Rede von
Ernst
Hinsken
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich verschiedene Kurzinterventionen deute und vor allen Dingen die Rede des Kollegen Schwanhold analysiere, dann stelle ich fest, daß er die letzten zweieinhalb Stunden anscheinend nicht hier im Raum gewesen ist. Es wurden genau die Probleme angesprochen, die uns momentan wirtschaftlich bewegen und die vor allen Dingen den vielen Mittelständlern, die wir in der Bundesrepublik Deutschland haben, auf den Nägeln brennen.
Herr Kollege Schwanhold, wenn Sie hier Krokodilstränen um den Mittelstand weinen, dann sollten Sie sich dessen erinnern, was jüngst Ihr Kollege Rixe, ein Handwerksmeister, gesagt hat: Das große Problem der SPD ist, daß sie in dem Unternehmer den Ausbeuter sieht; diesen Makel werden wir einfach nicht los.
- Das tut weh, Frau Kollegin Matthäus-Maier, aber er hat das nun einmal gesagt. Das kann nicht wegdiskutiert werden. Ich habe das erwähnt, weil ich meine, daß er recht hat.
Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, in den letzten zwei Jahren war bei solchen Debatten hier immer ein besonderer Gast zur Stelle. Er fehlt heute auf der Bundesratsbank. Es ist der Ministerpräsident
von Niedersachsen, Herr Schröder.
- Herr Stoiber war erst jüngst wieder da. Er kommt öfter, als es Ihnen vielleicht lieb ist.
Herrn Schröder hat anscheinend der Bannstrahl Ihrer Fraktion getroffen. Sie haben ihm offensichtlich Hausverbot erteilt, so daß er bei Wirtschaftsdebatten nicht sprechen darf, obwohl er für sich in Anspruch nimmt, ein exzellenter Wirtschaftsfachmann zu sein. Das läßt ganz tief blicken. Ich frage mich nur, wie lange es noch dauern wird, bis er wieder kommen darf. Wenn Sie die Meßlatte hier so hoch gelegt haben, daß er erst in seinem Land vernünftige Daten vorweisen muß, bevor er wieder kommen darf, dann dauert das sicher noch zehn Jahre.
Als genauso erfolglosen Ministerpräsidenten wie Herrn Schröder empfinde ich Herrn Lafontaine, Ihren
Ernst Hinsken
Parteivorsitzenden, der ja mit Herrn Schröder um das Amt des Kanzlerkandidaten buhlt. Gestern kam er zu uns, versuchte, eine große Rede zu halten, und wollte alles besser wissen, ging aber mit keinem einzigen Wort auf die miserable Lage seines Landes, des Saarlandes, ein.
Vielmehr läßt er sich von Blockade, koste es, was es wolle, leiten.
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages, Herr Stihl, hat doch recht, wenn er sagt, mit der Blockade der Steuerreform treibe Lafontaine unser Land in die Kreisklasse. Herr Kollege Schwanhold, nehmen Sie sich auch das zu Herzen und reden Sie einmal mit Herrn Stihl.
Meine Damen und Herren, mancher hat sich bei der gestrigen Rede von Lafontaine sicherlich gefragt, für wie dumm er die meisten Mitbürger hält. Ich bin aber davon überzeugt, daß sie ihm sicherlich nicht auf den Leim gehen. Ein altes Sprichwort sagt: Zeige mir, was du kannst, und ich werde dich dann belohnen. Ich meine daher, sagen zu müssen: Gnade allen Mitbürgern unserer Republik, wenn Versager in ihren Ländern führende Verantwortung in der Bundesrepublik Deutschland übernähmen.
Meine Damen und Herren, unseren Bürgern ist bewußt, daß wir in einer Zeit großen Umbruchs leben, in einer Zeit, in der ökonomische Barrieren und Grenzen fallen und andere Volkswirtschaften aufholen.
Die Globalisierung zieht immer größere Kreise. Schließlich sind wir mitten in der dritten und vierten industriellen Revolution.
Wissen, vor allem neues Wissen wird zum dominierenden Produktionsfaktor. Nachhaltigkeit rückt in den Vordergrund.
Herr Fischer, auf Sie komme ich nachher noch ganz kurz zu sprechen.
Vieles ist nicht mehr so, wie es einmal war. Vieles ist nicht so, wie es sein sollte. Ich verweise nur auf das gesellschaftspolitische Problem Nummer eins: die unbefriedigende Beschäftigungslage. Wir haben es mit Zeiten der Bewährung zu tun, sowohl die Wirtschaft als auch den Standort Deutschland betreffend. „Fit werden für die Zukunft" ist die große Herausforderung für uns alle. Für uns, für die Politiker, bedeutet dies mehr noch als früher, die Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln konsequent zu verbessern, also für bürokratieberuhigte Zonen zu sorgen, zur Kostendämpfung beizutragen und Leistung, Investitionen und Innovationen zu fördern.
Für die Unternehmen geht es darum, sich im harten Wettbewerb zu behaupten und verstärkt mit neuen Produkten und Dienstleistungen, mit neuen Betrieben in neue Märkte hineinzustoßen.
Unser Staat und unsere Gesellschaft braucht eine Frischzellenkur. Wir brauchen junge Unternehmer mit Mut, Phantasie und dem Willen, die Welt des 21. Jahrhunderts mitgestalten zu wollen. Wir brauchen in der Bundesrepublik Deutschland viele Bill Gates, wir brauchen viele Existenzgründer.
Wir brauchen Hunderttausende von Betriebsübernehmern. 300 000 Betriebe stehen bis zum Jahr 2000 zur Übergabe an. Viele davon haben heute noch keinen Nachfolger.
Deshalb möchte ich mich bei Bundeswirtschaftsminister Rexrodt und insbesondere auch bei Bundesfinanzminister Dr. Waigel bedanken.
Sie haben nämlich die Grundlage dafür geschaffen, daß das Eigenkapitalhilfeprogramm ausgeweitet werden konnte und auch von Betriebsübernehmern in Anspruch genommen werden kann. Das ist Politik für die Zukunft.
Das kam nicht von Ihnen, das kam von uns, weil wir die Zwänge gesehen haben.
- Stellen Sie doch eine Zwischenfrage, Kollege Schwanhold. Sonst stehlen Sie mir die Zeit.
Es muß doch jedem zu denken geben, wenn ein Kommentator der holländischen Zeitung „De Telegraaf" jüngst schrieb:
Den Deutschen fällt die Veränderung schwer. Während die Welt sich mit hoher Geschwindigkeit wandelt, versuchen die Deutschen mit viel Energie, alles beim alten zu lassen. Weg mit der Dampfmaschine, zurück zum Pferd - lautet ihre Devise.
Ich meine, da muß er wohl die Politik der Opposition im Blick gehabt haben; denn wir Koalitionsparteien halten es eher mit der Weisheit Dantes, der sagte: Der eine wartet, bis die Zeit sich wandelt - der andere sieht die Chance und handelt. Davon lassen wir uns in erster Linie tragen und lenken.
Ernst Hinsken
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich nehme natürlich mit Freude zur Kenntnis, daß gerade gestern die Wirtschaftsinstitute der Bundesrepublik Deutschland für dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich zirka 2,5 Prozent konstatiert haben. Und ich hoffe, daß das, was erhofft wird, wirklich eintritt, nämlich daß das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr 3 Prozent betragen wird.
Ich darf in diesem Zusammenhang darauf verweisen, daß die gesamtwirtschaftliche Entwicklung natürlich insbesondere vom Auslandsgeschäft getragen wird. Die Achillesferse dagegen stellen nach wie vor die Investitionen dar, die sich schwächer entwickeln als in vergleichbaren Phasen früherer Konjunkturzyklen.
Vieles, um nicht zu sagen: alles, hängt davon ab, wie weit es uns gelingt, die Investitions- und Innovationsfähigkeit der heimischen Wirtschaft zu verbessern
und die Bereitschaft in- und ausländischer Investoren, sich am Standort Deutschland zu engagieren, zu stärken.
Nur mehr Neuinvestitionen schaffen mehr neue Arbeitsplätze. Mehr Arbeit und damit mehr Einkommen belebt den privaten Konsum und füllt die öffentlichen Kassen.
Die Steuer- und Abgabenlast kann schrittweise abgebaut werden. Das fördert wiederum Investitionen, Wachstum und Beschäftigung. Der Aufschwung trägt sich dann selbst. Das ist der richtige Weg zum Ziel.
Alles andere, verehrte Kolleginnen und Kollegen, führt auf den Holzweg.
Wir haben finanzielle Schwierigkeiten, und diese können nicht wegdiskutiert werden. Aber die geplanten Steuern und sozialpolitischen Probleme müssen zu einem guten Abschluß gebracht werden.