Rede von
Ulrike
Höfken-Deipenbrock
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Ich wollte Sie nicht mit einer Freitagnachmittagsdebatte ärgern. Aber ein umweltrelevantes Gesetz nach dem anderen wird in den letzten Wochen durch dieses Parlament geschoben, zum Teil - wohl als Ausdruck der Nervosität der Bundesregierung - mit erheblicher Eile: das Wasserhaushaltsgesetz, das Bodenschutzgesetz, das BauROG, das Tierschutzgesetz und das Naturschutzgesetz. Ich finde es notwendig, daß wir in diesem Zusammenhang auch über das Pflanzenschutzgesetz eingehend beraten.
Das Naturschutzgesetz nimmt sehr eindeutig auf das Pflanzenschutzgesetz Bezug: als Grundlage der Eingriffsregelung, das heißt, als sehr relevanter Bestandteil, und Definition der guten fachlichen Praxis. Aber genau das versäumt die Vorlage der Bundesregierung: eine gesetzliche Definition der guten fachlichen Praxis in diesem Bereich zu geben. Vielmehr soll es offensichtlich zu einer unverbindlichen Bundesempfehlung kommen, die diese Definition vornimmt. Eine Grundlage für die Landwirte, eine Grundlage für den Umweltschutz, für die Wasserbehörden haben wir in diesem Fall nicht.
Ich denke, das ist ein Versäumnis, das man nicht ohne weiteres auf sich beruhen lassen kann. Da kann man nicht sagen, daß es nur darum geht, EU-Vorlagen umzusetzen; das ist eine Selbstverständlichkeit.
Eine Änderung des Pflanzenschutzgesetzes muß doch den Anforderungen gerecht werden, die sich daraus ergeben, daß die Bundesregierung die Biokonvention in Rio unterschrieben hat, daß sie sich darin verpflichtet hat, den Schutz der biologischen Vielfalt zu fördern und zu sichern. Dies müßte sich in einem solchen Gesetzentwurf, in einer solchen Änderung wiederfinden lassen. Das ist nicht der. Fall. Wir haben statt dessen eine risikoreiche Deregulierung.
Es geht nicht darum, chemische Substanzen „böse" zu finden, Herr Gröbl, sondern darum, ihnen nicht mit einer Naivität zu begegnen, die der Sache überhaupt nicht angemessen ist.
Wir schlagen vor, ein Pestizidreduktionsprogramm, das es auch in anderen europäischen Ländern gibt, aufzulegen. Hier wird unter anderem das Verbot der Anwendung im privaten und nichtkommerziellen Bereich, im übrigen auch zum Schutz der Anwender, die Einführung einer Vor-Ort-Beratungspflicht sowie das Verbot aller in der Umwelt akkumulierenden, das heißt, sich anreichernden, wassergefährdenden und gesundheitsschädlichen Pestizide und die gesetzliche Definition der guten fachlichen Praxis im Bereich des Pflanzenschutzes gefordert.
Ich denke, wir haben es bei den Pestiziden mit Substanzen zu tun, die hochproblematisch sind. Es sollte erwartet werden, daß dieser Änderung des Pflanzenschutzgesetzes große Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Vielen Dank.