Sie haben mir nicht richtig zugehört. Ich habe gesagt: Nicht alles ist ohne öffentliches Geld zu haben. Ich stimme Ihnen selbstverständlich zu, daß auch sehr viel privates Engagement notwendig ist, das übrigens vorhanden ist. Man hungert dieses Engagement aber aus, wenn man wie Sie auf dem Poster für Sonnenenergiegewinnung auf den Dächern von Schulen und Hallenbädern wirbt, das Geld im Rahmen des dürftigen Programms des Bundeswirtschaftsministers für die Förderung regenerativer Energien aber in diesem Jahr bereits nach drei Monaten verbraten gewesen ist.
Eckart Kuhlwein
Sie malen drei Windmühlen an den Horizont und basteln gleichzeitig am Stromeinspeisungsgesetz, um den Windmilllem die Rentabilität zu versauen.
Sie lassen auf dem Poster Dächer und Fassaden isolieren, obwohl es bis heute keine ausreichenden finanziellen Anreize für die Wärmeisolierung von Altbauten gibt. Sie appellieren auf dem Poster für das Umsteigen auf Bus und Bahn und wollen in Ihrer sogenannten Steuerreform Arbeitgeberzuschüsse für Job-Tickets versteuern und ÖPNV-Fahrscheine erst ab 15 Kilometer Entfernung von der Steuer absetzen lassen. Hinter dem Rathaus finden wir auf dem Poster - Sie können sich das einmal angucken, Frau Homburger; ich gebe es Ihnen gerne - sogar einen Bioladen, obwohl die Agrarpolitik der Bundesregierung bis ins nächste Jahrtausend vor allem auf die konventionelle Landwirtschaft schwört.
Wie gesagt, es ist ein schönes Poster. Aber Sie haben vergessen, noch einen ganz wichtigen Satz darauf drucken zu lassen. Frau Merkel, Sie hätten noch darauf drucken müssen: Und der Theo hat keinen Pfennig dazubezahlt.
Das gilt übrigens auch für das zweite Beispiel, das ich nennen möchte; auch dies ist eine Mogelpackung. Sie haben in der vergangenen Woche mit Ihrem Kollegen Rüttgers ein Umweltforschungsprogramm mit einem Volumen von einer Milliarde DM verkündet. Das klingt gewaltig und weckt unsere schiere Begeisterung, zumal Sie auch noch im Rahmen dieses Programms 150 000 Arbeitsplätze bis zum Jahr 2000 versprochen haben. Das wären immerhin schon schätzungsweise 7,5 Prozent der vom Bundeskanzler versprochenen Halbierung der Arbeitslosenzahl, also ein gewaltiger Fortschritt. Beim genauen Nachlesen stellt man aber fest, daß es diese eine Milliarde DM nicht etwa zusätzlich in dem von Ihnen genannten beschäftigungswirksamen Bereich gibt. Nein, es ist eine reine Umfinanzierung. Das sind mehr oder weniger nützliche alte Hüte, die gelegentlich mit neuen Schleifchen garniert worden sind. Nach wie vor gilt, daß es in der Umweltforschung keinen Anstoß für den notwendigen ökologischen Strukturwandel gibt. Es gibt dafür auch keine Mark mehr als früher, für die Projektförderung beim Bundesforschungsminister im Umweltbereich sogar weniger.
Frau Merkel, wir unterstützen Ihre nationalen und internationalen Bekenntnisse zur nachhaltigen und zukunftsfähigen Entwicklung. Wir wissen auch zu würdigen, daß Sie in dieser Frage gelegentlich sogar den Bundeskanzler in verbale Bewegung versetzen, der dann weltöffentlich die leichtfertigsten Versprechungen abgibt. Wir begrüßen es, daß Sie das Handlungsprogramm für das 21. Jahrhundert manchmal sogar in die Generalklauseln internationaler Dokumente hineinschmuggeln.
Wir lassen uns damit trotzdem nicht ablenken. Das kann doch nicht alles gewesen sein. Sie müssen doch wenigstens zu Hause das tun, was Sie international fordern und meistens nicht durchsetzen können.
Zu Hause gibt es eben nicht nur Ihre Macke mit der Kernenergie, also eine völlig überflüssige Novelle zum Atomgesetz, die eine riskante Technologie fördert, kein bißchen mehr Sicherheit bringt und die Lage bei der Entsorgung weiter verschärfen wird.
Zu Hause gibt es auch eine völlig unzulängliche Politik im Naturschutz, im Boden- und Gewässerschutz, bei der Luftreinhaltung - Stichwort „Ozon"; dazu haben Sie heute eine Greenpeace-Demonstration vor Ihrem Hause erlebt -, beim Schutz der Wälder und beim Lärmschutz.
Der Betrag im Gesamthaushalt für Umweltschutz, dessen sich Frau Merkel vorhin auch gerühmt hat - das hat sie vergessen zu erwähnen -, sinkt im Jahre 1998 erneut um 450 Millionen DM auf nur noch 8,89 Milliarden DM.
Die Wissmanns, die Rexrodts, die Waigels und die Rühes denken also überhaupt nicht daran, mit ihrem Haushalt eine nachhaltige Entwicklung zu fördern, wie sie als Lippenbekenntnis von Frau Merkel immer zu hören ist.
Sie werden sich auch in diesem Jahr nicht darüber wundern, daß wir Ihren Haushalt, den Einzelplan 16, kritisch bewerten werden. Im übrigen meine ich wie meine Vorredner aus der SPD-Fraktion: Diese Regierung muß fort. Ihre Zeit ist abgelaufen.