Rede von
Dr.
Uwe-Jens
Rössel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundestagsgruppe der PDS billigt, daß die Gewerbekapitalsteuer als Substanzsteuer abgeschafft und den Kommunen per Grundgesetz dafür ein finanzieller Ausgleich gewährt wird. Gerade für ostdeutsche Unternehmen und Handwerksbetriebe mit ihrer in der Regel geringen Eigenkapitaldecke wäre die Einführung dieser Steuer eine nicht zu verantwortende Belastung gewesen.
Insbesondere die Ergänzung des Art. 28 des Grundgesetzes, die eine wirtschaftsbezogene, mit Hebesatzrecht der Gemeinden ausgestattete Steuer grundgesetzlich garantiert, dokumentiert einen Erfolg der Opposition. Denn immerhin brauchte die Regierungskoalition zwei Jahre, um nach der weitgehend unstrittigen Debatte um Art. 106 des Grundgesetzes dieser Forderung der Opposition zu entsprechen.
Durch die Ergänzung des Art. 28 wird das Band zwischen Rathaus und ortsansässiger Wirtschaft nicht zerschnitten, wie es die F.D.P. wollte. Das ist verhindert worden. Das, meine ich, ist ein wichtiges Ergebnis. Die Unternehmen bleiben gegenüber den Kommunen in der Pflicht.
Dennoch bleibt festzustellen:
Erstens. Den Gemeinden wird in .der bereits am 5. August beschlossenen einzelgesetzlichen Ausführungsregelung aber nur ein Anteil von 2,2 Prozent an der Umsatzsteuer zugestanden. Die kommunalen Spitzenverbände hatten nachgewiesen, daß mindestens 2,3 Prozent erforderlich gewesen wären. Der Ausfall beträgt immerhin 500 Millionen DM jährlich.
Zweitens bekräftigt die PDS ihre Forderung - und zwar als einzige der hier vertretenen Fraktionen und Gruppen -, daß ostdeutsche Städte und Gemeinden endlich einen angemessenen Ausgleich für die 2,5 Milliarden DM erhalten sollten, die ihnen durch die Nichterhebung der Gewerbekapitalsteuer seit 1991 entgangen sind.
Dr. Uwe-Jens Rössel
Diese 2500 Millionen DM - ich möchte die Zahl wiederholen: 2500 Millionen DM - fehlen den ostdeutschen Gemeinden jetzt akut für die Finanzierung der Daseinsvorsorge, vor allem auf sozialem und kulturellem Gebiet. Als Ausgleich schlagen wir die Wiederbelebung einer Investitionspauschale des Bundes vor, die von ihm unbürokratisch in die Gemeinden fließt.
Neue Kreditprogramme, wie von Minister Waigel beabsichtigt, sind angesichts der hohen Pro-KopfVerschuldung der Ostkommunen ungeeignet. Die Gemeinden brauchen sofort Bargeld und keine neuen Schulden.
Überhaupt ist jetzt die Zeit für eine umfassende Reform der Kommunalfinanzierung, die die Kommunen stärkt und die kommunale Selbstverwaltung wiederbelebt, gekommen. Das, was heute entschieden wird, ist nur ein einfacher Ausgleich für die Gemeinden und keine Kommunalfinanzreform. Herr Staatssekretär Hauser, das möchte ich Ihnen ausdrücklich sagen.
Die Kommunalfinanzierung in der Bundesrepublik Deutschland muß endlich vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Notwendig ist dazu die sofortige Einsetzung einer Expertenkommission von Bundestag und Bundesrat, wofür die PDS und danach auch die SPD bereits entsprechende Anträge an das Hohe Haus gestellt haben.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.