Rede von
Volker
Kauder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Passage in meiner Rede betreffend die Auseinandersetzung mit dem Rentenvorschlag von Bündnis 90/Die Grünen kann meiner Ansicht nach gestrichen werden, nachdem uns gerade eben ein Beziehungsdrama vorgeführt worden ist, im Rahmen dessen sich die SPD mit den Grünen auseinandergesetzt und deren Konzept niedergemacht hat. Dieses Beispiel hat mir deutlich gemacht: Es wird weit über das Jahr 1998 hinaus erforderlich sein, daß wir, die CDU/CSU
Volker Kauder
und die F.D.P., zusammen regieren, wenn Sie schon bei Kleinigkeiten einen solchen Streit entfachen.
Wir haben heute ein Rentenkonzept vorgelegt, das in erster Linie eine Reaktion auf veränderte gesellschaftliche Verhältnisse ist und vor allem auch für wirtschaftliche Veränderungen - das ist heute schon gesagt worden - in diesem Lande sorgen soll. Unserer Ansicht nach müssen soziale Leistungen in die wirtschaftliche Situation, in die Reform zur Schaffung von Arbeitsplätzen eingebunden werden; sie dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Dies sieht nur die Regierungskoalition so.
Norbert Blüm hat mit Recht darauf hingewiesen, daß wir eine Reform der Sozialversicherungssysteme nicht so durchführen können, daß die Quellen, aus denen Beiträge in die Systeme fließen, verstopft werden, und daß wir nicht glauben dürfen, wir könnten uns allein aus dem System heraus ernähren, wenn keine Zufuhr von außen mehr erfolgt. Deshalb darf es bei diesen Reformen nicht nur um eine Umverteilung gehen, sondern es müssen Strukturveränderungen vorgenommen werden, die einen Beitrag dazu leisten, daß die Schaffung von Arbeitsplätzen in unserem Land wieder leichter möglich ist.
Daß dies bei der SPD überhaupt nicht ankommt, wundert mich angesichts der Nähe von Gewerkschaften und SPD. In diesem Jahr haben Gewerkschaftsführer zum erstenmal anerkannt, daß es einen unmittelbaren Zusammenhang gibt zwischen Lohnkosten, Lohnzusatzkosten und Arbeitslosigkeit.
Warum ist dies bei der SPD überhaupt noch nicht angekommen?
- Der Herr Schreiner kommt ja noch, der kann lautstark vertreten, was noch zu sagen ist.
Wenn ich mir das Konzept der SPD anschaue, dann sehe ich nur den Versuch, ständig neues Geld zu schöpfen,
aber keinen einzigen Versuch, wirklich zu zukunftsweisenden Strukturveränderungen zu kommen.
Das Rentenkonzept, das die Regierungskoalition vorlegt, reagiert auf Veränderungen in der Gesellschaft. Es ist ein Beitrag zu Reformen für mehr Arbeitsplätze, und es ist ein Beitrag für die Generationengerechtigkeit. Bei der SPD finde ich so gut
wie kaum etwas von Generationengerechtigkeit. Jede Großmutter hat mehr Verständnis für die Sorgen der Enkel als die SPD für die junge Generation.
Die einzigen, die diesem Anliegen noch etwas nahe kommen, sind die Grünen, die ebenfalls auf diese Situation Wert legen. Bei der SPD wird auch an diesem Reformkonzept deutlich: Sie sind ausschließlich auf die Zukunft hin orientiert, Sie haben überhaupt kein Verständnis für die Fragen der jungen Generation und für deren Sorgen um die Zukunftssicherung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Reform macht die Rente zukunftssicher. Wenn wir über die Rente diskutieren, müssen wir immer mit berücksichtigen, daß es ein sensibles Thema ist, das die Menschen bewegt. Deswegen finde ich es unverantwortlich, wenn Behauptungen aufgestellt werden, die die Menschen irritieren, weil sie unwahr sind.
Wir können ja über Systeme streiten, und wir können darüber streiten, ob diese oder jene Frage richtig ist. Ich finde es aber in höchstem Maße unverantwortlich, älteren Menschen Angst zu machen, daß die Rente gekürzt wird, daß ihnen von der Rente etwas weggenommen wird. Dies ist nicht wahr; das wissen Sie auch ganz genau.
Ich sage Ihnen aus meinen Erfahrungen aus Baden-Württemberg: Wer sich so verhält, wer so mit den Menschen umgeht und glaubt, er könne damit Gewinn machen, dem wird es so gehen wie der SPD in Baden-Württemberg, die vor dem absoluten Niedergang steht. Dies akzeptieren die Menschen nicht. Deswegen warne ich Sie davor, mit den Sorgen der Menschen Politik machen zu wollen. Die Menschen draußen werden sehr schnell erkennen, daß diese Reform die Rente für die Zukunft sicher macht, daß sie sich auf die Rente verlassen können,
daß die Rente weiter steigt und daß eine Rente, die heute 2000 DM ausmacht, im Jahre 2030 bei über 4000 DM angekommen sein wird. Die Rente wird weiter steigen, und sie wird nicht gekürzt. Mit dieser Lüge kommen Sie nicht durch, das werden wir auch nicht zulassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben in unserem Konzept auch angesprochen - nicht in diesem Gesetzentwurf, aber ich will darauf hinweisen, weil uns dies wichtig ist -, daß vergleichbare Regelungen, wie wir sie jetzt bei der Rentenversicherung vorsehen, natürlich auch für das Alterssicherungssystem des öffentlichen Dienstes gelten müssen. Wir brauchen auch hier vergleichbare Regelungen. Und auch da sehe ich, wie die SPD sich sträubt, Veränderungen herbeizuführen.
Volker Kauder
In Ihrem Entwurf lese ich, daß das Zusatzversorgungssystem im öffentlichen Dienst für die Angestellten als Tarifwerk natürlich nicht vom Gesetzgeber verordnet werden kann.
Hier versucht die SPD, eine Sondersituation nicht zu verändern, und verweigert damit einen notwendigen Beitrag, um im öffentlichen Dienst zu vergleichbaren Regelungen zu kommen wie jetzt bei der Rentenreform.
Ich kann Ihnen jetzt schon sagen: Wir erwarten von Ihnen nicht, daß Sie in einen Gesetzentwurf hineinschreiben, es bleibe bei der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, wie sie ist, sondern ich erwarte, daß Ihre Leute aus der SPD unseren Bundesinnenminister darin unterstützen, daß dieses System gekündigt und zukunftsgerecht ausgestaltet wird.
Aber Sie sind Besitzstandswahrer. Wie Sie es den Menschen erklären wollen, daß Sie diese Sondersysteme im öffentlichen Dienst behalten wollen, während andere sie nicht haben, darauf bin ich sehr gespannt.
Es wundert mich auch sehr, wie Sie die Diskussion führen. Julius Louven und ich haben vor einiger Zeit mehrere Vorschläge gemacht. Wir haben auch gesagt, daß sie miteinander hi ein System gebracht werden sollen. Wir haben darüber gesprochen, wie wir die Beiträge stabil halten können und trotzdem eine Leistung für die Rentner bekommen, die diese Bezeichnung auch verdient. Unter anderem haben wir darüber nachgedacht, ob wir dies durch eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit ab dem Jahr 2015, unter Berücksichtigung des Arbeitsmarktes, erreichen können. Sie haben aufgeschrien, als ob Sie auf den Haken genommen würden: Wie kann man über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit nachdenken? Jetzt schreiben Sie auf einmal in Ihrem Entwurf, so als ob es jemand anderes gemacht hätte, diese Frage dürfe nicht mehr tabuisiert werden. Als ob wir es tabuisiert hätten und Sie uns auf den Weg bringen müßten!
Soll ich Ihnen einmal sagen, was Sie machen: Sie versuchen, den Leuten zunächst Sand in die Augen zu streuen. Dann merken Sie, daß das nicht geht, eiern ein bißchen herum und kommen trotzdem zu keinem Konzept. Nein, so kann man keine Reform für ein System machen, das die Zukunft sichern soll.
Meine Damen und Herren, auch die Menschen draußen im Lande:
Mit dieser Regierungskoalition, mit CDU/CSU und F.D.P., ist das System der Rente schon mit der Rentenreform 1992 fortentwickelt worden.
Sie können sich darauf verlassen: Die Rentner werden auch in Zukunft eine Rente erhalten, die den Lebensstandard sichert. Wir fangen jetzt mit Reformen an, damit wir auch in Zukunft sagen können: Die Rente ist sicher. Wir sehen einen gerechten Ausgleich zwischen der jungen und der älteren Generation vor, weil wir wollen, daß die Generationen über die Rente nicht in einen Streit geraten, sondern auch in Zukunft zusammenarbeiten. Dies ist mit unserem Vorschlag gewährleistet. Es wird keinen Krieg der Generationen geben; wir werden miteinander in eine gute Zukunft gehen. Dies werden wir mit dieser Rentenreform erreichen.
Vielen Dank.