Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Ihrer Begründung zum Nachtragshaushaltsgesetz 1997 weist die Bundesregierung auf die anhaltende Investitionsschwäche hin. Doch anstatt Anreize für Investitionen zu geben, erreicht sie mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf 1998 genau das Gegenteil. Damit kommen wir zu einer anderen Bewertung als Sie, Herr Minister Töpfer.
Der vorliegende Entwurf des Einzelplanes 25 ist ein Beweis dafür. Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau werden um weitere 30 Prozent im Jahr 1998 gekürzt. Insgesamt geht die Förderung von 2,01 Milliarden DM auf weniger als 1,4 Milliarden DM zurück. Es ist die konsequente Fortsetzung einer Politik, die auf die Abschaffung des sozialen Wohnungsbaus zusteuert. Dies wird mit uns nicht zu machen sein.
1993 stellte der Bund noch 4 Milliarden DM zur Verfügung; für dieses Jahr war es nur noch die Hälfte, wobei Sie gegen unseren Protest das Treuhandvermögen des Bergarbeiterwohnungsbaus dem Bund übertrugen. Die Rücknahme der Fördermittel hat zur Folge, daß viele Menschen in unserem Land benachteiligt werden, die aus eigener Kraft nicht in der Lage sind, sich auf dem Wohnungsmarkt zu versorgen. Mit sozialer Gerechtigkeit hat diese Politik wirklich nichts mehr zu tun.
Wenn Sie dem sozialen Bereich schon so wenig Beachtung schenken, müssen Sie doch zumindest den Investitionen den Vorrang geben. Doch nach Angabe des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes gingen die Bauaufträge im ersten Quartal um sieben Prozent zurück, insgesamt ein Minus an Bauinvestitionen von 2,5 Prozent. Die Auswirkungen sind: 60 000 bis 80 000 Bauarbeiter verlieren in diesem und im nächsten Jahr ihren Arbeitsplatz. Ihre Gegenstrategie, durch Sozialabbau eine bessere Angebotssituation zu schaffen, muß scheitern, weil Sie die Nachfrageseite zu sehr vernachlässigen.
Falsch ist auch Ihre Politik, in dieser Situation die Städtebaufördermittel nicht zu erhöhen. Eine Forderung des Finanzministers war es sogar, die Städtebaufördermittel um 10 Prozent von 600 Millionen DM auf 540 Millionen DM zu senken. Das Bauministerium konnte dies gerade noch verhindern, allerdings zu dem Preis, daß die Förderung des sozialen Wohnungsbaus um diese 60 Millionen DM zusätzlich gekürzt wird.
In jeder Rede der letzten Jahre zum Haushaltsentwurf versuchen wir, Ihnen deutlich zu machen, wie
Dieter Maaß
wichtig diese Mittel für die Städtebauförderung, die Beschäftigung, den Erhalt unserer Innenstädte, die Renaturierung von Gewässern und die Wiedernutzbarmachung von Industriebrachen sind - um nur einige Beispiele zu nennen. Wir werden anläßlich der Beratungen im Ausschuß dazu einen Antrag stellen. Wir hoffen auf Unterstützung der Fachleute in den Koalitionsfraktionen, die in der Sache mit uns darin einig sind.
Meine Damen und Herren, Anlaß zu massiver Kritik haben wir Sozialdemokraten auch hinsichtlich der Beschlüsse zum Wohngeld, der sich Städtetag und Deutscher Mieterbund anschließen. Seit 1990 ist das Wohngeld nicht angepaßt worden, obwohl die Mieten in diesem Zeitraum um zirka 30 Prozent gestiegen sind.
In dieser Situation muß der Bauminister rund 400 Millionen DM in 1998 beim Wohngeld einsparen. Der Finanzminister hat ihn dazu verdonnert, eine sogenannte Strukturnovelle zum pauschalierten Wohngeld für Sozialhilfeempfänger zu basteln, mit der dieses Ziel erreicht werden soll.
In der entsprechenden Kabinettsvorlage heißt es lapidar:
Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau wird beauftragt, eine Wohngeldstrukturnovelle so rechtzeitig vorzulegen, daß das Gesetz zum 1. Januar 1998 in Kraft treten kann.
Die Novelle soll durch Einführung von HöchstBetragsregelungen beim pauschalierten Wohngeld zu einer Begrenzung der Wohngeldausgaben auf 3,5 Milliarden DM beim Bund führen. Eine Erhöhung des Tabellenwohngeldes ist nicht vorgesehen. Doch genau dies wäre erforderlich.
Es sind eben nicht nur immer die roten Schwarzmaler, die Ihre Politik, Herr Minister, und die der Bundesregierung kritisieren. Es sind insbesondere die Bürger und Politiker vor Ort, die mit den unsozialen Folgen Ihrer Kürzungen im Sozialbereich zu kämpfen haben.
Die Begründung Ihrer Politik gipfelt in der Feststellung, die Sozialämter seien zu großzügig im Umgang mit diesen Mitteln. Eine Rückfrage beim Sozialamt Ihres Wohnortes wird Sie eines anderen belehren.
Deshalb fordern wir Sie auf: Sorgen Sie für bessere wirtschaftliche Verhältnisse in unserem Land, damit die Zahl der Sozialhilfeempfänger deutlich sinkt, und bekämpfen Sie nicht die Menschen, die dieser Hilfe bedürfen!
Wenn die angekündigte Reform des Wohngeldes als wesentlichen Inhalt die Kürzung der Mittel zur Folge hat, sind alle unsere Befürchtungen wieder bestätigt. Die Reformen dieser Regierung und der sie tragenden Parteien führen immer zu Belastungen der Bürgerinnen und Bürger. Mit Ihrer Absicht machen Sie deutlich, in welche Richtung Ihr Entwurf zum Wohngesetzbuch, der sogenannten Reform des sozialen Wohnungsbaus, geht: Es kommt zu höheren finanziellen Belastungen der Mieter und zum Rückzug des Bundes bei der Abfederung der unsozialen Härten.
Um diese Folgen müssen sich dann die Länder, vornehmlich aber die Gemeinden kümmern, wobei die finanzschwächsten die höchsten Lasten zu tragen hätten. Die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Frau Petra Roth - übrigens keine Sozialdemokratin -, befürchtet zu Recht, daß sich die Städte gegen den schleichenden Einstieg in ein kommunales Wohngeld zur Wehr setzen werden. Wir Sozialdemokraten werden dabei an ihrer Seite sein.
Meine Damen und Herren, zu den Ausgaben für Investitionen gehört die Sanierung und Fertigstellung des Gebäudes an der Kurt-Schumacher-Straße, des Schürmannbaus. Was aber kommt nach der Sanierung? Wird der Bau fertiggestellt? Zieht die Deutsche Welle ein? Wann entscheidet das Kabinett endlich über die Prüfung der Alternativstandorte, die der Kanzler in Auftrag gegeben hat? Denn Bonn und auch die Deutsche Welle brauchen Planungssicherheit.
Der Minister setzt zuversichtlich auf den Erfolg seiner Klage gegen die Schädiger. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes in jüngster Vergangenheit ist aber erst einmal gegen ihn ausgegangen. Der Bund werde die gleichgelagerten Vergütungsforderungen als Vorleistung erbringen, so der Minister. Diese Kosten sollen dann ebenfalls von den verantwortlichen Firmen übernommen werden. Jetzt wird also ein Gerichtsurteil abgewartet. Wann rechnet das Ministerium mit einer Entscheidung? Wenn das Urteil vorliegt, ist es dann maßgebend für den Weiterbau des Gebäudes?
Mit konzeptioneller Politik hat dies alles nichts mehr zu tun. Wenn es richtig ist, daß Politik an Symbolik gebunden ist, dann ist diese Bauruine mitten im Regierungsviertel bezeichnend für diese Bundesregierung und leider auch für die sie tragenden Parteien.
Die Bauruine macht symbolhaft deutlich: Diese Bundesregierung ist verbraucht; sie hat nicht mehr die Kraft, Probleme zu lösen. Der Haushaltsentwurf, vorgelegt von einem Finanzminister auf Abruf, , ist ein weiterer Beweis dafür.