Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wagner hat wieder eine scharfe Rede gehalten und zum Schluß vom Steinbruch gesprochen. Er hat dabei vergessen, darauf hinzuweisen, daß wohl der größte Steinbruch im Saarland zu liegen scheint.
- Er fügt jetzt hinzu: Da gibt es jetzt nichts mehr zu brechen, weil es keine Steine mehr gibt; Lohn und Brot schon lange nicht mehr.
Ich will zum Haushalt kommen. Der Bundesverkehrsminister hat in seiner Rede bereits auf den hohen Investitionsanteil hingewiesen, den der Einzelplan 12 Gott sei Dank nach wie vor ausweist. Rund 20 Milliarden DM stehen zur Verfügung. Ich freue mich darüber. Wir freuen uns, daß es den beiden Ministern Waigel und Wissmann gelungen ist, trotz des Zwanges auch beim Einzelplan 12 Beiträge zur Gesamtkonsolidierung des Bundeshaushalts zu leisten und dieses hohe Investitionsvolumen zu halten. Damit wird sichergestellt, daß es beim Erhalt und beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur keine Einbrüche geben wird.
Die Bereitstellung einer guten Infrastruktur, insbesondere der Verkehrsinfrastruktur, ist wichtigste Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung der einzelnen Bundesländer, besonders der neuen Bundesländer. Der Bundesverkehrsminister hat mit sehr beeindruckenden Zahlen darauf hingewiesen. Das gilt auch für die verschiedenen, insbesondere peripheren Regionen.
Wenn sich in der Bundesrepublik Deutschland besonders in den zurückliegenden zehn bis zwanzig Jahren, anders als in vielen anderen Ländern, auch ländliche Räume und periphere Gebiete wirtschaftlich relativ gut entwickeln und dort eine Vielzahl von neuen und zusätzlichen Arbeitsplätzen entstehen konnten, hat das nach meiner festen Überzeugung ganz wesentlich mit der Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur und dem ungehinderten Zugang dazu zu tun.
Ich denke hier nur an den ungeheuren Strukturwandel, den wir in den ländlichen Räumen auf Grund der Veränderungen in der Landwirtschaft zu bewältigen hatten. Wenn es nicht gelungen wäre, dort alternative, außerlandwirtschaftliche Arbeitsplätze bereitzustellen, wäre das für die Entwicklung der ländlichen Räume sicher verheerend gewesen.
Aus diesem Grunde war und bin ich kein Freund von Ideen zur Einführung streckenbezogener Maut, zumindest nicht für den Pkw-Bereich. Entfernungsabhängige Belastungen entstehen meines Erachtens in ausreichendem Maße durch die Kraftstoffkosten. Weitere streckenabhängige Belastungen böten keinen Anreiz zur Nutzung kraftstoffsparender Fahrzeuge, würden aber andererseits zu erheblichen unerwünschten Verlagerungen von Verkehrsströmen führen und die Nachteile revierferner Wirtschafts-und Arbeitsmarktregionen eher verstärken.
Aus diesem Grunde gebe ich auch Überlegungen in Richtung privater Betreibermodelle mit Ausnahme ganz besonderer Einzelprojekte keine Chance.
Wir können und dürfen unser Land nicht mit einem Flickenteppich unterschiedlicher Belastungen überziehen. Es darf schon gar nicht nach dem Motto gehen: Diejenigen, die zu spät zum Zuge kommen, bestraft das Leben.
Besorgt bin ich derzeit auch über die vielfältigen Vorschläge, wofür eine Erhöhung der Mineralölsteuer als Deckung in Frage kommen könnte. Niemand wird generell jede Mineralölsteuererhöhung auf alle Zeiten ausschließen können,
insbesondere wenn sie im Rahmen eines Gesamtkonzeptes zur Beseitigung des Ungleichgewichtes zwischen direkten und indirekten Steuern erforderlich sein sollte.
Aber die Mineralölsteuer kann nicht für alles und jedes herhalten, und der Autofahrer kann nicht für alles und jedes zur Kasse gebeten werden, was irgendwo an Wünschen und Vorstellungen entwickelt wird. Der Autofahrer ist weder Melkkuh noch Prügelknabe.
Im übrigen liegt Deutschland im europäischen und internationalen Vergleich bei der Steuerlast auf Kraftstoffen längst nicht mehr im unteren oder mittleren Bereich. Vielmehr nehmen wir mit Italien und Frankreich zwischenzeitlich eine Spitzenposition ein.
Im übrigen stellt die Art, wie wir Verkehrsinfrastruktur bereitstellen, einen ausgesprochenen Standortvorteil dar. Auch Minister Wissmann hat vorhin darauf hingewiesen. Der Höhe der Investitionen
Bartholomäus Kalb
kommt aber gerade in dieser Zeit auch im Hinblick auf die konjunkturelle Entwicklung und die Beschäftigungslage eine nicht geringe Bedeutung zu. Auch Sie, Herr Kollege Wagner, haben das angesprochen. Ich habe aber noch sehr gut in Erinnerung, wie vor wenigen Jahren aus den Reihen der SPD und noch viel mehr aus den Reihen der Grünen beim Verkehrsetat, insbesondere beim Straßenbaukapitel, erhebliche Kürzungen verlangt worden sind. Auch dann, wenn Investitionen in die Tat umgesetzt werden sollen, stellen wir immer wieder fest, daß sie vor Ort gerade aus Kreisen der Opposition mit verhindert werden.
Unabhängig von den Bestimmungen des Art. 115 unseres Grundgesetzes bin ich über die rückläufigen Investitionsquoten beim Bund, aber auch bei den Ländern und in besonderer Weise bei den Gemeinden besorgt. Mir jedenfalls wäre es sehr viel lieber, wir könnten durch höhere investive Ausgaben mehr für aktive Beschäftigungspolitik ausgeben und müßten weniger für die Korrektur des Arbeitsmarktes leisten.
In jeder verkehrspolitischen Debatte - Kollege Wagner hat das dankenswerterweise auch heute wieder getan - wurde von der Opposition das Thema Transrapid eingeführt und der Verzicht darauf gefordert. Ich sage Ihnen: Der Transrapid wird kommen und er muß kommen. Wir können es uns nicht leisten,
eine Spitzentechnologie zu entwickeln und dann auf deren Nutzung zu verzichten.
Im übrigen bin ich ganz und gar nicht der Meinung, daß der Ausstieg einiger Unternehmen aus dem Konsortium für die Strecke Hamburg-Berlin für die Maßnahme als solche nachteilig sein muß. Es könnte durchaus auch das Gegenteil der Fall sein.
So mancher Mittelständler wird das durchaus mit Interesse sehen und verfolgen.
Bei der Diskussion über den Transrapid haben wir es heute wieder mit ähnlichen Ablaufmustern zu tun wie in der Anfangsphase des Airbus. Damals gab es ebenfalls viele Skeptiker und Gegner sowie viele Berechnungen und Expertisen, die dagegensprachen. Hätten sich damals Ängstlichkeit und Skepsis gegen Optimismus und Zuversicht durchgesetzt, gäbe es heute in Europa de facto keine Luft- und Raumfahrtindustrie mehr.
Auch auf den Gebieten schienen-. und trassengebundener Verkehre wird die technische Entwicklung rasant voranschreiten. Wir sollten dabei den noch gegebenen Vorsprung zu nutzen wissen. In unverbindlichen Reden fordern auch die Redner der Opposition landauf, landab mehr Innovation, modernste Technik und zukunftsfähige Technologien. Wenn es aber konkret darauf ankommt, verfällt man wieder der tiefsitzenden Abneigung gegenüber allem Neuen.
- So sieht es, liebe Frau Fuchs, jedenfalls Altbundeskanzler Helmut Schmidt, der in einem Interview für „Bild am Sonntag" vom 14. April 1996 unter anderem wörtlich forderte, „die schlimme deutsche Technikfeindlichkeit zu überwinden", und weiter ausführte:
Diese massive Feindschaft gegen alles Neue - sei es Gentechnik oder Transrapid - gibt es nur in Deutschland. Im Wettbewerb auf den Weltmärkten kann sie uns in noch viel höhere Arbeitslosigkeit stürzen.
Ich weiß auch nicht, wieso die Sozialdemokraten immer wieder ihre Altvorderen in die Fraktion einladen, wenn sie dann doch nicht beherzigen, was die ihnen zu sagen haben.
Jedenfalls nannte Helmut Schmidt in einer Rede vor Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion in Bonn am 14. Januar 1997 nach seiner Ansicht sieben wichtige Komponenten eines Gesundheitskonzeptes für Deutschland und führte unter Punkt 7 folgendes aus.
- Auch die Komponenten 1 bis 6 waren für die SPD
nicht besonders schmeichelhaft, Frau Kollegin Fuchs.
In meinen Augen - so Helmut Schmidt -
langfristig die wichtigste Komponente für uns Deutsche ist eine große, langanhaltende Kraftanstrengung zugunsten der wissenschaftlichen Grundlagenforschung, der anwendungsorientierten Forschung und zugunsten der Entwicklung von Spitzentechnologie, nicht etwa nur der Hochtechnologie. Wir sacken sonst ganz schnell in diesen Bereichen wettbewerbsmäßig ab.
Es bedarf allerdings einer großen Aufklärungskampagne, um die psychotischen deutschen Ängste vor technischer Innovation abzubauen. Die deutsche Nation muß begreifen können, daß ohne Innovation wir uns selbst zum Verlust weiterer Arbeitsplätze und zum Verlust an Lebensstandard verurteilen.
Ich glaube, er hat bei Ihnen zwar Richtiges gesagt, aber trotzdem gegen eine Wand gesprochen.
Ähnlich zwiespältig ist die Situation bei der Forderung nach verstärkter Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsträger. In der Forderung ist man sich sehr schnell einig. Werden dann aber Schienen- oder Wasserwege den modernen Erfordernissen angepaßt, formiert sich sofort massiver Widerstand, meist
Bartholomäus Kalb
unter tatkräftiger Mithilfe der Opposition in diesem Hause.
- Denken Sie an den Elbausbau, Herr Kollege Kuhlwein, wo der Interessenausgleich zwischen den Hamburgern, den Schleswig-Holsteinern und Ihnen persönlich gefunden werden muß.
Ich will jetzt keine Debatte über die Notwendigkeit des einen oder anderen Flußausbaus lostreten - wir haben darüber diskutiert, und meine Positionen dazu sind sehr klar -, aber dennoch am Beispiel Berlin vielleicht einiges deutlich machen:
Wenn man im städtischen Verkehr von Berlin praktisch nicht bemerkt, daß sich im Zentrum dieser Stadt die größten Baustellen Europas befinden, ist dies ganz wesentlich darauf zurückzuführen, daß man dort für die Baustellenlogistik die Reserven, die der Verkehrsträger Wasserstraße bietet, konsequent nutzt. Im Hinblick auf die Verkehrsbewältigung in der Bundesrepublik Deutschland als Transitland können uns diese Erfahrungen in Berlin wertvolle Hinweise liefern.
Lassen Sie mich noch ein Wort zur Bahn sagen. Aus den vorgenannten Gründen wird der Bahn künftig verstärkte Bedeutung zukommen. Der Weg der Privatisierung war und ist richtig. Die Deutsche Bahn AG hat mit ihren vielen engagierten Mitarbeitern die Umstrukturierung weitestgehend bewältigt, und die Orientierung für die Zukunft wird bereits jetzt von deutlich erkennbaren Erfolgen gekennzeichnet. Ich bin sicher, daß die Deutsche Bahn unter ihrem neuen Vorstandsvorsitzenden den Weg der Entwicklung einer leistungsfähigen, kundenorientierten und kundenfreundlichen Bahn konsequent fortsetzen wird.
Ein für unseren Haushalt erfreulicher Beleg dafür ist die Verstärkung der Eigeninvestitionen, die die Bahn vornehmen wird. Sie, Herr Kollege Wagner, haben das kritisiert. Es ist aber auch ein Ergebnis und ein willkommener Ausfluß der Folgen der Privatisierung, der Wirtschaftlichkeitsorientierung, die es zwischenzeitlich auch der Deutschen Bahn AG ermöglicht, Trassen günstiger herstellen lassen zu können und rollendes Material sowie vieles andere heute günstiger einkaufen zu können als früher. Dies kann nur ein ganz erwünschter Effekt sein.
Wir von der Koalition werden den Einzelplan 12 mit größter gebotener Sorgfalt beraten und auch im Beratungsverfahren versuchen, wo immer noch Möglichkeiten zur Umschichtung bestehen, Umschichtungen zugunsten von Investitionen vorzunehmen.
Ich danke Ihnen.