardt SPD. 17446 D Walter Hirche, Parl. Staatssekretär BMU 17448 B Ulrike Mehl SPD 17449 C Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 17450 B Tagesordnungspunkt 15: Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen" gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 9. Mai 1996 (Drucksachen 13/4477, 13/8170) . . 17450 D Ortrun Schätzle CDU/CSU 17451 A Renate Rennebach SPD 17451 D Roland Kohn F.D.P. 17454 A Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17456 A Roland Kohn F.D.P. 17456 B Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU . . 17457 D Ulla Jelpke PDS 17458 B Eckart von Klaeden CDU/CSU 17459 B Gisela Schröter SPD . . . . . . . . . 17459 D Helmut Jawurek CDU/CSU 17461 B Ronald Pofalla CDU/CSU 17462 C Renate Rennebach SPD 17463 A Nächste Sitzung 17463 D Berichtigung 17464 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 17465* A 193. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. September 1997 Beginn: 10.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 191. Sitzung, Seite 17 316 B und 192. Sitzung, Seite 17 421 B: In den Listen der entschuldigten Abgeordneten der beiden Plenarprotokolle ist der Name „Maaß (Herne) SPD" zu streichen. Einzufügen ist der Name „Maaß (Wilhelmshaven) Erich CDU/CSU". Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Altmann (Pommels- BÜNDNIS 26. 9.97 brunn), Elisabeth 90/DIE GRÜNEN Antretter, Robert SPD 26. 9. 97 * Behrendt, Wolfgang SPD 26. 9. 97 * Blank, Renate CDU/CSU 26. 9. 97 Blunck, Lilo SPD 26. 9. 97 * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 26. 9. 97 * Conradi, Peter SPD 26. 9. 97 Dietert-Scheuer, Amke BÜNDNIS 26. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 26. 9. 97 Duve, Freimut SPD 26. 9. 97 Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 26. 9. 97 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 26. 9. 97 * Fograscher, Gabriele SPD 26. 9. 97 Francke (Hamburg), Klaus CDU/CSU 26. 9. 97 Frick, Gisela F.D.P. 26. 9. 97 Fuhrmann, Arne SPD 26. 9. 97 Geiger, Michaela CDU/CSU 26. 9. 97 Gloser, Günter SPD 26. 9. 97 Haack (Extertal), SPD 26. 9. 97 * Karl Hermann Hampel, Manfred SPD 26. 9. 97 Hanewinckel, Christel SPD 26. 9. 97 Heyne, Kristin BÜNDNIS 26. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Höll, Barbara PDS 26. 9. 97 Hoffmann (Chemnitz), SPD 26. 9. 97 Jelena Hollerith, Josef CDU/CSU 26. 9. 97 Horn, Erwin SPD 26. 9. 97 * Jawurek, Helmut CDU/CSU 26. 9. 97 Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 26. 9. 97 Klose, Hans-Ulrich SPD 26. 9. 97 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kohl, Helmut CDU/CDU 26. 9. 97 Lemke, Steffi BÜNDNIS 26. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Lüth, Heidemarie PDS 26. 9. 97 Lummer, Heinrich CDU/CSU 26. 9. 97 * Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 26. 9. 97 * Erich Mante, Winfried SPD 26. 9. 97 Marten, Günter CDU/CSU 26. 9. 97 * Marx, Dorle SPD 26. 9. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 26. 9. 97 Müller (Berlin), PDS 26. 9. 97 Manfred Dr. Niese, Rolf SPD 26. 9. 97 Dr. Paziorek, Peter CDU/CSU 26. 9. 97 Rupprecht, Marlene SPD 26. 9. 97 Dr. Scheer, Hermann SPD 26. 9. 97 * Schloten, Dieter SPD 26. 9. 97 * Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 26. 9. 97 Dr. Scholz, Rupert CDU/CSU 26. 9. 97 Schütz (Oldenburg), SPD 26. 9. 97 Dietmar Schwanitz, Rolf SPD 26. 9. 97 Siebert, Bernd CDU/CSU 26. 9. 97 * Terborg, Margitta SPD 26. 9. 97 * Dr. Uelhoff, Klaus-Dieter CDU/CSU 26. 9. 97 Weis (Stendal), Reinhard SPD 26. 9. 97 Wetzel, Kersten CDU/CSU 26. 9. 97 Wieczorek-Zeul, SPD 26.9.97 Heidemarie Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 26. 9. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 26. 9. 97 Wülfing, Elke CDU/CSU 26. 9. 97 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 26. 9. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 26. 9. 97 * Dr. Zöpel, Christoph SPD 26. 9. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Christa Reichard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Enquete-Kommission hat, wie wir schon in einigen Berichten gehört haben, den Zwischenbericht vorgelegt. Der Zwischenbericht trägt einen sehr anspruchsvollen Titel: „Konzept Nachhaltigkeit - Fundamente für die Gesellschaft von morgen".
    Ich denke, es sind Bausteine für die Fundamente. Für mich gehört jedenfalls eine ganze Menge mehr dazu als das, was wir in der Kommission zusammenzutragen in der Lage sind.
    An die ersten Sitzungen kann ich mich noch ganz gut erinnern. Es wurde lange darüber diskutiert, wie die Strukturierung in der Bearbeitung des Themas überhaupt vorgenommen werden kann. Bei dieser Gelegenheit wurde auch deutlich, wie unterschiedlich die Bedeutung gleicher Begriffe bei den Autoren ist, die sich mit dem Thema schon befaßt haben. Auf diese Weise gelingt es trefflich, aneinander vorbeizureden.
    Deshalb war es für uns am Anfang erst einmal wichtig und richtig, einigermaßen Klarheit und Konsens über den Inhalt der wesentlichen Grundbegriffe herbeizuführen. Das scheint mir auch ganz gut gelungen zu sein.
    Es ist uns auch bald klargeworden, daß es in der begrenzten Zeit und mit begrenzten Mitteln nur möglich sein kann, anhand ausgewählter Beispielfelder so konkret wie möglich aufzuzeigen, wie Ziele, Maßnahmen und Instrumente für eine nachhaltige Entwicklung zu gestalten sind.
    Mit der Erklärung des Begriffs „nachhaltig zukunftsverträgliche Entwicklung" habe ich allerdings Probleme. Eigentlich können nur Insider etwas damit anfangen, die ohnehin schon wissen, worum es geht.
    Wenn ich mir die Erklärung ansehe, die wir in der Kurzfassung des Zwischenberichts geschrieben haben, dann habe ich gewisse Zweifel, ob der Mann oder die Frau auf der Straße, die wir ja letztlich erreichen müssen und auch wollen, verstehen, worum es geht.
    Ich zitiere aus der Zusammenfassung des Zwischenberichts:

    (Marion Caspers-Merk [SPD]: Ich habe es doch eben schon kurz erklärt, Frau Reichard!)

    Die langfristige Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen und die Verbesserung der ökonomischen und sozialen Lebensbedingungen bilden die drei Dimensionen, die das Leitbild einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung zu vereinbaren sucht. Die Komplexität dieser drei Dimensionen, die Zusammenhänge zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten, Produktions- und Handelsverflechtungen, Lebens- und Konsumgewohnheiten und den damit verbundenen Stoffströmen und Umweltbelastungen verlangen einen Richtungswechsel, der mit Einzelfallregelungen nicht zu erreichen ist.

    (Ursula Burchardt [SPD]: Es stand Ihnen frei, einen anderen Formulierungsvorschlag zu machen!)

    Ich hoffe, Sie wissen jetzt alle, was Sache ist. Aber wie ich sehe, sitzen hier nur Insider. Es wäre vielleicht eine Möglichkeit, Journalisten um Hilfe zu bitten, diese Aussagen über eine nachhaltig zukunftsverträgliche Entwicklung allgemeinverständlich fürs Volk zu formulieren.
    Für mich betrüblich an meinen kritischen Betrachtungen ist allerdings folgendes: Ich bin als Mitglied der Kommission dabeigewesen und habe mich bis jetzt nicht erfolgreich für eine allgemeinverständliche Sprache einsetzen können. Aber es ist noch Zeit. Langsam beginne ich schon selbst, sozusagen doppeltspiralförmig geschraubt daherzureden. Das scheint ansteckend zu sein. Wir sollten etwas dagegen tun.
    Ich halte unser Thema für ausgesprochen wichtig. Es ist eben gerade nicht für Spezialistenzirkel gedacht. Wir brauchen vielmehr die Einbeziehung vieler gesellschaftlicher Gruppen für die Umsetzung der sogenannten lokalen Agenda 21 auch auf der lokalen Ebene.
    Bei der Vorbereitung dieser Rede fiel mir ein Satz ein, den ich in der Schule lernen mußte - ich glaube, er stammt von Karl Marx -: Eine Idee wird zur materiellen Gewalt, wenn sie die Massen ergreift.

    (Beifall des Abg. Rolf Köhne [PDS])

    Nun bin ich alles andere als ein Marx-Fan, aber in diesem Falle glaube ich, der Mann hat nicht ganz unrecht. Unsere Idee soll die Massen ergreifen, denn nur dann sind sie in der Lage, ihr Verhalten zu ändern.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Dazu müssen sie aber die Ideen verstehen können.

    Christa Reichard (Dresden)

    Obwohl ich katholisch bin, gebe ich auch Martin Luther mit seiner Forderung, den Leuten aufs Maul zu schauen, recht. Dies sollten wir spätestens mit unserem Abschlußbericht - wenigstens in der Kurzfassung - tun. Es lassen sich bestimmt Kommunikationsspezialisten finden, die eine allgemeinverständliche Kurzform des Abschlußberichts erstellen können. Ich habe es versucht. Es ist mir leider nicht gelungen. Zugunsten einer volkstümlichen Darstellung würde ich auf eine wissenschaftliche Studie verzichten.
    Mir sind meine einleitenden Bemerkungen etwas sehr breit geraten. Aber ich halte es wirklich für wesentlich, zu erkennen, daß unsere Arbeit nur wirksam werden kann, wenn jedermann verstehen kann, was wir eigentlich wollen. Von Fachleuten bin ich ebenso wie die anderen Mitglieder der EnqueteKommission in den letzten Wochen immer wieder auf unseren Zwischenbericht lobend und anerkennend angesprochen worden. Daher würde sich die Übersetzung fürs Volk, meine ich, auch lohnen.
    Noch einige wenige Worte zum Inhalt unserer Arbeit. Wir haben uns u. a. den Problembereich Böden ausgewählt, um an diesem Beispiel einen Katalog von Umweltqualitätszielen und Umwelthandlungszielen darzustellen. Dabei wurden Aspekte für eine nachhaltig zukunftsverträgliche Nutzung von Böden unterschieden. Ich nenne die Böden als Lagerstätte für Rohstoffe, Stoffeinträge in Böden, Böden als Filter und Speicher für Grundwasser, Erosion und Verdichtung von Böden oder auch Böden als begrenzte Flächenressource. Verknappung bzw. Gefährdung von Böden wird auf Versiegelung, nutzungsbedingte Bödenabträge, Bodenverdichtung oder auf Stoffeinträge zurückgeführt.
    An zwei konkreten Beispielen - der Bodenversauerung und der Verkehrs- und Siedlungsflächennutzung - wird nun in Studien geprüft, wie die Rahmenbedingungen zu gestalten sind, damit den ökologischen Erfordernissen Rechnung getragen wird, ohne wirtschaftliche und soziale Probleme unerträglich zu verschärfen.
    An einem Beispiel versuche ich das klarzumachen: Der Abbau von oberflächennahen Rohstoffen bzw. allein schon die Antragstellung auf Abbau und die Festlegung von Vorranggebieten für den Abbau in meinem Heimatland Sachsen haben zu heftigsten Auseinandersetzungen geführt. An diesem Beispiel werden die unterschiedlichsten Aspekte sehr deutlich sichtbar. Es besteht ein wirtschaftliches Interesse am Abbau. Auch ökologisch ist es sinnvoll, Baumaterial möglichst einsatznah zu gewinnen - wir haben in unserem Land viel zu bauen. Es werden Arbeitsplätze geschaffen, die wir dringend benötigen.
    Aber es wird in einer zerstörenden und nicht nachhaltigen Art in die Landschaft eingegriffen. Es kommt zu Lärmbelastung und Belastung durch zusätzlichen Verkehr. In einer solchen Situation ist es ungeheuer schwierig, Lösungen zu finden, die den Forderungen der Umwelt, der Wirtschaft und den sozialen Fragen genügen. In diesem Zielkonflikt kann nur eine Kompromißlösung sinnvoll sein, bei der sich keine Seite hundertprozentig durchgesetzt hat.
    Die Bedeutung des Umweltmediums Boden und die Notwendigkeit seines gesetzlichen Schutzes wird national und international zunehmend anerkannt. Deshalb haben Bundesregierung und Bundestag ein Bundes-Bodenschutzgesetz vorgelegt, das im Vermittlungsausschuß zu einem hoffentlich erfolgreichen Abschluß gebracht werden kann. Auch hier waren Hauptstreitpunkte der Konflikt zwischen Schutz und Nutzung des Bodens sowie der Konflikt um die sozialen Auswirkungen, beispielsweise die Haftungsregelungen.
    Hier sehen Sie, wie unterschiedlich wir den Begriff der Zukunftsverträglichkeit interpretieren können. Für die Zukunft des Bodens wäre es am zukunftsverträglichsten, wenn wir ihn in Ruhe lassen und auf eine weitere Nutzung völlig verzichten würden. Für eine nach unseren Vorstellungen verträgliche Zukunft der Menschheit aber ist eine weitere Nutzung des Bodens gar nicht zu umgehen. In diesem Grundkonflikt sozialverträgliche Regelungen zu finden - das verlangt nicht nur ein fundamentales Umdenken, sondern auch neue Methoden der Konfliktlösung.
    Meine Damen und Herren, ich denke, mit dem Zwischenbericht haben wir Fachleuten eine gute Arbeitsgrundlage an die Hand gegeben. Dafür möchte ich abschließend allen daran beteiligten Mitgliedern und Mitarbeitern der Kommission herzlich danken. Ich darf hinzufügen: Ich wünsche uns einen Abschlußbericht nicht nur für Fachleute, sondern auch für alle diejenigen, die an diesem Prozeß beteiligt werden sollen.
    Danke.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat jetzt die Kollegin Ursula Burchardt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulla Burchardt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Gemessen daran, daß Enquete-Kommissionen keine tagesaktuellen Schlagzeilen zu Mißständen oder politisch-personellen Kontroversen produzieren, ist die Medienwahrnehmung, das öffentliche Interesse an unserer Arbeit schon bemerkenswert gewesen. Die Resonanz - bei Würdigung auch all der kritischen Begleitstimmen, die es gegeben hat - ist überwiegend positiv.
    Dann gibt es Ministerien wie die für Umwelt, Städtebau und Forschung, die aus unseren Beratungen Honig saugen und Themen sowie Stichworte mit einer manchmal unglaublichen Geschwindigkeit aufgreifen, um damit eigene Gesprächsrunden, Workshops und programmatische Versatzstücke zu organisieren. Was dann hinterher tatsächlich in Entscheidungen umgesetzt wird, ist das andere. Gleichwohl freuen wir uns natürlich darüber, daß wir den Ministerien Impulse geben können.
    Ich nehme dies zum Anlaß, darauf hinzuweisen, daß es ein strukturelles Ungleichgewicht zuungunsten des Parlamentes gibt. So haben die Beamten der Ministerien jederzeit Zugang zu all unseren Beratungen, während die Ministerien ihre interne Wissensanreicherung meistens als Closed-shop-Veranstal-

    Ursula Burchardt
    tung betreiben. Besonders ärgerlich war es, daß das BMBF trotz mehrfacher Wünsche der Enquete-Kommission, in die Beratungen über das neue Umweltforschungsprogramm einbezogen zu werden, dies völlig ignoriert hat. Man hat zwar Gewerkschaften, Verbände und die Wirtschaft daran beteiligt. Aber für Abgeordnete war dies eine geschlossene Veranstaltung. Ich denke, das ist schlechter Stil.

    (Vorsitz : Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch)

    Was die parlamentarische Rezeption betrifft, muß man einfach einmal daran erinnern, daß die Forderung nach einer nationalen Umweltstrategie, einem nationalen Umweltplan bereits einstimmig vom Bundestag beschlossen wurde. Ich erinnere an die Beschlußempfehlung „Forschungspolitik für eine zukunftverträgliche Gestaltung der Industriegesellschaft". Ich bringe das insbesondere auch Ihnen, Frau Kollegin Homburger, in Erinnerung. Denn das, was Sie soeben hier an Schwarzweißmalerei im Zusammenhang mit dem technischen Fortschritt geboten haben, war, so glaube ich, unserer Debatten nicht würdig und fällt in altes Lagerdenken zurück, das wir in der Kommission an dieser Stelle nicht hatten.

    (Zuruf der Abg. Birgit Homburger [F.D.P.])

    - Das, was Sie hier geboten haben, ist der Rückfall in die klassische Lagermentalität: Die einen sind gegen technischen Fortschritt und malen ihn als böses Szenario an die Wand, und die anderen sind für ihn, weil in diesem Bereich das Heil der Welt liegt. Ich glaube, genau diese Auseinandersetzung haben wir in der Enquete-Kommission überwunden. Ich halte dies für einen großen Fortschritt und möchte alle Kollegen und Kolleginnen bitten, auch die Fortschritte, die manchmal nur in kleinen Schritten erfolgen, hier entsprechend zu würdigen.

    (Beifall bei .der SPD)

    Was die Kritik bzw. den Antrag der PDS angeht, so muß man feststellen: Das ist ein klassisches Eigentor. Herr Köhne, jetzt sind Sie angesprochen. Gerade bei denjenigen Punkten, die Sie in Ihrem Antrag am heftigsten kritisieren, gab es in der laufenden Arbeit weder eine Beteiligung noch konkrete und praktische Beiträge Ihrerseits. Wenn man auf diese Art und Weise Fundamentalopposition betreiben will, sollte man sich ernsthaft überlegen, ob man Mitglied einer Enquete-Kommission bleiben will, die auf Zusammenarbeit angelegt ist - nicht aber auf Konsens um jeden Preis.

    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

    Frau Enkelmann hat heute in der Debatte zuvor darauf hingewiesen, wie sehr die PDS die demokratische Teilhabe und Beteiligung wertschätzt. Dann aber muß ich sagen, daß Sie mit Ihrem Antrag, mit dem Sie den Mitgliedern der Kommission - nicht nur den Abgeordneten, sondern auch den Sachverständigen - aufdrücken wollen, was sie in den nächsten Monaten zu tun haben, genau das Gegenteil von dem tun, was Sie nach außen immer proklamieren. Das muß man einmal ganz deutlich sagen. Es ist nämlich ärgerlich, wenn Leute nicht mitarbeiten, keine Beiträge liefern, hinterher aber alles in Grund und Boden kritisieren.
    Nachhaltige Entwicklung, meine Damen und Herren, heißt: anders entscheiden als bisher. „Anders entscheiden" setzt neues Denken voraus. Das ist der Kerngehalt des vielgerühmten und vielzitierten Begriffs Innovation. Deshalb ist dies eines unserer zentralen Themen.
    Fakt ist: Wer von Modernisierungsdefiziten redet, darf über die eigenen nicht schweigen. Wir haben festgestellt, daß das politische System in alten Denkmustern und Routinen verharrt. Notwendig sind tatsächlich institutionelle Innovationen.
    Ich will zwei nennen, die aus unserer Arbeit resultieren. Das erste ist die Rolle der Ökologie; sie gehört tatsächlich ins Zentrum der Entscheidungsfindung. Sie haben recht, Frau Kollegin Homburger und Herr Kollege Fritz: Wir haben gesagt, daß Nachhaltigkeit drei Dimensionen hat. Das Innovative aber ist, daß die Ökologie endlich ins Zentrum der Entscheidungsfindung kommt und nicht weiter hinter die anderen Bereiche zurückfällt. Das heißt: Sie kann nicht mehr nur die Rolle spielen, in einem Ressort oder in Einzelprogrammen bei anderen Ministerien „geparkt" zu werden. Sie gehört in das Zielbündel der Entscheidungsfindung, so wie das innovative Unternehmen bereits betreiben.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Der zweite Ansatzpunkt, den wir herausgefiltert haben, ist: Globalisierung muß als Chance erkannt werden und für Gestaltungsspielräume genutzt werden. Unsere Studien und Expertenrunden belegen, daß es genügend Gestaltungsspielräume gibt. Dies wird gerade am Beispiel „Bauen und Wohnen" - ich nenne als Stichworte: Flächenverbrauch, Energie- und Stoffströme - überdeutlich. Ich denke, wenn sich das demokratisch-parlamentarische System nicht selbst der Legitimation berauben will, dann kommt es darauf an, diese Freiheitsräume, anknüpfend an ökologische Spielräume, auszuloten, regional- und sektorspezifisch zu entwickeln und europäisch zu vernetzen.
    Sie werden jetzt sicher sagen: Das wird ja wohl nicht alles zum Thema „institutionelle Innovation" gewesen sein. Wir bleiben dran. Dringend zu klären ist beispielsweise das Problem: Wie lassen sich langfristige Bedürfnisse kommender Generationen betreffende Entscheidungen in einem politischen System durchsetzen, das in vier- bis fünfjährigen Zyklen agiert? Brauchen wir für ökologische Kreisläufe eine Art Pendant zur Bundesbank? Oder muß man, wenn man Nachhaltigkeit eher von der ökonomischen Seite her betrachtet, Natur als Produktionsfaktor wie Kapital und Arbeit werten? Und was heißt das dann beispielsweise für Verhandlungssysteme, gerade vor dem Hintergrund, daß wir eine klare staatliche Rahmensetzung, klare Zielvorgaben wollen, daß wir wollen, daß auch möglichst viel selbst geregelt werden soll, Selbstverpflichtungen aber - so das Kartellamt und eine Studie des BMWi - ordnungspolitisch nicht durchhaltbar sind? Letztlich, so

    Ursula Burchardt
    denke ich, kommen wir, gerade wenn wir nach marktwirtschaftlichen Instrumenten suchen, auch an einer Prüfung von Versicherungslösungen nicht vorbei.
    Meine Damen und Herren, das sind einige der Fragen, die in den nächsten Monaten zur Klärung anstehen. Ich bin sicher, daß wir, auch wenn wir nicht alles schaffen werden, was wir uns vorgenommen haben, für die Modernisierungsdebatten dieser Tage zwar keine Rezepte, aber doch manche Impulse geben können.
    Im übrigen gilt: Wir können nur so viel leisten, wie wir tatsächlich an Ressourcen zur Verfügung stehen haben. Da muß ich eine deutliche Kritik an das gesamte Haus, auch an den Haushaltsausschuß, äußern: Das, was wir im Moment an personellen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung haben, ist die absolut unterste Grenze. Wenn sie unterschritten wird, wird es unseriös. Dann kann man auch keine Erwartungen mehr an die Leistungsfähigkeit von Enquete-Kommissionen stellen.
    Um noch einmal auf die Impulse zurückzukommen, die wir geben wollen: Ob sie aufgenommen werden oder nicht, wird ein Testfall für die Lernfähigkeit des politischen Systems. Die Innovationsforschung lehrt uns, daß im globalen Wettbewerb nur lernfähige Systeme dauerhaft überleben können.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)