Rede von
Ottmar
Schreiner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Lieber Kollege Grund, ich bin ja gerne bereit, diese Fachdebatte im Ausschuß oder anderswo fortzusetzen.
Man wird dann zum Beispiel nachfragen müssen, wie hoch die Mitnahmeeffekte sind, so wie ich es immer wieder höre.
Aber das ist gar nicht mein Problem. Entscheidend ist die folgende Betrachtung - auch der Herr Bundeskanzler sagt ja immer, entscheidend ist, was hinten herauskommt - : Präsident Jagoda hat vor wenigen Tagen gesagt, daß die Arbeitslosenzahl im August 1997 um 300 000 Arbeitslose höher liegt als 1996 -nur auf Grund der Einschränkungen im Bereich der Arbeitsmarktinstrumente.
Er hat hinzugefügt: Die Konsequenzen dieser Einschränkungen gehen mehrheitlich zu Lasten Ostdeutschlands. Das ist die Saldorechnung, Herr Kollege Grund. Wollen Sie es denn nicht begreifen?
Ich komme zum Schluß, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich hätte Ihnen noch eine ganze Reihe anderer politischer Maßnahmen Ihrer Seite vortragen können, die im Ergebnis zu einer deutlich höheren Arbeitslosenquote geführt haben.
Es ist ein politisches Fiasko, das Sie zu verantworten haben.
Sie haben hier eine Altersteilzeitregelung verabschiedet, die nicht im geringsten in der Lage ist, die Entlastungsfunktion der alten Vorruhestandsregelung, die zugegebenermaßen in einzelnen Fällen mißbräuchlich in Anspruch genommen wurde, auch nur einigermaßen angemessen zu übernehmen. Das Ergebnis ist, daß die Einstiegskorridore für junge Menschen immer enger und schmaler werden; wir haben es zum erstenmal in der Geschichte der Bundesrepublik mit einer in der Tat dramatischen Jugendarbeitslosigkeit zu tun.
Über eine halbe Million junger Menschen unter 25 Jahren in Deutschland hat weder einen Ausbildungs- noch einen Arbeitsplatz. Ich habe von dieser Regierung und von dieser Koalition im Rahmen dieser Haushaltsdebatte nicht einen einzigen Satz über die Perspektive dieser ausgegrenzten jungen Menschen gehört. Diese Situation ist unter keinen Umständen hinnehmbar. Nichts, aber auch gar nichts ist von Ihnen dazu gesagt worden. Es sind keine Perspektiven aufgezeigt worden. Ich sage Ihnen nur eines: Eine Gesellschaft - eine der reichsten dieser Erde -, die Hunderttausende ihrer jüngeren Männer und Frauen ohne Perspektive läßt, läßt einen Teil ihrer jungen Generation verkommen und verrotten. Das fällt insgesamt auf uns zurück, in Formen, die uns alles andere als lieb sein werden.