Rede von
Horst
Friedrich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn die Höflichkeit nicht zu den Grundlagen meiner Erziehung gehören würde, so würde ich jetzt sagen: Das war Werfen von Nebelkerzen auf hohem Niveau. Man könnte es auch drastischer ausdrücken. Ihre Aussagen gehen wie so oft an der Realität - insbesondere in den neuen Ländern - um Längen vorbei.
Es ist zunächst mit Freude - es hätte ja noch schlimmer kommen können - festzustellen, daß der Verkehrshaushalt als größter Investitionshaushalt des Bundes wiederum dafür sorgt, daß die Arbeitsplatzkomponente im Verkehrsbereich nach wie vor entsprechend ausgeprägt ist. Allerdings - das habe ich schon mehrfach dargestellt - muß es langfristiges Ziel bleiben, in absehbarer Zeit wieder auf eine Investitionsquote von um die 50 Prozent zu kommen, denn sonst werden wir es nicht schaffen, die noch vor uns liegenden Sanierungsarbeiten beim bestehenden Verkehrsnetz zeit- und vor allen Dingen sachgerecht zu erledigen.
Daß die Einsparmaßnahmen an den Investitionen vorbeigegangen sind, verdient hohes Lob. Allerdings ist auch dort das Bündel der Maßnahmen, die noch auszureizen sind, begrenzt. Es muß sichergestellt werden, daß in absehbarer Zeit der Verkehrshaushalt auf seiner investiven Seite nicht weiter abgebaut, sondern für alle Verkehrsträger aufgebaut wird. Dabei möchte ich mit einem Hinweis auf die neuen Länder beginnen. Die Arbeitsgruppe „Verkehr" meiner Fraktion war nun mehrfach in den neuen Bundesländern vor Ort, überwiegend in Mecklenburg-Vorpommern, zuletzt am 1. September, um sich die Leistungen der DEGES in den neuen Bundesländern anzusehen.
Auch diese Fahrt war letztendlich und nachträglich eine Bestätigung, daß es hohe Zeit war, in Deutschland das antiquierte, verstaubte und verhindernde Planungsrecht für Verkehrsinfrastruktur neu zu sortieren und neu auf den Weg zu bringen, denn sonst wäre es überhaupt nicht möglich gewesen, einen Ausgangspunkt für die Leistungen der DEGES zu schaffen.
Diese Planungsgesellschaft, die 1992 gegründet worden ist und im Straßenbau für 1 172 Kilometer zuständig ist, hat es Mitte 1997 tatsächlich geschafft, für 1 160 Kilometer dieser Straßen bereits die Linienbestimmung unter Dach und Fach zu haben. Über 60 Prozent aller dieser Strecken sind bereits planfestgestellt, 90 Kilometer sind fertig und weitere 350 Kilometer im Bau. In diesem und im nächsten Jahr werden je 2 Milliarden DM investiert. Das bringt eine erhebliche Stabilisierung des Arbeitsmarktes in den neuen Ländern mit sich; es verbleiben nämlich mehr als 70 Prozent dieser Gelder tatsächlich in den neuen Ländern, weil die Auftragnehmer von dort kommen.
Ich glaube, auch das muß man einmal deutlich sagen: Mit dem Planungsrecht, wie wir es über viele Jahre im Westen gehabt haben, wäre das gar nicht möglich gewesen. Wir würden jetzt noch versuchen, die Formulare zu sammeln, um den Bauantrag zu schreiben.
Daß es auch bei uns im Westen anders geht, zeigt ein Blick auf die Neubaustrecke Köln-Rhein/Main der DB AG. Dort hat man es nämlich im sogenannten Los C von Frankfurt bis Limburg geschafft, mittlerweile 100 Prozent der Planfeststellungsverfahren erfolgreich abzuschließen. Deshalb kann dort gebaut werden. Auch das trägt wesentlich zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes im Bausektor bei. Nicht zuletzt - das kommt uns ja ein bißchen entgegen - ist es durch die Situation auf dem Baumarkt möglich, durch entsprechende Ausschreibungsverfahren - ich verweise da auf die Neuordnung der VOB - mit geringeren Einheitspreisen bei gleichen oder geringeren Etatansätzen mehr zu bauen. Das gilt für alle Verkehrsträger.
Letztendlich wird nichts daran vorbeiführen, daß wir uns ernsthaft, mit aller Sorgfalt und in Ruhe über Alternativen zur jetzigen Finanzierung der Verkehrswege unterhalten. Eine entsprechend angesetzte, seriöse Privatfinanzierung muß das Ziel für diese Wege bleiben. Ich freue mich deswegen, daß der Verkehrsminister am 22. August öffentlich erklärt hat, daß er sich die Option auf eine streckenbezogene Gebühr für Pkw und Lkw offenhält. Auch dieser Weg muß sorgfältig begangen werden. Die Konzepte, die in Rostock bei der Warnow-Querung und jetzt nach Abstimmung in Schleswig-Holstein auch mit der Herrenbrücke in Lübeck verwirklicht werden, stellen ja nur die ersten Schritte dar. Aber sie sind Zeichen dafür, daß man umdenken kann und es möglich ist, anders zu finanzieren. Nur so werden wir zeitgerecht finanzieren.
Die Bahn hat bewiesen, daß sie in der Lage ist, mit den Möglichkeiten, die wir ihr durch die Privatisierung eingeräumt haben, umzugehen. Ich würde das nicht zu geringschätzen. Es handelt sich schon um eine schwierige Entscheidung, wenn der Bund bei der Finanzierung von Schienenwegen auf die Möglichkeit, ein Darlehen auszureichen, das zurückgezahlt werden muß, verzichtet und statt dessen ausschließlich verlorene Zuschüsse gibt. Die Bahn hat erklärt, daß die Zinsersparnis aus diesem - nicht rückzahlbaren - Darlehen ausreicht, um den investiven Anteil zu erhöhen. Da sie als AG - als Vorstandsvorsitzender einer AG ist man zunächst einmal dem Ergebnis verpflichtet - das wahrscheinlich wohlüberlegt getan hat, ist manche Kritik, die auf der linken Seite des Hauses an der Bahn und auch am Verkehrsministerium geübt wird, wahrscheinlich - wie
Horst Friedrich
so oft - Schall und Rauch. Das gilt leider auch für den einen oder anderen Bundesrechnungshofbericht.
Ein großes Problem sehe ich allerdings - das habe ich schon einmal angesprochen - in der Situation der Gleisbaubetriebe im Osten, der DGT, die jetzt wieder in die Obhut der Bahn zurückgeführt werden soll. Ich bin sicher: Wenn alle Maßnahmen richtig nach VOB ausgeschrieben würden, wäre auch dort eine Ersparnis möglich.
Zum Flughafenkonzept nur folgendes: Ich habe angeregt - ich freue mich, daß auch andere Flughäfen nachgezogen sind -, daß wir uns über dieses System im Hinblick auf die Kosten und die Finanzierung in Deutschland Gedanken machen mit dem Ziel, zum einen die Infrastruktur der Flughäfen günstiger zu betreiben - das ist möglich - und zum anderen dafür zu sorgen, daß das „Wegschaufeln" von Fluggästen um Deutschland herum unterbleibt; denn jeder Fluggast, der nicht in Deutschland abfliegt, kostet Geld und vor allen Dingen Arbeitsplätze.
In diesem Sinne wird die F.D.P. sehr zielstrebig diesen Haushalt verfolgen und ihm - wahrscheinlich eine große Überraschung für die linke Seite - zustimmen.
Danke sehr.