Rede von
Dankward
Buwitt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Fuchs, es gibt sicher ziemlich viele Themen, von denen wir glauben, daß wir zu einer gemeinsamen Linie kommen könnten. Aber ich sage gleich dazu: Es ist doch eigentlich nicht richtig, daß man sich, wenn man auf der einen Seite die Zustände in der Steuerpolitik beklagt, auf der anderen Seite der Veränderung verweigert. Sie reden in erster Linie von Beschäftigung. Was wir wollen, ist mehr Arbeit und damit mehr Arbeitsplätze in Deutschland.
Ich denke, daß gerade bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit eine hohe Verantwortung bei den Bundesländern liegt. Die Steuerreform könnte einen wesentlichen Beitrag zum Abbau der Schwarzarbeit leisten.
Die Diskussionen der vergangenen Tage werfen bei mir die Frage auf, ob wir wirklich glauben, daß wir uns bei den Bürgern noch verständlich machen können. Wir streiten angesichts von 6 Millionen Menschen, die arbeitslos oder in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind und die auf eine neue Chance für sich warten, darüber, was der eine oder der andere verhindert. Wir streiten uns über Machterhalt oder Machtstreben und darüber, ob etwas zu verhindern schon eine Blockade ist.
Die Diskussionen erinnern mich fatal an die Themen der letzten Jahre, bei denen die SPD systematisch verhindert hat, notwendige Dinge zum Wohle unserer Bürger umzusetzen.
- Ich denke, das hat damit zu tun, Frau Hermenau. Ich komme schon noch dazu, und Sie werden das dann auch erkennen.
Durch die Tatenlosigkeit beim Asylrecht sind Hunderttausende von Wirtschaftsasylanten nach Deutschland gekommen und haben die öffentlichen Kassen und den Arbeitsmarkt - natürlich nur den illegalen - stark und zusätzlich belastet. Herr Glos hat gestern darauf hingewiesen, daß die SPD den Veränderungen erst zugestimmt hat, als der Druck von außen zu groß geworden war.
Ich erinnere an die Auseinandersetzungen der letzten Tage, bis Sie sich endlich entschlossen haben, unseren Vorstellungen zur Verbrechensbekämpfung Ihre Zustimmung zu geben.
Wollen Sie denn den Bürgern zumuten, daß der Schaden von Woche zu Woche größer wird, wenn Sie sich weiterhin der Mitarbeit und der Zustimmung bei den Veränderungen der Rahmenbedingungen für mehr Arbeitsplätze verweigern?
Ziel unserer Politik muß es sein, durch Haushaltsdisziplin der öffentlichen Hände und durch Verbesserung der Rahmenbedingungen für mehr Investitionen unseren Beitrag zu leisten, damit mehr Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen werden können. Es kann uns doch nicht egal sein, daß die großen deutschen Unternehmen zwar immer mehr Menschen beschäftigen, allerdings immer weniger in Deutschland, und daß ausländische Investoren einen großen Bogen um Deutschland, den zentral gelegenen Standort mit dem größten Markt in Mitteleuropa, einer hervorragenden Infrastruktur und einer gut ausgebildeten Arbeitnehmerschaft - um nur einige Fakten zu nennen -, machen.
Es kann doch keiner glauben, daß dies allein durch die Absenkung des unteren Steuersatzes oder durch die Verschiebung von Lohnnebenkosten zu ändern
Dankward Buwitt
ist. Meine Damen und Herren, das glaubt ja auch niemand.
Man muß nicht die neutralen Gremien wie den IWF bemühen, auch viele namhafte Personen aus der SPD haben den von uns vorgelegten Entwurf zur Steuerreform als den richtigen Ansatz gesehen. Herr Gerhardt hat gestern viele Zitate gebracht. So war es bis vor kurzem, bis Sie auf eine Politik eingeschworen wurden, die seit Jahren im Saarland praktiziert wird und die diese Region an den Bettelstab gebracht hat und zum Kostgänger des Bundes werden ließ.
- Ich war schon öfter dort.
Der Bund, der gerade aus dieser Ecke am meisten beschimpft wird - wir haben das gestern wieder erlebt -, ist aber zum Zahlen immer noch gut genug, egal ob es um Sonderzuweisungen des Bundes oder um Geld für Kohle geht, Riesenaufwendungen für die Knappschaft und vieles andere mehr.
- Im Gegensatz zur Kohle ist die Berlin-Förderung abgebaut worden. Das scheint an Ihnen vorbeigegangen zu sein, Herr Fischer.
Das Saarland entwickelt sich immer noch schlechter als viele andere Regionen. Hören Sie sich doch einmal an, was die IHK in ihrem Jahresbericht 1995 dazu sagt.
- Die des Saarlandes.
In den 60er und 70er Jahren zählte das Saarland zu den deutschen Regionen mit den größten Erfolgen in der Industrieansiedlung. Insgesamt konnten 200 Betriebe angesiedelt werden, die heute rund 50 000 Menschen beschäftigen. Seit zehn oder zwölf Jahren gibt es den Ausgleich für die Arbeitsplatzverluste im Montanbereich kaum noch.
Den Trend umzukehren, die Konjunkturbelebung für mehr Arbeitsplätze zu nutzen geht uns alle an. Wir alle haben dazu unseren Beitrag zu leisten. Das im Haushalt 1998 .vorgesehene Ausgabenvolumen von 461 Milliarden DM stellt mit einer nominalen Steigerung von 0,5 Prozent real eine Rückführung der Bundesausgaben gegenüber 1997 dar. Der Haushalt erfüllt damit das, was er von anderen fordert, nämlich Ausgabendisziplin und Einschränkungen im öffentlichen Bereich. Dies ist eine der Voraussetzungen, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu ertüchtigen.
Die zweite Voraussetzung sind die Rahmenbedingungen, in denen die Wirtschaft tätig werden kann. Die Koalition hat hier gemeinsam mit der Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht, die eine verläßliche Entlastungsperspektive und günstige Rahmenbedingungen schaffen.
Im Rahmen des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung sind zum Beispiel - das ist schon angeführt worden - Veränderungen beim Kündigungsschutz vorgenommen worden, das Arbeitsrecht und die Ladenschlußzeiten wurden flexibilisiert, die unternehmerische Selbständigkeit gefördert, die Vermögensteuer abgeschafft, und in diesen Tagen wurde die Streichung der Gewerbekapitalsteuer endgültig abgesichert, um nur wenige Beispiele zu nennen.
Ich denke, es kann nicht richtig sein, daß man immer fragt, was denn gemacht worden ist, was es denn gebracht hat, wenn man sich den entscheidenden Veränderungen selber verweigert hat.
Der IWF prognostiziert für das Jahr 1998 ein reales Wirtschaftswachstum von 2,6 Prozent, für das Jahr 1997 immerhin noch 2,3 Prozent.
In dem 50-Punkte-Programm der Bundesregierung, dem Aktionsprogramm für Investitionen und Arbeitsplätze, sieht der IWF ausdrücklich den richtigen Ansatz, um die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Er empfiehlt, den eingeschlagenen Weg entschieden fortzusetzen.
Offen sind die Fragen - an deren Beantwortung müssen Sie sich einfach beteiligen - einer Absenkung der Lohnnebenkosten sowie der Gestaltung der steuerlichen Rahmenbedingungen, bestehend aus geringerer Steuerbelastung, Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und damit verbundener erheblicher Reduzierung der Steuerverkürzung und einer Vereinfachung des Steuersystems. Letztendlich bleiben noch die offenen Fragen bei der Sicherung der Altersversorgung.
Hier müssen wir im Interesse der Bürger schnellstens zu tragfähigen Lösungen kommen.
Lassen Sie mich zu einigen Einzelheiten des Einzelplans 09, die neu oder besonders gravierend sind, kommen. Generell ist zu sagen - der Wirtschaftsminister hat es ausgeführt -, daß zwar im Sinne der strikten Ausgabendisziplin der Haushalt des Bundesministers für Wirtschaft einen wesentlichen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leistet. Aber man muß sehen: Damit ist der Rahmen natürlich eng, und viele Wünsche sind nicht mehr erfüllbar.
Dankward Buwitt
Von den Einsparungen, die vorgenommen werden müssen, sind alle Bereiche betroffen: von der Kohle über die Werften bis hin zur Regional- und Mittelstandsförderung. Nehmen wir zuerst die Steinkohlenförderung. Die Ausgaben für den Steinkohlenbergbau sinken von 9,071 Milliarden DM - das ist das Soll 1997 - um 335 Millionen DM. Da braucht man über Berlin gar nicht zu reden.
Ursache hierfür ist die Rückführung der Absatz- und Stillegungshilfen im Steinkohlenbergbau.
Minister Rexrodt hat darauf hingewiesen, daß die Kohlehilfe allein 54,2 Prozent seines gesamten Haushaltes ausmache. Ich bin der Meinung, daß die Hilfen für die Steinkohlenförderung, wie dies im Frühjahr vereinbart worden ist, weiter zurückgeführt werden müssen.
Wir dürfen nicht länger unrentable Arbeitsplätze in dieser Größenordnung finanzieren. Arbeitsplätze im Kohlebergbau dürfen nicht völlig anders bewertet werden als Arbeitsplätze in anderen Branchen.
Das grundsätzliche Regulativ muß die Marktwirtschaft sein, wenn auch sozial abgefedert. Wir müssen weg von staatlichen Subventionen, damit die Gelder in anderen Bereichen sinnvoller eingesetzt werden können.
Der Minister hat darauf hingewiesen, daß neu in seinem Haushalt die Veranschlagung der Mittel für die Übernahme ministerieller Aufgaben aus dem Bereich des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation ist, das zum Ende dieses Jahres aufgelöst werden soll. Die sich aus dem Gesetz ergebenden Aufgaben werden dann von einer neuen Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post wahrgenommen.
Im Entwurf des Haushalts 1998 sind für diese Regulierungsbehörde und die Übernahme ministerieller Aufgaben aus dem Bereich des BMPT Gesamtausgaben von 365 Millionen DM veranschlagt. Diese hohen Anfangskosten - auch hierauf hat Minister Rexrodt hingewiesen - sind natürlich ebenfalls Ausdruck dessen, was alles übernommen werden muß. Aber sie bedürfen einer schnellen Korrektur. Hierzu laufen bereits die Ausschreibungen für die Organisationsgutachten. Die Ergebnisse der entsprechenden Consultingfirmen zur Optimierung und zum Abbauvolumen bei der Regulierungsbehörde müssen schnellstens berücksichtigt werden. Das Parlament muß umfassend und laufend darüber informiert werden.
Im Zusammenhang mit der zunehmenden Globalisierung der Märkte wird die Aufgabe der Regulierungsbehörde die Sicherung des chancengleichen Wettbewerbs sein. Sie wird dazu beitragen, transparente und unabhängige Entscheidungen zu sichern.
Ein besonderer Schwerpunkt im neuen Haushalt bleibt nach wie vor die Investitionsförderung. Im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" sind für 1998 Barmittel für die GA West und GA Ost von insgesamt 2,9 Milliarden DM vorgesehen. Hier gibt es durch die Förderzusagen der vergangenen Zeit ein Problem, das wir im Zuge der Haushaltsberatungen noch lösen müssen. Wir sind uns aber darüber einig, daß die Regionalförderung Gemeinschaftsaufgabe Ost auf hohem Niveau fortgesetzt werden muß. Für einen selbsttragenden Wirtschaftsaufschwung ist die Verbesserung der Infrastruktur von grundlegender Bedeutung.
Dafür setzen wir uns auch in wirtschaftlich und haushaltspolitisch schwieriger Zeit weiterhin ein.
Lassen Sie mich ein Wort zum Mittelstand sagen. Eine der drängenden Fragen sind die Ausbildungsplätze. Dieses Problem stellt sich überall, aber mit besonderer Schärfe in den neuen Bundesländern. Neu im Einzelplan 09 ist die Veranschlagung von Mitteln für das Sonderprogramm 1997 zur Schaffung neuer Ausbildungsplätze in den neuen Bundesländern von rund 44 Millionen DM. Wir hoffen, daß dies - gemeinsam mit den Beiträgen der Länder - ein Beitrag dazu sein kann, jedem einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen.
Für die Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen sieht der Haushalt 1998 1,95 Milliarden DM vor. Die geringfügige Absenkung ist insbesondere auf die Ausfinanzierung des Eigenkapitalhilfeprogramms zurückzuführen. Seit diesem Jahr werden - Sie wissen das - Neuzusagen aus dem ERP-Sondervermögen finanziert. Durch diese Übernahme in das ERP-Sondervermögen kann das Eigenkapitalhilfeprogramm in der bisherigen Höhe von 2 Milliarden DM pro Jahr fortgeführt und langfristig gesichert werden.
Gerade mit dem Aktionsprogramm für Investitionen und Arbeitsplätze sowie dem Bündnis für mehr Arbeit zwischen Bundesregierung, Wirtschaft und Gewerkschaften hat die Bundesregierung einen wichtigen Anstoß gegeben. Jeder der drei Bündnispartner hat erklärt, in seinem Bereich seiner Verantwortung gerecht zu werden und sich für mehr Arbeitsplätze in Deutschland einzusetzen.
Zur weiteren Verbesserung der Rahmenbedingungen ist auch die Tarifpolitik gefordert. Die Lohnentwicklung muß sich an der Leistungskraft der Unternehmen orientieren. Das heißt, beschäftigungsgefährdende Kostenimpulse müssen vermieden werden.
Ein weiteres Problem sind die 1,8 Milliarden Überstunden pro Jahr in Deutschland. Bei verbesserter Konjunktur wird diese Zahl eher noch ansteigen. Dies ist bei einer hohen Arbeitslosigkeit auf Dauer nicht hinzunehmen. Es muß möglich sein, daß ein Teil in neue Arbeitsplätze umgewandelt wird.
Dankward Buwitt
- Das ist keine Aufgabe, die wir allein zu lösen haben.
- Meine Redezeit ist gleich zu Ende. Wenn Sie eine Zwischenfrage stellen möchten, dann machen Sie das bitte. Dann hätte ich die Zeit, dies weiter auszuführen.
Ich möchte noch die Bekämpfung der Schwarzarbeit ansprechen. Ich denke, dies kann wesentlich dazu beitragen, Menschen in Arbeit zu bringen. Aber dazu dient vor allem auch die Umsetzung der Steuerreform, um die unteren Einkommensschichten steuerlich zu entlasten und es Menschen zu erleichtern, in eine versteuerte und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung einzutreten. Dann würde die finanzielle Differenz zwischen den Nichtarbeitenden, die Sozialhilfe oder Arbeitslosenunterstützung beziehen, und denjenigen, die arbeiten, größer, ohne daß dem einen etwas weggenommen und dem anderen etwas gegeben wird. Damit würde es interessanter werden, in ein Arbeitsverhältnis mit daraus folgender Steuerpflicht einzutreten.
Lassen Sie mich zum Schluß bemerken: Die Stabilität der öffentlichen Einnahmen, die Rückführung der Staatsverschuldung und eine weitere Senkung der Abgabenquote sind zwingend notwendig. Nur so können wir die Voraussetzungen für mehr Wachstum und Beschäftigung schaffen und damit die künftige Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Deutschland sichern.
Neue Arbeitsplätze entstehen nur dort, wo günstige Rahmenbedingungen für Investitionen vorgefunden werden. Nur wer international wettbewerbsfähig ist, kann Arbeitsplätze und Wohlstand sichern. Wir sollten unseren Beitrag dazu leisten.
Recht herzlichen Dank.