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ID1318703000

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    Plenarprotokoll 13/187 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 187. Sitzung Bonn, Dienstag, den 9. September 1997 Inhalt: Nachträgliche Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Anke Fuchs (Köln), Dr. Uwe-Jens Heuer, Otto Schily, Walter Link (Diepholz), Dr. Jürgen Rochlitz, Heinrich Graf von Einsiedel und Detlef Kleinert (Hannover) 16865 A, B Wahl eines Mitglieds im Beirat beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR 16865 B Erweiterung der Tagesordnung 16865 C Absetzung des Punktes 2 von der Tagesordnung 16865 D Nachträgliche Ausschußüberweisung . Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1998 (Haushaltsgesetz 1998) (Drucksache 13/8200) 16866 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1997 bis 2001 (Drucksache 13/8201) 16866 A c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1998 (Nachtragshaushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/8199) 16866 A d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Haushaltsrechts von Bund und Ländern (Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetz) (Drucksache 13/8293) . 16866 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Oswald Metzger, Antje Hermenau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BONDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine umfassende Haushalts- und Finanzreform: Transparenz, Wirtschaftlichkeit und parlamentarische Kontrolle (Drucksache 13/8472) 16866 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Anrufung des Vermittlungsausschusses zum Steuerreformgesetz 1998 (Drucksachen 13/7242, 13/7775, 13/8020, 13/8177, 13/8178, 13/8326, 13/8465, 13/8466) 16866 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Anrufung des Vermittlungsausschusses zum Steuerreformgesetz 1999 (Drucksachen 13/7480, 13/7917, 13/8022, 13/8023, 13/8177, 13/8179, 13/8465, 13/8467) 16866 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 16866 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 16874 C Paul Breuer CDU/CSU 16883 C Hans-Peter Repnik CDU/CSU 16884 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16890 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 16893 B Dr. Christa Luft PDS 16897 A Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . 16898 B Dr. Barbara Höll PDS 16898 D Gerda Hasselfeldt CDU/CSU 16900 D Joachim Poß SPD 16903 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 16905 C Anke Fuchs (Köln) SPD 16907 A Jürgen Koppelin F.D.P 16910 C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 16912 C Susanne Jaffke CDU/CSU 16913 D Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 16915 A Hans Georg Wagner SPD 16917 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU 16919 A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16921 C Horst Friedrich F.D.P. 16923 A Dr. Winfried Wolf PDS 16924 B Elke Ferner SPD 16925 B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 16927 D Anke Fuchs (Köln) SPD 16930 A Dr. Liesel Hartenstein SPD 16930 B Arnulf Kriedner CDU/CSU 16932 C Dr. Barbara Hendricks SPD 16933 B Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16934 D Birgit Homburger F D P. 16936 B Eva Bulling-Schröter PDS 16937 C Eckart Kuhlwein SPD 16938 C Birgit Homburger F D P. 16939 D Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU 16940 D Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 16942A Angelika Mertens SPD 16945 A Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . 16946A Gert Willner CDU/CSU 16947 B Freimut Duve SPD 16948 A Achim Großmann SPD . . . 16949C, 16953 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16950 D Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 16952 C Klaus-Jürgen Warnick PDS 16954 B Dieter Maaß (Herne) SPD 16955 C Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch . . 16924 A Nächste Sitzung 16956 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16957* A 187. Sitzung Bonn, Dienstag, den 9. September 1997 Beginn: 11.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 9. 9. 97 ** Behrendt, Wolfgang SPD 9. 9. 97 * Bindig, Rudolf SPD 9. 9. 97 * Borchert, Jochen CDU/CSU 9. 9. 97 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 9. 9. 97 ** 90/DIE GRÜNEN Eßmann, Heinz Dieter CDU/CSU 9. 9. 97 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 9. 9. 97 ** Friedhoff, Paul K. F.D.P. 9. 9. 97 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 9. 9. 97 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 9. 9. 97 Hornung, Siegfried CDU/CSU 9. 9. 97 * Laumann, Karl-Josef CDU/CSU 9. 9. 97 Lengsfeld, Vera CDU/CSU 9. 9. 97 Marx, Dorle SPD 9. 9. 97 Mattischeck, Heide SPD 9. 9. 97 (B) Neumann (Berlin), Kurt fraktionslos 9. 9. 97 Neumann (Bramsche), SPD 9. 9. 97 Volker Dr. Probst, Albert CDU/CSU 9. 9. 97 * Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 9. 9. 97 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 9.9.97 Irmingard 90/DIE GRÜNEN Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schloten, Dieter SPD 9. 9. 97 ** Schmidt (Aachen), Ulla SPD 9. 9. 97 ** Schmidt (Fürth), CDU/CSU 9. 9. 97 ** Christian Schmitt (Langenfeld), BÜNDNIS 9. 9. 97 Wolfgang 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 9. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 9. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Schütz (Oldenburg), SPD 9. 9. 97 Dietmar Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 9. 9. 97 Christian Sebastian, Wilhelm CDU/CSU 9. 9. 97 Josef Terborg, Margitta SPD 9. 9. 97 * Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 9. 9. 97 Tippach, Steffen PDS 9. 9. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 9. 9. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 9. 9. 97 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an der 98. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Joachim Poß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Hasselfeldt, Sie sollten nicht an uns appellieren, sondern Sie sollten der SPD endlich ein in der Koalition abgestimmtes, realistisches, finanzpolitisch seriöses, sozial ausgewogenes Konzept als Grundlage für Gespräche vorlegen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie sollten nicht jeden Tag Interviews geben, in denen der eine dieses und der andere jenes sagt, der eine von Aufkommensneutralität in 1998 spricht und die F.D.P. wieder davon, daß man bei 30 Milliarden DM Nettoentlastung bleibt. Bringen Sie einmal Ordnung in Ihren Hühnerhaufen, machen Sie ein vernünftiges Angebot, und dann können Sie mit uns ein vernünftiges Gespräch führen.

    (Beifall bei der SPD)

    Es wird langsam lächerlich, weil Sie sich selbst in der Koalition blockieren. Sie schieben sozusagen der SPD wie früher in dem Lied von Rudi Carrell alles in die Schuhe, einschließlich des Ausbleibens der Sonne. Lächerlich ist doch die Behauptung, daß für die derzeitigen Haushaltsprobleme des Bundes die SPD verantwortlich sein soll - das ist auch in Kommentaren zu finden -, weil sie den Steuerreformplänen der Bundesregierung nicht zugestimmt hat. Dabei geht es um eine Steuerreformvorlage, die die Koalition am 22. April dieses Jahres beschlossen hat.
    Wer hat denn die Erosion der Besteuerungsgrundlagen, das jetzt auch in Koalitionskreisen ein modisches Wort geworden ist, also die Aushöhlung, zu verantworten? Sie doch mit Ihrer Steuerpolitik, die Sie über Jahre betrieben haben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wesentlich in der Amtszeit dieses Bundesfinanzministers ist das deutsche Steuerrecht verwüstet worden. Jetzt beklagen Sie sich darüber. Das ist doch

    Joachim Poß
    wirklich wie mit dem Westerwelle-Plakat „Steuerland ist abgebrannt", wo man feststellen muß, daß die Brandstifter nach der Feuerwehr rufen. Das ist Ihre Politik nach dem Motto: Haltet den Dieb!

    (Beifall bei der SPD)

    Das können Sie mit uns nicht machen. Das ist auch intellektuell eine Zumutung, die Sie jeden Tag auf die Öffentlichkeit loslassen.
    Daß wir eine Erosion haben und damit den Einbruch bei den Steuereinnahmen, ist zum einen auf die Verwüstung des deutschen Steuerrechts durch Sie zurückzuführen, zum anderen auf die massiven Steuervermeidungsstrategien von Unternehmen und Privaten im EU-Bereich und im internationalen Rahmen. Über die erwähnten Anstrengungen, die Sie unternommen haben, Herr Bundesfinanzminister, kann ich wirklich nur kichern. Die Anstrengungen waren vor zwei beziehungsweise anderthalb Jahren so weit gediehen, daß Sie im Frühjahr dieses Jahres endlich die persönlichen Beauftragten eingesetzt haben. Sie haben dieses Problem jahrelang negiert, nicht zur Kenntnis nehmen wollen und werden jetzt von diesem Untätigsein eingeholt.

    (Beifall bei der SPD)

    Die heutigen Haushaltsprobleme des Bundes mit der noch nicht verabschiedeten und für 1999 vorgesehenen Steuerreform der Koalitionsregierung zu begründen zeigt ein unvorstellbares Maß an Ignoranz und widerspricht allen Fakten und Zahlen. Wenn der Bundesfinanzminister heute für eine gescheiterte Steuer- und Finanzpolitik steht, so darf wirklich nicht übersehen werden, daß es sich tatsächlich um die gescheiterte Steuer- und Finanzpolitik der Regierung Kohl insgesamt handelt und natürlich auch Herr Waigel versagt hat. Aber die Fehler von Herrn Waigel sind die Fehler der Regierungskoalition,

    (Beifall bei der SPD)

    die Fehler von Herrn Kohl, der im Moment nicht anwesend ist, die Fehler von Herrn Schäuble, die Fehler von Herrn Solms, die Architekten dieser gescheiterten Politik, die nicht in gleichem Maße wie der Bundesfinanzminister verantwortlich gemacht werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn dann Frau Hasselfeldt die SPD spalten will, ist ihr entgegenzuhalten: Herr Schleußer ist ein vernünftiger Mann. Er hat letzte Woche im Landtag gesagt, daß Ihre Pläne maßlos und unverantwortlich sind, weil sie die Länderhaushalte ruinieren würden. Es gibt keinen Unterschied in der finanzpolitischen Auffassung zwischen SPD-Bundestagsfraktion und den SPD-Länderfinanzministern.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie finden die SPD gänzlich geschlossen vor. Das ist das, was Sie so irritiert. Das verstehe ich auch.
    Sie hatten zunächst eine Finanzierungslücke von 57 Milliarden DM; jetzt sind Sie bei 45 Milliarden DM. Ich will Ihnen einmal sagen, worum es dabei eigentlich geht. Bei Ihrem Steuerpaket handelt es sich um eine Schaufensterauslage ohne Preisauszeichnung.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie machen aus der Finanzierung sozusagen ein Staatsgeheimnis, und die Herren Schäuble und Waigel wissen das auch ganz genau. Andere mögen die Zusammenhänge nicht immer erkennen.

    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Aber Sie!)

    Ihnen will ich nicht von vornherein immer böse Absicht unterstellen, wenn Sie von diesen Plänen noch immer nicht abrücken wollen. Damit meine ich nicht nur Menschen, die diesem Hause angehören, sondern auch manche aus der Wirtschaft oder in den Medien, die das Geschehen kommentieren.
    Es ist ganz klar, daß die Realisierung dieser Steuerpläne den Ruin der Länderhaushalte bedeuten würde und für die Kommunen nicht mehr zu verkraften wäre. Es ist schon so: Die Union hat sich in die strategische Falle begeben. Die Union hat sich von der F.D.P. durch deren ständiges Gesäusel einer Nettoentlastung von 30 Milliarden DM im Jahr tief in den dunklen Wald der unfinanzierbaren Steuergeschenke locken lassen

    (Beifall bei der SPD)

    und beschwert sich jetzt lautstark, daß die SPD nicht bereit ist, der Koalition mit Finanzierungsvorschlägen für diese einseitigen Steuergeschenke den Weg zurück ins Licht zu weisen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Genau!)

    Wie absurd diese Vorstellungen sind, sehen Sie allein daran, daß Sie auf der einen Seite 30 Milliarden DM Nettoentlastung wollen, sich aber auf der anderen Seite bis heute nicht darüber einigen können, wie die Rückführung des Solidaritätszuschlages zu finanzieren ist.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Dieser Unterschied zwischen großen Worten und Taten, zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist das Kennzeichen Ihrer Politik. Sie betreiben eine unseriöse, großsprecherische Finanz- und Steuerpolitik. Das müßte langsam dem Dümmsten in unserem Lande aufgehen.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Eine Nettoentlastung ist möglich. Aber die Nettoentlastung ist nicht für alle möglich. Das ist der unterschiedliche Ansatz in unseren Konzepten. Auch unser Steuerkonzept führt zu einer Nettoentlastung. Bei uns werden diejenigen Bürgerinnen und Bürger entlastet, die in den letzten Jahren mit Steuern und Abgaben immer stärker belastet worden sind und die nicht die Möglichkeit hatten, steuerliche Subventionen und Steuersparmodelle zu nutzen. Das ist die große Mehrheit der Arbeitnehmerfamilien. Das sind die Leistungsträger dieses Volkes, die Frauen und Männer, die jeden Tag in die Fabriken und in die Büros gehen.

    (Beifall bei der SPD)


    Joachim Poß
    Diese wollen wir entlasten, weil sie mit Steuern und Abgaben in den letzten Jahren nachweislich am meisten belastet wurden - im Gegensatz zu der Klientel, die speziell die F.D.P. schonen will. Wenn wir Schlupflöcher schließen, wird diese Klientel tatsächlich mehr zahlen müssen. Weil das so ist, muß man den Spitzensteuersatz unbedingt auf 39 Prozent absenken, damit diese Leute unter dem Strich nicht mehr zu zahlen haben. Das, was hinter Ihrer Vorlage steckt, ist Klientelschutz, mehr nicht.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Barbara Höll [PDS])

    Worum es eigentlich geht, ist doch, daß der Steuerehrliche nicht mehr der Dumme sein darf, daß der Steuertarif wieder die Wahrheit über die tatsächliche Steuerbelastung sagen muß. Es geht also, Frau Kollegin Frick, um die gleichmäßigere Verteilung der Abgaben.

    (Gisela Frick [F.D.P.]: Darum geht es auch uns!)

    Dann können die Steuersätze sinken. Es geht darum, die Gruppen bei der Steuer heranzuziehen, die sich, wie das in der „Zeit" richtig beschrieben wurde, in den vergangenen Jahren selber entlastet haben. Diese stehen Ihnen politisch näher als uns. Wir wissen, welche Gruppen sich in den letzten Jahren auf Grund der gegebenen Rechtslage oder auch widerrechtlich - je nachdem - selber entlastet haben.
    Es ist das Hauptübel des heutigen Steuerrechts, es ist der gesellschaftspolitische Sprengstoff, daß wir ein Zweiklassensteuersystem haben. Das wollen wir verändern, und das werden wir auch verändern. Wenn das mit Ihnen zusammen nicht geht, dann müssen wir das auf einem anderen Wege tun. Darüber können wir im nächsten Jahr, wenn das mit Ihnen jetzt nicht möglich ist, streiten. Denn Fakt ist, daß Steuern hauptsächlich nur noch von Arbeitnehmern, Verbrauchern und Teilen der mittelständischen Wirtschaft gezahlt werden. Frau Matthäus-Maier hat dazu ein Beispiel genannt. Es geht um die elementare Frage der Steuergerechtigkeit.
    Sie wollen aus dem von mir beschriebenen Klientelschutz heraus unbedingt bei der Nettoentlastung von 30 Milliarden DM bleiben, die Sie zudem noch mit illusionären ökonomischen Erwartungen befrachten.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Genau das ist es!)

    Dabei haben doch alle Sachverständigen gesagt - auch Professor Eekhoff, der von Ihnen benannt wurde, und Professor Walter -, daß zumindest kurzfristig keine nachhaltigen Beschäftigungseffekte zu erwarten sind.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Aha! Von Flop zu Flop! Zurufe von der F.D.P.)

    - Ihr Westerwelle und andere sagen doch jeden Tag in Interviews: Die Steuerreform ist der Schlüssel für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

    (Gisela Frick [F.D.P.]: Aber nicht am nächsten Tag!)

    Hier wird der Eindruck erweckt, als würde damit die Arbeitslosigkeit bis zum Jahre 2000 halbiert werden können. Das ist Volksverdummung, meine Damen und Herren, und mehr nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Selbst der von Ihnen benannte Professor Eekhoff sagt, daß es nach einer beschlossenen Reform noch drei bis vier Jahre dauert, bevor sie sich auf dem Arbeitsmarkt auswirkt.
    Sie sind mit Ihrer Politik am Ende. Ihre Finanz-, Steuer- und Wirtschaftspolitik ist gescheitert. Jetzt suchen Sie krankhaft nach etwas, was Sie noch verkaufen können. Die Steuerreform ist sozusagen der letzte Schuß, den Sie noch im Colt haben. Aber auch dies ist nur eine Platzpatrone.
    Ich danke für die Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Kollege Austermann, CDU/CSU.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dietrich Austermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir eine kleine Zwischenbilanz über den bisherigen Verlauf der Debatte ziehen - es geht hier um den Haushalt und den Nachtragshaushalt -, stellen wir zunächst fest, daß von der SPD bisher kein Haushaltspolitiker geredet hat.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Wer hat nicht geredet?)

    - Es hat kein Haushaltspolitiker geredet. Ich rechne Sie nicht zu den Haushaltspolitikern und den Kollegen Poß auch nicht. Es gab nur eine Zwischenfrage des Kollegen Wieczorek. Dies bedeutet, daß Sie offensichtlich beabsichtigen, den Schwerpunkt der Debatte auf das Thema Steuerreform zu legen.
    Wenn man sich den Diskussionsverlauf genau ansieht, stellt man für die Öffentlichkeit fest: Es gibt ein vorgelegtes, durchfinanziertes Steuerreformkonzept der Koalition.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: „Durchfinanziert"? Da lachen ja die Hühner!)

    - Ich sage gleich etwas zur Durchfinanziertheit. Es gibt aber bisher von der SPD kein vorgelegtes Steuerreformkonzept.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Widerspruch bei der SPD)

    Es gibt bis heute keine Drucksache des Parlaments, in der steht: Die Fraktion der SPD, Scharping und Genossen, fordert dieses oder jenes.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Leider wahr!)

    Das gibt es bisher nicht. Es gibt ein Papier mit verschiedenen und möglicherweise auch vernünftigen Ansätzen. Dieses Papier ist in der Anhörung des Finanzausschusses vorgelegt worden, nachdem Sie die

    Dietrich Austermann
    Vorlage nicht mehr verweigern konnten. Es ist dann von den Fachleuten zerrissen worden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Es gibt ein Ergebnis des Vermittlungsausschusses, das Sie abgelehnt haben!)

    Wenn ich dies einmal zusammenfasse, sage ich: Auch nach zwei Stunden Redezeit für die SDP gibt es heute kein Anzeichen für ein fertiges Steuerreformkonzept, das den Namen verdient. Aber es gibt die Forderung, wir sollten nach Möglichkeit so lange warten, bis der Finanzminister genug Geld hat, die Steuerreform durchzuführen. Dazu sage ich: Dann gibt es diese nie. Die Steuerreform hat ja gerade den Sinn, dafür zu sorgen, daß die staatlichen Finanzen wieder in Ordnung kommen. Nein, Sie kommen hier ohne Hemd und Hose und beklagen die verlotterte öffentliche Moral. Dies ist die Situation.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sie haben das Ergebnis des Vermittlungsausschusses abgelehnt!)

    Sie können aus der praktischen Politik auch jedes andere Beispiel nehmen: Immer wenn es konkret wird, stellt sich bei Ihnen Ladehemmung ein. Dies ist so in jedem anderen Bereich der Politik.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Wir hatten ein Ergebnis des Vermittlungsausschusses vorliegen!)

    Wenn Frau Matthäus-Maier zum Beispiel die Bildungspolitik anspricht, muß ich sagen: Sie ist immer noch die Domäne der Bundesländer, die heute nicht einmal in der Lage sind, das Erreichen des Lehrstellenniveaus für Hauptschüler zu gewährleisten.

    (Lachen bei der SPD)

    Ich könnte hier einen breiten Katalog nennen. Und Sie erzählen uns hier etwas darüber, wie der Fehlbedarf beim Bund zu decken ist.
    Wir diskutieren heute in der ersten Lesung über die Gesetzentwürfe für den Nachtragshaushalt 1997 und den Haushalt 1998. Beide stellen eine schwierige Gratwanderung zwischen dem Zwang zur öffentlichen Sparsamkeit und der Einlösung sozialstaatlicher Verpflichtung dar. Dieser Zwang ist in der Bundesrepublik besonders stark.
    Ich möchte - vielleicht zum ersten Mal - darauf aufmerksam machen, daß wir in Deutschland zumindest in drei Bereichen besondere Probleme haben, die uns von allen Ländern unterscheiden, die uns an der westlichen Grenze umgeben. Wir haben drei Bedingungen zu verkraften, die anderen nicht gestellt sind: Erstens. Der gewaltige Zustrom von Menschen. Wir haben heute in Gesamtdeutschland 4 Millionen Einwohner mehr als 1989. Ich sage nicht, woher diese kommen: Flüchtlinge, Asylbewerber usw. Es sind 4 Millionen Einwohner mehr.
    Zweitens. Wir müssen und dürfen den vom real existierenden Sozialismus beschädigten Teil unseres Landes mit verläßlichen Beiträgen im Rahmen der Gesamtentwicklung angemessen unterstützen. Auch diese Sonderaufgabe hat kein anderes Land in Westeuropa.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Drittens. Wir haben eine zweite Kammer, deren Mehrheit gemeinwohlschädlich agiert.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Widerspruch bei der SPD Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Eine Beleidigung des Bundesrates!)

    Diese drei Punkte sind es, die sich in Deutschland als besondere Belastung darstellen, die kein anderes Land in Westeuropa hat, weder Österreich noch Holland, Schweden, Dänemark oder Großbritannien. In keinem anderen Land gibt es diese drei Bedingungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Im Nachtragshaushalt werden wir nochmals 21 Milliarden DM für Arbeitsmarktaufwendungen zusätzlich bereitstellen. Im Entwurf für 1998 sind es gegenüber dem Finanzplan 23 Milliarden DM mehr. Die Ausgaben für Arbeitslosenhilfe schnellen nach oben auf 27,8 Milliarden DM. Dies macht meines Erachtens einerseits die Grenzen des Sozialstaates, andererseits die besondere Belastung des Bundes und, wie ich meine, auch die Fragwürdigkeit der fehlenden Befristung einer sozialen Leistung deutlich.
    Sie haben sich in Ihren Beiträgen mehrfach auf die Vereinigten Staaten von Amerika berufen. Dort ist man dazu übergegangen, aus, so meine ich, wohlerwogenen Gründen soziale Leistungen zu befristen. Ich glaube, daß es auch für Christen nicht lange zu verantworten ist, den Menschen Motivation dadurch vorzuenthalten, daß man sagt: Egal, was auch kommt, ich sorge dafür, daß soziale Leistungen dir jedes Risiko abnehmen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Auch dann, wenn Sie keine Arbeit anbieten können?)

    Dies führt dazu, daß wir bei den sozialen Leistungen im Bundeshaushalt inzwischen ein Rekordniveau von 173 Milliarden DM haben. Während sämtliche übrigen Ausgaben zurückgegangen sind, konsolidiert und gespart worden ist, sind die Sozialausgaben explodiert.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Woher kommt das denn? Das kommt doch von der Arbeitslosigkeit!)

    - Natürlich kommt das von der Arbeitslosigkeit. Deswegen sind Sie ja aufgefordert, etwas dagegen zu tun.

    (Lachen bei der SPD)

    Wir wollen die Dinge überhaupt nicht verkehren. Sie wissen ganz genau: Der wesentliche Anteil der Arbeitsmarktbedingungen ist von den Tarifparteien zu verantworten.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: So ein Quatsch!)

    Rahmenbedingungen kommen von der öffentlichen Hand, und zwar nicht nur vom Bund, sondern auch von den Bundesländern.

    Dietrich Austermann
    Die operativen Bundesausgaben sind also in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen: um 10 Prozent, um 22 Milliarden DM.
    Wer angesichts der Sozialausgaben - alleine im Bundeshaushalt 173 Milliarden DM - von sozialer Kälte, Sozialabbau oder ähnlichem spricht, verspielt jeden Anspruch darauf, ernst genommen zu werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich meine, diese Zahlen machen deutlich, daß das Niveau bestimmter sozialer Leistungen immer öfter Motivation zur Arbeitsaufnahme zerstört, statt sie zu erzeugen. Ohne Umschichtung und Leistungskürzung werden wir es nicht schaffen. Dies muß auch die SPD begreifen; denn wer wie die SPD meint, man könne immer in die gleiche Richtung fahren, der entwickelt sich zum Geisterfahrer.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Herr Austermann müßte mal einen Monat von Sozialhilfe leben!)