Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Frau Kollegin Matthäus-Maier, trotz des Beifalls, den Sie aus Ihrer eigenen Fraktion bekommen haben, war dies eine
völlig unangemessene Antwort auf die eindrucksvolle Einbringungsrede unseres Finanzministers.
Ja, es ist wohl wahr - so will es das parlamentarische Spiel -: Es ist nicht Aufgabe der Opposition, die Regierung zu loben.
Aber mir sei es schon gestattet, darauf hinzuweisen,
daß es seit Bestehen der Bundesrepublik Deutsch-
Hans-Peter Repnik
land keine Zeitspanne gab, in der ein Bundesfinanzminister vor einer solchen Herausforderung gestanden und sie so bewältigt hat wie Theo Waigel. Auch das muß bei einer solchen Rede angesprochen werden. Wir wissen ganz genau: Die Veränderungen in der Welt und in Europa, die Herausforderungen im Hinblick auf das, was in Osteuropa geschehen ist, die Probleme, die wir mit der Wiedervereinigung durch die Aufarbeitung der Altlasten der ehemaligen DDR zu bewältigen haben, die Arbeitsmarktsituation, die Veränderungen im Kontext der europäischen Einigung - all dies stellt ganz besondere Anforderungen.
Verehrte Frau Kollegin Matthäus-Maier, Sie haben in Ihrer Rede unendlich viel Kleinkram angesprochen,
aber Sie haben keine Perspektive und keine Lösungen für die Probleme dieser Zeit geboten.
Sie haben bei der Regierung Fairneß für die Bürger der Bundesrepublik Deutschland angemahnt.
Ich frage: Was ist fairer, als jedem in Deutschland, der es möchte und der nachfragt, einen Arbeitsplatz anzubieten?
Mit den Vorschlägen, die Sie uns offeriert haben, wird es nicht gelingen, auch nur einen einzigen Arbeitsplatz in Deutschland mehr anzubieten; es wird nicht gelingen, in Deutschland eine Aufbruchstimmung herbeizuführen,
und es wird ebenfalls nicht gelingen, Investitionsanreize, die zu Wachstum und mehr Arbeit führen, zu bewirken.
Sie haben einige Beispiele gebracht, auf die ich zu sprechen kommen möchte. Verlassen Sie sich darauf: Wir nehmen Sie heute und in den nächsten Tagen ganz konkret beim Wort. Wir lassen nicht zu, daß Sie hier am Pult des Deutschen Bundestages Sprüche machen, die anschließend in einem weiteren Verfahren umzusetzen Sie nicht bereit sind.
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, Bundesfinanzminister Theo Waigel hat in seiner Rede deutlich gemacht: Es führt kein Weg daran vorbei, daß wir in der Bundesrepublik Deutschland weiter Konsolidierungspolitik betreiben, daß wir weiter sparen und daß wir die Staatsquote weiter zurückführen. Aber er hat genauso deutlich gemacht, daß wir notwendige Reformen zur Rückführung der Lohnzusatzkosten und im steuerlichen Bereich bewirken müssen. Deshalb werden wir jetzt im Rahmen der Beratung der Einbringung des Haushalts 1998 und des Nachtragshaushalts 1997 einen Antrag zur Diskussion und Abstimmung stellen, der vorsieht, ein zweites, ein weiteres Vermittlungsverfahren im Hinblick auf die große Steuerreform 1998/99 einzuleiten.
Wir sind dazu bereit und fordern Sie auf, in diesem Zusammenhang auch die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge, der Lohnzusatzkosten, mit uns gemeinsam zu diskutieren und dafür schnellstmöglich nach einer Lösung zu suchen.
Sie, Frau Matthäus-Maier, haben einige Angebote gemacht. Wir gehen darauf ein. Das erste Angebot, das wir Ihnen machen, ist, daß wir irr diesen Tagen gemeinsam in einem zweiten Vermittlungsverfahren ausloten, wo Gemeinsamkeiten liegen.
Deshalb, verehrte Frau Kollegin Fuchs, ist der Lackmustest für die Ernsthaftigkeit sozialdemokratischer Reformbereitschaft in bezug auf den Abbau der Arbeitslosigkeit und die Schaffung neuer Arbeitsplätze, ob Sie dem Antrag auf Begehren eines zweiten Vermittlungsverfahrens zustimmen oder ob Sie diesen Antrag zurückweisen.
Wenn Sie es mit weiteren Verhandlungen ernst meinen, dann können Sie sich einem solchen Verfahren nicht entgegenstellen. Deshalb vermute ich, daß Sie diesem Antrag zustimmen.
Interessant ist, daß der Kollege Fischer bei der Rede des Herrn Bundesfinanzministers im Zusammenhang mit der Rückführung der Lohnzusatzkosten eingeworfen hat: „Das können wir sofort machen!" Ich fordere daher auch die Grünen und den Kollegen Fischer auf, dem Vermittlungsverfahren zuzustimmen. Dann können wir in dieser Woche nicht nur verhandeln, sondern gerade in dieser wichtigen Frage auch sehr schnell zu einem Ergebnis kommen.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie sich mit der Grundstruktur des Haushalts 1998 im Hinblick auf eine große Steuerreform auseinandersetzen, dann stellen Sie fest, daß die Notwendigkeit eines Nachtragshaushalts 1997 evident ist.
Wir wissen, daß neben den hohen Kosten, die wir aus der DDR-Erblast übernommen haben, aus zwei Gründen ein Nachtragshaushalt notwendig ist. Der erste Grund ist der immense Anstieg der Sozialausgaben - nicht zuletzt im Hinblick auf die hohe Arbeitslosigkeit. Der zweite Grund ist die Entwicklung der Steuern.
Hans-Peter Repnik
Da gerade von der sozialdemokratischen Seite immer wieder proklamiert wird, wir würden Sozialabbau betreiben, ist es, glaube ich, schon wichtig, daß wir noch mal darauf hinweisen: Seit dem Jahr 1991 ist der Bundeshaushalt um rund 80 Milliarden DM gestiegen.
Rund drei Viertel davon sind auf die hohe Arbeitslosigkeit zurückzuführen.
Deshalb, Frau Kollegin Fuchs, sollten wir alle Maßnahmen, die wir hier diskutieren, darauf abklopfen, ob es neue Arbeitsplätze gibt, ob wir die Arbeitslosigkeit zurückführen können.
Frau Kollegin Matthäus-Maier, Sie haben in diesem Zusammenhang sehr viel auf den Bundesfinanzminister abgeladen und darauf hingewiesen, der Blockadevorwurf treffe Sie nicht. Zwei Dinge sind doch aber evident. Erstens: Sie haben in vielen Bereichen im Vermittlungsverfahren über Monate und Jahre Ergebnisse erzielt, die uns beim jetzigen Haushalt natürlich einholen. Das kann doch überhaupt nicht bestritten werden.
Zweitens ist ein anderer Sachverhalt durchaus interessant. Ich will Ihnen das näher erläutern. In der Zeit von 1991 bis 1997, also in nur sechs Jahren, ist nicht zuletzt durch Ergebnisse im Vermittlungsausschuß, im Vermittlungsverfahren - dem Bund von den Ländern, von der SPD-Mehrheit in aller Regel abgetrotzt - erreicht worden, daß der Steueranteil des Bundes am Gesamtsteueraufkommen in der Bundesrepublik Deutschland von 48 Prozent im Jahr 1991 auf 41,4 Prozent im Jahr 1997 zurückgegangen ist und daß der Länderanteil in dieser Zeit von 34,4 Prozent auf 41,5 Prozent gewachsen ist.
Heute ist der Länderanteil am Gesamtsteueraufkommen zum erstenmal höher als der Bundesanteil. Dies ist in Vermittlungsverfahren erreicht worden. Wir mußten in diesen Verfahren nachgeben. Heute beklagen Sie die mangelnde Steuerkraft des Bundes. Beides paßt nicht zusammen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Haushalt 1998 und der Nachtragshaushalt 1997 sind nachhaltig von zwei Dingen geprägt: Anstieg der Soziallasten und Erosion im Bereich des Steueraufkommens. Deshalb wollen wir in einer zweiten Runde den Versuch wagen, mit Ihnen gemeinsam eine Steuerreform zu bewirken. Zwei Gründe sprechen dafür: erstens die Notwendigkeit, die steuerlichen Rahmenbedingungen am Standort Deutschland zu verbessern, und zweitens das Erfordernis, die Erosion der Steuerbasis zu verhindern.
Frau Kollegin Matthäus-Maier, Sie haben wie in den Diskussionen der letzten Monate auch heute wieder das Problem des Spitzensteuersatzes herausgearbeitet.
Jeder, der sich mit dem Thema der Investitionsbereitschaft, der Investitionsfähigkeit in der Bundesrepublik Deutschland auseinandersetzt, weiß, daß gerade die Spitzensteuersätze eine psychologisch wichtige Wirkung haben.
Wir kommen doch nicht an der Tatsache vorbei, daß wir im Jahre 1996 in Deutschland erstmals ein Nettoinvestitionsdefizit von 46 Milliarden DM hatten. Deutsches Kapital in Höhe von 47 Milliarden DM floß ins Ausland - zum Teil, um dort Märkte zu erschließen; ein nicht unerheblicher Teil aber war bereits Fluchtkapital, weil es in anderen Ländern günstigere Investitionsbedingungen gibt. Demgegenüber ist im Jahre 1996 nur noch 1 Milliarde DM für Investitionen und damit für die Schaffung von Arbeitsplätzen aus dem Ausland nach Deutschland geflossen.
Wenn wir diesbezüglich etwas erreichen wollen, geht dies nur über eine Rückführung des gewerblichen Spitzensteuersatzes. Daran angekoppelt muß aber natürlich die Rückführung des Spitzensteuersatzes in der Einkommensteuer sein.
- Jeder weiß, daß uns spätestens die Verfassung an ein entsprechendes Tun erinnern wird.
Die Richtigkeit unserer steuerpolitischen Leitlinien und der Steuerreform, wie sie unter Führung von Theo Waigel erarbeitet wurden, zeigt sich auch an den Erfolgen anderer Länder.
Ich war erstaunt, zu sehen, wie der niedersächsische Ministerpräsident Schröder von einer USA-Reise zurückgekommen ist: Er hatte leuchtende Augen, weil er sah, was dort in den Vereinigten Staaten abgeht, in welchem Maße dort Reformbereitschaft herrscht. Wir wissen alle, daß das Job-Wunder in den Vereinigten Staaten nicht zuletzt auch auf die große Steuerreform zurückzuführen ist.
Ich hatte vermutet, daß er aus den Erfahrungen, die
er in den Vereinigten Staaten von Amerika gemacht
Hans-Peter Repnik
hat, Konsequenzen zieht für sein politisches Verhalten hier in Deutschland.
Was ist passiert?
Schröder hat sich sehr schnell in die Parteidisziplin nehmen lassen, weil er ganz genau weiß: Er ist auf das Wohlwollen des Parteivorsitzenden Lafontaine angewiesen, wenn er die Chance zur Kanzlerschaft wahren will.
Um sich dieses Wohlwollen zu erhalten, verzichtet er - wider jeglichen ökonomischen Verstand und wider seine staatspolitische Verantwortung als niedersächsischer Ministerpräsident - im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß darauf, einer Reform zuzustimmen, wie sie in Amerika Arbeitsplätze gebracht hat.
Hier verweigert er sich einer aktiven Mithilfe. Wer weiß, vielleicht wird sich dies in den nächsten Tagen ändern.
Für mich ist auch interessant, was Sie, Frau Kollegin Matthäus-Maier, über die Themen Amerika und Reformbereitschaft gesagt haben. Vor wenigen Tagen haben Sie in einer Fernsehsendung erklärt - ich darf Sie zitieren -:
Ich würde von Amerika gerne folgendes übernehmen: Die haben ein anderes Denken, ein positiveres, ein energischeres, ein zukunftsorientierteres.
Da können wir ... ein bißchen von lernen ...
Dieses „Wir packen es an, wir krempeln die Ärmel hoch" - das würde ich mir bei den Deutschen etwas mehr wünschen.
Verehrte Frau Kollegin Matthäus-Maier, diese Koalition unter Helmut Kohl hat die Ärmel hochgekrempelt.
Wir haben ein Programm für Wachstum und Beschäftigung aufgelegt und durchgesetzt. Wir haben eine Steuerreform aufgelegt und im Bundestag durchgesetzt. Wir laden Sie ein, nachdem Sie im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß blockiert haben: Machen Sie doch mit, krempeln Sie endlich die Ärmel hoch! Und täuschen Sie sich nicht, wenn Sie die Deutschen aufrufen: Die deutsche Bevölkerung ist bereit, die Ärmel hochzukrempeln. Die Tarifpartner
haben es uns in den letzten eineinhalb Jahren vorgemacht; auch sie haben die Zeichen der Zeit erkannt. Die einzigen die sie bisher nicht erkannt haben, sind die sozialdemokratische Fraktion im Deutschen Bundestag und die SPD-Mehrheit im Bundesrat.
Ich habe gesagt, ich nehme Sie beim Wort. Deshalb nehme ich Sie auch beim Wort im Hinblick auf die Angebote, die Sie am heutigen Vormittag gemacht haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die USA haben darüber hinaus vor wenigen Wochen beschlossen,
in den nächsten fünf Jahren ein weiteres Steuersenkungspaket im Volumen von 90 Milliarden Dollar umzusetzen. Wir wissen, was die Briten gemacht haben; wir wissen, was derzeit die Niederländer machen.
Ich sage Ihnen von der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion: Wenn wir nicht bereit sind, sehr schnell zu reagieren, dann wird der Druck auf den Standort Deutschland in den nächsten Wochen und Monaten noch größer werden. Die Zahlen der Arbeitslosen werden steigen, und jeder neue Arbeitslose geht dann auf Ihr Konto. Auch das muß in aller Deutlichkeit gesagt werden.
Ich war schon darüber erstaunt, daß ausgerechnet Sie das Beispiel des Rechnungshofs von Baden-Württemberg anführen. Das war doch ein Eigentor, wie es klassischer nicht geschossen werden kann.
Ich wollte den baden-württembergischen Rechnungshof ebenfalls anführen, und zwar als Beleg für die Richtigkeit unserer Reform. Der Rechnungshof von Baden-Württemberg hat in seiner Untersuchung zur effektiven Steuerbelastung von Beziehern hoher Einkommen festgestellt, daß gerade im Bereich der Bezieher hoher Einkommen erhebliche Ausweichreaktionen und erhebliche Ausweichmöglichkeiten bestehen. Sie werden auch in Anspruch genommen. Er führt aus: „Insofern sprechen auch verteilungspolitische Gründe für die angestrebte Steuerreform, die steuerliche Sonderregelungen und Steuervergünstigungen abbaut. "
Dies und nichts anderes haben wir in unserer großen
Steuerreform gemacht, der Sie im Bundesrat und im
Hans-Peter Repnik
Vermittlungsausschuß nicht zugestimmt haben. Wer verteilungspolitische Gerechtigkeit will, wer soziale Gerechtigkeit will, muß diesen Schritt gemeinsam mit uns gehen.
Deshalb werden wir unser Angebot an Sie erneuern.
Frau Kollegin Matthäus-Maier, ich muß einen weiteren Punkt ansprechen. Wenn Sie Gerechtigkeit wollen, dann sollten Sie unserem Beispiel folgen. Wir haben einen Spitzensteuersatz von 39 Prozent, der tatsächlich gezahlt werden muß, weil wir Ausweichreaktionen unmöglich machen.
Der Vorschlag des sozialdemokratischen Bundesvorsitzenden, der in diesen Tagen auf den Markt kam, sieht einen Mindeststeuersatz von 20 Prozent vor. Das bedeutet, er möchte denen, die offensichtlich auch in der Zukunft noch eine Vielzahl von Abschreibungsmöglichkeiten haben, zumindest 20 Prozent abknöpfen.
Bei uns zahlen sie 39 Prozent und bei Lafontaine 20 Prozent. Wo bleibt da die Verteilungsgerechtigkeit? Auch hier müssen Sie Ihre Aussage überdenken.
Ich möchte einen aktuellen und unverdächtigen Zeugen dieser Tage aufrufen, die Deutsche Bundesbank. Die Deutsche Bundesbank schreibt in ihrem August-Bericht:
Aus der Sackgasse kann nur eine umfassende, „große" Steuerreform herausführen. In deren Mittelpunkt müßte die grundlegende Reform der Einkommensbesteuerung stehen, die eine starke Verringerung der tariflichen Sätze mit einem möglichst umfassenden Abbau bisheriger steuerlicher Ausnahmetatbestände und Sondervergünstigungen verbindet.
- also mit einer Nettoentlastung.
... Einen wichtigen Baustein einer solchen großen Reform stellt eine gewisse Verlagerung der Abgabenlast von den Einkommen zum Verbrauch dar ... Der Vorwurf, die Verteilungsgerechtigkeit bliebe dabei auf der Strecke, ist bei ökonomischer Betrachtung nicht gerechtfertigt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wem es tatsächlich um die zentralen Probleme dieser Gesellschaft - Rückführung der Arbeitslosigkeit und Schaffung neuer Arbeitsplätze - geht, der muß auch hier dem Votum der Bundesbank folgen. Es ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, daß Theo Waigel, diese Regierung und diese Koalition mit dieser großen Steuerreform auf dem richtigen Weg sind.
Deshalb, meine Damen und Herren von der SPD und von den Grünen - ich spreche auch Sie nachhaltig an -, wenn das so ist, dann lassen Sie uns doch bitte schnell ans Werk gehen. Stimmen Sie mit beim Begehren auf ein zweites Vermittlungsverfahren. Dann setzen wir uns am kommenden Donnerstag im Vermittlungsausschuß zusammen und machen einen schnellen, straffen Fahrplan. Wir sind in der Lage, schon heute mittag oder morgen vorbereitende Gespräche zu führen. An uns soll es nicht liegen.
Ich sage ein Weiteres: Wenn Sie Probleme im Hinblick auf die Nettoentlastung auf Grund der Situation im Bund, in den Ländern und in den Kommunen haben,
dann sind wir bereit, auch über eine Stufenregelung mit Ihnen zu diskutieren. Auch das ist ein förmliches Angebot.
Eines müssen Sie sich aber sagen lassen: Wenn Sie nicht bereit sind, in den nächsten Wochen mit uns zu einer Lösung zu kommen, dann wird der Bundesfinanzminister, dann werden die Länderfinanzminister und die kommunalen Kämmerer in diesem und im nächsten Jahr erneut größere Probleme mit dem Steueraufkommen haben, weil . das Steueraufkommen auf Grund des jetzigen Steuersystems und der Steuerstruktur weiter erodieren wird. Sie lassen damit zu, daß wir ein geringeres Steueraufkommen haben, das Verteilungsungerechtigkeiten mit sich bringt. Gestalten Sie mit uns positiv eine Reform,
die gerecht ist und die zu neuen Arbeitsplätzen führt.
Wir laden Sie hierzu herzlich ein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dasselbe gilt für die Themen Sozialversicherungsbeiträge und Rentenreform. Wir stellen fest, daß es parteiübergreifend zwischen Koalition und Opposition, SPD und Grünen, ein gemeinsames Ziel gibt, nämlich die Sozialversicherungsbeiträge zu senken, damit die Last der Arbeitnehmer verringert wird und den Unterneh-
Hans-Peter Repnik
mern mehr Spielräume für Investitionen eingeräumt werden. Da haben wir ein gemeinsames großes Ziel.
Wir unterscheiden uns in einem Punkt. Die SPD hat - ausweislich auch ihres Antrags - gemeinsam mit den Grünen vorgeschlagen, wir mögen dies durch Senkung der Versicherungsbeiträge erreichen, indem wir entsprechende Steuern erhöhen: Mehrwertsteuer auf der einen Seite, Mineralölsteuer auf der anderen Seite.
Jeder muß wissen: Eines unserer Probleme, mit denen wir uns auseinanderzusetzen haben, ist die hohe Staatsquote. Wenn wir eine Kasse, in diesem Fall die der Sozialversicherung, ob bei der Rente oder bei den Arbeitslosen, entlasten und den steuerlichen Bereich belasten, haben wir keine Entlastung der Gesellschaft, der Bürger, der Wirtschaft und der Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland. Das führt nicht zu einer Entlastung der Staats- oder der Abgabenquote.
Eine Chance, diese Abgabenquote herunterzuführen und damit eine echte Entlastung zu bewirken, haben wir nur, wenn es uns gelingt, auch Strukturen zu verändern. Es kann doch überhaupt nicht bestritten werden, gerade wenn wir an die Rentenversicherung denken,
daß wir auf die demographische Entwicklung reagieren müssen, und zwar nicht in erster Linie mit Umfinanzierung, sondern mit strukturellen Veränderungen.
Wenn Sie, Frau Kollegin Fuchs, in dieser Frage anderer Auffassung sind, dann lassen Sie uns den Versuch unternehmen, daß wir die Strukturreform durchführen. Reichen Sie uns aber in der anderen wichtigen Aufgabe die Hand, nämlich bei der Querfinanzierung, indem wir den Rentenversicherungsbeitrag um einen Punkt senken und ihn über eine Steuererhöhung finanzieren.
Diese Maßnahme könnten wir bereits in dieser Woche beschließen. Wir könnten am kommenden Freitag in dritter Lesung diesen Gesetzentwurf beschließen. Wir bieten Ihnen an, zum 1. Januar 1998 diese Operation durchzuführen.
Es wäre für den Standort ein wichtiges Signal. Es wäre für die Wirtschaft ein wichtiges Signal. Es wäre für die Arbeitnehmer ein wichtiges Signal, die eine Entlastung erfahren würden.
Nehmen Sie diese ausgestreckte Hand an.
Führen Sie mit uns die Gespräche, und wir werden sehr schnell zum Ziel kommen.
Ich habe die Bundesbank als unabhängigen Zeugen angeführt. Ich habe mit großem Interesse gelesen, was der Initiativkreis Wirtschaft, Junge Führungskräfte für die SPD, im Mai dieses Jahres formuliert hat. Es ist ein Kreis, mit dem die SPD versucht, sich ein höheres Maß an wirtschaftlichem Sachverstand zuzueignen und sich auch ein höheres Maß an Nähe zur Wirtschaft zu geben. Jetzt möchte ich hier nur drei Positionen vorlesen. Übrigens wird der Kreis von einem SPD-Bundestagsabgeordneten gemanagt.
Unter anderem heißt es hier:
Wer die Probleme des Standortes Deutschland lösen und Beschäftigung schaffen will, muß mit Mut Strukturen verändern.
Es geht darum, Strukturen zu verändern, so daß wir die Rentenreform herbeiführen und nicht nur um-finanzieren. Dies ist ein Beispiel von vielen.
Zweitens - dies ist wohl ein Appell an Ihren Parteivorsitzenden -:
Es ist aber mehr als unwahrscheinlich, daß es den westlichen Anspruchsgesellschaften gelingen wird, den asiatischen Verzichtgesellschaften den Weg vorzuschreiben oder sie zu bewegen, einer freiwilligen Begrenzung ihrer Expansion zuzustimmen. Die deutsche Sozialdemokratie sollte den Selbstbehauptungswillen dieser Länder nicht unterschätzen.
Also seien Sie reformbereit! Drittens:
Die deutsche Sozialdemokratie muß die Herausforderung annehmen und eine konsequente Erneuerung des Sozialstaates in die Wege leiten.
Alle diese Forderungen könnten von uns kommen. Sie werden von uns mitgetragen. Wenn Sie diesem Kreis nicht eine reine Alibifunktion zuordnen, dann nehmen Sie seine ökonomisch sinnvollen Äußerungen ernst und verhalten sich danach.
Alles in allem, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sind der Überzeugung, daß wir, wenn es uns gelingt, in den nächsten Wochen in einem gemeinsamen Verfahren im Vermittlungsausschuß eine Steuerreform - und sei sie in Stufen realisiert -, an deren Ende eine deutliche Absenkung der Steuersätze und eine Nettoentlastung stehen muß, herbeizuführen, dann den Grundstein für den Rückbau von Arbeitslosigkeit und auch für solide Haushalte in der Zukunft gelegt haben. Dazu fordern wir Sie mit Nachdruck auf.