Rede von
Andrea
Fischer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Kollegin von Renesse, an Ihrem Ton konnte ich nicht entdecken, daß Sie wegen Ihres Konzeptes heiter sind.
- Jetzt werden wir alle einmal ganz ruhig und reden darüber, wie es mit der Kindererziehung und der Rente ist.
Sie sagen, daß Kindererziehung in der Rentenversicherung ausreichend berücksichtigt werden muß. Das ist Konsens hier im Haus. Wenn Sie sagen, wir hätten nur drei Jahre und Sie hätten zehn Jahre, dann muß ich Ihnen erwidern: Bei einem genaueren Blick in Ihr Konzept zeigt sich, Sie haben drei Jahre Kindererziehungszeit zum Durchschnittsentgelt - wie alle hier im Hause.
Andrea Fischer
- Genau, nicht alle. Bei der PDS gibt es immer mehr. Das ist klar.
Die weiteren sieben Jahre - ich sage dies, weil Sie hier gerade den Eindruck erweckt haben, Sie hätten zehn Jahre Kindererziehungszeit in Ihrem Rentenkonzept berücksichtigt - sind das Ergebnis einer Aufstockung von niedrigen Beitragsleistungen, wenn sie mit Kindererziehungszeiten im Rahmen des Konzepts der Rente nach Mindesteinkommen zusammentreffen.
Darüber können wir ja reden. Aber der strittige Punkt ist ein anderer. Sie haben gerade gesagt, wir ließen die Leute mit Kindern im Regen stehen. Was wir anders machen als Sie, ist, daß wir sagen: Wir knüpfen das Ganze nicht an die Kindererziehung, sondern an die unterschiedlichen Formen von Erwerbsarbeitsverhältnissen. Es ist doch so, daß gerade Teilzeitarbeit sehr häufig mit der Phase der Kindererziehung zusammentrifft. Unsere Höherbewertung von Teilzeiteinkommen würde also ebenfalls diesen Effekt haben. Deswegen brauchen Sie hier überhaupt nicht den Eindruck zu erwecken, die SPD sei die einzige Freundin der Menschen, die Kinder erziehen.
Ich will jetzt noch etwas zu dem Rentensplitting sagen. Die Sache mit dem Rentensplitting sieht doch nur auf den ersten Blick gut aus. Was ich daran so irritierend finde, ist das Bild vom Mann als dem Ernährer der Familie, das sich darin ausdrückt. Das ist für mich ein Familienbild aus den 50er Jahren.
Dieses Rentensplitting wirkt sich für die Frauen nur dann gut aus, wenn sie mit einem Mann verheiratet waren, der richtig gute Rentenanwartschaften hat, bei denen etwas zu teilen ist. Ich will keine Rentenpolitik mehr machen, die die Ehe als einen wichtigen Sicherungsmechanismus vorsieht. Ich will eine Rentenpolitik machen, die den Menschen eigenständige Rentenanwartschaften gibt.
Der Grund, warum ich Ihrem Rentensplitting nicht traue, ist folgender: Die Tatsache, daß Frauen schlechtere Einkommen haben, ist Ausdruck von patriarchalen Gesellschaftsstrukturen. Wenn Sie dieses Problem mit Rentensplitting lösen wollen, dann wollen Sie es innerhalb der Institution Ehe lösen, anstatt ein gesellschaftliches Problem durch eine grundlegende, rabiatere Reform im Rentensystem gesellschaftlich zu lösen.