Auch Sie wissen doch, daß Sie im Bereich der Rehabilitation versucht haben, eine Einsparung vorzunehmen. Sie hatten zunächst den Rechtsanspruch abgeschafft bzw. eingeschränkt, haben ihn dann aber wieder eingesetzt. Dabei ist die Einsparvorgabe für den Bereich der Rehabilitation von Ihnen aufrechterhalten worden. Das ergibt die Situation, daß die Rehabilitationsmaßnahmen, die glücklicherweise vor Ort noch stattfinden, zu Lasten von anderen Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktförderung gehen. - Das ist das eine Problem.
Das andere Problem ist: Die Kalkulierbarkeit gerade für diejenigen, die auf die Rehabilitationsmaßnahmen angewiesen sind, muß doch sichergestellt werden, indem für diese Maßnahmen auch die entsprechenden Gelder zur Verfügung gestellt werden. Es dürfen nicht die schwächsten Gruppen am Arbeitsmarkt gegeneinander ausgespielt werden.
Gerade jetzt, wo die Ausbildungsmisere so offen zutage getreten ist und die Jugendarbeitslosigkeit so erschreckend zunimmt, ist der Konkurrenzkampf um
Jobs besonders hart. Das bedeutet immer auch, daß nach besseren bzw. schlechteren Abschlüssen sortiert wird. Da müssen wir gegensteuern. Ich finde schon, daß nach dem ganzen Durcheinander um den Rechtsanspruch auf Reha-Maßnahmen Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, jetzt in der Pflicht sind, die entsprechenden Mittel sicher zur Verfügung zu stellen und sie nicht gegen andere Mittel auszuspielen, damit dieser Rechtsanspruch verläßlich eingelöst werden kann.
Der Haushalt 1997 war - das beziehe ich keineswegs nur auf den Einzelplan des Arbeitsministeriums - ein einziges Chaos. Von Löchern kann man kaum sprechen: Abgrund um Abgrund hat sich aufgetan.
Daß es einen Nachtragshaushalt geben mußte, weil Sie die Zahlen jenseits jeder sachlichen Grundlage schöngerechnet haben, war schon vor einem Jahr klar. Das haben wir Ihnen auch deutlich gesagt. Sowohl die SPD als auch wir hatten schon im Frühjahr, als klar war, daß die katastrophalen Arbeitslosenzahlen den Etat sprengen würden, einen Antrag auf Nachtragshaushalt eingebracht. Jetzt haben wir noch immer keinen. Aber immerhin: Er ist in Arbeit. Die Haushälter der Regierungsfraktionen wollen noch die nächste Steuerschätzung abwarten. Ihr Vertrauen in das eigene Finanzministerium ist offensichtlich nicht sehr groß, was ich wie viele hier und draußen im Lande ausgesprochen gut verstehen kann. Damit möchten sie sich sicherlich weitere Peinlichkeiten ersparen. Der sicherste Termin für den Nachtragshaushalt wäre dann allerdings der 31. Dezember.
Daß der Nachtragshaushalt erst jetzt kommt, obwohl allen klar war, daß er kommen mußte, war gegenüber den Arbeitslosen völlig unverantwortlich. Sie haben der Bundesanstalt eine fatale Auflage gemacht. Sollten die Arbeitslosenzahlen nämlich höher sein, als von Ihnen geschätzt, was angesichts Ihrer Schönrechnereien regelmäßig der Fall ist, sollten die Pflichtleistungen der BA steigen; das sollten die Arbeitsämter aus ihren eigenen Mitteln für die aktive Arbeitsförderung ausgleichen.
Abgesehen davon, daß die Logik schlicht absurd ist, dann weniger aktive Arbeitsförderung anzubieten, wenn mehr Leute darauf angewiesen sind, sind die Maßnahmen unter dieser Voraussetzung schlicht nicht mehr planbar. Das hat dazu geführt, daß in Ostdeutschland zum Beispiel 60 000 AB-Stellen eingebrochen sind.
Von dieser Stelle aus muß sichergestellt werden, daß die beschlossenen Mittel für aktive Arbeitsförderung auch wirklich dafür zur Verfügung stehen. Es muß Schluß sein mit der quartalsweisen Anweisung von Geldern an die Arbeitsämter.
Wenn nämlich nichts planbar ist, leiden darunter nicht nur die Qualität und die Effektivität der Maß-
Annelie Buntenbach
nahmen, was Sie anschließend immer besonders gern kritisieren; vielmehr wissen die Betroffenen oft bis zum letzten Tag nicht, ob eine Maßnahme nun bewilligt wird oder nicht. Keinen Job zu haben ist
hart genug. Man muß die Leute nicht noch der unwürdigen Situation aussetzen, in ständiger Unsicherheit leben zu müssen und überhaupt keine Auskunft zu bekommen.
Im vorliegenden Haushaltsentwurf - an dem hohen Werbeetat erkennt man, daß es der Haushaltsentwurf für das Wahljahr 1998 ist - ist endlich eine zwar zu geringe, aber wenigstens halbwegs diskutable Summe als Zuschuß für die Bundesanstalt eingestellt. Dabei haben Sie ja noch im sogenannten Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung vom April 1996 angekündigt, daß der Zuschuß der BA für 1997 und für alle künftigen Jahre auf null gesetzt würde.
Hätten Sie das jetzt im Wahljahr wirklich getan, dann hätte dies zweierlei bedeuten können: entweder eine Menge der bekannten Peinlichkeiten und eine Wiederholung des jährlichen Haushaltschaos mitten im Wahlkampf oder aber weitere rabiate Einschnitte ins soziale Netz. Genau damit wird es nach der Wahl aber weitergehen, wenn hier ab September 1998 nicht endlich eine andere, nämlich eine rotgrüne, Regierung steht.