Rede:
ID1317906200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 11
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. jetzt: 1
    5. die: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Ulrike: 1
    8. Höfken,: 1
    9. Bündnis: 1
    10. 90/Die: 1
    11. Grünen.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/179 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 179. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Juni 1997 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 16101 A Zusatztagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortsetzung der wirtschaftlichen Förderung in den neuen Ländern (Drucksache 13/7792) 16101 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag des Abgeordneten Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aufbau Ost braucht langen Atem (Drucksache 13/7789) 16101 B Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 16101 C Dr. Manfred Stolpe, Ministerpräsident (Brandenburg) 16103 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16104 C Jürgen Türk F.D.P 16106 B Dr. Christa Luft PDS 16107 C, 16114 D Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 16109 B Ernst Schwanhold SPD . . . . 16111 A, 16115 C Hans-Peter Repnik CDU/CSU . 16112 D, 16116 A Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 16115 D Wolfgang Ilte SPD 16116 C Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU . . . 16117 B Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . 16119 B Hansgeorg Hauser, Parl. Staatssekretär BMF 16121 C Wolfgang Ilte SPD 16122 A Tagesordnungspunkt 11: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Agrarbericht 1997 - Agrar- und ernährungspolitischer Bericht der Bundesregierung (Drucksachen 13/ 6868 und 13/6869 [Materialband]) . . 16123 C b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregireung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (Drucksachen 13/6618, 13/7429) . 16123 C c) Große Anfrage der Abgeordneten Matthias Weisheit, Horst Sielaff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Forschung und Forschungsförderung des Bundes im Bereich Ernährung, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Holzwirtschaft sowie der Entwicklung ländlicher Räume (Drucksachen 13/2503, 13/3337) . . . 16123 D d) Antrag der Abgeordneten Horst Sielaff, Adelheid Tröscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zusammenarbeit in der internationalen Agrarforschung verbessern (Drucksache 13/7678) 16123 D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias Weisheit, Anke Fuchs (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rahmenkonzept für die Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernäh- rung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 13/2906, 13/4997) . . . 16124 A f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst Bahr, Ilse Janz, Christel Deichmann sowie weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD: Künftige Ressortforschung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 13/4452, 13/5944) 16124 A g) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Fortsetzung der Garantiemengenregelung Milch und Stärkung der Position der milcherzeugenden Betriebe - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Milchquotenregelung in den neuen Ländern - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Anke Fuchs (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Produzierende Milcherzeuger stärken (Drucksachen 13/7180, 13/4905, 13/ 5751, 13/7742) 16124 A Jochen Borchert, Bundesminister BML 16124 C Horst Sielaff SPD 16127 C Günther Bredehorn F.D.P. . . 16128 C, 16140A Egon Susset CDU/CSU 16130 A Horst Sielaff SPD 16130 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16133 A Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 16134 C, 16138 B Günther Bredehorn F.D.P. 16135 A Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16135 B Dr. Günther Maleuda PDS 16137 A Albert Deß CDU/CSU 16139 A Reinhold Hemker SPD 16141 B Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16143 A Ulrich Heinrich F D P. 16144 A Jella Teuchner SPD 16145 C Ulrich Junghanns CDU/CSU 16147 AZusatztagesordnungspunkt 11: Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens (Drucksache 13/7848) . . 16149 C Zusatztagesordnungspunkt 12: Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Verfahrens vor dem Anwaltsgerichtshof (Drucksache 13/7849) 16149 C Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Gudrun Schaich-Walch, Wolf-Michael Catenhusen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marina Steindor und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten (Drucksache 13/7801) 16149 D Nächste Sitzung 16150 C Berichtigung 16150 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16151* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten) Gudrun Schaich-Walch SPD 16151* D Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16153* A Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. . . . 16153* C Wolfgang Bierstedt PDS 16153* D Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 16154* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 16155* A 179. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Juni 1997 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 178. Sitzung, Seite 15 995 A, 4. Zeile von oben: Statt „unverstärkt" ist „und verstärkt" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bachmaier, Hermann SPD 6. 6. 97 Berger, Hans SPD 6. 6. 97 Blunck, Lilo SPD 6. 6. 97 Böttcher, Maritta PDS 6. 6. 97 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 6. 6. 97 Dreßler, Rudolf SPD 6. 6. 97 Formanski, Norbert SPD 6. 6. 97 Fuchs (Köln), Anke SPD 6. 6. 97 Gansel, Norbert SPD 6. 6. 97 Göllner, Uwe SPD 6. 6. 97 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 6. 6. 97 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 6. 6. 97 Jung (Limburg), CDU/CSU 6. 6. 97 Michael Köhne, Rolf PDS 6. 6. 97 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 6. 6. 97 Dr. Graf Lambsdorff, F.D.P. 6. 6. 97 Otto Dr. Leonhard, Elke SPD 6. 6. 97 Limbach, Editha CDU/CSU 6. 6. 97 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 6. 6. 97 * Erich Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 6. 6. 97 Dr. Pfaff, Martin SPD 6. 6. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 6. 6. 97 ** Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 6. 6. 97 Hermann Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 6. 6. 97 Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Scharping, Rudolf SPD 6. 6. 97 Schloten, Dieter SPD 6. 6. 97 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Schütz (Oldenburg) SPD 6. 6. 97 Dietmar Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 6. 6. 97 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Terborg, Margitta SPD 6. 6. 97 * Verheugen, Günter SPD 6. 6. 97 Voigt (Frankfurt), SPD 6. 6. 97 Karsten D. Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Wallow, Hans SPD 6. 6. 97 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 6. 6. 97 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 6. 6. 97 Margareta 90/DIE GRÜNEN Zierer, Benno CDU/CSU 5. 6. 97 Zwerenz, Gerhard PDS 5. 6. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * Für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten) Gudrun Schaich-Walch (SPD): 1993 faßte die Generalkonfrenz der UNESCO den Beschluß, ein internationales Rechtsinstrument zum Schutz des menschlichen Genoms zu erarbeiten. Seither hat das dazu eingesetzte Bioethik-Komitee der UNESCO unter Vorsitz von Frau Lenoir in mehreren Etappen Entwurfstexte zu einer Deklaration zum menschlichen Genom und zu den Menschenrechten erarbeitet. Der aktuelle Entwurf stammt vom Dezember 1996. Ende dieses Monats soll eine Regierungsexpertentagung zur abschließenden Bearbeitung des Entwurfs zusammentreffen mit dem Ziel, die Deklaration Ende des Jahres der UNESCO-Generalkonferenz zur Beschlußfassung vorlegen zu können. Die Bundesregierung hat angekündigt, weitere Änderungsanträge bei dem Treffen vom 22. bis 25. Juli in Paris einzubringen. Wir möchten gerne wissen, welche Änderungsanträge die Regierung bisher gestellt hat und welche nun gestellt werden sollen. Wir hoffen, daß die Haltung der Bundesregierung bei den jetzigen Verhandlungen ihre Haltung bei der Ausgestaltung des Menschenrechtsübereinkommens zur Biomedizin des Europarats widerspie- gelt. Denn hierbei konnten wir ein hohes Maß an Übereinstimmung feststellen. Worin wir jedoch nicht übereinstimmen, sind die Verfahrensweisen. Diese Abkommen werden an der Öffentlichkeit und am Deutschen Bundestag vorbei verhandelt. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Deutsche Bundestag hat sich mit den Inhalten dieser Deklaration bislang nicht befaßt, obwohl die Arbeiten in diesem Jahr abgeschlossen werden sollen. Diese Handhabung folgt dem alten Muster, das wir schon von den Arbeiten zur sogenannten Bioethik-Deklaration des Europarats kennen. Es findet kein breiter gesellschaftlicher Diskurs statt - das Parlament wird nicht einbezogen -, obwohl internationale Vereinbarungen zur Debatte stehen, die von großer Bedeutung für die Zukunft sind und Themen betreffen, die grundsätzliche ethische Bewertungen beinhalten. Die Öffentlichkeit und auch das Parlament werden durch die Presse informiert, ohne eine wirkliche Chance zu bekommen, ihre Kritik und ihre Anregungen zu Gehör zu bringen. Ein solches Verfahren ist intransparent und nicht dazu angetan, das Vertrauen der Menschen in die Politik zu stärken. Es ist unsere Aufgabe, Festlegungen, die die unveräußerlichen Rechte des einzelnen berühren, durch einen Diskussionsprozeß zu begleiten und möglichst vielen Stimmen Gehör und Einfluß zu verschaffen. Aus diesem Grund stellen wir heute diesen Antrag. Der Deutsche Bundestag, die demokratisch gewählte Volksvertretung, muß die Möglichkeit zu einer Stellungnahme haben. Vorausgehen muß eine umfassende Information durch die Bundesregierung und die Mitglieder der Kommission. Dies ist eine Möglichkeit, die Deklaration auf breiterer Ebene zu diskutieren. Die von der Öffentlichkeit geübte Kritik am Deklarationsentwurf muß sehr ernst genommen werden. Wir müssen uns mit diesen Argumenten auseinandersetzen. Die multinationalen Bestrebungen zu einer gemeinsamen Vereinbarung scheinen von einem entscheidenden Fehler geprägt zu sein: Sie nehmen die Freiheit der Forschung als Ausgangspunkt und ringen dann müheselig um die Eingrenzung dieser Forschungsfreiheit durch die Präzisierung der Rechte des einzelnen. Beispielsweise sind Grenzen, wie sie in unserem Embryonenschutzgesetz bestehen, nicht vorgesehen. Wie kann es dann jemanden wundern, wenn sich Menschen zu Versuchspersonen herabgewürdigt sehen, wenn sie den Eindruck haben, daß nicht eigentlich die Menschenrechte durch solche Deklarationen und Konventionen geschützt werden sollen, sondern lediglich die Forschungsfreiheit einen möglichst großen Handlungsrahmen bekommen soll. Die Forschung und ihre Ergebnisse sollen dem Menschen dienen und nicht umgekehrt. Formulierungen wie die, das menschliche Genom sei das gemeinsame Erbe der Menschheit, lassen die Frage entstehen, ob das gemeinsame Erbe das Recht auf eine gemeinsame Nutzung einschließt. Kann denn ein Gedanke wie der, die Ressourcen der Natur seien ein gemeinsames Gut, das durch alle gemeinsam genutzt werden kann, einfach auf das menschliche Genom übertragen werden? Macht dies den einzelnen nicht zum Verpflichteten, indem die moralische Verpflichtung nahegelegt wird, die Eingriffe in seine körperliche Unversehrtheit zu dulden, wenn es denn für die Menschheit insgesamt einen Vorteil verspricht? Ich denke, dies sind Fragen unter vielen, die wir diskutieren müssen. Ein solch utilitaristischer Gedanke wird deutlich in der Formulierung, daß bei einwilligungsunfähigen Personen die Zustimmung durch Dritte ersetzt werden kann, wenn die Interessen des Betroffenen als Individuum oder als Mitglied einer bestimmten Gruppe berührt sind. Dahinter steckt der Gedanke, der auch in der Bioethik-Deklaration des Europarats steckt, nämlich die fremdnützige Forschung an einwilligungsunfähigen Personen möglich zu machen. In einer Zeit, wo der Fortschritt in den Naturwissenschaften und der Medizin in völlig neue Dimensionen eintritt, Huxleys „Schöne neue Welt" technisch schon machbar ist und die Diskussion nun um die ethischen Grenzen des Machbaren geht, dürfen staatliche Vereinbarungen nur im gesellschaftlichen Diskurs getroffen werden. Die Politik muß sich darüber klar sein, daß ihre durch Wahlen verliehene Handlungskompetenz hier die Grenze dessen erreicht hat, was in normaler Entscheidungsfindung und Umsetzung geregelt werden kann. Denn es geht nicht um die Lösung von Problemen in einem gesellschaftlich schon definierten und akzeptierten Rahmen, sondern darum, die Grenze dessen zu finden, was ethisch und gesellschaftlich gewollt ist, und diese gegebenenfalls neu zu definieren. Es geht um die Frage: Darf der Mensch alles, was möglich ist, auch realisieren? Was ist mit einem Verbot der Keimbahntherapie, des Klonens von Menschen und der Patentierungsfähigkeit des menschlichen Genoms? Was ist mit dem Verbot der Experimente mit Embryonen für Forschungszwecke? Eine mögliche Freigabe öffnet erst den Weg zum Klonen. Wir müssen nicht erst über das Ende der Kette, sondern über den Beginn und die Ziele reden, die damit verbunden sind. Heute haben wir in Deutschland noch einen gemeinsamen politischen Konsens hinsichtlich der Keimbahntherapie und des Klonens. Wir wollen diese Verbote, festgeschrieben im Embryonenschutzgesetz, festigen und nicht aufweichen. Damit wir überhaupt die Chance dazu haben, müssen wir uns wo nur irgend möglich in internationalen Gremien dafür einsetzen, daß so viele andere Nationen wie möglich sich dieser Haltung anschließen. Gelingt es uns nicht, so werden alle unsere Bemühungen und unsere bestehenden Gesetze den drohenden Dammbruch kaum mehr verhindern können. Als weiteres Beispiel möchte ich die Patentierungsfrage aufgreifen. Auch sie ist bei uns viel kontroverser; man sehe sich die Auseinandersetzungen um die Patentierungsrichtlinie der EU an. Wir würden gerne wissen, welche Haltung die Bundesregierung hierzu einnimmt. Für die SPD kann ich klar sagen, daß für uns die Isolierung und Definition eines Gens ledig- lich eine Entdeckung und keine Erfindung und damit auch nicht patentierungsfähig ist. Diese Beispiele verdeutlichen, daß die Diskussion um den Konventionstext dringend erforderlich ist. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, ihre Haltung darzustellen und die Voten der zuständigen Ausschüsse bei den weiteren Verhandlungen zu berücksichtigen. Manna Steindor (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die sogenannte Bioethik ist gesellschaftlich ein außerordentlich sensibles Thema, wie uns die Debatten um die nun in „Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin" umgetaufte Bioethik-Konvention des Europarates gezeigt haben. Es kann aber keine Bioethik und kein Völkerrecht erster und zweiter Klasse geben. Wenn ein Abkommen der „Rede" im Bundestag wert ist, dann muß das auch für jedes weitere völkerrechtliche Abkommen gelten. Bei genauer Betrachtung der UNESCO-Bioethik-Deklaration wird diese Frage sogar zu einer Frage der Glaubwürdigkeit. Schon die Menschenrechtskonvention zur Biomedizin des Europarats ist weiterhin in diesem Hause umstritten und genügt schon gar nicht den bündnisgrünen Kriterien zum Schutz der Menschen vor Gen-und Reproduktionstechnologien. Betrachtet und bewertet man aber den vorliegenden Entwurf für die Bioethik-Deklaration der UNESCO, so wird selbst das Schutzniveau der Europaratskonvention noch unterschritten und damit relativiert. Die UNESCO-Bioethik-Deklaration, die keinen völkerrechtlich verbindlichen Status haben wird, ist nur als „unsägliches" Papier zu bezeichnen. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Deklaration nicht weiter zu unterstützen und auf eine Generalrevision des Textes zu drängen. Deshalb setzen wir uns mit diesem gemeinsamen Antrag mit der SPD dafür ein, daß in diesem Hause eine intensive Beratung erfolgt und der Bundesregierung Empfehlungen an die Hand gegeben werden. Die UNESCO wollte im Analogieschluß zu Meeresboden, Mond, bestimmten Naturressourcen und Kulturgütern dem menschlichen Genom mit der Verleihung des Etiketts „Erbe der Menschheit" den höchsten Schutz verleihen. Mit dem gleichzeitigen Schutz der Menschenrechte kommt es aber in der Erklärung zu einem systematischen Widerspruch: zwischen Individualrechten und der Schutzwürdigkeit populationsgenetischer Strukturen, zwischen einem höheren Ganzen und dem einzelnen. Das Nebeneinander dieser beiden Schutzgüter in einem Abwägungsgleichgewicht macht den Deklarationsentwurf politisch unbrauchbar. In Deutschland weckt diese Konstruktion geradezu zwangsläufig Erinnerungen an das Erbgesundheitsgesetz der Nationalsozialisten, in dem die Volksgesundheit über dem einzelnen Menschen stand. Eugenik ist in diesem Deklarationsentwurf weiterhin als Option nicht ausgeschlossen. Workshops der UNESCO mit handverlesenen Teilnehmerinnen sind nicht ausreichend in bezug auf die gesellschaftliche Bedeutung dieses Themas. Mandat und Legitimation der UNESCO zum Abfassen einer derartigen Deklaration sind bis heute unklar. Bei der Erarbeitung nur mit Wissenschaftlern im kleinen Kreise des Internationalen Bioethik-Komitees (IBC) ohne ausreichende Partizipation von Mitgliedstaaten und Nichtregierungsorganisationen besteht ein eklatantes Demokratiedefizit. Eine Beratung dieses Konventionsentwurfs im Deutschen Bundestag ist deshalb geradezu eine moralische Pflicht. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann (F.D.P.): Das Thema Bioethik selbst, der Schutz des menschlichen Genoms, ist viel zu umfassend, viel zu wichtig, verlangt tiefergehende Befassung, als daß es in Fünfminutenbeiträgen auch nur annähernd seriös, der grundsätzlichen Bedeutung angemessen diskutiert werden könnte. Wir haben uns im Deutschen Bundestag schon seit Jahren mit der Gentechnik, den Fragen der Genomanalyse, der Gentherapie befaßt, und mit dem Embryonenschutzgesetz international vorbildlich einen Markstein gesetzt. Der Bundestag befaßt sich mit den wissenschaftlichen, den sozialen, vor allem aber auch mit den ethischen Kategorien der Reproduktionstechniken und dem ganzen Problemfeld des Klonens. Wir sind uns bewußt, daß diese ganze Thematik nicht allein im nationalen Rahmen geregelt werden kann; daß über die Bioethik-Konvention des Europarats hinaus international verbindliche Regelungen zwingend erforderlich sind, wie sie in dem Bioethics Committee der UNESCO in einer Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms und zu den Menschenrechten formuliert werden sollen. Ich bin der Meinung, es ist unbestritten, daß wir bei der Befassung mit der Thematik den jeweils aktuellen Stand der Beratungen auf den Ebenen Europa und VN mit einbeziehen müssen und natürlich damit verlangen müssen, unsere Meinungen, Auffassungen, auch Vorschläge zu den europäischen und internationalen Konventionen bzw. Deklarationen einbringen zu können. Ich erkläre deshalb, daß ich den vorliegenden Antrag unterstütze. Wolfgang Bierstedt (PDS): Der vorliegende Entwurf der UNESCO-Deklaration „Zum Schutz des menschlichen Genoms" ist ein erneuter Beleg für den zu befürchtenden Siegeszug einer biomedizinischen Ethik, die allein einen Rahmen abgibt für die rechtliche Absicherung, ethische Legitimierung und programmatische Vorbereitung eines zweifelhaften biowissenschaftlichen Fortschritts, in diesem Fall der Humangenetik und Reproduktionsbiologie. Ein internationales Bioethik-Komitee hat diese Deklaration erarbeitet, dessen Legitimation mehr als fragwürdig und dessen Zusammensetzung bei genauerem Hinsehen völlig unakzeptabel ist. Unter den Mitgliedern sind so einige Kandidatinnen und Kandidaten, die schon aus bioethischen Diskussionen unrühmlich bekannt sind, erinnert sei auch an das ursprüngliche deutsche Mitglied Hans-Martin Sass, der schon lange für Keimbahnmanipulation und Präimplantationsdiagnostik eintritt. Die Art und Weise, wie diese Deklaration entstanden ist, nämlich ohne größere öffentlich wahrnehmbare Diskussion, entspricht nicht den Anforderungen an einen Text, der weltweit ethische Grundprinzipien festhalten oder aufstellen will. Ich finde es bezeichnend, daß genau die Bioethikerinnen und Bioethiker, die immer wieder von Wertepluralismus und den Grundprinzipien sprechen, auf die sich die gesamte Gesellschaft verständigen soll, möglichst allein hinter geschlossenen Türen und über die für andere verbindlichen ethischen Prinzipien sprechen. Es ist doch grotesk, daß dieses Bioethik-Komitee in Artikel 13 der Deklaration die Einrichtung von unabhängigen, interdisziplinären und pluralistischen Ethikkomitees verlangt, Anforderungen, die es selbst nicht im mindesten erfüllt. Ich sehe diesen Entwurf der Deklaration insbesondere als Versuch an, dem Programm zur Entschlüsselung des menschlichen Genoms, den HUGO-Projekten, ein ethisches Mäntelchen zu geben und gleichzeitig sich die weltweite Zustimmung für eine ungehinderte industrielle Nutzung der Gene zu sichern. Wie anders soll sie interpretiert weden, wenn Klonierung und Keimbahnintervention nicht untersagt sein sollen, wie anders soll interpretiert werden, daß zur Patentierung von Genen nichts gesagt wird, in den Antworten zum Fragebogen des ersten Dossiers es sogar heißt, die UNESCO hätte nicht das Mandat, diese Frage zu klären. Andererseits die UNESCO sich das Mandat herausnimmt, den „informed consent", die informierte Zustimmung zu Forschung, Therapie und Diagnose, die das Genom des einzelnen betreffen, durch das Prinzip der „person's best interest"-Entscheidung durch Vertreter der Betroffenen auszuhöhlen. Ich frage mich, wer hat ihr dafür das Mandat erteilt? Der vorliegende Entwurf ist nicht nur in zahllosen Einzelpassagen völlig untragbar, er ist auch geprägt von einer fanatisch zu nennenden Fortschrittserwartung durch die Erforschung und technischen Nutzbarmachung der menschlichen Genome, der nicht nur jede vernünftige Grundlage fehlt, sondern die auch in einer Deklaration über ethische Grundsätze der Forschung und Eingriffe an Genomen überhaupt nichts verloren hat. Ich befürchte, daß dieser Entwurf der Deklaration nicht verbesserungsfähig ist, in der vorliegenden Form kann er nur eine deutliche Ablehnung erfahren. Ungeachtet dessen hätte ein Projekt, das weltweit wirklich tragfähige ethische Grundsätze für Humangenetik, Reproduktionsbiologie und auch deren industrielle Verwendung entwickeln will, unsere volle Zustimmung. Aus unserer Sicht würden zu diesen Grundsätzen zumindest das Verbot der Klonierung und Keimbahnintervention, das Verbot der Patentierung von Genen und das Festhalten am Grundsatz der freiwilligen individuellen Zustimmung zu jeglichen diagnostischen, therapeutischen und forschenden Eingriffen gehören. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister der Justiz: Der Entwurf enthält neben einem allgemeinen Abschnitt zum menschlichen Genom vor allem Bestimmungen über die Genomforschung, über die Rechte der Betroffenen und über die Bedingungen für die Ausübung der Forschungstätigkeit. Angesichts der stetigen Fortschritte in der biologischen und medizinischen Forschung ist das Anliegen der UNESCO grundsätzlich zu begrüßen. Denn die humangenetische Forschung und deren Anwendung dürfen unter keinen Umständen mit der Menschenwürde und den Menschenrechten in einen unvereinbaren Gegensatz geraten. Hierfür ist es aber unerläßlich, der Achtung der Menschenwürde gegenüber allen anderen Erwägungen den Vorrang einzuräumen. Leider besteht insoweit noch bei etlichen Punkten des Entwurfs ein erheblicher Diskussions- und Nachbesserungsbedarf. Die Bundesregierung hat das in ihrer Stellungnahme an die UNESCO auch klar zum Ausdruck gebracht: So muß das zentrale Anliegen der Deklaration - die Wahrung der Menschenwürde und der Menschenrechte beim Umgang mit dem menschlichen Genom - noch deutlicher herausgestellt werden, als es bisher der Fall ist. Außerdem fehlen wichtige Regelungskomplexe, beispielsweise Bestimmungen über ein Verbot von gezielten Eingriffen in die menschliche Keimbahn und zur Ächtung des Klonens von Menschen bisher völlig. Gleiches gilt auch für Regelungen zur Begrenzung der Embryonenforschung. Gerade in diesen Bereichen sind aber Regelungen aus Sicht der Bundesregierung unbedingt erforderlich, um Fehlentwicklungen vorzubeugen. Darüber hinaus haben wir - und ich kann das nur noch einmal nachdrücklich unterstreichen - klare Rahmenbedingungen für die Genomforschung gefordert, die bisher nur in Ansätzen vorhanden sind. Ob sich unsere weitreichenden Änderungsvorschläge durchsetzen lassen, wird sich erst im Sommer bei der Regierungskonferenz erweisen. Von deren Verlauf wird die künftige Haltung der Bundesregierung zur Deklaration entscheidend abhängen. Selbstverständlich werden wir den Deutschen Bundestag über diesen weiteren Verlauf der Verhandlungen in geeigneter Weise unterrichten. Eines aber kann ich Ihnen heute schon versichern: In einer Zeit, in der täglich neue biomedizinische Entdeckungen gemacht werden und in der das geklonte Schaf „Dolly" Zukunftsängste auslöst, wird die Bundesregierung das internationale Forum der UNESCO nutzen, um sich für ihre fundamentalen werthaften Grundsätze und Grenzen im Umgang mit dem menschlichen Genom einzusetzen! Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 712. Sitzung am 16. Mai 1997 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Erstes Gesetz zur Änderung des Weingesetzes - Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zu dem Schengener Übereinkommen vom 19. Juni 1990 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen - Justizmitteilungsgesetz und Gesetz zur Änderung kostenrechtlicher Vorschriften und anderer Gesetze (JuMiG) - Viertes Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes (4. FStrÄndG) - Zweites Gesetz zur Änderung von Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Seeschiffahrt - Gesetz zur Sicherung des Nachweises der Eigentümerstellung und der Kontrolle von Luftfahrtunternehmen für die Aufrechterhaltung der Luftverkehrsbetriebsgenehmigung und der Luftverkehrsrechte (Luftverkehrsnachweissicherungsgesetz, LuftNaSiG) - Gesetz über den Amateurfunk (Amateurfunkgesetz - AFuG 1997) - Gesetz zur Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften auf dem Gebiet der Energieeinsparung bei Haushaltsgeräten (Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz - EnVKG) - Gesetz zu dem Übereinkommen vom 23. Januar 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung der Französischen Republik, der Regierung des Großherzogtums Luxemburg und dem Schweizerischen Bundesrat, handelnd im Namen der Kantone Solothurn, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Aargau und Jura, über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften und örtlichen öffentlichen Stellen - Gesetz zu dem Europa-Mittelmeer-Abkommen vom 20. November 1995 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 5. Juni 1997 ihren Antrag „UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten" - Drucksache 13/7675 - zurückgezogen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 30. Mai 1997 ihren Antrag „Aussetzung des Rückübernahmeabkommens mit Algerien" - Drucksache 13/7707 - zurückgezogen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehender Vorlage absieht: - Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über die Tagung der Versammlung vom 2. bis 5. Dezember 1996 in Paris - Drucksachen 13/6945, 13/7209 Nr. 1.2 - Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat mit Schreiben vom 23. April 1997 einen Zweiten Bericht der Bundesrepublik Deutschland nach dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen übersandt. Der Bericht ist als Ausschußdrucksache 542 des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit verteilt. (Zu weiteren Möglichkeiten des Zugangs vgl. Hinweis in Drucksache 13/ 7865.) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Innenausschuß Drucksache 13/7216 Nr. 2.4 Drucksache 13/7306 Nr. 2.5 Sportausschuß Drucksache 13/4921 Nr. 3.1 Drucksache 13/4921 Nr. 3.2 Drucksache 13/4921 Nr. 3.3 Drucksache 13/4921 Nr. 3.4 Finanzausschuß Drucksache 13/7541 Nr. 2.12 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/7117 Nr. 2.7 Drucksache 13/7117 Nr. 2.15 Drucksache 13/7216 Nr. 2.21 Drucksache 13/7456 Nr. 1.3 Drucksache 13/7456 Nr. 2.8 Drucksache 13/7456 Nr. 2.12 Drucksache 13/7456 Nr. 2.16 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/6129 Nr. 1.29 Drucksache 13/6129 Nr. 1.33 Drucksache 13/6861 Nr. 1.5 Drucksache 13/6861 Nr. 2.18 Drucksache 13/7017 Nr. 2.25 Drucksache 13/7456 Nr. 2.3 Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 13/6129 Nr. 1.32 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/7017 Nr. 2.20 Drucksache 13/7117 Nr. 2.11 Drucksache 13/7117 Nr. 2.19 Drucksache 13/7306 Nr. 2.15 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/6861 Nr. 1.4 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/7306 Nr. 2.24 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/7456 Nr. 2.13 Drucksache 13/7216 Nr. 1.3 Drucksache 13/7216 Nr. 1.5
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Egon Susset


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Samland hat das wiederholt, was Frau Wulf-Mathies in Brüssel fordert und was Frau Wieczorek-Zeul als eure Europaexpertin schon lange fordert, nämlich: Weg mit den Mitteln aus dem Agraretat, hin zu anderen Projekten.
    Daß auf Bundesebene - auch das wurde schon angesprochen - Mittel gekürzt wurden, bedauern wir. Aber waren es nicht ausschließlich SPD-regierte Länder, die seither nie bereit waren, die Mittel, die für die Gemeinschaftsaufgabe zur Verfügung gestellt werden, auch tatsächlich abzurufen? Das hat dann sicherlich zu diesem Ergebnis geführt.
    Meine Damen und Herren, ich komme im Verlauf meiner Ausführungen, wenn meine Redezeit es zuläßt, noch auf den einen oder anderen Punkt, der hier schon angesprochen wurde.
    Nach einem Gewinnanstieg im vergangenen Wirtschaftsjahr müssen die landwirtschaftlichen Betriebe im laufenden Wirtschaftsjahr leider wieder rückläufige Einkommen verkraften; das zeigt die Vorschätzung für das laufende Wirtschaftsjahr. Deutliche Gewinneinbußen zeichnen sich bei den Futterbaubetrieben ab.

    (Horst Sielaff [SPD]: Dramatische!)

    Die Lage der Milcherzeugungs- und Rindermastbetriebe - das ist der Großteil der Betriebe - ist so angespannt wie selten zuvor.

    (Horst Sielaff [SPD]: Richtig!)

    Eine der Ursachen dafür ist die BSE-Rinderseuche in Großbritannien. Auch das muß man sagen.
    Im Bereich der Sonderkulturen hatte lediglich der Obstbau einen mäßigen Gewinnanstieg. Daher müssen auch im Sonderkulturbereich Erschwernisse ver-

    Egon Susset
    mieden werden. Vor dem Hintergrund einer Diskussion, die zur Zeit überall geführt wird, sage ich: Es muß im Weinbau, im Obstbau und im Gemüsebau auch möglich sein, Saisonarbeitskräfte aus dem Ausland einzusetzen, solange der deutsche Arbeitsmarkt nicht in der Lage ist, zu zumutbaren Bedingungen entsprechende Arbeitskräfte anzubieten. Anderenfalls - das sage ich hier deutlich - würde die Existenz vieler Sonderkulturbetriebe aufs Spiel gesetzt. Das möchte ich hier festgehalten haben.
    Die Betriebsergebnisse in der Landwirtschaft variieren in Abhängigkeit von der Betriebsform und der Betriebsgröße sowie von Region zu Region. Unternehmerischer Einsatz und Nutzung von Rationalisierungsreserven unter anderem durch Kooperation machen sich bezahlt. Dies wird im Bericht immer wieder bewiesen.
    Der Strukturwandel hat sich vor dem Hintergrund nicht gerade günstiger Perspektiven beschleunigt.

    (Horst Sielaff [SPD]: Auch das ist richtig!)

    Die strukturelle Anpassung muß verkraftbar sein. Daher lassen sich strukturelle Schwächen nicht von heute auf morgen beseitigen.
    Die wirtschaftliche Situation der Landwirtschaft in den neuen Ländern hat sich - auch dank der Förderung - weiter stabilisiert.
    Die Agrarpolitik hat die Rahmenbedingungen für eine gesicherte Zukunft der Landwirtschaft verantwortlich zu gestalten und die Entwicklung zu leistungsfähigen Betrieben zu unterstützen. Politik kann aber unternehmerisches Handeln und Eigenverantwortung nicht ersetzen.

    (Horst Sielaff [SPD]: Sehr gut!)

    Unsere Landwirte stehen im Wettbewerb mit ihren Kollegen in den anderen Mitgliedstaaten der EU und darüber hinaus. Vorrangig ist daher der Abbau von Wettbewerbsnachteilen der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft im europäischen Binnenmarkt. Sonderlasten der deutschen Landwirtschaft müssen beseitigt werden.
    Wir setzen auf eine termingerechte Einführung der gemeinsamen Währung Euro.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Mit der Währungsunion entfallen die Wechselkursrisiken, die in der Vergangenheit den deutschen Landwirten zu schaffen gemacht haben. Der Euro verringert die Kosten, verbessert die Wettbewerbslage und erhöht die Planungssicherheit.
    Auch hausgemachte Wettbewerbshemmnisse müssen angegangen werden. Im Ausschuß haben wir ein Bodenschutzgesetz verabschiedet. Gestern haben wir das Naturschutzgesetz verabschiedet. Sache der Länder ist es nun, überzogene Produktionsauflagen und bürokratische Hemmnisse in diesem Bereich soweit wie möglich abzubauen. Dies ist unabdingbar, um den unternehmerischen Handlungsspielraum unserer Landwirte zu erweitern und die Produktion kostengünstiger zu machen.
    Unredlich ist es, notwendige Sparmaßnahmen im nationalen Agrarhaushalt 1997 anzuprangern, wie gerade durch den Kollegen Sielaff geschehen, andererseits aber auf Kongressen, auf denen diejenigen vertreten sind, die das Sagen haben, anderes zu beschließen. Ich meine das, was der SPD-Europaabgeordnete Samland mit der von ihm geforderten Kürzung der EU-Mittel um 15 Milliarden DM künftig politisch umsetzen zu können glaubt.

    (Horst Sielaff [SPD]: Was sagt euch der Herr Bangemann?)

    - Herr Bangemann hat zumindest bisher so einen Blödsinn nicht gesagt. In dem Falle, daß er es sagen sollte, werden wir uns nicht scheuen, auch Herrn Bangemann von diesem Pult aus oder sonstwo zu sagen, was unsere Meinung ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Flächendeckende, standortgerechte Landbewirtschaftung läßt sich auf mittlere Sicht nur bei angemessenem Außenschutz gegenüber dem Weltmarkt und mit ausreichendem Stützungsniveau im europäischen Markt sichern.
    Zur Sicherung des Agrarstandorts Deutschland gehören auch Maßnahmen der Steuer- und Sozialpolitik.

    (Horst Sielaff [SPD]: Richtig!)

    Die ursprünglichen Pläne konnten verhindert werden, etwa die vorgesehene Abschaffung der Pauschalierung nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes. Damit bleibt der Land- und Forstwirtschaft auch weiterhin der Effekt der Steuervereinfachung erhalten.
    Die besonderen Wirtschaftsbedingungen der Land- und Forstwirtschaft erfordern weitere steuerpolitische Maßnahmen; darüber diskutieren wir zur Zeit. Steuerpolitik hat auch die Aufgabe, die Entwicklung der Landwirtschaft und ihre strukturelle Anpassung zu unterstützen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Im Ergebnis muß auch die Land- und Forstwirtschaft vor allem im mittleren Einkommensbereich an den Entlastungen durch die Reform teilhaben.
    Ich komme nun zur Sozialpolitik. Es wird sehr oft davon geredet, die Mittel würden nach dem Gießkannenprinzip zur Verfügung gestellt. Das ist nicht richtig. Die Sozialpolitik unterstützt auch die wirtschaftenden Betriebe.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Sogar in erster Linie!)

    In der Alterssicherung, der Kranken- und Unfallversicherung werden die beitragszahlenden Landwirte durch umfangreiche Bundesmittel entlastet. Das ist für die wirtschaftenden Betriebe wichtig.

    (Beifall bei der CDU/CSU Horst Sielaff [SPD]: Da entdecken Sie auf einmal die Sozialpolitik!)

    - Die Agrarsozialpolitik hat nicht die SPD erfunden, sondern es war die CDU/CSU.

    Egon Susset
    Die Agrarpolitik kann Entwicklungen nur flankieren und fördern. Die Betriebsinhaber müssen alle sich bietenden Chancen nutzen. So eröffnet zum Beispiel - der Bundesminister hat schon darauf hingewiesen - die kürzlich beschlossene Änderung des Bau- und Raumordnungsgesetzes mehr Gestaltungsspielraum und die Möglichkeit für zusätzliche Einnahmen. Landwirtschaftliche Gebäude können künftig auch im Außenbereich zum Beispiel für Handwerks- und Dienstleistungszwecke umgebaut werden. So wird der Strukturwandel vernünftig flankiert.
    Mit dem Gesetz zur Änderung der Gemeinschaftsaufgabe, das wir heute in zweiter und dritter Lesung beraten, schaffen wir die Grundlage für die Förderung der Gebäudeumnutzung. Durch Erwerbsalternativen im ländlichen Raum werden zusätzliche Einkommensquellen geschaffen.
    Im Marktfruchtbau muß für die Zukunft jegliche Verunsicherung durch Abkehr von Grundsatzentscheidungen vermieden werden. Die Reform von 1992 hat wichtige Ziele erreicht. Auf dieser Grundlage muß die gemeinsame Agrarpolitik weiterentwickelt und auf die sich einstellenden Veränderungen ausgerichtet werden. Preisausgleichszahlungen müssen auch in Zukunft verläßlich sein. Ein Abbau des Ausgleichs würde den Ackerbaubetrieben schaden und anderen Betrieben nicht nutzen.
    Der neuerliche Versuch der Kommission, den Preisausgleich zu reduzieren, zerstört die Glaubwürdigkeit. Es gibt weder von seiten des EU-Haushalts eine Notwendigkeit dafür, noch gibt es eine Überkompensation der Preissenkungen. Deshalb, sehr geehrter Herr Minister Borchert, haben Sie bei Ihrem Vorgehen gegen die Abbauvorschläge unsere volle Unterstützung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wer die Mittel für den Ausgleich kürzen will, verabschiedet sich von einer verläßlichen Politik. Wer die Ausgleichszahlungen mit zusätzlichen Umweltauflagen befrachten will, mutet den Landwirten Einkommenseinbußen zu.
    In der Milchviehhaltung und der Rindermast erwirtschaften unsere Landwirte 40 Prozent und damit den größten Teil Ihrer Verkaufserlöse. Zugunsten der durch BSE gebeutelten Rinderhalter sind Initiativen ergriffen worden, so etwa der staatliche Aufkauf von Rindfleisch und die volle Nutzung der Exportmöglichkeiten. Vor allem aber konnten durch gut geführte Verhandlungen seitens Minister Borcherts in Brüssel die Einbußen bei der Rinderhaltung durch Einkommenshilfen vermindert werden.
    Die Bundesregierung ist gut beraten - sie hat dabei die volle Unterstützung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion - , im Hormonstreit mit den USA das Brüsseler Einfuhrverbot weiterhin zu unterstützen;

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    denn unsere Verbraucher akzeptieren kein hormonbehandeltes Fleisch.

    (Zuruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Auch keine genmanipulierten Lebensmittel!)

    Unstrittig ist aber auch, daß dauerhaft weniger Rindfleisch erzeugt werden muß; denn der Trend weg vom Rindfleisch ist einfach da. Er muß durch vertrauensbildende Maßnahmen umgekehrt werden. Dazu brauchen wir eine lückenlose Herkunftskontrolle.
    Im Milchbereich müssen Entlastungsschritte erfolgen, um die Erlöse der Milchviehbetriebe zu stabilisieren. Die EG-Kommission muß ihre Preisdruckpolitik zugunsten einer verantwortlichen Erstattungs- und Beihilfepolitik aufgeben. Das zum Teil selbstherrliche Vorgehen der Brüsseler Verwaltungsausschüsse bei der Marktsteuerung ist dabei nicht hinnehmbar. Es muß künftig aber auch energisch gegen Dumping-Methoden im Lebensmittelhandel angegangen werden. Wenn Milcherzeugnisse von einigen marktbeherrschenden Lebensmittelketten unter Einstandspreis verramscht werden, wird jegliches Bemühen um stabilere Milchauszahlungspreise zunichte gemacht.
    Auch ist es höchste Zeit, das Bewußtsein für den Wert landwirtschaftlicher Produkte in der Bevölkerung wieder zu schärfen. Einen Beitrag hierzu muß natürlich auch die Molkereiwirtschaft leisten.
    Die europäische Landwirtschaft steht vor der Herausforderung einer von vielen Seiten gewünschten Marktliberalisierung. Aber es wäre unverantwortlich, die Landwirtschaft dem globalen Wettbewerb auszuliefern; denn ohne angemessenen Außenschutz kann sie ihre vielfältigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Aufgaben für die Gesellschaft nicht erfüllen. Damit läßt sich nur eine behutsame Öffnung im Marktbereich vereinbaren.
    Wir haben heute auch das Thema der künftigen Ressortforschung des BML auf der Tagesordnung. Aber ich sehe, daß meine Redezeit zu Ende ist. Ich möchte nur sagen, daß wir uns mit dem Problem entsprechend befaßt haben und daß wir auch weiterhin dafür sorgen werden, daß hier zumutbare Regelungen gefunden werden, weil wir meinen, die Bedeutung der Agrarforschung in Deutschland muß auch künftig sichergestellt sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich glaube, dieser Agrarbericht und vor allen Dingen auch die Zusammenarbeit zwischen Koalitionsfraktionen und Bundesregierung im vergangenen Jahr haben gezeigt, daß sich die deutsche Landwirtschaft und die Familien im ländlichen Raum auf uns verlassen können; denn für das, was auf SPD-Zukunftskongressen beschlossen wird, gibt es in unseren Fraktionen keine Mehrheit.
    Ich danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)




Rede von Michaela Geiger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Ulrike Höfken, Bündnis 90/Die Grünen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulrike Höfken-Deipenbrock


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Agrarbericht 1997 ist ein Vernebelungsbericht. Wir haben keine differenzierte Darstellung zwischen Ost und West mehr. Der Vergleich zum Vorjahr ist im Prinzip nicht mehr möglich. Die Haupterwerbsbetriebe werden erst ab einem Standardbetriebseinkommen ab 15 000 DM erfaßt.
    Notwendig ist aber nach wie vor ein Agrarbericht, der eine realistische Einschätzung der Lage in der Landwirtschaft ermöglicht, und zwar als Grundlage für die künftigen Politikentscheidungen. Wir fordern, daß es eine differenzierte Darstellung, die den vielfältigen Agrarstrukturen weiter gerecht wird, auch in Zukunft wieder gibt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Dennoch läßt sich auch mit diesem Zahlenmaterial feststellen, daß es eine weitere Verschlechterung der Lage der Landwirtschaft gibt. Die Subventionen übersteigen den Produktionswert der Landwirtschaft zum erstenmal. Die Anzahl der Betriebe hat um drei Prozent abgenommen. 55 000 Arbeitsplätze sind im letzten Jahr vernichtet worden. Das entspricht etwa einem Großbetrieb wie der BASF. Ich würde gerne einmal sehen, was Sie sagen würden, wenn ein solcher Großbetrieb schließen würde und wenn das nicht nur stillschweigend in der Landwirtschaft passierte. Die Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt sind auf jeden Fall vergleichbar.
    Die Betriebseinkommen im laufenden Wirtschaftsjahr drohen sich um etwa sechs Prozent zu verschlechtern. Obwohl jedes Jahr ein Niedergang im Agrarbereich zu verzeichnen ist und hier darüber diskutiert wird, gibt es keine Neuausrichtung und keine Handlung der Bundesregierung, die diese Entwicklung aufhalten würde.
    Sie, Herr Minister Borchert, sagen, es gebe einen unvermeidbaren Strukturwandel und die Notwendigkeit der sozialen Abfederung. Aber das, was Sie unter letzterem verstehen, ist offensichtlich etwas ganz anderes als das, was objektiv notwendig ist und was wir uns unter einer Modernisierung der Landwirtschaft im Blick auf die Zukunft vorstellen.
    Im Gegensatz zu den Entwicklungen in manchen anderen Wirtschaftsbereichen sind wir der festen Überzeugung, daß landwirtschaftliche Produktion gebraucht wird. 30 Milliarden Menschen mehr werden in Zukunft zu ernähren sein. Das kann nicht auf umweltzerstörerische Art und Weise in der Intensivproduktion geschehen, sondern nur, wenn die eigenen Produktionsgrundlagen erhalten bleiben und die Erzeugung von Lebensmitteln umwelt- und tiergerecht ist. Wir brauchen von daher die Landwirtschaft in Europa, und wir brauchen sie auch in Deutschland.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Insofern ist eine fehlende Neuausrichtung der Agrarproduktion unverzeihlich. Die Erfolge, die die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen wieder in ihren Entschließungsanträgen verkaufen, stehen im krassen Gegensatz zur Realität, zum Beispiel zur Finanzpolitik der Bundesregierung. Herr Sielaff hat bereits darauf hingewiesen. Die Steuerreformvorschläge der Bundesregierung sehen eine Mehrbelastung der Land- und Forstwirtschaft von bis zu 900 Millionen DM vor,

    (Horst Sielaff [SPD]: Hört! Hört! Günther Bredehorn [F.D.P.]: Falsch!)

    unabhängig von der Vorsteuerpauschale, zu der Sie hier so feiern, daß Sie das verhindern konnten.

    (Horst Sielaff [SPD]: Das ist die Realität! Günther Bredehorn [F.D.P.]: Das wird doch gegengerechnet!)

    An der Vernichtung des Projekts Euro basteln Sie als Bundesregierung mit aller Intensität selbst, wie wir in den letzten Debatten feststellen konnten.

    (Peter Harry Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Also Uli, jetzt komm mal zum Thema!)

    Dazu kommt die Kürzung der Gemeinschaftsaufgabe, bei der Sie die Schuld wieder auf die Länder schieben. Aber eine solche unattraktive Politik kann natürlich die Unterstützung der Länder nicht finden. Insofern gibt es eine Begründung, warum die mangelnde Akzeptanz immer weiter fortgeschrieben wird.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Sie kennen die Zusammenhänge tatsächlich nicht!)

    Es sind nicht nur die 500 Millionen, die von Bundesseite in bezug auf die Gemeinschaftsaufgabe gekürzt werden, sondern auch noch die Kofinanzierungsmittel. Für Nordrhein-Westfalen hat das alleine zu einem Minus von 36 Millionen DM für den ländlichen Raum geführt. Hinzu kamen die Verschleppung der PLANAK-Ausschüsse, ein Investitionsstau und eine mangelnde Planungssicherheit der Länder, die auf einer solchen Grundlage diese Mittel überhaupt nicht in Anspruch nehmen können und auch keine entsprechenden Planungen erstellen können. Dann beschweren Sie sich nicht, daß die Länder ihre Mittel nicht bereitstellen wollten.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Was Sie tun, ist, Pohlmann und seine Nachfolger in der Besteuerung für die gewerbliche Intensivlandwirtschaft besserzustellen, und noch nicht einmal die Möglichkeiten im Tierschutzgesetz haben Sie genutzt, um einer solchen Entwicklung der Konzentration der Tierhaltung wirklich entgegenzustehen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Horst Sielaff [SPD]: Dazu sagt die CDU/ CSU hier kein Wort!)

    - Genau, dazu wird kein Wort gesagt. - Es ist absehbar, daß die gesamte Landwirtschaft jedes Jahr weiter an die Wand gefahren wird, und zwar sehenden Auges. Als Beispiel will ich die Milchpolitik nennen.

    Ulrike Höfken
    Wir sind auch dafür, daß die produzierenden Betriebe in der Milchproduktion gestärkt werden. Aber wir sind auf keinen Fall dafür, daß die regionale Bindung in der Milchproduktion aufgegeben wird. Was Sie mit Ihrem Antrag, der nebulös genug ist, riskieren, und zwar auch sehenden Auges, ist,

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Ist gar nicht wahr!)

    daß die Milchproduktion aus den Grönlandgebieten abwandert. Was das für Konsequenzen hat, können Sie sich doch weiß Gott selber vorstellen.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Ist gar nicht wahr! Günther Bredehorn [F.D.P.]: Genau umgekehrt ist es!)

    - Sicher, es gibt zwei Anträge von Ihnen, die sich gegenseitig widersprechen. Aber dennoch haben Sie in Ihrem Antrag nichts von einer regionalen Bindung der Milchproduktion erwähnt. Aus den Diskussionen im Ausschuß weiß ich sehr wohl, daß es keine Mehrheit gefunden hat, einen solchen Schritt zu tun und die Grönlandproduktion weiter aufrechtzuerhalten. Die Milchproduktion wird sich auf die günstigen Standorte verlagern, und zwar in Ihrer Verantwortung.

    (Günther Bredehorn [F.D.P.]: Dort läuft die Milch hin! Wohin denn sonst?)

    Ein zweiter Punkt ist die Seuche BSE. Sie haben eben Herrn Sielaff angegriffen, was die Gegenfinanzierung zur Gemeinschaftsaufgabe angeht. Dem kann man auf jeden Fall entgegenhalten: Hätte man konsequent die Tierseuchen bekämpft und vorbeugend Maßnahmen ergriffen, wäre es zu einem derartigen Finanzierungsbedarf in diesen Bereichen gar nicht gekommen. Die Herkunftskennzeichnung, wie auch wir sie unterstützen wollen, dümpelt seit Jahren vor sich hin. Wäre es tatsächlich zu einer konsequenten Handhabung dieses Problems gekommen, nämlich Herkunftskennzeichnung, Qualitätsproduktion und eine Bekämpfung der Seuche, hätte man auf diese ganzen Mittel verzichten können, die den Aufkauf notwendig gemacht haben und die letztendlich den Betrieben überhaupt nicht geholfen haben, sondern sie sozusagen nicht leben und nicht sterben lassen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Das dritte sind die Entwicklungen im Naturschutz und im BauROG. Dies ist wohl der Strukturwandel, wie Sie ihn beschreiben. Das Bauen im Außenbereich ist deutlich erleichtert worden, und zwar für Wohnungsbauzwecke. Außer den Umwidmungen landwirtschaftlicher Gebäude heißt das doch nur, daß Sie einer Entwicklung Tür und Tor öffnen, die bedeutet: Unterbringung von Feriengästen oder Städtern oder die Auslagerung von Siedlungsbereichen in die Landwirtschaft und in den Außenbereich. Das ist durchaus nicht als eine Förderung des Wirtschaftsbereiches Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion zu sehen.