Rede von
Ulrike
Höfken-Deipenbrock
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Länder können dann ihren Anteil erbringen, wenn es eine Finanzpolitik gibt, die sie nicht ihrer Finanzen beraubt;
denn nur dann können sie diese Mittel aufbringen.
Mit ein paar Haushaltstricks wird mit Blick auf die Konvergenzkriterien für die Einführung des Euros verhindert, daß die haushaltspolitische Wahrheit ans Licht kommt. Die Überführung der Mittel der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft ist nämlich eine Scheintransaktion: Es sind Mittel, die für die Zwischenfinanzierung der EU-Programme und der Intervention ohnehin aufgebracht werden müssen, aber im gesamten Haushaltsplan schlichtweg verschwiegen werden. Hier würde ich ganz gern einmal den Schattenhaushalt aufgelistet sehen. Statt dessen müssen diese Summen über Kredite finanziert werden, deren Zinsen - das sollen immerhin 57 Millionen DM jährlich sein - wiederum dem Agrarhaushalt angelastet werden. Das ist der pure Wahnsinn der Buchungstricks.
Der Agrarhaushalt ist im Grunde zu einem Sozialhaushalt geworden, der von Minister Blüm zu verwalten wäre. Minister Borchert hat kapituliert, träumt von alten Zeiten und winkt, wie es auch in den Zeitungen heißt, aus dem politischen Nirwana. Da muß es langsam eng werden. Die Beschwörungen der Unterstützung der bäuerlichen Landwirtschaft klingen inzwischen mehr wie Hohn und Spott. Mit Realität hat dieser Haushaltsplan nicht mehr viel zu tun.
Die EU-Kommission hat mit ihrer Agenda 2000 ihre Ausrichtung in den Förder- und Strukturprogrammen längst auf die Osterweiterung umgestellt. In der deutschen Agrarpolitik läßt sich im nationalen Haushaltsplan nicht die mindeste Andeutung einer Zukunftsorientierung finden.
Zu der Agenda 2000 haben wir sicherlich kontroverse Einschätzungen. Ich bin der Auffassung, daß die Agenda 2000 durchaus nicht geeignet ist, die Zukunftsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft oder der europäischen Landwirtschaft zu gewährleisten. Man muß aber auch dazusagen, Herr Minister Borchert: Sie haben der Agenda 2000 bereits im Agrarministerrat als Grundlage der weiteren Diskussionen zugestimmt. Dann aber, denke ich, ist es doch etwas infam, sich hier vor die deutsche Öffentlichkeit zu stellen und sie heftig zu kritisieren.
Wenn die prognostizierten Einkommensverluste zu gering geschätzt wurden, Herr Sielaff, wird doch davon ausgegangen, daß sie national ausgeglichen werden, was dann im nationalen Haushalt ausgewiesen werden muß. Das, was hier von der europäischen Ebene aus betrieben wird, ist Planwirtschaft. Mit Marktwirtschaft hat das nichts zu tun. Vielmehr handelt es sich um eine Niedrigpreispolitik mit staatlichen Ausgleichsleistungen, von Gnaden der jeweiligen Finanzminister, und das auch noch jährlich.