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ID1318913000

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    Plenarprotokoll 13/189 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 189. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. September 1997 Inhalt: Benennung des Abgeordneten Werner Lensing als Mitglied im Kuratorium des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung 17095 A Erweiterung der Tagesordnung 17095 A Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1998 (Haushaltsgesetz 1998) (Drucksache 13/8200) . . 17095 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1997 bis 2001 (Drucksache 13/8201) 17095 B Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 17095 C, 17125 C Norbert Formanski SPD 17097 A Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 17098 A Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . 17099 B, 17125 A Dankward Buwitt CDU/CSU 17102 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17105 B Ernst Hinsken CDU/CSU 17106 D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17108 C Ernst Hinsken CDU/CSU . . . 17109 A, 17128 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . 17109 C, 17126 A Rolf Kutzmutz PDS 17113 A Rolf Schwanitz .SPD 17114 D Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU . 17116 D,17120 D Dr. Christa Luft PDS 17120 A Otto Schily SPD 17120 C Ernst Schwanhold SPD . . . . 17122 A, 17127 C Hartmut Schauerte CDU/CSU . 17127 A, 17154 A Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17130 B Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 17131 B, 17138 B Rudolf Dreßler SPD 17134 B, 17138 B Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . . 17135 B Dr. Gisela Babel F.D.P 17136 B, 17150 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17138 C Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . 17139 A Rudolf Dreßler SPD 17139 C Ottmar Schreiner SPD 17140 C Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17142 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU . 17142 D, 17152 B Manfred Grund CDU/CSU . . 17144 A, 17153 A Dr. Gisela Babel F.D.P 17145 B Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17145 D Dr. Heidi Knake-Werner PDS 17147 C Ottmar Schreiner SPD 17149 A Dr. Hermann Kues CDU/CSU 17154 C Zusatztagesordnungspunkt 5: - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksachen 13/ 1685, 13/8488) . 17156 A - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 GG) (Drucksachen 13/8340, 13/8488) 17156A Hansgeorg Hauser, Parl. Staatssekretär BMF 17156B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . 17157 B Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . 17157 C Hans Michelbach CDU/CSU 17158 C Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17160 A Gisela Frick F.D.P 17160 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 17161 C Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 17162 B Detlev von Larcher SPD 17162 D Namentliche Abstimmung 17163 C Ergebnis 17173 A Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 17163 C Doris Odendahl SPD 17166 C Edelgard Bulmahn SPD 17168 A Steffen Kampeter CDU/CSU 17170 D Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17175 B Jürgen Koppelin F.D.P. 17176 A, 17199 B, 17203 B Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. . . . . 17177 B Dr. Ludwig Elm PDS 17178 B Tilo Braune SPD 17179 C Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 17181 A Christel Hanewinckel SPD 17184 C Wilfried Seibel CDU/CSU 17186 C Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17189 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. 17190 B Dr. Edith Niehuis SPD 17190 D Rosel Neuhäuser PDS 17191 D Siegrun Klemmer SPD 17192 D Jochen Borchert, Bundesminister BML 17195 A Horst Sielaff SPD 17197 C Albert Deß CDU/CSU 17198 C Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU 17200 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17202 D Jochen Borchert CDU/CSU 17204 A Günther Bredehorn F.D.P. 17204 D Dr. Günther Maleuda PDS 17206 A Ilse Janz SPD 17207 A Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 17208 C Gerhard Rübenkönig SPD 17210 D Roland Sauer (Stuttgart) CDU/CSU . . 17212 C Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17215 A Jürgen W. Möllemann F.D.P. . . . . . 17216 C Dr. Ruth Fuchs PDS 17217 C Waltraud Lehn SPD 17218 B Nächste Sitzung 17220 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 17221* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgit Homburger (F.D.P.) zur Abstimmng über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 GG) (Zusatztagesordnungspunkt 5) 17221* C Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Dr. Otto Graf Lambsdorff (F.D.P.) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 GG) 17221* D 189. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. September 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 11. 9. 97 ** Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 11. 9. 97 ** 90/DIE GRÜNEN Eßmann, Heinz Dieter CDU/CSU 11. 9. 97 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 11. 9. 97 * * Friedhoff, Paul K. F.D.P. 11.9. 97 Günther (Duisburg), Horst CDU/CSU 11. 9. 97 Irmer, Ulrich F.D.P. 11. 9. 97 ** Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 11. 9. 97 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 11. 9. 97 Laumann, Karl-Josef CDU/CSU 11. 9. 97 Marx, Dorle SPD 11. 9. 97 Müller (Düsseldorf), SPD 11. 9. 97 Michael Dr. Probst, Albert CDU/CSU 11. 9. 97 * Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 11. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 11. 9. 97 Schaich-Walch, Gudrun SPD 11. 9. 97 Schloten, Dieter SPD 11. 9. 97 ** Schmidt (Aachen), Ulla SPD 11. 9. 97 ** Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 11. 9. 97 ** Schmidt (Salzgitter), SPD 11. 9. 97 ** Wilhelm Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 11. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Sebastian, Wilhelm Josef CDU/CSU 11. 9. 97 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 11. 9. 97 Terborg, Margitta SPD 11. 9. 97 * Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 11. 9. 97 Vosen, Josef SPD 11. 9. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 11. 9. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 11. 9. 97 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an der 98. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgit Homburger (F.D.P.) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 GG) (Zusatztagesordnungspunkt 5) Ich begrüße, daß es aufgrund des langjährigen Drucks, insbesondere der Freien Demokratischen Partei, nun endlich gelungen ist, Konsens darüber zu erzielen, daß die Gewerbekapitalsteuer als Substanzsteuer unnötig Arbeitsplätze belastet und abgeschafft werden muß. Ich bedauere, daß es noch keinen parteiübergreifenden Konsens darüber gibt, daß auch die Gewerbeertragsteuer zu einer Doppelbelastung des Gewerbes und damit zu einer unnötigen Belastung von Arbeitsplätzen vor allem in den Bereichen führt, die besonders beschäftigungsintensiv sind. Obwohl ich die Ergänzung des Grundgesetzes, insbesondere im Art. 28, als überflüssig empfinde, stimme ich dem Gesetzentwurf zu, nachdem fraktionsübergreifend in der Begründung des Antrages klargestellt wird, daß die jetzt gefundene Formulierung einer späteren Abschaffung der Gewerbeertragsteuer nicht im Wege steht und daß eine Abschaffung der Gewerbeertragsteuer zu einem späteren Zeitpunkt auch keiner Grundgesetzänderung bedürfte. Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Dr. Otto Graf Lambsdorff (F.D.P.) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 28 GG) - Drucksache 13/8488 - Im Hause Görresstraße 34 ist vor Eröffnung der namentlichen Abstimmung nur wenige Male der Signalruf erfolgt, so daß meine Nichtteilnahme an der Abstimmung von mir nicht zu vertreten ist. Hätte ich die Abstimmung rechtzeitig erreichen können, hätte ich mich der Stimme enthalten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gisela Babel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ich möchte gern darauf verweisen, daß ich das nachher natürlich noch genauer ausführen werde. Ich ziehe das aber jetzt als Antwort auf Ihre Frage vor, damit es keinen Zweifel gibt.

    Dr. Gisela Babel
    Ich stehe durchaus auch in dieser Beziehung zu dem Beschluß vom 5. August, in dem ja steht, daß wir die Mehrwertsteuer erhöhen - dazu brauchen wir die Zustimmung der SPD; das ist klar; dazu komme ich noch - und mit diesem Geld den Bundeszuschuß erhöhen wollen, um den Beitragssatz zu senken.

    (Otto Schily [SPD]: Herr Schauerte! Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Jetzt muß Herr Schauerte aufpassen!)

    - Er hat den Beschluß vom 5. August nicht bis zum Ende gelesen; seien Sie ein bißchen milde.
    Das ist ja das Rentenkonzept, das die Bundesregierung und die Koalition vorgelegt haben. Sie wissen es. Die Zwischenfrage war nur eine Aufforderung, etwas Ihnen schon Bekanntes noch einmal zu wiederholen.
    Ich bin froh, daß dieser Beschluß wieder bestätigt wurde. Handelt jetzt!, sagt der Bürger. Erst kürzlich wieder habe ich das auf einer Versammlung gehört: Handelt jetzt, und setzt euch nicht selbst dem Vorwurf der Blockade aus, den ihr gegenüber der SPD erhebt! In der Tat muß die Koalition zeigen, wie ernst es ihr mit der Rentenreform ist. Auf alle Fälle muß die Strukturreform mit den Sparelementen kommen. Sie ist unverzichtbar.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Die Zustimmung der SPD zur Mehrwertsteuererhöhung hängt, wenn ich es recht sehe - hier war ein bißchen Nebel -, zum großen Teil an der Frage, welche Funktion der erhöhte Bundeszuschuß Ihrer Meinung nach haben sollte. Ihr Vorschlag ist ja, drei versicherungsfremde Leistungen herauszunehmen und sie gezielt zu bezahlen. Meine Position ist, daß sie durch den jetzigen Bundeszuschuß, der in diesem Jahr 67 Milliarden DM beträgt, bereits bezahlt sind.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist eben Ihr Trugschluß!)

    Der Kerngedanke des SPD-Vorschlags ist aber so falsch nicht. Er könnte einen Prozeß hin zu mehr Transparenz in bezug auf den Bundeszuschuß einleiten und eines Tages vielleicht dazu führen, daß wir uns alle in diesem Haus darüber klar werden, welche Funktion der Bundeszuschuß denn hat. Es heißt, er habe eine Garantiefunktion. Aber ich frage: Zu welchem Preis? Wir hatten die Garantiefunktion schon bei Sätzen von 12 Prozent, von 15 Prozent, von 18 Prozent und 20 Prozent. Wieviel wollen wir dafür ausgeben? Eine weitere Möglichkeit wäre, zu sagen, daß der Bundeszuschuß zur Stützung und langfristigen Sicherung eines erträglichen Beitragsniveaus dient. Insofern sehe ich diesen Ansatz als nicht so ganz aussichtslos an.
    Aber ich kann Sie ja nun nicht dauernd loben, so daß Sie weiterhin so ruhig bleiben. Ich komme also jetzt zur SPD und ihrem Reformverständnis.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Welches Reformverständnis?)

    Die politischen Auseinandersetzungen in dieser
    Haushaltswoche sind ja oft geprägt von düsteren Prophezeiungen. Sie stellen sich vor, wie schrecklich wir
    scheitern werden; wir stellen uns vor, wie furchtbar es wäre, wenn Sie an die Macht kämen.

    (Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: Wir stellen das fest! Wir prophezeien das nicht!)

    Auch ich möchte jetzt eine dieser düsteren Prophezeiungen aufstellen. Die Frage, wie man auf die längere Lebenserwartung der Rentner reagieren soll, wird Sie einholen, und zwar bald. Alle Industrienationen, nicht nur die Deutschen,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Wir haben doch 1992 gemeinsam ein Konzept gemacht!)

    haben das Problem der Verteuerung der Alterssicherung durch längeren Rentenbezug und weniger Geburten. Das kann man nicht einfach durch Einnahmeverbesserungen wie die Einführung der Rentenversicherungspflicht für geringfügig Beschäftigte oder Scheinselbständige oder durch mehr Steuergeld lösen. Mit dieser Beschwichtigungspolitik nach dem Motto „Wir müssen nicht sparen; wir holen uns das fehlende Geld" treiben Sie ein schlimmes Spiel.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die Bürger durchschauen das auch; da bin ich ganz sicher.
    Auf das, was Sie sonst noch an Wohltaten in Ihrem Rentenkonzept versteckt haben, will ich jetzt gar nicht eingehen. Das haben wir ja schon einmal gehabt; diese Vorstellung wird sich wiederholen.
    Ich will aber auf ein Thema zu sprechen kommen, das hier auch schon sehr oft angesprochen worden ist und das ich mittlerweile für einen wichtigen Longseller der Politik halte, das sind die 610-DM-Verträge. Die SPD und leider auch der Bundesarbeitsminister werden nicht müde, die Versicherungspflicht für geringfügig Beschäftigte zu fordern und sich davon Geld, Gerechtigkeit und die Lösung aller Probleme zu erhoffen.

    (Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Alles!)

    Dabei ist unstrittig, daß jedenfalls langfristig die Sozialsysteme dadurch nicht entlastet werden und daß der dann erreichte zusätzliche Versicherungsschutz oft auch gar nicht erforderlich ist.

    (Jürgen Koppelin [F.D.P.]: So ist es!)

    Das Ganze ist arbeitsmarktfeindlich, arbeitnehmerfeindlich

    (Otto Schily [SPD]: Der Bundesarbeitsminister ist arbeitnehmerfeindlich?)

    und eigentlich auch unsozial.

    (Beifall bei der F.D.P. Otto Schily [SPD]: Da klatscht aber nur die F.D.P.!)

    Es sind gerade Personen mit niedrigem Einkommen, die auf diesen Zusatzverdienst angewiesen sind; Studenten, Hausfrauen, Rentner.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Und die dürfen keine Rente im Alter bekommen?)


    Dr. Gisela Babel
    Wenn auf diese Verträge eine Sozialversicherungspflicht gelegt wird, wird es sie bald nicht mehr geben.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Aber andere! Denn die Arbeit ist da!)

    Die F.D.P. sieht sich wohl als letzte Schutzpatronin der 610-DM-Verträge und wird an diesem Punkt nicht mit sich reden lassen.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist nicht gut. Die Opposition fordert wie gehabt mehr Arbeitsmarktpolitik. Wir haben das große Experiment in Deutschland gemacht. Ich will auch nicht sagen, daß es eine Alternative gab. Aber eines wissen wir heute doch noch besser als vor fünf Jahren, nämlich daß diese Arbeitsmarktpolitik nicht der gerade Weg zu mehr Arbeitsplätzen ist, daß die Strukturprobleme des Ostens nicht gelöst werden konnten, daß es eben nicht der wirkungsvolle Schubs oder Ruck - wie man heute sagt - ist, den wir brauchen, um im Osten neue Arbeitsplätze für die Zukunft zu entwickeln.
    Gerhard Schröder, der ganz neue Sozialexperte der SPD, kommt auf die Idee - es steht heute in der Zeitung -, das Arbeitslosengeld für die Subventionierung von Löhnen zu verwenden. Gut daran ist, daß der so Beschäftigte in einem Betrieb am Wertzuwachs beteiligt wird. Fragwürdig daran ist, daß eine solche Politik die Lohnfindung - dazu müssen sich die Gewerkschaften äußern - sehr verändern wird.
    Immerhin haben wir in Ostdeutschland auf etwas schmalerer Basis - zeitlich eingeschränkt, abhängig von der Betriebsgröße und der Personenzahl - so etwas gestartet. Sie wissen vielleicht auch, daß dieses Modell mittlerweile in Brüssel geprüft wird - wegen des Verdachts der Wettbewerbsverzerrung. Das ist vielleicht auch nicht das, was man von europäischer Beschäftigungspolitik erwartet hat.
    Meine Damen und Herren, ich will zum Schluß nochmals bekräftigen: Die Sozialpolitik muß die Aufgabe der Senkung von Lohnnebenkosten anpacken und lösen.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Hier ist viel geschehen, und hier wird noch viel geschehen. Das, was die Opposition vorträgt, ist die schrille Beschreibung einer gewiß kritischen Lage. Sie bietet aber keinen Weg an, aus dieser herauszufinden. Einen solchen Weg haben die Koalition und die Bundesregierung eingeschlagen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Tatsächlich?) Wir müssen ihn tapfer gehen.

    Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat
jetzt die Abgeordnete Heidi Knake-Werner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heidi Knake-Werner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Blüm, ich kann gut verstehen, daß Sie in Ihrer Situation nichts zur Arbeitslosigkeit gesagt haben. Aber ich muß ehrlich sagen: Politisch ist das für einen Arbeitsminister in diesem Land wirklich ein Skandal.

    (Beifall bei der PDS)

    Ich werde mich auf dieses Thema konzentrieren und dazu zunächst unser aller Bundeskanzler bemühen. Der hat nämlich zum Antritt seiner Amtszeit vor nunmehr 15 Jahren erklärt:
    Diese neue Regierung ist notwendig geworden, weil sich die alte, die bisherige Regierung als unfähig erwies, gemeinsam die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, das Netz sozialer Sicherheit zu gewährleisten und die zerrütteten Staatsfinanzen wieder in Ordnung zu bringen.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, was damals, 1982, recht war, müßte heute eigentlich billig sein.

    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Heute, 1997, gibt es in diesem Land mehr Arbeitslose als jemals zuvor. Die soziale Sicherheit ist durchlöchert wie ein Schweizer Käse. Die öffentlichen Kassen sind so leer, daß Finanzminister Waigel keinen Bock mehr aufs Regieren hat.
    Anders der Bundesarbeitsminister: Der findet noch immer, daß sein Haushalt ein Dokument sozialer Behutsamkeit und Verantwortung ist und führt als Beleg dafür an, daß jede dritte Mark des Bundesetats für Soziales ausgegeben wird.
    Frau Dr. Babel hat es hier wiederholt - wie jedes Jahr. Sie verschweigen dabei nur eines, Frau Dr. Babel: daß durch Ihre Sparoperationen seit 1982 100 Milliarden DM weniger in den Sozialkassen sind - und das bei einer ungeheuren Zunahme der zu lösenden sozialen Probleme. Was könnten wir alles an Beschäftigungsprogrammen in diesem Lande auflegen, wenn Sie diese 100 Milliarden DM nicht weggespart hätten!

    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Keines Ihrer Versprechen zum Abbau der Arbeitslosigkeit konnten Sie bisher einlösen. Wirtschaftsminister Rexrodt hat es in der vorherigen Debatte noch einmal bestätigt: Das 50-Punkte-Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung ist komplett umgesetzt worden. Er bekennt gleichzeitig: leider noch ohne Wirkung auf den Arbeitsmarkt. Wenn das nur stimmte! Das Programm hat aber Wirkungen auf den Arbeitsmarkt gehabt, nämlich eine halbe Million Arbeitslose mehr. Das haben Sie verursacht. Das versuchen Sie nun auch noch als Erfolg umzudeuten. Das nehmen Ihnen die Leute aber nicht mehr ab. Die haben doch längst begriffen, daß Ihre Sozialraubgesetze durch die Bank beschäftigungspolitisch Fehlanzeige sind und mit dazu geführt haben, bei den Arbeitslosenzahlen neue Negativrekorde aufzustellen. Das Fazit der „taz" kann man nur unterstreichen: Operation gelungen - Patient arbeitslos.

    Dr. Heidi Knake-Werner
    Tag für Tag werden die Pleiten Ihrer Politik sichtbar: Die Aufweichung des Kündigungsschutzes und die Einschränkung der Lohnfortzahlung haben keinen neuen Arbeitsplatz gebracht. Die Kürzungen bei Rehabilitation und Prävention haben dazu geführt, daß in diesem Bereich 24 Prozent weniger Menschen eine Arbeit finden. Auf der Strecke bleiben vor allem die Frauen.
    Die Veränderung der Ladenöffnungszeiten hat nur eines bewirkt: eine massive Umwandlung von Vollzeitarbeitsplätzen in Mini-Jobs. Jeder zweite Teilzeitarbeitsplatz im Handel ist inzwischen sozialversicherungsfrei. Das ist aus Ihrer vielgelobten Teilzeitarbeitsoffensive geworden.
    Und das gelobte AFRG? - Die volle Orientierung auf die Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt hat nahezu fatale Folgen, insbesondere in den neuen Ländern. Tausende von Arbeitsplätzen in Sanierungs- und Beschäftigungsgesellschaften in Ostdeutschland gehen über den Deister. Auf dem ersten Arbeitsmarkt gibt es dafür überhaupt kein Äquivalent; das wissen Sie auch ganz genau.
    Nicht einmal die Rechnung mit Ihrem beschäftigungspolitischen Lieblingskind - Dienstleistung im Haushalt. - ist aufgegangen. Es ist ja vorhin von Herrn Fuchtel schon gesagt worden: Ganze 34 000 Arbeitsplätze - statt der von Ihnen angestrebten halben Million - entstanden in diesem Bereich. Das ist wirklich eine Pleite für sich.
    Heute, nach 15 Jahren Kohl-Regierung, fehlen Erwerbsarbeitsplätze für sieben bis acht Millionen Menschen. Das sind Menschen, denen es verwehrt ist, am wirtschaftlichen und sozialen Leben teilzuhaben, Menschen, die sich nutzlos und überflüssig vorkommen, die öfter krank sind als Menschen in Lohn und Brot, Menschen, denen Sie mit Ihrer fatalen Politik die Zukunft verbauen. Dabei ist Erwerbslosigkeit nicht nur für die Betroffenen ein Drama - es ist hier schon 25mal gesagt worden -, die Massenarbeitslosigkeit ist auch die Hauptursache für die immer größer werdenden Löcher im Haushalt.
    Weil Sie mit Ihrem Haushalt nicht die bitter notwendige Trendwende auf dem Arbeitsmarkt einleiten, Herr Minister Blüm, ist der Einzelplan 11 kein Dokument sozialer Verantwortung, sondern Ausdruck politischer Verantwortungslosigkeit.

    (Beifall bei der PDS)

    Am Dienstag, bei der Verkündung der Arbeitslosenzahlen für August, hat auch der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, festgestellt, daß der weitere Anstieg der Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vorjahr im Zusammenhang mit der Kürzung der Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitik zu sehen ist.
    Das ist das unrühmliche Ergebnis Ihrer falschen Weichenstellung, und genau die wird im Einzelplan 11 fortgesetzt. Daß der Nachtragshaushalt noch immer auf sich warten läßt und die Arbeitsämter vor Ort noch immer nicht wissen, welche Gelder ihnen für das nächste Vierteljahr zur Verfügung stehen, ist schlicht verantwortungslos.
    Im August waren - das ist hier gerade schon gesagt worden - 300 000 Menschen weniger in Beschäftigungsförderungsmaßnahmen als voriges Jahr. Der größte Brocken ging zu Lasten der Menschen in Ostdeutschland: Dort waren 220 000 Menschen weniger in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen.
    Wieder einmal sind es vor allen Dingen die Frauen, auf deren Kosten diese Entwicklung geht. Das will ich Ihnen hier einmal ganz genau vorrechnen: Nach Veröffentlichungen des IAB - der Kollege Krüger hat es ja vorhin als Gazette bezeichnet; ich wünschte, Sie würden Ihre eigenen Institute etwas ernster nehmen - waren im Mai 1997 in Ostdeutschland 72 000 Frauen weniger in beschäftigungspolitischen Maßnahmen. Im gleichen Zeitraum ging die Anzahl der Fördermaßnahmen für Frauen um 63 000 zurück.
    Um ein kurzes - und schlechtes - Fazit zu ziehen: 90 Prozent der Anzahl derjenigen Frauen in Ostdeutschland, die zusätzlich arbeitslos geworden sind, gehen auf die Kürzungen in der Arbeitsmarktpolitik zurück. Das muß man sich wirklich einmal durch den Kopf gehen lassen. Für viele Menschen klingt es inzwischen mehr als Bedrohung denn als Versprechen, wenn Sie verkünden, die Arbeitsförderung konsequent fortsetzen zu wollen.
    Von dem Bekenntnis, die Arbeitslosigkeit bis zur Jahrtausendwende halbieren zu wollen, sind Sie nun schon selber abgerückt. Ihre arbeitsmarktpolitischen Eckdaten weisen ja auch für das Jahr 2000 noch 3,8 Millionen Arbeitslose aus. Wieso Sie den Zuschuß für die Bundesanstalt für Arbeit trotzdem gänzlich streichen wollen, das müssen Sie einmal den Menschen erklären.
    Im kommenden Jahr wollen Sie 100 000 Arbeitslose weniger haben, davon 10 000 weniger in Ostdeutschland. Ich frage Sie: Wo bleibt die Einlösung des Versprechens des Bundeskanzlers, allein in Ostdeutschland 100 000 Arbeitsplätze für 1998 zu schaffen? Einmal mehr hat sich das als Sprechblase erwiesen.
    Sie stehen zudem mit Ihren Prognosen gänzlich allein. Das DIW, der DGB, selbst das IAB gehen für 1998 nicht von weniger, sondern von mehr Arbeitslosen aus. Deshalb wird auch der bis jetzt als einigermaßen realistisch beurteilte Zuschuß für die Bundesanstalt für Arbeit in Höhe von 14,1 Milliarden DM nicht ausreichen, wenn es wirklich um eine beschäftigungspolitische Trendwende mit einer wirksamen Arbeitsmarktpolitik gehen soll.
    Auch die 25,5 Milliarden DM für die Arbeitslosenhilfe sind ausgesprochen fragwürdig, wenn man Ihre eigenen Zahlenangaben und Berechnungen zugrunde legt. Ihr Sonderprogramm für Langzeitarbeitslose, das 750 Millionen DM in 1998 umfaßt, ist ein Tropfen auf den heißen Stein.
    Ist Ihnen denn entgangen, was das IAB berechnet hat, daß inzwischen -