Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den letzten Tagen hat die Umweltpolitik weltweit wieder mehr Aufmerksamkeit erlangt, aber offensichtlich überhaupt nicht bei den Grünen. Im Verlauf dieser Debatte spricht noch nicht einmal ein Umweltpolitiker der Grünen; sie sind noch nicht einmal anwesend, und Herr Fischer, der hier vorher einen auf Umweltpolitik machte, absentiert sich dann, wenn über Umweltpolitik verstärkt diskutiert wird. Das finde ich unerhört.
Im übrigen hat das Thema auch bei der SPD nicht mehr Aufmerksamkeit gefunden. Herr Kollege Müller, ich weiß gar nicht, wie Sie sich mit dieser Überzeugung hier hinstellen können, da doch Herr Schröder gerade in den letzten Tagen erklärt hat, daß er der Umweltpolitik den Kampf ansagt. Räumen Sie doch erst einmal Ihren eigenen Laden auf,
Birgit Homburger
bevor Sie sich hier hinstellen und die Regierung kritisieren!
Es ist vollkommen richtig, daß dieser Diskurs über Umweltpolitik international und auch national stattfindet, und dazu haben sowohl die Konferenz in Denver als auch die UN-Sondergeneralversammlung beigetragen. Das war auch eines der Ziele. Mit Sicherheit haben auch die Initiativen von Bundeskanzler Dr. Kohl und der deutschen Delegation wesentlich dazu beigetragen. Ich hoffe im Interesse der Umweltpolitik und einer nachhaltigen Entwicklung, daß dieses öffentliche Interesse für weitere Fortschritte bei den Folgeverhandlungen sorgen wird.
Deshalb kann ich auch die düstere und fatalistische Bilanz, die die SPD und die Grünen hier gezogen haben, überhaupt nicht teilen. Es sind doch Entwicklungen angestoßen worden; es ist doch nicht so, daß seit der Konferenz in Rio de Janeiro nichts passiert ist. Jetzt kommt es darauf an, daß die sich neu entwickelnde Dynamik der letzten Tage genutzt wird, um bis zur Konferenz in Kyoto zu ordentlichen Vereinbarungen zu kommen.
Wenn Herr Fischer hier kritisiert hat, die gemeinsame Erklärung des Kanzlers Kohl mit den Präsidenten Brasiliens und Südafrikas und dem Premier von Singapur stehe unter dem Motto, das könnte man ja so machen, weil die Ablehnung gesichert sei, dann kann ich nur sagen: Er muß bei dieser Bemerkung wohl an den Zustand bei den Grünen gedacht haben.
Wie steht es denn um die Forderung, die die Grünen im Bundestagswahlprogramm aufgestellt haben, wegen der CO2-Relevanz der Steinkohle einen Ausstieg aus dieser vorzunehmen? - Das kann man ja einmal fordern, weil man weiß, daß es nicht kommt. - Aber Sie sind davon zwischenzeitlich selbst wieder abgerückt, meine Damen und Herren von den Grünen. Sie haben nämlich vor kurzem bei den Demonstrationen in Bonn für den kurzfristigen Jubel der Massen Ihre Grundsätze über Bord geworfen.
Wenn ich an Ihre bürokratischen und überzogenen Vorstellungen zu Bodenschutz, Naturschutz oder zu Ihrem Ökosteuerkonzept denke, so scheinen mir diese auch unter dem Motto zu stehen: So etwas kann man ja einmal vorschlagen, denn es wird ohnehin so nicht kommen. - Aber, meine Damen und Herren von den Grünen, trotzdem mußte es dreimal nachgebessert werden. Ich finde, das ist blamabel.
Der Unterschied zwischen dem Zustand bei Ihnen und dem bei uns ist, daß unsere Vorschläge mitnichten chancenlos sind, wenn wir dafür international kämpfen. Wir haben auf diesem Gebiet bereits einen erheblichen Fortschritt erzielt, indem wir auf der europäischen Ebene eine Einigung erreicht haben und jetzt gemeinsam mit allen europäischen Partnern auf diesen Konferenzen für gleiche Ziele streiten.
Aber nicht nur die Tagungen von Denver und New York sind von umweltpolitischer Bedeutung, sondern auch die Gipfelkonferenz von Amsterdam. Das hat man heute kaum mit einem Wort gewürdigt. Die dort durchgeführte Konferenz verdient in umweltpolitischer Hinsicht eine positive Betrachtung. Die dabei erzielte Einigung über den Vertrag über die Europäische Union hat auch umweltpolitische Verbesserungen gebracht. So sind zum Beispiel deutlich mehr und positivere Entscheidungen zum vertraglichen Naturschutz in Europa erreicht worden, als es zu Beginn der Konferenz überhaupt gedacht wurde. So ist zum Beispiel das Ziel der nachhaltigen Entwicklung ausdrücklich in die Präambel des EU-Vertrags aufgenommen worden, und die Förderung
eines hohen Maßes an Umweltschutz und an Verbesserung der Qualität der Umwelt wird zur Aufgabe der gesamten Gemeinschaft gemacht,
das heißt, auch zur Aufgabe von Europäischem Rat und Europäischem Parlament. Ich halte das für einen ganz wesentlichen Fortschritt.
An dieser Stelle danke ich auch der deutschen Delegation und dabei ganz besonders auch für den Einsatz des Regierungsbeauftragten Staatsminister Dr. Hoyer, ebenso Herrn Dr. Kinkel.
Natürlich sind wir uns einig darin, daß der Prozeß wieder mehr in Schwung gebracht werden muß. Vorrangig müssen die Industrieländer, die für den Ausstoß von Treibhausgasen in besonderem Maße verantwortlich sind, ihre Bereitschaft zu verbindlichen Zusagen über die Verringerung der Treibhausgasemissionen erklären. Die Forderung der Europäischen Union nach einer Verringerung des CO2-Ausstoßes um 15 Prozent bis 2010 gegenüber 1990 ist dafür eine tragfähige Basis. Nur so, nämlich durch eigene Vorgaben, werden wir auch die Entwicklungsländer überzeugen, dabei mitzumachen.
Sie unterschätzen in dieser Diskussion vollkommen die gemeinsame Position, die wir in Europa erreicht haben und die ganz maßgeblich auf eine deutsche Intervention hin zustande gekommen ist. Das ist eine ganz wichtige Sache. Ohne eine gemeinsame europäische Position bei den CO2-Reduktionszielen - auch wenn wir uns mehr gewünscht hätten - würden wir schlicht überhaupt nichts erreichen.
Eine letzte Bemerkung, Herr Präsident, an den Kollegen Müller. Herr Kollege Müller, wenn Sie sich hier hinstellen und zum Thema CO2-Emissionen pro
Birgit Homburger
Kopf erläutern, daß es erhebliche Unterschiede zwischen den anderen europäischen Ländern und der Bundesrepublik Deutschland gibt, dann müssen Sie ehrlicherweise auch sagen, wer die Nutzung des Steinkohlebergbaus weiterhin stärker subventionieren will. Das ist doch nicht die F.D.P.; das ist doch die SPD.
Wenn Sie von solchen Zahlen reden, dann sollten Sie auch ganz klar und deutlich sagen, ob Sie in diesem Fall eine stärkere Nutzung der Kernenergie wollen oder nicht. Denn auch die trägt zu einer verringerten CO2-Bilanz der anderen europäischen Länder bei.
Meine Damen und Herren, ich bin am Ende meiner Redezeit. Ich kann nur sagen, die bisherigen Konferenzen haben dazu beigetragen, daß wir jetzt wieder -