Rede von
Dr.
Günther
Maleuda
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute wird hier viel über die Agenda 2000 gesprochen. Hauptthema ist eigentlich der Agrarhaushalt 1998. Minister Borchert hat einleitend dargestellt, daß die Sparmaßnahmen, die im Bereich der Landwirtschaft durchgeführt werden sollen, mit Augenmaß durchgeführt würden. Ich möchte gerade diese Bewertung in Frage stellen und etwas dazu sagen.
Man muß der Bundesregierung sicher zugestehen: Ihre Politik zeichnet sich durch ein hohes Maß an Kontinuität aus, allerdings durch eine Kontinuität, die jährlich zu einer Kürzung des Agrarhaushaltes führt und damit immer mehr den Bezug zur Wirklichkeit und zu den Anforderungen und Interessen der Landwirtschaft verliert.
Wenn man den Planansatz für 1998 einbezieht, stellt man fest, daß in dieser Legislaturperiode eine Kürzung des Agrarhaushaltes um etwa 1 Milliarde DM erfolgt. Die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe werden im gleichen Zeitraum auch um etwa 1 Milliarde DM reduziert. Das entspricht einer Kürzung um 37 Prozent.
1996 hieß es noch, die einzelbetriebliche Förderung sei das wichtigste agrarpolitische Instrument für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Agrarbetriebe. Mit dem Plan 1998 - ich meine, Kollege Bredehorn hat dazu bereits sehr prinzipiell argumentiert - stehen unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit auf Grund von Pflichtaufgaben getroffenen Zusagen so gut wie keine Mittel für Neuvorhaben mehr zur Verfügung.
Ich möchte auch darauf verweisen, welche Wirkungen es in den Bundesländern letzten Endes gibt. Beispielsweise weist Agrarminister Brick in Mecklenburg-Vorpommern darauf hin, daß durch die Kürzungen der Agrarmittel ein Haushalt von nur noch etwa 800 Millionen DM zur Verfügung steht. Er formuliert, daß damit die untere Schmerzgrenze erreicht ist. Fragen des Augenmaßes stehen hier tatsächlich zur Diskussion.
Ich darf hier noch einmal auf den Besuch des Agrarausschusses an der Küste verweisen, wo wir uns mit Fragen der Hochsee- und Küstenfischerei und des Küstenschutzes beschäftigt haben. Wir sind von allen Seiten, von den Verbänden, den Deichbauern, den Bäuerinnen und Bauern, eindringlich darauf hingewiesen worden, alles zu unternehmen, in diesem Planbereich keinerlei Kürzungen vorzunehmen.
Meine Damen und Herren, wenige Tage nach dieser Nordsee-Bereisung kam von der Oder die Meldung: Land unter. Wer nun gehofft hatte, daß auch auf Grund dieser dramatischen Verhältnisse an der Oder und im Zusammenhang mit den Deichschutzmaßnahmen in dem Plan für 1998 entsprechende Maßnahmen festgelegt werden würden, der ist mit dem vorgelegten Plan eines Besseren belehrt worden.
Den Menschen an den Deichen ist ihr ärgster Feind bekannt: die Sturmflut und das Hochwasser. Hier werden die Mittel gekürzt. In Bereichen, wo der Feind politisch-militärisch nicht auszumachen ist, werden die Mittel festgezurrt, werden Mittelerhöhungen vorgenommen.
Ich bin mir natürlich darüber im klaren, daß Anforderungen, die wir an den Agrarhaushalt stellen, nicht im Rahmen einer Umschichtung innerhalb dieses Planes erfüllt werden können. Aber vielleicht stehen ja auch Rüstungsfragen zur Diskussion. Wir werden im Ausschuß sicherlich noch eine prinzipielle Diskussion zu führen haben. Wir sind auf jeden Fall gegen eine Kürzung der Mittel für Gemeinschaftsaufgaben.
Meine Damen und Herren, es ist ganz offensichtlich: Die Landwirte in Deutschland und in der ganzen EU müssen mit einem noch härteren Wettbewerb rechnen. In Zukunft ist sicher der Rückzug des Staates aus der Marktpolitik zu erwarten. Entsprechende Vorschläge - auch das ist hier schon gesagt worden - enthält die bereits zitierte Agenda 2000. Danach sollen Preiskürzungen nur teilweise durch Ausgleichszahlungen abgefangen werden. Bekannt ist, daß im Rahmen der Agenda kein voller Ausgleich gewährt werden soll.
Zu erwarten ist außerdem, daß diese Ausgleichszahlungen das Schicksal jener teilen, die im Zusammenhang mit den letzten Währungsturbulenzen versprochen wurden. Als es im Haushalt eng wurde, fielen sie zum Teil dem Rotstift zum Opfer.
Mindestens zwei Konsequenzen müssen aus dieser Regierungspolitik gezogen werden. Die erste Konsequenz hat der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Herr Sonnleitner, unseres Erachtens richtig formuliert:
Die Kooperation und Zusammenarbeit mit anderen landwirtschaftlichen Unternehmen wird entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland sein. Für mich steht ohne Zweifel fest, daß überbetriebliche Zusammenarbeit, das konsequente Ausschöpfen aller Gewinnreserven und das Erschließen neuer Einkommensquellen zu den zukunftsorientierten Themen in unseren Betrieben gehören werden.