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ID1318701200

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    Plenarprotokoll 13/187 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 187. Sitzung Bonn, Dienstag, den 9. September 1997 Inhalt: Nachträgliche Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Anke Fuchs (Köln), Dr. Uwe-Jens Heuer, Otto Schily, Walter Link (Diepholz), Dr. Jürgen Rochlitz, Heinrich Graf von Einsiedel und Detlef Kleinert (Hannover) 16865 A, B Wahl eines Mitglieds im Beirat beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR 16865 B Erweiterung der Tagesordnung 16865 C Absetzung des Punktes 2 von der Tagesordnung 16865 D Nachträgliche Ausschußüberweisung . Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1998 (Haushaltsgesetz 1998) (Drucksache 13/8200) 16866 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1997 bis 2001 (Drucksache 13/8201) 16866 A c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1998 (Nachtragshaushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/8199) 16866 A d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Haushaltsrechts von Bund und Ländern (Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetz) (Drucksache 13/8293) . 16866 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Oswald Metzger, Antje Hermenau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BONDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine umfassende Haushalts- und Finanzreform: Transparenz, Wirtschaftlichkeit und parlamentarische Kontrolle (Drucksache 13/8472) 16866 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Anrufung des Vermittlungsausschusses zum Steuerreformgesetz 1998 (Drucksachen 13/7242, 13/7775, 13/8020, 13/8177, 13/8178, 13/8326, 13/8465, 13/8466) 16866 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Anrufung des Vermittlungsausschusses zum Steuerreformgesetz 1999 (Drucksachen 13/7480, 13/7917, 13/8022, 13/8023, 13/8177, 13/8179, 13/8465, 13/8467) 16866 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 16866 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 16874 C Paul Breuer CDU/CSU 16883 C Hans-Peter Repnik CDU/CSU 16884 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16890 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 16893 B Dr. Christa Luft PDS 16897 A Helmut Wieczorek (Duisburg) SPD . 16898 B Dr. Barbara Höll PDS 16898 D Gerda Hasselfeldt CDU/CSU 16900 D Joachim Poß SPD 16903 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 16905 C Anke Fuchs (Köln) SPD 16907 A Jürgen Koppelin F.D.P 16910 C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 16912 C Susanne Jaffke CDU/CSU 16913 D Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 16915 A Hans Georg Wagner SPD 16917 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU 16919 A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16921 C Horst Friedrich F.D.P. 16923 A Dr. Winfried Wolf PDS 16924 B Elke Ferner SPD 16925 B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 16927 D Anke Fuchs (Köln) SPD 16930 A Dr. Liesel Hartenstein SPD 16930 B Arnulf Kriedner CDU/CSU 16932 C Dr. Barbara Hendricks SPD 16933 B Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16934 D Birgit Homburger F D P. 16936 B Eva Bulling-Schröter PDS 16937 C Eckart Kuhlwein SPD 16938 C Birgit Homburger F D P. 16939 D Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU 16940 D Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 16942A Angelika Mertens SPD 16945 A Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . 16946A Gert Willner CDU/CSU 16947 B Freimut Duve SPD 16948 A Achim Großmann SPD . . . 16949C, 16953 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16950 D Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 16952 C Klaus-Jürgen Warnick PDS 16954 B Dieter Maaß (Herne) SPD 16955 C Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch . . 16924 A Nächste Sitzung 16956 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16957* A 187. Sitzung Bonn, Dienstag, den 9. September 1997 Beginn: 11.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 9. 9. 97 ** Behrendt, Wolfgang SPD 9. 9. 97 * Bindig, Rudolf SPD 9. 9. 97 * Borchert, Jochen CDU/CSU 9. 9. 97 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 9. 9. 97 ** 90/DIE GRÜNEN Eßmann, Heinz Dieter CDU/CSU 9. 9. 97 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 9. 9. 97 ** Friedhoff, Paul K. F.D.P. 9. 9. 97 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 9. 9. 97 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 9. 9. 97 Hornung, Siegfried CDU/CSU 9. 9. 97 * Laumann, Karl-Josef CDU/CSU 9. 9. 97 Lengsfeld, Vera CDU/CSU 9. 9. 97 Marx, Dorle SPD 9. 9. 97 Mattischeck, Heide SPD 9. 9. 97 (B) Neumann (Berlin), Kurt fraktionslos 9. 9. 97 Neumann (Bramsche), SPD 9. 9. 97 Volker Dr. Probst, Albert CDU/CSU 9. 9. 97 * Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 9. 9. 97 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 9.9.97 Irmingard 90/DIE GRÜNEN Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schloten, Dieter SPD 9. 9. 97 ** Schmidt (Aachen), Ulla SPD 9. 9. 97 ** Schmidt (Fürth), CDU/CSU 9. 9. 97 ** Christian Schmitt (Langenfeld), BÜNDNIS 9. 9. 97 Wolfgang 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 9. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 9. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Schütz (Oldenburg), SPD 9. 9. 97 Dietmar Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 9. 9. 97 Christian Sebastian, Wilhelm CDU/CSU 9. 9. 97 Josef Terborg, Margitta SPD 9. 9. 97 * Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 9. 9. 97 Tippach, Steffen PDS 9. 9. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 9. 9. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 9. 9. 97 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an der 98. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Peter Repnik


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

    (Abgeordnete der SPD verlassen den Saal Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Guckt euch mal diesen Saftladen an!)

    Frau Kollegin Matthäus-Maier, trotz des Beifalls, den Sie aus Ihrer eigenen Fraktion bekommen haben, war dies eine

    (Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Tolle Rede!)

    völlig unangemessene Antwort auf die eindrucksvolle Einbringungsrede unseres Finanzministers.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. - Lachen bei der SPD)

    Ja, es ist wohl wahr - so will es das parlamentarische Spiel -: Es ist nicht Aufgabe der Opposition, die Regierung zu loben.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das fällt mittlerweile ja sogar schon euch schwer!)

    Aber mir sei es schon gestattet, darauf hinzuweisen,
    daß es seit Bestehen der Bundesrepublik Deutsch-

    Hans-Peter Repnik
    land keine Zeitspanne gab, in der ein Bundesfinanzminister vor einer solchen Herausforderung gestanden und sie so bewältigt hat wie Theo Waigel. Auch das muß bei einer solchen Rede angesprochen werden. Wir wissen ganz genau: Die Veränderungen in der Welt und in Europa, die Herausforderungen im Hinblick auf das, was in Osteuropa geschehen ist, die Probleme, die wir mit der Wiedervereinigung durch die Aufarbeitung der Altlasten der ehemaligen DDR zu bewältigen haben, die Arbeitsmarktsituation, die Veränderungen im Kontext der europäischen Einigung - all dies stellt ganz besondere Anforderungen.
    Verehrte Frau Kollegin Matthäus-Maier, Sie haben in Ihrer Rede unendlich viel Kleinkram angesprochen,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Unerhört!)

    aber Sie haben keine Perspektive und keine Lösungen für die Probleme dieser Zeit geboten.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Was? Haben Sie nicht zugehört?)

    Sie haben bei der Regierung Fairneß für die Bürger der Bundesrepublik Deutschland angemahnt.

    (Vorsitz : Vizepräsident Hans-Ulrich Klose)

    Ich frage: Was ist fairer, als jedem in Deutschland, der es möchte und der nachfragt, einen Arbeitsplatz anzubieten?

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das tun Sie doch nicht!)

    Mit den Vorschlägen, die Sie uns offeriert haben, wird es nicht gelingen, auch nur einen einzigen Arbeitsplatz in Deutschland mehr anzubieten; es wird nicht gelingen, in Deutschland eine Aufbruchstimmung herbeizuführen,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das sagen Sie seit 15 Jahren!)

    und es wird ebenfalls nicht gelingen, Investitionsanreize, die zu Wachstum und mehr Arbeit führen, zu bewirken.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Sie haben einige Beispiele gebracht, auf die ich zu sprechen kommen möchte. Verlassen Sie sich darauf: Wir nehmen Sie heute und in den nächsten Tagen ganz konkret beim Wort. Wir lassen nicht zu, daß Sie hier am Pult des Deutschen Bundestages Sprüche machen, die anschließend in einem weiteren Verfahren umzusetzen Sie nicht bereit sind.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Vorsicht, Vorsicht!)

    Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, Bundesfinanzminister Theo Waigel hat in seiner Rede deutlich gemacht: Es führt kein Weg daran vorbei, daß wir in der Bundesrepublik Deutschland weiter Konsolidierungspolitik betreiben, daß wir weiter sparen und daß wir die Staatsquote weiter zurückführen. Aber er hat genauso deutlich gemacht, daß wir notwendige Reformen zur Rückführung der Lohnzusatzkosten und im steuerlichen Bereich bewirken müssen. Deshalb werden wir jetzt im Rahmen der Beratung der Einbringung des Haushalts 1998 und des Nachtragshaushalts 1997 einen Antrag zur Diskussion und Abstimmung stellen, der vorsieht, ein zweites, ein weiteres Vermittlungsverfahren im Hinblick auf die große Steuerreform 1998/99 einzuleiten.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Zuruf von der SPD: Was ist denn daran groß?)

    Wir sind dazu bereit und fordern Sie auf, in diesem Zusammenhang auch die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge, der Lohnzusatzkosten, mit uns gemeinsam zu diskutieren und dafür schnellstmöglich nach einer Lösung zu suchen.
    Sie, Frau Matthäus-Maier, haben einige Angebote gemacht. Wir gehen darauf ein. Das erste Angebot, das wir Ihnen machen, ist, daß wir irr diesen Tagen gemeinsam in einem zweiten Vermittlungsverfahren ausloten, wo Gemeinsamkeiten liegen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Da brauchen wir erst ein neues Konzept von Ihnen!)

    Deshalb, verehrte Frau Kollegin Fuchs, ist der Lackmustest für die Ernsthaftigkeit sozialdemokratischer Reformbereitschaft in bezug auf den Abbau der Arbeitslosigkeit und die Schaffung neuer Arbeitsplätze, ob Sie dem Antrag auf Begehren eines zweiten Vermittlungsverfahrens zustimmen oder ob Sie diesen Antrag zurückweisen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Ohne Papier? Ohne neues Konzept?)

    Wenn Sie es mit weiteren Verhandlungen ernst meinen, dann können Sie sich einem solchen Verfahren nicht entgegenstellen. Deshalb vermute ich, daß Sie diesem Antrag zustimmen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Ohne neues Konzept von Ihnen bestimmt nicht!)

    Interessant ist, daß der Kollege Fischer bei der Rede des Herrn Bundesfinanzministers im Zusammenhang mit der Rückführung der Lohnzusatzkosten eingeworfen hat: „Das können wir sofort machen!" Ich fordere daher auch die Grünen und den Kollegen Fischer auf, dem Vermittlungsverfahren zuzustimmen. Dann können wir in dieser Woche nicht nur verhandeln, sondern gerade in dieser wichtigen Frage auch sehr schnell zu einem Ergebnis kommen.
    Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie sich mit der Grundstruktur des Haushalts 1998 im Hinblick auf eine große Steuerreform auseinandersetzen, dann stellen Sie fest, daß die Notwendigkeit eines Nachtragshaushalts 1997 evident ist.
    Wir wissen, daß neben den hohen Kosten, die wir aus der DDR-Erblast übernommen haben, aus zwei Gründen ein Nachtragshaushalt notwendig ist. Der erste Grund ist der immense Anstieg der Sozialausgaben - nicht zuletzt im Hinblick auf die hohe Arbeitslosigkeit. Der zweite Grund ist die Entwicklung der Steuern.

    Hans-Peter Repnik
    Da gerade von der sozialdemokratischen Seite immer wieder proklamiert wird, wir würden Sozialabbau betreiben, ist es, glaube ich, schon wichtig, daß wir noch mal darauf hinweisen: Seit dem Jahr 1991 ist der Bundeshaushalt um rund 80 Milliarden DM gestiegen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Ja, aber doch wegen der Arbeitslosigkeit!)

    Rund drei Viertel davon sind auf die hohe Arbeitslosigkeit zurückzuführen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Ja, eben!)

    Deshalb, Frau Kollegin Fuchs, sollten wir alle Maßnahmen, die wir hier diskutieren, darauf abklopfen, ob es neue Arbeitsplätze gibt, ob wir die Arbeitslosigkeit zurückführen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das tun Sie doch nicht! Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Sie haben die Arbeitslosigkeit doch nicht geerbt! Sie haben sie gemacht!)

    Frau Kollegin Matthäus-Maier, Sie haben in diesem Zusammenhang sehr viel auf den Bundesfinanzminister abgeladen und darauf hingewiesen, der Blockadevorwurf treffe Sie nicht. Zwei Dinge sind doch aber evident. Erstens: Sie haben in vielen Bereichen im Vermittlungsverfahren über Monate und Jahre Ergebnisse erzielt, die uns beim jetzigen Haushalt natürlich einholen. Das kann doch überhaupt nicht bestritten werden.
    Zweitens ist ein anderer Sachverhalt durchaus interessant. Ich will Ihnen das näher erläutern. In der Zeit von 1991 bis 1997, also in nur sechs Jahren, ist nicht zuletzt durch Ergebnisse im Vermittlungsausschuß, im Vermittlungsverfahren - dem Bund von den Ländern, von der SPD-Mehrheit in aller Regel abgetrotzt - erreicht worden, daß der Steueranteil des Bundes am Gesamtsteueraufkommen in der Bundesrepublik Deutschland von 48 Prozent im Jahr 1991 auf 41,4 Prozent im Jahr 1997 zurückgegangen ist und daß der Länderanteil in dieser Zeit von 34,4 Prozent auf 41,5 Prozent gewachsen ist.
    Heute ist der Länderanteil am Gesamtsteueraufkommen zum erstenmal höher als der Bundesanteil. Dies ist in Vermittlungsverfahren erreicht worden. Wir mußten in diesen Verfahren nachgeben. Heute beklagen Sie die mangelnde Steuerkraft des Bundes. Beides paßt nicht zusammen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Haushalt 1998 und der Nachtragshaushalt 1997 sind nachhaltig von zwei Dingen geprägt: Anstieg der Soziallasten und Erosion im Bereich des Steueraufkommens. Deshalb wollen wir in einer zweiten Runde den Versuch wagen, mit Ihnen gemeinsam eine Steuerreform zu bewirken. Zwei Gründe sprechen dafür: erstens die Notwendigkeit, die steuerlichen Rahmenbedingungen am Standort Deutschland zu verbessern, und zweitens das Erfordernis, die Erosion der Steuerbasis zu verhindern.
    Frau Kollegin Matthäus-Maier, Sie haben wie in den Diskussionen der letzten Monate auch heute wieder das Problem des Spitzensteuersatzes herausgearbeitet.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das werde ich auch weiter tun!)

    Jeder, der sich mit dem Thema der Investitionsbereitschaft, der Investitionsfähigkeit in der Bundesrepublik Deutschland auseinandersetzt, weiß, daß gerade die Spitzensteuersätze eine psychologisch wichtige Wirkung haben.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Die gewerblichen!)

    Wir kommen doch nicht an der Tatsache vorbei, daß wir im Jahre 1996 in Deutschland erstmals ein Nettoinvestitionsdefizit von 46 Milliarden DM hatten. Deutsches Kapital in Höhe von 47 Milliarden DM floß ins Ausland - zum Teil, um dort Märkte zu erschließen; ein nicht unerheblicher Teil aber war bereits Fluchtkapital, weil es in anderen Ländern günstigere Investitionsbedingungen gibt. Demgegenüber ist im Jahre 1996 nur noch 1 Milliarde DM für Investitionen und damit für die Schaffung von Arbeitsplätzen aus dem Ausland nach Deutschland geflossen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Deswegen wollen wir den gewerblichen Satz senken!)

    Wenn wir diesbezüglich etwas erreichen wollen, geht dies nur über eine Rückführung des gewerblichen Spitzensteuersatzes. Daran angekoppelt muß aber natürlich die Rückführung des Spitzensteuersatzes in der Einkommensteuer sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Warum denn da? Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Das weiß ja auch jeder!)

    - Jeder weiß, daß uns spätestens die Verfassung an ein entsprechendes Tun erinnern wird.
    Die Richtigkeit unserer steuerpolitischen Leitlinien und der Steuerreform, wie sie unter Führung von Theo Waigel erarbeitet wurden, zeigt sich auch an den Erfolgen anderer Länder.

    (Beifall des Abg. Dr. Rupert Scholz [CDU/ CSU])

    Ich war erstaunt, zu sehen, wie der niedersächsische Ministerpräsident Schröder von einer USA-Reise zurückgekommen ist: Er hatte leuchtende Augen, weil er sah, was dort in den Vereinigten Staaten abgeht, in welchem Maße dort Reformbereitschaft herrscht. Wir wissen alle, daß das Job-Wunder in den Vereinigten Staaten nicht zuletzt auch auf die große Steuerreform zurückzuführen ist.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Auf die Kindergelderhöhung zum Beispiel!)

    Ich hatte vermutet, daß er aus den Erfahrungen, die
    er in den Vereinigten Staaten von Amerika gemacht

    Hans-Peter Repnik
    hat, Konsequenzen zieht für sein politisches Verhalten hier in Deutschland.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Aber doch nicht Schröder!)

    Was ist passiert?

    (Friedrich Merz [CDU/CSU]: Seine Augen leuchten nicht mehr!)

    Schröder hat sich sehr schnell in die Parteidisziplin nehmen lassen, weil er ganz genau weiß: Er ist auf das Wohlwollen des Parteivorsitzenden Lafontaine angewiesen, wenn er die Chance zur Kanzlerschaft wahren will.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Ja, ist doch richtig!)

    Um sich dieses Wohlwollen zu erhalten, verzichtet er - wider jeglichen ökonomischen Verstand und wider seine staatspolitische Verantwortung als niedersächsischer Ministerpräsident - im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß darauf, einer Reform zuzustimmen, wie sie in Amerika Arbeitsplätze gebracht hat.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Unsinn, was Sie da erzählen!)

    Hier verweigert er sich einer aktiven Mithilfe. Wer weiß, vielleicht wird sich dies in den nächsten Tagen ändern.
    Für mich ist auch interessant, was Sie, Frau Kollegin Matthäus-Maier, über die Themen Amerika und Reformbereitschaft gesagt haben. Vor wenigen Tagen haben Sie in einer Fernsehsendung erklärt - ich darf Sie zitieren -:
    Ich würde von Amerika gerne folgendes übernehmen: Die haben ein anderes Denken, ein positiveres, ein energischeres, ein zukunftsorientierteres.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Also kein sozialdemokratisches!)

    Da können wir ... ein bißchen von lernen ...

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das fängt bei der Regierung da drüben an!)

    Dieses „Wir packen es an, wir krempeln die Ärmel hoch" - das würde ich mir bei den Deutschen etwas mehr wünschen.
    Verehrte Frau Kollegin Matthäus-Maier, diese Koalition unter Helmut Kohl hat die Ärmel hochgekrempelt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Wo denn?)

    Wir haben ein Programm für Wachstum und Beschäftigung aufgelegt und durchgesetzt. Wir haben eine Steuerreform aufgelegt und im Bundestag durchgesetzt. Wir laden Sie ein, nachdem Sie im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß blockiert haben: Machen Sie doch mit, krempeln Sie endlich die Ärmel hoch! Und täuschen Sie sich nicht, wenn Sie die Deutschen aufrufen: Die deutsche Bevölkerung ist bereit, die Ärmel hochzukrempeln. Die Tarifpartner
    haben es uns in den letzten eineinhalb Jahren vorgemacht; auch sie haben die Zeichen der Zeit erkannt. Die einzigen die sie bisher nicht erkannt haben, sind die sozialdemokratische Fraktion im Deutschen Bundestag und die SPD-Mehrheit im Bundesrat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Herr Repnik ist ja richtig niedlich!)

    Ich habe gesagt, ich nehme Sie beim Wort. Deshalb nehme ich Sie auch beim Wort im Hinblick auf die Angebote, die Sie am heutigen Vormittag gemacht haben.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die USA haben darüber hinaus vor wenigen Wochen beschlossen,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Kindergelderhöhung!)

    in den nächsten fünf Jahren ein weiteres Steuersenkungspaket im Volumen von 90 Milliarden Dollar umzusetzen. Wir wissen, was die Briten gemacht haben; wir wissen, was derzeit die Niederländer machen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Clinton hat doch erst den Haushalt in Ordnung gebracht!)

    Ich sage Ihnen von der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion: Wenn wir nicht bereit sind, sehr schnell zu reagieren, dann wird der Druck auf den Standort Deutschland in den nächsten Wochen und Monaten noch größer werden. Die Zahlen der Arbeitslosen werden steigen, und jeder neue Arbeitslose geht dann auf Ihr Konto. Auch das muß in aller Deutlichkeit gesagt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Zuruf von der SPD: Das war etwas simpel!)

    Ich war schon darüber erstaunt, daß ausgerechnet Sie das Beispiel des Rechnungshofs von Baden-Württemberg anführen. Das war doch ein Eigentor, wie es klassischer nicht geschossen werden kann.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Was? Eigentor?)

    Ich wollte den baden-württembergischen Rechnungshof ebenfalls anführen, und zwar als Beleg für die Richtigkeit unserer Reform. Der Rechnungshof von Baden-Württemberg hat in seiner Untersuchung zur effektiven Steuerbelastung von Beziehern hoher Einkommen festgestellt, daß gerade im Bereich der Bezieher hoher Einkommen erhebliche Ausweichreaktionen und erhebliche Ausweichmöglichkeiten bestehen. Sie werden auch in Anspruch genommen. Er führt aus: „Insofern sprechen auch verteilungspolitische Gründe für die angestrebte Steuerreform, die steuerliche Sonderregelungen und Steuervergünstigungen abbaut. "

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Aber nicht für 39 Prozent Spitzensteuersatz!)

    Dies und nichts anderes haben wir in unserer großen
    Steuerreform gemacht, der Sie im Bundesrat und im

    Hans-Peter Repnik
    Vermittlungsausschuß nicht zugestimmt haben. Wer verteilungspolitische Gerechtigkeit will, wer soziale Gerechtigkeit will, muß diesen Schritt gemeinsam mit uns gehen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

    Deshalb werden wir unser Angebot an Sie erneuern.
    Frau Kollegin Matthäus-Maier, ich muß einen weiteren Punkt ansprechen. Wenn Sie Gerechtigkeit wollen, dann sollten Sie unserem Beispiel folgen. Wir haben einen Spitzensteuersatz von 39 Prozent, der tatsächlich gezahlt werden muß, weil wir Ausweichreaktionen unmöglich machen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Wir auch! Aber mit 53 Prozent!)

    Der Vorschlag des sozialdemokratischen Bundesvorsitzenden, der in diesen Tagen auf den Markt kam, sieht einen Mindeststeuersatz von 20 Prozent vor. Das bedeutet, er möchte denen, die offensichtlich auch in der Zukunft noch eine Vielzahl von Abschreibungsmöglichkeiten haben, zumindest 20 Prozent abknöpfen.

    (Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: Sie wollen es nicht verstehen!)

    Bei uns zahlen sie 39 Prozent und bei Lafontaine 20 Prozent. Wo bleibt da die Verteilungsgerechtigkeit? Auch hier müssen Sie Ihre Aussage überdenken.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Ich möchte einen aktuellen und unverdächtigen Zeugen dieser Tage aufrufen, die Deutsche Bundesbank. Die Deutsche Bundesbank schreibt in ihrem August-Bericht:
    Aus der Sackgasse (hohe Steuersätze und sinkendes Steueraufkommen) kann nur eine umfassende, „große" Steuerreform herausführen. In deren Mittelpunkt müßte die grundlegende Reform der Einkommensbesteuerung stehen, die eine starke Verringerung der tariflichen Sätze mit einem möglichst umfassenden Abbau bisheriger steuerlicher Ausnahmetatbestände und Sondervergünstigungen verbindet.
    - also mit einer Nettoentlastung.
    ... Einen wichtigen Baustein einer solchen großen Reform stellt eine gewisse Verlagerung der Abgabenlast von den Einkommen zum Verbrauch dar ... Der Vorwurf, die Verteilungsgerechtigkeit bliebe dabei auf der Strecke, ist bei ökonomischer Betrachtung nicht gerechtfertigt.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wem es tatsächlich um die zentralen Probleme dieser Gesellschaft - Rückführung der Arbeitslosigkeit und Schaffung neuer Arbeitsplätze - geht, der muß auch hier dem Votum der Bundesbank folgen. Es ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, daß Theo Waigel, diese Regierung und diese Koalition mit dieser großen Steuerreform auf dem richtigen Weg sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: Der große Weißwäscher Repnik!)

    Deshalb, meine Damen und Herren von der SPD und von den Grünen - ich spreche auch Sie nachhaltig an -, wenn das so ist, dann lassen Sie uns doch bitte schnell ans Werk gehen. Stimmen Sie mit beim Begehren auf ein zweites Vermittlungsverfahren. Dann setzen wir uns am kommenden Donnerstag im Vermittlungsausschuß zusammen und machen einen schnellen, straffen Fahrplan. Wir sind in der Lage, schon heute mittag oder morgen vorbereitende Gespräche zu führen. An uns soll es nicht liegen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Neues Konzept!)

    Ich sage ein Weiteres: Wenn Sie Probleme im Hinblick auf die Nettoentlastung auf Grund der Situation im Bund, in den Ländern und in den Kommunen haben,

    (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Die müssen Sie doch auch haben! Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Wieso wir? Der Waigel hat die Probleme!)

    dann sind wir bereit, auch über eine Stufenregelung mit Ihnen zu diskutieren. Auch das ist ein förmliches Angebot.

    (Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: Wo ist das Angebot?)

    Eines müssen Sie sich aber sagen lassen: Wenn Sie nicht bereit sind, in den nächsten Wochen mit uns zu einer Lösung zu kommen, dann wird der Bundesfinanzminister, dann werden die Länderfinanzminister und die kommunalen Kämmerer in diesem und im nächsten Jahr erneut größere Probleme mit dem Steueraufkommen haben, weil . das Steueraufkommen auf Grund des jetzigen Steuersystems und der Steuerstruktur weiter erodieren wird. Sie lassen damit zu, daß wir ein geringeres Steueraufkommen haben, das Verteilungsungerechtigkeiten mit sich bringt. Gestalten Sie mit uns positiv eine Reform,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Nur wenn Sie ein Papier vorlegen!)

    die gerecht ist und die zu neuen Arbeitsplätzen führt.

    (Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: Legen Sie doch mal was Neues vor!)

    Wir laden Sie hierzu herzlich ein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, dasselbe gilt für die Themen Sozialversicherungsbeiträge und Rentenreform. Wir stellen fest, daß es parteiübergreifend zwischen Koalition und Opposition, SPD und Grünen, ein gemeinsames Ziel gibt, nämlich die Sozialversicherungsbeiträge zu senken, damit die Last der Arbeitnehmer verringert wird und den Unterneh-

    Hans-Peter Repnik
    mern mehr Spielräume für Investitionen eingeräumt werden. Da haben wir ein gemeinsames großes Ziel.
    Wir unterscheiden uns in einem Punkt. Die SPD hat - ausweislich auch ihres Antrags - gemeinsam mit den Grünen vorgeschlagen, wir mögen dies durch Senkung der Versicherungsbeiträge erreichen, indem wir entsprechende Steuern erhöhen: Mehrwertsteuer auf der einen Seite, Mineralölsteuer auf der anderen Seite.
    Jeder muß wissen: Eines unserer Probleme, mit denen wir uns auseinanderzusetzen haben, ist die hohe Staatsquote. Wenn wir eine Kasse, in diesem Fall die der Sozialversicherung, ob bei der Rente oder bei den Arbeitslosen, entlasten und den steuerlichen Bereich belasten, haben wir keine Entlastung der Gesellschaft, der Bürger, der Wirtschaft und der Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland. Das führt nicht zu einer Entlastung der Staats- oder der Abgabenquote.
    Eine Chance, diese Abgabenquote herunterzuführen und damit eine echte Entlastung zu bewirken, haben wir nur, wenn es uns gelingt, auch Strukturen zu verändern. Es kann doch überhaupt nicht bestritten werden, gerade wenn wir an die Rentenversicherung denken,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Versicherungsfremde Leistungen heraus!)

    daß wir auf die demographische Entwicklung reagieren müssen, und zwar nicht in erster Linie mit Umfinanzierung, sondern mit strukturellen Veränderungen.
    Wenn Sie, Frau Kollegin Fuchs, in dieser Frage anderer Auffassung sind, dann lassen Sie uns den Versuch unternehmen, daß wir die Strukturreform durchführen. Reichen Sie uns aber in der anderen wichtigen Aufgabe die Hand, nämlich bei der Querfinanzierung, indem wir den Rentenversicherungsbeitrag um einen Punkt senken und ihn über eine Steuererhöhung finanzieren.
    Diese Maßnahme könnten wir bereits in dieser Woche beschließen. Wir könnten am kommenden Freitag in dritter Lesung diesen Gesetzentwurf beschließen. Wir bieten Ihnen an, zum 1. Januar 1998 diese Operation durchzuführen.

    (Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: So ein Theater!)

    Es wäre für den Standort ein wichtiges Signal. Es wäre für die Wirtschaft ein wichtiges Signal. Es wäre für die Arbeitnehmer ein wichtiges Signal, die eine Entlastung erfahren würden.
    Nehmen Sie diese ausgestreckte Hand an.

    (Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: In der Hand ist doch nichts drin! Es ist eine leere Hand!)

    Führen Sie mit uns die Gespräche, und wir werden sehr schnell zum Ziel kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. - Zurufe von der SPD)

    Ich habe die Bundesbank als unabhängigen Zeugen angeführt. Ich habe mit großem Interesse gelesen, was der Initiativkreis Wirtschaft, Junge Führungskräfte für die SPD, im Mai dieses Jahres formuliert hat. Es ist ein Kreis, mit dem die SPD versucht, sich ein höheres Maß an wirtschaftlichem Sachverstand zuzueignen und sich auch ein höheres Maß an Nähe zur Wirtschaft zu geben. Jetzt möchte ich hier nur drei Positionen vorlesen. Übrigens wird der Kreis von einem SPD-Bundestagsabgeordneten gemanagt.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Ja, und?) Unter anderem heißt es hier:

    Wer die Probleme des Standortes Deutschland lösen und Beschäftigung schaffen will, muß mit Mut Strukturen verändern.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Ja, sicher! Ökosteuern zum Beispiel!)

    Es geht darum, Strukturen zu verändern, so daß wir die Rentenreform herbeiführen und nicht nur um-finanzieren. Dies ist ein Beispiel von vielen.
    Zweitens - dies ist wohl ein Appell an Ihren Parteivorsitzenden -:
    Es ist aber mehr als unwahrscheinlich, daß es den westlichen Anspruchsgesellschaften gelingen wird, den asiatischen Verzichtgesellschaften den Weg vorzuschreiben oder sie zu bewegen, einer freiwilligen Begrenzung ihrer Expansion zuzustimmen. Die deutsche Sozialdemokratie sollte den Selbstbehauptungswillen dieser Länder nicht unterschätzen.
    Also seien Sie reformbereit! Drittens:
    Die deutsche Sozialdemokratie muß die Herausforderung annehmen und eine konsequente Erneuerung des Sozialstaates in die Wege leiten.
    Alle diese Forderungen könnten von uns kommen. Sie werden von uns mitgetragen. Wenn Sie diesem Kreis nicht eine reine Alibifunktion zuordnen, dann nehmen Sie seine ökonomisch sinnvollen Äußerungen ernst und verhalten sich danach.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Alles in allem, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sind der Überzeugung, daß wir, wenn es uns gelingt, in den nächsten Wochen in einem gemeinsamen Verfahren im Vermittlungsausschuß eine Steuerreform - und sei sie in Stufen realisiert -, an deren Ende eine deutliche Absenkung der Steuersätze und eine Nettoentlastung stehen muß, herbeizuführen, dann den Grundstein für den Rückbau von Arbeitslosigkeit und auch für solide Haushalte in der Zukunft gelegt haben. Dazu fordern wir Sie mit Nachdruck auf.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Kollege Oswald Metzger, Bündnis 90/Die Grünen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Oswald Metzger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann die Debatte darüber, wie solide die Politik dieser Regierung ist, nicht mehr hören. Ich kann es nicht mehr sehen, wie sich Bundesregierung und Koalition zu Zeiten der Haushaltsberatungen um den Finanzminister scharen, nachdem er sich selber vorher abgemeiert hat und von ihnen abgemeiert wurde.
    Ich rufe in Erinnerung, was Theo Waigel heute vor zwei Jahren an dieser Stelle gesagt hat. Er formulierte anläßlich der Einbringung des Haushalts:
    Wie jedes Jahr werden Sie schließlich erfahren müssen: Der Finanzminister hält seine Pläne nicht nur ein, in der Regel ist das Ergebnis noch um einiges günstiger ...

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sehr gut!)

    Lacht hier jemand im Saal, wenn ich in Erinnerung rufe, daß 1996 der Haushalt eine Abweichung in der Größenordnung von gut und gern 30 Milliarden DM hatte, daß die Kosten für die Arbeitslosigkeit um etwa 20 Milliarden DM zu niedrig geschätzt worden waren, daß die Steuereinnahmen ständig nach unten korrigiert werden mußten und daß die Neuverschuldung auf den Wert von 78 Milliarden DM explodierte? Lacht noch jemand, wenn ich sage, daß der Nachtragshaushalt 1997, der heute ebenfalls andiskutiert wird, eine Abweichung hat, die ähnlich gigantische Milliardenverschiebungen zu Lasten des Bundeshaushalts beinhaltet?
    Es lacht niemand mehr; denn die traurige Wirklichkeit ist, daß die Koalitionsfraktionen ihren Zahlen und ihrem Mutmachen selber nicht mehr trauen und deshalb die abschließende Beratung des Nachtragshaushalts auf die Zeit nach der Steuerschätzung am 11. November verschoben haben.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

    Soweit ist es in dieser Republik gekommen, daß Politik praktisch auf Steuerschätzungstermine schielen muß, weil sie ansonsten überhaupt nicht mehr handlungsfähig ist.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

    Wenn man die Philosophie, Herr Waigel, die hinter der Finanzplanung 2000 steckt, einmal von den Strukturen her betrachtet - Sie haben sich ja bemüht, eine ökonomische Rede quasi als Entlastungsangriff vorzutragen -, dann muß man doch feststellen: Sie reden von einer Senkung der Defizitquote, der Staatsverschuldung. Das Gegenteil ist in Ihrer Amtszeit eingetreten: Rekordverschuldung. Sie reden von einer Senkung der Abgabenquote. Das Gegenteil ist in der Regierungszeit dieser Koalition eingetreten: Wir haben die höchste Abgabenquote in der Geschichte dieser Republik. Sie reden davon, daß wir die Steuerquote senken müssen. An diesem Punkt wird es interessant, wenn man das Ganze zerpflückt: Steuerquote senken hieße in der Finanzplanung 2000 aus Ihrer Sicht noch immer, die Tarifreform à la Bareis auf den Weg zu bringen.
    1995, vor zweieinhalb Jahren, haben die Koalitionsfraktionen im Finanzausschuß den Antrag der Opposition abgelehnt, eine Anhörung zu diesem Steuerreformkonzept durchzuführen, weil der Finanzminister selber den politischen Ansatz beerdigt hatte. Erst im letzten Frühjahr, im März 1996, hat sich die Regierung praktisch auf die Fährte gesetzt und gesagt: Wir müssen die Steuer reformieren, weil uns die Steuereinnahmen wegbrechen, und zwar auf Grund der Tatsache, daß große Betriebe - Global players, wie Ingrid Matthäus-Maier sagte - inzwischen ihre Steuern für die Wertschöpfung im Inland im Ausland zahlen. Sonderabschreibungen für Gutsituierte, die diese Regierung für den Osten auf den Weg gebracht hat, haben in Wirklichkeit nur dazu geführt, daß teurer Leerstand bei Wohnungen in den Innenstädten und in Gewerbeparks auf der grünen Wiese den Investoren aus dem Westen zwar riesige Steuernachlässe beschert hat; aber die Werthaltigkeit der Grundstücke reicht nicht einmal dazu aus, das eingesetzte Kapital wieder zu erlösen, weil die Objekte nicht vermietbar sind. Diese Abschreibungsgesellschaft à la Koalition im geltenden Steuerrecht ist ein volkswirtschaftlicher Unsinn sondergleichen. Aber dies kann man nur dann angehen, wenn man versucht, der Tatsache, daß die Steuerquote durch die Erosion der Steuerbasis auf das niedrigste Niveau seit langer Zeit gesunken ist, strukturell Rechnung zu tragen.
    Nach der letzten Steuerschätzung haben wir in Deutschland eine Steuerquote - Steuereingänge in Bezug gesetzt zum Bruttoinlandsprodukt von gerade einmal 22,1 Prozent. Selbst während Ihrer Amtszeit lag sie überwiegend bei 24 Prozent und darüber. Was sich dahinter verbirgt, ist nichts anderes - ich mache es einmal an einer Zahl deutlich -, als daß der Bundeshaushalt heute, im Jahre 2 nach der Steuerschätzung 1995, rund 44 Milliarden DM weniger einnimmt als ursprünglich gedacht. Deutlicher wird es für 1998. Noch 1995 hatten Sie für 1998 über 400 Milliarden DM an Steuereinnahmen angesetzt. Im Haushaltsentwurf für 1998 stehen gerade einmal 348 Milliarden DM. Dahinter verbirgt sich die Reduzierung der Steuerquote.
    Dies ist eine Reduzierung, die außerordentlich ungerecht ist. Die Mittelständler, die ihre Wertschöpfung in Deutschland personalintensiv erarbeiten, beklagen sich, daß sie von der Last des Steuerstaates erwischt werden, dagegen Großbetriebe, die international operieren, ihre Bilanzen entsprechend berichtigen können und ihre Steuern in ertragssteuerschwachen Konkurrenzländern zahlen. Das ist eine Ungerechtigkeit sondergleichen.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Und wie ändern Sie das?)

    Das gleiche gilt für die Einkommensteuer. Natürlich ist es ein schlechter Witz, wenn der Durchschnittsverdiener auch bei noch so knappen Zuwachsraten seines Bruttolohnes in die Steuerprogression hineinwächst, sich praktisch nicht für den Fiskus armrechnen kann, aber Gutsituierte ihre Steuerlast mindern können. Von der Zustandsbeschreibung her

    Oswald Metzger
    sind wir hier auf einer ähnlichen Wahrnehmungsschiene.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Fraglich ist nur die Verantwortungsschiene!)

    - Herr Kollege Fischer, die Frage nach der Verantwortungsschiene ist leicht beantwortet. Eine Regierung kann nicht plötzlich am Ende ihrer Amtszeit eine Steuerreform zum Allheilmittel ihrer Politik machen, wenn sie 15 Jahre lang regiert hat, natürlich schwierige Zwischenphasen wie die deutsche Wiedervereinigung schultern mußte, aber seither keines ihrer selbstgesteckten Ziele erreicht hat.
    Die Arbeitslosigkeit ist explodiert. Ich nenne Ihnen dazu eine Aussage der heutigen Arbeitslosenstatistik: Herr Jagoda sagt: Wir haben auch saisonbereinigt einen Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland - und wenn er noch so knapp ist. Das rührt unter anderem daher, daß von der Arbeitsmarktpolitik 300 000 Menschen weniger erfaßt werden als im letzten Jahr. Es ist diese Regierung, die mit den politischen Entscheidungen des letzten Jahres die Einnahmebasis dadurch reduziert hat, daß sie die Kosten von einer Kasse in die andere verlagert hat, und die sich jetzt beklagt, daß die Arbeitslosigkeit nicht sinkt.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS Zuruf von der SPD: Die Wahrheit ist Ihnen doch Wurscht!)

    Ich möchte in diesem Zusammenhang noch eine Randbemerkung machen, damit man sich hier im Plenum auch die Komplexität der Arbeitsmarktpolitik vor Augen führt. Allein die Angst um den Arbeitsplatz, die viele Menschen umtreibt, führt dazu, daß der Krankenstand in dieser Republik zurückgeht, aber nicht deshalb, weil vorher alle Menschen praktisch immer den blauen Montag gefeiert haben, sondern deshalb, weil gerade ältere Menschen fürchten müssen, daß sie dann, wenn sie entlassen werden, anschließend keine Arbeit mehr finden. Dies führt dazu, daß mit weniger Beschäftigten eine höhere Produktivität erzielt wird, weil die Anwesenheit am Arbeitsplatz signifikant zunimmt.
    Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg - das ist im „Handelsblatt" nachzulesen - sagt, wenn die Einschränkung der Lohnfortzahlung à la Koalitionsbeschluß betrieblich umgesetzt würde, würde das faktisch bedeuten, daß, wenn ein Arbeitnehmer keine Kürzung seines Einkommens in Kauf nehmen will, sondern sich einen Urlaubstag pro Krankheitstag anrechnen läßt, dies nichts anderes wäre, als eine Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich; dies würde im Saldo zu einer zusätzlichen Arbeitslosigkeit von 160 000 Menschen führen, weil diese Arbeitskapazität in den Betrieben durch höhere Präsenz zur Verfügung steht. Volkswirtschaftlich macht dieser Zusammenhang auch einen Sinn. Man kann es sich angesichts der Herkulesprobleme, vor denen unsere Gesellschaft steht, nicht so einfach machen.
    Im Klartext gesprochen: Wenn diese Regierung im Hinblick auf ein Vermittlungsverfahren tatsächlich Ernst machen will mit ihrer Steuerreform, dann fordere ich als Vertreter einer Partei, die sich in der Steuerreformdebatte immerhin mit einem eigenen Konzept profiliert und sich eben nicht aus der Diskussion davongestohlen hat, die Koalition dazu auf, nachhaltig auf die Finanzergiebigkeit für die öffentlichen Haushalte zu achten. Das heißt, die Stoßrichtung muß sein: Aufkommensneutrale Steuerreform durch breite Bemessungsgrundlage, Schließen von Schlupflöchern und Steuersatzsenkungen über den gesamten Tarifbereich, das heißt unten wie oben.
    Darüber gibt es in der Zielsetzung, jedenfalls gegenüber den Grünen, keinen Unterschied. Der entscheidende Unterschied liegt darin, daß man es einer Koalition, die sich jetzt wegen des Schielens auf den Steuerschätzungstermin 11. November geniert, auch nur den Nachtragshaushalt für dieses Jahr zu verabschieden, doch nicht durchgehen lassen kann, daß sie ab dem Jahr 1998 riesige Löcher in die Haushalte reißt, die die strukturellen Probleme doch in keinster Weise lösen, sondern verschärfen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    In Theo Waigels mittelfristiger Finanzplanung wird deutlich, daß die eigene Finanzprojektion für das Jahr 2000 nicht gilt. In diesem Papier führt er nämlich immer nur ideologische Staatsquotendiskussionen, nach dem Motto: Der Staatsverbrauch muß zurückgeführt werden, damit die Kräfte des Marktes wieder mehr Spielräume haben. Aber gucken Sie sich einmal an, wie die Staatsquote zusammengesetzt ist; es kommt auch auf die Inhalte an. Der konsumtive Anteil - die Sozialausgaben und der Staatsverbrauch -nimmt zu, der investive Anteil sinkt tendenziell ab oder stagniert bei etwa 59 Milliarden DM in der mittelfristigen Finanzplanung bis zum Jahr 2001.
    Wenn man aber den konsumtiven Anteil des Staatsverbrauchs so stark übergewichtet, dann führt das zu den Steuererhöhungen oder den Staatsverschuldungen von morgen. Ich lasse Ihnen also auch diese Diskussion über die Senkung des Staatsverbrauchs nicht durchgehen, wenn man gleichzeitig sieht, daß der investive Anteil bei den Staatshaushalten ständig zurückgeht.
    Ein Wort zu einem Thema, das häufig Gelächter auslöst, wenn es hier im Raum diskutiert wird. Die Koalition hätte dieses Thema ja am liebsten überhaupt nicht groß im Blickfeld der Öffentlichkeit, wenn es um den Bundeshaushalt 1998 geht. Die Art und Weise, wie im Einzelplan des Verteidigungsministers ein riesiges Rüstungsvorhaben namens Eurofighter oder Jäger 90 in den Bundeshaushalt 1998 eingestellt wird - mit rund 850 Millionen DM -, ist nichts anderes als bajuwarische Selbstbedienung zu Lasten des Bundeshaushalts und - was noch viel schlimmer ist - zu Lasten der Haushalte der nächsten vier Legislaturperioden. Der Bund plant ja, mit der Industrie einen Rahmenvertrag über eine Summe von gut und gern etwa 23 Milliarden DM abzuschließen, die über die künftigen Haushaltsjahre anwächst und weit über den Zeitraum der mittelfristigen

    Oswald Metzger
    Finanzplanung hinaus dem Bundeshaushalt und allen Regierungen, auch Ihren Nachfolgern, als Erblast am Bein hängen wird.
    Im Einzelplan 14 werden selbst die Personalkosten so niedrig kalkuliert, daß die F.D.P. ihre Wehrpflichtkampagne überhaupt nicht mehr als Sprengsatz für die Regierung starten muß: Die Militärs selber machen schon untereinander in Verteilungskämpfen Stimmung. Das zeigt doch deutlich, wie ausgequetscht dieser Haushalt ist und wie alles auf die Papierform hin gerechnet wird.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Noch eine Aussage zum Thema Verfassungsgemäßheit des Haushalts 1998. Herr Bundesfinanzminister, auch wenn Sie noch so interessiert mit Ihrem Nebenmann reden, sage ich Ihnen: Der Haushaltsentwurf ist verfassungswidrig, weil die Nettoneuverschuldung höher ist als die Investitionsausgaben. Sie haben im Haushalt des Einzelplans 11 des Bundessozialministers Norbert Blüm eine Position versteckt, die meines Erachtens nichts anderes als eine konsumtive Ausgabe ist; das ist der Titel 893 01, in dem 1,5 Milliarden DM veranschlagt sind. Daraus werden Lohnkostenzuschüsse für Arbeitsförderungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose, die im Umwelt- und Kommunalbereich arbeiten, gezahlt. Das sind nach meiner Auffassung keine investiven Ausgaben. Diese Position hat einen Deckungsvermerk. Das heißt, eingesparte Ausgaben bei diesem Titel dürfen zugunsten der Arbeitslosenhilfe verwendet werden. Arbeitslosenhilfe ist ebenfalls ein konsumtiver Titel. In diesem Volumen in Höhe von 1,5 Milliarden DM steckt eine Überschreitung des Art. 115 GG; denn in Ihrem Plan gibt es gerade einmal um 400 Millionen DM höhere Investitionsausgaben als Nettoneuverschuldung.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

    Auf dieser Schiene und nach diesem Strickmuster wird in Deutschland von einer konservativ-liberalen Regierung, deren Hauptpfand gegenüber der Wählerschaft in der Vergangenheit immer ihre wirtschaftspolitische Kompetenz und ihre finanzpolitische Solidität war, inzwischen Haushaltspolitik gemacht. Das können wir besser.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Pause für das Gelächter! Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da kommt bei euch nicht mal mehr Gelächter auf, weil ihr das genauso seht!)

    Kollege Austermann, der zur Zeit den erkrankten Obmann der Koalitionsfraktionen vertritt, dem ich von dieser Stelle gute Besserung wünsche, hat gestern zusammen mit Wolfgang Weng für die Koalitionskollegen verkündet, die Koalitionshaushälter wollten weitere Einsparungen in den Haushaltsberatungen durchsetzen. Die Koalitionshaushälter - das kann ich noch einmal sagen -, die in den letzten Jahren über jedes Stöckchen, das ihnen der Finanzminister hingehalten hat, gesprungen sind, haben Waigels Zahlen geschluckt; sie haben den „WaigelWisch" im Herbst 1995 hier im Plenum mit beschlossen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wider besseres Wissen!)

    Sie haben nachher Krokodilstränen geweint. Sie haben sich im stillen Kämmerlein und manchmal sogar im Ausschuß über die Unseriosität der eigenen Vorlagen mokiert, lassen jetzt aber einen Haushaltsplan 1998 auf dem Papier stehen, von dem jeder Insider weiß, daß er den Grundsätzen von Haushaltsklarheit und -wahrheit erheblich widerspricht und daß die mittelfristige Finanzplanung eine Finanzplanung ist, die man sich nur leisten kann, wenn man glaubt, nicht wieder regieren zu müssen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ist es! Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Was ja stimmt!)

    Die Finanzplanung müßten Sie, wenn Sie wieder an die Regierung kämen, in einem Ausmaß korrigieren, das das Ausmaß der letzten beiden Jahre fast noch überschreiten würde; das muß man sich einmal plastisch vor Augen führen.
    Herr Waigel hat ein weiteres Problem. Solidarität in der Not ist ja keine Erfindung der Koalitionsfraktionen, sondern sie kennt man auch im grünen Lager; sie kennt man auch in der SPD. Aber der Sündenbock ist kein Herdentier. Deshalb steht Theo Waigel in der Krise ziemlich allein.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Der Schäfer heißt Edmund Stoiber!)

    Ich weiß, daß Edmund Stoiber im November den CSU-Vorsitz mit links übernehmen könnte, wenn er daran interessiert wäre, sich angesichts der bayerischen Landtagswahlen in die Fronde dieser Koalition einbinden zu lassen. Daher weiß ich auch, Herr Waigel, wie schwer nicht nur Ihr Amt ist, sondern wie schwer auch Ihre Physis unter einer Situation leiden muß, die darin besteht, daß man sich im Zangengriff zwischen objektiven Daten und intriganten Parteifreunden bewegen muß.

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Warum schaut er jetzt den Fischer so an?)

    Im Klartext gesprochen, um Ihnen als grüner Haushälter eine Alternative darzustellen: Unsere Fraktion hat in der letzten Woche ein Papier beschlossen, das Wege aufzeigt, wie man über einen mittelfristigen Zeithorizont aus der öffentlichen Finanzkrise herauskommen kann. Dieses Papier hat zwei Kernaussagen. Die erste lautet: Wir müssen die Ausgaben konsolidieren. Öffentliche Haushalte konsolidiert man, ähnlich wie private, dadurch, daß man jede Mark, die man ausgeben will, auf den Prüfstand stellt. Das heißt, es gibt keine Tabu- oder Schutzräume. Wir müssen in den Haushalten sozial gerecht Einschnitte vornehmen.
    Ich glaube eines - hier richte ich einen Appell an das ganze Haus: - Wir unterschätzen die Stimmung in der Bevölkerung. Der Pseudokampf um die Steuerreform wird von den professionellen Zuschauern,

    Oswald Metzger
    aber auch von den „normalen" Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr ernst genommen. Da wächst ein gefährliches Potential für Wahlenthaltungen oder für radikale Parteien heran. Sie glauben offenbar, Sie könnten durch eine große Koalition im Bereich der inneren Sicherheit Ablenkungsmanöver starten, wobei von Schröder bis zu Stoiber praktisch alle die Kriminalitätsbekämpfung als zentrales Wahlkampfthema entdecken, um sozusagen die Kompromißfähigkeit aufzuzeigen. Mit dieser Nebenkriegsschiene machen Sie aber gerade rechte Parteien populär. Das kann sich, wenn es dumm läuft, schon am 21. September in Hamburg bestätigen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wenn man also die Ausgaben auf den Prüfstand stellt, dann gehören Subventionen genauso dazu wie Privilegien für Beamtinnen oder Beamte, die Explosion der Beihilfe und die dreizehnte Monatspension. Dazu gibt es Vorschläge unserer Fraktion, die von Ihnen letztes Jahr bei den Haushaltsberatungen abgelehnt wurden.
    Daneben stellen wir aber fest - da liegt der entscheidende Unterschied zu Ihrem Ansatz, die Steuerquote zu senken -, daß die Steuerquote bereits ungewollt auf 22 Prozent abgestürzt ist, so daß wir auch die Einnahmebasis des Staates wieder stabilisieren müssen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Richtig!)

    Für diese Stabilisierung brauchen wir in der Tat - damit sind wir wieder am Ausgangspunkt - eine Steuerreform, die auf breiter Bemessungsgrundlage ruht und Steuerschlupflöcher schließt, dafür aber durch die Tarifabsenkung dem Staat wieder eine ergiebige und gerechte Einnahmequelle zur Verfügung stellt.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Da waren Sie wenig hilfreich!)

    Wenn Sie es mit dem Vermittlungsverfahren, das Sie heute auf den Weg bringen wollen, ernst meinen, dann bewegen Sie sich wirklich ernsthaft und nicht nur der Optik wegen in Richtung Aufkommensneutralität.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Richtig!)

    Dann können Sie mit den Grünen auch ernsthafte Diskussionen in einem Vermittlungsverfahren führen. Darauf kommen wir zurück. Wir werden bei der heutigen Abstimmung - das sage ich Ihnen, Herr Kollege Repnik, als Schlußwort - nicht gegen ein zweites Vermittlungsverfahren stimmen. Auch das ist ein Signal unsererseits.
    Ich bedanke mich.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)