Rede von
Dr.
Klaus W.
Lippold
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier ist heute mehrfach das Wort „vollmundig" gefallen. Der Kollege Scharping hat es genannt; der Kollege Schwanhold hat es aufgegriffen. Es wurde gesagt, unsere internationale Politik zum Umweltschutz greife vollmundig etwas auf, was wir im nationalen Bereich nicht schafften.
Wie sieht es aus?
Die Probleme der Luftbelastung sind so gut wie gelöst. Dies gilt nicht nur für die stationären Anlagen, sondern auch bei Kraftfahrzeugen wird die Luftbelastung ... beim Stickoxyd wenigstens so weit zurückgegangen sein, daß Sommersmog ... keine Rolle mehr spielt. Das Dioxinproblem ist abgehakt. Bis auf kleine Randprobleme ... gibt es keinen größeren Handlungsbedarf.
Das sagt nicht der Kollege Lippold, Herr Fraktionsvorsitzender; das sagen die Kollegen Clement und Vahrenholt.
Ich sage: Die beiden haben recht. Das ist nachhaltige Entwicklung.
Der Kollege Schauerte hat von einer verengten Sicht der Dinge gesprochen. Nein, Sie haben keine verengte Sicht der Dinge; Sie sehen die Dinge überhaupt nicht. Das ist doch die Sachlage.
Jetzt zur Abwasserproblematik.
Auch die Abwasserproblematik ist hierzulande gelöst, das gilt sowohl für kommunale Kläranlagen als auch für industrielle Direkteinleitungen. Auch hier geht es nur noch um kleine Randprobleme.
Dr. Klaus W. Lippold
Auch das sagt nicht der Kollege Lippold; das sagen die Kollegen Clement und Vahrenholt.
Ich sage: Das ist nachhaltige Entwicklung. Das sehen Sie nicht, weil Sie die Augen zumachen und nicht wissen, wovon Sie reden.
Weiter:
Die Probleme der Abfallwirtschaft sind technisch gelöst, leider wird in dem Land, in dem die Supertechnik der thermischen Verwertung entwickelt worden ist, dieselbe nur zögerlich angewandt.
Auch das sagen Herr Clement und Herr Vahrenholt.
Ich sage: Das ist ein Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung. Sie sehen das nicht, weil Sie die Augen zumachen, Herr Kollege. Es ist nicht eine verengte Sichtweise.
Ich ziehe noch einmal die Konsequenz, und zwar wiederum mit Clement und Vahrenholt. Sie sagen:
Es ist nicht zu verkennen, daß um uns herum weltweit die Ökosysteme zusammenbrechen, aber wer den Fortschritt der Umweltentlastung hierzulande nicht zur Kenntnis nimmt, kommt zu falschen Prioritäten.
Ich füge hinzu: Sie kommen dann nicht nur zu falschen Prioritäten, sondern auch zu falschen Schlußfolgerungen. Deshalb war Ihre Rede im Kern verfehlt. Das war aber nicht das erste Mal in diesem Hause. Das erleben wir häufiger.
Sie gehören zu der Kategorie Sozialdemokraten, von denen Dohnanyi gesagt hat: Viele in der Sozialdemokratie stehen auf Bahnhöfen, auf denen die Züge dieser Zeit längst nicht mehr abfahren. Recht hat von Dohnanyi.
Sie gehören dazu. Sie stehen auf dem Abstellgleis. Und dann kommen Sie hierher und wollen unsere Umweltpolitik kleinreden. Ich sage Ihnen: So geht das nicht. Das gilt auch für andere Bereiche.
- Ich weiß, das ist Ihnen unangenehm. Es muß aber einmal gesagt werden.
Ich weiß auch, daß der Kollege Clement im Moment einige Schwierigkeiten hat, weil er gesagt hat, Rau müsse abtreten. Er könnte auch zu einigen anderen sagen, sie sollten abtreten. Das aber wollen wir hier nicht vertiefen. Wir wollen nicht vom Problem ablenken.
Kommen wir zu den eigentlichen Punkten, zunächst zur mobilen Verkehrspolitik. Dazu steht in diesem hervorragenden Papier von Clement, daß der Transrapid eine umweltfreundliche Einrichtung sei. Das möge er doch einmal in Ihrer Fraktion sagen. Hier sitzen reihenweise diejenigen, die das bestreiten, diejenigen, die das nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage ganz deutlich: Wer in dieser Art und Weise unverantwortlich Politik betreibt, der gehört ins Abseits.
Jetzt ein Wort zum Kollegen Fischer, der auf den Artenreichtum abgestellt hat. Ich will eines sagen: Man sollte nicht einseitig diskutieren. Herr Fischer weiß, daß wir durch die nachhaltige Politik, die wir in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt haben, im Rhein wieder einen Artenbesatz wie vor gut 100 Jahren haben. Das heißt: Wir haben es dank unserer schonenden, unserer vorsorgeorientierten Umweltpolitik geschafft, wieder Arten zu haben, die lange Zeit als verloren galten. Das ist nur ein Beispiel dafür, daß wir uns auch in diesem Bereich in die richtige Richtung bewegen.
Ich sage ganz deutlich, daß die eine oder andere Position weiter ausgearbeitet werden muß. Aber wer in diesem Hohen Hause immer so tut, als gäbe es überhaupt keine Erfolge in der Umweltpolitik, der trägt dazu bei, daß die nachfolgenden Generationen den Glauben an die Zukunft verlieren. Das sollten Sie nicht tun.
Ich sage mit Hubert Markl ganz deutlich:
Nicht derjenige, der die meiste Angst verbreitet, beweist die größte Klugheit.
Das steht übrigens auch in dem Papier von Clement.
Das sollten Sie einmal nachlesen; ich kann es Ihnen rüberreichen. Es gibt in diesem Part einige Punkte, die Sie nacharbeiten müssen.
Jetzt zu den Themen Denver und Rio. Es ist in den Staaten der Dritten Welt Common sense - das wird nur bei der SPD verschwiegen -, daß die Umweltführerschaft der Bundesrepublik Deutschland nicht nur anerkannt, sondern auch begrüßt wird. Insbesondere die Inselstaaten im fernen Pazifik setzen darauf, daß ihre Überlebensstrategie, die wegen des Treibhauseffekts bedroht sein könnte, nur mit einer Politik, wie sie die Bundesrepublik Deutschland weltweit anführt, Erfolg haben kann. Wir werden von den AOSIS-Staaten gelobt, wir werden nicht getadelt. Getadelt werden wir von Ihnen. Aber ich habe ja gerade gesagt: Sie lesen nicht, was Ihre Kollegen schreiben. Die Staaten lesen, was wir schreiben. Sie hören auch, was wir sagen, und stellen fest, daß wir mit dem, was wir tun, recht haben.
Es ist eine klare Linie, die sich von Rio über Berlin weiterentwickelt hat. Als wir in Berlin über die ersten Protokolle sprachen, waren wir gemeinsam der Überzeugung, daß wir konkrete Reduktionsverpflichtungen brauchen. Aber wer hat denn auch in Berlin weitergetrieben? Der Kanzler zusammen mit Frau Merkel. Das ist anerkannt worden. Nur der Tatsache, daß er in der internationalen Diskussion jetzt wieder gedrängt hat, ist es doch zu verdanken, daß Clinton
Dr. Klaus W. Lippold
jetzt in zwei lauen Sätzen gesagt hat, sie wollten sich vielleicht doch noch bewegen.
Ich sage ganz offen: Was wäre denn, wenn die Sozialdemokraten, die immer mit staunenden Augen an den Lippen von Al Gore gehangen haben, ihn einmal mit den Maßstäben messen würden, mit denen sie uns messen? Es langt doch nicht, daß man ein schlaues Buch zum Umweltschutz schreibt, das Sie vergöttern, sondern man muß etwas tun.
Aber da himmeln Sie ihn an, und hier, wo etwas gemacht wird, kritisieren Sie. Das ist doch schizophren.
Einer solchen schizophrenen Politik kann man nicht zustimmen. So ist das.
Deshalb: Drängen Sie mit uns! Warum glauben Sie, bewegen sich denn die Japaner? Nur, weil wir in den vergangenen Jahren über intensive Konsultationen und über intensive Argumentation - nicht nur auf Regierungsebene, sondern auch mit den Parlamentariern - dafür gesorgt haben, daß sich hier etwas tut. Warum fragen sie uns denn heute, ob wir sie nicht bei der Übernahme der nächsten Weltausstellung unterstützen können? Weil sie die Themen, die wir in Hannover vorgegeben haben - Weltausstellung mit Umweltschutz - übernehmen müssen. Aber Sie sind noch nicht einmal komplett für Hannover. Auch da gibt es bei Ihnen noch Reaktionäre, die meinen, solche Ereignisse dürften in diesem Land nicht stattfinden.
Ich sage Ihnen: Mit dem, der mit dieser rückwärtsorientierten Politik vorgeht und der so wie Herr Scharping trotz Brille mit geschlossenen Augen durch die Lande geht,
kann man nicht vorankommen und auch keine Jugendlichen überzeugen.
Ich bin dafür, daß wir die verbleibende Zeit bis Kyoto nutzen und daß wir einfordern, was der amerikanische Präsident - für meine Begriffe viel zu vage - in der letzten Nacht gesagt hat, nämlich daß dies wirklich Realität wird. Wir brauchen in Kyoto keine schwammigen Absichtserklärungen, sondern ein konkretes Reduktionsprotokoll. Das schaffen wir nur mit dieser Bundesregierung. Bis dahin wird Herr Scharping vielleicht gelesen haben, was die Genossen Clement und Vahrenholt geschrieben haben.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.