Rede von
Dr.
Karlheinz
Guttmacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Steigerung des Bildungs- und Forschungshaushaltes um 132 Millionen DM auf 14,95 Milliarden DM läßt die Bundesregierung zweifellos erkennen, daß es ihr Ernst ist, die Koalitionsvereinbarung, die wir eingegangen waren, zu verwirklichen und zumindest die Forschung überproportional zu fördern.
Der Forschungsminister hat heute also allen Grund zu strahlen. - Ich spreche jetzt den Forschungsminister an.
Nach Jahren des Sparens und Abspeckens treffen diese zusätzlichen Forschungsmittel nun auf eine leistungsfähige und von Verkrustungen befreite Forschungslandschaft.
Die flächendeckende Implementierung des Wettbewerbsgedankens in die gesamte Forschungslandschaft zeigt spürbare Wirkungen. Der Bioregio-Wettbewerb hat zu einem großen Erfolg geführt. Ich möchte die Bündelung der Mittel am Beispiel einer kleinen Region in den neuen Ländern, die ein Sondervotum erhalten hat, aufzeigen. In der Bioregion Jena werden durch diese Maßnahme etwa 124 kleine und mittelständische Betriebe Beschäftigung finden. Die Bioregion ist für uns ein Musterbeispiel für die
Entkoppelung der Höhe der Forschungsförderung von ihrem Erfolg.
Die F.D.P. begrüßt und unterstützt die Erhöhung und die Fokussierung der Forschungsförderung auf die Themenfelder Gesundheit und Biotechnologie, die mit 927 Millionen DM gefördert werden, sowie auf Information, Kommunikation und Multimedia, die mit 970 Millionen DM gefördert werden.
Liebe Frau Bulmahn, wenn Sie meinen, daß es uns doch wichtig sein sollte, Schwerpunkte zu setzen und Multimedia in besonderem Maße zu fördern, dann erinnere ich daran, daß wir genau den Etat zur Förderung von Multimedia aufgestockt haben.
Auch im Bereich der Umweltforschung und vor allem der Umwelttechnologie, gefördert mit einem Gesamtvolumen von 778 Millionen DM, sind verstärkte Anstrengungen erforderlich, um insbesondere die Berücksichtigung der Umweltbelange bereits bei der Planung zu beachten. Der produktionsintegrierte Umweltschutz entpuppt sich an den Stellen, wo er praktiziert wird, auch als ökonomischer Renner.
Ich nehme als Beispiel die integrierten Bioprozesse, die am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik in Stuttgart untersucht und demonstriert werden. Es ist dort gelungen, aus dem Abfallstoff Molke in einem hocheffizienten Produktionsprozeß den Industrierohstoff Milchsäure zu produzieren. Konventionelle Verfahren, die zu dem gleichen Ergebnis führen, sind ungleich teurer als dieser Prozeß. Auf der anderen Seite fragt man sich dann natürlich: Warum fehlen die Mittel, um dieses an einem Molkereistandort zum Beispiel in den neuen Bundesländern in einem größeren Produktionsmaßstab zu demonstrieren?
Ich nenne Ihnen dieses Beispiel, um deutlich zu machen, daß selbst bei einer Prioritätensetzung die Mittel eines einzelnen Etats oft nicht ausreichen, um von der Idee bis hin zur Anwendung aus einem Fördertopf eine adäquate Förderung anzubieten. Es muß deshalb noch intensiver in den einzelnen Ressorts an einer kooperativen Lösung der Probleme gearbeitet werden.
Wenn ich einmal bei diesem Beispiel bleiben darf, bedeutet dies, daß der Forschungsminister ein Interesse daran hat, die mit seinen Geldern entwickelten Verfahren zur Anwendung kommen zu lassen, der Landwirtschaftsminister ein Interesse an der sinnvollen wirtschaftlichen Verwertung des Abfallprodukts Molke hat und die Umweltministerin großes Interesse daran haben müßte, daß die Molke zukünftig nicht über den Umweg über das Schwein zur Gülle wird, sondern als nachwachsender Rohstoff unter minimalem Energieeinsatz als Wertstoff in den Produktionsprozeß zurückgespielt wird.
Ich schildere dieses Beispiel, um deutlich zu machen, daß die singuläre Betrachtung der Problemfelder, wie sie diese Einzelplanberatung nun einmal vorgibt, für die Lösung der Probleme nicht ausreichend ist.
Dr. Karlheinz Guttmacher
Gäbe es noch einen Bildungsminister wie in den letzten Legislaturperioden, so würde er heute sicher mit betretener Miene hier sitzen.
Die Kürzungen bei den Bildungsausgaben werden auch wir von der F.D.P. in dieser Form nicht so mittragen.
Herr Minister Rüttgers, Sie sprechen von den gesetzlichen Zwängen beim BAföG. Wir dürfen aber nicht vergessen, daß wir selber alle Parlamentarier sind und am Gesetzgebungsverfahren beteiligt sind. Es ist allerdings richtig, daß wir auf die Mithilfe und die Mitarbeit der Länderkammer angewiesen sind. Wir haben in dieser Legislaturperiode dringend eine neue BAföG-Reform auf den Weg zu bringen.
Sie machen berechtigterweise eine Rechnung auf, die erkennen läßt, daß 1998 möglicherweise 67 Millionen DM weniger BAföG-Mittel abgerufen werden. Wir halten es für richtig, daß diese Fördermittel einbehalten werden und daß sie entweder für eine neue Reform eingesetzt werden, wenn es uns gelingt, diese auf den Weg zu bringen, oder, wenn uns dies nicht gelingt, wenigstens für die Anhebung der elterlichen Freibeträge und der BAföG-Sätze verwendet werden.